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Ohne Moos Gehts Los

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

HERAUSGEBER

KREUZBERGER TAUSCHRINGim Nachbarschaftsheim UrbanstraßeUrbanstr. 2110961 BerlinTel. 030 / 692 23 51Fax 030 / 690 404 67email [email protected]

Ein Förderfonds der politischen Selbsthilfe e.V.Gneisenaustr. 2a10961 BerlinTel. 030 / 691 30 72Fax 030 / 691 30 05

REDAKTIONKlara Brendle, Sonja Dill, Stefan Purwin

V.I.S.P.:AutorInnen der jeweiligen Artikel

DRUCK:DVS, Berlin

4. Auflage Sept. 1998Kreuzberger TauschringNetzwerk e.V.

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 3

Was ist ein Tauschring 4

Neue Werte 5

Vorläufer von Tauschringen 5

Relevanz und Perspektiven von Tauschringen 7

Helmut Creutz Überentwicklungen, die zum ökonomischen Kollaps führen 7

Dr. Karl Birkhölzer Es gibt Ideen, deren Zeit einfach gekommen ist. 9

Prof. Dr. Claus Offe Die Verteilung von Geld und Zeit 12

Ziele und Wirkungen von Tauschringen 17

Nachbarschaftshilfe 17

Ökonomische Selbsthilfe 18

Förderung von Selbstwertgefühl, Phantasie, Kreativität und Selbstbestimmung 19

Neubewertung von Arbeit 20

Das Dreieck „bezahlte Erwerbsarbeit - Tausch - ehrenamtliche Arbeit“ 20

Gleichberechtigung zwischen Geben und Nehmen 21

Kritik am Geldsystem 21

Nachhaltiges Wirtschaften - Förderung der Lokalen Ökonomie 22

Aufbau und Gründung eines Tauschringes 24

Wie gründe ich einen Tauschring? 24

Teilnahmebedingungen 26

Welche regelmäßigen Aufgaben hat ein Tauschring? 27

Organisationsaufbau 29

Weiterführende Aufgaben 29

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Inhaltsverzeichnis

Das Recht zu tauschen 31

Nachbarschaftshilfe ist keine Schwarzarbeit 32

Anrechnung auf Sozialhilfe? 33

Arbeitsförderung 35

Steuern auf Tauschleistungen? 36

Haftpflichtversicherung 37

Bankengesetze 38

Datenschutz 38

Politische Forderungen 39

Wahlprüfsteine der Arbeitsgemeinschaft bundesdeutsche Tauschsysteme 39

Gesellschaftspolitische und ökonomische Anliegen und Wirkungen der deutschen Tauschsysteme 41

Bundesweite Vernetzung der Tauschringe 43

Erfahrungsberichte einiger Tauschringe 47

Zeitbörse Werra-Meißner 47

Fehmarn 50

Zeitbörse Kassel 51

Kreuzberger Tauschring 54

Tauschringkonferenz in Halle/Saale 56

Letslink - die gegenseitige Fürsorge im Gemeinwesen beleben 57

Bartern 62

Literaturliste 63

Anhang + Adressen 68

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Idee des Tauschhandels in Deutschland greift immer weiter um sich. Die Tauschring-idee wurde und wird in der Öffentlichkeit äußerst positiv aufgenommen. Das Medienecho ist enorm - Tauschringe werden gepriesen als eine Antwort auf die Dauerarbeitslosigkeit, als neuer innovativer Ansatz gegen die Entsolidarisierung unserer Gesellschaft.

Vielerorts erfahren Tauschringe einen erfreulichen TeilnehmerInnenzuwachs. Ende 1994 waren uns gerade einmal eine Hand voll Tauschring-Initiativen bekannt, auf dem ersten bundesweiten Treffen im Oktober 1995 in Berlin waren über 50 Initiativen vertreten, inzwischen (September 98) kennen wir etwa 220 Tauschringe. Der Boom hat noch lange nicht seinen Höhepunkt erreicht.

Eine bundesdeutsche Besonderheit ist sicherlich, daß es eine große Vielfalt unter den Tauschringen gibt. Das erste bundesweite Treffen in Berlin im Oktober 1995 diente einem ersten Kennenlernen der neu entstandenen Initiativen untereinander. Es ging darum, die ersten Erfahrungen zum Aufbau und zur Organisation von Tauschringen auszutauschen und die eigenen Ziele und Motivationen sowie die gesellschaftliche Rolle von Tauschringen herauszuarbeiten. Außerdem begannen wir mit der Suche nach einem gemeinsamen Selbstverständnis und Zukunftsperspektiven und verabredeten Regionaltreffen zur informellen Austausch.

Wir dokumentierten die Ergebnisse dieses Treffens in unserer Broschüre „AusTausch der Tauschring-Initiativen“. Diese Ausgabe ist mittlerweile vergriffen. In dem vorliegenden Heft haben wir die wichtigsten Ergebnisse der ersten Dokumentation eingearbeitet, die aktuelle Entwicklung der Tauschringe berücksichtigt, die neue Impulse für eine gemeinsame Lobbyarbeit setzten soll.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und hoffen, daß Sie brauchbare Tips und Anregungen finden werden. Wir freuen uns auch über Tips, Hinweise, Ergänzungen oder Korrekturen, die Sie uns zukommen lassen.

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Was ist ein Tauschring

Was ist ein Tauschring

Klara Brendle

Tauschen, eine Form des Austausches und der Kommunikation zwischen Menschen, gewinnt in wirtschaftlicher Verschärfung durch Sozialabbau und zunehmender Entsolidarisierung in der Gesellschaft eine besondere Bedeutung. So entstanden in den letzten zwei Jahren auch in der BRD unabhängig voneinander ca. 130 Tauschringe. Neben Tauschmodellen in den 20er Jahren dienten vor allem die LET-Systeme aus Kanada, USA und Großbritannien als Vorbilder. LET ist die Abkürzung von "Local Exchange Tradement" (Lokaler Tauschhandel). Das erste LET-System wurde 1983 von Michael Linton in Vancouver Island (Kanada) gegründet. Von dort hat sich die Idee weiter in den USA, Australien, Neuseeland, Holland und Großbritannien verbreitet.

Der Vorteil eines Tauschrings liegt im Gegensatz zum direkten Tausch darin, daß alle TeilnehmerInnen aus dem großen Angebot der gesamten Tauschgemeinschaft frei auswählen können. Der Tausch findet also nicht nur zwischen zwei Personen statt, nach dem Motto: Du hilfst mir, dafür helfe ich dir - sondern wir helfen uns gemeinsam. Es können Leistungen in Anspruch genommen werden, ohne zeitgleich eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Sie kann später bei anderen TauschpartnerInnen geleistet werden.

Ein einfaches Beispiel:Claudia hilft Uwe beim Ausfüllen eines Wohngeldantrags. Uwe hilft Frau Krause beim Einkauf, da sie die Sachen nicht mehr tragen kann. Frau Krause wiederum paßt zweimal im Monat auf Claudias Kind auf. Der Tauschhandel ist perfekt.

"Bezahlt" wird mit einer internen Verrechnungseinheit, die nur auf den Konten des Tauschrings existiert. Die Summe aller Salden im gesamten Tauschring ist, wie zu Anfang weiterhin Null (Nullsummenprinzip). Tauschringe leben von einer Balance zwischen Geben und Nehmen. Nur wenn eine Person ins Minus geht kann eine andere Person in den Plusbereich kommen.

Gehen wir in unserem Beispiel von oben davon aus, daß für jede dieser Dienstleistungen 20 Verrechnungseinheiten genommen werden, sehen die jeweiligen Kontobewegungen so aus:

Claudia Uwe Frau Krause

Anfangsstand der Konten 0 0 0

Claudia hilft beim Wohngeldantrag von Uwe 20 -20

TauschringRingtausch

Nullsummen-prinzip

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Was ist ein Tauschring

Uwe hilft Frau Krause beim Einkauf 20 -20Frau Krause hütet die Kinder von Claudia -20 20

Aktuelle Kontostände 0 0 0

Das Bestreben möglichst Guthaben auf dem Konto anzusammeln, wie wir es im Umgang mit Geld gewohnt sind, ist für den Tauschring lähmend. Der Tauschring lebt einzig vom lebendigen Tausch. Wenn keine/r Leistungen in Anspruch nimmt, bewegt sich nichts, daß System kommt zum Stillstand.

Der Wert der Verrechnungseinheit ist von Tauschring zu Tauschring unterschiedlich. Einige Tauschringe arbeiten mit Zeitäquivalenten z.B. 10 Punkte pro Stunde, andere tauschen Arbeitsstunde gegen Arbeitsstunde und einige orientieren sich im Wert an der DM.

Neue WerteNeue Werte

Im Gegensatz zum „Glaube“ in die Wirtschaft, gibt es bei Tauschringen keine abstrakte Absicherung - die Verrechnungseinheiten sind nicht einklagbar, Schadensersatzansprüche können nicht geltend gemacht werden.

Das Handeln in einem Tauschring setzt Vertrauen voraus. Es ist das Vertrauen in die Tauschgemeinschaft. Gegenseitiger Respekt wird erwartet, ein verantwortlicher Umgang miteinander, gegenseitige Unterstützung und Solidarität. Dieses Vertrauen entsteht in erster Linie durch das persönliche Kennenlernen der TeilnehmerInnen, z.B. auf regelmäßige Treffen, Tauschmärkten und gemeinsamen Aktionen.

Meist einigen sich Tauschringe auf unterstützende Maßnahmen, die dieses Vertrauen stärken. Transparenz ist eines der Mittel, um das Vertrauen zu gewährleisten. So sind die Kontostände und die Anzahl der Kontobewegungen i.d.R. von allen TeilnehmerInnen untereinander einsehbar.

Tauschringe schaffen so neue Werte im Umgang der Menschen untereinander und im ökonomischen Handeln miteinander. Werte wie Achtsamkeit, Gegenseitigkeit, Offenheit, Respekt oder Fairneß beschreiben die Richtung, in die wir wollen. Sie begründen die Utopie, die Zukunftsvision und öffnen neue Wege und neue Prioritäten für ein künftiges Handeln, das den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird und nicht den abstrakten Regeln der Weltökonomie unterliegt. So haben wir auf der Berliner Tagung im Oktober 95 mit den nebenstehenden Werten versucht, uns der Frage nach der gemeinsamen Zielsetzung und Motivation zu nähern.

Selbstbestim-mung

RespektEinfachheit

Solidarität

Verant-wortlichkeit

Vertrauen

Freude

Offenheit

Miteinander

Selbstbewußt-sein

Lebendigkeit

Rücksicht

GemeinschaftFrieden

Fairneß

Selbst-bestimmung

gegenseitige Unterstützung

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Was ist ein Tauschring

Vorläufer von TauschringenVorläufer von Tauschringen

Tauschringe sind keine neue Erfindung der 80er Jahre. Schon in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts gab es geldlose Tauschkreisläufe in Frankreich und England mit sozialreformerischem Hintergrund. Bekannter allerdings wurden 100 Jahre später die Freigeld-Experimente in Wörgl (Tirol) und Schwanenkirchen (Oberpfalz). In einer Ausgangslage von hoher Arbeitslosigkeit und Verschuldung brachte das zinsfreie lokale "Notgeld" die betreffenden Gemeinden in kurzer Zeit zu erstaunlichem wirtschaftlichen Erfolg. Diese Experimente wurden jedoch als Verstoß gegen das Notenbanken-Privileg der Zentralbanken angesehen und 1933 per Gesetz verboten.

Vielfalt

Verbindung zwischen Menschen

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

Im folgenden werden die Diskussionsbeiträge von Helmut Creutz, Dr. Karl Birkhölzer und Prof. Dr. Claus Offe zur Eröffnungsveranstaltung der Berliner Tagung „Austausch der Tauschring-Intitiativen“ vom 27.-29. Oktober 1995 dokumentiert.

Die Mitschnitte der Redebeiträge werden weitgehend wortgetreu wiedergegeben, lediglich zur Gliederung und Überschaubarkeit des Textes wurden Kürzungen vorgenommen und die Zwischenüberschriften eingefügt.

Helmut CreutzHelmut CreutzÜberentwicklungen, die zum ökonomischen Überentwicklungen, die zum ökonomischen Kollaps führen Kollaps führen

Geld ist eine phantastische Sache, die aber mit Fehlstrukturen und Problemen behaftet ist.

Diese Probleme im Geldbereich sind vielfältiger Natur. Man kann diese Probleme an vier verschiedenen Überentwicklungen festmachen, die zwangsläufig zu einem Crash führen müssen (Überentwicklung heißt, daß sich in der Wirtschaft ein Phänomen schneller entwickelt, als andere wichtige Größen, z.B. das Sozialprodukt).

1. Die Überentwicklung der Geldmenge, die in die Verantwortung der Notenbank fällt und die zur Inflation führt.

2. Die Überentwicklung der Zinssätze als Folge der Inflation, die jedesmal eine Konjunkturflaute mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung eskalierender Arbeitslosigkeit zur Folge.

3. Die Überentwicklung der Geldvermögen, die bei uns seit 1950 dreimal so rasch zunehmen wie die Wirtschaftsleistung. Mit der Folge, daß im Gleichschritt damit auch die Schulden wachsen müssen.

4. Die Überentwicklung der Zinsströme, die immer von der Arbeit zum Besitz hin fließen. Wenn diese Zinsströme zunehmen, können die Arbeitenden immer weniger Geldvermögen bilden und immer mehr Vermögen konzentriert sich dort, wo bereits vorher zuviel vorhanden war. Die Folge sind zunehmende soziale Spannungen, die bei uns erst im Ansatz festzustellen sind.

Obwohl wir jedes Jahr unsere wirtschaftlichen Leistung steigern und jedes Jahr reicher werden, müssen an bestimmten Stellen bereits Kürzungen

Vier Überentwicklungen

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

vorgenommen werden, besonders bei den Etats der öffentlichen Haushalte, von den Gemeinden bis zum Bund.

Wenn bei einem Menschen die Leber dreimal so rasch wächst wie der Mensch selbst, sind Komplikationen, Krisen und der Kollaps vorprogrammiert. Wenn in einer Gesellschaft, in einer Wirtschaft, die monetären Bestandsgrößen Geldvermögen und Schulden rascher wachsen als die Leistung der Wirtschaft, sind ebenfalls Komplikationen, Krisen und schließlich der Crash vorprogrammiert.

Die Funktionen des Geldes sind:Tauschmittel, Wertmesser oder Preismaßstab und Wertaufbewahrungsmittel.Damit sind die Funktionen genannt für alles, was wir als Geld bezeichnen wollen. Und damit ist es natürlich fraglich, ob solche Tauschgrößen, z.B. Arbeitsstunden, Talente, Geld sind.

Das Geld aufgrund seiner Fehlfunktionen abzuschaffen, ist so, als wenn man ein Auto zum Schrottplatz bringt, weil der Vergaser nicht funktioniert.

Versuche, das Geld abzuschaffen, hat es in diesem Jahrhundert zweimal gegeben (Sowjetunion, Kambodscha). Das hat jedesmal zum Zusammenbruch der Wirtschaft und zu Millionen Toten geführt.

Den Zins abzuschaffen, das ist auch nicht der richtige Ansatz. Der Zins hat eine wichtige Lenkungsfunktion in der Wirtschaft. Wenn der Zins jedoch immer positiv ist, wird die Wirtschaft zum Wachstum und zur Steigerung der Wirtschaftsleistung gezwungen. Die Lenkungsfunktion des Zinses ist nur dann optimal, wenn der Zins nicht immer positiv bleibt.

Wir müssen darum erreichen, daß der Zins als Marktpreis genauso wie andere Knappheitspreise mit der Sättigung der Märkte sinkt. Es geht darum, den Zins von dem Mißbrauch zu befreien, daß jeder Geldbesitzende das Geld künstlich verknappen und aufgrund dieser Verknappung immer einen Tribut zu Lasten der arbeitenden Menschen erzielen kann.

Ich wünsche mir ein gerechtes Geld, das nicht die Armen ärmer und die Reichen reicher macht.

Ich wünsche mir ein Geld, das uns nicht immer zu mehr Wachstum zwingt.

Ich wünsche mir ein Geld, das nicht alle sechs bis acht Jahre erneut eine Konjunkturkrise und eine millionenfache Arbeitslosigkeit mit sich bringt.

Das Vertrauen in das Geld, das wir heute haben, ist dadurch gegeben, daß dieses Geld von allen gerne angenommen wird. Alle sind im allgemeinen

Was ist Geld?Geld- und Zinssystem reformieren statt abschaffen

Forderungen an ein Geldsystem

Geldsystem und Tauschsystem

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

daran interessiert, die eigene Leistung gegen Geld zu tauschen, weil Geld das universale Tauschmittel ist, mit dem jede beliebige Leistung an jedem beliebigen Punkt und zu jeder beliebigen Zeit nachgefragt werden kann. Wir sind durch die Universalität des Geldes befähigt worden, von der Tauschwirtschaft zur Arbeitsteilung überzugehen. Vorher beim Tauschen waren die Möglichkeiten für wirtschaftliche Transfers immer eingegrenzt.

Auch wenn heute die Tauschringe mit Computern arbeiten, gibt es nur ein begrenztes Angebot und begrenzte Möglichkeiten der Nachfrage, die wir allerdings ausschöpfen können.

Wenn die Idee der Tauschringe mehr um sich greift, wird automatisch auch die in Tauschringen erarbeitete Leistung sozialabgabenpflichtig und krankenkassenpflichtig werden müssen. Es gibt bestimmt sehr viele Tauschmittel, aber ich glaube, daß keines dieser Tauschmittel so optimal ist, wie das heutige Geld trotz seiner Fehlstrukturen. Kein Mensch kann vom Tauschgeld allein leben.

Wir alle sind auch auf richtiges Geld angewiesen. Ausweichen auf eine Nebenwährung, ist darum nicht der richtige Weg, um die grundsätzlichen Probleme im Geldbereich zu lösen.

Dr. Karl BirkhölzerDr. Karl BirkhölzerEs gibt Ideen, deren Zeit einfach gekommen ist.Es gibt Ideen, deren Zeit einfach gekommen ist.

Für mich ist der Ansatzpunkt zunächst nicht die Ebene des Geldes, sondern die Ebene der Ökonomie - und im Rahmen dieser Ökonomie ein Phänomen, das heute als soziale Ausgrenzung diskutiert wird. Wir haben einen Entwicklungsprozeß in der Ökonomie erlebt, der gespalten verläuft, der sozusagen die Räume und Regionen trennt in Wohlstandsinseln und Krisengebiete, wobei die Zahl der Krisengebiete und ihr Ausmaß offensichtlich immer mehr zunimmt und damit auch die Zahl der Menschen, die aus dem Wirtschaftsgeschehen ausgegrenzt werden.

Es ist bekannt, daß wir längst nicht mehr nur von Individuen reden, die ausgegrenzt sind, sondern daß es sich inzwischen um ganze Regionen handelt, die vom normalen Wirtschaftsleben weitgehend ausgegrenzt sind. Die neuen Bundesländer sind nicht die einzige große Krisenregionen in Europa. Es gibt Leidensgenossen in Schottland, in Irland, in Frankreich. In fast allen europäischen Ländern gibt es flächendeckende Krisenregionen. Man kann da nicht mehr von Marginalisierung reden. Der Begriff paßt nicht.

Wenn eine immer größer werdende Anzahl in einer Drittelgesellschaft zu den Verlierern gehört (wo man nicht mehr weiß, ob zwei Drittel drin und

Wohlstands-inseln und Krisengebiete

Überwindung der alten Struktur einer 2/3-Gesellschaft

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

ein Drittel draußen, oder ein Drittel drin und zwei Drittel draußen sind), dann sind das ökonomische Tendenzen, wo es zu dem Punkt kommt, daß in Europa die Ausgegrenzten und die Ausgeschlossenen zur Mehrheit gehören. Und wenn man eine Methode fände, um dieser Mehrheit ein Überleben zu ermöglichen oder auch nur ein Leben in bescheidenem Wohlstand, anstatt auf die unwahrscheinliche Chance zu warten, in die alten Strukturen zurückzukehren oder sonstwo einen Arbeitsplatz zu finden. Wenn wir eine solche Methode entwickeln, haben wir mehr geschafft, als nur einigen Marginalisierten geholfen.

Tauschringe beginnen meistens in der Sphäre privater Dienstleistungen. Diese gegenseitigen Leistungen gehören in den Bereich der Reproduktion und sind somit Grundlage der Ökonomie. Ein Phänomen, das sonst in der Ökonomie gerne vergessen wird. Insofern denke ich, daß Tauschringinitiativen an der richtigen Stelle ansetzen. Aber sie dürfen natürlich da nicht stehenbleiben.

Wenn wir da ansetzen, wo unsere Handlungsmöglichkeiten wirklich sind, dann tragen wir meiner Meinung nach zur langfristigen Veränderung mehr bei, als wenn wir Forderungen aufstellen, wie das Geldsystem und die Wirtschaft insgesamt geändert werden müßte.

Den Grund, warum es jetzt plötzlich so boomt mit den Tauschringen, sehe ich in diesem merkwürdigen Paradox, daß man zwar in einer Gesellschaft mit großem Güterangebot lebt, aber daß man viele Güter, die man dringend braucht, nicht bekommt. In der Überflußgesellschaft herrscht gleichzeitig auch eine Mangelwirtschaft.

Es wird von der Krise der Arbeit geredet. Wenn man genau hinschaut, ist die Lohnarbeit in der Krise, nicht die Arbeit. Die Arbeit ist nach wie vor erforderlich und die einzige Form, mit der wir unser Leben tatsächlich fristen können. Die Lohnarbeit geht uns aus, nicht die Arbeit. Auf der einen Seite haben wir viele Menschen, die keine Arbeit haben - also überflüssige Arbeitskraft - und auf der anderen Seite haben wir eine Menge notwendiger Güter und Dienstleistungen, die nicht erbracht oder nicht getan werden. Und für diese Lücke ist ein Tauschring ein sehr pragmatisches Instrument.

Für die vielen heute, die aus dem Geldsystem und dem Wirtschaftssystem ausgegrenzt sind, für die ist der Tauschring ein Zugang, sich in einem Selbsthilfemechanismus zu helfen, indem man sich selbst Arbeit und Einkommen schafft und damit auf eine ganz schlagkräftige Art beweist, daß Arbeitslosigkeit keine Naturkatastrophe ist.

Es gibt offensichtlich Möglichkeiten, sich Arbeit und Einkommen zu verschaffen, wenn wir andere Formen dafür erfinden. Insofern sind für mich Tauschringe zunächst einmal ein Anfang zur Wiederherstellung von Selbstbewußtsein, zur Wiederherstellung und Rekonstruktion von

Überfluß bei gleichzeitigem Mangel

Die Lohnarbeit geht uns aus, nicht die Arbeit

Relevanz von Tauschringen

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

Menschen, die sich in der Krise befinden und insofern auch von ganzen Regionen, die sich in der Krise befinden.

Die privaten Tauschringe sind ein notwendiger Anfang und der Lernraum, wo man Selbstvertrauen faßt. Für das längerfristige Überleben von solchen lokalen Wirtschaftskreisläufen ist es wichtig, das lokale Kleingewerbe (Handwerk, Produktionsunternehmen und Dienstleistungsunternehmen), aber auch Kommunen einzubeziehen. Ein Stichwort dafür ist der Ressourcentausch, der zwischen Betrieben teilweise schon organisiert wird und im Prinzip nichts Neues darstellt.

Was aus der Weiterentwicklung der Tauschringe entstehenden müßte, wäre ein neuer gemeinnütziger Wirtschaftssektor, aus dem Verbund unterschiedlichster Projekte ökonomischer Selbsthilfe, in den Tauschringe einbezogen werden, ebenso wie Arbeitsförderbetriebe, Sozialbetriebe, gemeinnützige Unternehmen, Gemeinwesenprojekte.

Das ist meiner Meinung noch die Aufgabe, vor der solche Experimente wie Tauschringe stehen, die langfristig mehr sein wollen als nur ein privater Club zum Austausch von Dienstleistungen.

Und ich kann mir vorstellen, daß gemeinnützige Betriebe, soziale Betriebe eine Doppelstruktur in ihrem Unternehmen beherbergen, indem sie ein monetäres System haben, mit dem die Beziehungen zum Geldsystem und zur übrigen Welt hergestellt werden. Gleichzeitig arbeiten die sozialen Betriebe in bestimmten Teilbereichen und Teilsphären mit nicht-monetären Systemen und können dadurch ihre Handlungsmöglichkeiten enorm erweitern.

Insofern wird auf dieser Stufe neben dem monetären Betriebswirtschaftssystem, an das wir uns ja alle gewöhnt haben und das wir von Kindesbeinen an kennen, ein nicht-monetäres Betriebswirtschaftssystem erarbeitet.

Ich halte wenig davon, daß wir neue Kunstwährungen erfinden, deren Wert nicht klar ist. Ich finde das amerikanische Modell der Time-Dollars da sehr bedenkenswert. Die Vertreter dieses Modells sagen sehr grundsätzlich, unsere Maßeinheit des Tausches ist die Arbeitsstunde. Und Arbeitsstunde ist gleich Arbeitsstunde. Sprich, es interessiert uns nicht, welche Qualifikation jemand hat.

Also es steht die Frage nach der Tauscheinheit und nach den Maßstäben an. Und wenn wir im Grunde etwas Nicht-Monetäres wollen, müssen wir auch eine neue Art von Maßeinheit finden, und ich schlage dazu die Arbeitszeit vor.

Perspektiven für Tausch-ringe

Lebenszeit als Verrechnungs-grundlage im Tauschring

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

Natürlich ist es wichtig, wenn man die Beziehungen innerhalb eines Tauschrings betrachtet, darauf aufzupassen, daß man ganz bestimmte Fehler oder Fehlentwicklungen, die man aus der Ökonomie oder aus dem Geldwesen kennt, nicht reproduziert. Das ist für mich einer der Gründe zu sagen, wir sollten über die Arbeitszeit als Maßeinheit nachdenken und nicht über Ersatzwährungen.

Wie kann man begründen, daß eine Arbeitsstunde einer anderen Arbeitsstunde gleich ist? Da gibt es einige Leute, die die Qualifizierungen unterschiedlicher Art ins Feld führen und andere sagen, die Leute benötigen verschieden lange Zeiträume für ihre Leistung. Ein Mißbrauch (durch langsames Arbeiten) ist in jedem System möglich. Die Frage bei der Verrechnungsgrundlage ist, was erscheint als halbwegs gerechter Maßstab für einen Austausch geeignet? Ich meine, daß dies die tatsächlich aufgewendete Zeit ist, weil sie Verausgabung von Leben darstellt und der Tausch mir gestattet, meine Zeit für etwas anderes zu verwenden.

Da beginnt eine Debatte über einen gerechten Maßstab des Austauschs. Über einen gerechten Maßstab haben wir im Tauschring tatsächlich die Verfügungsmacht.

Für mich ist ein Tauschring nicht in erster Linie wegen der Geldproblematik wichtig. Ich mache einen Unterscheidung zwischen dem Geld im allgemeinen und der Funktion des Geldes in der Ökonomie.

Das Geld, so wir es heute kennen, ist im Laufe der Geschichte selber eine Ware geworden, die nach eigenen Gesetzen fungiert. Das Geld hat Funktionen, die in einer Ökonomie nicht völlig wegfallen können.

Wir leben heute in einer Zeit, in der das Geld seine eigentlich dienende Funktionen in großem Stil und in großem Umfang nicht mehr erfüllt, sich weitgehend verselbständigt hat und allen möglichen Einflüssen unterliegt, die eben alle diese Dinge hervorbringen, die wir in einer Negativliste aufzählen könnten. Das universelle Zahlungsmittel Geld ist in ganz bestimmten Regionen für viele Menschen gar nicht vorhanden. Es wird ihnen außerdem durch Inflation und andere Mechanismen in einem Ausmaß entwertet, daß auch die Funktion der Wertaufbewahrung völlig dahingegangen ist.

eswegen ist es notwendig, andere Formen des Lebens und Überlebens zu finden. Können wir die nützliche Funktion des Geldes durch andere Formen des Austausches zurückgewinnen, ohne die negativen Folgen eines ver-selbständigten Geldsystems übernehmen zu müssen?

Den Maßstab für den Austausch im Tauschring setzen wir selbst

Geldsystem und Tauschsystem

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

Nun bin ich aber kein Phantast, der glaubt, man könne sozusagen von heute auf morgen ein Geldsystem beseitigen. Ich suche nach Lösungen, die hier und heute machbar sind, d.h. unter der Weiterexistenz eines Geldsystems. Ich sehe den Ansatzpunkt dort, wo immer mehr Menschen aus der Sphäre des Geldes und der funktionierenden Geld- und Finanzwirtschaft ausgeschlossen werden. Das sind zum großen Teil die Arbeitslosen, das sind die vielen Armen.

Wenn diese Menschen zurückkehren wollen in den Bereich der Ökonomie, weil sie ja noch arbeitsfähig sind und weil sie etwas tun wollen, dann sollte für sie die Möglichkeit bestehen, das eben auf nicht-monetärer Weise zu tun.

Prof. Dr. Claus OffeProf. Dr. Claus OffeDie Verteilung von Geld und ZeitDie Verteilung von Geld und Zeit

Die Verteilung von Geld und die Verteilung von Zeit, sowohl im Querschnitt der Bevölkerung als auch im Längsschnitt eines Lebenslaufes sind sehr ungleichmäßig. Es gibt sehr viele Leute, die geldarm und "zeitreich" sind und umgekehrt.

Der durchschnittliche Berufstätige in unserer Gesellschaft verwendet 15-16 Prozent seiner wachen Lebenszeit am Arbeitsplatz. Das ist eine erstaunlich geringe Zahl. Wir haben eine Menge an zeitlicher Kapazität für nützliche Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit.

Ein großer Teil der Gesamtlebenszeit wird u.a. mit Fernsehalkoholismus verbracht, eine relativ unproduktive Art von Zeitverwendung, während es nützlichere Arten der gesellschaftlichen Verwendung von Zeit gibt.

Nützliche, sinnvolle Tätigkeiten hervorzurufen und hervorzulocken und einer sinnvollen Verwendung zuzuführen, dazu scheint es uns an Institutionen zu Fehlen. Die einzige Alternative, die wir "normalerweise" zur Verfügung haben, ist die, unsere Zeit gegen Geld zu verkaufen und für das Geld Leistungen zu kaufen.

Wir verfügen nicht über die Institutionen, diese nützlichen Tätigkeiten auch abzurufen und sie in einen anerkannten gesellschaftlich sinnvollen und die soziale Anerkennung und die Selbstachtung der Arbeitenden sichernden Zusammenhang zu stellen.

Da in modernen Gesellschaften das Geld das wesentliche Mittel ist, um an Lebensgüter zu kommen, war die Überlegung, ob man nicht auch andere Zugangswege zu den benötigten Lebensgütern finden kann, indem man die Zeit direkt in nützliche Leistungen umtauscht.

ZeitcontraGeld

Andere Zugangswege für ökonomisches Handeln

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

Durch diesen Abkürzungsweg könnten die besonderen Schwierigkeiten, die gerade in hochregulierten Wohlfahrtsstaaten bestehen, Anschluß an den Arbeitsmarkt zu finden, umgangen werden.

In den Bereichen zwischen reinem Zeitkonsum, passiver bzw. unproduktiver oder reproduktiver Art, und der Lohnarbeit, ist ein ausgestorbenes Gelände, auf dem nicht viel gedeiht. Und die ganzen Bemühungen der Alternativökonomie, der Tauschringe und der Gemeinwesenarbeit laufen darauf hinaus, in diesem Gelände zwischen reinem Konsum und reiner Lohnarbeit Praxismöglichkeiten zu erkunden und zu entwickeln.

Eines von den vielen Kooperationsring-Modellen sind die in den USA sehr weit verbreiteten sogenannten Ein-Gut-Ökonomien, also Ökonomien oder ökonomische Minisysteme, in denen ein einziges Gut getauscht wird.

Am bekanntesten davon sind die Babysitting Cooperatives, in denen nur eine Leistung unter einem Club von Eltern getauscht wird. Wegen der amerikanischen Bauweise (Holzhäuser) ist es oft dringend notwendig und teilweise polizeilich geboten, auf die Kinder aufpassen zu lassen. Infolgedessen gibt es einen Dauerbedarf an Babysitting. Die Beteiligten erwerben Gutscheine dadurch, daß man eine Leistung erbringt und dann kann man eben diese Leistung verbrauchen.

Die zweite beispielhafte - übrigens von Kommunalverwaltungen in den USA aus naheliegenden Gründen sehr geförderte Projektidee ist das sogenannte Ride-Sharing (Mitnahme zum Arbeitsplatz). Man kann das Verkehrsaufkommen und die individuellen Verkehrskosten dadurch halbieren, in dem sich zwei Menschen verabreden, z.B. einen Monat mit dem Wagen des einen und einen Monat mit dem Wagen des anderen zur Arbeit zu fahren.

Und dann gibt es in den Armutsbevölkerungen der amerikanischen Großstädte etwas, was zu erheblicher Blüte gekommen ist. Ich habe mich immer gewundert, daß es so etwas in Europa nicht gibt: die sogenannten Kaufgemeinschaften für Lebensmittel, die unter Umgehung des Zwischenhandels, innerhalb einer Nachbarschaft Güter austauschen. Man mietet einen LKW, fährt regelmäßig zum nächsten Großmarkt, verteilt vorher Bestellisten und spart durch den organisierten Gemeinschaftseinkauf sowohl Kaufzeit wie erhebliche Mengen Geld, weil man den Zwischenhandel umgeht.

Im Bereich der Altenarbeit gibt es auch intertemporale Tauschbeziehungen. Die Zeit, die man etwa als 65Jähriger bis zum Alter von 70 Jahren hat, wird verwendet, um Zeitguthaben anzusparen, die dann von einer Gemeinde, einer Kommunalregierung oder auch häufiger von einer Kirchengemeinde garantiert werden. Und in der Zeit, in der man selbst stärker hilfs- und

Alternativen zu Lohnarbeit und Konsum

Babysitting Cooperatives

Ride-SharingKauf-gemeinschaften

intertemporale Tauschbeziehungen

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

eventuell pflegebedürftig ist, kann man diese Dienste dann im gleichen Zeitquantum wieder abrufen. Das mag 10 oder 15 oder 20 Jahre von heute aus sein.

Es gibt einen bedeutenden deutschen neoliberalen Ökonomen, P. Herder-Dorneich, der ein interessantes Buch mit dem Titel „Theorie der Scheine" geschrieben hat, in dem er alle Felder erkundet, auf denen man mit dieser Nebenwährung oder diesem Quasi-Geld agieren kann. Ein Geld also, das in seiner Anwendung spezialisiert ist auf bestimmte Güter. Nicht alle Güter kann man mit dieser Nebenwährungen kaufen. Geld ist eine Forderung auf alles, Scheine sind Einschränkungen dieses Universums des Käuflichen.

Es gibt in den verschiedensten Politikbereichen Überlegungen, Gutscheine einzusetzen. Dabei ist das bekannteste und älteste Beispiel das, bei dem Gutscheine zur Finanzierung und Steuerung von Bildungsprozessen eingesetzt werden. Den Empfängern der Gutscheine zu einem bestimmten Nennwert wird die Möglichkeit gegeben, auf kommerziellen Bildungsmärkten Kurse zu besuchen.

Die Bevormundung durch staatliches Schulwesen kann auf diese Weise aufgehoben werden. Das ist ein Plan, den Milton Friedman 1962 veröffentlicht hat und dem eine ganze Fülle von anderen Gutschein-Ideen gefolgt sind.

Es ist charakteristisch, daß nicht-monetäre Austauschsysteme in kleinen Gemeinschaften besonders gut gedeihen. Es ist auch so, daß altershomogene Gruppen (z.B. Jugendliche, die sogenannten jungen Alten) ein besonders guter Boden sind für die Entstehung solcher Kooperationsformen, die wir Kooperationsringe genannt haben. Es ist kein Zufall, daß das LET-System, bzw. das Green-Dollar-System auf Vancouver Island zuerst praktiziert worden ist. Einer Insel übrigens, die seinerzeit ein nationales Notstandsgebiet in Kanada gewesen ist.

Historische Beispiele zeigen, daß all diese Systeme immer entweder kleinräumig oder kurzlebig waren. Sie waren entweder beschränkt auf einen Club von 20 oder 30 Personen und kurzlebig, wie das bei den Babysitting-Kooperativen z.B. ganz charakteristisch ist.

Oft werden benötigte Güter nicht angeboten und die Güter, die angeboten werden, nicht benötigt. Oft sind Tauschringe zu klein, um einen hinreichend diversifizierten Markt entstehen zu lassen. Das sind Probleme, die das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit tangieren.

Die große Schwierigkeit in der Organisation solcher Systeme besteht darin, Vertrauen zu erzeugen. Es muß ein Vertrauen geben, daß das, was ich heute tue, sich für mich auch irgendwie in einer mehr oder weniger fernen

ScheinealsGeldersatz

Homogene Gruppen Problem des begrenzten Angebots

Vertrauen in den Tauschring sichern

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

Zukunft lohnen wird, weil ich dann noch etwas Erwünschtes dafür eintauschen kann.

Der Ausstieg aus einem Tauschring - ohne das Konto auf Null zu stellen - ist die Achillesferse jedes Tauschrings, gegen die man sich nicht vollständig schützen kann.

Wie Tauschringe als Nebenökonomien stabilisiert und wie das notwendige Vertrauen - auch über lange Zeitstrecken hinweg - aufgebaut werden kann, das wird wahrscheinlich nicht ohne eine entschlossene und spürbare staatliche Hilfe und Unterstützung, durch eine externe Sicherung geschehen können.

Um Lösungsvorschläge für größere und damit dauerhaftere Netze und Quasi-Märkte (nicht-monetäre Märkte) entstehen zu lassen, sind: öffentliche Subventionierung (Personal-, Mietkosten), ausdrückliche Freistellung von der Besteuerung, Qualitätskontrolle, haftungsrechtliche Regelungen, Garantie.

Es wäre vielleicht eine gute Idee für Sozialpolitiker der einen, der anderen oder auch einer dritten Partei, sich darüber Gedanken zu machen, wie man solche Initiativen auf Dauer fördern und zu einer sozialpolitischen und sozialökonomischen Normalität machen kann.

Es gibt bei den Sozialdemokraten, bei Teilen innerhalb der CDU und bei den Grünen die Vorstellung einer "progressiven" Entstaatlichung, keiner wirtschaftsliberalen, sondern einer gemeinschaftsbezogenen Art von Entstaatlichungsstrategie. Diese Vorstellungen werden oft unter der Formel angeboten: Vom Wohlfahrtsstaat zur Wohlfahrtsgesellschaft. Ich sage diesem Thema eine gewisse Karriere voraus.

Der Begriff Wohlfahrtsgesellschaft ist natürlich auslegungs- und anwendungsbedürftig. Gesellschaftliche Bereiche und bestimmte Dienste für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung können/sollen aus der Staatsverantwortung ausgegliedert werden, an z.B. eine Gruppe, die keiner staatlichen Vorsorge und Bevormundung mehr bedarf und den Willen zum freiwilligen Zusammenschluß und Austausch hat.

Tauschringe sind solche Zusammenschlüsse und bedeuten u.a. auch Staatsentlastung, und da kann man einhaken und sagen: wenn die staatlich organisierten Sozialdienste hier zurücktreten können, dann soll der Staat bitte diese Arten der Selbsthilfe, der gemeinschaftlichen Mobilisierung von Tätigkeitspotentialen nicht gratis erwarten.

staatlicheUnterstützung ist notwendig

Vertrauens-bildende Maßnahmen

Vom Wohlfahrtsstaat zur Wohlfahrts-gesellschaft

Tauschringe als Staatsentlastung

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Relevanz und Perspektiven von Tauschringen

Die Selbstorganisation soll den Staat unter der Bedingung des Steuerverzichts entlasten. Besteuert wird da nicht. Zweitens soll die Tätigkeit, die hier verrichtet wird, auch unter sozialrechtlicher Anerkennung erfolgen. Und drittens, die Nichtanrechnung des Einkommens, das hier entsteht.Viertens könnte man noch einen Schritt weitergehen und sagen, daß die benötigten Räume für alle Tätigkeiten und das benötigte administrative Personal gestellt werden.

Es scheint mir sehr sinnvoll, Forderungen dieser Art an die kommunale Verwaltung und an die kommunale Politik zu stellen. Diese Forderungen sind sehr gut zu legitimieren und angesichts der geschilderten politischen Großwetterlage keineswegs aussichtslos.

Sicher ist, daß die Hauptprobleme unserer Gegenwart, nämlich Arbeitslosigkeit, soziale Unsicherheit, Armut, auch das Problem der sozialen Isolierung mit Tauschringen nicht gelöst werden können. Am ehesten kann durch die Tauschringe das Problem der sozialen Isolierung und der sozialen Marginalisierung, die Ausgrenzung, sozusagen die kategorische Unwerterklärung, die in dem Tatbestand von langanhaltender Arbeitslosigkeit besteht, aufgegriffen werden.

Wichtig bei der ganze Idee ist, daß man die Vorteile der Tauschbeziehungen durchaus in einer anonymen Gesellschaft nutzen kann und der zwangsweisen Brachlegung der Arbeitskraft und der Leistungsfähigkeit, die mit einer auf Geldwirtschaft beruhenden Tauschbeziehung einhergeht, entgegenwirkt. Es ist eine wichtige Idee, daß das freiheitliche Element des Tausches kombiniert wird mit dem solidarischen Element, durch die Nutzung anderer Medien des Tausches. Und ich wehre mich gegen die Abwertung des Tauschgedankens, der hier doch verschiedentlich im Raum stand.

Wenn wir uns anschauen, wo die informelle Hilfe, die Nachbarschaftshilfe, die Eigenarbeit, das nicht-monetär vermittelte Kooperieren immer schon eine Selbstverständlichkeit ist, lautet die Antwort in den begünstigten Teilen des Arbeitsmarktes. Die Fähigkeit, sich auch anders als über Geld auszutauschen, sich zu helfen, sich Hilfe zu schenken in der Erwartung, daß man es irgendwann zurückerhalten wird, die Fähigkeit, sich die benötigten Materialien, die benötigten Werkzeuge und die benötigten Techniken zu verschaffen, ist in den oberen Teilen des Arbeitsmarkts (d.h. bei Facharbeitern mit relativ geringem Beschäftigungsrisiko) viel verbreiteter als irgendwo sonst.

Deshalb wäre es ein sinnvoller Versuch, die Vorteile der informellen Hilfe, auf die Marginalisierten oder Entmutigten und in diesen sozialen Techniken nicht so geübten Arbeiter oder Nicht-mehr-Arbeiter oder Arbeitslosen zu erweitern.

Forderungen an den Staat

Relevanz von Tauschringen

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Ziele und Wirkungen von Tauschringen

Ziele und Wirkungen von Tauschringen

Stefan Purwin

Es gibt eine Fülle von guten Gründen und Motivationen, einen Tauschring zu gründen oder einem Tauschring beizutreten: soziale, ökonomische, ökologische, politische, psychologische oder ganz einfach egoistische Gründe. Eine Stärke der Tauschringe ist sicherlich, daß sie für die unterschiedlichsten Menschen mit den unterschiedlichsten Motivationen interessant sind. Innerhalb eines Tauschringes sind deshalb die Beweggründe der einzelnen TeilnehmerInnen sehr unterschiedlich. Wird all diesen unterschiedlichen Beweggründen auf undogmatische Weise Raum zur Entfaltung gegeben, ist die Zusammensetzung der TeilnehmerInnen kunterbunt gemischt.

Die Tauschringlandschaft in Deutschland gestaltet sich ebenso kunterbunt mit einer großen Vielfalt unterschiedlicher Ansätze. Es gibt keine einheitliche Organisationsstruktur, kein Dachverband, keine einheitliche Zielsetzung und kein einheitliches Vorgehen. Die Tauschringe in Deutschland entstehen als selbständige Gruppen, jeweils mit ihren eigenen Werten, ihren eigenen Zielsetzungen, ihren eigenen Utopien, ihrem eigenen Stil, gemäß den Bedingungen vor Ort.

Eine unterschiedliche Zielsetzung bedingt natürlich auch ein unterschiedliches Vorgehen in der öffentlichen Darstellung und in der politischen Lobbyarbeit. Wollen wir eine gemeinsame politische Lobbyarbeit leisten, müssen wir uns der Gemeinsamkeiten, wie auch der Unterschiede in der Zielsetzung bewußt sein.

Nicht zuletzt wegen der Heterogenität innerhalb eines Tauschringes verfolgen die meisten Tauschringe nicht ein einzelnes Ziel. In der Regel gibt es aber Prioritäten in der Zielsetzung, etwa ob der soziale Aspekt der Nachbarschaftshilfe oder das Ausprobieren neuer Formen der Ökonomie im Vordergrund steht.

Im folgenden werde wir auf möglichst viele Ziele und Wirkungen von Tauschringen darstellen. Ausgegangen wird exemplarisch von den Zielsetzungen des Kreuzberger Tauschringes.

NachbarschaftshilfeNachbarschaftshilfe

Der Austausch von Dienstleistungen und Waren schafft neue Kontakte in der Nachbarschaft und fördert die Solidarität untereinander. Der wachsenden Anonymität und Isolation besonders in den Großstädten wird ein lebendiges „Miteinander-Austauschen“ entgegengesetzt. Es entstehen Treffpunkte, auf denen Leute mit einem gemeinsamen Anliegen

Kommunikation fördern + soziale Netze bilden

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Ziele und Wirkungen von Tauschringen

zusammenkommen - alle wollen ohne Geld tauschen. Es wächst eine Tauschgemeinschaft, in der sich die einzelnen TeilnehmerInnen kennenlernen und sich gegenseitig unterstützen. Mehr und mehr entstehen „Dauer-Tauschbeziehungen“, die unter Ümständen nicht mehr über die Verrechnungseinheit abgerechnet werden. Ideal wäre, wenn sich der Tauschring als Organisation überflüssig machen würde.

Interessant ist es, daß hier Kontakte zwischen den unterschiedlichen sozialen und den unterschiedlichen Altersgruppen entstehen. Es spielt keine Rolle, wieviel Geld jemand hat oder wie alt jemand ist. Entscheidend ist, ob mensch etwas gebrauchen kann oder etwas haben möchte, was der oder die andere anbietet. Es kommen so Menschen zusammen, die vermutlich nie aufeinander zugegangen wären. Es ist der gegenseitige gleichberechtigte Austausch, der eine ganz eigene Qualität der Beziehungen entstehen läßt.

Aber auch Menschen gleicher Wellenlänge kommen zusammen. Interessensgruppen bilden sich, um gemeinsam Schach zu spielen, zu musizieren, Ausflüge unternehmen, oder es finden sich Leute beispielsweise zu einer Thai-Chi-Gruppe zusammen.

Ökonomische SelbsthilfeÖkonomische Selbsthilfe

Armut und soziale Not in Deutschland wachsen in dramatischer Weise an. Die Zahl der Erwerbslosen ist zwischen 1991 und 1997 von 2,6 auf 4,6 Millionen gestiegen. Im Zeitraum von 1963 bis 1992 hat sich die Sozialhilfequote von 1,3 % auf 4,7 % mehr als verdreifacht. Besonders betroffen sind hier Familien mit Kindern. Bei Alleinerziehenden mit mehr als einem Kind ist diese Quote im gleichen Zeitraum von 7,2% auf 21,6% gestiegen. Aber auch der lohnabhängige Teil der Bevölkerung muß inzwischen Reallohnverluste hinnehmen.

Einher geht diese Entwicklung mit drastischen Kürzungen im Sozialbereich. Nachbarschaftseinrichtungen in Berlin mußten beispielsweise 1996 bis zu 20% Kürzung hinnehmen. Für viele kleinere Träger bedeutet dies das Aus, größere müssen Teilbereiche ihrer Arbeit schließen.

Besonders in Zeiten der wohl größten Umverteilung von unten nach oben, in denen immer mehr Menschen aus dem normalen Wirtschaftsleben herausfallen und das soziale Netz weitmaschiger wird, wird es immer wichtiger, sich auch nicht-monetär mit Dienstleistungen zu versorgen. Ziel ist es, kleine lokale Netze gegenseitiger Unterstützung zu schaffen.

Wirtschaftliche Rezession

Kürzungen im Sozialbereich

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Ziele und Wirkungen von Tauschringen

Im Tauschring können sich Menschen zusätzlich zum vorhandenen Einkommen mit weiteren Dienstleistungen und Waren versorgen, die sie sich sonst nicht mehr leisten können oder die sonst nur schwer zu organisieren sind wie z.B. Babysitting, Einkaufsdienste etc. Es wird so eine Verbesserung der Lebensqualität und eine Verringerung der Abhängigkeit vom Geld erreicht.

Geld steht nicht mehr im Vordergrund. Vielmehr verhelfen einem Zeit und die eigenen Fähigkeiten zu materiellen Vorteilen und einer verbesserten Lebenssituation. Tauschringe können nicht das bestehende Geldsystem abschaffen oder ersetzen, aber haben als Nebenökonomie volle Berechtigung.

Förderung von Selbstwertgefühl, Phantasie, Förderung von Selbstwertgefühl, Phantasie, Kreativität und SelbstbestimmungKreativität und Selbstbestimmung

Am Anfang steht oft die Frage: „Was soll ich denn anbieten? Ich kann doch gar nichts.“

In unserer Arbeitsgesellschaft sind wir es gewohnt, uns über unsere Arbeit, besser gesagt über unsere Lohnarbeit, zu definieren. Die eigenen vielfältigen Fähigkeiten werden gar nicht mehr wahrgenommen und für wichtig erachtet. Wir können uns gar nicht vorstellen, daß jemand anderes unsere Fähigkeiten als für sich wertvoll begreift.

Im Tauschring sind aber alle geradezu aufgefordert, das zu tun, was ihnen Spaß macht, was sie gut können und was sie gerade nicht in ihrem Job tun. Die eigenen Fähigkeiten und Stärken und deren Vielfalt werden oftmals erst wiederentdeckt. Die TeilnehmerInnen erkennen, nutzen und erweitern so ihre Phantasie und Kreativität.

Ausgerechnet die Fähigkeiten, die beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt nicht gefragt sind, können nun eingebracht werden. Sie werden sogar von anderen gebraucht, als nützlich und wertvoll empfunden - eine Frischzellenkur für das Selbstwertgefühl von uns allen. Besonders wichtig kann dies für jemanden werden, der oder die aufgrund von Krankheit, (Zwangs-)Vorruhestand oder Entlassung aus dem Arbeitsleben ausscheidet und dadurch zunächst in das berühmte „Loch“ zu fallen droht. Tauschringe ermutigen zum aktiven Handeln.

Aber nicht nur das eigene Angebot beflügelt die Sinne. Es sind die kreativen Angebote anderer, die einen auf ungeahnte Ideen bringen, diese Sache auch selbst einmal anzubieten. Darüber hinaus werden viele Sachen

Selbsthilfe: selbst organisiert, finanziert, Entscheidung selbst getroffen

eigene Fähigkeiten und Stärken und deren Vielfalt werden entdeckt

Ermutigung zum aktiven Handeln

setzt bei den Fähigkeiten an, nicht am „Mangel“

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Ziele und Wirkungen von Tauschringen

und Fähigkeiten angeboten, von denen mensch selbst noch nichts gehört hat oder die noch nie ausprobiert werden konnten, meist weil sie mit viel Geld und/oder viel Aufwand verbunden waren. Jetzt, wo doch mit den eigenen Fähigkeiten „bezahlt“ wird, können diese Angebote ungeniert ausprobiert werden und der eigene Horizont erweitert werden.

Ein weiterer Vorteil von Tauschringen ist, daß die eigenen Ressourcen selbstbestimmt eingesetzt werden können. JedeR kann für sich entscheiden, was er oder sie anbietet.

Natürlich kommt es auch vor, daß ein Angebot (zunächst) überhaupt nicht nachgefragt wird. Genau da ist sie dann wieder gefragt, die Phantasie und Stärke - die Phantasie, sich neue Angebote einfallen zu lassen und die Stärke, es auszuhalten, daß dieses Angebot gerade nicht benötigt wird bzw. das Angebot selbstbewußt bestehen zu lassen, für den Fall, daß es später jemanden interessiert. Die Unterstützung von Tauschring-Aktiven ist hier mit Sicherheit hilfreich.

Neubewertung von ArbeitNeubewertung von Arbeit

Viele Tauschringe brechen mit der Zeitverrechnung die bisherigen Bewertungsmuster für Arbeit und Leben, die in unserer Gesellschaft gelten.

In die gesellschaftliche Bewertung von Arbeit fließen die unterschiedlichsten Aspekte ein wie bsw. die Situation am Arbeitsmarkt, die Qualifikation usw., aber in ihr spiegelt sich auch die Ungleichbehandlung von Mann und Frau wider. Traditionelle Männerberufe werden noch immer höher bewertet als traditionelle Frauenberufe oder Tätigkeiten, ganz davon abgesehen, daß Schlüsselpositionen nach wie vor vom männlichen Geschlecht dominiert werden. Das hat zur Konsequenz, daß Frauen nicht gleichberechtigt am Arbeitsmarkt partizipieren können, sondern zum Teil für gleiche Tätigkeiten geringer entlohnt werden.

Die Lebenszeit als Bewertungsmaßstab im Tauschring hebt diese Bewertungskriterien auf. Sie stehen zur Disposition und werden diskutiert - egal ob der Tauschring die Verrechnung Stunde gegen Stunde vorgibt oder den Tauschenden einen Verhandlungsspielraum läßt.

Ressourcen werden genutzt

Hinterfragen bisheriger Bewertungs-muster in der Gesellschaft

Lebenszeit als Maßstab

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Ziele und Wirkungen von Tauschringen

Das Dreieck „bezahlte Erwerbsarbeit - Tausch - Das Dreieck „bezahlte Erwerbsarbeit - Tausch - ehrenamtliche Arbeit“ehrenamtliche Arbeit“

Tauschringe bilden eine neue, zusätzlich Arbeitsform und ergänzen die herkömmlichen Antipoden „bezahlte Erwerbsarbeit“ bzw. selbständige Arbeit auf der einen und die herkömmliche ehrenamtliche Arbeit auf der anderen Seite. Sie nehmen dabei einen eigenen Stellenwert ein und sind weder dem einen noch dem anderen zuzuordnen.

Besonders von sozialen Einrichtungen, die stark von der ehrenamtlichen Arbeit getragen werden, werden Tauschringe als Konkurrenz dazu angesehen. Auf der Berliner Tagung im Oktober 1995 berichteten vor allem ausländische Tauschringe von dieser Skepsis.

Herkömmliche ehrenamtliche Arbeit behält aber weiterhin seinen wichtigen Stellenwert. Der Gegenwert zum unentgeltlichen Engagement ist die soziale Anerkennung, Kontakte, und die Gewißheit, eine sinnvolle Tätigkeit auszuüben. Dies freiwillig und unentgeltlich zu machen - freilich ohne ausgenutzt zu werden - ist die originäre Motivation zum Ehrenamt.

Aber auch im Ehrenamt werden inzwischen mehr Gegenleistungen in Form von Aufwandsentschädigungen und Fortbildungen gefordert. Ehrenamtliche Arbeit wird daher besser mit dem Begriff ‘Freiwilligenarbeit’ beschrieben.

Tauschringe lösen die herkömmliche Form der ehrenamtlichen Arbeit nicht ab, sondern befördern, erweitern und ergänzen das Prinzip der Freiwilligenarbeit als eine zusätzliche Arbeitsform zwischen unentgeltlicher und bezahlter Arbeit. Es werden dadurch Dinge möglich, die auf ehrenamtlicher Basis nicht zu organisieren sind und wofür andererseits kein Geld vorhanden ist. Ausgeschlossen allerdings wird das mögliche Moment der Überstrapazierung ehrenamtlichen Engagements durch den Erhalt eines Gegenwertes im Tauschring.

Gleichberechtigung zwischen Geben und NehmenGleichberechtigung zwischen Geben und Nehmen

Das Prinzip der Tauschringe ist eine Balance zwischen Geben und Nehmen. Diese Balance ist qualitativ wie auch quantitativ zu verstehen und meint mehr, als das Nullsummenprinzip. Tauschringe leben davon, daß ein lebendige, aktive und schnelle Tauschbewegungen stattfinden.

Quantitativ drückt sich die Balance in einem Limit aus, bis zu dem das Konto mit den Verrechnungseinheiten ausgeschöpft werden kann. Es soll damit verhindert werden, daß das Tauschringsystem ausgenutzt wird, indem

Tauschringe als neue, zusätzliche Möglichkeit zwischen bezahlter und ehrenamtlicher Arbeit

Wert der eigenen Fähigkeiten entdecken

Förderung und Erweiterung von Freiwilligenarbeit

Fairer gleichberechtigter Umgang miteinander

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Ziele und Wirkungen von Tauschringen

einzelne TeilnehmerInnen immerfort Leistungen von anderen in Anspruch nehmen, ohne selbst etwas in den Tauschring einzubringen.

Einige Tauschringe haben aber auch ein Limit im Plus-Bereich, so daß jemand, der oder die nur Dienste anbietet und weit weniger in Anspruch nimmt, dazu animiert wird, sich der eigenen Bedürfnisse bewußt zu werden. Der Blick fällt dann eher auf die Angebote der anderen und darauf, was tatsächlich alles über den Tauschring abgedeckt werden kann, wofür sonst der meist bequemere Weg ins Kaufhaus gewählt wurde.

Qualitativ entsteht - besonders bei Tauschringen mit Zeitverrechnung - kein Gefälle zwischen anbietender und nachfragender, helfender und hilfsbedürftiger Person. Die Leistung wird nach gleichem Maßstab - nämlich der Zeit - bewertet. Die eigenen Fähigkeiten und die Fähigkeiten anderer stehen gleichberechtigt nebeneinander. Niemand fühlt sich benachteiligt oder „über´s Ohr gehauen“.

Dadurch, daß Geben wie auch Nehmen zum Tauschen gehören, werden stigmatisierende Phänomene wie Hilfsbedürftigkeit oder soziale Armut „aufgelöst“, denn im Gegenzug wird die eigene Fähigkeit angeboten, die anderen weiterhilft. Es entsteht ein Netz gegenseitiger Unterstützung - egal ob arm oder reich, alt oder jung. Das Miteinander unterschiedlicher sozialer Gruppen oder unterschiedlicher Altersgruppen ist von einem fairen, gleichberechtigten Umgang untereinander bestimmt.

Kritik am GeldsystemKritik am Geldsystem

Unser bestehendes Geldsystem ist dadurch gekennzeichnet, daß es im Laufe der Geschichte mehrere Funktion zu erfüllen hat. Ganz grob lassen sich vor allem zwei Funktionen benennen, die als Zahlungsmittel - als Äquivalent - und die Tatsache, daß Geld selbst zur Ware geworden ist.

Mittlerweile zeichnet sich global eine Entwicklung ab, die verheerende Folgen nach sich zieht. Das Kapital sammelt sich dort, wo es optimal akkumuliert werden kann, mit der Folge, daß weltweit Krisenregionen entstehen, aus denen sich das Kapital zurückgezogen hat.

Auf der anderen Seite steht die wachsende Staatsverschuldung, der mit einer Steuerlast zu Gunsten von Wirtschaft und Kapital begegnet wird. Der Zwang zum Wirtschaftswachstum und die Verteuerung der Waren bei gleichzeitig steigender Arbeitslosigkeit und Verarmung, sind erst der Beginn dieser teuflischen Situation.

Ein Ziel von Tauschringen ist es, auf die ursprüngliche Funktion des Geldes aufmerksam zu machen. Die Verrechnungseinheit dient als Tauschmittel

kein Gefälle zwischen Helfenden und Hilfsbedürftigen

Staatsverschuldung, Zinslast, Verteuerung der Waren

Alternative Geldsysteme

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Ziele und Wirkungen von Tauschringen

und nicht als Machtmittel, wie das Geld. Tauschringe können nicht nur „Experimentier- und Lernfelder“ (Helmut Creutz) für alternative Geldsysteme sein, sondern für eine alternative Ökonomie insgesamt. Das Streben nach Profit und Gewinn hat im bestehenden Geldsystem seine ideale Form gefunden, in dem mensch Geld für sich „arbeiten lassen“ kann.

Die Einführung von „gerechtem Geld“ alleine schafft jedoch noch keine gerechtere Ökonomie. Erst wenn das Streben nach Profit - egal zu welchem Preis -, den Bedürfnissen der Menschen untergeordnet wird, kann von einer gerechten, humanen Ökonomie die Rede sein. Tauschringe geben hierfür den Raum, um Erfahrungen zu sammeln, wie so eine Ökonomie aussehen könnte.

Nachhaltiges Wirtschaften - Förderung der Lokalen Nachhaltiges Wirtschaften - Förderung der Lokalen ÖkonomieÖkonomie

Die lokale Ökonomie stellt den Aufbau und Erhalt der in eine Krise geratenen Region in den Mittelpunkt. Die Strategie der lokalen Ökonomie betrachtet die Region oder den Ort nicht als beliebigen wirtschaftlicher Standort, sondern begreift ihn als Einheit, als Lebenszusammenhang einer bestimmten Bevölkerung mit ihrer natürlichen Umwelt und gewachsenen Kultur1. Eingebunden in ein Konzept zur Entwicklung von lokaler Ökonomie können Tauschringe eine Ökonomie für das Gemeinwesen befördern.

Regionale Tauschringe bieten die Möglichkeit in einem überschaubaren Raum eine Ökonomie zu erfahren. Es wird deutlich, welche Auswirkungen hat es, welche Dienstleistungen und Waren angeboten und nachgefragt werden und wie dies geschieht. Durch das eigene lokale Handeln wird der Vorteil und Nutzen von ressoucenschonendem Umgang faßbar.

Ist es z.B. wirklich erstrebenswert und notwendig, alle erdenklichen Geräte selbst anzuschaffen oder kann man diese nicht untereinander ausleihen bzw. gebraucht eintauschen? Dies schont nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern spart Energie und Ressourcen und verringert die Müllmenge.

Schon beim täglichen Tausch merkt jedeR schnell, wie energieaufwendig es ist, für nachbarschaftliche Dienste weite Wege zurückzulegen. Bringt es mir langfristig wirklich mehr z.B. Äpfel aus Chile im Supermarkt zu kaufen oder ist es nicht besser auf lokale Produkte zurück zu greifen und damit einen Beitrag für die Klimaverbessung und die regionale Landwirtschaft zu leisten.

Nicht die mit der DM verbundenen Werte wie Macht, Konkurrenz, Profit etc. bestimmen das System, sondern es können eigene Werte, Normen und 1 vgl. Wirtschaft von unten, S. 8

Krisenregionen und Wohlstandsinseln

Ökonomie wird erfahrbar

Ressourcen-schonung und Klimaschutz

neue Werte

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Ziele und Wirkungen von Tauschringen

Regeln nach Bedarf entwickelt werden. Tauschringe können so die ökonomische und soziale Kompetenz einer Region stärken. Letztendlich trägt ein funktionierendes Gemeinwesen mit einem attraktiven sozialen und kulturellen Angebot entscheidend zu der wirtschaftlichen Standortsicherung bei.

Die Bedeutung des regionalen Wirtschaftens für die globale Entwicklung erkannten selbst die Regierungen auf dem sog. Umweltgipfel in Rio im Jahre 1992 an. Zur Überwindung der zunehmenden Ungleichheit zwischen und innerhalb den Völkern, einer immer größeren Armut sowie einer fortschreitenden Schädigung der Ökosysteme werden die Staaten aufgefordert, ein Handlungskonzept für die Zukunft zu entwickeln.

Den Kommunen und Regionen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie sollen in einem Konsultationsprozeß mit ihren BürgerInnen ein lokales Handlungskonzept, eine sog. „Lokale Agenda 21“ entwickeln und umsetzen. Tauschringe können sich an diesem Prozeß beteiligen, indem ein konkreter Handlungsansatz innerhalb dieser Zielsetzung bereits erfolgreich praktiziert wird. 2

2 vgl. BUND, 1996

Umweltgipfel in Rio -global denken, lokal handeln

Tauschringe im Rahmen der Lokalen Agenda 21

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Aufbau und Gründung eines Tauschringes

Aufbau und Gründung eines Tauschringes

Sonja Dill

Wie gründe ich einen Tauschring?Wie gründe ich einen Tauschring?

Um einen Tauschring zu gründen, sind nur wenige Voraussetzungen nötig. Mit Motivation und Elan kann eine Person beginnen und sich andere zur Mitarbeit suchen (mindestens drei bis fünf Personen). Der Aufbau in einer Gruppe macht mehr Spaß, vereinigt mehr Ressourcen und bringt gegenseitige Unterstützung. Die Gründungsgruppe muß in der Anfangsphase alle anfallenden Arbeiten übernehmen.

Hier eine kleine Liste von Fragen und Entscheidungen, die bei der Gründung und Organisation eines Tauschringes geklärt und bedacht sein wollen.

Es ist hilfreich, sich der eigenen Motivation bewußt zu sein. In der Gruppe auftauchende Fragen können so besser geklärt werden. Die häufigsten Beweggründe sind: soziale Kontakte aufbauen, Hilfe zur Selbsthilfe bei niedrigem Einkommen, Begeisterung für die Idee, soziales Engagement, Kritik am herrschenden Geld- und Zinssystem. Im Zusammenhang mit der eigenen Motivation klärt sich die Frage der generellen Zielsetzung des Tauschringes und damit die weitere Ausgestaltung.

Grundsätzlich können in einem Tauschring alle Personen teilnehmen, die die jeweiligen Teilnahmebedingungen akzeptieren. Es ist vorstellbar, daß sich Tauschringe auf eine bestimmte Personengruppe beschränken. Das hat jedoch den Nachteil, daß die Nachbarschaftshilfe nur in einem bestimmten Kreis von Mitgliedern stattfindet und sich wahrscheinlich das Angebot einseitig gestaltet. Tauschringe sollten daher für alle Altersgruppen, Nationalitäten und Menschen in verschiedenen Lebenslagen offen sein. Nur dadurch kommt rasch eine bunte und ausgleichende Zusammensetzung zustande. Die Festlegung auf eine bestimmte Zielgruppe (Arbeitslose, Sozialhilfeempfän-gerInnen, Obdachlose) kann hingegen stigmatisierend wirken und somit auf die Funktion als reine Notmaßnahme für „Bedürftige“ reduziert werden.

In diesem Zusammenhang sind folgende Fragen zu klären: Welcher Ort ist geeignet und wird von vielen Menschen angenommen (Stadtteilzentrum, Räume von Kirchengemeinden, Selbsthilfegruppen, andere Zentren)? Kennen sich die Menschen untereinander, so daß auf vertrauenssichernde Regelungen weitgehend verzichtet werden kann, oder sind solche Regelungen wichtig?

MotivationZielgruppen - Mitgliederkreis

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Aufbau und Gründung eines Tauschringes

Für die Gründung eines Tauschringes sind wenige Ressourcen notwendig. Englische Tauschringe haben in Privatwohnungen gestartet. Wichtig ist eine Postadresse und einen Telefonanlage mit Anrufbeantworter zu haben. Ein PC zur Herstellung von Info-Material ist gut, aber für die Kontenführung reichen auch einfache Spaltenbücher. Räume für Infoveranstaltungen und Tauschringzentrale können bei bestehenden Institutionen nachgefragt werden.

Im Namen des Tauschrings und der Verrechnungseinheit klingt oft der lokale Bezug an. Ein einheitliches Logo auf den verschiedensten Materialien erleichtert die Wiedererkennung.

Zu der Frage der Bewertung der Arbeit gab und gibt es in allen Initiativen heiße Diskussionen. Werden alle Arbeiten gleich bewertet? Oder gibt es „höherqualifizierte“ Arbeiten, die mehr „wert“ sind als andere? Die meisten Tauschringe geben hier eine Empfehlung zur Orientierung und überlassen es den TauschpartnerInnen, die konkreten Bedingungen miteinander auszuhandeln. Wird vom Tauschring eine verbindliche Vorgabe gegeben z.B. 20 „Taler“=1 Arbeitsstunde, ist gewährleistet, daß alle Tätigkeiten gleich bewertet werden. Hierdurch kann eine Neubewertung von Arbeit angeregt werden. Hausarbeit bzw. angeblich „nieder-qualifizierte“ Arbeit erfährt somit im Tauschring eine gleichberechtigte Wertschätzung.

Grundsätzlich gibt es zwei Systeme: zeitorientierte und DM-orientierte. Bei den DM-orienterten entspricht eine Verrechnungseinheit einer DM. Bei den zeitorientierten ist eine Stunde Arbeit eine bestimmte Anzahl von Verrechnungseinheiten wert bzw. wird Stunde gegen Stunde verrechnet. Wenn andere Projekte oder Vereine in den Tauschring integriert werden sollen, kann eine Orientierung an der DM leichter sein. Steht die Nachbarschaftshilfe im Vordergrund, bietet sich die Zeitorientierung an.

Jedes Mitglied erhält ein eigenes Konto, auf dem die jeweiligen Tauschaktionen verbucht werden. Ob und in welchen Rahmen ein Kontolimit bzw. Überziehungslimit eingeräumt wird, sollte von der Vorbereitungsgruppe vorher diskutiert werden. Im Zusammenhang mit Kontoführung und Limitsetzung stellt sich die Frage nach anfallenden monatlichen Gebühren, die auf die Mitglieder zukommen.

Es gibt mehrere Möglichkeiten eine Gebührenordnung zu gestalten: Teilnahmegebühren, Umlaufsicherungsgebühren und tauschabhängige Gebühren.

Teilnahmegebühren können monatlich oder jährlich von den Konten der TeilnehmerInnen einbehalten werden. Sie sind von Tauschaktionen und von der Inanspruchnahme des Tauschrings völlig unabhängig.

Ressourcen Name, Motto und Logo

Bewertung der Arbeit - Verrechnungs-einheit

Konten Gebühren

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Aufbau und Gründung eines Tauschringes

Um eine permanente Zirkulation von Guthaben zu gewährleisten, ist die Einführung einer Umlaufsicherungsgebühr (z.B. 0,5% pro Monat auf positive und negative Kontostände) möglich. Eine Umlaufsicherung wird vor allem von Tauschringen durchgeführt, die eine alternative Geldsystem als Zielsetzung haben.

Tauschabhängige Gebühren können je nach Kontobewegung errechnet werden oder als umsatzabhängige Provision veranschlagt werden. Es ist zu bedenken, daß bei tauschabhängigen Gebühren die TeilnehmerInnen mit häufigen Tauschaktion einen größeren In-Put erbringen als TeilnehmerInnen, die den Tauschring wenig nutzen. Da ein Tauschring von Geben und Nehmen lebt, könnten sich die nutzungsabhängigen Gebühren als nachteilig erweisen.

Harte Währung ist nur in geringem Umfang nötig. Eine Möglichkeit ist, sich durch Jahresbeiträge der Tauschring-TeilnehmerInnen in DM zu finanzieren. Werden Aufnahmegebühren bei Beginn der Mitgliedschaft erhoben oder fällt ein jährlicher Mitgliedsbeitrag an? Gibt es für bestimmte Personengruppen einen ermäßigten Beitragssatz? Die DM-Gebühren sollten so gering wie möglich gehalten werden, damit es allen TeilnehmerInnen möglich ist, an einem Tauschring zu partizipieren.

Bei Selbsthilfe-Kontaktstellen, lokalen Netzwerken, bei Stiftungen oder anderen Organisationen können Finanzmittel im Sinne einer Anschubfinanzierung beantragt werden, die beispielsweise für Infrastruktur oder Öffentlichkeitsarbeit gebraucht werden. Durch Ressourcentausch mit solidarischen Initiativen können die Kosten gemindert werden.

Die ehrenamtliche Arbeit für die Organisation des Tauschrings wird häufig in der lokalen Verrechnungseinheit entlohnt. Dadurch wird auch ein Anreiz zur aktiven Mitarbeit geschaffen. Die Mittel dafür können den Tauschring-TeilnehmerInnen als Gebühren vom Konto abgebucht, auf dem Tauschring-Konto gesammelt und an die MitarbeiterInnen verteilt werden.

In den meisten Tauschringen wird eine „Entlohnung“ der ehrenamtliche Arbeit, in Höhe des Richtwertes für die Tauschaktionen (z.B. 20 Einheiten pro Stunde) angestrebt.

Eine Rechtsform ist nicht nötig, um mit der Arbeit als Tauschring anzufangen. Viele Tauschringe schweben ganz gut im rechtsfreien Raum .Wenn aber eine Rechtsform angestrebt wird, dann liegt der Verein nahe. Für die Unterstützung durch den Selbsthilfetopf in manchen Städten ist jedoch keine Vereinsstruktur nötig.

Wieviel Vertrauensschutz wird gebraucht? Können die TeilnehmerInnen nur persönlich, eventuell mit Ausweisung, Mitglieder werden, oder reicht

FinanzierungEntlohnung der Tauschring-Arbeit

RechtsformAufnahme-bedingungen

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Aufbau und Gründung eines Tauschringes

es, ein Formular an den Tauschring zu senden? Bekommen die Mitglieder eine Mitgliedsausweis?

TeilnahmebedingungenTeilnahmebedingungen

Nachdem die grundsätzlichen Entscheidungen diskutiert und getroffen wurden, sollten verbindliche Teilnahmebedingungen formuliert werden. Im Anhang befinden sich mehrere Beispiele unterschiedlicher Tauschringe. Die nachfolgenden Punkte dienen als grobe Orientierungshilfe bei der Ausgestaltung von Teilnahmebedingungen.

Wer kann Mitglied werden (Personen, Vereine, Gewerbe)? Welche Bedingungen (Geschäftsordnung, Teilnahmebedingungen, Vereinsatzung usw.) werden von den TeilnehmerInnen mit der Beitrittserklärung anerkannt?

Eine Kündigung der Mitgliedschaft bzw. ein Ausstieg aus dem Tauschring sollte jederzeit möglich sein und schriftlich mitgeteilt werden. Da die Verrechnungseinheit nicht in DM ausbezahlt werden kann, müssen die TeilnehmerInnen ihr Konto vor dem Austritt auf Null bringen. (Eventuell können Kündigungsfristen festgelegt werden.)

Wie hoch sind die Mitgliedsbeiträge in DM und/oder Verrechnungseinheiten? Werden monatliche Kontogebühren oder wird eine Gebühr pro Buchung erhoben?

Jede/r TeilnehmerIn erhält ein eigenes Konto. Bei Eintritt ist der Kontostand Null (manche Tauschringe beginnen mit einem positiven Kontostand von z.B. 50 „Talenten“). Werden Limits festgelegt, die Guthaben bzw. Schulden auf den Konten nach oben und unten zu begrenzen? Gibt es Möglichkeiten z.B. nach Absprachen die Limitgrenzen zu überschreiten?

Wie werden die Buchungen vorgenommen? Müssen die Tauschmitteilungen (Tausch-Schecks) innerhalb eines gewissen Zeitraums in der Tauschzentrale abgegeben werden? Werden bei Überschreitungen des Kontolimits noch Buchungen vorgenommen?

Da Tauschringe auf Vertrauen aufbauen, ist die Transparenz der Konten wichtig, d.h. daß alle TeilnehmerInnen die Möglichkeit haben, den Stand der Konten zu erfahren. Das kann durch Veröffentlichung oder auf Nachfrage geschehen.

Es muß deutlich sein, daß der Tauschring als Organisation keine Haftung für die Tauschgeschäfte übernimmt. Es besteht weder eine schuldenrechtliche Beziehung zwischen der Tauschring-Zentrale und den

Eintritt Austritt KostenKontenTransparenzHaftung

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Aufbau und Gründung eines Tauschringes

Mitgliedern, noch übernimmt der Tauschring Verantwortung für die Qualität, Wert und Ausführung des vereinbarten Tausches zwischen zwei Mitgliedern. Dies liegt allein in der Verantwortung der TauschpartnerInnen. Einige Tauschringe empfehlen eine Haftpflichtversicherung bzw. setzen diese bei den TeilnehmerInnen voraus.

Bei Regelverletzungen sollte ein Ausschluß von TeilnehmerInnen möglich sein. Wie und wann, muß jede Initiative für sich bestimmen.

Grundsätzlich gilt, daß alle aufgestellten Regeln an der konkreten Praxis überprüft werden müssen. Im Zuge der Arbeit stellt sich dann heraus, wie sich ein Tauschring am besten organisiert. Diese Offenheit zur Überprüfung sollte sich jeder Tauschring geben.

Welche regelmäßigen Aufgaben hat ein Welche regelmäßigen Aufgaben hat ein Tauschring?Tauschring?

Die Tauschringzentrale ist Anlaufstelle für die Mitglieder und solche, die es werden wollen. Ebenso laufen alle Außenkontakte (Presse, andere Tauschringe) über die Zentrale. In der Regel decken Tauschring-Mitglieder die Öffnungszeiten der Zentrale ab.

Während der Sprechzeiten werden neuen TeilnehmerInnen aufgenommen und umfassend informiert (Erklärung der Teilnahmebedingungen, Tausch-Scheckheft, Marktzeitung usw.).

Beratung von Interessierten während der Sprechzeiten persönlich oder telefonisch.

Buchung der Tauschvorgänge, eventuell Kontoauszüge erstellen und an Mitglieder versenden. Bei Bedarf kann der eigene oder der Kontostand eines Mitgliedes nachgefragt werden.

Herstellung der Marktzeitung mit allen aktuellen Angeboten und Nachfragen

Artikel schreiben, Leserbriefe sichten, Termine und allgemeine Informationen über die Tauschringbelange in der Marktzeitung veröffentlichen

Mitgliedertreffen, Aktiventreffen organisieren, auf denen anstehende Entscheidungen diskutiert und getroffen werden

Mitgliederversammlungen vorbereiten und durchführen, um grundsätzliche strukturelle und konzeptionelle Entscheidungen zu treffen

Verwaltung der monatlichen/jährlichen Teilnahmegebühren, Kassenführung

AusschlußTauschring-zentrale

MarktzeitungOrganisation

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Aufbau und Gründung eines Tauschringes

Organisation von regelmäßigen Tauschmärkten/Tauschbörsen. Sie ermöglichen ein Kennenlernen der Mitglieder und dienen dem Erfahrungsaustausch. Außerdem können Tauschaktionen direkt vereinbart werden und Waren direkt getauscht werden.

Da ein Tauschring besser funktioniert und auch lebendiger wird, je mehr Menschen daran teilnehmen, werden in diesem Zusammenhang die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit beschreiben:

Erstellen von Informationsbroschüren mit einer kurzen Darstellung der Funktionsweise und Zielsetzung eines Tauschrings

Durchführen von Informationsveranstaltungen im Stadtteil oder Region über Zielsetzung und Funktionsweise eines Tauschrings

Pressemitteilungen schreiben und an die lokale Presse weitergeben

Interviews mit Presse und Fernsehen organisieren und moderieren

Erfahrungsaustausch mit anderen Tauschringen gewährleisten

Informationsmaterial gestalten, aktualisieren und verteilen

Artikel schreiben

Die Erfahrung bereits bestehender Tauschringe hat gezeigt, daß eine Aufgabenverteilung und -aufteilung sinnvoll und hilfreich ist. Da die wenigsten Tauschringe rechtsfähige Vereine sind und in der Regel keine hauptamtlichen MitarbeiterInnen haben, stellen wir hier exemplarisch den Organisationsaufbau des Kreuzberger Tauschrings dar:

OrganisationsaufbauOrganisationsaufbau

Die Mitgliederversammlung, die mindestens einmal im Jahr stattfindet, hat die letztendliche Entscheidungsbefugnis über Änderungen der Teilnahmebedingungen und der Geschäftsordnung. Mindestens 14 Tage vor der Mitgliederversammlung wird schriftlich unter Bekanntgabe der Tagesordnung eingeladen.

Im Aktiventreffen kommen alle VertreterInnen aus den einzelnen Arbeitsgruppen zweimal im Monat zusammen, um alle wichtigen Entscheidungen zu treffen, die über die Belange der einzelnen Arbeitsgruppen hinausgehen. Außerdem werden die Informationen zwischen den einzelnen Gruppen ausgetauscht und koordiniert. Neue Konzepte und Vorschläge werden bei diesen Treffen vorgestellt und diskutiert.

Die Arbeitsgruppen können in dem ihnen von der Mitgliederversammlung und Aktiventreffen zugestandenen Rahmen Entscheidungen treffen. Die Arbeitsgruppen und Aktiventreffen sind für alle Mitglieder offen. Alle

Tauschmarkt Öffentlichkeits-arbeit

Mitglieder-versammlungAktiventreffenArbeitsgruppen

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Aufbau und Gründung eines Tauschringes

aktiven Mitglieder erhalten für ihre Arbeit im Tauschring anteilmäßig Kreuzer. Zur Zeit hat der Kreuzberger Tauschring fünf feste Arbeitsgruppen:

Büro- und Verwaltungsgruppe (Organisation)

Öffentlichkeitsgruppe

Redaktions- und Marktzeitungsgruppe

Tauschmarkt-Gruppe

Mitgliederbetreuung

Weiterführende AufgabenWeiterführende Aufgaben

Wie können Tauschringe neue Mitglieder bekommen?

Hierfür können Angebote in der Stadt genutzt werden, z.B. durch Infostände auf Straßenfesten. Vereine, Institutionen, etc. können konkret angesprochen werden, um ihre Foren und Verteilerstrukturen für die Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen. Auch lokale Presse und Rundfunksender können genutzt werden. Ein guter Werbeträger ist auch die eigene Marktzeitung, wobei hier auf den Schutz der persönlichen Daten der Mitglieder geachtet werden muß. Bei Marktzeitungen, die zu Werbezwecken verwendet werden, können die persönlichen Daten z.B. geschwärzt oder codiert werden.

Zu Beginn einer Informationsveranstaltung sollte die Funktionsweise des Tauschrings, dessen Ziele und die Teilnahmebedingungen vorgestellt werden. Nach der Klärung von zusätzlichen Fragen, empfiehlt es sich, das im Anhang abgedruckte, Tausch-Spiel durchzuführen, da es eine praktische und spielerische Einführung in das Tauschprinzip gibt und die Phantasie der TeilnehmerInnen anregt.

Wie können die Mitglieder zum Tauschen und zur aktiven Mitarbeit im Tauschring motiviert werden?

Die meisten Tauschringe haben eine Marktzeitung, in der regelmäßig Angebote und Nachfragen der Mitglieder veröffentlicht werden. Sie kann auch genutzt werden, um über die Möglichkeiten der aktiven Mitarbeit zu informieren. Es empfiehlt sich in regelmäßigen Abständen die bestehenden Arbeitsgruppen und deren Aufgaben vorzustellen, um neuen Mitglieder Wege aufzuzeigen, wie sie sich aktiv im Tauschring betätigen können. Die Termine für Arbeitsgruppentreffen oder andere organisatorische, inhaltliche Treffen sollten ebenfalls in der Zeitung regelmäßig veröffentlicht werden.

Gewinnen neuer Mitglieder

Info-BörsenTausch-Spiel

Aktivieren der Mitglieder

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Aufbau und Gründung eines Tauschringes

Die Angebote in der Marktzeitung sollten möglichst aktuell und lebendig gehalten werden, indem darauf geachtet wird, daß Inserate nicht als verstaubte Dauerläufer durch alle Zeitungen geschleppt werden, sondern eine maximale Laufzeit von beispielsweise drei Monaten haben. Das hat zugleich den Effekt, daß die TeilnehmerInnen sich kümmern und am Ball bleiben müssen.

Eine gute Möglichkeiten ist die Organisation von Tauschmärkten, auf denen Mitglieder und eventuell Interessierte persönlich miteinander in Kontakt kommen. Sie bieten die Möglichkeit, direkte Kontakte herzustellen, Schwellenängste abzubauen, z.B. auch Angebote ohne direkte Gegenleistung anzunehmen. Hierüber kann auch der Einstieg in die aktive Mitarbeit erleichtert werden.

Eine persönliche Beratung bei der Formulierung von Anzeigen, Problemen bei Tauschaktivitäten usw. hilft oft Hürden zu überwinden und Frustrationen zu vermeiden.

Wie werden innerhalb des Tauschrings Entscheidungen getroffen? Wie wird die ehrenamtliche Arbeit entlohnt?

Da die meisten Tauschringe keine Rechtsform haben, die Vorgaben zur Entscheidungsfindung geben, überlegt sich jeder Tauschring einen eigenen Entscheidungsmodus. Oft werden die Entscheidungen von den aktiven MitarbeiterInnen getroffen und zwar nach dem Motto: diejenigen, die etwas tun, entscheiden. Wichtig ist, daß alle Entscheidungen nachvollziehbar sind und somit eine Transparenz gewährleistet wird.

In anderen Tauschringen gibt es verschiedene Arbeitsgruppen, die innerhalb ihres Aufgabenbereiches eine gewisse Entscheidungsautonomie besitzen, wobei ein Gesamttreffen aller Aktiven über die Entscheidungen informiert wird. Strukturelle und konzeptionelle Entscheidungen wie Änderung der Teilnahmebedingungen werden von der Mitgliederversammlung entschieden.

Tauschmarkt Entscheidungs-strukturen

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Rechtliche Situation

Das Recht zu tauschen

Stefan Purwin

Tauschringe in Deutschland sind neu. Sie sind anders. Da soll auf einmal etwas, was unter Freunden üblich und auf dem Dorf auch heute noch Gang und Gäbe ist, in einer größeren Nachbarschaft möglich werden, der Tausch ohne Geld. Dieser Tausch von Dienstleistungen in Taler, Prinzen, Kreuzer, Peanuts, Tiden u.s.w., basiert auf Vertrauen und kann nicht vor Gericht eingeklagt werden. Wie soll das denn nun in irgendeine Schublade passen, geschweige den in unser Rechtssystem? Unsicherheit macht sich breit, wenn einmal etwas nicht geregelt ist.

Ist es denn nun Schwarzarbeit, wenn ich meinem Nachbarn das Fahrrad repariere? Muß ich den Haarschnitt, den ich meiner Nachbarin verpaßt habe, in meiner Steuererklärung angeben? Wird es mir künftig von der Sozialhilfe abgezogen, wenn ich für jemanden einkaufen gehe? Muß ich mich gar in die Handwerksrolle eintragen lassen, wenn ich das Zimmer eines Nachbarn tapeziere?

Die Debatte im vergangenen Jahr um die rechtliche Einordnung der Tauschringe ist leise geworden, hat aber Spuren der Verunsicherung hinterlassen. Dabei hat es zahlreiche positive Verlautbarungen gegeben. Die hessischen SozialamtsleiterInnen entschieden im November 1996, Tauschleistungen nicht auf den regelmäßigen Sozialhilfebezug anzurechnen.3 Auch die Berliner Sozialämter und die Sprecherin des Berliner Landesarbeitsamtes fühlen sich vom Tauschhandel nicht berührt, wie eine Nachfrage der Zeitung ”Tagesspiegel” ergab. 4 Ebenso ist der Besteuerungsansatz für Tauschleistungen aus den Haushaltsansätzen des Bundes für die Jahre 1997/98 ersatzlos gestrichen.5 Die Antworten von Regierungsstellen und PolitikerInnen auf die Forderungen in den Wahlprüfsteinen, die die Arbeitsgemeinschaft bundesdeutsche Tauschsysteme aufgestellt hat, sind ebenfalls ermutigend. So folgt die Staatskanzlei in Berlin unserer nachfolgenden rechtlichen Bewertung bezüglich der Verfügbarkeitsregelung (SGB III) und der Steuern.

Entwarnung also? Die Arbeitsgemeinschaft bundesdeutsche Tauschsysteme fordert zur Rechtssicherheit und Verbindlichkeit für alle örtlichen Behörden und zur Verhinderung von zeit- und kostenaufwendigen Einzelprüfungen Verordnungen, daß private Tauschring-TeilnehmerInnen explizit von einer Anrechnung auf Sozialleistungen ausgenommen sind (siehe Kapitel

3 vgl. Zeitbörse Werra Meißner, Tauschringe im Umgang mit Ämtern und Institutionen, Alter Bahnhof, 37269 Eschwege4 vgl. Schaumburg, Claudia, ”Suche altes Fahrrad, biete Hilfe beim Renovieren”. In Tagesspiegel vom 27.5.19975 ISL / Zeitbörse Kassel, 1997, Wo Zeit statt Geld zählt....Dokumentation:Bundesweites Tauschringtreffen vom 25.-27.4.97 in Kassel, S. 11

Rechtliche Bewertung inzwischen differenzierter

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Rechtliche Situation

„Politische Forderunen“). So lange dies nicht geschehen ist, wird es weiterhin diese Verunsicherungen und die Abhängigkeit von den jeweiligen SachbearbeiterInnen vor Ort geben und so lange sind die nachstehenden Ausführungen wichtig für eine Lobbyarbeit und eventuellen Rechtfertigungen einzelner Tauschringe oder TeilnehmerInnen gegenüber Behörden.

Ausschlaggebend für die rechtliche Bewertung ist der Unterschied zwischen gewerblichen Tauschaktivitäten im Rahmen eines angemeldeten Gewerbes und Tauschaktivitäten privater Mitglieder als Form der organisierten Nachbarschaftshilfe.

Nachbarschaftshilfe ist keine SchwarzarbeitNachbarschaftshilfe ist keine Schwarzarbeit

Tauschringe sind in der Regel lokal auf die Nachbarschaft, auf einen begrenzten Sozialraum, ausgerichtet. Die räumliche Nähe kann die gleiche Straße, der gleiche Stadtteil, die Gemeinde oder auch eine Region sein. Abgesehen von den praktischen Gründen, daß sich der Tausch über größere Entfernungen wegen der langen Wege schlechter organisieren läßt, liegt die Motivation zu dieser lokalen Beschränkung im ideellen Wert der Nachbarschaftshilfe.

Die Nachbarschaft stellt zusammen mit Familie, Verwandtschaft und Freunden ein soziales Netzwerk dar. Die Förderung der Nachbarschaftshilfe ist eines der Ziele von Tauschringen. Nachbarschaftshilfe und bürgerschaftliches Engagement ist gesellschaftlich sinnvoll und gewollt, so daß sie grundsätzlich steuer- und versicherungsfrei ist. Schwarzarbeit liegt daher auch nicht vor, wenn es sich um Nachbarschaftshilfe, Gefälligkeiten oder Selbsthilfe im Wohnungsbau handelt (§1 Abs. 3 Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit).

Was Nachbarschaftshilfe ist, wird in diesem Gesetz nicht definiert. Es gibt aber Kriterien dafür, die Herr Dr. Marschall, Ministerialrat im Bundesministerium für Arbeit und Soziales in seinem Buch ”Bekämpfung illegaler Beschäftigung” zur Erläuterung dieses Gesetzes beschreibt:

”Nachbarschaftshilfe ist...die gegenseitige Unterstützung zwischen Nachbarn...Dabei sind Nachbarn einmal die Personen, die in räumlich enger Beziehung zueinander wohnen, also Zimmernachbarn, Wohnungsnachbarn, Hausnachbarn, aber auch die innerhalb einer Straße, eines Wohnblocks oder eines überschaubaren kleinen Stadtviertels gemeinsam wohnenden Personen. Über diese ”Nachbarn” im engeren Wortsinne hinaus, werden im Rahmen der Auslegung der Vorschriften über die Nachbarschaftshilfe auch die Angehörigen einer gemeinsamen Familie als Nachbarn angesehen, sowie die Angehörigen eines örtlichen Vereins oder einer örtlichen Gesellschaft.

Nicht nur dein direkter Nachbar ist dein Nachbar

Nachbarschaftshilfe innerhalb eines Vereines

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Rechtliche Situation

Beispiele:

Der Maler A streicht die Wohnung des Elektrikers B im Nachbarhaus. B repariert dafür elektrische Leitungen in der Wohnung des A.

Der Stukkateur C aus Hamburg bessert die Decke in der Wohnung seines in Frankfurt lebenden Vaters D aus.

E ist Mitglied eines Schützenvereins. Er richtet eine Scheune im Anwesen des Schützenkönigs als Festraum her.

In allen Fällen liegt Nachbarschaftshilfe vor.

Nachbarschaftshilfe wird meistens unentgeltlich geleistet. Wird ein Entgelt gewährt, so liegt es meistens in der Gegenseitigkeit, mit der von dem durch die Nachbarschaftshilfe Begünstigten wiederum Nachbarschaftshilfe geleistet wird. Jedoch gehört Unentgeltlichkeit nicht zwingend zum Begriff der Nachbarschaftshilfe. Auch bei Zahlung eines Entgelts kann Nachbarschaftshilfe vorliegen.” 6

Anrechnung auf Sozialhilfe?Anrechnung auf Sozialhilfe?

Die Ziele des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und die der Tauschringe überschneiden sich in einem Punkt: Unabhängigkeit von der Sozialhilfe. Tauschringe eröffnen zumindest den Weg in die Richtung, da die erweiterte Handlungskompetenz aktiviert und Selbstverantwortung gefördert wird. Dennoch wurde die Frage aufgeworfen, ob Tauscheinnahmen auf Sozialhilfe angerechnet werden könnten. Die Bundesregierung hat hier auf den Einzelfall verwiesen. 7

EmpfängerInnen von Sozialhilfe müssen ihr Einkommen zur Bedarfsdeckung einsetzen. Einkommen im Sinne des BSHG sind nur tatsächliche, ”alsbald realisierbare Zuflüsse in Geld oder Geldeswert”. Als Einkommen werden Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten wie selbständiger und unselbständiger Arbeit, Land- oder Forstwirtschaft berücksichtigt. Einkünfte sind dabei die um die notwendigen Ausgaben bereinigten Netto-Einkommen. 8

Der Einkommensbegriff im BSHG lehnt sich also weitgehend dem im Einkommensteuerrecht an. Danach müßte auch hier eine

6 Dr. Dieter Marschall, 1994, Bekämpfung illegaler Beschäftigung, 2. Aufl. 1994, Verlag C.M.Beck, S. 1677 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Angeordneten Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -Drucksache 13/6573- vom 24.01.978 vgl. Schellhorn, Walter, Das Bundessozialhilfegesetz, Ein Kommentar für Ausbildung, Praxis und Wissenschaft. Luchterhand 1993. S.374

Kein Rechtsanspruch, nicht alsbald realisierbar

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Rechtliche Situation

Gewinnerzielungsabsicht mit dem Tauschhandel verbunden sein, also die Absicht positive Einkünfte zu erzielen. Tauschringe und deren private TeilnehmerInnen sind aber i.d.R. nicht gewinnorientiert, da sie - besonders bei Zeitorientierung - nicht mehr Verrechnungseinheiten einnehmen als sie einsetzen. Bei Tauscheinnahmen aus einer gewerblichen oder selbständigen Arbeit müßten diese aus einer nachhaltigen Tätigkeit hervorgehen. Die Kriterien dazu werden von den privaten Tauschring-TeilnehmerInnen i.d.R. nicht erfüllt (siehe unten, zu Steuerrecht).

Darüber hinaus sprechen folgende Punkte gegen eine Bewertung von Tauschleistungen als Einkommen im Sinne des BSHG : 9

Die Verrechnungseinheiten der Tauschringe stellen kein universelles Zahlungsmittel dar. Leistungen und Gegenleistungen werden lediglich innerhalb des begrenzten Kreises der Mitglieder eines Tauschringes ausgetauscht.

Der Tausch basiert auf Vertrauen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine Gegenleistung. Es ist nicht gewährleistet, daß eine Gegenleistung erfolgt.

Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung ist unklar, welche Gegenleistung zu erwarten ist. Soll Einkommen nach dem BSHG angerechnet werden, muß es sog. ”Bedarfsidentität” aufweisen. Es kann also nur Einkommen angerechnet werden, daß zu Deckung des ‘Bedarfs’ bestimmt ist. Sozialhilfe wird gewährt als laufende Hilfe oder einmalige Hilfen zum

Lebensunterhalt. Der notwendige Lebensunterhalt umfaßt insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege Hausrat, Heizung, und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Für die laufende Hilfe wird als Regelbedarf ein pauschaler Geldbetrag gewährt (Regelsatz).

Lediglich die erhaltenen Waren und Dienstleistungen, die zu diesem Bedarf gehören, könnten als Einkommen gewertet werden, die eingenommenen Tauscheinheiten selbst nicht. Das Sozialamt müßte dann jede einzelne Tauschaktion dahingehend bewerten, ob eine Bedarfsidentität besteht. Solche Einzelprüfungen werden inzwischen durch weitgehende Pauschalierungen vermieden.

Wird etwas eingetauscht, was über diesen Bedarf hinausgeht (z.B. Mikrowelle oder Massage, Fahrradreparaturen, Gesangs- oder Musikunterricht), darf es nicht als Einkommen angerechnet werden. Die meisten Tauschaktionen dienen aber nicht der Deckung des Bedarfs. Sie zielen auf eine Verbesserung der Lebensqualität.

Hinzu kommt, daß Sachmittel bzw. Materialeinsatz ohnehin in DM verrechnet werden, lediglich die Arbeitszeit wird gegen

9 vgl. Budtke, Sabine, unveröffentlichte Diplomarbeit ”Tauschringe im Kontext sozialer Sicherung” im Fachbereich Erziehungswissenschaften der Technischen Universität Berlin, Dez. 1996

keine Bedarfs-identität

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Rechtliche Situation

Verrechnungseinheit eingetauscht. Erhält z.B. ein/e SozialhilfeempfängerIn Renovierungshilfe vom einem anderen Tauschringmitglied, fallen die Materialkosten i.d.R. in DM an, während die Hilfeleistung über die Verrechnungseinheit abgegolten wird. SozialhilfeempfängerInnen müssen ohnehin solche Arbeiten in Selbsthilfe organisieren, sofern sie dazu in der Lage sind. Einmalige Leistungen zum Lebensunterhalt können natürlich beim Sozialamt nicht mehr beantragt werden, wenn sie durch Tauschleistungen bereits abgedeckt wurden (z.B. Hausrat).

Die Mitglieder eines Tauschringes können ferner nicht davon ausgehen, im gleichen Zeitraum die entsprechende Gegenleistung zu erhalten, in dem ihnen die Sozialhilfe zufließt. Die Verrechnungseinheiten sind zunächst fiktive Einnahmen und somit kein Einkommen im Sinne des BSHG. ”Einkommen im Sinne des § 76 BSHG sind nur tatsächliche Zuflüsse in Geld oder Geldeswert. Nicht alsbald realisierbare Ansprüche sind dagegen kein Einkommen (BVerwG 31,100). 10

Geringwertige Leistungen wie kleine Geschenke oder Dienste im Rahmen der Nachbarschaftshilfe werden nicht als Einkommen im Sinne des BSHG gewertet. Sie müßten einen ”finanziellen Marktwert” haben, d.h. sie müßten sonst mit Geld erworben werden. Nicht-professionelle bzw. nicht-gewerbliche Dienstleistungen (z.B. Haarschnitt von Bekannten) wird aber üblicherweise nicht mit Geld vergütet.

Bei Tauschringen mit Zeitverrechnung ist die Ermittlung eines Marktwertes sehr schwierig, da sich die Verrechnungseinheit nicht an den Marktpreisen in DM orientiert.

Tauschen als neue Form von Freiwilligem Sozialem Engagement:

Bei einer Zielsetzung des Tauschrings zur Verbesserung der Nachbarschaftshilfe, der Kontakte und der Selbsthilfe sind nicht nur die Arbeiten der OrganisatorInnen eines Tauschringes ehrenamtlicher Arbeit gleichzusetzen, sondern auch die aller TeilnehmerInnen. Sie bewirken mit ihrem Tausch eine Verringerung der Isolation und das Knüpfen eines sozialen Netzes. Die erhaltenen Verrechnungseinheiten könnten wegen ihres ideellen Wertes analog den Aufwandsentschädigungen gewertet, die nicht von der Sozialhilfe abgezogen werden können. 11

Getauschte Waren und Dienstleistungen könnten auch als ”Zuwendung Dritter” gewertet werden, die nicht angerechnet werden, wenn sie wie in Tauschringen ohne rechtliche oder sittliche Verpflichtung erbracht werden oder eine besondere Härte vorliegt (z.B. wenn die Zuwendung durch Arbeit verdient wurde).

10 Schellhorn, 1993. S.37411 zum Vergleich: Ehrenamtlich Tätige für die Freiwillige Reserve-Polizei erhalten eine Aufwandsentschädigung von 8 DM / Std. (vgl. Budtke)

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Rechtliche Situation

ArbeitsförderungArbeitsförderung

Jüngste Verlautbarungen aus dem Hause Jagoda ließen Freie Träger und Freiwilligenagenturen aufhorchen. Trotz des neuen SGB III sollen ehrenamtliche Tätigkeiten ein Kriterium für die Verfügbarkeit einer arbeitslosen Person sein. Das würde bedeuten, wer mehr als 15 Stunden pro Woche ehrenamtlich tätig ist oder mit Tauschaktivität verbringt, verliert sämtliche Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder -hilfe.

Von Dr. Alexander Gagel wurden in seinem Gesetzeskommentar bereits zum alten AFG ”Tätigkeiten, die nicht unmittelbar Erwerbszwecken, sondern ideellen oder religiösen Zwecken dienen (z.B. die ehrenamtliche Tätigkeit in einem Verein) oder aus Liebhaberei geschehen (Hobbytätigkeiten)” von der Verfügbarkeitsregelung ausgenommen, weil diese ”regelmäßig auch von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern in erheblichem Umfang ausgeübt” werden und ”der Arbeitslose sie jederzeit einschränken oder ganz aufgeben kann”. 12 Die Rechtsprechung hat die Verfügbarkeitsregelung jedoch restriktiv ausgelegt. Zum Zeitpunkt des üblichen Posteinganges hatten alle arbeitslosen Personen zuhause zu sein. Sie mußten täglich die Möglichkeit haben, das Arbeitsamt sofort aufzusuchen. Dies schloß sämtliche Tätigkeiten im Rahmen kultureller, sportlicher, karitativer und sonstiger Interessen aus.

”Diese Rechtsprechung dürfte sich aufgrund der (neuen) Formulierungen in den §§ 118, 119 SGB III nicht mehr aufrecht erhalten lassen”, schreibt Thomas Bubek, Richter am Sozialgericht Freiburg. ”Der Gesetzgeber hat die bisher geltende strenge Residenzpflicht aufgebenen....Sie können sich jetzt also auch an einem anderen Ort als Ihrem Wohnort aufhalten und beispielsweise eine andere zuverlässige Person beauftragen, täglich ihre Post zu überwachen und Sie erforderlichenfalls (z.B.: telefonisch oder per fax) sofort zu informieren. Ist dies sichergestellt und halten Sie sich in ortsnaher Entfernung auf, die es zuläßt, zeitnah zu reagieren, ist Ihre Verfügbarkeit nicht beeinträchtigt.” 13 Die Berliner Staatskanzlei bestätigt für Berlin-Brandenburg, daß private, nachbarschaftliche Tauschaktivitäten nicht in Konflikt stehen mit der sog. „Verfügbarkeitsregelung“.

Bestimmte Tätigkeiten, wie die Teilnahme an Trainingsmaßnahmen, Maßnahmen der Berufsfindung oder auch das Erbringen gemeinnütziger 12 Gagel, Alexander.: Arbeitsförderungsgesetz, Loseblattsammlung, Verlag C.H.Beck, zum §101 RZ 26,31, §115, Rz 1313 Bubek, Thomas: Meine Rechte und Pflichten als Arbeitsloser. Verlag C.H. Beck, München, 1997. S. 32

Tauschen im Ring ist keine Erwerbsarbeit

Private nachbarschaftliche Tauschaktivi-täten stehen nicht im Konflikt mit der Verfügbarkeitsregelung

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Rechtliche Situation

Leistungen, schließen die Verfügbarkeit nicht aus. Sie werden im §120 SGB III explizit genannt. Wie die Rechtsprechung dies auslegen wird, bleibt abzuwarten.

Steuern auf Tauschleistungen?Steuern auf Tauschleistungen?

Zur Besteuerung gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die kleine Anfrage der Grünen keine abschließende generelle Bewertung aller Tauschaktionen ab, sondern macht dies jeweils vom Einzelfall abhängig. Sie geht davon aus, daß es sich bei den TauschpartnerInnen in der Regel nicht um Gewerbetreibende handelt, da keine Gewinnerzielungsabsicht vorhanden ist. Tauschaktionen sind keine auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit. Selbst bei minimalem Gewinn würden sie als Bagatelltätigkeiten betrachtet.

Sollten jedoch die Voraussetzungen für ein Gewerbe gegeben sein, ”muß den Anforderungen der Gewerbeordnung und der Handwerksordnung Rechnung getragen werden (z.B. Eintragung in die Handwerksrolle). Wegen der Vielzahl denkbarer Ausgestaltungen bleibt dies jedoch einer Einzelfallprüfung der zuständigen Behörden überlassen.” Die meisten Verrechnungseinheiten sind als Zeiteinheiten nicht konvertierbar in die Landeswährung. Bei Gewerbebetrieben als Mitglieder in einem Tauschring gilt dann aber immer noch die Kleinunternehmerregelung, nach der der Betrieb umsatzsteuerfrei ist, wenn der Jahresumsatz nicht 32.500 DM übersteigt.

Auch bei der Einkommensteuer hält sich die Bundesregierung zurück. Sie trennt Erwerbssphäre und Privatsphäre. Erwerbseinkünfte sind gekennzeichnet durch ”die entgeltliche Verwertung von Leistungen ... am Markt” und durch eine selbständige nachhaltige Betätigung mit dem ”Abzielen auf positive Einkünfte durch eine unter eine Einkunftart fallende Leistung” (selbständige Arbeit, nichtselbständige Arbeit, Kapitalvermögen, Gewerbebetrieb etc.).

Kriterien für die Nachhaltigkeit müssen allesamt gleichzeitig erfüllt sein: mehrjährige, auf Wiederholung angelegte Tätigkeit, planmäßiges Handeln, Beteiligung am Markt, Auftreten wie ein Händler, Unterhalten eines Geschäftslokales etc. Sie treffen für die privaten Mitglieder in Tauschringen i.d.R. nicht zu. Tauschringmitglieder gehen demnach weder einer selbständigen noch einer gewerblichen Tätigkeit nach. 14

14 Vgl. Rompel, Hartmut, Die Besteuerung von Tauschringen und ähnlichen Einrichtungen und den am Tausch Beteiligen in Deutschland. Unveröffentlichte Diplomarbeit an der Fachhochschule für Wirtschaft, Berlin 1998, S.

Keine Gewinnerzielungsabsicht - keine Steuern

Tauschein-nahmen sind kein Erwerbseinkommen

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Rechtliche Situation

Der Besteuerungsansatz für Tauschleistungen wurde folgerichtig aus den Haushaltsansätzen des Bundes für die Jahre 1997/98 ersatzlos gestrichen.15.

Um die bestehenden Unsicherheiten abzubauen, fordert die Arbeitsgemeinschaft bundesdeutscher Tauschsysteme auch hier eine deklaratorische Ausnahme privater Tauschringmitglieder von Besteuerung sowie eine Steuerfreiheit für Gewerbebetriebe in Tauschringen im Rahmen einer Experimentierphase (z.B.10 Jahre) zur Stärkung der Lokalen Ökonomie und zur Regionalförderung. Sollten Steuern erhoben werden, sind diese in der Verrechnungseinheit lokal und gemeinwesenorientiert einzusetzen. Um das Entwicklungspotential der Tauschringe nutzen und künftig erweitern zu können, sollten Hindernisse vermieden bzw. abgebaut werden.

HaftpflichtversicherungHaftpflichtversicherung

In den meisten Teilnahmebedingungen ist festgehalten, daß die Tauschenden für die Tauschaktionen selbst verantwortlich sind und der Tauschring keinerlei Haftung übernimmt. Geht bei einer Tauschaktion etwas zu Bruch, zahlt aber auch die private Haftpflichtversicherung in der Regel nicht, da der Tausch meist im Auftrag erledigt wird. Ob die Tauschringzentrale eine Gruppenhaftpflicht oder Gruppenunfallversicherung für alle ihre Mitglieder abschließen kann, ist aufgrund der schwierigen Risikoabwägung durch die Vielfalt unterschiedlicher Tauschaktionen fraglich.

Eine andere Möglichkeit: Die Zeitbörse Werra-Meißner denkt momentan über eine interne Absicherung in ihrer lokalen Verrechnungseinheit nach. 16

BankengesetzeBankengesetze

Konflikte mit der Bankengesetzgebung sind bei den Tauschringen nicht zu erwarten und werden deshalb nur kurz erwähnt.

Zwischen den Tauschring-TeilnehmerInnen und dem Tauschring können keine schuldrechtlichen Ansprüche geltend gemacht werden, es besteht kein Anspruch auf Auszahlung des Tauschguthabens in DM. Das Kreditwesengesetz bleibt dadurch unberührt.

Auch das Bundesbankgesetz findet keine Anwendung, da die Tauschringe in Deutschland keine Geldscheine oder Noten ausgeben. Die Guthaben werden lediglich auf Konten gebucht. Sollten dennoch Gutscheine

15 ISL / Zeitbörse Kassel, 1997, S. 1116 vgl. Zeitbörse Werra-Meißner

Bund will nicht besteuern

Tauschring übernimmt keine Haftung

Tauschringe haben keine Geldscheine

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Rechtliche Situation

ausgegeben werden, müssen sie eindeutig als Gutschein erkennbar und deklariert sein. 17

DatenschutzDatenschutz

Der Umgang mit den Daten der TeilnehmerInnen ist nicht nur eine rechtliche Frage, sondern berührt ganz entscheidend das Vertrauensverhältnis innerhalb eines Tauschringes.

Viele Tauschringe erheben zur Mitgliederverwaltung und auch als Vertrauensschutzmaßnahme persönliche Daten wie Adresse, Telefonnummer, Geburtstag und -ort. Darüber hinaus veröffentlichen viele Tauschringe den Kontostand und die Anzahl der Tauschaktionen beispielsweise in der Tauschzeitung.

Es sollte auf jeden Fall sichergestellt werden, daß die TeilnehmerInnen davon wissen, damit einverstanden sind und ihre Einwilligung schriftlich, z.B. in der Beitrittserklärung, bekunden. Diese Daten sollten dann auch nur innerhalb des Tauschringes öffentlich sein. Wird eine öffentliche Zeitung zur Verbreitung von Tauschangeboten genutzt, sollten die persönlichen Daten codiert werden.

17 vgl. PaySys, 1996, S. 42-45

Vertrauens-schutz undTransparenz

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Politische Forderungen

Politische Forderungen

In der Folge des 4. bundesweiten Tauschringtreffens in München (1. bis 3. Mai 1998) hat sich die Arbeitsgemeinschaft bundesdeutscher Tauschsysteme gegründet. Neben der Weiterentwicklung der Tauschringidee und der Unterstützung der Tauschinitiativen vor Ort ist es das Ziel der AG politische Lobbyarbeit zu leisten. Aufgrund der starken Verunsicherung mit der rechtlichen Bewertung wurde die Notwendigkeit einer solchen gemeinsamen Lobbyarbeit auf dem Münchner Treffen bekräftigt.

Die AG ist ein offenes Gremium, in dem sich z.Zt. (Sept.98) MitarbeiterInnen folgender Tauschringe engagieren: Batzen-Tauschring Leipzig, Kreuzberger Tauschring, Zeit.Punkt Bielefeld, Zeitbörse Kassel, Tauschring Wetzlarer Talente, Tauschring Magdeburg, Tauschring Osnabrück/Lotte und LETS-Tauschnetz München.

Als erste gemeinsame Aktion wurden Wahlprüfsteine für die Bundestagswahl im September 98 mit den politischen Forderungen der Tauschringe formuliert und an die jeweiligen BundestagskandidatInnen, RegierungsvertreterInnen und parteipolitischen Gremien mit der Bitte um Stellungnahme verschickt. Im folgenden dokumentieren wir die Wahlprüfsteine mit den politischen Forderungen sowie den Katalog mit gesellschaftspolitischen Anliegen und Wirkungen von Tauschringen.

Wahlprüfsteine der Arbeitsgemeinschaft Wahlprüfsteine der Arbeitsgemeinschaft bundesdeutsche Tauschsystemebundesdeutsche Tauschsysteme

1. Vorschläge1. Vorschläge

1.1 Verfügbarkeitsregelung SGB 1.1 Verfügbarkeitsregelung SGB III (3. Sozialgesetzbuch)III (3. Sozialgesetzbuch)

Die im SGB III seit 1.1.1998 gültige Verfügbarkeitsregelung darf hinsichtlich von Tätigkeiten im Tauschring oder auch ehrenamtlicher Art nicht angewendet werden. Diese Regelung wird derzeit von der Bundesanstalt für Arbeit so interpretiert, daß z.B. jemand, der mehr als 15 Stunden wöchentlich ehrenamtlich tätig ist, keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld bzw. Hilfe hat. Das Gesetz sollte um eine Durchführungsverordnung ergänzt werden, die klarstellt, daß Tätigkeiten im Tauschring bzw. ehrenamtliche Arbeit von dieser

Verfügbarkeitsregelung ausgenommen sind.

Begründungen :Begründungen :

a) Solche Tätigkeiten können jederzeit auf ein Minimum zurückgeführt oder gar ganz beendet werden, wenn eine bezahlte Arbeitsstelle in einem anderen Bereich angeboten wird.

b) Gerade Tätigkeiten im Tauschring bzw. Ehrenamt eröffnen Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern die Möglichkeit, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten praktisch umzusetzen und zu trainieren.

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Bundesweite Vernetzung

c) Diese führen außerdem zu vielfältigen Kontakten und können auch zur Schaffung von neuen Arbeitsmöglichkeiten bzw. -stellen Anlaß sein.

1.2 Sozialleistungen1.2 Sozialleistungen

Es bedarf einer eindeutigen, bundesweit (d.h. für alle Sozialämter) gültigen Regelung bzw. Klarstellung, daß Tauschaktivitäten kein Einkommen im Sinne des Sozial- und Arbeitsförderungsrechts sind.

Begründungen :Begründungen :

a) In einigen Bundesländern (z.B. Hessen seit Ende 1996) existieren bereits solche Regelungen von Seiten der örtlichen Sozialämter. Diese sollten jedoch für alle Sozialämter getroffen werden, um eine derzeit bestehende Rechtsunsicherheit zu beenden.

b) Tauschringaktivitäten von Sozialhilfeempfängern führen dazu, daß diese wieder aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Darüber hinaus haben sie auch oft den Effekt, daß Sozialhilfeempfänger auf ihnen zustehende Leistungen verzichten (z.B. die Renovierung der Wohnung mit Hilfe des TR´s durchführen) und damit den Etat der örtlichen Sozialhilfeträger entlasten.

1.3. Steuern1.3. Steuern

Bezüglich der Tauschringaktivitäten im privaten Bereich muß klargestellt werden, daß es sich dabei um die Aktivierung nachbarschaftlicher Hilfen handelt. Damit ist Tauschen keine Erwerbsarbeit im steuerlichen Sinne und gehört eindeutig in die steuerlich nicht relevante Privatsphäre.

Eingebunden in einer regionalen Entwicklung mit dem Ziel der

Stärkung der lokalen Ökonomie und der Schaffung neuer Arbeitsplätze, sollte für Gewerbebetriebe in Tauschringen eine Experimentierphase von 10 Jahren eingeführt werden. Während dieser Zeit sollten gewerbliche Einnahmen aus Tauschaktivitäten steuerfrei gestellt werden.

Gleichzeitig sollten Modelle entwickelt werden, inwieweit statt dessen lokale Steuern bzw. Abgaben in der jeweiligen Verrechnungseinheit an Gemeinde, Kreise und Kommunen abgeführt werden könnten. Dies würde den Effekt der regionalen und nachhaltigen Entwicklung verstärken.

Hier nun unsere Fragen dazu :Hier nun unsere Fragen dazu :

Treten Sie in der nächsten Legislaturperiode für eine Änderung der Verfügbarkeitsregelung im SGB III ein (s. Punkt 1.1) ?

Werden Sie sich dafür einsetzen, daß eingenommene Tauscheinheiten grundsätzlich nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden ?

Unterstützen Sie eine klare Regelung im Steuerrecht, in der deutlich gemacht wird, daß Tauschen für private Mitglieder von TR´s keine Erwerbsarbeit darstellt und somit steuerlich nicht relevant ist ? Befürworten Sie eine Experimentierphase von 10 Jahren, in der erprobt werden kann, inwieweit eine vereinbarte Steuerfreiheit für gewerbliche Tauschringaktivitäten zur Stärkung lokaler Strukturen und einer nachhaltigen Wirtschaft genutzt werden kann ?

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Gesellschaftspolitische und ökonomische Anliegen Gesellschaftspolitische und ökonomische Anliegen und Wirkungen der deutschen Tauschsystemeund Wirkungen der deutschen Tauschsysteme

(erarbeitet auf dem Bundestreffen vom 1. - 3. Mai 1998 in München)

1. Nachbarschaftshilfe - Kommunikation schaffen1. Nachbarschaftshilfe - Kommunikation schaffen

Abbau von Schwellenangst und Mißtrauen, Isolation und Anonymität in der Nachbarschaft

Austausch zwischen Menschen fördert die Kontakte untereinander Treffpunkte entstehen Kontakte zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen und Altersgruppen

2. Ökonomische und soziale Selbsthilfe - Selbstbestimmung - 2. Ökonomische und soziale Selbsthilfe - Selbstbestimmung - SelbstverwaltungSelbstverwaltung

Versorgung mit Dienstleistungen und Produkten, die man sich mit dem vorhandenem Einkommen nicht leisten will oder kann

alle Arbeiten und Entscheidungen erfolgen durch die Mitglieder der Tauschringe selbst

3. Entfalten des Selbstwertgefühls, der Phantasie und Kreativität3. Entfalten des Selbstwertgefühls, der Phantasie und Kreativität

Eigene Fähigkeiten und Stärken und deren Vielfalt werden entdeckt und gefördert, vorhandene Ressourcen werden genutzt

Bei den Fähigkeiten ansetzen, nicht beim "Mangel" Ermutigung zum aktiven Handeln, ökonomisch und sozial Bieten die Möglichkeit, den Selbstwert nicht ausschließlich über die Erwerbsarbeit

zu definieren

4. Gleichberechtigung / gegenseitiger Respekt4. Gleichberechtigung / gegenseitiger Respekt

Kein Gefälle zwischen Gebenden und Nehmenden (kein schlechtes Gewissen bei Hilfebedürftigkeit)

Solidar- statt Konkurrenzökonomie Fairer, gleichberechtigter Umgang miteinander, gegenseitiger Respekt sich sowohl der eigenen Fähigkeiten als auch der eigenen Bedürfnisse bewußt

werden

5. Neubewertung von Arbeit und Leben5. Neubewertung von Arbeit und Leben

Kopf- und Handarbeit, Frauen- und Männerarbeit, angeblich weniger qualifizierte Arbeit werden neu eingeordnet

Tauschringe als neue Möglichkeit zwischen bezahlter und ehrenamtlicher Arbeit Wert der eigenen Fähigkeiten entdecken und für sich und andere nutzbar machen,

unabhängig z.B. von bestehenden Kriterien des Arbeitsmarktes

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6. Gemeinwesenentwicklung, lokale Ökonomie, Verbesserung der 6. Gemeinwesenentwicklung, lokale Ökonomie, Verbesserung der LebensqualitätLebensqualität

Entwicklung nachhaltigen Wirtschaftens Erfüllen sozialer Grundbedürfnisse Beitrag zur Entwicklung einer lokalen Agenda 21 Global denken, lokal handeln Ökologie : Ressourcenschonung durch kurze Wege, Müllvermeidung,

Wiederverwerten und gemeinsames Nutzen von Gebrauchsgütern Soziale Kompetenz der Gesellschaft erhöhen Sinnvolle Arbeit im Gemeinwesen wird durch ein geeignetes Tauschmittel

ermöglicht Vernetzung von Bewohnern, Projekten und Vereinen auf lokaler Ebene Förderung lokaler Strukturen Beitrag zur "Standortsicherung" durch Verbesserung sozialer Strukturen

7. Bildungsarbeit zum Zusammenhang zwischen Ökonomie und Leben7. Bildungsarbeit zum Zusammenhang zwischen Ökonomie und Leben

Verstehen von Wirkungs- und Funktionsweise des Geldes praktisch erfahrbar machen

Ursachen gegenwärtiger Probleme verstehen, z.B. Arbeitslosigkeit, Umweltstörung, soziale Ungerechtigkeit, Finanznot

8. Modellversuche für nachhaltiges Wirtschaften8. Modellversuche für nachhaltiges Wirtschaften

Neue Kooperationsbeziehungen zwischen Privatpersonen, Unternehmen und anderen Organisationen (z.B. der öffentlichen Hand, Vereine) eingehen

Modellhaftes Lernen im Erfahren von Versuch und Irrtum

9. ...außerdem macht Tauschen Spaß9. ...außerdem macht Tauschen Spaß

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Bundesweite Vernetzung

Bundesweite Vernetzung der Tauschringe

Erstellt von Helfried Lohmann, überarbeitet von Stefan Purwin

Auf dem 3. bundesweiten Tauschringtreffen in Kassel im April 1997 wurde vereinbart, überregionale Aufgaben auf verschiedene Dienste ("Services") zu verteilen, die von den Tauschringen dezentral übernommen werden. Auf dem 4. bundesweiten Treffen in München vom 1. bis 3. Mai 1998 wurde diese Idee weiterentwickelt.

Diese Aufgabenverteilung soll vor allem die Zusammenarbeit der Tauschringe untereinander im Innenverhältnis klären. Vertretungen nach außen gegenüber Presse, Wirtschaft und Politik bedürfen aufgrund der Vielfältigkeit der Tauschringe einer besonderen Sensibilität. Eine offene Struktur der künftigen Arbeitsgemeinschaft bundesdeutscher Tauschsysteme soll dies gewährleisten.

Die Aufgabenbereiche sind:

AdressenAdressen

Adressenliste der Tauschringe in Deutschland pflegen und gesammelt zur Verfügung stellen:

Liste: Kreuzberger Tauschring - c/o Nachbarschaftsheim, Urbanstr. 21, D-10961 Berlin, Tel. 030/692 23 51, Fax 030/690 404 67, eMail: [email protected]. Diese Liste ist als Faxabruf unter 030/ 690 404 67 erhältlich.

Internet: http://www.tauschring.de., Ansprechpartner: Michael Wünstel (Tauschring Karlsruhe), Gartenstr. 28, D-76770 Hatzenbühl, Tel./Fax 07275/1424, eMail: [email protected].

Archiv:Archiv:

Allgemeine Informationssammlung über Tauschringe und periodische Veröffentlichung: Ansprechpartner: Klaus Kleffmann, Tauschring Osnabrück, Hasenkamp 30, D-49504 Lotte, Tel. 05404/6197, Fax 05404/4822, eMail: [email protected].

DiskussionsforenDiskussionsforen

MailinglisteSeit Frühjahr 1997 gibt es eine Mailing-Liste (per email). TeilnehmerInnen 5/98: ca. 80. Anmelden in die Liste per eMail an [email protected]

Im Text steht SUBSCRIBE AUSTAUSCH-L

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Abmelden aus der Liste per eMail an [email protected]

Im Text steht UNSUBSCRIBE AUSTAUSCH-LAn- und Abmeldungen NICHT an die Liste senden!Mails an die Liste senden an: [email protected]

Mails an die Liste bitte in ASCII ohne Attachements!

InternetIm Internet über Web-Seite: http://www.tauschring.de, Ansprechpartner: Michael Wünstel (Tauschring Karlsruhe), Gartenstr. 28, D-76770 Hatzenbühl, Tel./Fax 07275/1424, eMail: [email protected].

ZeitschriftenZeitschriften

Tausch-System-Nachrichten, Deutsches Tauschring-Archiv,Ansprechpartner: Klaus Kleffmann, Tauschring Osnabrück, Hasenkamp 30, D-49504 Lotte, Tel. 05404/6197, Fax 05404/4822, eMail: [email protected].

Contraste, Zeitschrift für Selbstverwaltung,Ansprechpartnerin: Ricarda Buch, Tauschring Prenzlauerberg, [email protected].

Gewerbetreibende im TauschringGewerbetreibende im Tauschring

Informationssammlung, Existenzgründer-Hilfe, Integration von Gewerbetreibenden: Ansprechpartner: Stefan Göser, Tauschring INITIAL, Wiesbaden

Tauschring-GründungTauschring-Gründung

Information und Seminare zur Gründung neuer Tauschringe:Ansprechpartner: Heinrich Haußmann, GIB & NIMM Tauschring Nürnberg - Fränkisches Bildungswerk für Friedensarbeit, Hessestr. 4, D-90443 Nürnberg, Tel. 0911/344694, G&N-Telefon 0911/288512 (18-19 Uhr), Fax 0911/288514 o. 0911/3820488, eMail: [email protected].

HaftungsrechtHaftungsrecht

Information, Verfolgung der Rechtsprechung bei Nachbarschaftshilfe:Ansprechpartner: Günter Nakath, Pforzheimer Tauschring für Dienstleistungen, Hirsauerstr. 98, D-75180 Pforzheim, Tel. 07231/75125.

Internationale KontakteInternationale Kontakte

Verbindungen zu Tauschringen im Ausland, internationale LET-Systeme:Ansprechpartnerin: Ricarda Buch, Tauschring Prenzlauerberg, eMail: [email protected].

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Bundesweite Vernetzung

Kommunen und GemeindenKommunen und Gemeinden

Informationen über die Einbeziehung von Kommunen und Gemeinden sammeln und weitergeben

Lobby-ArbeitLobby-Arbeit

Politische Lobbyarbeit in Bonn/Berlin durch die Arbeitsgemeinschaft bundesdeutscher Tauschsysteme.

Weitere Aufgaben: Unterstützung für Bundes- u. Regionaltreffen, Informationsbörse / Kommunikation nach innen, Bildungsarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, Akquisition von Fördermitteln und Spenden, Vernetzungsarbeit, Kontaktpflege auf nationaler und internationaler Ebene.

Mitarbeit in der AG (Sept. 98):Angelika Kell, Batzen Tauschring LeipzigElisabeth Hollerbach, LETS MünchenHelmut Becker, döMak HalleKlara Brendle, Tauschring KreuzbergKlaus Kiene, Tauschring BielefeldKlaus Kleffmann, Tauschring OsnabrückKlaus Reichenbach, Zeitbörse KasselLjiljana Lapu-Fiedler, Tauschinitiative WetzlarMichael Rost, Tauschring MagdeburgStefan Purwin, Tauschring Kreuzberg

SoftwareSoftware

Informationssammlung und Diskussion zu Software für Tauschringe:Ansprechpartner: Helfried Lohmann, Tauschring Karlsruhe, Hardtstr. 37a, D-76185 Karlsruhe, Tel./Fax 0721-9553541, eMail: [email protected].

Informationen im Internet über Tauschring-Software:http://home.t-online.de/home/tauschring.ka/tr_softw.htm.

SozialrechtSozialrecht

Fragen zum Sozialrecht im Zusammenhang mit Tauschringen:Ansprechpartner: Stefan Purwin, Kreuzberger Tauschring, c/o Nachbarschaftsheim, Urbanstr. 21, D-10961 Berlin, Tel. 030/6922351 o. 6904970, Fax: 030/690 404 67, eMail: [email protected].

SteuerrechtSteuerrecht

Aktuelle Diplomarbeit über Steuern und Tauschring beim Tauschring Kreuzberg.

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Überregionaler TauschÜberregionaler Tausch

Verrechnung von Tauschleistungen zwischen Tauschringen, überregionaler Tauschring: Ansprechpartner: Gerald Gundelfinger, Tauschring Erlangen, Schloßgarten 1, D-91322 Gräfenberg, Tel. 09192/997634, Fax 09192/997635.

VereinsrechtVereinsrecht

Informationen zu Organisationsformen, öffentlichen Fördermitteln und Zuschüssen: Ansprechpartner: Ernst Peter Fiedler, Wetzlarer Talente, Attenbach-Str. 4a, D-35619 Braunfels, Tel. 06442/931069 o. 931788, eMail: [email protected].

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Erfahrungsberichte

Erfahrungsberichte einiger Tauschringe

Zeitbörse Werra-MeißnerZeitbörse Werra-Meißner

Dirk Gröling Zeitbörse Werra-Meißnerc/o Regional-Netz e.V.Alter Bahnhof, 37259 EschwegeTel.:05651/96157, Fax 05651/96165

Tauschringe als Chance eigenständiger RegionalentwicklungTauschringe als Chance eigenständiger Regionalentwicklung- erste Erfahrungen mit der Zeitbörse Werra-Meißner- erste Erfahrungen mit der Zeitbörse Werra-Meißner

Die ZeitbörseWerra-Meißner existiert seit Oktober 1996 als Initiative unter dem Dach des Vereines Regional-Netz e.V. (ReN). Letzterer hat seine Ursprünge in der Soziokultur. Mit dem Anliegen neue Zukunftsperspektiven in der strukturschwachen Region aufzubauen unterstützt ReN den Aufbau der Zeitbörse als für die Region zukunftsweisendes Projekt personell und finanziell.

Der in Nordhessen gelegene Werra-Meißner-Kreis (118.000 Einwohner) als Aktionsradius der Zeitbörse Werra-Meißner ist eine typisch ländlich geprägte Region. Bis 1989 war diese ebenfalls durch ihre Randlage zur ehemaligen DDR geprägt. Die dann eingetretene räumliche Veränderung hat jedoch nicht die erhofften positiven Auswirkungen für die Region gebracht Vielmehr kam es in den letzten Jahren im Rahmen gesamtwirtschaftlicher Umstrukturierungsprozesse zur vermehrten Abwanderung von bis dahin mit Hilfe von Fördergeldern künstlich angesiedelter Industriebetriebe („verlängerte Werkbänke"). Resultat ist ein andauernder Wettstreit um die höchste Arbeitslosenquote in Hessen, in der die Region leider allzu oft Sieger bleibt.

Folglich ist es verständlich daß die Perspektivlosigkeit der Menschen vor Ort zunimmt. Aussagen wie „Hier ist ja sowieso nichts los", "Hier kann man nichts machen" spiegeln die Haltung vieler Menschen wider, egal welcher Altersgruppe oder Gesellschaftsschicht.

Der Verein Regional-Netz als Dach der Zeitbörse Werra-MeißnerDer Verein Regional-Netz als Dach der Zeitbörse Werra-Meißner

Mit dem Ziel, diesem Trend und dem ,,Hessisch-Sibirien-lmage" etwas entgegenzusetzen, ist - hervorgegangen aus dem Jugend-Kulturfestival Open Flair - 1994 der Verein Regional-Netz e.V. gegründet worden.

Die Frage, wo man/frau ansetzen kann, um Zukunftsperspektiven in der Region zu erarbeiten, erscheint dabei zumindest für die Mitstreiter des ReN

Die Region Regionale Potentialenutzen

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Erfahrungsberichte

geklärt. Regionale Potentiale und damit auch regionale Zukunftsperspektiven finden sich bei den Menschen vor Ort. Deren Können, Fähigkeiten, Kreativität, Knowhow und Engagement gilt es zu fördern. Förderung in diesem Sinne heißt:

Schaffung übergreifender (und nicht auf einzelne Politikfelder oder Personen beschränkte) Strukturen, Foren und Möglichkeiten, die eine Austausch, Kooperationen und Vernetzungen ermöglichen.

Motivation zu und Förderung von Engagement.

Schaffung von Gelegenheiten zur Entfaltung der vorhandenen individuellen Potentiale.

Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe und zukunftsweisender Maßnahmen der ökologischen Umgestaltung.

Momentane Aktionsfelder des ReN liegen mit Hilfe von drei ABM-Kräften in dem Ausbau regionaler Vermarktungsmöglichkeiten, dem Aufbau eines Regionalradios sowie der Konzeptionierung eines Beschäftigungsprojektes „Recyclingkaufhaus“ und eines übergreifenden Entwicklungszentrums.

Erste AnlaufschwierigkeitenErste Anlaufschwierigkeiten

Auf Anregung durch eine kurze Zeitungsnotiz entstand neben diesen Projekten die Idee zur Gründung der Zeitbörse Werra-Meißner. Diese realisiert ohne größeren Investitionsaufwand die oben genannten Vereinsziele optimal:

Unterschiedlichste Menschen aus der Region werden zusammengeführt;

Menschen werden zur Entfaltung ihrer Fähigkeiten motiviert;

die insbesondere aufgrund von Arbeitslosigkeit steigende Zahl der bis dahin unverkäuflichen Zeitkontingente kann wieder zur Verbesserung der nicht allein in Geldeinheiten meßbaren Lebensqualität eingesetzt werden.

Der Gründung der Zeitbörse ging eine ausführliche lnformationsbeschaffung voraus, wobei wir uns von einer Adresse zur nächsten durchfragten. Eine wertvolle Hilfe war hier das Handbuch der PaySys, das uns einen relativ umfassenden Einblick in die Thematik gab.

Erste Informationsveranstaltungen Mitte letzten Jahres, bei der in erster Linie Arbeitslose angesprochen wurden, stießen nicht auf die erhoffte Resonanz. Wie so oft: Diejenigen, die zu diesen Veranstaltungen kamen, waren sowieso schon vielfach ehrenamtlich engagiert und hatten keine Zeit, beim Aufbau der Zeitbörse mitzuwirken. Andere blieben abwartend bis skeptisch und es fehlte an der Motivation zum weitergehenden Engagement.

ErsteInformationsver-anstaltung

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Erfahrungsberichte

Insbesondere ein Grundgedanken der Zeitbörse, daß man zur eigenen Wohlstandssicherung nicht unbedingt Geld braucht, sondern ebenso über den Tausch verschiedenste Leistungen und Produkte beziehen kann, konnten sich viele der Anwesenden nur schwerlich ausmalen.

Weitere nach wie vor bestehende Schwierigkeiten bzgl. der Teilnahme beziehen sich auf die Vermittlung

der Notwendigkeit der Abbuchung einer monatlichen Gebühr zum Erhalt der Zentrale (Kontenbelastungen sind in Assoziation mit dem Bankkonto abschreckend)

des Tauschablaufs als Tausch zw. mehreren Personen (Was passiert, wenn ich einem Tauschpartner im Gegenzug nichts anbieten kann?)

der Tauschmöglichkeiten und eigenen Talente (Ich weiß nichts, was ich anbieten könnte.)

der Chance, Zeit für die Tätigkeiten, die man gerne ausübt, zu gewinnen (Ich würde ja mitmachen, habe aber keine Zeit.)

der Zielsetzung und Hintergründe (Wer steht hinter der Zeitbörse? Profitiert jemand davon?)

Umgang mit BehördenUmgang mit Behörden

Daneben tauchten Fragen bzgl. Steuern, Schwarzarbeit, Leistungsanrechnung auf Arbeitslosen- und Sozialhilfe usw. auf, die wir auch nach den bis heute vorliegenden Informationen nicht abschließend beantworten können. Da sich diese bestehenden Unsicherheiten als zusätzliche Hemmschwelle für eine Teilnahme erwiesen, starteten wir zum einen eine Anfrage bei anderen Tauschringen (Die Ergebnisse können gegen 8,- DM bei der Zeitbörse Werra-Meißner angefordert werden); zum anderen gingen wir mit dem Projekt Zeitbörse direkt auf die entsprechenden Institutionen in unserer Region zu.

Letzterer Schritt, die betroffen lokalen Behörden und Ämter im Vorfeld einzubinden und zu informieren, war rückblickend mehr als sinnvoll. Denn letztlich liegen die aus dem Projekt erwachsenden positiven Effekte für die Region auf der Hand und überzeugten auch an dieser Stelle. Einzig die von uns aufgeworfenen formalen Fragen konnten auch an dieser Stelle nicht befriedigend beantwortet werden. Hier zeigte sich, daß - selbst wenn der Wille zur Unterstützung da ist - der Entscheidungsspielraum vor Ort angesichts des Rechtfertigungsdruckes gegenüber Dritten und übergeordneten Ebenen stark eingegrenzt ist.

Information von lokalen Behörden und Ämtern

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Erfahrungsberichte

Ein erster aus unser Sicht zu vermeldender Teilerfolg geht auf das Engagement des örtlichen Sozialamtes zurück und bezieht sich auf eine Entscheidung der hess. Sozialamtsleitertagung im November 1996: Tauschring-Leistungen werden in Hessen nicht auf die laufende Sozialhilfe angerechnet (Ausnahme bei Sonderleistungen).

Gründung der Zeitbörse Werra-Meißner und ZukunftsperspektivenGründung der Zeitbörse Werra-Meißner und Zukunftsperspektiven

Nach wie vor von der Idee des Tauschrings als für die Region zukunftsweisendes Projekt begeistert und überzeugt starteten wir nach der anfänglich geringen Resonanz im September 1996 einen 2. Anlauf zur Gründung der Zeitbörse Werra-Meißner. Diesmal nutzten wir verstärkt die beim ReN vorhandene Infrastruktur und traten mit der Idee ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Mittels Faltblättern, Plakaten, persönlichen Einladungen und Lokalpresse informierten wir über das Projekt und luden zu einer lnformationsveranstaltung ein. Hierauf hin gründete sich die Zeitbörse Werra-Meißner als Initiative beim ReN im Oktober 1996.

Mittlerweile haben wir 30 Mitglieder. Zwar lassen sich die Tauschaktivitäten noch mäßig an, doch haben wir konkrete Vorstellungen, wie sich dies 1997 verbessern wird.

Arbeitsschwerpunkt für 1997 ist der Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Mit dem Ziel, die möglichst bunte und vielfältige Zusammensetzung der Teilnehmer zu erweitern, planen wir momentan verschiedene Aktivitäten. Neben PR-Maßnahmen zahlt hierzu die Organisation einer einstündigen regelmäßig wöchentlichen Sendung zum Thema Zeitbörse in dem ab 1. März auf Sendung gehenden Regionalradio Rundfunk Meißner, die Konzeptionierung einer Wanderausstellung (Ausstellungort = Banken in der Region) und eines Infostandes (für Wochenmarkt u.ä.) sowie die Durchführung von weitergehenden lnformationsveranstaltungen.

Fehmarn Fehmarn

Karola Ehmke Tauschring Fehmarn & Nord OHc/o Karola EhmkeKörbestr. 224769 Puttgarten/FehmarnTel. + Fax: 04371/48 42

Gegründet wurde der Tauschring Fehmarn am 23. April 1996 mit fünf Mitgliedern. Als erstes haben wir den Namen geändert in „Tauschring Fehmarn & Nord OH (Ostholstein). Es wurde gleich am Anfang klar, daß nicht auf die Insel Fehmarn beschränkt bleibt. Innerhalb von 2 Monaten hatten wir dann 17 Mitglieder. Unsere erste Marktzeitung erschien im Mai 96 zum Rapsblütenfest. Dort hatten wir einen Infostand, ebenso auf unserem diesjährigen Altstadtfest.

Tauschring-Leistungen werden nicht auf Sozialhilfe angerechnet

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Erfahrungsberichte

Es wurde zwar schon zaghaft etwas getauscht, aber im großen und ganzen war der Sommer erst mal sehr ruhig. Unsere Region lebt hauptsächlich vom Tourismus. 12 Stunden Arbeit täglich bei sieben Tagen die Woche ist keine Ausnahme. Verstärkt ging es bei uns nach Beendigung der Saison zur Sache. Es sind sieben neue Mitglieder eingetreten. Der Tausch hat sich sehr intensiviert. Vor Gründing des Tauschrings bis September 96 hatten wir einen Umsatz von 646 Fehmarntalern. Vom September 96 bis 1. Dezember 96 betrug der Umsatz allerdings schon 2202 Fehmarntaler.

Der Fehmarntaler ist ungefähr an die DM angelehnt. Wir rechnen für eine Stunde Arbeit 20 Fehmarntaler. Jedoch kann das frei ausgehandelt werden. Am 1. Dezember hatten wir 24 TeilnehmerInen.

Im Moment bin ich noch für alle Arbeiten zuständig. Allerdings wird das schon etwas zuviel, auch wenn wir erst 24 Mitglieder sind.

Im Januar soll es eine Versammlung aller Mitglieder geben. Es soll ein Vorstand gewählt werden. Wir wollen uns dann beim Gericht als eingetragener Verein eintragen lassen. Im Moment arbeiten wir mit einer vorläufigen Satzung. Unsere Satzung soll dann mit evtl. Änderungen, die sich aus der Praxis ergaben, beschlossen werden. Wir werden wohl auch die Mitgliedsbeiträge erhöhen. Zur Zeit betragen unsere Gebühren DM 12,- für Einzelpersonen und DM 20,- für Familien im Jahr.

Die Insel Fehmarn hat ihre kleinen Besonderheiten. Der Familien- und Dorfverbund ist noch recht intakt. Zugezogene haben es daher nicht gerade leicht. Auch ist der Fehmaraner ein sehr sturer und konservativer Mensch. Neuerungen haben es sehr schwer auf der Insel. Als ich die Idee des Tauschrings einigen Leuten unterbreitet habe, hieß es immer wieder, daß die Idee zwar nicht schlecht, auf Fehmarn aber nicht zu realisieren sei. Insofern sehe ich und mit mir auch andere TeilnehmerInen des Tauschrings unsere Fortschritte als sehr positiv. Die örtliche Presse spielt sehr gut mit, der Gewerbeverein sowie die Amtsverwaltung ist uns gegenüber eher freundlich eingestellt.

Zeitbörse KasselZeitbörse Kassel

Klaus Reichenbach

Saisonale Tauschaktionen

Positive Resonanz bei Behörden und der Presse

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Erfahrungsberichte

Gleichberechtigte Mitglieder !?Gleichberechtigte Mitglieder !?

Tauschringe eröffnen vielfältige Möglichkeiten. Eine davon ist es, eine andere Form des Miteinanders auch auf dem Sektor Wirtschaft zu eröffnen.

Wenn gewährleistet ist, daß als Tauscheinheit nur die Zeit zählt, wird sich fast automatisch ein gleichberechtigtes Arbeiten einstellen. Niemand muß unbedingt eine „Superqualifikation“ haben, keiner wird von wirtschaftlichen Möglichkeiten ausgeschlossen, weil er/sie behindert ist.

Wenn nur die Zeit eine Rolle spielt, macht es nichts, wenn z.B. ein gehbehinderter Mensch drei Stunden Zeit braucht, um mir meinen Rasen zu mähen. In dieser Zeit sitze ich am Computer und schreibe vielleicht einen Text für meinen nächsten Vortrag, und den hätte ich sonst mal wieder irgendwann spät in der Nacht schreiben müssen, wegen dem Rasen....

Hier in Kassel zählt die Zeit, nicht das Geld. Und nach knapp zwei Jahren und mittlerweile weit über hundert Mitgliedern (Tendenz rasant steigend) kann man getrost sagen, die Zeit als Grundlage hat sich bewährt. Mittlerweile bekommen wir auch vermehrt Anfragen von Gewerbetreibenden, und keiner stellt dieses Prinzip in Frage. Auch die neuen Mitglieder akzeptieren dies voll und ganz.

Das dieses System funktioniert zeigt sich aber auch an anderen Punkten: mit der Zeit im Rücken haben wir die Sprechzeit ausgedehnt, die Bezahlung in Talents hat sich dabei bewährt. Gleichzeitig steuert die Zeitbörse neue Projekte an. Das nächste wird ein täglich wechselnder Mittagstisch für die MitarbeiterInnen des ZsL sein, ob sie nun in der Zeitbörse sind oder nicht. Die Zeitbörsler zahlen in Talents, die anderen tragen die Kosten für die Zutaten. Wenn dieser Probelauf funktioniert, werden wir damit in den Betrieb eines offenen Cafés einsteigen und dort dann unter anderem auch

Die Zeitbörseim Zentrum für Selbstbestimmtes

Leben behinderter Menschen Kassel - ZSL

Jordanstraße 534117 Kassel

Tel.: 05 61 / 72 88 5 - 47Fax :05 61 / 72 88 5 - 29

Sprechzeiten : Montags 15.00 - 17.00 Uhr und Donnerstags von

17.00 bis 19.00 Uhr

Es zählt die Zeit und nicht das Geld

Längere Sprechzeitenneue Projekte

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Erfahrungsberichte

für Menschen mit geistigen oder psychischen Behinderungen Arbeitsmöglichkeiten schaffen. Und weil wir es mit Hilfe der Zeit tun, wird keiner dabei ausgenutzt oder unterdrückt.

Die Zeitbasis hat aber auch noch einen weiteren wichtigen Aspekt. Nur auf dieser Basis wird es uns gelingen, dafür zu sorgen, daß Tauschleistungen nicht versteuert werden müssen. Eine Steuerpflicht, sowohl im gewerblichen als auch privaten Bereich setzt nach geltendem Recht immer auch eine monetäre Gewinnerzielungsabsicht (puh, welch ein Wortungetüm) voraus. Und die findet sich in Kassel bei keinem Mitglied.

Unsere Erfahrungen mit dem Tausch auf 1:1 Zeitbasis haben gezeigt, auch auf dieser Grundlage kann man wirtschaftlich arbeiten. Unsere Mitgliedsbeiträge sind zwar in den beiden Jahren mit steigender Mitgliederzahl schon zweimal gesenkt worden (von 20 auf 10 und seit November auf 8 Talents), aber sie sind so kalkuliert, daß sie für Miete, SprechzeitenmitarbeiterInnen, Redaktionsteam, Kontoführung usw. ausreichen. Alle Tätigkeiten werden aus dem Topf der Beiträge, so wie jeder andere Tausch, auch mit Talents vollständig bezahlt. Sogar für die im April 97 geplante Tagung der Tauschringe haben wir ein Kontingent von Talents zurückgestellt, um alle notwendigen Arbeiten von Mitgliedern gegen Zeit zu bekommen. Und weil dabei wirklich nur das Talent und die Zeit zählt, kann eben auch der Rollifahrer, der geistig Behinderte oder die Blinde gleichberechtigt dazu beitragen, ohne ausgenutzt oder gar, wie in der sonstigen Wirtschaft bzw. Gesellschaft ausgegrenzt zu werden.

Schwundgeld oder was?Schwundgeld oder was?

In den Tausch-, oder wer´s lieber mag, LET´s Kreisen wird zunehmend die Frage nach der Einführung oder Nutzung von sogenanntem „Schwundgeld“ diskutiert.

Eine hübsche Diskussion, aber so falsch wie irgendwas. Dabei wird, sowohl von Gegner wie auch Befürwortern übersehen, daß bereits alle eine Art von laufender Abwertung der Konten haben, und zwar egal, ob die Mitglieder im Plus oder Minus sind !!

Jeder Tauschring zieht nämlich von allen Mitgliedern Tauscheinheiten in einer bestimmten Höhe von jedem Mitgliedskonto ein, um die laufenden Verwaltungsarbeiten möglichst abzudecken.

Am Beispiel Kassel möchte ich gerne verdeutlichen, was das bedeutet (merke 1 Talent = 3 Minuten, Mitgliedsbeitrag / Monat = 8 Talents): hat ein Mitglied gleich nach dem Eintritt z.B. 20 Talents erwirtschaftet und

Tauschring erzielt keine Gewinne

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Erfahrungsberichte

bleibt dann 3 Monate untätig, so hat dieses Mitglied kein Guthaben mehr, sondern 4 Talents Minus !

Diese Geschichte passiert Monat für Monat in jedem Tauschring, d.h. alle haben bereits „Schwundgeld“ und die meisten haben es noch nicht einmal gemerkt.

Wir in Kassel meinen also: eine zusätzliche Abwertung auf Guthaben ist deshalb völlig unnötig ! Viel mehr müssen sich alle darüber Gedanken machen, wie sie die eingesammelten Beiträge wieder in Umlauf bringen. Hier bei uns war es jedenfalls lange Zeit so, daß sich auf dem Konto der Zeitbörse immer höhere Beträge ansammelten, und die meisten Mitglieder gerieten nach und nach ins Minus. Einige begannen sich schon darüber zu ärgern, wir als OrganisatorInnen wunderten uns über rückläufige Umsätze, bis es endlich dämmerte !!! Die Zeitbörse selbst war der Übeltäter und hätte mit Abwertung wieder in Bewegung gebracht werden müssen.

Doch wir haben einen anderen Weg gewählt. Mit diesem Guthaben wurde eine zweite Sprechzeit ins Leben gerufen, die wechselweise von drei Mitgliedern gegen Talents erfolgreich durchgeführt wird. Auch unsere Marktzeitung wird von zwei weiteren Mitgliedern mittlerweile gegen Talents erstellt und der Vertrieb wird von drei Personen gegen Talents gemanagt. Insgesamt werden damit zusätzlich 8 Personen in die Arbeit der Zeitbörse eingebunden. Ergebnis: die Umsätze steigen wieder, denn sie geben ihre Talente natürlich aus, weitere Mitglieder profitieren wiederum davon und geben ihre Talente aus. Eine rasante Steigerung bei den Talent-Umsätzen insgesamt war die Folge, die Verbuchung der eingereichten Schecks dauert jetzt vier mal so lange wie vorher, aber nicht nur das: seit der Einführung der zweiten Sprechzeit haben wir auch einen stetigen Anstieg der Mitgliederzahlen zu verzeichnen, pro Woche kommen derzeit im Schnitt mindestens zwei hinzu!

Wir meinen also, nicht über de facto bereits existierendes „Schwundgeld“ lange hin und her reden, sondern dafür sorgen, daß die Beiträge wieder in Umlauf gebracht werden!!

Und die Einbindung von weiteren Mitgliedern durch Bezahlung in Talents kann nur im Sinne des Erfinders sein. Je mehr mitarbeiten, desto besser. Damit darf auch mal ein „großer Organisator“ mal ausfallen.

Kassel, 17.12.96

In diesem Sinne....weiter gutes Tauschen

Tauschzentrale muß die Talente wieder in den TR-Kreislauf bringen

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Erfahrungsberichte

Kreuzberger TauschringKreuzberger Tauschring

Sonja Dill KREUZBERGER TAUSCHRING

im Nachbarschaftsheim UrbanstraßeUrbanstr. 2110961 BerlinTel.: 030 / 692 23 51Faxmodem 030 / 690 404 67

Unter dem Motto „Ohne Moos geht`s los“ hat sich der Kreuzberger Tauschring im Februar 1995 gegründet. Da der Tauschring nicht auf eine oder mehrere Zielgruppen festgelegt ist, hat der Tauschring mittlerweile ca. 300 Mitglieder aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen.

Das rasante Wachstum der Mitgliederzahl im ersten Jahr ist inzwischen abgeklungen. In den letzten Monaten sind aber immer noch ca. 8 -10 neue Mitglieder pro Monat dazu gekommen. Seit ungefähr einem halben Jahr verzeichnen wir die ersten Mitgliedsaustritte. Häufig werden Zeitmangel und mangelnde Nachfrage der Angebote als Gründe für den Austritt genannt. Es sind meist Leute, die die Idee am Anfang gut fanden, aber nie zum Tauschen gekommen sind. Diese Mitglieder müssen natürlich ihr Konto auf Null bringen (wegen der monatl. 5 Kreuzer Gebühr), was auch manchmal klappt. Wenn’s partout nicht geht, können sie aber auch gegen eine Spende austreten.

Damit das in Zukunft gar nicht mehr so weit kommt, gründete sich Ende letzten Jahres eine „AG Mitgliederbetreuung“- oder: Hilfe von glücklichen Tauschern. Einmal im Monat während des Tauschrausches (Tauschmarkt) wird von drei Teilnehmerinnen eine Art „AusTAUSCH Tisch“ betreut, an dem Fragen wie z.B. „Was könnte ich im Tauschring anbieten? Wer haftet mir, wenn....? Meine Angebote werden nicht nachgefragt, was kann ich tun?“ besprochen werden. Da es jedoch nicht nur ein Mecker-Tisch werden soll, sind auch Leute gefragt, die von gelungenen Tauschaktionen vorschwärmen können, Tips und Erfahrungen weitergeben möchten oder einfach nur neue Tauschkontakte aufbauen wollen. Bisher war der AusTausch-Tisch gut besucht.

Zusätzlich gibt es das Angebot einer „Tauschring-Hot-Line“, die auch außerhalb der Bürozeiten für Tauschring-Belange offen ist. Die Erfahrung der letzten Zeit hat gezeigt, daß die vier Bürostunden nicht ausreichen, um alle Frage zu klären bzw. um auch mal ein schlichtendes Gespräch führen zu können.

Der Tauschrausch, unsere monatlich stattfindende Tauschbörse, hat sich zu einem zentralen Austausch-Treff entwickelt, den meist ein Drittel bis die

Mitglieder-betreuung

Tauschrausch-das Kernstück des Tauschrings

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Erfahrungsberichte

Hälfte der Mitglieder nutzen. Neben Second-hand Sachen werden auch selbst hergestellte Kosmetik und Handarbeiten angeboten, so daß eine Art Flohmarktatmosphäre entstanden ist. Sie ist gepaart mit gemütlichen Beisammensein bei Kaffe und Kuchen, dem Anbieten eigener Fähigkeiten, der Suche nach Hilfe und Unterstützung und mit eigenem Kulturprogramm. Tauschringmitglieder, Freunde und Bekannte haben seit November `95 die Möglichkeit ihre eigenen Kulturdarbietungen aufzuführen. In den letzten Monaten wurden auch verstärkt Dienstleistungen während des Tauschrauschs angeboten. Jetzt ist es möglich, sich dort z.B. die Haare schneiden zu lassen, dem verspannten Rücken eine Massage zu gönnen oder an einen Kurzworkshop im „Papier-Falten“ teilzunehmen. Der Tauschrausch ist zu einem lebendigen Treffpunkt des Tauschrings geworden.

Was tut sich sonst noch im Kreuzberger Tauschring?

Im Sommer hatten wir eine ziemlich lange Debatte über unser Kontolimit und was passieren soll, wenn jemand es überschreitet. Wir hatten bis dahin nämlich noch keine Regelung. Auf einer Mitgliederversammlung haben wir das Kontolimit von 300 auf 500 Kreuzer erhöht und festgelegt, daß bei Überschreitung dieses Limits im Minus die Tauschaktion zunächst eingefroren und nicht mehr gebucht werden. Im Plus werden die überschüssigen Kreuzer nach 2 Monaten auf das Tauschringkonto umgeleitet (siehe Teilnahmebedingungen im Anhang). Damit alle wissen, mit wem sie besonders viel (in eine Richtung) tauschen sollten, werden die überzogenen Konten und die Konten ab 300 + oder - unter der Rubrik „Patschenhelfer“ im Straßenkreuzer veröffentlicht.

Die Diskussion um das Limit ist jedoch damit nicht vom Tisch. Einige Mitglieder plädieren dafür, das Kontolimit ganz abzuschaffen, da sie sich nicht vorschreiben lassen wollen, wann und wieviel sie tauschen wollen. Andere sind dafür, das Limit weiter zu erhöhen. Nach ihrer Meinung lähmt ein Limit im Plus den Tausch, denn mit den Mitgliedern, die im postiven Limitbereich, sind kann nur noch in eine Richtung getauscht werden. Anderen Mitgliedern hat das Limit dazu verholfen, Dinge in Anspruch zu nehmen, die sie sonst nicht kennengelernt hätten. Die Diskussion hat viele Fragen aufgeworfen und wahrscheinlich werden wir noch eine Zeit darüber nachdenken und diskutieren müssen, bis wie eine neue Regelung finden.

Zusätzlich zum Straßenkreuzer (unserer Marktzeitung) werden wir ab Januar eine Art „Branchenbuch“ erstellen. Darin finden sich alle Kenntnisse, Fähigkeiten und spezielle Angebote der Mitglieder, die sie grundsätzlich immer anbieten wollen, ohne langes Suchen in den alten Straßenkreuzern. In der Vergangenheit wurde von den Mitgliedern kritisiert, daß viele Angebote nur einen bestimmten Zeitraum abgedruckt wurden und dann aus dem Straßenkreuzer verschwanden. Das liegt einmal daran, daß die Angebote und Nachfragen längstens drei Monate

Kontolimit erhöht

Branchenbuch

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veröffentlicht werden. Sollen die Anzeigen weiter laufen, müssen neue Annoncen abgegeben werden. Viele Mitglieder vergessen ihre Anzeigen zu verlängern oder die Angebote werden nicht sofort nachgefragt und sie verlieren das Interesse. In Zukunft ist der Straßenkreuzer für aktuelle Anzeigen, Erfahrungs- und Informationsaustausch, Termine und natürlich für die Leserbriefe da.

Zur Zeit laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, zunächst das Nachbarschaftsheim und dann non-profit-Vereine und Projekte mit in den Tauschring aufzunehmen. Wir bleiben in Kreuzberg und erweitern uns zunächst mit Projekten, die wir kennen und mit denen wir uns das vorstellen können.

Tauschringkonferenz in Halle/SaaleTauschringkonferenz in Halle/Saale

Helmut Becker der döMak TauschringSemmelweisstr. 606120 Halle (Saale)Tel.: 0345/55 11 699

Am 7. - 9. Juni 96 fand in der Villa Jühling die zweite deutsche Tauschringkonferenz statt. Auch mehrere Schweizer waren da. Das Programm wurde vor Ort, d.h. kurz nach der Anreise der Teilnehmer an deren Wünsche und Themen angepaßt. Die geladenen "Referenten" waren kompetente Moderatoren in den Gesprächsrunden und hielten keine Vorträge. Themen der Tagung waren die unterschiedlichen Motive der einzelnen TauschringAktivisten und verschiedene Verfahrensweisen bei Kontoführung. Umlaufsicherung - ja/nein; Zeit als Verrechnungsbasis oder "Geld", d.h. eine Verrechnungseinheit.

Zentrale Frage war die nach der Rechtslage bei Tauschgeschäften. Steuern, der Umgang mit den Ämtern und Fragen im Zusammenhang mit Gewerbetreibenden im Tauschring wurden erläutert. Aus meiner Sicht besteht der momentan größte Widerspruch zwischen den TR-Initiativen mit ihrem quasi, halb und/oder potentiell illegalen Lösungsangebot bzw. -versuch für eine Reihe von Problemen und dem offiziell (noch) geltenden Recht. Hinzuzufügen ist jedoch, daß sich jene, die dieses Recht und die daraus resultierende Wirtschaftsweise vertreten, der Unzulänglichkeit ihres Konzepts in zunehmendem Maße bewußt werden. Daß sie weiterhin zu Maßnahmen gezwungen sind, die die TauschringIdee bestätigen, ihr Recht geben und Vorschub leisten. Es handelt sich dabei um sog. "Spar"-Maßnahmen, obwohl es hier mitnichten ums Sparen als wohl eher um einen Notbremsversuch geht, (einen aussichtslosen zumal) aus der Expotentialspirale von Krediten und Neuverschuldung herauszukommen. Parallel und begleitend dazu kann Herr Waigel sich im Bundestag gegen Tauschringe aussprechen. (mich über die Marionette des großen Geldes Herrn Waigel zu ereifern erspare ich mir und Ihnen an dieser Stelle)

Auch wenn es noch an der Bereitschaft der Mächtigen wie der einfachen Menschen fehlt, der langsam wachsenden Einsicht in die Notwendigkeit von

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Erfahrungsberichte

Veränderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen auch Taten folgen zu lassen und die ökologische Umgestaltung der Gesellschaft ernsthaft anzugehen, so ist es doch politisch weit schwieriger als in den Jahren zuvor, alternativen Bewegungen, Menschen, die wirklich im Experiment - also tätig - neue Wege erproben, Steine in den Weg zu legen, ihren Projekten die Existenzberechtigung abzusprechen oder gar rechtlich gegen derartige Versuche vorgehen zu wollen. Lösungen liegen keineswegs auf der Hand und so bleibt das Experiment ohnehin das einzige und letzte, was getan werden kann, um eine Wirtschaftsweise zu überwinden, die laufend ungedeckte Wechsel auf die Zukunft schreibt. Wir jedenfalls suchen ohne Furcht die Auseinandersetzung auch mit offiziellen Stellen. Zum einen sind wir überhaupt erstmal informiert, haben also Argumente in die Diskussion einzubringen, von denen viele kaum etwas ahnen. Zum anderen arbeiten wir letztlich im Interesse der Gesellschaft und und für die Stabilität der Demokratie, auch wenn das auf den ersten Blick nicht klar hervorsticht - ja - sich einige von uns sogar angegriffen fühlen. Kein Freiwirt vertritt "Roßkur-Theorien" in denen für die Enteignung der Millardäre o. ä. plädiert wird. Wir haben nicht vor die akkumulierten gesellschaftlichen Spannungen per Kurzschluß zu entladen - wir suchen nach Wegen, die Luft langsam aus dem Schuldenballon abzulassen, bevor er platzt und uns um die Ohren fliegt.

Einer Geldreform im kleinen oder größeren Maße wird nicht bei allen TR-Initiativen besondere Bedeutung beigemessen. Vielen ist der soziale Austausch und die neuen sozialen Kontakte weit wichtiger und es war und ist häufig eine gewisse Weigerung zu spüren, sich auch solchen Fragen zu öffnen. Aber auch eine Theorie, die nicht vorhandene Vorraussetzungen zu Bedingungen für praktisches Handeln macht, bleibt als anderes Extrem letztlich kontraproduktiv. Auch dafür gibt es in der Bewegung der alternativen Geld- und Wirtschaftsordnungen Beispiele. Probleme, die Balance zu finden - wie an vielen anderen Punkten auch. Auch wenn die existierenden TR wirtschaftlich betrachtet praktisch (noch) bedeutungslos sind, besitzen sie doch enorme Signalwirkung.

Wir in Halle versuchen, neben der praktischen Arbeit, die Suche nach Hemmnissen nicht aus den Augen zu verlieren, suchen den Kontakt zu Menschen auch in den Ämtern, um am konkreten Beispiel zu erfahren, was un/möglich ist und warum.

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Erfahrungsberichte

Moment die nette Barbara um meine Wäsche - Bezahlung in LETS. Es bedarf nicht unbedingt eines akademischen Grads, um herausfinden zu können, warum ich ein begeisterter LETS-Anhänger bin.

LETS ist für mich eine Realität, ist in hohem Maße zu meinem Alltagsleben geworden. Es passiert gegenwärtig nur noch ganz selten, daß eine Woche vergeht, ohne daß ich irgend eine LETS-Transaktion getätigt habe. Letzte Nacht habe ich einen Musiker im Anschluß an eine Musikveranstaltung nach Hause gefahren. Er hat nicht viel Geld. Ein Taxi konnte er sich nicht leisten, aber LETS war für ihn erschwinglich. Und ich kann die dafür eingenommenen LETS für irgend etwas verausgaben, das ich haben will. Als Langzeitarbeitsloser, der von einer almosenhaften Unterstützung gelebt hat, erfahre ich die Möglichkeit, LETS für mein Essen und für Medikamente zu verdienen, als eine reale Veränderung meines Lebens. Wenn ich dann noch mein zunehmendes Engagement für die Letslink-Organisation in Großbritannien anführe, könnte es geradezu so aussehen, als ob ich in einem LETS-Land lebe, in dem die Sonne immer scheint und der Mond nie untergeht. Aber zunächst einige Fakten.

Fanfarenstoß! Trompetentusch! Mit mindestens 400 Tauschringen, die in Großbritannien eingerichtet wurden und nun aktiv sind, ist LETS zur Zeit zweifellos der landesweit am schnellsten wachsende Wirtschaftsbereich. Die bestehenden Projekte haben an Größe zugenommen; mindestens zwei von ihnen haben inzwischen über 500 Mitglieder, und viele andere nähern sich dieser Zahl an. Für die journalistische Berichterstattung gilt LETS immer noch als ein heißer Tip, und die Beachtung in den Medien nimmt zur Zeit bemerkenswerterweise sogar noch zu. Doppelseiten in populären Magazinen von Sonntagszeitungen und ein halbstündiger Dokumentarfilm zur Hauptsendezeit im Fernsehen gehören dazu. Wenn ich vor vier Jahren in einem Bus oder einem Zug LETS gelegentlich erwähnte, stieß ich nur auf Unkenntnis.

Mittlerweile haben jedoch die meisten Leute bereits davon gehört. und viele kennen irgend eine Person, die Mitglied ist. Und die Leute mögen die es.

Allmählich wird LETS immer ernster genommen. Stadtverwaltungen und Gesundheitsbehörden haben inzwischen mehr als nur ihren großen Zeh eingetaucht, und zu ihnen gesellen sich Wohnungsbaugesellschaften und viele Organisationen im Bereich des Dritten Sektors, NG0s, Wohlfahrtsorganisationen und dergleichen. Eine große überregionale Vertriebsorganisation für Vollwertnahrung, Suma, bietet allen LETS-Gruppen einen speziellen Rabatt an, um die Verbreitung gesunder Nahrung zu fördern. Kein geringeres Unternehmen als Body Shop beginnt mit der Einrichtung eines LETS-Systems für ihre Zentrale in Großbritannien.

(Ich wäre nicht mehr überrascht, wenn die nächste Gründung eine ,,LETS-Organisation Unglaublich Gut Bezahlter Industriekapitäne" wäre.)

Mit LETS sieht`s zur Zeit gut aus Hinter uns liegen eine Reihe von Kampagnen, von Tagen praktischer Arbeit und von Veranstaltungen zu verschiedenen Themen wie: innerstädtische Probleme,

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Nahrungsmittelherstellung, lokaler Gesundheitsdienst, Behandlung geistiger Behinderung, Ausbildung und das Auftreiben von Mitteln für lokale Gruppen. Überdies gibt es ein zur Zeit laufendes Projekt „LETS bei niedrigen Einkommen"; es basiert auf Erfahrungen von Entwicklungsprogrammen in unterprivilegierten Gebieten, und es setzt sich mit Fragen der sozialen Unterstützung auseinander. Unsere überregionale Konferenz unter dem Titel ,,Lets Coordinate" führte Koordinatoren aus ganz Großbritannien sowie die ersten LETS-Redner aus Europa und den USA zusammen. Es war eine fruchtbare Zeit, eine Zeit des Frühlingssonnenscheins mit einem etwas "kontinentalen" Charakter. Außerdem hat es regionale Konferenzen, lnformationsveranstaltungen und Ausbildungstage gegeben sowie, was besonders wichtig war, eine ganze Menge an Schritten zur Klärung von Fragen und zur Konsolidierung von Projekten auf lokaler Ebene. Dort hat eine beträchtliche Anzahl von Leuten LETS zu einem wichtigen Teil ihres Lebens gemacht.

Wer weiß, was es heißt, mit zwei Hüten zu jonglieren? Da gibt es ein Ich, das sich für neue Ideen begeistert und das Sachen wie diese hier schreibt. und da gibt es gleichzeitig ein Ich, das LETS zu meinem realen, lokal verankerten Alltagsleben macht. Das gefällt mir. Was sich vor Ort ereignet, ist in vieler Hinsicht interessanter als das Gesamtbild des Geschehens auf nationaler Ebene, so beeindruckend dies auch ist. Und ich glaube - obgleich das ein wenig romantisch klingt - daß diese Tendenz durch einen subtilen Wandel im Herzen vorangetrieben wird.

In gewisser Weise haben wir dem Mann, der das Wort LETS geprägt hat, zu danken, dem "charismatischen" New Age-Geschäftsmann Michael Linton. Vor zwei Jahren düste er nach Großbritannien und verkündete, er sei der große Held, der „den lahmen Karren anstoßen und dem Esel einen Tritt geben" werde. Was soll man weiter sagen? Das Ergebnis seines Eseltrittes war etwas, das Letsgo (etwa: „Los geht`s" oder "Laßt uns aufbrechenl" - der Übers.) genannt wurde. Es wurde in dem gleichen Gebiet gegründet wie das LETS-Projekt mit dem schnellsten Wachstum in Großbritannien. Der gesamte Ansatz von Letsgo war sozusagen „mega". 20 000 Geschäftsbetriebe sollten in ein paar Wochen angemeldet werden, etwa soviel Umsatz wie der aller lokalen LETS zusammen sollte nur wenig später getätigt werden. Mit einer neuen Art von Pyramiden-Verkaufssystemen sollten praktisch Wunder bewirkt werden. Dieses Experiment absorbierte eine Menge von schwer zu besorgendem Geld und erreichte letztlich wenig. Am Schluß beteiligte sich nur eine winzige Zahl von Anhängern des Vorhabens daran. Der evangelistische Ansatz von Letsgo (der, wie man hört, auf einer New Age orientierten Bewußtseinskontrolltechnik mit dem Namen Est basiert) wurde von vielen Leuten als etwas Abartiges angesehen. Aber es wäre unklug, letsgo ohne Anerkennung dessen, was es wirklich bewirkte, in Vergessenheit geraten zu lassen: Es schaffte Klarheit darüber, was die Leute bei der Entwicklung von LETS nicht wollten.

Was sie sich demgegenüber wirklich wünschten, war eine ganz andere Art von Zusammenspiel. Sie fingen an zu erkennen, daß LETS ein Instrument

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ist, nicht ein Fetisch; daß es nur Erfolg haben würde, wenn es sich den Realitäten anpaßte und nur dann von den Leuten aufgegriffen würde, wenn es wirklich ihren Bedürfnissen für den eigenen lokalen Zusammenhang entsprach. Sie erkannten, daß in einem komplexen, sich stets verändernden Teil des Universums eher wirkliches Handeln erforderlich ist als eine Unmenge von Reden, Machbarkeitsstudien oder Doktorarbeiten, wenn sich überhaupt etwas bewegen soll.

Unsere Antwort darauf im lokalen Rahmen war, mit Creating Caring Communities der Belebung gegenseitiger Fürsorge im Gemeinwesen zu beginnen. Ich hatte selbst einige Erfahrungen mit manischer Depression und hatte durch die LETS-Mitgliedschaft Hilfe erhalten. Daher war ich gespannt darauf, wie LETS andere Personen in ähnlicher Situation unterstützen konnte. Wir hoffen eine Unterredung mit der regionalen Gesundheitsbehörde und erhielten, unterstützt von einer Psychiatrie-Oberschwester, 200 Pfund und die Möglichkeit, im Beckford Centre (einem Krankenhaus in dem Ort) Räume für Links, unsere lokale Bezeichnung der LETS-Währung ("Bindeglieder" - der Übers.), zu mieten.

Das war vor sechs Monaten. Seitdem haben wir so viel erreicht, daß wir in unserer Erfolgsstimmung alle in den höchsten Höhen schweben. Wir haben es jedoch, ehrlich gesagt, verdient, uns ein bißchen zu brüsten. Vor jenem Zeitpunkt gab es in Warminster für eine Person, die in Nöten war, keine Stelle, zu der sie regelmäßig an den Abenden oder nachts oder während des Wochenendes gehen konnte. Jetzt gibt es zwei davon. Vor Gründung der Einrichtung Beckford Community LETS gab es keinerlei Hilfe für Leute, die überlastet oder in einer persönlichen Krise waren oder gerade aus dem Krankenhaus kamen. Jetzt gibt es zwei Treffpunkte mit festen Zeiten. Der eine bietet an jedem Montagabend Kaffee, Pool Billard, verschiedene Spiele sowie Gelegenheit zum Plaudern, der andere jede Woche mittwochs Gesprächskreise zu verschiedenen Themen, Gastvorträge und alles mögliche andere. Für alles wird in Links gezahlt. Aber das schönste von dem, was wir geschaffen haben, ist zweifellos der komplementäre therapeutische Service im Rahmen von Beckford Community LETS.

Dieser dreimal wöchentlich für Links zur Verfügung stehende Service bietet Akupunktur, Aromatherapie, Alexander-Technik, Massage usw.. Er wird gänzlich von Mitgliedern des Beckford Community LETS getragen, wobei jeder in die Verwaltung mit einbezogen ist. Und, was noch bemerkenswerter ist; die Therapieangebote sind schon bis Weihnachten voll ausgebucht. Nach erfreulicher erscheint mir, daß eine Gruppe von Nutzern des Service für psychisch und geistig Behinderte („nutters" - die Untersten der Unteren. nach schlechter gestellt als Langzeitarbeitslose oder alleinerziehende Mütter) es geschafft hat, gemeinsam mit LETS etwas aufzubauen, was Leute jahrelang gefordert haben (und was von der Regierung oder von privaten Fürsorgeorganisationen für nicht finanzierbar gehalten wurde). Was noch aufregender ist: Wir "nutters" haben, anstatt nur Empfänger (von staatlicher Unterstützung, von Tabletten, von Beratungen) zu sein, das Blatt gewendet, indem wir uns nicht nur um uns selbst, sondern auch um das Wohl des umfassenderen Gemeinwesens kümmern.

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Wir schaffen eine neue Art von Ökonomie, auf Freundschaft gründend, nicht auf Geld. Der

Beckford Community LETS Complementary Therapy Service ist eins von vielen Projekten, die wir vorantreiben als Teil unseres Programms: "Laßt uns Fürsorgeinitiativen im Gemeinwesen aufbauen, auf die wir stolz sein können.“ Ein LETS-Transportdienst ist im Rahmen dieses partizipatorischen, wechselseitige Hilfe bietenden Vorgehens gegründet worden. Zu den weiteren Initiativen gehören eine Gruppe für Gartenarbeit, eine Austauschstelle für Dienstleistungen innerhalb des Gemeinwesens und ein Gruppenprojekt für Gelegenheitsarbeit. An letzterem sind junge Leute beteiligt, die mit Unterstützung von LETS eine Ausbildung wahrgenommen haben. Diese Dienste sorgen für eine sinnvolle Beschäftigung, die auf bestehende lokale Bedürfnisse reagiert. Sie tragen u.a. dazu bei, Benutzer von Serviceangeboten für psychisch oder geistig Behinderte in das Gemeinwesen zu integrieren und in der lokalen Öffentlichkeit ein größeres Verständnis für deren Probleme zu entwickeln.

Das ist eine großartige Sache. Wenn ich an Ellen und Steve, Lavinia und Judy, Frank und George und Clare und all die anderen denke, die sich mit solch einem Enthusiasmus an die Arbeit machen und ein Projekt organisieren, das sie als das ihre betrachten können, dann macht das für mich die Welt zu einem besseren Ort. Könnte dies vielleicht der praktische Ausdruck eines Endes der Politik der Gier, der strukturellen Anpassung oder der Marktwirtschaft im Sinne des Thatcherismus sein? Vielleicht kehren wir tatsächlich zu einer Art von Gesundheit zurück, zu einer Situation, in der (wie eines unserer Mitglieder es formulierte) Wohlstand eher in der Anzahl von Freundschaften als in Pfund-, Dollar- oder DM-Bankguthaben gemessen werden kann.

Der Hauptfehler von Letsgo und anderen kommerziellen, profitorientierten Initiativen besteht wahrscheinlich darin, LETS in erster Linie unter ökonomischem Gesichtspunkt zu betrachten. LETS ist ein neues Instrument, und wenn wir es als ein neues Instrument benutzen, wachsam und respektvoll, können wir wirklich etwas Neues schaffen, eine neue sozialökonomische Struktur, die uns etwas viel Wertvolleres bietet als die halsabschneiderische Geldökonomie, die uns alle wie kopflose Hühnchen herumrennen läßt, Wir können doch wohl etwas Besseres hervorbringen als die auf dem Bruttosozialprodukt basierende Ökonomie, in der die Hälfte der Bevölkerung auf Arbeitslosigkeit und Hunger zugeht, die mittlere Gruppe unter ständiger Arbeitsüberlastung leidet und diejenigen nahe der Spitze sich dauernd umschauen in der Angst, überholt oder umgestoßen zu werden.

Für mich ist LETS fast wie das Erlernen einer völlig neuen Sprache mit ganz anderen Regeln. Das mag so klingen, als ob es zu gut ist, um wahr zu sein; aber Gott sei Dank können wir zur Zeit tatsächlich beobachten, wie diese neue Art des Lebens wächst - so wie die vordringenden kleinen Kräuselwellen eines sich immer mehr ausweitenden Stromes.

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Bartern

Bartern

- oder Ressourcentauschring für sozial und ökologisch orientierte - oder Ressourcentauschring für sozial und ökologisch orientierte Betriebe, Vereine und ProjekteBetriebe, Vereine und Projekte

Bettina Sondhauß

Knappe Kassen zwingen zu neuen Wirtschaftsweisen, die auf Kostensenkung durch Kooperation setzen. Es stellt sich die Frage, wie die positiven Erfahrungen der lokalen Tauschringe ausgeweitet werden können im Sinne eines Ressourcentauschrings für Betriebe, Vereine und Projekte. Denn welcher kleine Betrieb, welcher Verein ist nicht interessiert an der Verbesserung der Liquidität und Kapitalausstattung, an fairem Austausch seiner Produkte und Dienstleistungen, an neuen Kooperationsformen, an der Förderung lokaler und sozialer Ökonomie durch den Aufbau eigener Wirtschaftskreisläufe?

Tauschringe und Ressourcentauschringe sind soziale Experimentierfelder und können den Beginn einer nachhaltigen Gemeinwesenökonomie darstellen. Welche rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen vonnöten sind, um einen Ressourcentauschring als einen Modellversuch in eine neuartige Arbeitsmarktpolitik einzubinden, ist die eine Sache. Eine andere, wie ein Ressourcentauschring aussehen kann.

Weiterführende Lektüre zu diesem Thema:

„Geldloser Ressourcentausch für Vereine, Betriebe und Projekte“

Ein Instrument zur Förderung ökonomischer Selbsthilfe

Die Broschüre kostet 8,-DM + 2 DM Versandkosten und kann bestellt werden beim

Förderverein Ökostadt e.V.Danziger Str. 21510407 Berlin.

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Literaturliste

Literaturliste

BAUKHAGE, MANON/WENDL Daniel: Tauschen statt bezahlen. Die Bewegung für ein Leben ohne Geld und Zinsen. Rotbuch Verlag, 1998

BINSWANGER, HANS CHRISTIAN

Geld & Natur - Das wirtschaftliche Wachstum im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie, Stuttgart/Wien 1991

BINSWANGER, HANS CHRISTIAN

Geld und Wachstumszwang, in: Binswanger/Flotow, Geld und Wachstum, Zur Philosophie und Praxis des Geldes, Stuttgart, 1994

BRANDENSTEIN,P. / CORINO,C. / PETRI,T.:Tauschringe - ein juristisches Niemandsland?”, in: Neue Juristische Wochenschrift, Nr 13/1997, S.825-888.

BUBEK, THOMAS: Meine Rechte und Pflichten als Arbeitsloser. Verlag C.H. Beck, München, 1997

BUDTKE, SABINE

unveröffentlichte Diplomarbeit “Tauschringe im Kontext sozialer Sicherung” im Fachbereich Erziehungswissenschaften der Technischen Universität Berlin, Dez. 1996

BUND

Lokale Ökonomie und nachhaltige Entwicklung. - Initiativen für Arbeit und Ökologie im Gespräch. Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland LV NW e.V., Berichte 14, Ratingen 1995

BUND

Agenda 21 - Auf den Weg in ein neues Jahrtausend. Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland LV Berlin e.V., Berlin 1996

CREUTZ, HELMUT

Das Geldsyndrom, Wege zu einer krisenfreie Marktwirtschaft, München, 1993, Ullstein-Taschenbuch Band 35456

ESTERMANN, THOMAS

Das Talent-Experiment der INWO-Schweiz, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 101/Juli 1994

ESTERMANN, THOMAS; HÄMMERLI, MARTINA; JEHLE, BRUNO

Alternative Geldmodelle, Zwei Beiträge zur praktischen Umsetzung, Vertrieb: INWO Schweiz, Postfach, CH-5001 Aarau

GAGEL, ALEXANDER

Arbeitsförderungsgesetz, Loseblattsammlung, Verlag C.H.Beck

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Literaturliste

GODSCHALK, HUGO

Die geldlose Wirtschaft - Vom Tempeltausch bis zum BarterclubBerlin, 1986

HOFFMANN, GÜNTER

Tausche Marmelade gegen Steuererklärung. Piper Verlag GmbH München, 1998

INTERDISZIPLINÄRES FORSCHUNGSPROJEKT "LOKALE ÖKONOMIE"Dokumentation ausgewählter Texte zum “Letsystem”, Berlin 1992 Vertrieb: Technologie-Netzwerk Berlin, Wiesenstr. 29, D-13357 Berlin

ISL-INTERESSENVERTRETUNG SELBSTBESTIMMT LEBEN IN DEUTSCHLAND E.V. /ZEITBÖRSE KASSEL

Wo Zeit statt Geld zählt....Dokumentation:Bundesweites Tauschringtreffen vom 25.-27.4.97 in KasselJordanstr. 5, 34117 Kassel, Tel. 0561 / 72 88 5 -46, Fax -29

KENNEDY, MARGIT

Geld ohne Zinsen und Inflation1. Aufl. 1990, Goldmann Taschenbuch Band 12341

LANG, PETER

LETS Work, Rebuilding the local economy, Bristol, 1994

LETS LINK UK (HRG.): The LETS LINK Info Pack 61 Woodcock Road, Warminster, Tel/fax: 0985/217971

LETS-TAUSCHNETZ MÜNCHEN

Dokumentation: 4. Bundesweites Tauschringtreffen vom 1.-3. Mai 1998 in München. Ligsalzstr. 20, 8033 München, Tel. 089-54 07 56 84, Fax 540 70 718

DR. DIETER MARSCHALL

Bekämpfung illegaler Beschäftigung, 2. Aufl. 1994, Verlag C.M.Beck

ONKEN, WERNER

Ein vergessenes Kapital der Wirtschaftsgeschichte, Schwanenkirchen, Wörgel und andere Freigeldexperimente, in: Creutz, Suhr, Onken, Wachstum bis zur Krise, 1986

OFFE, CLAUS; HEINZE, ROLF G.Organisierte Eigenarbeit - Das Modell Kooperationsring,Frankfurt/ New York, 1990

PAYSYS GMBH (HRG.)LET-Systeme und Tauschringe, Ein Handbuch über Formen und Ausgestaltungsmöglichkeiten lokaler Verrechnungssysteme,Im Uhrig 7, 60433 Frankfurt am Main

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Literaturliste

PURWIN, STEFAN

Tauschringe in Deutschland-ökonomische Selbsthilfe zur Revitalisierung des Gemeinwesens. In: Forum Recht 3/97, S. 83-84

PURWIN, STEFAN Keine Anrechenbarkeit von Tauscheinnahmen auf Sozialleistungen" in: Forum Sozialpolitik Okt. 97 und in: Wo Zeit statt Geld zählt..., Zeitbörse Kassel,1997

PURWIN, STEFAN "Ohne Moos geht's los - Lokale Ökonomie mit eigenen Regeln" und "Das Recht zu Tauschen", in: Sozial Extra 6/1998

PURWIN, STEFAN "Lokale Ökonomie mit eigenen Regeln", Berlin 21 - Umwelt- und entwicklungspolitische Bilanz, FDCL-Verlag 1998

PURWIN, STEFAN "Tauschringe und die Rechtsordnung", in: Rundbrief 2/98, Verband für sozial-kulturelle Arbeit

PURWIN, STEFAN "Time is NOT money - Lokale Ökonomie selbstbestimmt und gleichberechtigt", in WSI-Mitteilungen 4/99

RIEDE, MILENA

unveröffentlichte Diplomarbeit “Ohne Moos viel los”.Katholische Stiftungsfachhochschule für Sozialwesen, München 1996

ROMPEL, HARTMUT

Die Besteuerung von Tauschringen und ähnlichen Einrichtungen und den am Tausch Beteiligen in Deutschland. Unveröffentlichte Diplomarbeit an der Fachhochschule für Wirtschaft, Berlin 1998

SCHELLHORN, WALTER

Das Bundessozialhilfegesetz, Ein Kommentar für Ausbildung, Praxis und Wissenschaft. Luchterhand 1993

SCHNEIDER, CHRISTIAN

Barter-Clubs - Chancen und Probleme, Eine theoretische und empirische Analyse, Verlag Duncker & Humbolt, Berlin, 1995

SENF, BERND

Der Nebel um das Geld, Zinsproblematik, Währungssystem, Wirtschaftskrisen, Ein Aufklärungsbuch, Gauke Verlag, 1996

STIFTUNG BAUHAUS DESSAU, EUROPÄISCHES NETZWERK FÜR ÖKONOMISCHE SELBSTHILFE (HRSG.)Wirtschaft von unten, People’s economy, 1996

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Literaturliste

ZEITBÖRSE WERRA MEIẞNER

Tauschringe im Umgang mit Ämtern und InstitutionenAlter Bahnhof, 37269 Eschwege

Zeitschriften:

CONTRASTE

Monatszeitung für Selbstverwaltung, Postfach 10452069035 Heidelberg

ZEITSCHRIFT FÜR SOZIALÖKONOMIE

Gauke Verlag, Postfach 132024319 Lütjenburg

ANGEBOT UND NACHFRAGE

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Die Adressenliste der bundesdeutschen Tauschringe wird vom Kreuzberger Tauschring im Rahmen der dezentralen bundesweiten Zusammenarbeit der Tauschringe geführt.

Sie ist im Internet erhältlich unter www.tauschringe-berlin.de .