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* WOMEN OF IMPACT IST EINE ONLINE-COMMUNITY VON NATIONAL GEOGRAPHIC, IN DER FRAUEN VON IHREN ERFAHRUNGEN BERICHTEN. MEHR AUF ON.NATGEO.COM/WOMENOFIMPACT. FOTOS: BERND VON JUTRCZENKA/DPA/PICTURE-ALLIANCE (WULF), ERIKA LARSEN (PELOSI); ILLUSTRATION: LAUREN TAMAKI; ÜBERSETZUNG: SABINE SCHMIDT „KRAFT UND EINE GEWISSE BESCHEIDENHEIT.“ CHRISTIANE AMANPOUR, FERNSEHJOURNALISTIN „Kraft und eine gewisse Bescheidenheit, also das Gegenteil von Arroganz. Ich will nicht von den Äußerlichkeiten des Erfolgs abgelenkt werden und bleibe lieber mit beiden Beinen fest auf der Erde.“ 30 % der 30- bis 34-jährigen Frauen in Deutschland hatten 2017 einen Hochschulabschluss. Verglichen mit deren Müttergeneration, den 60- bis 64-Jährigen, hat sich der Anteil der Akademikerinnen verdoppelt. Widerstandsfähigkeit. Ich bin queer und wurde deshalb körperlich angegriffen. Aber was dich nicht umbringt, macht dich stärker: Diese Kraft nutze ich für meine Arbeit in der Wildnis. DIE FOTOGRAFIN LEBT AUF DER FRANZÖSI- SCHEN INSEL RÉUNION IM INDISCHEN OZEAN UND IST MITGLIED VON WOMEN OF IMPACT*. Ganz klar: Es ist die Verbundenheit mit anderen. Ich habe viele Menschen interviewt, die entsetzliche Dinge getan haben – Ver- gewaltiger und Mörder etwa. Aber ich kann mich in ihre jeweilige Situation hineinfühlen und auf Augenhöhe mit ihnen sprechen. Das ist eine meiner Stärken: Ich verstehe, wie es jemandem in einem bestimmten Augenblick geht, und konzentriere mich weniger auf das, was denjenigen definiert. Hätte ich als Kind die Liebe, Aufmerksamkeit und familiäre Nähe erfahren, die ich für meine Entwicklung damals zu brauchen glaubte, dann besäße ich diese Stärke heute nicht. Mein Bedürfnis, andere zu verstehen, rührt wahrscheinlich aus meiner eigenen Einsamkeit und dem Wunsch, nicht bloß verstanden zu werden, sondern zu wissen, dass andere Menschen meine Gefühle teilen. DIE WELTBEKANNTE MODERATORIN GRÜNDETE EIN MÄDCHENINTERNAT IN DER NÄHE VON JOHANNESBURG IN SÜDAFRIKA. DIE SCHÜLERINNEN DORT NENNEN SIE „MUM O“. OPRAH WINFREY DIANE RAINARD Ich bin diszipliniert und kann hart arbeiten – das halten manche für Stärke. Aber meine wahre Stärke ist meine Fähigkeit, mich an kleinen Dingen zu freuen. Auch wenn ich traurig oder verzweifelt bin, schöpfe ich durch vermeintlich unwich- tige Dinge wieder Kraft: eine gute Tasse Kaffee, ein Vogel, der vor meinem Fenster zwitschert, ein Zugschaffner, der mir gut gelaunt einen schönen Tag wünscht. Ich war eine junge alleinerziehende Mutter mit wenig Geld, und diese Augenblicke der Freude retteten mich. So ist es noch immer: Die kleinen Geschenke des Alltags machen mich stark, und ich versuche, anderen etwas davon zurück- zugeben. Es geht nicht darum, tough zu sein – sondern offen zu bleiben dafür, Freude zu empfinden, auch wenn es mir schlecht geht. DIE HISTORIKERIN WUCHS IN DEUTSCH- LAND AUF UND LEBT SEIT GUT 20 JAHREN IN LONDON. SIE WURDE BEKANNT MIT DEM BESTSELLER „ALEXAN- DER VON HUMBOLDT UND DIE ERFINDUNG DER NATUR“. ANDREA WULF „ICH GEBE NICHT AUF.“ DIE POLITIKERIN NANCY PELOSI SITZT FÜR DIE DEMOKRATISCHE PARTEI IM US-KONGRESS. SIE WURDE ANFANG 2019 ZUM ZWEITEN MAL ZUR SPRECHERIN DES REPRÄSENTANTENHAUSES GEWÄHLT UND IST DIE ERSTE FRAU IN DIESER EINFLUSSREICHEN POSITION. „Manche nennen mich tough. Ich denke: Nein, das ist das falsche Wort. Ich bin stark, ich habe Kraft. Die nährt sich aus meinen Zielen, meinem Wissen, meinem strategischen Denken, und das gibt mir eine gewisse Sicherheit. Ich glaube, manche erkennen, dass ich nicht aus Schwäche aufgebe – gute Argu- mente können mich zum Nachgeben bewegen.“ Vielleicht meine Beharrlichkeit. Wenn ich eine Idee habe, gebe ich sie nicht auf. Ich habe Erfolg nie im Sinn von Geld oder Anerkennung verstan- den. Er hat eher damit zu tun, ob ich auf meine wissenschaft- liche Arbeit stolz sein kann und die richtige Entscheidung für mein Leben getroffen habe. Ich traue mir und meinen Fähigkeiten immer. Wenn ich mir etwas vornehme, arbeite ich daran, bis ich es im Rahmen meiner Möglichkeiten erreicht habe. Und im Laufe meiner Karriere habe ich mich immer mit Menschen umgeben, die kein Blatt vor den Mund nehmen und das Beste für mich wollen. DIE ARBEIT DER BIOCHEMIKERIN TRUG ZUR ENTWICKLUNG DER CRISPR/CAS9- METHODE BEI, MIT DER SICH GENE VERÄNDERN LASSEN. MIT FÜNF TOREN IN EINEM SPIEL BRACHTE DIE FUSSBALLERIN DAS US-TEAM 2019 AUF DEN WEG ZUR WELTMEISTERSCHAFT. JENNIFER DOUDNA ALEX MORGAN Was ist Ihre größte Stärke? 112 NATIONAL GEOGRAPHIC 113

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* WOMEN OF IMPACT IST EINE ONLINE-COMMUNITY VON NATIONAL GEOGRAPHIC, IN DER FRAUEN VON IHREN ERFAHRUNGEN BERICHTEN. MEHR AUF ON.NATGEO.COM/WOMENOFIMPACT.

FOTOS: BERND VON JUTRCZENKA/DPA/PICTURE-ALLIANCE (WULF), ERIKA LARSEN (PELOSI); ILLUSTRATION: LAUREN TAMAKI; ÜBERSETZUNG: SABINE SCHMIDT

„ K R A F TUND EINE GEWISSE

B E S C H E I D E N H E I T.“ C H R I S T I A N E A M A N P O U R , F E R N S E H J O U R N A L I S T I N

„Kraft und eine gewisse Bescheidenheit, also das Gegenteil von Arroganz. Ich will nicht von den

Äußerlichkeiten des Erfolgs abgelenkt werden und bleibe lieber mit beiden Beinen fest auf der Erde.“

30 %der 30- bis

34-jäh rigen Frauen in Deutschland hatten

2017 einen Hochschulabschluss. Verglichen mit deren

Müttergeneration, den 60- bis

64-Jährigen, hat sich der Anteil der

Akademikerinnen verdoppelt.

Widerstandsfähigkeit. Ich bin queer und

wurde deshalb körperlich an ge griffen.

Aber was dich nicht umbringt, macht dich

stärker: Diese Kraft nutze ich für meine

Arbeit in der Wildnis.

D I E F O T O G R A F I N L E B T AU F D E R F R A N Z Ö S I -

S C H E N I N S E L R É U N I O N I M I N D I S C H E N O Z E A N

U N D I S T M I T G L I E D VO N WO M E N O F I M PA C T * .

Ganz klar: Es ist die Verbundenheit mit

anderen. Ich habe viele Menschen interviewt, die ent setzliche Dinge

getan haben – Ver­gewaltiger und Mörder

etwa. Aber ich kann mich in ihre jeweilige Situation hineinfühlen und auf Augenhöhe mit ihnen sprechen. Das ist eine meiner

Stärken: Ich verstehe, wie es jemandem in einem bestimmten

Augenblick geht, und konzentriere mich

weniger auf das, was denjenigen definiert. Hätte ich als Kind die

Liebe, Aufmerksamkeit und familiäre Nähe erfahren, die ich für meine Entwicklung damals zu brauchen

glaubte, dann besäße ich diese Stärke heute nicht. Mein Bedürfnis, andere zu verstehen, rührt wahrscheinlich aus meiner eigenen Einsamkeit und dem Wunsch, nicht bloß

verstanden zu werden, sondern zu wissen, dass

andere Menschen meine Gefühle teilen.

D I E W E LT B E K A N N T E M O D E R AT O R I N G R Ü N D E T E E I N

M Ä D C H E N I N T E R N AT I N D E R N Ä H E VO N

J O H A N N E S B U R G I N S Ü D A F R I K A . D I E

S C H Ü L E R I N N E N D O R T N E N N E N S I E „ M U M O “.

OPRAH WINFREY

DIANE RAINARD

Ich bin diszipliniert und kann hart arbeiten 

– das halten manche für Stärke. Aber meine

wahre Stärke ist meine Fähigkeit, mich an kleinen Dingen zu

freuen. Auch wenn ich traurig oder verzweifelt bin, schöpfe ich durch vermeintlich unwich­

tige Dinge wieder Kraft: eine gute Tasse Kaffee, ein Vogel, der vor meinem Fenster

zwitschert, ein Zugschaffner, der mir

gut gelaunt einen schönen Tag wünscht.

Ich war eine junge alleinerziehende

Mutter mit wenig Geld, und diese Augenblicke

der Freude retteten mich. So ist es noch immer: Die kleinen

Geschenke des Alltags machen mich stark, und ich versuche, anderen etwas davon zurück­

zugeben. Es geht nicht darum, tough zu

sein – sondern offen zu bleiben dafür, Freude

zu empfinden, auch wenn es mir

schlecht geht.

D I E H I S T O R I K E R I N W U C H S I N D E U T S C H -L A N D AU F U N D L E B T S E I T G U T 2 0 JA H R E N

I N L O N D O N. S I E W U R D E B E K A N N T M I T D E M

B E S T S E L L E R „ A L E X A N -D E R VO N H U M B O L D T U N D D I E E R F I N D U N G

D E R N AT U R“.

ANDREA WULF „ I C H G E B E

NICHT A U F. “

D I E P O L I T I K E R I N N A N C Y P E L O S I S I T Z T F Ü R D I E

D E M O K R AT I S C H E PA R T E I I M U S - K O N G R E S S . S I E W U R D E

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D E S R E P R Ä S E N TA N T E N H A U S E S G E WÄ H LT U N D I S T D I E

E R S T E F R A U I N D I E S E R E I N F L U S S R E I C H E N P O S I T I O N .

„Manche nennen mich tough. Ich denke: Nein, das ist das falsche Wort. Ich bin stark, ich habe Kraft. Die nährt sich aus meinen Zielen, meinem Wissen,

meinem strategischen Denken, und das gibt mir eine gewisse Sicherheit. Ich glaube, manche erkennen, dass ich nicht aus Schwäche aufgebe – gute Argu-mente können mich zum Nachgeben bewegen.“

Vielleicht meine Beharrlichkeit. Wenn ich eine Idee habe,

gebe ich sie nicht auf. Ich habe Erfolg nie im

Sinn von Geld oder Anerkennung verstan­den. Er hat eher damit

zu tun, ob ich auf meine wissenschaft­

liche Arbeit stolz sein kann und die richtige

Entscheidung für mein Leben getroffen habe.

Ich traue mir und meinen Fähigkeiten immer. Wenn ich mir

etwas vornehme, arbeite ich daran, bis

ich es im Rahmen meiner Möglichkeiten erreicht habe. Und im Laufe meiner Karriere habe ich mich immer

mit Menschen umgeben, die kein Blatt vor den Mund

nehmen und das Beste für mich wollen.

D I E A R B E I T D E R B I O C H E M I K E R I N T R U G

Z U R E N T W I C K L U N G D E R C R I S P R /C A S 9 - M E T H O D E B E I , M I T

D E R S I C H G E N E V E R Ä N D E R N L A S S E N.

M I T F Ü N F T O R E N I N E I N E M S P I E L B R A C H T E

D I E F U S S B A L L E R I N D A S U S - T E A M 2 0 1 9 AU F

D E N W E G Z U R W E LT M E I S T E R S C H A F T.

JENNIFER DOUDNA

ALEX MORGAN

Was ist Ihre größte Stärke?

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