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Oliver Fahle Vorlesung: Geschichte und Gegenwart der Bilder (SoSe 2004) 1. Vorlesung (13.4.) 1. Erklärung des Titels Geschichte und Gegenwart der Bilder ist doppeldeutig: es geht um die Geschichte und die Gegenwart der Bilder Bilder enthalten schwieriges Verhältnis zu Geschichte und Gegenwart sie enthalten immer selbst beides 2. Warum das Thema Rede vom pictorial turn (Mitchell, 80er Jahre) aktuelle Rede von Bildern ist pluralistisch bis beliebig hilfloses Reden von der Bilderflut nach wie vor dominiert der Schub der digitalen Bilder – medienwissenschaftliche Positionen erfahren erste Erschöpfung (technikhistorische Positionen (Kittler, Flusser, Bolz) sowie Technikutopien (Cyberspace) erweisen sich als unzureichend) das waren auch keine Auseinandersetzungen mit den Bildern es fehlen medienwissenschaftliche Bildtheorien bzw. es fehlen gemeinsame Bezugspunkte zwischen den verschiedenen bildtheoretischen Ansätzen Versuch dieser Vorlesung, ein dissonantes Netz zu knüpfen, indem die verschiedenen Positionen, die vielen kleinen Erzählungen, zusammengeführt werden, aber nicht zwanghaft vereint Und wichtig: Bildtheorie muß sich mit Bildern beschäftigen Eindruck Mitchells, dass diskursive und linguistische Methoden unzureichend sind Schwierigkeit des Visuellen, das sich der Begrifflichkeit entzieht Bilder dürfen nicht nur Veranschaulichung sein, sondern müssen selbst das Denken bestimmen Etymologie des Bildes: formen, gestalten dafür gibt es kaum Methoden Vorl. versucht einige Hinweise zu geben daraus ergibt sich ein weiterer Hinweis: Bildtheorie und Bildgeschichte sind eng miteinander verzahnt d.h. konkrete Bilder tragen immer theoretisches Wissen mit sich, setzen es im besten Fall sogar frei Bildtheorie ohne Bilder ist aber blind und normativ deshalb versuchen weite Teile der Vorl., die beiden Ebenen miteinander zu verbinden, auch wenn sie nicht immer parallel laufen: Bildtheorie kann durchaus ohne Bilder Schübe erfahren, Bilder können auch ohne großartiges theoretisches Hintergrundgerüst theoretisch interessant sein

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  • Oliver Fahle

    Vorlesung: Geschichte und Gegenwart der Bilder (SoSe 2004)

    1. Vorlesung (13.4.)

    1. Erklrung des Titels

    Geschichte und Gegenwart der Bilder ist doppeldeutig:

    - es geht um die Geschichte und die Gegenwart der Bilder

    - Bilder enthalten schwieriges Verhltnis zu Geschichte und Gegenwart;

    sie enthalten immer selbst beides

    2. Warum das Thema

    - Rede vom pictorial turn (Mitchell, 80er Jahre)

    - aktuelle Rede von Bildern ist pluralistisch bis beliebig; hilfloses Reden von der Bilderflut;

    - nach wie vor dominiert der Schub der digitalen Bilder medienwissenschaftliche Positionen erfahren

    erste Erschpfung (technikhistorische Positionen (Kittler, Flusser, Bolz) sowie Technikutopien

    (Cyberspace) erweisen sich als unzureichend); das waren auch keine Auseinandersetzungen mit den

    Bildern

    - es fehlen medienwissenschaftliche Bildtheorien; bzw. es fehlen gemeinsame Bezugspunkte zwischen

    den verschiedenen bildtheoretischen Anstzen; Versuch dieser Vorlesung, ein dissonantes Netz zu

    knpfen, indem die verschiedenen Positionen, die vielen kleinen Erzhlungen, zusammengefhrt

    werden, aber nicht zwanghaft vereint;

    - Und wichtig: Bildtheorie mu sich mit Bildern beschftigen; Eindruck Mitchells, dass diskursive und

    linguistische Methoden unzureichend sind; Schwierigkeit des Visuellen, das sich der Begrifflichkeit

    entzieht; Bilder drfen nicht nur Veranschaulichung sein, sondern mssen selbst das Denken

    bestimmen;

    Etymologie des Bildes: formen, gestalten; dafr gibt es kaum Methoden; Vorl. versucht einige Hinweise

    zu geben;

    - daraus ergibt sich ein weiterer Hinweis: Bildtheorie und Bildgeschichte sind eng miteinander verzahnt;

    d.h. konkrete Bilder tragen immer theoretisches Wissen mit sich, setzen es im besten Fall sogar frei;

    Bildtheorie ohne Bilder ist aber blind und normativ; deshalb versuchen weite Teile der Vorl., die beiden

    Ebenen miteinander zu verbinden, auch wenn sie nicht immer parallel laufen: Bildtheorie kann durchaus

    ohne Bilder Schbe erfahren, Bilder knnen auch ohne groartiges theoretisches Hintergrundgerst

    theoretisch interessant sein;

  • 3. Vorgehen

    - bersicht und Einfhrung kann gut darin bestehen, zunchst vorhandene Wege noch einmal

    abzuschreiten; vor dem gegenwrtig unbersichtlichen Feld der Medienwissenschaft kommt die

    Tradition des Bilderdenkens

    - zwei Disziplinen haben sich vor der Medienwissenschaft mit Bildern beschftigt:

    Philosophie / Kunstwissenschaft-geschichte; letztere entsteht erst im 19. Jahrhundert; deshalb wird

    zunchst dieses Feld abgeschritten, aber immer in Hinblick auf medienwissenschaftlich relevante

    Probleme; Sein und Schein/ Reprsentation/Simulation ist seit Platon ein Thema;

    - eigene Problematik am Kreuzungspunkt zwischen Kunstgeschichte/Philosophie und

    Medienwissenschaft (was ist Medienwissenschaft: sie sucht besonders die modernen, d.h. technischen

    Bildmedien mit einzubeziehen: Fotografie, Film, Fernsehen, digitale Bild)

    - folgende wesentlichen Schritte zeichnen sich fr die Bildtheorie ab:

    Platon Zentralperspektive technische Medien digitales Bild

    - und fr die Bildgeschichte:

    Ikone knstlerische Bild technische Bild

    - entsprechend wird das Vorgehen der Vorl. sein, in der sich Bildtheorie und geschichte verschrnken:

    1. Frhe Bildtheorien: Platon, die Griechen (Plotin), MA: Augustinus, Th. v. Aquin

    2. Ikone: das Bild, bevor es Kunst war

    3. Bild ffnet sich der eigenen Reflexion: 15. Jhd., ZP, Wahrnehmung wird zu einer eigenen

    Wissenschaft

    4. Moderne: Bild wird selbstreflexiv (es reflektiert nicht nur seine Mglichkeiten, sondern reflektiert das

    Wissen um die Mglichkeiten); zugleich enstehen die technischen Medien, die ein vllig neue Sicht auf

    die Welt werfen; Bilder werden massenmedial, apparativ und selbstreflexiv

    5. daraus ergeben sich drei wesentliche Denkrichtungen des Bildes:

    1. eine an der Kunstgeschichte orientierte Theorie der Selbstreflexion des Bildes (Autonomie des

    Bildhaften und Sichtbaren); eine Theorie der Bilder; das moderne Bild

    2. eine Theorie der Bildmedien, die nicht die einzelnen Bilder, sondern die apparativen Vorrichtungen

    in den Blick nehmen; die Idee ist, dass die Apparate das Denken der Bilder auf ganz neue Grundlagen

    stellt; das technische Bild

    3. Theorien der visuellen Kultur, wie sie sich in den Anstzen der angelschsichen visual studies/visual

    culture niederschlagen; Bilder sind dort in vielfltige Praktiken eingewobene Aneignungsweisen der

    Kultur; das populre Bild

    4. als vager Ausblick: Bilder als Ausdruck medialer Spezifik beschreiben; Grenzen der Medien und der

    Bilder werden thematisiert; mediale Ikonologie

    Klrung: um welche Bilder geht es eigentlich ?

  • Zwei groe Gruppen:

    - Bilder im Sinne von mentalen Bildern (Vorstellung, Fantasie, Bilder im Kopf, Traumbilder,

    Trugbilder, Einbildung); Theorien des Imaginren (imago heit Bild); Platon bestimmt Seele als

    Wachstafel; Theorien des Sehens (besonders ab der Neuzeit)

    - konkrete, materielle Bilder, bildhafte Darstellungen (Objekte, auf die sich jeder beziehen kann)

    Doch da gibt es Zwischenbilder

    natrliche Bilder: Spiegelbilder, Schattenbilder

    metaphysischer, erkenntnistheoretischer Bildbegriff: Urbild-Abbild-Beziehung

    sprachliche Formen der Verbildlichung: Metapher, Vorbild, Leitbild

    Zwei Anstze:

    Prioritt genieen die konkreten Bilder (ber die kann man sprechen, sie sind fr alle erfahrbar);

    Bildtheorien sind aber oft Theorien des Imaginren; deshalb fliet auch das ein;

    Schlielich: was ein Bild ist, kann nur von Fall zu Fall entschieden werden; Begriff und Phnomen des

    Bildes ist zu komplex, um einheitlich auf den Punkt gebracht werden zu knnen.

    4. Erste Bestimmungen

    Eigentlich mte man nun mit der Etymologie des Bildes und den ersten Bildtheorien anfangen, d. h.

    bei den Griechen, vor allem Platon. Doch ich mchte einen ersten Pflock einschlagen und gleichsam am

    Ende beginnen; Versprechen Godard zu zeigen gleich einlsen: ein kurzer Film, der erste

    Bestimmungen erlaubt, der sowohl grundlegende Ideen vom Bild aufgreift, als auch die Problematik des

    modernen Bildes thematisiert:

    Lettre Freddy Buache (1980).

    - Auftrag einen Film zu machen, d. h. Bilder zu machen; Lausanne wird fnfhundert, ein Film ber eine

    Stadt, die hundert Jahre alt wird; ein konventioneller Film htte wahrscheinlich eine Chronologie

    entworfen, dann htte er die besonderen Ereignisse aufgezhlt, er htte die groen Mnner und vielleicht

    auch Frauen erwhnt, er htte das damit verbunden, herausgehobene Orte, Gebude und Pltze der

    Stadt zu zeigen;

    - Godards Film ist offensichtlich anders:

    Erstens versucht er den Ansatz zu unterlaufen, der gemeinhin mit Bildern in Verbindung gebracht

    werden: den der Reprsentation und zwar in zwei Formen: der erzhlerischen und der visuellen; dabei

    werden zwei Funktionen von Bildern offensichtlich:

    1. eine Ordnung ins Sichtbare zu tragen; eigentlich ist die sichtbare Welt ungeordnet und chaotisch.

    Bilder schaffen Ordnung, indem sie einen Rahmen setzen, also kadrieren, und indem sie ein Bild

    komponieren, das heit eine Bildordnung schaffen; Abgrenzung nach auen und Ordnung nach innen,

  • das sind zwei Funktionen von Bildern;

    2. etwas Abwesendes anwesend zu machen; gemeinhin zeigen Bilder etwas, was nicht da ist; wenn es

    da ist, dann ist es kein Bild;

    Das sind zwei, ich wrde sogar sagen, die zwei grundlegenden Eigenschaften von Bildern; und sie

    begrnden die Reprsentationsfunktion, die Bildern immer wieder zugeschrieben wird;

    - fr Medien wie den Film, die bewegte Bilder prsentieren, kommt eine weitere Form der Repr. hinzu,

    die der erzhlerischen; die Verknpfung von Raum, Zeit und Ereignissen nach Ursache und Wirkung;

    es gibt noch andere, aber das ist jetzt nicht wichtig;

    - Auf alle drei nimmt Godard Bezug, vor allem mittels des Kommentars, und er verweigert den Bildern

    diese grundlegenden Bestimmungen; er zeigt keine groen Mnner und Frauen, sondern irgendwelche

    Personen, er zeigt keine Gebude, Pltze und Orte, sondern scheinbar beliebige Orte, das Wasser, die

    Wiese, Stadtszenen, er verweigert alles Typische; wenn wir nicht wten, dass es sich um Lausanne

    handelte, wrden wir nicht merken, dass es wirklich L. ist (warum nicht Genf oder Marseille oder

    Rostock);

    - Godard verweigert also Reprsentation und sagt dies auch, doch was bietet er stattdessen an ?

    Zunchst knnte man sagen: Bilder, denn wenn es nicht um Orte etc. geht, dann geht es offensichtlich

    um das, was uns trotzdem etwas wahrnehmen lt und das sind Bilder;

    - Genauer: es geht darum, die Bilder keinen Funktionen unterzuordnen, sondern sie gleichsam selbst

    agieren zu lassen; Bilder sind also eigenstndige Objekte; unterhalb dessen, was wir sehen, entfaltet sich

    eine Eigenlogik der Bilder (Systemtheoretiker wrden jetzt sagen: es geht ihnen um Selbst- nicht um

    Fremdreferenz); die Bilder sind also nicht (nur) von auen zu begreifen, von einem Sinn oder einem

    Signifikat her, sondern sie mssen aus sich heraus verstanden werden; Bilder sind also in gewisser

    Weise Simulakren; die Bedeutung der Simulakra ist schon frh erkannt worden (keine Erfindung

    Baudrillards), weiteres nchste Woche;

    - Gehen wir einen Schritt weiter: Bilder kommen im allgemeinen nicht ganz ohne Fremdreferenz aus;

    sie knnen sich von Reprsentationsfunktionen befreien, aber sie werden sich immer auf diese

    zurckbeziehen (ausgenommen bestimmte Formen der Abstraktion); so auch hier: Bilder als

    Zwischenbilder (zwischen Bild der Realitt und Realitt des Bildes, Reprsentation und Simulation);

    - Weiter: Bilder grenzen aber auch immer irgendetwas aus; wenn sie Ausschnitte in Raum und Zeit sind

    und etwas Abwesendes anwesend machen, dann lassen sie immer etwas unter den Tisch fallen; Bilder

    haben also ein Rckseite und deshalb kann man mit Gilles Deleuze davon sprechen, dass Bilder immer

    aktuell und virtuell zugleich sind; Details spter, aber halten wir uns an den Film:

    - Godard betont die Relativitt jedes Bildes, er lst den klassischen Bildbegriff auf, indem er die Bilder

    anhlt, entschleunigt und indem seine Kamera offenbar hektisch hin und her springt; man kann also

    sagen: Bilder werden hier an ihre Grenze gebracht und dadurch werden sie paradoxerweise erst zu

    Bildern; sie springen gleichsam aus sich heraus und machen damit deutlich, dass sie Bilder sind (weil sie

  • sie problematisieren): dritte Bestimmung (neben Repr./Simul., aktuell/virtuell): Bilder sind Prozesse, sie

    prozessieren das Visuelle und dies steht kontrr zu ihrer eigentlichen Bestimmung, dass sie statisch sind;

    aber auch hier stehen Bilder irgendwo dazwischen, zwischen Statik und Prozess, zwischen Arrtieren

    und ber sich hinausweisen;

    Gegenargument: das kann doch nur der Film/Fernsehen/das digitale Bild; Jahrhunderte zuvor war das

    Bild nur ein Bild; aber da gibt es den Verweis auf das Imaginre (den Traum) oder auf die

    Zwischenbilder (Schatten und Spiegel), die immer schon auch Bewegtbilder waren;

    Schlielich: Was ist denn nun die Eigenlogik der Bilder in Lettre Freddy Buache ?

    - Film lst die festen Bilder ab und ersetzt sie durch Zwischenbilder (Rede Godards von den zwei

    Peripherien, die zusammenkommen), damit ersetzt er aber auch das Bild Lausannes durch andere

    Bilder; die Bilder ziehen ein neues Koordinatensystem durch die Stadt: z. B. das von Oben/Mitte und

    Unten oder das von grn, grau und blau oder das von Oberflche und Grund; diese wiederum sind

    mobil, gehen ineinander ber, wo fngt das eine an und hrt das andere auf ?

    Schlufolgerung:

    Film verdeutlicht einige paradigmatische Gegenstze, die im Zusammenhang mit dem Bild diskutiert

    werden: Reprsentation/Simulation, aktuell/virtuell, das Verhltnis von Statik und Bewegung

    (prozesshafte);

    Bilder siedeln sich wenigstens bei Godard zwischen diesen Gegenstzen an und genau darin liegt

    ihre Funktion. Auf die Frage, wie und mit welchen Mitteln es dazu gekommen ist, soll die Vorlesung

    einige Antworten finden.

    2. Vorlesung (20.4.): Das antike Bild

    1. Wiederholung

    Ziel der Vorlesung:

    Einfhrung in den gegenwrtigen Stand der Bildtheorie(n) unter besonderer Bercksichtigung der

    technischen (modernen) Bildmedien von der Fotografie bis zum digitalen Bild sowie Anstze aus der

    Bild- und Bildtheoriegeschichte;

    Verschiedene Gruppen von Bildern:

    - mentale Bilder

    - bildhafte Darstellungen

    - Zwischenbilder

    Lettre Freddy Buache (Jean-Luc Godard 1980)

  • - Unterlaufen visueller und erzhlerischer Reprsentation- Erste Definition des Bildes: ordnungsstiftend - kadriert - komponiertd. h.: Abgrenzung nach auen und Ordnung nach innen

    - etwas Abwesendes anwesend machen - Rahmungen, Kompositionen und Verweise der Bilder erscheinen willkrlich- Entfunktionalisierung, Ablsung vom Sinn und Signifikat- Eigenlogik der Bilder - Simulakren- Bilder lsen sich nicht vllig von Reprsentation:Zwischenbilder (zwischen Reprsentation und Simulation, Bild der Realitt und Realitt des Bildes)- Warum Zwischenbilder ? Bilder grenzen immer etwas aus; Rck- oder Kehrseite sichtbare machen;- Deleuze: Unterscheidung von Aktuellem und Virtuellem- Godard treibt Bilder buchstblich an die Grenze: dadurch aber werden sie als Bilder erst sichtbar- Folge knnte sein: Bilder nur als Prozesse denkbar (auch schon vor den bewegten Bildern)- Zwischenbilder: Lausanne als mobiles temporales Koordinatensystem:Oben/Mitte/Unten grn/grau/blau Oberflche/Grund- paradigmatische Gegenstze (Reprsentation/Simulation; aktuell/virtuell, Statik/Bewegung). 2. Frhe Bildbegriffe prgend fr Begriffsgeschichte : eikon (latinisiert : icon/icona);lateinisch dominierte dann: imago: Bildnis eines Verstorbenen, Portrt (allgemeiner); schlielich ganzallgemein Bild; Verwandtschaft mit imaginari (sich vostellen, sich einbilden) und imitari (nachbilden,nachahmen);eikon: technei eikones (knstl. Bilder); physei eikones (nat. Bilder);eidolon: Abbilder (antike Atomisten); lat: simulacrumabwertend, im lat: idolum: Gtzenbild - Idolatriedeutsch: Schattenbild, Scheinbild, TrugbildBild: mhd: bilde heit Bild, Gestalt, Beispiel; ahd. bilidi: Nachbildung, Abbild, Muster, Gestalt 3. Grundlage der Bildtheorie: Platon (427 347) - Hhlengleichnis Grundlage fr abendlndische Philosophie; fat anschaulich wesentliche Anstzezusammen; Hhlengleichnis ist im wesentlichen erkenntnistheoretisch zu begreifen; Zitat aus dem Hhlengleichnis, Bild: Erklrung. (Politeia, 420) Einige Dinge werden schon deutlich: 1. Platons Philosophie ist bildhaft, greift auf Bilder zurck kein Wunder, hchster Sinn fr Platon und

  • fr viele antike Philosophen ist das Sehen; Rckgriff auf die Sonne als Lichtspender 2. Platon hat offensichtlich eine einigermaen genaue Vorstellung vom Wesentlichen, denn sonst knnteer nicht eine Hierarchie von Erkenntnisstufen aufstellen; Anders gesagt: er unterscheidet klar zwischenSein und Schein; er nennt das Sein die Ideen (die hchste Idee ist das Gute); die anderen Dinge, alsoalles was unseren Sinnen erscheint sind nicht die Ideen, denn diese sind geistig; was den Sinnenerscheint sind nicht die Ideen selbst, sondern Abschattungen der Ideen; sie haben also Anteil an denIdeen (methexis), sind sie aber nicht; Daraus kann schon abgeleitet werden, wie Platon zu Bildern steht; Bilder sind Nachahmungen (derBegriff fr Nachahmung bei den Griechen ist Mimesis); aber sie sind nicht nur Nachahmungen, sondernim Sinne von Platons Ideenlehre Nachahmungen von Nachahmungen; denn die anderen knstlichenDinge sind ja schon Nachahmungen; Platon hat deshalb etwas gegen Dichter, denn diese entfernen uns nur weiter von den Ideen; Bilderbekommen in der Seinshierarchie Platons den letzten Platz hinter den Ideen und den Nachahmungenersten Grades (nach Proportion und Form);Unterscheidung von Gott, Tischler und Maler (Zitat S. 508)Dieser Ansatz hat die Platonrezeption lange dominiert; Platon ist bilderfeindlich und leitet damit eineabendlndische Tradition ein, die ber die Bilderfeindschaft des Christentums ber den Protestantismusdirekt zur Fernsehkritik heutiger Tage hinfhrt; Ein Blick auf einen andere Dialog zeigt aber einen andere Meinung; Sophistes: Dort setzt sich Platonauch mit Bildern auseinander; Sophisten waren die rgsten Feinde Platons, weil sie seine Ontologieablehnten;Folgenreiche Unterscheidung: Ebenbilder und Trugbildern (Simulakra); Zwei Arten der Nachahmungskunst:Ebenbild: bildet das Urbild in seinen Proportionen richtig ab (analog); legt seine Beziehung zur Sache(zum Sein) offen. Zitat 207. Ebenbild bezieht sich auf die Sache, Trugbild eher auf den Betrachter; Trugbild: Nichtseiendes, das seine Beziehung zum Sein unklar lt oder gar tuscht (207); es stellt dasNichtseiende dar; fhrt hin zum Nichtseienden; Trugbild ist wohl die Verknpfung von Seiendem undNichtseiendem; Was ist das Nichtseiende ? Warum gibt es das ?1. Wenn es das Seiende gibt, dann auch Nichtseiende (ist ja denkbar und aussprechbar)2. Zitat 210. Nichtseiende kann als Eines oder Vieles bezeichnet werden; Zahlen sind aber seiend, alsoauch alles, was damit ausgedrckt werden kann: z.B. das, also ein, NichtseiendesNichtseiende ist also nicht das Gegenteil des Seienden, sondern das von diesemVerschiedene/Andersartige (und das ist das Trugbild);Was ist das Verschiedene: Wenn etwas nicht seiend ist, mu es ja nicht gleich nichtseiend sein; Peter ist

  • nicht gro heit ja nicht, dass Peter klein ist, sondern nur, dass er anders ist als gro; das Sein darf alsonicht nur von der Identitt begriffen werden, sondern auch von der der Verschiedenheit her, das heitvon der Differenz:Deshalb sagt Theaitetos: Bild ist das einem Wahren hnlich gemachte Andere solche (211)d. h. das Andere solche ist der Schein, aber der Schein ist auchDamit kann behauptet werden, dass das Trugbild eine wichtige Funktion hat, nmlich auf dieVerschiedenheit hinzuweisen, ja sie sogar zu verkrpern; whrend das Ebenbild hnlich macht, machtdas Trugbild verschieden; Hinweise: auch das Verschiedene istPlaton bleibt unentschieden, wie damit umzugehen ist, erkennt aber die Verschiedenheit alseigenstndige Gre an; Ontologie des Nicht-SeinsTrugbild scheint sich auf den Betrachter zu beziehen, Ebenbild auf die Sache selbst; Deshalb sagt Deleuze: - Platons Dialektik ist eine der Rivalitt, nicht des Gegensatzes oder des Widerspruchs;- Trugbild ist kein falsches Abbild, sondern stellt Abbild, Vorbild oder Urbild in Frage;- Trugbild auf Betrachter bezogen heit, differentiellen Blick werfen (316);- Trugbild negiert Gegensatz von Original und Kopie; Trugbild ist nicht Schein oder Illusion, sondernproduziert einen Effekt;- in der Moderne setzt das Trugbild seine Macht frei; 4. Kurze Bemerkungen zu Aristoteles (384 324) Nicht so interessant, weil keine ausgearbeitete Bildtheorie;Malerei hchstens inbegriffen in seine Kunsttheorie (Poetik);- Ablehnung der Ontologie Platons; keine Ideenwelt, sondern die uns umgebende Welt ist dieWirklichkeit;- Mimesis-Theorie; Nachahmungen unterscheiden sich in dreierlei Hinsicht: Mittel, Gegenstnde, Artund Weise der Nachahmung;- Kunst soll die Wirklichkeit nachahmen oder auch idealisieren; Katharsis: Reinigung von Affekten(Distanz)- alles Entstehende ist ein Zusammenspiel von Materie und Form oder wie A. sagt: Stoff und Form; dieFormen, die bei knstlichen Gegenstnden entstehen, sind bereits in der Seele des Menschenvorhanden; 5. Plotin (205 270) - Interessanter ist Plotin, weil er auf dem Ansatz Platons aufbaut; hnlich wie Platon versucht er dasVerhltnis von Einheit und Vielheit zu denken;- Einheit immer schon gegeben, allerdings mu man durch die Vielheit hindurchgehen, um siekennenzulernen; in jeder Vielheit wirkt die Einheit; man lernt Einheit nur durch Vielheit kennen: alle

  • Vielheit strebt zum Einen hin;

    - Das System Plotins:

    Seele Geist (Ur)Eine

    - aufsteigend: Seele steht im Kontakt mit den Krpern; Geist ist das Intelligible (etwa Platons Ideen);

    Eine ist das eine Eine, in sich-Ruhende, totale Identitt; Seele ist Dolmetscherin zwischen der Natur und

    dem Geistigen; Notwendigkeit;

    Seele: grundstzliche Fragen: was ist der Mensch, was ist sinnliche Wahrnehmung ?

    Geist: epistemologisch; Suche nach erfahrungsunabhngigen Urteilen

    Eine: Frage nach dem letzten Prinzip

    Seele: Eines und Vieles; Kontakt zur Sinnenwelt

    Geist: Eines Vieles; Unterscheidung von Denken und Denkgegenstand

    - Das Schne ist durch die Sinne erfahrbar (anders als bei Platon), offenbart sich

    - Schne als Proportion (Pythagoras);

    - Knstler bildet das lebendige Leben ab und realisiert doch nur die ewigen Ideen; aber sie werden vor

    allem durch den Knstler zugnglich; kein Widerspruch also zwischen dem Lebendigen also auch

    dem Bild und dem Geistigen;

    - Bild: wenn es etwas geformtes ist, hat es Anteil am Sein (also nichts Verwerfliches);

    - Bild ist Vermittler: im Bereich der Seele zwischen dem Intelligiblen und den ueren Dingen (Krper);

    Bild hat Anteil am Intelligiblen (hat etwas Intelligibles);

    - im Geist gibt es diesen Unterschied nicht mehr: Bild und Objekt sind eines; daraus folgt fr den Geist

    ein statisches Bild, fr die Seele ein dynamisches; Bild verbindet und dynamisiert das Verhltnis Seele

    und Geist; Empfehlungen an den Maler: detailgenaues, aber auch abgehobenes (entrcktes) Bild; Bild

    realisiert Ideen, die der Knstler unabhngig von sich in sich trgt;

    - es gibt also zwei Ebenen des Bildes: erstens Wandlungsfhigkeit und Verbindung zwischen den

    Ebenen, zweitens das Anzeigen des Unterschiedes zum Geistigen; das Bild hnelt dem Geistigen,

    indem es sich unterscheidet;

    - Damit denkt Plotin Einheit und Vielheit oder Immanenz und Transzendenz zusammen (anders als

    Platon), der sich fr die Transzendenz entscheidet;

    er geht also einen entscheidenden Schritt ber Platon hinaus, indem er die Vielfalt und die Einheit

    zusammenbringt und das Sein des ildes gelten lt; Bilder sind nicht Nichtseiendes, sondern haben

    Anteil am Sein; damit ist die Unterscheidung von Ebenbildern und Simulakren nicht entscheidend fr

    Plotin;

    6. Lukrez (96 52)

    Buch: Die Natur der Dinge

    Lukrez stellt den Ansatz der Bilder auf neue Grundlagen;

    - gehrt zu den antiken Atomisten (der berhmteste ist Demokrit);

    - Atomisten denken die Welt als zusammengesetzt aus kleinsten Teilen (Atome); es ist keine

    idealistische Position wie Platon und Plotin, sondern eine streng materialistische (anti-idealistisch);

  • Dinge enstehen durch Zusammentreffen der Atome, die unvergnglich sind; Zeichnung;- Krper ----- Seele; dazwischen schwirren Atome; die Ausstrmungen der Oberflchen treffen unsereSinne (besonders das Auge); nur manche sind subtil genug, um den Geist zu erreichen (nicht alle), dassind die Simulakren; der Kontakt ist rein physisch; Simulakren sind es, weil sie ja nicht vollstndig dieWahrnehmung erreichen, sondern nur teilweise; Transportmedium sind Luftsulen; hinzu kommt,dass die Simulakren sich schnell bewegen: subtil und schnell, d.h. unterhalb derWahrnehmungsschwelle; Sichtbares ist offenbar selbst aus Unsichtbarem zusammengesetzt; Zitat S. 36.- es sind damit keine Reprsentationen, sondern eher Kopien; Abstraktionen sind in einem solchenAnsatz nicht vorstellbar (weil diese ja auf Formen beruhen); Lukrez denkt allerdings bewegtesUniversum, weil Atome schwirren stndig hin und her;- dieser Ansatz knnte an den Konstruktivismus erinnern, in dem es auch darum geht, dass wir nureinen Teil der Wirklichkeit wahrnehmen, aber Lukrez macht sich ber die Kognition keine Gedanken;- eher erinnert die Position an die Empiristen des 17. Jhds., etwa David Hume; bei diesem sind dieEindrcke der Auenwelt auch nur Perzepte oder Impressionen, die allerdings zu Ideenzusammengeschlossen werden (aber da sind keine rationalen Grundprinzipien im Spiel (etwa die Seele),sondern jede Idee ist nur ein Zusammenspiel von Impressionen); - Lukrez macht das Simulakra sehr stark; da er jeden Idealismus ablehnt, kommt er heutigen Positionenvielleicht am nchsten; was wir sehen sind in etwa Ausschnitte der Wirklichkeit, aber eben keineEmanationen eines Hheren; Zusammenfassung: Bilder behaupten eigene Seinssphren, obwohl sie es in idealistischer Perspektive nicht knnen:eigentlich drfen sie immer nur von einem Hheren abgeleitet sein; Platon stellt aber fest, dass der Gegensatz von Sein und Schein impliziert, dass es den Schein gibt: under erkennt, dass es das Verschiedene gibt; das Seiende und das Nichtseiende sind also offenbar in sichbeweglich und mobil (auch wenn es doch nur von den Ideen abhngt); Trugbilder haben also eigene Existenz und sind offenbar nicht auszuschalten: das lt sich ber dieBildgeschichte verfolgen; immer unterliegen Bilder irgendwelchen Normen und Vorschriften undimmer gibt es die anderen Bilder, die Simulakren, die das Sein, das Wahre, die Existenz, das Normativeverunsichern; Plotin steht den Bildern eine vermittelnde und dynamisierende Funktion zu, die jedoch immer auf dasEine gerichtet ist; einerseits ist er entspannter als Platon, was das Bilderverbot angeht, andererseits kanner seine eigene Position aber auch nicht so radikal in Frage stellen; Lukrez schlielich begrt die Simulakren, da er von Beginn an davon ausgeht, dass es kein Hheres

  • oder Absolutes gibt; wenn es das aber nicht gibt, dann knnen Bilder auch nicht darauf bezogen werdenund sie sind von vorneherein als Simulakren angelegt; Es wird deutlich, dass Ebenbilder und Trugbilder nur zwei Seiten der selben Medaille darstellen. These:Bild braucht Simulakren, um sich vollstndig zu entfalten (immer beide Seiten); LiteraturPlaton: Politeia (106, Hhlengleichnis); 135 142; Sophistes (23 28; 42, 43);Aristoteles: PoetikPlotin: Ausgewhlte SchriftenLukrez: Von der Natur, Buch IVGilles Deleuze: Platon und das Trugbild, Lukrez und das Trugbild, in Logik des Sinns (311 ff.)Norbert Bolz: Eine kurze Geschichte des Scheins

    3. Vorlesung (27.4.): Die Ikone 1. Sprung ins Mittelalter: wichtige Zsuren - Einfall der Goten, Franken, Langobarden, Vandalen (Vlkerwanderung);- Zusammenbruch und Teilung des rmischen Reichs; 330: rm. Kaiser Konstantin verlegt Hauptstadtnach Byzanz (Konstantinopel); es entstehen Westrom und Ostrom - Byzanz (Reichsteilung 395);getrennte Kulturen;- Westrom geht 476 endgltig unter (Absetzung des letzten Kaisers); im Westen zunchst keinen Bezugzur griechischen Sprache; Westen zerklftet, erst 800 wieder eine Art Einigung; Rckgang der Stdte,unsichere politische Strukturen, Kirche als Ordnungsfaktor;- Machtbernahme des Christentums; Aufstieg der Kirche; als Bildungsort und Institution derSinnstiftung und Rechtsprechung; Bilderdenken und machen nun abhngig von Religion;- Osten in fester Hand des christlich geprgten Kaisertums;- in Byzanz: Herausbildung einer mchtigen Bildkultur, der sogenannten Ikone (Kultbild), in dem dieHeiligen (Gott, Jesus, Maria) verehrt werden; 2. Bilderstreit - Daraus entwickelt sich der sogenannte Bilderstreit (wichtigste Aspekt Bilder betreffend):- Vorbemerkung: wie gehen monotheistische und polytheistische Religionen mit Bildern um ?- Polytheismus: Verehrung der Gtter in Bildern, Bilderkult (heidnischer Bilderkult); Volksreligionender Griechen, Religionen in Altgypten und Mesopotamien, Rmer, Kelten und Slawen;- Monotheismus (Christentum, Islam, Judentum): Du sollst Dir kein Bildnis machen (Jahwe); Genesis

  • bleibt recht schwammig; Zitate

    - grundlegendes Problem: wie kann Sichtbares Unsichtbares abbilden ???

    - anderes Problem: Bilder verweisen auf Vielfalt, monoth. Religionen verehren, aber nur den Einen;

    denken Gott nicht mehr anthropomorph; sie sind eher Wort- und Buchkulturen;

    - Islam und Judentum relativ strikt, Christentum hat aber einen Ausweg, denn Jesus ist ja in

    menschlicher Gestalt aufgetreten, nimmt also eine Art Zwischenposition ein, zwischen Gttlichem und

    Menschlichem; Thema der christlichen Bilddiskussionen waren daher Trinittslehre,

    Gottesebenbildlichkeit des Menschen und die Inkarnation;

    Wie mu der Bildbegriff verstanden werden: als konkretes Bild, als metaphysischer oder metaphorischer

    Begriff. Sicher ist: Gott selbst darf auf keinen Fall abgebildet werden;

    - daraus entwickeln sich die verschiedenen Positionen des Bilderstreits: zunchst aber die

    entscheidenden Daten:

    Konzil von Nica (325): Zulassung von Bildern, weil: 1. erbaulich 2. Christus ist in seiner

    Menschwerdung offenbart, also ist auch ein Bild von ihm mglich; zugleich sichert er aber den Kontakt

    zum Gttlichen; frhe Christen hatten Bilder noch strikt abgelehnt: (Mittelpunkt war Tisch des

    Opfermahls, die sogenannte Mensa);

    Byzanz: Ikone, d. h. Kultbild, auch transportabel; diese Bilder haben Macht, da sie angebetet werden

    Ikonenfrmmigkeit;

    726: Kaiser Leo III. ordnet an, Christus-Bild am Tor des Palastes zu entfernen; 730: Dekret zur

    Vernichtung aller Bilder; Konzil von 754: Verehrung der Bilder ist Ketzerei; hin und her endet damit,

    dass 2. Konzil von Nica (787) die Beschlsse von 754 aufhebt;

    Konzil von 815: erneutes Bilderverbot; 843: Wiedereinsetzung der Bilder;

    - Argumente fr Bilderverbot:

    keine Schriften erhalten, Rekonstruktion aus den Schriften der Bilderverfechter; widerspricht den

    Schriften und der Tradition; verherrlicht heidnische Praktiken; Gott undarstellbar (das glauben beide);

    Doppelnatur Christi ist aber nicht im Bild darstellbar;

    da klingt auch Urbildlehre durch; das Wesen der Dinge ist nicht sinnlich erfabar und darstellbar;

    Betonung der spirituellen Dimension des christlichen Glaubens; Eucharistie als einziges mgliches Bild;

    - Argumente dagegen:

    zunchst: Argument der hnlichkeit: Gottessohn ist Fleisch geworden, das kann Bild am besten

    reprsentieren;

    Johannes von Damaskus (680-749): dadurch, dass Gott Mensch geworden ist, knnen Bilder davon

    gemacht werden; nicht die Darstellung, sondern das Dargestellte wird angebetet; Bild ist eine

    hnlichkeit, die aber auch den Unterschied zum Urbild ausdrckt; Theodorus von Studion: Abbilder

    sind natrliche Erscheinungen, die sich vom Urbild herleiten; sie entstehen aus Notwendigkeit;

    - 787: Zitat aus dem Beschlu Bilder zuzulassen (aus W.Bock); Bild Die Feinde Christi

    - beide Positionen argumentieren fr die Geltung des Sakralen, waren nur uneinig, wo es zu finden ist

  • (Belting); Ikonoklasten akzeptierten nur das Kreuz, whrend Bilderverehrer auch Bilder forderten;- 1522 bricht der Bildersturm erneut los (Wittenberg) im Zusammenhang mit der Reformation; Lutherspricht sich fr Bilder aus; Konzil von Trient (1545 1563): Bilder erlaubt, weil sie sich auf dieUrbilder beziehen; 3. Ikone - Ikone Byzanz; mchtigste Bildtradition des Mittelalters, etwa bis 1204, dann wurde Konstantinopelvon den Kreuzfahrern erobert, 1453 fllt es endgltig im Kampf gegen die Trken; Was war die Machtdieser Bilder genau ?- Bilder hatten Charisma (durch den Geist Gottes bewirkte Gaben und Fhigkeiten des Christen in derGemeinde): Entstehungs-Visions- und Wunderlegenden (15);Entstehung: gttlicher Urspung des Bildes; Vision: Personen im Bild als Personen aus dem Traum, dieerscheinen knnen; Wunder: berzeitliche Prsenz des Heiligen im Bild;- Bilder vermittelten zwischen Vergangenheit und Zukunft (dem Geschehenen und dem Versprechen);- geeignet feste Ordnungsvorstellungen zu vermitteln; aber auch Widersprche (vor allem ab 1204 in derKrise von Byzanz);- verschiedene Funktionen der Ikone: Vertretung einer Person, die abwesend oder unsichtbar ist; Ikonesoll Wunder tun (Heilung, Reichsverteidigung);- wichtig ist also: Ikone mu Unterschiede zusammenbringen, vermitteln zwischen dem Menschlichenund Gttlichem, der Identitt und dem Abgeleiteten; sie mu anders gesagt: eine Differenz ausdrcken; Bilder von Sophienkriche (Ohrid) und Klosterkirche (Daphni) - Darstellungsform: Betonung des Zweidimensionalen und Flachen, Ablehnung dreidimensionalerDarstellungen; Entrckung und Entmaterialisierung; unindividuell, entpersnlicht, idealtypisch;unbeweglich, ohne Bezug zu anderen Figuren; - Nachdem die Bilder schlielich zugelassen wurden, fanden sie besonders in Kirchenrumen Platz,wurden Teil der Liturgie, Teil des offiziellen Ritus; Bilder waren daher:- nicht narrativ- tendenzielle Aufhebung von Raum und Bild (allerdings nicht illusionistisch wie im Barock)- Betrachter betritt also einen Raum, in dem sich Imaginres und Reales verschrnken- Bildordnung als Teil hherer Ordnung Ausdruck durch innere Ordnung (Symmetrie, Gre);- Bild als konkretes Objekt verliert an Wert, wird vielmehr in Zeremonie eingfgt und aufWiederholbarkeit angelegt Was aber ist nun der Sinn der Ikone ?- sie ist Mediatorin:- sie vermittelt zwischen An- und Abwesenheit; zwischen Menschlichem und Gttlichem; zwischen

  • Sichtbaren und Unsichtbarem; sie bringt nicht beide Naturen Christi zum Ausdruck, sondern dasdynamische Moment wechselseitiger Teilhabe (Cacciari); - Ikonoklasten sagten, das Unsagbare (Unsichtbare) mu unsagbar (unsichtbar) bleiben; Ikone gewinntschlielich positives Verhltnis zum Unsagbaren, Unsichtbaren, zum Schleier und zum Geheimnis Geheimnis offenbart sich als Geheimnis; unruhiges Wechselverhltnis; Schlufolgerungen:1. Bild wird zunchst ganz neoplatonisch der Zugang zum Sein verweigert. Gefahr des Trugbildes;2. Dann wird Bild als Mittler zwischen Menschlichem und Gttlichem begriffen; gerade weil es stummin sich ruht, weil es sich nicht selbst erlutert, kann es als dynamisches Element, als Zwischenbildverstanden werden; Bild ist Offenlegung des Schleiers, bleibt transzendent, ber sich hinausweisend.Erneut also regelt es ein Zwischenverhltnis; nur wenn es nicht die Wahrheit direkt abbildet, ist esakzeptabel; Es ist wie ein institutionalisiertes Simulakra; LiteraturHans Belting: Bild und KultMassimo Cacciari: Die Ikone, in: Volker Bohn (Hg.): BildlichkeitLaurent Lavaud (Hg.): LimageWolfgang Bock : Bild, Schrift, Cyberspace

    4. Vorlesung (11.5.): Die Zentralperspektive bergang zur Neuzeit

    - Wir nhern uns dem entscheidenen Umbruch in der Geschichte der optischen Darstellung: derZentralperspektive oder Linearperspektive;- Im Jahr 1425 stellt sich ein Florentiner Architekt hin und malt das Baptisterium von Florenz:Filippo Brunelleschi;- Wie macht er das ? Beschreibung des Verfahrens; steht mit dem Rcken zum Gebude und maltvon einem Spiegel ab; dabei entdeckt er die zentralperspektivische Darstellung; (Beschreibung desExperiments)- dies scheint etwas fundamental Neues zu sein: nicht ganz klar, ob es in der Antike Kenntnis vonder Linearperspektive gab; Ptolemus (Alexandria, 2. Jhd. n. Chr.) wute wohl was davon; aberAnwendung nur fr Karten und Bhnenprospekten;- Fragen, die zu klren sind:wie ist das konstruiert, warum ist es zu dieser Zeit passiert, welche Konsequenzen fr dieGeschichte und Theorie des Bildes ?

  • 1) Wie funktioniert die LP ?

    - Zunchst Beschreibung der Technik der LP und ZP, dann einiges zu den Ursachen und Folgen;- neben Brunelleschi ist Alberti die entscheidende Figur, schreibt 1435 und 1436 das

    entscheidende Werk De pictura/Della pittura; Regelentwurf, wie zentralperspektivisch zu malensei;

    - dabei schafft Alberti eine Verknpfung, wie sie bisher nicht bestand: nmlich zwischen demkonkreten Sehen und Theorien der Optik;

    - Vorlufer der Sehtheorien: Euklid, Alhazen, Pecham, Bacon-- Streit zwischen Intromissionstheorien (Sehkraft geht von Objekten aus, Lukrez und die Epikureer)und Emissionstheorien (Sehkraft geht vom Auge aus, Pythagoreer);-- Euklid (4. Jhd. v. Chr.): Sehkraft geht von den Augen als kegelfrmiger Sehstrahl aus-- Alhazen (Perspectiva, 11. Jhd.): Intromissionstheoretiker; Sehstrahlen gehen vom Objekt aus,doch nur der, der senkrecht auf das Auge (Kristalllinse und Hornhaut) trifft, wird weitergeleitet sobekommt das Auge einen zentralen Blick auf das Objekt; das Objekt wird so unter Wahrung derProportionen im Auge reproduziert;-- Robert Grosseteste (1168-1253), Roger Bacon (1220-1292), John Pecham (1235-1292):drei englische Mnche, die die Ideen der Perspektive weitertragen, warum ?Zitat Bacon (aus Opus majus): S. 71Grosseteste: Licht als treibende Kraft des Universums (von Gott am ersten Tag geschaffen); GottesGnade; Licht ist fr die natrliche Welt, was die Geometrie fr die abstrakte; Geometrie (Physik)und Licht (Metaphysik) gehren zusammen; Optik wird zu einer wissenschaftlichen Disziplin, diezugleich das gttliche Wirken ausdrckt; Pechams Perspectiva communis (ca.1265) fat alle Thesenzusammen und beeinflut Alberti;

    - Anleitungen Albertis: Die Erfindung des Fluchtpunkts (Zeichnungen)Alberti nimmt die Idee der Sehstrahlen auf (legt sich aber nicht richtig fest, woher das Sehen kommt)und vervollkommnet die Idee der Optik; Malerei als Schnitt durch die Sehpyramide, die jedes Augebildet; wichtig ist, dass es auch fr ihn einen zentralen Sehstrahl gibt (Zentralstrahl): daraus ergibt sichdas Bild, das sich konzentriert sich auf einen Punkt konzentriert: den Fluchtpunkt (Zitat Alberti inEdgerton S. 81) wichtige Bilder, die nach dem Verfahren der ZP entstanden sind: Stadtansichten von Florenz (1350, Loggia del Bigallo und 1480, Der Kettenplan, Museo Firenze)Kettenplan vom Blickpunkt des Knstlers, perspektivische Darstellung, objektives Feld, uniformesKoordinatensystem; erstes Bild dagegen eher skulptural und taktil, nicht abstrakt rumlich, nichtdistanziert; beide entsprechen einer bestimmten Wahrnehmungsform; ergnzen sich; Giotto (1270-1337) als Vorlufer, der als erster krperliche Figuren gemalt und sie gestaffelt hat; Szenenaus dem Leben des hl. Franziskus (San Francesco, Assissi, sptes 13. Jhd.)- fr den in der Mitte stehenden Betrachter konzipiert; Linien laufen in der Mittelachse zusammen

  • - jedes Bild als Eindruck einer gebauten Loggia- dennoch kein zentralperspektivisches Bild, einzelnen Szenen sind flchige Anordnungen, gespalteneAnsichten Massacio (1401 1428): Trinitt (1425/26) in Santa Maria Novella (Florenz)- Eindruck tatschlicher Wanddurchbrechung- natrliche Gre der Figuren; Zusammenfall des Augenpunktes von Real- und Bildraum- Ordnung der Figuren im Raum Piero della Francesca (1420-1492): Geielung Christi (Urbino, um 1465)- Kombination von Bildflche und Raumtiefe (Hochrenaissance); ffnung der Bildflche undRaumwiedergabe- Proportionen und interne Abstnde gehorchen den Gesetzen der ZP- thematisch zwischen weltlicher und religiser Haltung Raffael (1483 1520): Die Vermhlung der Maria (Mailand 1504)- zentralperspektivisches Bild, allerdings komplexer als Massacio- Einteilung in Vorder- und Hintergrund, die miteinander korrespondieren, aber auch getrennt sind:Figuren laufen auch zentralperspektivisch zusammen Jan van Eyck (1390-1441): Arnolfini Hochzeit (London NG 1434)- Betonung der Mittelachse- berschneidungen von Personen und Gegenstnden- Verkrzungen der Seitenwnde sind senkrecht gezogen- taktile Qualitt der Dinge (Lichtfhrung)- Auenraum in den Innenraum gespiegelt Domenico Veneziano (1410-1461) Thronende Madonna mit Kind...Florenz, Uffizien, 1445)- Verschiebung des Fluchtpunktes, um zu erreichen, dass Architektur rahmende Wirkung behlt- Exedra und Loggia rahmen die Figuren ein (Gewlbe, Muschelmotiv und Heiligenschein);Kommunikation zwischen Architektur und Figuren, ginge verloren, wenn ZP streng angewandt wordenwre 2) Warum ist die ZP zu dieser Zeit passiert und erfolgreich ?

    - Mehrere Ereignisse kommen zusammen:1) Florenz als Stadtsstaat (Brger) bietet gute Entfaltungsmglichkeit fr eine eigenstndige Kunst

    bersetzung der griechischen Werke ins Lateinische durch die Araber im 12. und 13. Jhd.2) Aufschwung der letzten 200 Jahre, der mit Erfindungen zusammenhngen, in denen irgendwie

    Geometrie dominiert:- kompatible Zahlungsmittel durch zunehmenden Handel- doppelte Buchfhrung,- Erfindung der Null,- indisches Zahlensystem (Leonardo Fibonacci, 1202, Liber abaci)

  • - Neuerfindung des Raums: Raum als konkreter und erfahrbarer, empirischer; Abwendung von

    Platon, Vereinigung der Positionen, die zwischen der sinnlichen und bersinnlichen Weltvermitteln wollten; mit der LP zum ersten Mal ein konkretes Angebot, wie das geschehen kann;Beschftigung mit wirklichen Bildern, nicht nur als theoretische Objekte;

    - Dabei ist folgendes wichtig: Religise Positionen knnen mit der ZP gerechtfertigt werden(Bacons Lichttheorien), d. h:

    Ausgang aus den irrationalen Formen mittelalterlichen Darstellens ? Hinwendung zurWissenschaft, wie sie sich in den folgenden Jahrhunderten entfaltet ? Ja und Nein.tatschlich Vereinigung von wissenschaftlichen (geometrischen) Darstellungsweisen mit religisenGrundideen (Bacon);

    3) Folgen und Konsequenzen - Metapher: Fenster zur Welt; Unendlichkeit; Verknpfung von Subjekt und Objekt, das heitErfindung des Subjekts berhaupt; Balance zwischen beiden;- was aber heit es tatschlich: pltzlich war eine begrndbare evidente Form gefunden, die nichtmehr mit transzendentalen Prinzipien begrndet werden mu; Darstellung und Dargestelltes, Bild undWelt, Subjekt und Objekt, Mensch und Gott, Immanenz und Transzendenz befinden sich in einemausgewogenen Verhltnis (Idealisierung); Bilder bewegen sich bis in die Moderne hinein innerhalbdieses Verhltnisses, wenn es auch Abweichungen und Entfernungen gibt;Systemraum (Neuzeit) statt Aggregatraum (Ort vor Krpern, Antike) sagt Panofsky (daneben gibt esnoch den dimensionslosen Raum des MA, der aber eher flchig ist); visionrer statt magischer Raum; LiteraturSamuel Edgerton: Die PerspektiveErwin Panofsky: Die Perspektive als symbolische FormBrian Rotman: Die Null und das NichtsArmin Thommes: Philosophie der Malerei

    5. Vorlesung (18.5.): Das knstlerische Bild Folgen der Zentralperspektive 1. Zentrales Paradigma zur Herstellung von Bildern

  • - Fragen des Sehens: Ist ZP symbolisch oder exakte wissenschaftl. Beschreibung- Frage richtete sich an Panofsky und dessen einflureichen Aufsatz:Die Perspektive als symbolische Form- Panofsky verstand allerdings unter symbolischer Form etwas anderes: im Anschlu an Ernst Cassirerist die symbolische Form ein bestimmter Ausdruck einer Epoche; eine Form, in der Sinnliches und Sinnzu einer Form zusammenfinden; kulturelle Objektivation: objektiver Sinnzusammenhang und objektivesAnschauungsganzes; Sinnliches wird zur Inkarnation eines Sinnes symbolische Prgnanz (44); symb.Formen sind Organe, die kulturell bedeutsame Lebenswelten organisieren, dynamisches Zentrum, dasProze kultureller deutungen bestimmt und strukturiert (47) Zitat Panofsky: S. 108- Panofsky wollte symb. Form in diesem Sinne verstanden wissen; tatschlich reprsentiert die ZPunsere Form des Sehens auf geometrische Weise; wir sehen aber nicht nur geometrisch, sondern unserSehen steht niemals still:- stndige Bewegung der Augen- keine klare Abgrenzung der Rnder- Ausrichtung auf die Mitte (Fokussieren des Wichtigen)- Binokularitt, die allerdings im Sehen ausgeglichen wird- Nachbildeffekt: vorheriges Bild verschwindet nicht ganz, sondern fliet in neues Bild ein- schlielich: Unterscheidung zwischen Sehen und Wahrnehmen; Wahrnehmung ist ein stark vonKognitionsprozessen gesteuerter Prozess- tatschliche Wahrnehmung ist also Mischform aus zentralperspektivischem Sehen und anderenSehvorgngen 2. Ist nun ein Paradigma, die ZP, wieder institutionell vorgeschrieben ? Ja und Nein.- Grundstzlich entstehen im Laufe des 16. Jhds. die ersten Akademien, die Regeln fr gute undschlechte Kunst festsetzen; dort lernt man auch und vor allem das mathematisch korrekte Malen;- dennoch beginnen Bilder nun eigenstndig zu werden, lassen sich nur noch begrenzt institutionellbegrenzen; ZP als interne Grenze, die stndig berschritten werden kann; es beginnt ein Eigenleben unddie Entfaltung der Bilder; Bilder beginnen selbst in Bildern zu denken, indem sie die Folgen derReprsentation hinterfragen;- Die Konstituierung von Reprsentation bedeutet zugleich ihre Infragestellung; mit Victor Stoichitagesprochen heit das, mit der Malerei als Kunst beginnt zugleich auch Meta-Malerei:- Erstes Beispiel war schon gegeben: van Eycks Arnolfini Hochzeit:Streckung der Zentralperspektive, Ausrichtung an der Mittelachse und vor allem Spiegel, der das Auenmit ins Bild holt; - Zweites Beispiel: Las Meninas (1656) von Velazquez (1599 1660)- inspiriert von van Eyck; Thematisierung des Auen, aber noch geschickter, weil Modell undBetrachter zugleich drauen stehen;- Thematisierung der malerischen Reprsentation:- aufgebrochene Reprsentation, weil kein Platz fr den Betrachter: Blicke vor die Leinwand, Modellvor der Leinwand; kein Platz mehr fr den Betrachter;- dann aber auch Verdoppelung: Maler und sein Modell sind doppelt da; Betracher ebenfalls, als vomBlick fixierter und tatschlicher (hinten im Raum); Maler, Modell und Betrachter sind da und nicht da;

  • komplexes Spiel von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit;- wir sehen das, was das Bild begrndet (Maler und Modell), doch gerade das verunsichert uns;- Effekt: alles ist im Bild und zugleich auerhalb des Bildes, Reprsentation wird als Paradoxkonstruiert: als sichtbar und unsichtbar; Reprsentation der klassischen Reprsentation;- Foucault: die Entstehung der Reprsentation wird sichtbar, aber indem diese sichtbar ist, verschwindetdas, was sie begrndet weil sich Reprsentation nicht mehr auf ein Subjekt bezieht, kann sie sich alsreine Reprsentation geben (Foucault, 45) - Drittes Beispiel:Pieter Aertsen: Christus bei Martha und Maria (1552, Wien); nach Stoichita:Stilleben versus figurale Szene (Merkwrdigkeit);- Lukas X, Maria hat den besten Teil gewhlt; in Maria und Martha drcken sich zwei unterschiedlicheHaltungen aus: spirituell (Maria), weltlich (Martha);- zwei Bilder: erste traditionell (Text-Bild, sakral, zentralperspektivisch), zweite neuartig (kein Text,sondern nur Bild, diesseitig, profan, Gegenstnde ragen in den Raum hinein);- Kommunikation durch den Tisch, der die beiden Bilder verbindet; vermittelt zwischen Vorder- undHintergrund; Elemente des Tisches bestehen im wesentlichen aus Nelke, einem Krug und einem StckSauerteig: Nelke (lat. carnatio) steht fr die Inkarnation (Fleischwerdung Christi), siehe Lammkeule;Sauerteig kann mit der Verwandlung des Brotes in den Leib Christi in Verbindung gebracht werden;- Hinweise auf Transsubstantiation (Teil der Eucharistie)- Verdopplung des Bildes (Relativierung, Spiegelung, Allegorisierung Kommentierung, Entgrenzung)- hnlich wie bei Velazquez gibt es das Bild im Bild, das mehrere Beziehungen knpft Folgen:- keine Malerei ohne Meta-Malerei- keine Reprsentation ohne Meta-Reprsentation;- Krise der Reprsentation ? Eigentlich noch nicht, weil die Malerei problemlos in hfische oderbrgerliche Reprsentation eingebunden ist; auch keine Krise des Visuellen, das sich nun in vollenZgen entfaltet; - Konstituierung der Welt im Sichtbaren ist zugleich das Aufbrechen des Sichtbaren;- Schachtelungen, ffnungen, Verschiebungen, Thematisierung des Auen 3. Wie aber geht es weiter mit der ZP ? Bleibt sie das verbindliche Bildmuster bis in die Moderne ? Undinwiefern gibt es Methoden, die Bildkultur zwischen 15. und 19. Jhd. angemessen zu beschreiben ? - Erste Frage: Was die Weiterentwicklung der ZP angeht, so mchte ich ein Modell von Martin Jayvorstellen, das diese Epoche in drei systematische und idealtypische (eher statt historische)Bildgenerierungsparadigmen unterteilt: Scopic Regimes of Modernity 1. Cartesianische Perspektive- vor allem Albertis System, in dem das natrliche Sehen mit dem geometrischen bereinstimmt;quantifizierbar, homomorph, uniform, abstrakt, okularzentrisch, symmetrisch, krperlos, disinkarnierterBlick, unerotisch: eine Art Spiegel der Natur, Fenster zur Welt; eher gaze statt glance (fester statt

  • flchtiger Blick) (7);

    - a-narrativ, a-textuell, wie ein Safe in der Wand, in dem das Visuelle aufbewahrt wird (John Berger);

    Erfindung der lmalerei (Bild auerhalb seines Kontexts);

    2. Beschreibung (vor allem niederlndische Malerei des 17. Jhd.)

    - vor allem nach Svetlana Alpers: hier geht es weniger um das geometrisch richtige Sehen, sondern um

    die Welt als Ausbreitung von Beschreibung, die zum einen naturalistische Zge trgt, zum anderen aber

    auch wie eine Karte angelegt ist, die mehrere Objekte zugleich abbildet; Einbeziehung des Sehens als

    Vermittlung der Welt;

    - wichtig ist die Rahmung und Nichtrahmung, Licht und weniger Licht, grere und kleinere Objekte,

    die jeweils ein eigenes Feld der Beschreibung bilden;

    - Welt existiert vor dem Blick (anders als bei Alberti, bei dem Blick und Welt zusammenfallen), ist

    deshalb auch unabhngiger vom Blick; empirischer statt geometrischer Blick; Karte als Paradigma: kein

    dreidimensionaler, sondern ein mehrdimensionaler Blick;

    - topographisches Malen; Fragmentierung, weniger Narration, eher Beschreibung (wie Kamera, die

    Welt abschwenkt, anstatt erzhlerisch zu ordnen); Bacon statt Descartes;

    3. Barock

    - entwickelt sich aus der Renaissance heraus; anstatt solide, fixe und geschlossene Form entwickelt der

    Barock eine multiple, offene Form; Wort kommt aus dem Portugiesischen und heit irregulre,

    merkwrdig geformte Perle;

    - Barock setzt also auf blendenden, desorientierenden und ekstatischen Mehrwert des Bildes;

    Wirklichkeit auf einem barocken Bild ist eher verwirrend, opak und ungreifbar und aus dem Bild

    heraustrmend; kein glatter, sondern anamorphotischer Spiegel, der das Bild der Dinge verzerrt;

    Konflikt zwischen Zwei- und Dreidimensionalitt; haptische Qualitt;

    - Ambiguitt der Dinge;

    Pietro da Cortona: Die gttliche Vorsehung (1633 1639), Rom, Palazzo Barberini

    mythologische und allegorische Figuren; berirdische Vision; Rahmungen gemalt; illusionre Szenerie

    durch perspektivische Verkrzungen; dadurch scheinen sie die Bildebene senkrecht zu durchstoen und

    zu schweben;

    Annibale Carracci (1560 1609), Beweinung Christi (1606)

    - Ausdruck voller Emotion; Darstellung eines bestimmten Augenblicks - intensivster Moment

    emotionaler uerung;

    - Diagonalen dominieren; keine der Figuren knnte stehend im Bild sein; Dominanz der Krper, die den

    Raum voll ausfllen (anders als in der Renaissanece);

  • 4. Zweite Frage: Welche Methoden wurden entwickelt, um die Bildkultur dieser Zeit zu beschreiben;

    wichtigste ist sicherlich die im wesentlichen von Erwin Panofsky etablierte Ikonographie;

    - Ziel der Ikonographie ist die Deutung knstlerischer Bilder, vor allem in der vormodernen Periode

    (mu aber nicht darauf beschrnkt bleiben); warum ?

    - Bilder besitzen verschiedene Schichten, die gelesen werden mssen, um sie zu verstehen; ohne

    Kenntnis der historischen und ikonographischen Bedingungen fllt eine Deutung der Bilder schwer: es

    geht also um das Abtragen verschiedener ikonographischer Schichten; Knstler bedienten sich

    vielfltiger Verschlsselungsstrategien:

    z. B.: Personifizierungen, Symbole, Allegorien

    - Personifizierung: menschliche oder anthropomorphe Gestalten, die einen abstrakten Begriff verkrpern

    (Wahrheit: nackte Frau, die eine Sonne und ein offenes Buch hlt)

    - Allegorie: mehrere Personifikationen oder Figuren und Personen, die zusammen einen abstrakte Idee

    darstellen, die meistens durch eine Handlung dargestellt ist;

    - Symbol: Dinge, Tiere, Pflanzen oder auch Zahlen; steht in einem bestimmten Kontext fr einen

    tieferen Sinn; steht fr etwas anderes (Totenkopf: Vergnglichkeit des menschlichen Lebens)

    - Panofsky bleibt jedoch bei diesen Momenten nicht stehen, sondern entwickelt ein ikonographisches

    System, das darber hinaus geht;

    er unterscheidet drei Ebenen:

    - vor-ikonographische Ebene

    tatsachenhafte und ausdruckshafte Ebene: das Dargestellte wird identifiziert, primrer und natrliche

    Motive;

    - ikonographische Ebene

    sekundre oder konventionelles Sujet: wir erkennen die dargestellten Personen, wir sehen die

    historischen Bedeutungen, die Personifikationen, Symbole und Allegorien, die Themen und Motive;

    Eindringen in die Darstellungswelt des Werks;

    - ikonologische Ebene

    eigentliche Bedeutung oder Gehalt: symbolische Werte, d. h. spezifischer Ausdruck einer bestimmten

    Epoche; Verschrnkung von Themen und Komposition; warum wird etwas zu einem bestimmten

    Augenblick so und nicht anders dargestellt (Vgl. Geielung Christi); Panofsky: wie unter wechselnden

    historischen Bedingungen wesentliche Tendenzen des menschlichen Geistes durch bestimmte Themen

    und Vorstellungen ausgedrckt wurden: synthetische Intuition;

    - drei Ebenen: Beschreibung, Analyse, Interpretation;

    vgl. Schema S. 50. (van Straeten, S. 28)

    Weiterentwicklung des Schema durch Max Imdahl:

    - vierte Ebene: Ikonik

    - Imdahl versucht eine Methode zu entwickeln, die insofern interessant ist, als sie eine Eigenlogik des

    Visuellen zu verdeutlichen versucht; Bilder knnen also ber die von auen ihnen zugeschriebene

    Fremdbedeutung hinaus eine Eigenbedeutung gewinnen (Ikonographie und Ikonologie beschreibt

    Bilder ja auch immer im Rahmen einer bergeordneten Bedeutung): Vermittlung von Sinn, der durch

    nichts zu ersetzen ist; Reflexion ber das Bildmgliche;

    Beispiele ikonischer Bedeutung:

    - Codex Egberti (980, gemalte Miniatur im Buch)

  • ikonographisch: Szene der Bibel; Bildsinn (Matthus-Evangelium)ikonologisch: frhdeutsche Jesusvorstellung als heroische Figurikonisch: Jesus zwischen den beiden Gruppen, die Stellung ist wichtig; er ist zwischen den beiden undherausgehoben (grer und abgesetzt), aber durch formale Zeichen auf beide bezogen; dadurchDynamik und Spannung zwischen Zweier- und Dreierstruktur; Syntax und Semantik durchdringeneinander;- Giotto: Arena-Kapelle Paduaikonographisch: Szene der Bibel (Lukas-Evangelium, Gefangennahme Christi); Heilsverkndung, ersterAntropozentrismus; Krperlichkeit, Empirie, Systematisierungikonologisch: Jesus als Opferfigur, dem Mitleid entegengebracht wird; Sympathie statt reineBewunderungIkonik: Jesus der Unterlegene und berlegene zugleich; grer, Blickrichtung, aber insgesamtgefangen; Panofskys System eigentlich vor allem fr Bilder, die literarischen Texten folgen; Bedeutung auerhalbdes Visuellen; - Jacob van Ruisdal, Die Mhle von Wijk (1670, Rijksmuseum)ikonographisch: Portrtlandschaft, tatschlich existierende Mhle;ikonologisch: Mhle als Symbol fr kreuztragenden Christus; Kornmhle steht fr Erlsung undEucharistie;ikonisch: Mhle aus zwei Perspektiven: Nhe, empirische Erfahrung, aber auch in Landschaft undFerne; damit Teil eines symbolischen Universums (Kreuzigung Christi); Empirie und Transzendenzkommen zusammen;- Francois Morellet, Angles droits convergents (1956)ikonographisch : nicht viel zu sagenikonologisch: moderne Kunst, Versuche der Abstraktionikonisch: Widerstreit von Winkelsystemen und diagonalem Kreuz; Verhltnis der beiden ? lassen dieWinkelsysteme das Kreuz brig oder strahlen sie von ihm ab ? welches ist das Echo von welchem ?bildeinwrts oder bildauswrts orientiert ? Dringen sie ins Quadrat ein oder drngen sie hinaus ?Ambivalenz des Sichtbaren; unabschliebares Durchspielen der im Bild gegebenenStrukturierungspotentiale; im Bild ist Unverfgbarkeit enthalten;- entscheidender Aspekt von Bildern ist ihre Einansichtigkeit: nur dadurch, dass jede Sehalternativewegfllt, ist die Ambivalenz des Sichtbaren mglich; simultan statt sukzessiv;- Bild erfordert einen prozessierenden Blick ! LiteraturVictor I. Stoichita: Das selbstbewute Bild. Vom Ursprung der MetamalereiMichel Foucault: Die Ordnung der DingeMartin Jay: Scopic Regimes of Modernity, in: Hal Forster (Hg.): VisualitiesErwin Panofsky: Ikonographie und Ikonologie. Eine Einfhrung in die Kunst der RenaissanceRoelof van Straten: Einfhrung in die IkonographieMax Imdahl: Ikonik, in: G.Bhm (Hg.): Was ist ein BildSvetlana Alpers: Kunst als Beschreibung

  • 6. Vorlesung (25.5.): Das moderne Bild 1. Erneuter Epochenwechsel und tiefer Einschnitt durch die Moderne: - Aufkommen technischer Bildmedien (Fotografie, Film, Fernsehen, Computer als die groenLeitmedien; warum Leitmedien.: massenmediale Verbreitung und sthetische Relevanz); daneben auchandere Medien, die zeitweise wichtig sind: Stereoskop, Panorama, Diorama; Medien, die hier beiseitegelassen werden, sind die reinen Wahrnehmungsmedien: Fernrohr, Mikroskop;- Es entstehen das moderne Bild, das technische Bild und das populre Bild; berlagerungen;- Aufteilung scheint fr viele (besonders die Kunsthistoriker und Philosophen) klar: Malerei und dieKunst kmmern sich um das moderne Bild, die technischen Massenmedien um das technisch-populreBild; Zwei Vorgehen sind jetzt mglich: - Durchgang durch die verschiedenen Bildmedien; ihre Entstehung, ihre dispositive Grundlage (Technikund Apparat), ihre wesentlichen sthetischen Hervorbringungen sowie Definition medialer Spezifikoder Poetik anhand ausgewhlter Beispiele; - Oder: Durchgang durch verschiedene theoretische Anstze, die sich mit dem modernen (imbergeordneten Sinne: also auch technischen und populren) Bild beschftigen; dies erscheint hier sinnvoller, weil so die wesentlichen Transformationen und Theorien des Bildes inden Blick geraten; natrlich wird es immer wieder Ausflge in die Geschichte der Bildmedien geben; - wir folgen also der oben angeratenen Reihenfolge und sprechen vom modernen, technischen undpopulren Bild nacheinander; 2. Das moderne Bild - zunchst ist es die moderne Malerei, die das moderne Bild definiert; allerdings tut es dies, wie wirsehen werden, im Rahmen der Herausforderung durch die anderen Medien (was von denKunsthistorikern zu stark ignoriert wird);- werfen wir einen Blick auf eines der wichtigsten Bilder der modernen Malerei:Edouard Manets La gare Saint-Lazare 1873: - Beschreibung des Bildes - Jackson Pollock: Nummer 32 (1950)- abstrakter Expressionismus; kein Bezug zur Gegenstndlichkeit; Lackfarbe auf ungrundierter

  • Leinwand (drip-painting); Pollock stand ber dem Bild, ging drumherum und trufelte die Farbe darauf;nichts richtig zu sehen es geht also nicht um Wiedererkennen, sondern um Sehen als Akt; keineSpuren von Bedeutung: weder die Spuren noch die Farbe (schwarz) sollen Assoziationen herstellen;keine Symbole, Zeichen, frei von inhaltlichen Bezgen informelle Malerei; Bild ist also informell;keine Zentren, Farbspuren sind dekompositionell; kein Anfang, kein Ende;- Bild ist unbestimmt, es erschliet sich dem Betrachten, es bewegt sich an der Grenze des Bildes;allerdings auch kein Chaos, sondern absichtsvolle, aber ungerichtete Handlung;- es ist also an der Grenze des Bildes, fhrt in das Sichtbare hinein:was ist das Sichtbare: das Heterogene und Multidimensionale, ein offenes Kraftfeld; Energie, Ereignis; - was sind die entscheidenden Aspekte:1. Bild zeigt keine abgeschlossene Welt, sondern verweist auf ein Auen; auf ein konkretes Auerhalbdes Bildes, auf ein hors-champ, aber auch auf ein allgemeines schwer definierbares Auen, das derMalerei; Bild ist nur ein Ausschnitt, ein Fragment, es ist ein Teil einer umfassenden sichtbaren Welt;2. Dem Bild geht es aber auch verstrkt um das eigene Sichtbare; es definiert sich ber die spezifischeRelation, die das Sichtbare im Bild entfaltet; es versucht sich nicht nur an der Darstellung einer idealenoder wirklichen Auenwelt (Reprsentation), sondern es sucht nach einer immanenten Sichtbarkeit;3. einerseits Verweis auf Auen, andererseits Verweis auf sich selbst: damit begreift sich das Bild nichtmehr als von der Auenwelt abgehobenes Objekt, sondern als Teil der Welt selbst; Es vergegenwrtigtdie Welt nicht mehr, sondern es gewrtigt sie, es reprsentiert sie nicht, sondern prsentiert sie; - Reprsentationsverhltnis von Bild und Welt implodiert; Welt findet im Bild statt, als Proze, alsEmanation, als Ereignis, als Gegenwart; - also wieder wie frher, als Bilder noch Kultbilder waren ? Nein, weil sie auf keine Transzendenz mehrverweisen, sondern auf Immanenz, auf das In-der-Welt-sein; Transzendenz wre hchstens eine vomBild selbst produzierte, keine, fr die das Bild nur Verhikel ist; hier liegt entscheidender Ansatz fr dasmoderne, technische und populre Bild der Moderne: Bilder sind selbst Teil der Welt;- nach Bhm: Sehen baut sich nicht gegenber der Realitt auf, sondern vollzieht sich in ihr; das Augedurchquert die Spielrume der Wirklichkeit, von der es zugleich umfat wird; Ordnungen des Sehensgibt es nicht vor dem Sehen und Bilden, sondern sie entspringen mit dem Sehen und Bilden zugleich(Waldenfels); - hierin liegt die Konsequenz der modernen Bildmedien: verschiedene Modelle LiteraturMichel Foucault: Die Malerei von Manet