11
5 161 5.1 Operationsverfahren und extrakorporale Zirkulation 5.1.1 Offene und geschlossene Herzchirurgie Durch Verwendung der Herz-Lungen-Maschine, mit der die extrakorporale Zirkulation (EKZ) durchgeführt wird, ist es möglich, das Herz und die Lunge aus dem Kreislauf auszuschalten. 4 Operationen am offenem Herzen: Herzhöhlen oder herznahe große Gefäße werden eröffnet (in- trakardiale Korrekturen, Klappenersatz etc.) 4 Operationen am geschlossenen Herzen: Eingriffe an Koronararterien, Perikard und intrathorakalen Gefäßen Nicht alle Eingriffe in der Herzchirurgie müssen mit der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt werden (. Tab. 5.1.). 5.1.2 Extrakorporale Zirkulation Die extrakorporale Zirkulation ersetzt vorübergehend die Pumpfunktion des Herzens und die Gasaustausch- funktion der Lunge (. Abb. 5.1). 4 Partieller kardiopulmonaler Bypass: Venöses Blut fließt noch partiell in das Herz und wird über die Aorta ausgeworfen. 4 Totaler kardiopulmonaler Bypass: Das gesamte venöse Blut wird in die Herz-Lungen-Maschine drainiert und die Aorta ascendens abgeklemmt. Technik Über drainierende Kanülen im rechten Vorhof, in den beiden Hohlvenen oder der V. femoralis fließt das ve- nöse Blut gemäß der Schwerkraft über ein Reservoir. Das Blut wird durch den Gasaustauscher gepumpt, CO 2 aus dem Blut entfernt und O 2 zugesetzt. Das sauerstoff- reiche Blut wird dann in die Aorta bzw. die A. femoralis zurückbefördert. Bei normaler Körpertemperatur be- trägt der notwendige Flussindex 2,5–3,0 l/min/m 2 . Monitoring Kontrolliert werden während der extrakorporalen Zir- kulation Blutfluss, systemarterieller und -venöser Druck, Körpertemperatur, Urinausscheidung, Blutga- se, Elektrolyte, Blutzucker, Hämatokrit und Gerin- nungsparameter. Auswirkungen Der mechanische Transport durch Rollerpumpen und nicht endothelialen Oberflächen (Kunststoff) führt zu mehreren Veränderungen im Organismus: Oxygenator mit integriertem Wärmetauscher Arterieller Filter Obere Hohlvene Untere Hohlvene Rollenpumpe Gaseinlass (O2) Wasserauslass Gasauslass (CO2) Wassereinlass . Abb. 5.1. Extrakorporaler Kreis- lauf: Das venöse Blut fließt von den Hohlvenen in ein Reservoir. Von hier wird es mit einer Roller- oder Zentri- fugalpumpe durch den Oxygenator, den Wärmetauscher und einen Filter zurück in die Aorta befördert . Tab. 5.1. Herz-Lungen-Maschine (HLM) OP ohne HLM OP mit HLM Eingriffe mit oder ohne HLM Persistie- render Ductus Eingriffe am »offenen« Herzen »Minimal-invasive« Koronarrevaskulari- sation Aortenisth- musstenose Eingriffe an der thorakalen Aorta Herzverletzungen Perikard- resektion Koronarrevaskulari- sation Herztransplantation Palliative Eingriffe 5.1 · Operationsverfahren und extrakorporale Zirkulation

Operationsverfahren und Extrakorporale Zirkulation ... · 161 5 5.1 Operationsverfahren und extrakorporale Zirkulation 5.1.1 O ffene und geschlossene Herzchirurgie Durch Verwendung

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5161

5.1 Operationsverfahren und extrakorporale Zirkulation

5.1.1 Offene und geschlossene Herzchirurgie

Durch Verwendung der Herz-Lungen-Maschine, mit der die extrakorporale Zirkulation (EKZ) durchgeführt wird, ist es möglich, das Herz und die Lunge aus dem Kreislauf auszuschalten. 4 Operationen am offenem Herzen: Herzhöhlen

oder herznahe große Gefäße werden eröffnet (in-trakardiale Korrekturen, Klappenersatz etc.)

4 Operationen am geschlossenen Herzen: Eingriffe an Koronararterien, Perikard und intrathorakalen Gefäßen

Nicht alle Eingriffe in der Herzchirurgie müssen mit der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt werden (. Tab. 5.1.).

5.1.2 Extrakorporale Zirkulation

Die extrakorporale Zirkulation ersetzt vorübergehend die Pumpfunktion des Herzens und die Gasaustausch-funktion der Lunge (. Abb. 5.1). 4 Partieller kardiopulmonaler Bypass: Venöses Blut

fließt noch partiell in das Herz und wird über die Aorta ausgeworfen.

4 Totaler kardiopulmonaler Bypass: Das gesamte venöse Blut wird in die Herz-Lungen-Maschine drainiert und die Aorta ascendens abgeklemmt.

Technik

Über drainierende Kanülen im rechten Vorhof, in den beiden Hohlvenen oder der V. femoralis fließt das ve-nöse Blut gemäß der Schwerkraft über ein Reservoir. Das Blut wird durch den Gasaustauscher gepumpt, CO2 aus dem Blut entfernt und O2 zugesetzt. Das sauerstoff-reiche Blut wird dann in die Aorta bzw. die A. femoralis zurückbefördert. Bei normaler Körpertemperatur be-trägt der notwendige Flussindex 2,5–3,0 l/min/m2.

Monitoring

Kontrolliert werden während der extrakorporalen Zir-kulation Blutfluss, systemarterieller und -venöser Druck, Körpertemperatur, Urinausscheidung, Blutga-se, Elektrolyte, Blutzucker, Hämatokrit und Gerin-nungsparameter.

Auswirkungen

Der mechanische Transport durch Rollerpumpen und nicht endothelialen Oberflächen (Kunststoff) führt zu mehreren Veränderungen im Organismus:

Oxygenatormit integriertemWärmetauscher

ArteriellerFilter

Obere Hohlvene

Untere Hohlvene

Rollenpumpe

Gaseinlass (O2)WasserauslassGasauslass (CO2)Wassereinlass

. Abb. 5.1. Extrakorporaler Kreis-lauf: Das venöse Blut fließt von den Hohlvenen in ein Reservoir. Von hier wird es mit einer Roller- oder Zentri-fugalpumpe durch den Oxygenator, den Wärmetauscher und einen Filter zurück in die Aorta befördert

. Tab. 5.1. Herz-Lungen-Maschine (HLM)

OP ohne

HLM

OP mit HLM Eingriffe mit oder

ohne HLM

Persistie-render Ductus

Eingriffe am »offenen« Herzen

»Minimal-invasive« Koronarrevaskulari-sation

Aortenisth-musstenose

Eingriffe an der thorakalen Aorta

Herzverletzungen

Perikard-resektion

Koronarrevaskulari-sationHerztransplantation

Palliative Eingriffe

5.1 · Operationsverfahren und extrakorporale Zirkulation

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Kapitel 5 · Herzchirurgie162

5

4 Pathophysiologische Reaktion des Organismus:5 Hämolyse der Erythrozyten5 Kumulation von Fibrinpartikeln und Luft-

blasen5 Thrombozytopenie5 Aktivierung humoraler Systeme (Blutgerin-

nung, Renin-Angiotensin-System, Fibrinolyse, Komplementsystem etc. )

4 Klinische Reaktion des Organismus5 Temperaturanstieg5 Leukozytose5 Gesteigerte Kapillarpermeabilität5 Sekundäre Organfunktionsstörungen (Lunge,

Niere, Gehirn, Darm)

Alle Effekte hängen von der Dauer der extrakorporalen Zirkulation ab. Besonders stark reagieren Säuglinge, Kleinkinder und ältere Menschen.

5.1.3 Myokardprotektion

Summe der Maßnahmen, die den Herzmuskel vor einer dauerhaften Schädigung während der extrakorporalen Zirkulation bewahren.

Technik

4 Perfusion der Koronararterien nach dem Abklem-men der Aorta mit einer 4–10 °C kalten, kaliumrei-chen Lösung (Kardioplegie)

4 Absenken der Myokardtemperatur auf 10–14 °C durch eine systemische Hypothermie und durch äußere Kühlung mit Eiswasser

4 Reduktion der Stoffwechselprozesse zur Erhöhung der Ischämietoleranz (max. 2 h)

Reperfusionsphase

4 Koronarperfusion mit Blut führt zu einer soforti-gen Wiedererwärmung des Myokards und zur Nor-malisierung der intra- und extrazellulären Kalium-konzentration.

4 Reparationsvorgänge im Myokard während der Re-perfusionsphase

4 Schrittweise Entwöhnung von der extrakorporalen Zirkulation

5.1.4 Assistierte Zirkulation

Mechanische Unterstützungssysteme zur temporären Aufrechterhaltung der Herz-Kreislauffunktion

Indikation

Potenziell reversibles Myokardversagen nach akutem kardiogenen Schock (Myokardinfarkt), postoperatives Versagen (Low-output-Syndrom) nach Operation am Herzen

Prinzip

Bridging to recovery. Die mechanische Unterstützung verringert die Herzarbeit und stellt den Kreislauf sicher, bis sich die Myokardfunktion erholt hat.

Bridging to transplant. Längerfristiger Einsatz einer me-chanischen Kreislaufunterstützung bei irreversiblem My-okardversagen überbrückt die Zeit zur Transplantation.

Verfahren

Intraaortale Gegenpulsation (IABP). Bei ausreichender Restfunktion des Herzens anwendbar. Ein aufblasbarer

. Abb. 5.2a–c. Prinzip der intraaortalen Gegenpulsation (IABP)

Aorten-druckkurve

Koronar-flußlinkeKoronar-arterie

mmHg120

ml / min80

0

20

40

60

100

80

60

Systole Diastole

diastolischeAugmentation

systolischeDruckentlastung

Leistenband

a b

c

intraaortaleBallonpumpe

(IABP)

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5163

Ballon in der thorakalen Aorta descendens erhöht die Koronardurchblutung durch eine diastolische Drucker-höhung und die Verminderung der Herzarbeit durch Reduktion der Nachlast. Die Entwöhnung erfolgt nach einigen Tagen (. Abb. 5.2a–c).

Pumpenunterstützung. Auch bei völligem Erliegen der Herzfunktion einsetzbar. Das Blut wird aus dem Vorhof oder dem Ventrikel in die Pumpe geleitet und von dort in die Aorta (Linksherzbypass) bzw. in die Pulmonalarterie (Rechtsherzbypass) zurückbefördert. Dadurch wird die Herzkammer kaum noch mit Blut gefüllt, die Vorlast sinkt und das Myokard wird voll-ständig entlastet.

Membranpumpen. Arbeiten mit Kompression der Membran durch Druckluft. Aufgrund der Größe wer-den sie außerhalb des Körpers getragen.

Druckplattenpumpen. Erzeugen den Druck durch elektrisch betriebene Kolben. Diese Pumpen können technisch klein und flach konstruiert werden, sodass sie sich besonders für eine Implantation und zur längeren Kreislaufunterstützung eignen (. Abb. 5.3).

Permanenter mechanischer Herzersatz (Kunstherz). Kein routinemäßiger klinischer Einsatz aufgrund tech-nischer Probleme.

5.2 Ischämische Herzerkrankung

5.2.1 Anatomie und Physiologie

Die Koronararterien sind die ersten Äste der Aorta. Die Koronarostien liegen im links- und rechtskoronaren Sinus valsalva unmittelbar oberhalb der Aortenklappe. Der linke Hauptstamm ist etwa 1 cm lang, bevor er sich in den R. interventricularis anterior (Vorderwand des linken Ventrikels und das Septum) und den R. circum-flexus (Lateral- und Hinterwand des linken Ventrikels) teilt. Die rechte Koronararterie versorgt den größten Teil des rechten Ventrikels.

Regulation der Koronardurchblutung

Die Koronardurchblutung erfolgt während der Diasto-le bei geschlossener Aortenklappe. Die Höhe des Koro-narflusses wird über den O2-Verbrauch des Myokards reguliert. Das Herz, das nur etwa 0,2 % des Gesamtkör-pergewichts ausmacht, verbraucht 4 % des gesamten Sauerstoffs.4 Der myokardiale O2-Verbrauch wird bestimmt

durch Vorlast, Nachlast, Kontraktilitätszustand und Herzfrequenz.

4 Die Koronardurchblutung wird bestimmt durch hämodynamische, neurovegetative, reflektorische und humorale Einflüsse.

> Eine Koronarinsuffizienz entsteht bei einem Missver-hältnis zwischen dem koronaren O2-Angebot und dem myokardialen O2-Bedarf.

5.2.2 Koronare Herzkrankheit

Definition. Arteriosklerotische Verengung der Koronar-arterien mit Einschränkung der KoronarreserveEpidemiologie. Häufigste Todesursache in den Indus-triestaaten der westlichen WeltPathogenese. Atheromatöse Plaques, die sich aus Cholesterol und Cholesterolestern mit einer fibrösen Hülle aus Kollagen- und glatten Muskelfasern zusam-mensetzen. Lokalisation hauptsächlich im Anfangsteil der großen Koronararterien und im Bereich von Ge-fäßabgängen.Risikofaktoren. Familiäre Belastung, Hyperlipidämie, arterielle Hypertonie, Nikotinabusus, Diabetes melli-tusSymptomatik. Angina pectoris, retrosternales Drü-cken, Ziehen, Brennen oder Stechen, ausstrahlend in die linke Schulter oder den linken Arm. Stabile Angina pectoris tritt regelmäßig bei einer bestimmten Belas-tung auf und bildet sich in Ruhe oder nach Gabe von Nitroglyzerin unmittelbar zurück. Bei der instabilen

. Abb. 5.3. Implantierbares Linksherzunterstützungssystem (Novacor 100)

5.2 · Ischämische Herzerkrankung

Page 4: Operationsverfahren und Extrakorporale Zirkulation ... · 161 5 5.1 Operationsverfahren und extrakorporale Zirkulation 5.1.1 O ffene und geschlossene Herzchirurgie Durch Verwendung

Kapitel 5 · Herzchirurgie164

5

Angina pectoris treten die Beschwerden unabhängig von körperlicher Belastung auf.Differenzialdiagnosen. Aortenvitien, Aneurysmen der intrathorakalen Gefäße, vegetativ-sympatikotone Stö-rungenDiagnostik. EKG mit ST-Streckensenkung unter Belas-tung oder vorübergehende ST-Streckenhebungen in Verbindung mit typischer Angina pectoris. Selektive Koronarangiographie Komplikation. Myokardinfarkt

> Beweisend für das Vorliegen einer koronaren Herzer-krankung ist nur die selektive Koronarangiographie.

5.2.3 Myokardinfarkt

Definition. Bei dieser schwerwiegenden Komplikation der KHK kommt es durch einen akuten Verschluss ei-ner Koronararterie zur Ischämie und zur lokalen Myo-kardnekrose.

> Anhand der Anzahl der betroffenen Koronararterien unterscheidet man eine koronare Ein-, Zwei- oder Dreigefäßerkrankung.

Ätiologie. Thrombus, der sich an der Stelle eines arteri-osklerotischen Plaques bildetDiagnostik. Anamnese, typische EKG-Veränderungen (ST-Hebungen, neu aufgetretene Q-Zacken), Verände-rung der Serumenzyme CK und CK-MB (Kreatinkinase-Isoenzym) sowie des Herzmuskelproteins Troponin TSymptomatik. Typisch ist die therapierefraktäre Angi-na pectoris, begleitet von LuftnotKomplikationen. Akut: Kammerwandruptur, Ventri-kelseptumdefekt (in 8–17 % der Fälle sofort tödlich, Abdichten der Ventrikelwand mit Filzstreifen), Papil-larmuskelruptur mit akuter Mitralklappeninsuffizienz (notfallmäßiger Klappenersatz erforderlich)Chronisch: Aneurysma des linken Ventrikels (entwi-ckelt sich im Bereich des infarzierten Myokardareals. Durch turbulente Strömungen und Stase des Blutes bil-den sich Thromben, die zu arteriellen Embolien führen können). Ischämische Kardiomyopathie (Einschrän-kung der Pumpfunktion des linken Ventrikels durch zunehmende Vernarbung)Prognose. 20 % der Patienten versterben innerhalb der ersten Minuten bis Stunden aufgrund von Kammer-flimmern (plötzlicher Herztod). Akute mechanische Komplikationen in 1–3 % (Notfalloperation).

Therapie

Die Therapieentscheidung hängt ab vom Verteilungs-muster der Koronarstenosen, der Herzfunktion, der

Symptomschwere, dem Ansprechen auf die medika-mentöse Therapie und extrakardialen Erkrankungen.

Verfahren

4 PTCA (perkutane transluminale koronare Angio-plastie) durch Stentimplantation

4 Operative Revaskularisation: Sternotomie am kar-dioplegisch stillgestellten Herzen. Bypass aus der V. saphena magna, A. thoracica interna (A. mam-maria interna) oder A. radialis. Arterielle Trans-plantate haben eine bessere Langzeitprognose (. Abb. 5.4).

4 Endarteriektomie: Ausschälen der atheromatösen Veränderung unter Mitnahme der Gefäßintima und -media

4 Ostiumplastik: Erweiterung des Koronarostiums in Form einer Ostiumplastik

Komplikationen

4 Verschlussrate der Venenbrücken: 2–4 % pro Jahr. Verschluss durch eine diffuse Intimahyperplasie mit Kalkeinlagerungen

. Abb. 5.4. a Verlauf der rechten und linken A. thoracica in-terna ca. 1–2 cm vom Rand des Sternums. b Venenbrücke mit proximalem Anschluss an die Aorta ascendens und distalem Anschluss an die rechte Koronararterie. Die A. thoracica inter-na entspringt aus der linken A. subclavia. Dieser proximale Anschluss bleibt wenn möglich erhalten. Distal ist das Gefäß mit dem R. interventricularis anterior anastomosiert

rechte und linkeA. thoracica interna

A. subclavia

Venen-brücke

rechteKoronararterie

Ramusinterventri-cularisanterior

linkeA. thoracicainternaa

b

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4 Verschlussrate der A. thoracica interna: 1 Jahr nach der Operation sind noch 95 % und nach 10 Jahren noch 85 % funktionsfähig

Prognose. Operationsletalität von 1–3 %. 10 Jahre nach der Operation müssen etwa 10–15 % der Patienten er-neut operiert werden. Langzeitüberlebensrate ungefähr 90 % nach 5 Jahren, 80 % nach 10 Jahren und 50–60 % nach 15 Jahren.

> Da die ischämische Herzerkrankung fortschreitet, sind die PTCA und die chirurgische Revaskularisation eine symptomatische und keine kausale Behandlung.

5.3 Erworbene Herzklappenfehler

Antatomie

Trikuspidalklappe. Besitzt ein anteriores, ein posterio-res und ein septales Segel

Mitralklappe. Besitzt ein großes anteriores (aortales) und ein kleineres posteriores (murales) Segel. Die Segel setzen an dem jeweiligen Anulus fibrosus an der Herz-basis an und treffen an den Kommissuren zusammen. Über die Chordae tendineae ist der freie Rand der Segel mit den Papillarmuskeln verbunden, wodurch ein Zu-rückschlagen der Segel in den Vorhof während der Ven-trikelkontraktion verhindert wird (. Tab. 5.2).

Aorten- und Pulmonalklappe. Zeichnen sich durch den halbmondförmigen Ansatz der drei Klappensegel an der Basis des Klappenrings aus

5.3.1 Aortenklappenfehler

Erworbene Aortenklappenstenose

Definition. Verengung der Öffnung der AortenklappeÄtiologie. Angeborene Fehlbildung (60 %) mit konse-kutiver Ausbildung einer Fibrose und später Verkal-kung, rheumatische Entzündung (15 %), Arterioskle-rose (25 %), Endokarditis (Streptokokken, Staphylo-kokken, Enterokokken)Pathophysiologie. Druckbelastung des linken Ventri-kels. Bei einer Öffnungsfläche < 1 cm2 ist der Ausfluss-widerstand des linken Ventrikels erhöht. Kompensa-torisch steigt der systolische linksventrikuläre Druck unter Ausbildung einer Herzmuskelhypertrophie mit erhöhtem Sauerstoffbedarf bei gleichzeitiger Vermin-derung der diastolischen Koronarperfusion (Folge: subendokardiale Infarkte, Rhythmusstörungen, Kam-merflimmern). Dadurch Anstieg der Herzfrequenz (Verkürzung der Systolendauer) und/oder des Herz-minutenvolumens, Anstieg des Kammerdrucks (Ab-flussbehinderung durch die Stenose) und relative peri-phere Minderperfusion. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zur Dekompensation und Dilatation des Herzens, zur pulmonalen Stauung und bis hin zum biventrikulären Herzversagen.Diagnostik. Niedriger Blutdruck mit kleiner Blutdruck-amplitude (Pulsus parvus et tardus). Raues Systolikum mit Punctum maximum im 2. ICR rechts parasternal mit Fortleitung in die Karotiden. Karotispulskurve (Hahnenkammphänomen). Im EKG Zeichen der Links-herzhypertrophie ggf. mit T-Negativierung in den Ab-leitungen V4–V6). Im Thoraxröntgenbild Herz links-betont mit poststenotischer Dilatation der Aorta ascen-dens und prominentem Aortenknopf (. Abb. 5.5). KoronarangiographieSymptomatik. Lange Zeit asymptomatisch, dann Mü-digkeit, Schwindelanfälle, Synkopen, Angina pectoris, RhythmusstörungenTherapie. Operation bei einem Druckgradienten > 50 mmHg zwischen linkem Ventrikel und Aorta as-cendens sowie bei symptomatischen Patienten

Erworbene Aortenklappeninsuffizienz

Schlussunfähigkeit der AortenklappeÄtiologie. Rheumatische Entzündung (Fibrose und Schrumpfung der Klappensegel), Dilatation des Aor-tenklappenringsPathophysiologie. Volumenbelastung des linken Vent-rikels führt durch den Frank-Starling-Mechanismus zur Erhöhung des Schlagvolumens und zur Dilatation der linken Kammer und zur kompensatorischen Hy-pertrophie. Die zunehmende Dilatation führt zur myo-kardialen Dekompensation.

. Tab. 5.2. Ätiologie und Pathomorphologie der Mitral-klappenfunktionsstörung

Ätiologie Pathomorphologie

Rheumatische Entzündung

Schrumpfung der Segel, der Chordae und Verschmelzung der Kommissuren

Akute Endokarditis Destruktion der Klappen-strukturen

Myxoide Degeneration Verdickung und Elongation der Segel, Sehnenfadenabriss

Bindegewebserkrankung (Marfan-Syndrom)

Elongation und Prolaps der Segel

Myokardinfarkt Papillarmuskelischämie oder-abriss

Angeborene Entwicklungsstörung

Fehlbildung

5.3 · Erworbene Herzklappenfehler

Page 6: Operationsverfahren und Extrakorporale Zirkulation ... · 161 5 5.1 Operationsverfahren und extrakorporale Zirkulation 5.1.1 O ffene und geschlossene Herzchirurgie Durch Verwendung

Kapitel 5 · Herzchirurgie166

5

. Abb. 5.6. Thorakotomien, die alternativ zur vollständigen medianen Sternotomie in der minimal-invasiven Herzchirur-gie durchgeführt werden: a Partielle Sternotomie in Form ei-nes »inversen L« und b eines »inversen T« zur Operation an der Aorta ascendens und c und d eines »l« bzw. eines »inversen C« zur Operation an der Mitralklappe, an der Trikuspidalklappe oder am Vorhofseptum. e Untere, partielle Sternotomie zur Revaskularisation der rechten Koronararterie (MIDCAB). f Rechtslaterale Minithoraktomie zur minimal-invasiven OP an der Mitralklappe oder der rechten Koronararterie (MIDCAB) und links-anterolaterale Minithoraktomie zur Revaskularisa-tion des R. interventricularis anterior der linken Koronararterie (MIDCAB)

a b

c d

e f

Symptomatik. Lange asymptomatisch, dann Unruhe, Schweißneigung, Herzklopfen, Schlaflosigkeit, puls-synchrones Dröhnen im Kopf, nächtliche Asthma-An-fälle, LinksherzversagenDiagnostik. Hohe Blutdruckamplitude bei niedri-gem distolischen Wert (Pulsus celer et altus), sicht-bare Pulsation der Karotiden. Diastolisches Des-crecendogeräusch über dem 2. ICR. Im EKG Linksherzhypertrophie und T-Negativierung. Im Röntgenthorax aortal konfiguriertes Herz mit vergrößertem linken Ventrikel und Vorhof (verstri-chene Herztaille). Herzecho, Herzkatheterunter-suchungTherapie. Operationsindikation bei eingeschränkter Belastbarkeit, bei asymptomatischen Patienten mit hochgradiger Insuffizienz und deutlich erhöhtem linksventrikulärem Volumen. Bei Patienten mit einer akuten Endokarditis besteht meist eine dringliche Operationsindikation innerhalb weniger Tage nach Diagnosestellung.

Operative Therapie der AortenklappenfehlerKlappenrekonstruktion

Aortenstenose. Nur in seltenen Fällen möglich (Archi-tektur der Klappe bereits zerstört), Kommissurotomie (scharfe Trennung verschmolzener Segel)

Aortenklappeninsuffizienz. Nur in seltenen Fällen möglich (Architektur der Klappe bereits zerstört), Re-

konstruktion durch Suspension der Segel oder Stabili-sierung des Klappenrings

Ballondilatation

Indikation in speziellen Fällen, hohe Komplikationsrate

Prothetischer Aortenklappenersatz

Indikation. In der Mehrzahl der Fälle bei Aortenklap-peninsuffizienz oder -stenose

Vorgehen. Operativer Zugang über eine vollständige oder partielle mediane Sternotomie (. Abb. 5.6). Eröff-nung der Aorta ascendens unter extrakorporaler Zirku-lation. Nach vollständiger Entfernung der verkalkten Segel der Aortenklappe wird die Aortenklappenprothe-se am Klappenring fixiert.

. Abb. 5.5. Aortal konfiguriertes Herz bei hochgradiger Aor-tenstenose (Institut für Radiologie, Direktor Dr. Martinoff, Deutsches Herzzentrum München)

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Prognose. Operationsletalität von 1–4 %. 1-Jahres-Überlebensrate von 90 %, 5-Jahres-Überlebensrate von 75 %, 10-Jahres-Überlebensrate von 60 %

5.3.2 Mitralklappenfehler

Erworbene Mitralklappenstenose

Definition. Verengung der Öffnung der MitralklappePathophysiologie. Die physiologische Öffnungsfläche der Mitralklappe beträgt 4–6 cm2. Bei einer Öffnungs-fläche < 2 cm2 entsteht ein transvalvulärer Druckgradi-ent, der bei weiterer Einengung auf < 1 cm2 auf Werte über 20 mmHg ansteigt (kritische Mitralstenose). Mit zunehmender Dilatation des linken Vorhofes kommt es zu chronischem Vorhofflimmern und der Vorhof ver-liert seine Transportfunktion. Im Endstadium kommt es zum konsekutiven Rechtsherzversagen und zum Lungenödem bei massiver linksatrialer Drucksteige-rung.Symptomatik. Dyspnoe (Leitsymptom), Husten, Hä-moptysen, arterielle Thromboembolien (in 10–20 %). Absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern (in 40 %)Diagnostik. Facies mitralis (rötlich-bläuliche Verfär-bung der Wangen), Zyanose und Halsvenenstauung. Paukender 1. Herzton und einen frühdiastolischen Mi-tralöffnungstonEKG: Rechtsherzhypertrophie und Vorhofflimmern Thoraxröntgen: Im seitlichen Strahlengang Vergrö-ßerung des linken Vorhofs und Verdrängung des Öso-phagus nach hinten. Im A.-p.-Strahlengang: Mitral-konfiguration des Herzens mit Vergrößerung des lin-ken Vorhofs und Erweiterung der A. pulmonalis. Horizontale Kerley-B-Linien in den Unterfeldern als Zeichen der Lungenstauung Echokardiographie: verdickte und eingeschränkt be-wegliche KlappensegelHerzkatheteruntersuchung: manometrische Bestim-mung der Druck- und Widerstandswerte vor einer OperationTherapie. Symptomatische Patienten sollten (früh) operiert werden, da ohne Operation die Gefahr der Thromboembolien besteht. Häufiger Rekonstruktio-nen als Klappenersatz.

Erworbene Mitralklappeninsuffizienz

Definition. Schlussunfähigkeit der MitralklappePathophysiologie. Während der Systole zusätzliche Vo-lumenbelastung des linken Vorhofs (Regurgitationsvo-lumen) mit Dilatation der linken Herzkammer ein-schließlich des Mitralklappenringes. Lungenödem durch den erhöhten Druck in der Lungenstrombahn. Akutes Lungenödem bei akuter Mitralklappeninsuffi-

zienz ohne vorherige Adaptationsmöglichkeit (lebens-bedrohlich)Symptomatik. Ähnlich wie bei der Mitralkalppenste-nose. Lange asymptomatisch. Dyspnoe, Herzklopfen, nächtliche HustenanfälleDiagnostik. Auskultation: leiser 1. Herzton und ein systolisches Decrescendogeräusch mit Punctum maxi-mum über der Herzspitze und Fortleitung in die linke AxillaEKG: Linksherzhypertrophie und das P-mitrale füh-rend. Häufig besteht Vorhofflimmern.Rö-Thorax: Herzschatten mitralkonfiguriert (. Abb. 5.7), bei akuter Mitralklappeninsuffizienz Zeichen der pulmonalen StauungDopplerechokardiographie oder TEE: direkte Dar-stellung der MitralinsuffizienzTherapie. Operation bei mittel- bis schwergradiger Insuffizienz und symptomatischen Patienten. Eine akute Mitralklappeninsuffizienz ist ein Notfall und wird durch einen Klappenersatz unmittelbar nach der Diagnosestellung operiert (. Abb. 5.8 und 5.9).

Operative Therapie der Mitralklappe

4 Primär klappenerhaltende Rekonstruktion, dadurch 5 Keine Nachteile von mechanischen Prothesen5 Halteapparat der Klappen (Papillarmuskeln

und Chordae) bleibt erhalten (wichtig für Geo-metrie und Funktion des linken Ventrikels)

4 Nur wenn eine Rekonstruktion der Klappe nicht möglich ist, wird ein Mitralklappenersatz durchge-führt.

4 Operativer Zugang über eine mediane Sternoto-mie, eine rechts-anterolaterale Thorakotomie (oder minimal-invasiv)

4 Anschluss der Herz-Lungen-Maschine an die Fe-moralgefäße

Mitralklappenrekonstruktion

Mitralklappenstenose. Offene Mitralklappenkommis-surotomie. Die verschmolzenen Kommissuren werden mit einem Skalpell getrennt. Durch Flüssigkeitsinjekti-on in den linken Ventrikel wird die Dichtigkeit der Klappe intraoperativ überprüft.

Mitralklappeninsuffizienz. Dilatation des Klappenrin-ges mit zentraler Schließunfähigkeit des Segels: Anul-orhaphie und Implantation einer Ringprothese

Mitralklappenprolaps (Zurückschlagen der Segel).

Verkürzung der elongierten Chordae oder Verkleine-rung der elongierten Chordae

Rupturierter Papillarmuskel. Naht oder Klappenersatz

5.3 · Erworbene Herzklappenfehler

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Kapitel 5 · Herzchirurgie168

5

Prognose

Mitralklappenrekonstruktion. Ergebnisse sind exzel-lent. Die Überlebensrate der Patienten beträgt 94 % nach 5 Jahren und 84 % nach 10 Jahren. Bei etwa 20 % der Patienten muss innerhalb von 10 Jahren und bei 50 % innerhalb von 20 Jahren ein sekundärer Klappen-ersatz durchgeführt werden.

Mitralklappenersatz. Überlebensrate ist niedriger als nach Mitralklappenrekonstruktion und beträgt etwa 82 % nach einem Jahr, 68 % nach 5 Jahren und 55 % nach 10 Jahren. Die ungünstigere Überlebens-rate nach Klappenersatz ist durch das spätere Er-krankungsstadium, durch das höhere Alter der Patienten mit ischämischer Herzkrankheit und/oder die eingeschränkte linksventrikuläre Funktion be-dingt.

5.3.3 Trikuspidalklappenfehler

Definition. Selten isoliert. Meist in Kombination mit einer MitalklappenschädigungÄtiologie. Trikuspidalstenose auf dem Boden einer rheumatischen Klappenentzündung, Trikuspidalklap-peninsuffizienz infolge einer Vergrößerung des rechten Ventrikels bei pulmonaler Druckerhöhung (z.B. nach akuter Endokarditis bei Z.n. i.v. Drogenabusus)

. Abb. 5.8. a Mitralinsuffizienz aufgrund einer Segelelonga-tion, mit konsekutivem Abriss der zentralen Sehnenflächen des posterioren Segels. b Der zentrale Anteil des posterioren Segels wird reseziert und die Resektionsränder unter Verkür-zung des Klappenrings wieder adaptiert. c Die Rekonstruktion wird durch Implantation einer Ringprothese vervollständigt (Anulorhaphie)

a b

c

Anteriores Segel

PosterioresSegel

. Abb. 5.7. Dekompensiertes Mitralvitium mit deutlicher Kardiomegalie. a Die a.-p.-Röntgenaufnahme zeigt den pro-minenten linken Vorhofschatten und das Pulmonalsegment sowie zentrale Stauungszeichen. b Die seitliche Aufnahme

zeigt die Kompression des Ösophagus durch den massiv ver-größerten linken Vorhof. (Mit freundlicher Genehmigung von Direktor Dr. Martinoff, Institut für Radiologie, Deutsches Herz-zentrum München)

a b

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Pathophysiologie. Anstieg des rechtsatrialen Drucks mit Einflussstauung des rechten VentrikelsSymptomatik. Klinik ähnlich wie bei Mitralvitium (Lungenentzündung mit septischen Lungenembolien, gestauten Halsvenen, hohem Fieber und positiven Blut-kulturen), prominenter Jugularvenenpuls, vergrößerte Leber mit systolischen Pulsationen, Aszites und peri-phere Ödeme bei TrikuspidalklappenelcharchitisDiagnostik. Geräusch des Mitralvitiums, das sich inspi-ratorisch verstärkt, Echokardiographie, Herzkatheteri-sierung (Sicherung der Diagnose)Therapie. Klappenrekonstruktion fast immer möglich (Anuloraphie nach De Vega . Abb. 5.10) oder Ring-

prothese. Bei infektiöser Endokarditis werden die be-fallenen Segelanteile reseziert und Defekte mit auto-logem Perikard ersetzt. Klappenersatz als Ultima Ratio (Verletzung des Reizleitungssystems mit AV-Block III. Grades in 5 %).

5.3.4 Herzklappenprothesen

Mechanische Herzklappenprothesen

4 Zweiflügelklappen: zwei kleine, halbmondförmige Deckel sind in Gelenkmulden des Klappenrings gelagert (. Abb. 5.11)

Die Klappenkonstruktion gewährleistet einen zentra-len, laminaren Fluss bei einer großen, effektiven Öff-nungsfläche. Öffnen und Schließen der Klappen erfolgt aufgrund der systolisch/diastolischen Druckunter-schiede.Vorteile. Kaum noch Verschleißerscheinungen, prak-tisch unbegrenzte Haltbarkeit, nur geringe Hämo-lyse Komplikationen. Alle mechanischen Klappen wirken thrombogen (lebenslange Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten: Quick 20–30 % oder INR von 2,0–3,0). Die Thromboembolierate liegt trotz Antikoagulation für die mechanischen Prothesen bei 0,8–2 % pro Pa-tient und Jahr. Blutungskomplikationen treten unter Antikoagulation mit einer Häufigkeit von 0,1–1,8 % pro Patient und Jahr auf (korreliert mit dem Alter der Patienten).

Xenogene Herzklappen

Auf einen Rahmen montiertes Schweine-Aortenklap-pengewebe, das mit gepuffertem Glutaraldehyd kon-serviert ist (vermindert die antigene Potenz des xeno-genen Gewebes und stabilisiert das kollagene Faserge-rüst). Immunologische Wirkung ausgeschlossen. Keine Antikoagulation erforderlich.Indikation. Aufgrund der limitierten Lebensdauer be-vorzugt bei älteren Patienten (> 60 Jahre) oder vorüber-gehend bei Kinderwunsch. Keine Marcumargabe erfor-derlich!Prognose. Begrenzte Haltbarkeit durch Degeneration und Verkalkung (10–15 Jahre)

Allogene Herzklappen (Homografts)

Stammen von Leichen, denen sie bis zu 48 h nach dem Tod entnommen werden. Anschließend Kryokonser-vierung, damit die Endothelzellen vital bleiben (–40°C und –196°C) oder Aufbewahrung für bis zu 4 Wochen in Antibiotikanährlösungsgemischen bei 4 °C Lage-rung in Homograft-Bank.

. Abb. 5.9. Intraoperativer Situs bei Mitralklappenersatz. Das Perikard ist eröffnet, die Herz-Lungen-Maschine ist ange-schlossen, das Herz befindet sich im kardioplegischen Still-stand, der linke Vorhof ist eröffnet und der obere Rand wird mit einem Haken hochgehalten. Die mechanische Mitralklap-penprothese wird an einzelnen, durch den Klappenring ge-legten Fäden in den linken Vorhof verlagert

a b

. Abb. 5.10. Anulorhaphie nach De Vega: a Eine zweifache Nahtreihe wird im Anulus des anterioren und posterioren Se-gels parallel zueinander ein- und ausgestochen. b Durch An-ziehen der Nähte wird der Klappenring wie bei einem »dop-pelten Tabaksbeutel« gerafft

5.3 · Erworbene Herzklappenfehler

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Kapitel 5 · Herzchirurgie170

5

Indikation. Überwiegend zur Korrektur angeborener HerzfehlbildungenPrognose. Gewebedegeneration abhängig von der Dauer der Implantation sowie vom Alter des Patienten

5.4 Kongenitale Herz- und thorakale Gefäßfehler

Definition. Angeborene Fehlbildungen am Herz- und Gefäßsystem als intra- oder extrakardiale Kurzschluss-verbindung oder in Form von Klappen- oder Gefäß-anomalienEpidemiologie. 0,8–1 % aller lebend geborenen Kinder. Mit 50 % die größte Gruppe aller angeborenen Fehlbil-dungenÄtiologie. Störung der embryonalen Entwicklung im ersten Trimenon der Schwangerschaft durch virale und bakterielle Infektionen, teratogene Substanzen, ionisie-rende Strahlen, metabolische Erkrankungen und gene-tische AnomalienEinteilung.

4 Herz- und Gefäßfehler ohne Kurzschlussverbin-dung (Shunt) zwischen den Kreisläufen

4 Herz- und Gefäßfehler mit Links-rechts-Shunt: Kurzschlussverbindung entsprechend dem Druck-

gefälle von der linken Herzkammer in die rechte Herzkammer

4 Herz- und Gefäßfehler mit Kurzschlussverbindun-gen und mit Rechts-links-Shunt: Bei einem Aus-flusswiderstand im rechten Vorhof oder der rech-ten Herzkammer kann der Druck über den des linken Herzens ansteigen. Dann strömt das Blut von »rechts nach links« unter Ausbildung einer zentralen Zyanose.

Symptomatik. Kritische Herzfehler manifestieren sich bereits im 1. Lebensmonat. Leitsymptome sind die Zyanose und das Herzgeräusch. Ein Kind, das nicht eines dieser Leitsymptome zeigt, leidet nicht an einer angeborenen Herz- und Gefäßfehlbildung.4 Bei Zyanose steht die Hypoxie mit Polyglobulie und

zentralen Embolien im Vordergrund. 4 Ohne Zyanose, aber mit Links-rechts-Shunt steht

die Vaskulopathie der Lungengefäße im Vorder-grund.

4 Ohne Zyanose und ohne Shunt kommt es im Be-reich des linken Herzens zur pulmonalen Stauung mit Lungenödem und Rechts- und Linksherzinsuf-fizienz.

. Abb. 5.11. a Mechanische Doppelflügelprothese (St. Jude Medical). b Mechanische Kippscheibenprothese (Medtronic Hall). c Biologische Schweineklappe auf Gerüst montiert (Medtronic »Hancock«). d Biologischer Xenograft (Schwein) zum Ersatz der Aortenwurzel (Medtronic »Freestyle«)

a

c

b d

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5.4 · Kongenitale Herz- und thorakale Gefäßfehler5171

Zyanose

Eine Zyanose ist der »sichtbare Teil« einer Hypo-xämie.4 Zentrale Zyanose: Das Blut ist bereits in der

Aorta ungenügend gesättigt. Rotbläuliche bis tiefblaue Verfärbung von Haut und Schleim-häuten, v.a. von Lippen, Zunge, Mundschleim-haut, Ohren und Nagelbett

4 Periphere Zyanose: durch erhöhte O2-Aus-schöpfung des Blutes bei unzureichender Perfusion. Mehr rötlich-livide Farbe an den Fingerendgliedern, Ohren, Wangen und Lippen

Therapie. Normalisierung der Blutströmung. Der Lun-genkreislauf sollte entsprechend der normalen Hämo-dynamik dem Systemkreislauf vorgeschaltet sein. An-gestrebt wird immer eine anatomische Korrektur zu einem möglichst frühen Zeitpunkt. Ist dies nicht durchführbar, muss eine funktionelle Korrektur durch-geführt werden. Außerdem können Herzfehler nicht immer primär korrigiert werden, weil beispielsweise die Größe des Herzens oder der Gefäße nicht ausreicht. Dann erfolgt als Vorbereitung eine palliative Operati-on, deren Ziel in der Regel in einer Verbesserung der Lungendurchblutung besteht. Derartige Palliativein-griffe sind:4 Shunt-Operationen zur Verbesserung der Lungen-

durchblutung (. Abb. 5.12a–d)4 Banding zur Drosselung des Blutdurchflusses der

Pulmonalarterie (bei Links-rechts-Shunt mit ver-mehrter Lungendurchblutung)

4 Ballon-Atrioseptostomie nach Rashkind bei Trans-position der großen Gefäße (Vergrößerung des Shunts im Bereich des Vorhofes durch Ballondila-tation)

Prognose

Ohne chirurgische Therapie eingeschränkte Lebenser-wartung

> Übersteigt der Lungengefäßwiderstand denjenigen im Systemkreislauf, kommt es aufgrund des dann hö-heren Druckes in der rechten Herzkammer zur Um-kehr der Shunt-Richtung von rechts nach links mit der Folge einer Hypoxämie und zentralen Zyanose (Ei-

senmenger-Reaktion). In diesem Zustand ist der Herzfehler nicht mehr korrigierbar!

5.4.1 Kongenitale Herz- und thorakale Gefäßfehler ohne Kurzschluss

Obstruktion des rechtsventrikulären AusflusstraktsPulmonalstenose

Definition. Man unterscheidet eine valvuläre, eine supra valvuläre und eine subvalvuläre Form der Pulmo-nalstenose. Häufigste Form ist die isolierte valvuläre Stenose mit verschmolzenen Klappensegeln und Ver-kleinerung der Öffnungsfläche.Epidemiologie. Häufigkeit von 8–10 % aller kar-diovaskulären Fehlbildungen. In etwa 20 % der Fälle ist die Pulmonalklappe bikuspid angelegt und in 10–15 % liegt eine Klappendysplasie vor. In 70 % tritt eine poststenotische Dilatation der Pulmonalarte-rien auf.Pathophysiologie. Der Anstieg des rechtsventrikulären Druckes führt zu einer Kammerwandhypertrophie des rechten Ventrikels und zumAnstieg des zentralvenösen Drucks (ZVD). Die zunehmende Dilatation führt zur Erweiterung des Trikuspidalklappenringes mit der Fol-ge einer Trikuspidalinsuffizienz.Symptomatik. Von Symptomfreiheit bis zur Stauungs-herzinsuffizienz. Bei kritischer Stenose kann sich eine

a b c d

. Abb. 5.12. Palliativoperationen bei angeborenen Herz- und Gefäßfehlern: a Blalock-Taussing-Shunt (re. Subklavia – re. Pulmonalarterie). b Modifizierter Blalock-Taussing-Shunt (wie

a, aber mit Interposition einer Rohrprothese). c Zentraler aor-topulmonaler Shunt. d Bändelung des Pulmonalarterien-stamms