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Organisatorische Verankerung von Revenue-Management-Systemen –
Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
DISSERTATION
der Universität St. Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften
sowie Internationale Beziehungen (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Matthias Franz Hodel
von
Buttisholz (Luzern)
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Thomas Bieger
und
Prof. Dr. Sven Reinecke
Dissertation Nr. 3900
Druckerei Zentrum der Universität Zürich 2011
Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Internationale Beziehungen (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen.
St. Gallen, den 13. Mai 2011
Der Rektor:
Prof. Dr. Thomas Bieger
Vorwort
Revenue Management als Ansatz zur umsatzmaximalen Auslastung verfügbarer
Kapazitäten ist aus vielen Dienstleistungsindustrien heute nicht mehr wegzudenken.
Doch die organisatorische Verankerung eines Revenue-Management-Systems stellt für
Unternehmen eine grosse Herausforderung dar. Diese Arbeit widmet sich einem
zentralen Aspekt der organisatorischen Verankerung, der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb. Ziel ist es, konkrete Handlungsanweisungen zur
Ausgestaltung dieser organisationalen Schnittstelle zu entwickeln.
Zahlreiche Personen haben mich während meiner Dissertationszeit massgeblich
unterstützt. Ihnen möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich danken.
Zunächst bedanke ich mich bei meinem Referenten, Prof. Dr. Thomas Bieger, der mich
mit inhaltlicher und methodischer Kompetenz und sehr viel Weitsicht durch diesen
Prozess begleitete. Ebenso bedanke ich mich bei Prof. Dr. Sven Reinecke für die
Übernahme des Koreferats und die zahlreichen konstruktiven Anregungen.
Stellvertretend für die grosszügige Unterstützung meiner Dissertation durch die Firma
Roland Berger bedanke ich mich bei Matthias Hanke für die inhaltlichen Anregungen
und bei Christian Krys für die Koordination des Doktorandenprogrammes.
Besonderer Dank gebührt meinem Promotionskollegen Stephan Reinhold. Stephan, mit
Deinem kritischen Geist und Deiner schnellen Auffassungsgabe hast Du massgeblich
zum Erfolg meines Dissertationsvorhabens beigetragen. Es liegt mir viel daran, dass wir
auch nach Abschluss unserer gemeinsamen Zeit in St. Gallen in engem Kontakt bleiben.
Weiter bedanke ich mich bei den beiden "Methodenpäpstinnen" Linda und Carina, Gesa,
Christoph sowie den Teilnehmern am Doktorandencamp von Roland Berger für die
inhaltlichen und methodischen Anregungen sowie für das sorgfältige Korrekturlesen.
Ganz besonders bedanke ich mich bei meiner Freundin Yolanda für das Verständnis und
den Rückhalt während dieser intensiven Zeit. Yolanda, Deine Unterstützung bedeutet mir
sehr viel. Ohne Dich würde ich heute nicht da stehen, wo ich bin.
Schliesslich danke ich meinen Eltern für die bedingungslose Unterstützung, die sie mir
auf meinem bisherigen Lebensweg haben zukommen lassen. Ihnen ist diese Arbeit
gewidmet.
St. Gallen, im Mai 2011 Matthias Franz Hodel
Inhaltsverzeichnis I
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ..................................................................................................................... 1
1.1 Ausgangslage und Problemstellung ...................................................................... 1
1.2 Aktueller Stand der Forschung ............................................................................. 3
1.2.1 Aktuelle Forschungsergebnisse zum Revenue Management ........................... 3
1.2.2 Aktuelle Forschungsergebnisse zu organisationalen Schnittstellen .................. 8
1.3 Ziele dieser Arbeit ............................................................................................... 21
1.3.1 Forschungsobjekt und Forschungsgegenstand ................................................ 21
1.3.2 Forschungsleitende Fragestellung ................................................................... 23
1.3.3 Erkenntnisziel .................................................................................................. 23
1.4 Theoretische und praktische Motivation der Arbeit ........................................... 25
1.4.1 Theoretische Relevanz ..................................................................................... 25
1.4.2 Praktische Relevanz ......................................................................................... 26
1.5 Forschungsansatz, Forschungsmethodik und Struktur der Arbeit ...................... 28
1.5.1 Forschungsansatz und Forschungsparadigma ................................................. 28
1.5.2 Forschungsprozess und methodisches Vorgehen ............................................ 31
1.5.3 Aufbau der Dissertation ................................................................................... 32
2 Theoretische Grundlagen: Revenue-Management- und Organisationsforschung ..... 35
2.1 Grundlagen des Revenue Management ............................................................... 35
2.1.1 Begriffsdefinitionen ......................................................................................... 35
2.1.2 Rückblick auf Entstehung und Entwicklung des Revenue Management ........ 38
2.1.3 Revenue Management in der heutigen Dienstleistungspraxis ......................... 39
2.2 Grundlagen der Organisationsforschung ............................................................ 40
2.3 Theoretische Fundierung des Forschungsprojekts .............................................. 45
2.3.1 Theoretisches Fundament der Schnittstellenmerkmale ................................... 45
2.3.2 Theoretische Fundierungen zentraler Analysen zu organisationalen
Schnittstellen .............................................................................................................. 54
II Inhaltsverzeichnis
3 Praktische Grundlagen: Management von Dienstleistungsunternehmen .................. 57
3.1 Einführung: Besonderheiten von Dienstleistungen ............................................ 57
3.1.1 Phasen in der Dienstleistungserbringung ........................................................ 57
3.1.2 Charakteristische Eigenschaften von Dienstleistungen ................................... 60
3.2 Unterschiedliche Geschäfts- und Vertriebsmodelle ............................................ 63
3.3 Voraussetzungen für die Existenz der adressierten Schnittstelle ........................ 68
4 Modellspezifikation ................................................................................................... 70
4.1 Grundzüge der Modell- und Hypothesenbildung ............................................... 70
4.2 Merkmale der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb ....... 71
4.2.1 Strukturelle Aspekte ........................................................................................ 72
4.2.2 Verhaltensnormen ............................................................................................ 76
4.2.3 Machtverhältnisse ............................................................................................ 78
4.2.4 Mitarbeiterbezogene Aspekte .......................................................................... 79
4.3 Kontextfaktoren................................................................................................... 80
4.3.1 Marktpositionierung ........................................................................................ 81
4.3.2 Automatisierungsgrad ...................................................................................... 81
4.3.3 Spezialisierungsgrad der Revenue-Manager ................................................... 82
4.3.4 Motivationssystem ........................................................................................... 82
4.3.5 Unternehmensgrösse ........................................................................................ 83
4.3.6 Technische Unterstützung von Innovationen .................................................. 83
4.3.7 Erfahrung mit Revenue Management .............................................................. 84
4.3.8 Wettbewerbsumfeld ......................................................................................... 84
4.3.9 Möglichkeit zum Kapazitätsmanagement ....................................................... 84
4.4 Performance-Grössen .......................................................................................... 85
4.5 Zusammenfassung der Modellspezifikation und Hypothesenbildung ................ 89
5 Empirisch konzeptionelle Grundlagen: umfrage- und fallstudienbasierte Forschung
91
5.1 Quantitative Forschung mit einer standardisierten Umfrage .............................. 91
Inhaltsverzeichnis III
5.1.1 Grundzüge der umfragebasierten Forschung ................................................... 91
5.1.2 Vorgehen bei der Fragebogenentwicklung ...................................................... 95
5.1.3 Strukturierung und Administration der Datenerhebung .................................. 98
5.1.4 Vorgehen und Herausforderungen bei der Datenauswertung ....................... 101
5.2 Qualitative Forschung mithilfe von Fallstudien ............................................... 103
5.2.1 Grundzüge der Forschung mithilfe von Fallstudien ...................................... 103
5.2.2 Vorgehen bei der Datenerhebung .................................................................. 106
5.2.3 Inhaltliche Struktur der Fallstudien ............................................................... 107
5.2.4 Vorgehen bei der Datenauswertung .............................................................. 107
6 Forschungsergebnisse .............................................................................................. 109
6.1 Quantitative Ergebnisse .................................................................................... 109
6.1.1 Übersicht der Schnittstellenkategorien .......................................................... 109
6.1.2 Analyse der Performance-Wirkung der Schnittstellenkategorien ................. 119
6.1.3 Zusammenfassung ......................................................................................... 136
6.2 Ergebnisse Fallstudie Firma A .......................................................................... 137
6.2.1 Kurzprofil Firma A ........................................................................................ 138
6.2.2 Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb............................ 139
6.2.3 Charakterisierung der Schnittstelle gemäss Analyseraster ............................ 141
6.2.4 Vor- und Nachteile dieser Aufgabenteilung .................................................. 146
6.2.5 Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten .......................................... 148
6.2.6 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungsmöglichkeiten 154
6.2.7 Schlussfolgerungen ........................................................................................ 156
6.3 Ergebnisse Fallstudie Firma B .......................................................................... 156
6.3.1 Kurzprofil Firma B ........................................................................................ 156
6.3.2 Interaktionen zwischen Revenue Management und Vertrieb ........................ 158
6.3.3 Charakterisierung der Schnittstelle gemäss Analyseraster ............................ 162
6.3.4 Vor- und Nachteile dieser Aufgabenteilung .................................................. 166
6.3.5 Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten .......................................... 169
IV Inhaltsverzeichnis
6.3.6 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungsmöglichkeiten 171
6.3.7 Schlussfolgerungen ........................................................................................ 173
6.4 Ergebnisse Fallstudie Firma C .......................................................................... 174
6.4.1 Kurzprofil Firma C ........................................................................................ 174
6.4.2 Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb............................ 175
6.4.3 Charakterisierung der Schnittstelle gemäss Analyseraster ............................ 178
6.4.4 Vor- und Nachteile dieser Aufgabenteilung .................................................. 183
6.4.5 Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten .......................................... 186
6.4.6 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungsmöglichkeiten 188
6.4.7 Schlussfolgerungen ........................................................................................ 190
6.5 Ergebnisse Fallstudie Firma D .......................................................................... 190
6.5.1 Kurzprofil Firma D ........................................................................................ 190
6.5.2 Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb............................ 192
6.5.3 Charakterisierung der Schnittstelle gemäss Analyseraster ............................ 195
6.5.4 Vor- und Nachteile dieser Aufgabenteilung .................................................. 198
6.5.5 Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten ......................................... 200
6.5.6 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungsmöglichkeiten 202
6.6 Aggregation der Fallstudien .............................................................................. 203
6.6.1 Vergleich der Schnittstellenmerkmale ........................................................... 204
6.6.2 Gemeinsame Verbesserungspotenziale ......................................................... 217
6.6.3 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungspotenziale ...... 225
6.6.4 Zusammenfassung ......................................................................................... 233
7 Schlussbetrachtung .................................................................................................. 235
7.1 Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse ........................................... 235
7.2 Implikationen für Wissenschaft und Praxis ...................................................... 237
7.2.1 Implikationen für die wissenschaftliche Forschung ...................................... 237
7.2.2 Implikationen für die unternehmerische Praxis ............................................. 239
7.3 Limitierungen und weitergehender Forschungsbedarf ..................................... 242
Inhaltsverzeichnis V
7.3.1 Limitierungen im Untersuchungsfokus ......................................................... 242
7.3.2 Limitierungen bei den empirischen Daten ..................................................... 244
7.3.3 Limitierungen und weitergehender Forschungsbedarf: Übersicht ................ 245
A. 1 Details zu Preisbeispielen (Kapitel 1.1) ............................................................ 247
A. 2 Übersicht Gesprächspartner explorative Vorstudie .......................................... 248
A. 3 Interviewleitfaden explorative Vorstudie .......................................................... 249
A. 4 Übersicht Gesprächspartner Verifikation Modellspezifikation ........................ 251
A. 5 Interviewleitfaden Verifikation Modellspezifikation ....................................... 252
A. 6 Literaturreview Schnittstellencharakteristika ................................................... 256
A. 7 Fragebogen des umfragebasierten Forschungsteils .......................................... 258
A. 8 Legende zu den Dimensionen der Schnittstellenmerkmale und Performance-
Grössen 267
A. 9 Legende zu den Kontextfakoren ....................................................................... 268
A. 10 Durchschnittswerte sämtlicher Kategorien ....................................................... 269
A. 11 Reliabilität der Schnittstellenmerkmale ............................................................ 270
A. 12 Literaturverzeichnis .......................................................................................... 271
VI Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Strömungen der aktuellen Revenue-Management-Forschung .................... 5
Abbildung 2: Organisationale Schnittstellen der Literaturübersicht ................................. 8
Abbildung 3: Erkenntnisziele dieser Arbeit .................................................................... 24
Abbildung 4: Forschungsprozess und -methodik ............................................................ 32
Abbildung 5: Aufbau der Dissertation ............................................................................. 34
Abbildung 6: Entwicklung der Organisationsforschung ................................................. 43
Abbildung 7: Untersuchungsperspektiven der Organisationsforschung ......................... 44
Abbildung 8: Ursachen und Typen von Transaktionskosten .......................................... 47
Abbildung 9: Theoretische Fundierung dieser Arbeit ..................................................... 53
Abbildung 10: Phasen des Dienstleistungsprozesses ...................................................... 58
Abbildung 11: Eigenschaften von Dienstleistungen ....................................................... 60
Abbildung 12: Typen von Dienstleistungen .................................................................... 63
Abbildung 13: Vertriebssysteme für Dienstleistungen .................................................... 65
Abbildung 14: Übersicht Schnittstellenmerkmale ........................................................... 71
Abbildung 15: Detailübersicht strukturelle Aspekte ....................................................... 72
Abbildung 16: Detailübersicht Verhaltensnormen .......................................................... 76
Abbildung 17: Detailübersicht mitarbeiterbezogene Aspekte ......................................... 79
Abbildung 18: Performance-Grössen .............................................................................. 89
Abbildung 19: Gesamtübersicht Modellspezifikation ..................................................... 90
Abbildung 20: Ausprägungen umfragebasierter Forschung ............................................ 92
Abbildung 21: Struktur des Fragebogens ........................................................................ 98
Abbildung 22: Umfrageadministration .......................................................................... 100
Abbildung 23: Administrative Details Umfrage ........................................................... 100
Abbildung 24: Struktur der eingegangenen Antworten ................................................. 101
Abbildung 25: Mögliche Schnittstellenausprägungen ................................................... 109
Abbildung 26: Verteilung der Unternehmen auf die Kategorien .................................. 110
Abbildung 27: Profil Kategorie 1 "Vertrieb dominiert" ................................................ 111
Abbildung 28: Profil Kategorie 2 "Revenue Management dominiert" ......................... 114
Abbildung 29: Profil Kategorie 3 "Institutionalisierte Zusammenarbeit" ..................... 116
Abbildung 30: Profil Kategorie 4 "Fliessendes Gleichgewicht" ................................... 118
Abbildung 31: Verteilung der Schätzfehler Regressionsmodell 6.1 ............................. 124
Abbildung 32: Verteilung der Schätzfehler Regressionsmodell 6.2 ............................. 128
Abbildungsverzeichnis VII
Abbildung 33: Verteilung der Schätzfehler Regressionsmodell 6.3 ............................. 131
Abbildung 34: Zusammenfassung der quantitativen Ergebnisse .................................. 136
Abbildung 35: Kapitelübersicht qualitativer Forschungsteil ......................................... 137
Abbildung 36: Interaktionen zwischen Capacity Management, Market Management und
Vertrieb .................................................................................................. 140
Abbildung 37: Verbesserungspotenziale Firma A ........................................................ 153
Abbildung 38: Interaktionen zwischen Produkt-Management, Yield Management und
Vertrieb .................................................................................................. 160
Abbildung 39: Verbesserungspotenziale Firma B ......................................................... 171
Abbildung 40: Verbesserungspotenziale Firma C ......................................................... 188
Abbildung 41: Verbesserungspotenziale Firma D ........................................................ 202
Abbildung 42: Vergleich der Schnittstellenmerkmale .................................................. 216
Abbildung 43: Ausgleich des Machtverhältnisses zwischen den Funktionsbereichen . 218
Abbildung 44: Zielkonflikt beim Informationsaustausch zwischen Revenue Management
und Vertrieb ........................................................................................... 221
Abbildung 45: Zusammenfassung der Verbesserungs- und Entwicklungspotenziale .. 225
Abbildung 46: Konzept zur Implementierung von strategischen Initiativen ................ 227
Abbildung 47: Übersicht Erfolgsfaktoren der Implementierung ................................... 233
Abbildung 48: Übersicht Schnittstellenmerkmale ......................................................... 240
Abbildung 49: Zusammenfassung weitergehenden Forschungsbedarfs ....................... 246
VIII Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Literaturübersicht deskriptive Revenue-Management-Forschung ................... 8
Tabelle 2: Literaturübersicht Schnittstelle Marketing – andere Hauptfunktionen .......... 13
Tabelle 3: Literaturübersicht Schnittstelle Marketing – Vertrieb .................................... 16
Tabelle 4: Literaturübersicht interorganisationale Schnittstellen .................................... 21
Tabelle 5: Beispiele von Modellspezifikationen organisatorischer Schnittstellen mit
expliziter theoretischer Fundierung ................................................................ 54
Tabelle 6: Beispiele von Modellspezifikationen organisationaler Schnittstellen ohne
explizite theoretische Fundierung ................................................................... 56
Tabelle 7: Quellen zur Operationalisierung der Schnittstellenmerkmale ........................ 97
Tabelle 8: Regeln zur Kategorisierung .......................................................................... 102
Tabelle 9: Deskriptive Analyse Fehlerterm Regressionsmodell 6.1 ............................. 122
Tabelle 10: Kollinearitätsstatistik Regressionsmodell 6.1 ............................................ 123
Tabelle 11: Parameter Schätzwerte Regressionsmodell 6.1 .......................................... 125
Tabelle 12: Deskriptive Analyse Fehlerterm Regressionsmodell 6.2 ........................... 127
Tabelle 13: Parameter Schätzwerte Regressionsmodell 6.2 .......................................... 129
Tabelle 14: Deskriptive Analyse Fehlerterm Regressionsmodell 6.3 ........................... 130
Tabelle 15: Parameter Schätzwerte Regressionsmodell 6.3 .......................................... 131
Tabelle 16: Teststärken der Regressionsmodelle .......................................................... 134
Tabelle 17: Teststatistik indirekte Effekte ..................................................................... 135
Tabelle 18: Details zu den Preis- und Mengenbeispielen ............................................. 247
Tabelle 19: Übersicht Gesprächspartner explorative Vorstudie .................................... 248
Tabelle 20: Gesamtübersicht Modellspezifikationen (Teil 1) ....................................... 256
Tabelle 21: Gesamtübersicht Modellspezifikationen (Teil 2) ....................................... 257
Tabelle 22: Dimensionen der Schnittstellenmerkmale und Performance-Grössen ....... 267
Tabelle 23: Legende zu den Kontextfaktoren ................................................................ 268
Tabelle 24: Durchschnittswerte der Kategorien ............................................................ 269
Tabelle 25: Reliabilitätsmasse der Schnittstellenmerkmale .......................................... 270
Abkürzungsverzeichnis IX
Abkürzungsverzeichnis
Anz. Anzahl
B2B Business-to-Business (Handel mit Waren/Dienstleistungen
zwischen Firmen)
CHF Schweizer Franken
CRM Customer Relationship Management
d. h. das heisst
EDV elektronische Datenverarbeitung
EUR Euro
f. folgende Seite
ff. folgende Seiten
F&E Forschung und Entwicklung
GDS Global Distribution System
ggf. gegebenenfalls
i. d. R. in der Regel
i. S. im Sinne
LCC Low-Cost Carrier
MA Mitarbeiter
m. a. W. mit anderen Worten
NWC Netzwerk-Carrier (Airline mit klassischem Geschäftsmodell)
o. Ä. oder Ähnliches
OEM Original Equipment Manufacturer
O&D Origin and Destination
resp. respektive
RM Revenue Management
RMS Revenue-Management-System
X Abkürzungsverzeichnis
S. Seite
sog. sogenannt/sogenannte
SPSS Statistical Product and Service Solutions
u. a. unter anderem
usw. und so weiter
vgl. vergleiche
VIF Variance Inflation Factor
vs. versus
zit. zitiert
z. B. zum Beispiel
Zusammenfassung XI
Inhaltsangabe
Die als Revenue Management bezeichnete Praxis, ein fixes Kapazitätsangebot über die
laufende Anpassung von Preis und aktuell verfügbarer Kapazität umsatzmaximal
auszulasten, erfreut sich steigender Beliebtheit. Immer mehr Dienstleistungsunternehmen
gehen dazu über, ihre Leistung nicht mehr allen Kunden zum gleichen Preis anzubieten,
sondern je nach Zielkundengruppe andere Preise zu verlangen.
Die Einführung eines Revenue Management Systems bedeutet für viele Firmen eine
erhebliche Veränderung der etablierten Geschäftslogik. Eine konsistente organisatorische
Verankerung ist daher eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg von Revenue
Management Systemen. Dabei stellt die Schnittstelle zwischen Revenue Management
und Vertrieb eine grosse Herausforderung dar. Diese Arbeit untersucht diese
organisationale Schnittstelle und erarbeitet konkrete Handlungsanweisungen für eine
erfolgreiche organisatorische Verankerung von Revenue Management Systemen.
Zunächst wird ein Modell der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
erarbeitet. Vier Kategorien von Schnittstellenmerkmalen werden unterschieden: (1)
strukturelle Aspekte, (2) Verhaltensnormen, (3) Machtverhältnisse und (4)
mitarbeiterbezogene Aspekte. Ausgehend von diesem Modell werden mithilfe einer
empirischen Untersuchung typische Ausprägungen der organisationalen Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb identifiziert und hinsichtlich spezifischer
Performance-Kriterien untersucht. Dabei kann gezeigt werden, dass sowohl ein
ausgeglichenes Machtverhältnis zwischen den beiden Abteilungen als auch ein
konsensorientiertes Konfliktverhalten eine positive Wirkung auf die Qualität der
Zusammenarbeit zwischen den beiden Abteilungen und damit auch auf die Revenue-
Management- und die Vertriebsperformance haben.
Ausgehend von vier qualitativen Fallstudien werden diese Ergebnisse verifiziert und
ergänzt. Es werden konkrete Massnahmen entwickelt, die die Ausprägung von einseitig
dominierten Machtverhältnissen verhindern, resp. bestehende Ungleichgewichte
abbauen. Als weitere grosse Herausforderung im Management der Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb wird der Aspekt des Informationsaustausches
identifiziert. Konkret sehen sich die Unternehmen mit einem Zielkonflikt zwischen
laufender Aktualität und Informationsüberflutung konfrontiert. Schliesslich wird gezeigt,
dass der zeitliche Fokus der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und
Vertrieb ausgeweitet werden sollte.
XII Summary
Summary
Revenue management, an approach to continuously adapt prices to actual demand levels
with the goal of maximizing revenues for a fixed capacity offering, is applied in a
growing number of industries. Especially service companies are trying to price their
offering in line with their customers' willingness to pay, by applying different prices to
different customer segments.
The introduction of a revenue management system often constitutes a significant change
to the established business model of a company. Therefore, a thorough organizational
implementation of revenue management systems is vital for a sustainable success of
revenue management. The interface between revenue management and sales is a key
challenge for the organizational implementation of revenue management systems. Within
this thesis, behavioral guidelines for the cooperation between these two departments are
developed on the basis of a theoretical model and empirical observations.
First, a theoretical model of the interface between revenue management and sales is
developed, consisting of four groups of attributes: (1) structural aspects, (2) behavioral
norms, (3) power distribution and (4) employee related aspects. On the basis of this
model, typical representations of the organizational interface in question are defined and
empirically tested with regards to specific performance criteria. It can be shown that a
balanced power distribution as well as a consensus-oriented conflict behavior positively
impact the quality of the cooperation between revenue management and sales.
Based on four case studies, these findings are subsequently verified and complemented.
Detailed measures are derived how to avoid the emergence of one-sided power
distribution. A further key challenge in the cooperation of revenue management and sales
is the management of information flows. Companies face a dilemma between up-to-date
information and an unnecessary information overflow. Specific measures are developed
how to approach this trade-off. Finally, it is shown that companies should aim to widen
the temporal focus of the cooperation between revenue management and sales to
increasingly include long term aspects in their considerations.
Finally, the identified levers for improvement are being discussed with regards to their
successful implementation.
Einleitung 1
1 Einleitung
Dieses einführende Kapitel dient dazu, die praktische Ausgangslage und die damit
verbundene Problemstellung zu erläutern, um anschliessend das Forschungsprojekt zu
motivieren. Zu diesem Zweck wird zunächst die in dieser Dissertation adressierte
Problemstellung präsentiert. In einem nächsten Schritt werden wichtige Grundlagen des
Revenue Management erläutert. Anschliessend wird der aktuelle Stand relevanter
Forschungsbereiche dokumentiert. Darauf aufbauend werden die eigentliche
Forschungsfrage, das zugehörige Forschungsfeld und die damit einhergehenden
Erkenntnisziele vorgestellt und hinsichtlich theoretischer und praktischer Relevanz
analysiert. Abschliessend werden die Forschungsmethodik sowie die Struktur dieser
Arbeit präsentiert.
1.1 Ausgangslage und Problemstellung
Weshalb verkauft das Theater Basel Plätze für 19 resp. 26 CHF an Studierende1? Wie ist
es möglich, dass eine Woche Pauschalurlaub im 4-Sterne-all-inclusive-Resort auf Ibiza
inklusive Charterflug nur 271 EUR kostet? Warum bietet eine Fluggesellschaft einen
Flug von Hamburg nach Venedig und zurück für 49 EUR an? Weshalb kann dieselbe
Fluggesellschaft für dieselbe Strecke an einem anderen Datum mit 476 EUR beinahe den
10-fachen Preis verlangen? Ausgangspunkt für die Beantwortung all dieser Fragen ist das
Prinzip des Revenue Management.
Die meisten Dienstleistungsanbieter sehen sich mit dem Umstand konfrontiert, dass sie
ihr Kapazitätsangebot nicht flexibel an die bestehende Nachfrage anpassen können. Ein
Airbus A320 der Swiss International Airlines hat je nach Business-Class-Anteil 136-168
Sitzplätze, unabhängig davon, wie viele Passagiere auf einem bestimmten Flug sind. Der
grosse Saal im Theater Basel bietet Platz für 1000 Zuschauer, unabhängig davon, wie
viele Personen sich eine Vorstellung anschauen. Das Hotel Cala Llenya Club auf Ibiza
verfügt über 70 Zimmer, unabhängig davon, wie viele Gäste in einer Nacht in dem Hotel
übernachten.
1 Details zu sämtlichen Preisbeispielen im Anhang.
2 Einleitung
Der Grossteil der Kosten eines Dienstleistungsanbieters sind Kapazitätskosten. Der
Aufwand, einen zusätzlichen Passagier, Zuschauer oder Hotelgast zu bedienen, ist relativ
zu den Kapazitätskosten sehr gering. Man akzeptiert also lieber für einen geringeren
Preis einen zusätzlichen Kunden, als dass die Kapazitätseinheit unbenutzt bleibt und ihr
Wert somit verfällt. Gleichzeitig ist mit der beschränkten Kapazität auch die Zahl der
Kunden nach oben hin begrenzt. Es ist leicht nachvollziehbar, dass ein
Dienstleistungsanbieter es vorzieht, die verbleibenden Kapazitätseinheiten eher an
Kunden mit hoher Zahlungsbereitschaft zu verkaufen als an solche mit geringer
Zahlungsbereitschaft. Geht bei einem Dienstleistungsanbieter eine Anfrage für eine
bestimmte Anzahl Kapazitätseinheiten ein, befindet sich dieser demnach stets in einer
Zwickmühle. Gewährt er dem Interessenten die nachgefragte Kapazität, verzichtet er auf
die Möglichkeit, diese Kapazitätseinheiten zu einem späteren Zeitpunkt an Interessenten
mit höherer Zahlungsbereitschaft teurer zu verkaufen. Verzichtet er jedoch darauf, dem
Interessenten die Kapazitätseinheiten zum aktuellen Preis zu verkaufen, riskiert er, dass
diese Kapazitätseinheiten ungenutzt bleiben und verfallen. Mit dem Revenue
Management verfügen Dienstleister über ein Werkzeug, um mit diesem Dilemma
umzugehen. Bieger (2007, S. 285 ff.) unterscheidet drei grundsätzliche Revenue-
Management-Mechanismen: (1) die Preisdifferenzierung nach Marktsegment resp.
Kundenkategorie mit dem Ziel, Konsumentenrente abzuschöpfen, (2) die
Preisdifferenzierung nach Konsumzeit, um eine möglichst regelmässige Auslastung zu
erreichen, und (3) die Preisdifferenzierung nach Buchungszeit, um das angestrebte
Buchungsziel zu erreichen. Je nach Industrie kommen diese Mechanismen isoliert oder
in Kombination zum Einsatz.
Für ein Unternehmen bedeutet die Einführung eines Revenue-Management-Systems eine
erhebliche Veränderung der etablierten Geschäftslogik. War man bis anhin bestrebt,
möglichst jeden potenziellen Kunden in einen Käufer zu verwandeln, werden gemäss der
Revenue-Management-Philosophie bestimmte Kapazitätsreserven für mögliche
Interessenten mit höherer Zahlungsbereitschaft reserviert. Dies hat weitreichende
Auswirkungen auf verschiedene Tätigkeitsprofile im Unternehmen (vgl. Okumus, 2004).
Im Rahmen einer explorativen Voruntersuchung zu dieser Arbeit mit Experten aus der
Luftfahrt- und Tourismusindustrie konnte eruiert werden, dass die Veränderung den
Vertrieb besonders stark betrifft.2 Durch die Einführung eines Revenue-Management-
2 Eine Übersicht der Gesprächspartner befindet sich im Anhang A. 2.
Einleitung 3
Systems verlagert sich ein bedeutender Teil der Ergebnisverantwortung vom Vertrieb
zum Revenue Management. Milla und Shoemaker (2008, S. 114) bestätigen bei ihrer
Untersuchung wichtiger Entwicklungsfelder im Bereich des Hotel-Revenue-
Managements dass sich die Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb
meist sehr kontrovers gestaltet. Fellner, Kallesen, Ruggiero und Yuen (2006, S. 120)
kommen mit Blick auf die Airline-Industrie zu einer analogen Schlussfolgerung. Die
Autoren begründen diesen Konflikt dadurch, dass die operativen Zielsetzungen dieser
beiden Abteilungen in direkter Konkurrenz zueinander stehen. Gleichzeitig müssen diese
beiden Abteilungen in der Marktbearbeitung effizient zusammenarbeiten, damit ein
erfolgreiches Revenue Management überhaupt erst möglich ist. Dementsprechend
kommt der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb hinsichtlich der
Erfolgswahrscheinlichkeit des Revenue-Management-Systems sehr grosse Bedeutung zu.
Die konkrete Ausgestaltung dieser Schnittstelle wurde bis anhin jedoch noch nicht
wissenschaftlich untersucht. Es besteht also ein konkreter Forschungsbedarf bezüglich
der Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen Revenue Management und dem Vertrieb.
1.2 Aktueller Stand der Forschung
Für dieses Forschungsprojekt sind zwei unterschiedliche Forschungsströme von
besonders grosser Relevanz. Zum einen ist es erforderlich, ein Verständnis der aktuellen
wissenschaftlichen Diskussion im Bereich des Revenue Management zu entwickeln. Der
Fokus liegt hier entsprechend der oben ausgeführten Problemstellung auf
Forschungsbeiträgen, die sich mit der Einführung und der organisatorischen
Verankerung von Revenue-Management-Systemen auseinandersetzen. Zum anderen sind
wissenschaftliche Arbeiten über organisationale Schnittstellen für diese Arbeit von
grossem Interesse. Hierbei werden sowohl Analysen zu intraorganisationalen
Schnittstellen als auch solche zu interorganisationalen Schnittstellen berücksichtigt.
1.2.1 Aktuelle Forschungsergebnisse zum Revenue Management
Die Revenue-Management-Forschung hat ihren Ursprung in den frühen siebziger Jahren.
Den eigentlichen Grundstein für das Revenue Management als eigenständige
Forschungsrichtung legte Belobaba (1987; 1989), der in seinen Beiträgen die
verschiedenen wissenschaftlichen Vorstösse zum ersten Mal systematisch
zusammenfasste (vgl. u. a. Ng, 2007, S. 527 f.; Talluri und van Ryzin, 1998, S. 1578,
2004a, S. 15). Die durch Belobaba begründete Forschungsrichtung wird dem
4 Einleitung
Forschungsfeld der Operations Research zugerechnet. Sie widmete sich anfänglich
ausschliesslich dem Problem der Kapazitätsplanung und -allokation bei gegebenen
Preisen und gegebener, stochastischer und heterogener Nachfrage. Das Ziel dieses
Vorgehens bestand darin, durch geschickte Verteilung der verfügbaren Kapazität eine
möglichst hohe Kapazitätsauslastung zu erreichen. Weatherford (1997) schlug erstmals
ein Modell zur Integration des Preises als endogene Variable in den Optimierungsprozess
vor. Doch trotz der Berücksichtigung des Preises als weitere Aktionsvariable konnte
weiteres Optimierungspotenzial identifiziert werden. Erkenntnisse aus der
Marketingforschung zeigten nämlich deutlich auf, dass die exogene, stochastische
Nachfrage eine zu starke Vereinfachung darstellt. Es ist zum Beispiel davon auszugehen,
dass Preisstrategie und Revenue Management eines Anbieters und seiner Konkurrenten
einen Einfluss auf das Nachfrageverhalten der Kunden ausüben. Aktuelle Publikationen
schlagen dementsprechend eine neue Kategorie von Revenue-Management-Modellen
vor, welche die Nachfrage in Abhängigkeit vom Anbieterverhalten darstellt (vgl. u.a.
Talluri und van Ryzin, 2004a, sowie Fleischmann, Hall und Pyke, 2004). Revenue
Management entwickelt sich dadurch von einer ausschliesslichen Operations-Research-
Perspektive immer mehr hin zu einem multidisziplinären Forschungsgebiet. Ng (2007, S.
526) hält denn auch fest, dass eine starke Divergenz besteht zwischen den Forschern, die
sich mit individuellem Kundenverhalten auseinandersetzen, und den "klassischen"
Revenue-Management-Wissenschaftlern, die von einer stochastischen, heterogenen
Nachfrage ausgehen.
Doch nicht nur die Integration neuer Wissenschaftsdisziplinen hat zur steigenden
Komplexität der Revenue-Management-Forschung beigetragen, sondern auch
Veränderungen in der Umwelt der Dienstleistungsunternehmen. Insbesondere die
Verbreitung des Internets hat den Revenue-Managern neue Möglichkeiten eröffnet (vgl.
Elmaghraby und Keskinocak, 2003). Dank des Internets stehen den Revenue-Managern
umfangreiche Daten über Nachfrage- und Wettbewerberverhalten zur Verfügung, die in
den Optimierungsprozess miteinbezogen werden können. Hinzu kommt, dass dank der
stetig steigenden EDV-Rechenleistung die Revenue-Management-Systeme immer
umfangreichere Optimierungsprobleme lösen können. Diesen Entwicklungen muss auch
die Revenue-Management-Forschung gerecht werden.
Die Weiterentwicklung des Revenue Management im Rahmen der Forschung wird also
zum einen durch wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt und zum anderen durch
Umweltveränderungen angetrieben. Kimes (2003) teilt die aktuelle Revenue-
Einleitung 5
Management-Forschung in drei Strömungen – (1) Bestandskontrolle, (2) Preiskontrolle
sowie (3) deskriptive Revenue Management Forschung. Abbildung 1 stellt die drei
Forschungsrichtungen in einer Übersicht dar.
Abbildung 1: Strömungen der aktuellen Revenue-Management-Forschung Quelle: eigene Darstellung nach Kimes (2003) sowie Ng (2007).
Die Forschung im Bereich des Bestandsmanagements untersucht das optimale Verhalten
der Angebotsseite. Ziel dabei ist die umsatzmaximale Allokation der verfügbaren
Kapazität auf sämtliche Nachfrager. Diese Forschungsrichtung verfolgt also weiterhin
die Fragestellungen, derer sich die Revenue-Management-Forschung seit ihrer
Einführung in den achtziger Jahren angenommen hat, und ist der Wissenschaftsdisziplin
der Operations Research zuzuordnen. Die Preisstruktur wird hier zumeist nicht als
Aktionsvariable betrachtet, sondern gilt als exogen vorgegeben. Des Weiteren geht das
Bestandsmanagement von einer exogenen, stochastischen und heterogenen Nachfrage
aus – das Verhalten des betrachteten Anbieters hat also weder kurz- noch langfristige
Auswirkungen auf die Nachfragestruktur. Die Forschung zum Preismanagement widmet
sich demgegenüber der Untersuchung der Nachfrageseite. Dies beinhaltet sowohl die
Untersuchung der Nachfragestruktur hinsichtlich möglicher Kundensegmente als auch
die Analyse des Kundenverhaltens. Die Revenue-Management-Forschung zum
Preismanagement ist thematisch der Marketing-Disziplin zuzuordnen. Die Preisstruktur
ist hier eine Aktionsvariable und das Kundenverhalten wird als endogene Grösse
betrachtet. Veränderungen der Preisstruktur können dementsprechend zu einer
Anpassung des Kundenverhaltens führen. Die deskriptive Revenue-Management-
Forschung beschäftigt sich mit der Umsetzung des Revenue Management in
Unternehmen. Untersucht werden dabei prozessuale und strukturelle Themen, die den
Erfolg von Revenue-Management-Systemen beeinflussen.
Forschungs-richtung
Erkenntnisobjekt
Forschungs-themen
Bestands-management
Preismanagement Deskriptive RM-Forschung
Angebotsseite Nachfrageseite Organisation
• Kapazitäts-steuerung
• Buchungsregeln und -restriktionen
• Weitere Ange-botsthemen
• Pricing• Nachfrage-struktur
• Kundenverhalten
• Anwendung der RM-Theorie in der unternehme-rischen Praxis
6 Einleitung
Talluri und van Ryzin (2004b) strukturieren die aktuelle Revenue-Management-
Forschung ähnlich. Sie unterscheiden drei Kategorien von Entscheidungen, die im
Rahmen des Revenue Management getroffen werden müssen – (1) strukturelle
Entscheidungen, (2) preisbezogene Entscheidungen und (3) kapazitätsbezogene
Entscheidungen. Die strukturellen Entscheidungen umfassen sämtliche Themen mit
langfristigem Charakter. Dazu gehören unter anderem die Festlegung der
Produktstrategie, die Definition des Vertriebskonzepts sowie die Festlegung der
Preisstrategie. Die Kategorien zwei und drei beschreiben Optimierungsentscheidungen,
die tagtäglich neu getroffen werden müssen. In diese Kategorien fallen zum Beispiel die
Fragen zum aktuell optimalen Verkaufspreis, der Gewährung von Preisnachlässen oder
der vorbehaltenen Kapazität für kurzfristige Nachfrager. Pak (2005) argumentiert
hinsichtlich der kurzfristigen Entscheidungen unter Bezugnahme auf Gallego und van
Ryzin (1997), dass preisbezogene und kapazitätsbezogene Entscheidungen zwei
Herangehensweisen an dieselbe Problematik seien, die sich hinsichtlich des Ergebnisses
nicht unterschieden. Dementsprechend unterscheiden auch Talluri und van Ryzin
letztlich wie Kimes (2003) zwischen dem Revenue Management als klassischer
Operations-Research-Disziplin und dem weiter gefassten Revenue-Management-Begriff,
der dem Gebiet der Marketingforschung zuzuordnen ist.
Trotz des angesprochenen Umsetzungsaspekts der deskriptiven Revenue-Management-
Forschung (vgl. Abbildung 1) hat die aktuelle wissenschaftliche Diskussion ihren Fokus
klar in der inhaltlichen Verbesserung des Revenue Management. Hauptaugenmerk liegt
van Ryzin (2005) folgend auf der Nachfrage- resp. Kundenzentrierung des Revenue
Management. Dabei geht es laut Boyd (2007) nicht nur um die Individualisierung des
Preises, sondern vielmehr um die Ausrichtung des Preis- und Leistungsangebotes auf die
Bedürfnisse und die Zahlungsbereitschaft eines spezifischen Kunden. Dem Preis kommt
gegenüber dem spezifischen Leistungsangebot sekundäre Bedeutung zu (vgl. Boyd,
2007, S. 170 f.). Letztlich wird eine Integration von Customer Relationship Management
(CRM) und Revenue Management angestrebt. Wobei Revenue Management in diesem
Kontext umfassend zu verstehen ist, d. h. alle Forschungsrichtungen nach Kimes (2003)
einschliessend.
Die deskriptive Revenue-Management-Diskussion wird dominiert durch
Erfahrungsberichte von Praktikern. Anhand zahlreicher Fallstudien werden Erfolge und
Misserfolge im Umgang mit Revenue-Management-Systemen analysiert (vgl. z. B.
Clarke, 2004; Cutshall und Weisbrodt, 2006; Slager und Kapteijns, 2004; Smith,
Einleitung 7
Leimkuhler und Darrow, 1992; Swift, 2002). Abgesehen von diesen Praxisberichten, ist
die Literatur zur deskriptiven Revenue-Management-Forschung nicht sehr umfangreich.
Liebermann (2003) teilt diese Einschätzung: "Was zu fehlen scheint, zumindest auf einer
detaillierten Ebene, ist eine informative Diskussion der managementrelevanten und
operationalen Themen, die den Erfolg eines Revenue-Management-Programmes
beeinflussen" (S. 103). Tabelle 1 zeigt eine Übersicht relevanter Artikel, die sich
managementrelevanten Themen des Revenue Management mit einem wissenschaftlichen
Ansatz nähern.
Autor/en (Jahr) Erkenntnisziel Hauptaussagen
Okumus
(2004)
Empirische Evidenz über die Implementierung von Yield-Management-Systemen
Die Implementierung eines Yield-Management-Systems in grossen Dienstleistungsorganisationen ist ein komplexer, nicht rationaler und nicht linearer Prozess.
Die Einführung erfordert kulturelle und strukturelle Anpassungen.
Kimes
(1999)
Konzeptionelles Modell für die Implementierung von Revenue Management bei Restaurants
Die Einführung von Revenue-Management-Systemen kann als fünfstufiger Prozess dargestellt werden.
Farrell und Whelan-Ryan
(1998)
Konzeptionelles Modell für die Implementierung von Yield-Management-Systemen
Die Einführung von Yield-Management-Systemen kann als achtstufiger Prozess dargestellt werden.
Mitarbeiterschulung und die Etablierung einer Yield-orientierten Kultur sind zentral für eine erfolgreiche Implementierung.
Donaghy, McMahon-Beattie und McDowell
(1997)
Konzeptionelles Modell für die Implementierung von Revenue-Management-Systemen
Die Einführung von Revenue-Management-Systemen kann als dreistufiger Prozess dargestellt werden (unfreeze – change – refreeze). Die Implementierung erfolgt linear und rational.
Griffin
(1995)
Erfolgsfaktoren des Revenue Management bei Hotels
Der Erfolg eines Revenue-Management-Systems bei einem Hotel kann mit 27 Erfolgsfaktoren erklärt werden. Diese Faktoren lassen sich zu fünf Gruppen zusammenfassen.
Konzeptionelles Modell Die Einführung von Revenue-
8 Einleitung
Jones und Hamilton
(1992)
für die Implementierung von Revenue-Management-Systemen im Gastgewerbe
Management-Systemen kann als siebenstufiger Prozess dargestellt werden.
Die Angestellten sind im Hinblick auf den Revenue-Management-Erfolg genau so wichtig wie eine ausgefeilte Technik.
Tabelle 1: Literaturübersicht deskriptive Revenue-Management-Forschung Quelle: eigene Recherche.
1.2.2 Aktuelle Forschungsergebnisse zu organisationalen Schnittstellen
Forschungsprojekte zur Untersuchung organisationaler Schnittstellen können sich
entweder mit intra- oder mit interorganisationalen Schnittstellen auseinandersetzen. Um
ein möglichst umfassendes Bild potenziell relevanter Forschungsbeiträge aufzuzeichnen,
werden hier sowohl Analysen zu Schnittstellen innerhalb einer Organisation aufgeführt
als auch Beiträge zu Schnittstellen zwischen verschiedenen Organisationen. Um die
Orientierung in dieser Literaturanalyse zu erleichtern, zeigt Abbildung 2 eine Übersicht
der berücksichtigten Schnittstellen.
Abbildung 2: Organisationale Schnittstellen der Literaturübersicht Quelle: eigene Darstellung.
Sowohl bei intraorganisationalen Schnittstellen als auch bei interorganisationalen
Schnittstellen decken die Forschungsbeiträge ein breites Feld verschiedener Detailfragen
ab. Zunächst wird die Literatur zu den Schnittstellen innerhalb einer Organisation
untersucht, anschliessend werden die zentralen Beiträge zu Schnittstellen zwischen
Organisation A
Marketing Vertrieb
ControllingF&E
Organisation D
Organisation C
Organisation B2
13
usw.Produktion
Legende:1: Intraorganisationale Schnittstelle zw. Vertriebsfunktionen und den restl. Bereichen2: Intraorganisationale Schnittstellen zwischen Marketing und Vertrieb3: Interorganisationale Schnitttstellen zwischen Organisation A und weiteren Organisationen
Einleitung 9
verschiedenen Organisationen dokumentiert. Weil Revenue Management im engeren
Sinne eine Marketingfunktion darstellt (vgl. Cross, 1997), werden bei den
intraorganisationalen Schnittstellen nur Untersuchungen zu Schnittstellen des Marketings
dokumentiert.
(1) Intraorganisationale Schnittstellen zwischen Vertriebsfunktionen und den restlichen
Unternehmensbereichen: Viele Autoren gehen von einem wenig differenzierten
Marketingbegriff aus, welcher sämtliche marktnahen Funktionen wie Marketing und
Vertrieb berücksichtigt (vgl. Dewsnap und Jobber, 2000, S. 109). Die hier
dokumentierten Analysen untersuchen in der Regel die Schnittstelle zwischen
marktnahen und produktnahen Abteilungen. Die marktnahen Abteilungen sind hier unter
dem Stichwort der Vertriebsfunktionen subsumiert. Dewsnap und Jobber (2000) zufolge
beziehen sich die meisten Analysen zu Schnittstellen der Vertriebsfunktionen auf das
Verhältnis dieser Funktionen zu anderen Hauptfunktionen wie F&E oder Produktion. Die
zu optimierende, abhängige Variable ist in diesen Untersuchungen meist die Fähigkeit
zur Entwicklung von neuen Produkten (vgl. Dewsnap und Jobber, 2000, S. 109). Gupta,
Raj und Wilemon (1986) entwickeln zum Beispiel einen konzeptionellen Bezugsrahmen
zur Analyse der Schnittstelle zwischen Marketing und F&E. Sie spezifizieren die Lücke
zwischen dem wahrgenommenen Bedarf an Integration von Marketing und F&E und
dem tatsächlich erreichten Integrationsgrad und betonen deren Erklärungsgehalt für die
Innovationskraft einer Unternehmung. De Ruyter und Wetzels (2000a) entwickeln für die
Schnittstelle zwischen Marketing und Produktion ein relationales Interaktionsmodell.
Ausgehend von vier Beziehungsdimensionen untersuchen sie die Wirkung von fünf
Kontextfaktoren und leiten Handlungsanweisungen für verschiedene Umweltsituationen
ab. Balasubramanian und Bhardwaj (2004) analysieren ausgehend von der Annahme
eines kompetitiven Marktumfeldes die Erfolgswirkung eines Zielkonfliktes zwischen der
Marketingabteilung und den produktnahen Abteilungen. Sie stellen mit ihrem Ergebnis
die etablierte Ansicht in Frage, dass harmonische Koordination zwischen Marketing und
Produktion eine wichtige Vorbedingung für den Markterfolg einer Firma sei. Während
Fisher, Maltz und Jaworski (1997) zahlreiche Beispiele anführen, bei denen mangelnde
Koordination zwischen den beiden Abteilungen zu Misserfolgen bei
Produktinnovationen geführt hat, entwickeln Balasubramanian und Bhardwaj ein Modell,
bei dem ein nicht harmonisierter Zielkonflikt zwischen Marketing und Produktion
gegenüber einer harmonischen Koordination überlegen scheint. Tabelle 2 zeigt eine
Übersicht der zentralen Artikel, die im Zusammenhang mit der Untersuchung der
Schnittstelle des Marketings mit anderen zentralen Abteilungen veröffentlicht wurden.
10 Einleitung
Autor/en (Jahr) Forschungsobjekt Hauptaussagen
Balasubramanian und Bhardwaj
(2004)
Marketing – Produktion (konzeptionelle Arbeit)
In einem kompetitiven Markt führen Zielkonflikte zwischen Marketing und Produktion zu besseren Ergebnissen als eine harmonisierte Koordination.
De Ruyter und Wetzels
(2000a)
Marketing – Produktion
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die Schnittstelle zwischen Marketing und Produktion kann mithilfe eines relationalen Interaktionsmodells bestehend aus Beziehungsdimensionen (Vertrauen, Bindung, Empathie und Reziprozität) und fünf Kontextfaktoren dargestellt werden.
De Ruyter und Wetzels
(2000b)
Marketing – Finance
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die Beziehung von Marketing und Finance wird besonders durch gegenseitige Ressourcenabhängigkeit (+), prozessuale Fairness (+) sowie interfunktionale Rivalität (-) beeinflusst.
Kahn und Mentzer
(1998)
Marketing – Rest der Organisation
(quantitativ empirische Untersuchung)
Im Vergleich zur Interaktionsperspektive bietet die Kollaborationsperspektive einen besseren Erklärungsgehalt für Performance-Unterschiede und für die Zufriedenheit der Marketingabteilung.
Griffin und Hauser
(1996)
Marketing – F&E
(Survey-Artikel)
Die Integration von Marketing und F&E kann über sechs Struktur- und Prozessdimensionen erreicht werden. Der Erfolg der Integration entspricht der erreichten Integration relativ zur benötigten Inte-gration und der erreichten Unsicherheitsreduktion.
Moenaert, Souder, De Meyer und Deschoolmeester
(1994)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die interfunktionale Zusammenarbeit sowie der regelmässige Informationsaustausch wirken positiv auf die Erfolgswahrscheinlichkeit von neu entwickelten Produkten.
Parry und Song
(1993)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische
Der wahrgenommene Integrationsbedarf hängt stark mit der Unternehmensstrategie und der
Einleitung 11
Untersuchung) Umweltunsicherheit zusammen. Aufmerksamkeit des Managements ist ein starker Integrationstreiber.
Song und Parry
(1993)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Der Informationsaustausch und der gemeinsame Budgetprozess werden durch einen hohen Formalisierungsgrad negativ beeinflusst. Das Involvement der Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung wirkt hingegen positiv auf den Informationsaustausch.
Cooper und de Brentani
(1991)
Marketing – Rest der Organisation
(quantitativ empirische Untersuchung)
Synergien zwischen den Abteilungen, insbesondere zwischen Marketing und dem Rest der Organisation sind in der untersuchten Industrie (Financial Services) ein zentraler Erfolgsfaktor.
Gupta und Wilemon
(1991)
Marketing – F&E
(qualitativ empirische Untersuchung)
Veränderte Umweltbedingungen erfordern stärkere Kooperation zwischen Marketing und F&E. Drei Vorschläge werden unterbreitet zur Verbesserung der Integration: (1) Aufbau formeller und informeller Verbindungen, (2) Förderung von Teamwork, (3) Erhöhung der Entwicklungsressourcen.
Dougherty
(1990)
F&E – Rest der Organisation
(qualitativ empirische Untersuchung)
Die Kommunikation über alle relevanten Themen ist ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Entwicklung neuer Produkte.
Hise, O'Neal, Parasuraman und McNeal
(1990)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Ein hoher Anteil gemeinsamer Arbeit von Marketing und F&E bei der Entwicklung von neuen Produkten wirkt positiv auf deren Erfolgswahrscheinlichkeit. Dies gilt sowohl für Industriegüter- als auch für Konsumgüterfirmen.
Moenaert und Souder
(1990)
Marketing – F&E
(Survey-Artikel)
Die Integration von Marketing und F&E hat positive Auswirkungen auf den potenziellen Erfolg eines neuen Produktes.
Pinto und Pinto
(1990)
Projektmanagement im Gesundheitswesen
Die intensive Zusammenarbeit über die Grenzen der Abteilung hinaus wirkt stark auf den Projekterfolg (sowohl auf
12 Einleitung
(quantitativ empirische Untersuchung)
Performance-Indikatoren als auch auf psychosoziale Indikatoren).
de Brentani
(1989)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Schlechte Kommunikation und geringes Mitarbei-terinvolvement sind häufige Ursachen für schlechte Performance in der Entwicklung neuer Produkte.
Gupta und Wilemon
(1988)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die Zusammenarbeit zwischen Marketing und F&E wird positiv beeinflusst durch die Überzeugung seitens F&E, dass die Informationen von Marketing zuverlässig sind und Marketing Manager als kompetent und freundlich gelten.
Souder
(1988)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Je grösser die Harmonisierung der Interessen von Marketing und F&E ist, desto grösser ist die Erfolgswahr-scheinlichkeit von neuen Produkten.
Cooper und Kleinschmidt
(1987)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Marktsynergien und Technologie-synergien sind zentrale Erfolgsfaktoren bei der Entwicklung neuer Produkte.
Ruekert und Walker
(1987a)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die Wahl der Unternehmensstrategie wirkt stark auf das Ausmass des Konfliktpotenzials zwischen Marketing und F&E. Der Formalisierungsgrad und die Konfliktlösungsmechanismen beeinflussen das Konfliktpotenzial schwach, wirken jedoch stark auf wahrgenommene Effizienz der Zusammenarbeit.
Ruekert und Walker
(1987b)
Marketing – F&E
(konzeptionelle Arbeit)
Die Integration zwischen Marketing und F&E kann mithilfe direkter Zusammenarbeit, Kommunikation oder Koordination erreicht werden. Die Integration der beiden Abteilungen zeigt sowohl funktionale Ergebnisse (Marketingziele, F&E-Ziele), sowie psychosoziale Ergebnisse (Konflikte, wahrgenommene Effizienz der Zusammenarbeit).
Gupta, Raj und Wilemon
Marketing – F&E
(konzeptionelle Arbeit)
Die Lücke zwischen notwendiger und erreichter Integration zwischen den Abteilungen bietet einen
Einleitung 13
(1986) konzeptionellen Bezugsrahmen zur Analyse organisationaler Schnittstellen.
Takeuchi und Nonaka
(1986)
Prozess zur Entwicklung neuer Produkte
(qualitativ empirische Untersuchung)
Entwicklungsteams, die sich selbst organisieren können und sich regelmässig mit anderen Abteilungen austauschen, haben eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit.
Gupta, Raj und Wilemon
(1985a)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Mangelhafte Zusammenarbeit zw. F&E und Marketing ist häufig dadurch bedingt, dass keine Einigkeit über gemeinsame Aufgaben besteht. F&E-Manager sind weniger an Kooperation interessiert als Marketingmanager.
Gupta, Raj und Wilemon
(1985b)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Mangelhafte Kommunikation ist das häufigste Hindernis bei der Integration von Marketing und F&E.
Cooper
(1984)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Strategien, die Marketing und F&E vergleichbaren Stellenwert beimessen, führen zu höherer Erfolgswahr-scheinlichkeit bei Neuprodukt-entwicklungen sowie zu einem höheren Umsatzanteil der neuen Produkte.
Cooper
(1983)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Durch eine ausgewogene Berücksichti-gung von Marketing und F&E-Aspekten kann die Erfolgswahrschein-lichkeit von Projekten zur Entwicklung von neuen Produkten gesteigert werden.
Souder und Chakrabarti
(1978)
Marketing – F&E
(quantitativ empirische Untersuchung)
Interaktion, Integration sowie Informationsaustausch wirken positiv auf den technologischen und den wirtschaftlichen Erfolg eines neu entwickelten Produktes.
Pelz und Andrews
(1966)
Ingenieure und Wissenschaftler
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die Interaktion zwischen Ingenieuren und Wissenschaftlern wirkt positiv auf die Performance.
Tabelle 2: Literaturübersicht Schnittstelle Marketing – andere Hauptfunktionen Quellen: Dewsnap und Jobber, 2000; A. Griffin und Hauser, 1996; eigene Ergänzungen.
(2) Intraorganisationale Schnittstellen zwischen Marketing und Vertrieb: Weil die
meisten Untersuchungen von einem wenig differenzierten Marketingbegriff ausgehen,
14 Einleitung
gibt es nur wenige Untersuchungen zu Schnittstellen innerhalb der Vertriebsfunktionen.
Da in dieser Arbeit die Schnittstelle zwischen zwei marktnahen Abteilungen analysiert
wird, sind jedoch gerade diese Studien von besonderem Interesse. Dementsprechend
wird im Folgenden ein möglichst vollständiger Überblick über Analysen der
Schnittstellen zwischen Marketing und Vertrieb gegeben.
Die oben angeführten Analysen zeigten häufig ein konfliktbelastetes Verhältnis zwischen
marktnahen und produktnahen Abteilungen. Doch auch die Interaktion zwischen zwei
marktnahen Abteilungen erweist sich alles andere als konfliktfrei. Dewsnap und Jobber
(2000) zeichnen basierend auf einer Metaanalyse ein wenig kooperatives und wenig
harmonisches Bild der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb. Die Beziehung
der beiden Abteilungen sei geprägt durch wenig Zusammenhalt, mangelhafte
Koordination, Konflikte, schlechte Kooperation, Misstrauen, Frustration sowie
gegenseitige negative Stereotypisierung (Dewsnap und Jobber, 2000, S. 109).
Dementsprechend gilt die Integration von Marketing und Vertrieb aktuell als eine der
grössten organisatorischen Herausforderungen zur Verbesserung der
Vertriebsperformance, wie Rouziès et al. (2005) unter Berufung auf Miller und Gist
(2003) ausführen.
Dewsnap und Jobber (2000) entwickeln aufbauend auf einer Metaanalyse ein
Faktormodell zur Beeinflussung des wahrgenommenen Grades der Integration zwischen
Marketing und Vertrieb. Sie berücksichtigen dabei strukturelle Faktoren, Senior-
Management-Verhalten sowie organisationale Charakteristiken. In einer zweiten
konzeptionellen Arbeit entwickeln die Autoren ein Modell zur Analyse der
wahrgenommenen Effektivität der Beziehung von Marketing und Vertrieb, basierend auf
sozialpsychologischen Theorien (Dewsnap und Jobber, 2002). Sie nehmen dabei
mögliche Zielkonflikte und funktionsbezogene Identitätsbildung als Ursachen für eine
steigende Differenzierung zwischen den beiden Abteilungen an. Dies wiederum wirkt
sich negativ auf die Effektivität der Interaktion der beiden Abteilungen aus. Klumpp
(2000) entwickelt in seiner Arbeit drei Koordinationsmechanismen für die Schnittstelle
zwischen Marketing und Vertrieb; Organisation, Information sowie Motivation. Alle drei
Koordinationsmechanismen müssen komplementär eingesetzt werden und aufeinander
abgestimmt sein, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Abteilungen
möglich ist. Rouziès et al. (2005) identifizieren zunächst Aufgabenbereiche, die eine
Integration von Marketing und Vertrieb erfordern, sowie mögliche
Integrationshindernisse. Anschliessend entwickeln die Autoren ein konzeptionelles
Einleitung 15
Modell für die Integration von Marketing und Vertrieb bestehend aus vier
Integrationstreibern und vier moderierenden Kontextvariablen. Biemans und Makovec
Brenčič (2007) fokussieren ihre Analyse auf Unternehmen, die im B2B-Bereich tätig
sind. In einer qualitativen Untersuchung erheben sie den Status quo der Schnittstelle
zwischen Marketing und Vertrieb in insgesamt 21 Firmen. Aus den identifizierten
Schwachstellen leiten sie Handlungsanweisungen zur Ausgestaltung dieser Schnittstelle
her mit dem Ziel, die Marktorientierung des Unternehmens zu verbessern. Homburg und
Jensen (2007) widmen ein Forschungsprojekt den unterschiedlichen Denkweisen von
Marketing und Vertrieb. In ihrer Analyse untersuchen sie spezifische Unterschiede wie
zum Beispiel Produktorientierung versus Kundenorientierung auf ihre Erfolgsrelevanz.
Sie kommen zum Schluss, dass gewisse Unterschiede in der Denkweise zwischen
Marketing und Vertrieb hinsichtlich der Marktperformance einen signifikanten Vorteil
darstellen. Konkret konnten sie nachweisen, dass eine Koexistenz von Kunden- und
Produktorientierung im Durchschnitt einen höheren Markterfolg erzielt als eine
kongruente Kunden- oder Produktorientierung. Dasselbe gilt für den Vergleich von
kurzfristigem und langfristigem Handlungsfokus. Unterscheiden sich Marketing und
Vertrieb hinsichtlich dieser Dimension, führt dies zwar regelmässig zu Unstimmigkeiten
zwischen diesen beiden Abteilungen. Mit Blick auf den zu erwartenden Markterfolg ist
diese Differenzierung jedoch zu befürworten. Homburg, Jensen und Krohmer (2008)
identifizieren anhand von fünf Konstrukten typische Ausprägungen der Schnittstelle
zwischen Marketing und Vertrieb. Unter Berücksichtigung von drei Kontextfaktoren
untersuchen sie diese Archetypen nach signifikanten Erfolgsunterschieden, um Managern
Hinweise zur Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb geben zu
können. Tabelle 3 zeigt eine Übersicht über die zentralen Artikel über das
Zusammenspiel von Marketing und Vertrieb.
Autor/en (Jahr) Untersuchungsaspekt Hauptaussagen
Homburg, Jensen und Krohmer
(2008)
Merkmale der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die Schnittstellenmerkmale lassen sich zu Archetypen zusammenfassen, die in Abhängigkeit von Kontextvariablen unterschied-liche Erfolgswahrscheinlichkeiten aufweisen.
Biemans und Makovec
Marktorientierung einer Firma
Zur Steigerung der Marktorientierung durchlaufen Firmen mehrere Entwicklungsstufen: Produkt-, Vertriebs-
16 Einleitung
Brenčič
(2007)
(qualitativ empirische Untersuchung)
, Marketing- und Marktorientierung. Jede Entwicklungsstufe hat andere Anforderungen an die Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb.
Homburg und Jensen
(2007)
Unterschiedliche Denkweisen in Marketing und Vertrieb
(quantitativ empirische Untersuchung)
Unterschiedliche Denkweisen zwischen Marketing und Vertrieb haben nicht immer negative Wirkung auf Markterfolg. Die unterschiedliche Ausprägung von Kundenorientierung und Produktorientierung wirkt z.B. positiv auf die Erfolgswahrscheinlichkeit.
Rouziès et al.
(2005)
Aktivitäten von Marketing und Vertrieb; Mechanismen zu deren Integration
(konzeptionelle Arbeit)
Die Integration von Marketing und Vertrieb kann durch vier Mechanismen gefördert werden. Der Integrationsgrad wirkt über vier Moderatoren (Umwelt, Kunden, Wettbewerber, Firma) auf den Geschäftserfolg einer Firma.
Dewsnap und Jobber
(2002)
Differenzierung zwischen Marketing und Vertrieb
(konzeptionelle Arbeit)
Zielkonflikte und stark ausgeprägte Abteilungsidentitäten führen zu einer grösseren Differenzierung zwischen Marketing und Vertrieb. Die Differenzierung wirkt sich negativ auf die wahrgenommene Effektivität der Beziehung von Marketing und Vertrieb aus (sozialpsychologische Wirkungszusammenhänge).
Dewsnap und Jobber
(2000)
Wahrgenommener Integrationsgrad
(konzeptionelle Arbeit)
Der Grad der wahrgenommenen Integration zwischen Marketing und Vertrieb wirkt positiv auf den Markterfolg einer Firma.
Klumpp
(2000)
Koordinationsmechanismen zwischen Marketing und Vertrieb
Die drei Koordinationsmechanismen Organisation, Information und Motivation müssen optimal aufeinander abgestimmt sein, damit eine gute Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb möglich ist.
Tabelle 3: Literaturübersicht Schnittstelle Marketing – Vertrieb Quelle: eigene Recherche.
(3) Interorganisationale Schnittstellen: Diese Analysen decken ein sehr breites Spektrum
möglicher Interaktionen ab. Oliver (1990, S. 241) hält fest, dass die Literatur zu den
Determinanten interorganisationaler Beziehungen sehr breit und heterogen sei. Die am
Einleitung 17
häufigsten untersuchte Beziehung ist diejenige zwischen Käufer und Verkäufer im B2B-
Bereich. Die frühen Beiträge zur Untersuchung interorganisationaler Schnittstellen
basieren meist auf zwei alternativen theoretischen Fundamenten (vgl. u. a. S. M. Schmidt
und Kochan, 1977; Zeitz, 1980). Einerseits gehen die Autoren davon aus, dass die
interorganisationale Beziehung auf gegenseitigen Vorteilen beruht und die beteiligten
Parteien intrinsisch für eine Kooperation motiviert sind (sog. Exchange Theory). Aiken
und Hage (1968) zufolge sind diese Kooperationen in Situationen mit knappen oder
abnehmenden Ressourcen stark verbreitet. Andere Forscher basierten ihre Analysen zu
interorganisationalen Schnittstellen auf der Grundannahme, dass eine asymmetrische
Form der Kooperation vorliegt, bei der nur eine der beteiligten Parteien intrinsisch zur
Kooperation motiviert ist und die andere Partei aufgrund ihrer Machtposition zur
Kooperation zwingen kann (sog. Power Dependency Theory). Schmidt und Kochan
(1977) entwickeln ein Modell, das erstmalig diese beiden theoretischen Perspektiven
integriert. Gestützt auf ihre empirische Untersuchung argumentieren sie, dass bei der
Untersuchung von interorganisationalen Schnittstellen gemischte Motive der beteiligten
Parteien unterstellt werden sollen. Johanson und Mattsson (1987) untersuchen
interorganisationale Schnittstellen ausgehend von einem Netzwerk-Ansatz. Sie gehen
dabei von der Grundannahme aus, dass eine einzelne Firma von Ressourcen abhängig ist,
die von anderen Firmen kontrolliert werden. Die Autoren betrachten die Interaktion
zwischen zwei Firmen somit aus der Perspektive der Exchange Theory. Die Beziehung
zwischen zwei Firmen ist jedoch nicht konstant, sondern entwickelt sich über die Zeit
mit zunehmender Anzahl der Interaktionen. Die Autoren gehen von einem gegenseitigen
Adaptationsprozess aus, der sowohl Produkte als auch Produktionsverfahren oder
Logistikprozesse betreffen kann. Anderson und Narus (1990) gehen ebenfalls von einer
Situation gegenseitiger Abhängigkeit aus. Sie analysieren die Beziehung von
Herstellerfirmen und Vertriebsgesellschaften. Dazu entwickeln sie ein Wirkungsmodell,
das sie zunächst isoliert auf Hersteller- und Vertriebsfirmen anwenden und anschliessend
integriert betrachten. Von zentraler Relevanz in ihrer Untersuchung ist zum einen die
sogenannte relative Abhängigkeit der beiden Parteien; wie stark ist die Herstellerfirma
von der Vertriebsgesellschaft abhängig im Vergleich zu deren Abhängigkeit vom
Hersteller und vice versa. Ein weiteres Hauptaugenmerk legen die beiden Autoren auf
den Aspekt des Vertrauens. Sie stellen in ihrer Untersuchung fest, dass Vertrauen nicht
als Voraussetzung der Zusammenarbeit zu betrachten ist, sondern vielmehr als
Konsequenz daraus. Zentrale Elemente der Vertrauensbildung sind eine gute
Kommunikation sowie Kooperationsergebnisse, die mit den Erwartungen
18 Einleitung
übereinstimmen und für die es keine oder nur wenige äquivalente Alternativen im Markt
gibt. Heide und John (1990) identifizieren drei Unterscheidungsmerkmale für Käufer-
Verkäufer-Beziehungen im B2B-Bereich: (1) gemeinsame Handlungen, (2) Kontinuität
und (3) Überwachungs- und Kontrollaufwand. Zusätzlich identifizieren die Autoren vier
Einflussfaktoren, die die Ausprägung dieser Identifikationsmerkmale beeinflussen. Es
handelt sich hierbei um transaktionsspezifische Investitionen, Unsicherheit hinsichtlich
Volumen und Technologie sowie fehlende Eindeutigkeit der Leistung. Auch Ganesan
(1994) widmet sich der Schnittstelle zwischen Käufer und Verkäufer. Konkret untersucht
er Bedingungen, die die Ausprägung einer langfristigen Beziehung zwischen Käufer und
Verkäufer begünstigen. Ergänzend zu bisherigen Untersuchungen, die insbesondere die
Relevanz von sogenannten transaktionsspezifischen Investitionen hervorgehoben haben,
beobachtet er eine signifikante Wirkung von gegenseitiger Abhängigkeit und Vertrauen
auf die Langfristigkeit einer Käufer-Verkäufer-Beziehung. Er ergänzt diese Erkenntnis
durch die Berücksichtigung von vier Kontextfaktoren. Cannon und Perreault (1999)
gehen von statischen interorganisationalen Beziehungen aus. Sie untersuchen mithilfe
eines taxonomischen Ansatzes die Schnittstelle zwischen Käufer und Verkäufer in B2B-
Märkten. Ausgehend von sechs zentralen Merkmalen der Käufer-Verkäufer-Schnittstelle
– Informationsaustausch, operationale Verbindung, rechtliche Verbindung, Normen und
Vorstellungen für die Zusammenarbeit, gegenseitige Anpassungen3 – identifizieren die
Autoren acht verschiedene typische Ausprägungen dieser Schnittstelle. Durch die
zusätzliche Berücksichtigung von vier Kontextfaktoren sowie von zwei spezifischen
Performance-Grössen kann der Erklärungsgehalt der Untersuchung zusätzlich gesteigert
werden. Die Autoren kommen dabei zum Schluss, dass eine enge Interaktion zwischen
Käufer und Verkäufer nicht zu einer höheren Kundenzufriedenheit führt.
Die Analyse interorganisationaler Schnittstellen widmet sich jedoch auch spezielleren
Formen von interorganisationalen Beziehungen. So untersucht z. B. Oliver (1990) sechs
spezielle Typen interorganisationaler Beziehungen – Fachverbände, Zusammenschlüsse
von Hilfswerken, Joint Ventures, gemeinsame Programme bei Sozialeinrichtungen,
gegenseitige finanzielle Verknüpfungen, Verbindung zwischen Hilfswerk und
langfristigem Spender – sowie kritische Vorbedingungen für deren Entstehung.
Basierend auf diesen Vorbedingungen erarbeitet der Autor für alle analysierten Typen
3 Anpassungen seitens des Käufers und des Verkäufers werden jeweils isoliert betrachtet.
Einleitung 19
von interorganisationalen Beziehungen eine Reihe von Gründen, die zur Ausprägung
dieser spezifischen Beziehung geführt haben könnten.
Die Analyse interorganisationaler Schnittstellen geht zeitlich noch wesentlich weiter
zurück als die eben dokumentierten Beiträge. Galaskiewicz (1985) fasst in seinem
Übersichtsartikel insgesamt 160 Artikel zum Thema der interorganisationalen
Schnittstellen zusammen. Davon wurden zahlreiche in den fünfziger und sechziger
Jahren verfasst, der älteste datiert gar von 1949. Galaskiewicz fasst die Forschung zu
interorganisationalen Beziehungen in drei Kategorien zusammen: Beziehungen zur
Beschaffung und Allokation von knappen Ressourcen, Beziehungen zur Erreichung
gemeinsamer politischer Ziele, sowie Beziehungen zur Schaffung von öffentlichem
Ansehen, z. B. zwischen einer Firma und einem Hilfswerk. Während die Analysen der
ersten Kategorie, die Beziehungen zum Erwerb und zur Allokation knapper Ressourcen,
darauf aufbauen, dass Entscheidungsträger primär Risiken minimieren wollen, bauen die
zweite und dritte Kategorie auf Theorien kollektiver Handlungen (vgl. Galaskiewicz,
1985, S. 298).
Tabelle 4 zeigt eine Übersicht der zentralen Artikel zu interorganisationalen
Schnittstellen. Wie bereits weiter oben erwähnt, handelt es sich hierbei nicht um eine
abschliessende Übersicht, sondern um eine Zusammenstellung aussagekräftiger Artikel,
die ein breites Spektrum verschiedener Erklärungsbeiträge aufzeigen sollen.
Autor/en (Jahr) Forschungsobjekt Hauptaussagen
Cannon und Perreault
(1999)
Käufer-Verkäufer-Beziehungen in B2B-Märkten
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die zentralen Merkmale der Schnittstelle zwischen Käufer und Verkäufer lassen sich zu acht Archetypen zusammenfassen. Eine enge Verbindung zwischen Käufer und Verkäufer führt nicht automatisch zu einer höheren Zufriedenheit des Käufers.
Ganesan
(1994)
Käufer-Verkäufer-Beziehungen
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die Langfristigkeit einer Beziehung von Käufer und Verkäufer wird insbesondere durch gegenseitige Abhängigkeit sowie Vertrauen positiv beeinflusst.
Anderson und Beziehung zwischen Die Beziehung zwischen Hersteller- und
20 Einleitung
Narus
(1990)
Hersteller- und Vertriebsfirmen
(quantitativ empirische Untersuchung)
Vertriebsfirmen ist stark beeinflusst durch die relative Abhängigkeit4 der beiden Seiten. Vertrauen ist nicht eine Voraussetzung für Zusammenarbeit, sondern die Konsequenz aus Kommunikation, Kooperation und angemessener Zielerreichung.
Heide und John
(1990)
Käufer-Verkäufer-Beziehungen
(quantitativ empirische Untersuchung)
Käufer-Verkäufer-Beziehungen können anhand von drei Dimensionen unterschieden werden: (1) gemeinsame Handlungen, (2) Kontinuität und (3) Überwachungs- und Kontrollaufwand.
Oliver
(1990)
Sechs spezielle Typen von interorganisationalen Beziehungen
(konzeptionelle Arbeit)
Die kritischen Voraussetzungen, die zur Ausprägung dieser Beziehungstypen führen, können nicht beeinflusst werden. Die Effizienz der Interaktion kann aber sehr wohl beeinflusst werden.
Johanson und Mattsson
(1987)
Sämtliche interorganisationalen Beziehungen
(konzeptionelle Arbeit)
Eine interorganisationale Schnittstelle entwickelt sich über die Zeit. Mit zunehmender Zahl von Interaktionen kommt es zu gegenseitigen Adaptionen an Produkte, Prozesse oder Logistik.
Galaskiewicz
(1985)
Sämtliche interorganisationalen Beziehungen
(Review-Artikel)
Analysen zu interorganisationalen Beziehungen lassen sich in drei Kategorien einteilen: (1) Beziehungen zur Beschaffung und Allokation von Ressourcen, (2) Beziehungen im Rahmen politischer Interessengemeinschaften, (3) Beziehungen zur Verbesserung des öffentlichen Ansehens.
Van de Ven und Walker
(1984)
Schnittstellen zwischen Hilfswerken und Geldgebern
(quantitativ empirische Untersuchung)
Die wahrgenommene Abhängigkeit zwischen zwei Organisationen ist der stärkste Antrieb zur interorganisationalen Koordination. Je nach Zweck der Beziehung bilden sich jedoch unterschiedliche Interaktionsformen aus.
Whetten und Sämtliche Die Bildung von interorganisationalen
4 Relative Abhängigkeit der Firma A von Firma B beschreibt Abhängigkeit der Firma A von Firma B in Relation zur Abhängigkeit der Firma B von Firma A.
Einleitung 21
Leung
(1979)
interorganisationalen Beziehungen
(quantitativ empirische Untersuchung)
Beziehungen wird beeinflusst durch Notwendigkeit, Möglichkeit sowie einen guten Entscheidungsprozess. Kleine Organisationen mit breiter Angebotspalette und hoher Zentralisation sind bei der Bildung von interorganisationalen Beziehungen im Vorteil.
Schmidt und Kochart
(1977)
Sämtliche interorganisationalen Beziehungen
(quantitativ empirische Untersuchung)
Bisherige Forschungsprojekte wurden entweder auf die Exchange-Theorie oder die Power-Dependency-Theorie abgestützt. Ein integrierter Ansatz ist jedoch sinnvoller, weil beide Perspektiven zugleich zutreffen können.
Schermerhorn
(1975)
Sämtliche interorganisationalen Beziehungen
(konzeptionelle Arbeit)
Die Ausprägung von interorganisationaler Zusammenarbeit wird durch drei primäre Auslöser begünstigt: Ressourcen-Knappheit, einflussreiche Drittorganisationen sowie in sich profitable Kooperationen. Relevant bei der Entscheidung über die Ausprägung von interorganisationalen Schnittstellen sind insbesondere auch die damit einhergehenden Kosten und Risiken.
Tabelle 4: Literaturübersicht interorganisationale Schnittstellen Quelle: eigene Recherche.
1.3 Ziele dieser Arbeit
Aufbauend auf der eingangs geschilderten Problemstellung und der anschliessenden
Übersicht der relevanten Literatur folgt nun die Präsentation der eigentlichen
Forschungsfrage. Zunächst werden die wichtigsten Eckpfeiler der Fragestellung
aufgezeigt – Forschungsobjekt und -gegenstand. Dann werden die detaillierten
Forschungsfragen vorgestellt und dahingehend erläutert, wie sie sich in die Struktur der
Dissertation übersetzen. Abschliessend werden die verschiedenen Erkenntnisziele, die
sich aus den detaillierten Forschungsfragen ergeben, vorgestellt.
1.3.1 Forschungsobjekt und Forschungsgegenstand
Das Forschungsobjekt des Dissertationsprojekts ist die organisatorische Verankerung
eines Revenue-Management-Systems. Sachs und Hauser (2002, S. 32 f.) zufolge setzt
22 Einleitung
sich das Forschungsobjekt aus dem Erfahrungsobjekt sowie dem Erkenntnisobjekt
zusammen. Ersteres beschreibt den Betrachtungsgegenstand der Forschung, letzteres
geht auf den zu untersuchenden Aspekt des Erfahrungsobjektes ein. Im Rahmen dieser
Untersuchung ist das Erfahrungsobjekt die organisationale Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb. Im Fokus stehen dabei die charakteristischen
Merkmale dieser Schnittstelle wie z. B. Informationsfluss, Machtverteilung oder
Kunden- resp. Produktorientierung. Das Erkenntnisobjekt dieser Dissertation sind somit
strukturelle und prozessuale Aspekte der Schnittstelle zwischen Revenue Management
und Vertrieb.
Der Forschungsgegenstand orientiert sich am primären Anwendungsgebiet des Revenue
Management. Kimes (1989a, S. 15) nennt sechs Voraussetzungen, die den Einsatz des
Revenue Management begünstigen: (1) das Kapazitätsangebot ist relativ fix, (2) die
Nachfrage lässt sich in klar identifizierte Segmente gliedern, (3) der Wert einer
Leistungseinheit verfällt, wenn sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt konsumiert
wird, (4) die Leistung wird im Voraus verkauft, (5) die Nachfrage unterliegt
substantiellen Schwankungen, (6) die marginalen Vertriebskosten sind gering, die
marginalen Produktionskosten sind hoch. Während die Airline-Industrie allgemein als
Geburtsstätte des Revenue Management betrachtet wird, ist sie längst nicht mehr die
einzige Industrie, in der Revenue-Management-Techniken zum Einsatz kommen.
Garrow, Ferguson, Keskinocak und Swann (2006) berichten von der Revenue
Management and Pricing Optimization Conference, die 2006 am Georgia Institute of
Technology stattgefunden hat, dass Vertreter aus verschiedensten Industrien über ihre
Erfahrungen mit Revenue Management diskutiert haben. Nebst den Vertretern aus der
Airline-Industrie waren auch Revenue Manager von Hotels, Mietwagengesellschaften,
Kreuzfahrtgesellschaften, Miethäusern, Logistikanbietern, Vertriebsgesellschaften,
Online-Reiseveranstaltern, Sportveranstaltern, Kulturveranstaltern,
Detailhandelsgesellschaften, Softwareherstellern sowie von Flugzeugherstellern
anwesend. Zur Begrenzung des Forschungsgegenstandes stützt sich diese Dissertation
auf die oben genannten sechs Voraussetzungen von Kimes (1989a). Während auch in
produzierenden Unternehmen Revenue-Management-Grundsätze Anwendung finden
können, sind aber die Bedingungen für ein erfolgreiches Revenue Management in der
Dienstleistungsindustrie besonders günstig. Damit die angesprochene organisationale
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb überhaupt existiert, ist es
erforderlich, dass das Unternehmen über dezidierte Revenue-Manager verfügt. Der
Einleitung 23
Forschungsgegenstand sind somit Dienstleistungsfirmen unterschiedlicher Branchen mit
einem dezidiert ausgewiesenen Revenue Management.
1.3.2 Forschungsleitende Fragestellung
Die eingangs ausgeführte Problemstellung führt zu folgender, übergeordneten
Fragestellung: Wie ist die Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
auszugestalten, um ein erfolgreiches Revenue Management zu ermöglichen? Zur
strukturierten Bearbeitung muss diese Frage weiter spezifiziert werden. Folgende
Detailfragen werden im Rahmen dieser Dissertation sukzessive beantwortet:
1. Welches sind die entscheidenden Merkmale oder Charakteristiken der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb?
2. Wie können diese Charakteristiken zu typischen Ausgestaltungen
(Kategorien) der Schnittstelle zusammengefasst werden?
3. Hat die Ausgestaltung der Schnittstelle einen Einfluss auf den Erfolg von
Revenue Management und Vertrieb?
4. Welche Kontextfaktoren beeinflussen den Erfolg des Revenue Management
Systems?
5. Welche Verbesserungspotenziale lassen sich aus diesen Erkenntnissen für
die aktuelle Situation in Unternehmen ableiten?
Die Fragen eins und vier adressieren den theoretischen Bezugsrahmen des
Forschungsprojekts. Basierend auf der nachfolgend präsentierten theoretischen
Fundierung werden spezifische Merkmale und Charakteristiken der untersuchten
Schnittstelle sowie relevante Kontextfaktoren hergeleitet. Fragen zwei, drei und fünf
bilden den Ausgangspunkt der empirischen Untersuchung. Die entsprechende
Untersuchungsmethodik wird in Kapitel 1.5 detailliert erläutert.
1.3.3 Erkenntnisziel
Sachs und Hauser (2002, S. 50 ff.) gliedern mögliche Erkenntnisziele in deskriptive
(beschreibende), explikative (erklärende), präskriptive (gestaltende) und normative
(wertende) Beiträge. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes werden verschiedene
Erkenntnisziele verfolgt. Abbildung 3 zeigt diese Ziele in einer Übersicht. Die
Kategorisierung orientiert sich dabei an Sachs und Hauser. Die normative Zielkategorie
24 Einleitung
ist in dieser Übersicht nicht repräsentiert, weil das Forschungsprojekt kein wertendes
Erkenntnisziel verfolgt.
Abbildung 3: Erkenntnisziele dieser Arbeit Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Sachs und Hauser (2002).
In der vertikalen Achse sind die Hauptelemente der Dissertation abgetragen, in der
Horizontalen werden diesen Elementen spezifische Erkenntnisziele zugeordnet. Bei der
Spezifikation der Charakteristika der Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb sowie der Identifikation der relevanten Kontextfaktoren wird der Modellrahmen
für die nachfolgende empirische Untersuchung erarbeitet. Dieser Teil der Dissertation hat
in erster Linie beschreibenden und erklärenden Charakter. Zum einen werden die
zentralen Charakteristika und Kontextfaktoren der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb beschrieben. Zum anderen erlaubt die theoretische Fundierung
der einzelnen Merkmale explikative Aussagen über den Hintergrund der Relevanz dieser
Faktoren für die Untersuchung dieser spezifischen Schnittstelle. Die Bildung von
Kategorien sowie die Untersuchung der Performance-Wirkung der identifizierten
Kategorien sind Bestandteile der empirischen Analyse. Die Identifikation von typischen
Ausprägungen der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb stellt
zunächst ein rein deskriptives Erkenntnisziel dar. Durch die Untersuchung der
Erfolgsrelevanz der Kategoriezugehörigkeit erhält die Studie weiteren explikativen
Gehalt. Konkret besteht die Möglichkeit, die Ursachen allfälliger Performance-
Differenzen zu erklären. Aufgrund der daraus resultierenden Empfehlung zur Wahl der
Schnittstellenkategorie ist damit auch ein präskriptives Erkenntnisziel verbunden. Die
Fallstudienuntersuchung verfolgt wiederum zwei unterschiedliche Ziele. Zum einen geht
Spezifikation Charakteristika/Identifikation Kontextfaktoren
Kategorisierung, Performance Wirkung der Kategorienwahl
Fallstudien-untersuchung
ZIEL: GESTALTENERKLÄRENBESCHREIBEN
• Beschreibung der Einflussfaktoren der Schnittstelle zwischen RM und Vertrieb
• Erläuterung der theoretischen Fundie-rung von Charakterisitkaund Kontextfaktoren
• Beschreibung der Ausprägungen der Schnittstelle zwischen RM und Vertrieb
• Beschreibung aktueller Schnittstellenausprä-gungen und von Herausforderungen
• Diskussion konkreter Verbesserungs-potenziale für die Herausforderungen
• Erklärung der Unter-schiede in der Erfolgs-wahrscheinlichkeit zw. Schnittstellenkategorien
• Empfehlung für die Wahl der Schnitt-stellenkategorie
Einleitung 25
es darum, anhand von aktuellen Beispielen die tatsächliche Ausgestaltung der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb zu beschreiben und auf
spezifische Herausforderungen zu analysieren. Zum anderen werden darauf aufbauend
konkrete Gestaltungsempfehlungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den
beiden Funktionsbereichen entwickelt, was als präskriptives Erkenntnisziel einzustufen
ist.
1.4 Theoretische und praktische Motivation der Arbeit
Bevor die Forschungsmethodik und die resultierende Struktur dieser Arbeit vorgestellt
werden, gilt es zunächst, das Forschungsprojekt hinsichtlich seiner theoretischen und
praktischen Relevanz zu bestimmen. Erst wird die theoretische Relevanz diskutiert,
anschliessend folgt die praktische Motivation dieser Arbeit.
1.4.1 Theoretische Relevanz
Wie aus der Literaturübersicht hervorgeht, berührt das Forschungsprojekt zwei
unterschiedliche Forschungsfelder. Das Forschungsobjekt, die organisatorische
Verankerung von Revenue-Management-Systemen, ist der deskriptiven Revenue-
Management-Forschung zuzuordnen (vgl. Kapitel 1.2.1). Das daraus abgeleitete
Erkenntnisobjekt, die organisatorische Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb, dreht sich um eine Fragestellung der Organisationsforschung, genauer gesagt,
des Forschungsfelds zu organisationalen Schnittstellen.
Die deskriptive Revenue-Management-Forschung umfasst bislang nur wenige Beiträge
zur Einführung und zu der organisatorischen Verankerung von Revenue-Management-
Systemen. Meist wird dabei entweder der Einführungsprozess an sich untersucht, oder es
werden Erfolgsfaktoren für das Funktionieren eines Revenue-Management-Systems
identifiziert (vgl. Tabelle 1). Okumus (2004) und Lieberman (2003) fordern die Autoren
im Bereich der Revenue-Management-Forschung dazu auf, vermehrt auf operationelle
und managementbezogene Aspekte des Revenue Management einzugehen. Das hier
vorgestellte Forschungsprojekt ergänzt die deskriptive Revenue-Management-Forschung
um ein detailliertes Verständnis der organisationalen Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb. Die ermittelten Schnittstellenmerkmale und Kontextfaktoren
können als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen der organisatorischen
Verankerung von Revenue-Management-Systemen benutzt werden. Analog können die
Elemente der Modellspezifikation teilweise auch auf Untersuchungen zur
26 Einleitung
organisatorischen Verankerung der Vertriebsabteilung übertragen werden. Zusätzlich
kann die literaturbasiert erarbeitete und mit Revenue-Management-Experten verifizierte,
mehrdimensionale Erfassung der Revenue-Management-Performance in weiteren
Revenue-Management-Untersuchungen eingesetzt werden.
Die Literatur zu organisationalen Schnittstellen wird durch dieses Forschungsprojekt,
resp. dessen Fokussierung auf die Revenue-Management-Abteilung, um eine bislang
nicht berücksichtigte Funktionseinheit ergänzt. Weiter ist aus Perspektive des
Forschungsfeldes zu organisationalen Schnittstellen die breite theoretische Fundierung
von Interesse. Um ein möglichst realitätsnahes Bild der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb zeichnen zu können, werden zahlreiche theoretische Ansätze
integriert betrachtet. Die vielfältigen Erklärungsbeiträge dieser theoretischen Basis
können auch in anderen Untersuchungen zu organisationalen Schnittstellen relevante
Erkenntnisgewinne liefern. Schliesslich kann auch die erarbeitete Modellspezifikation
mit ihrer Struktur oder den einzelnen Schnittstellenmerkmalen und Kontextfaktoren für
andere Forschungsprojekte zur Untersuchung organisationaler Schnittstellen verwendet
werden.
1.4.2 Praktische Relevanz
Die praktische Relevanz der aufgeworfenen Fragestellung wird durch zahlreiche
praxisnahe Autoren bestätigt. Ng, Maull und Godsiff (2008) führen z. B. aus, dass
Dienstleister ihr aktuelles Organisationsmodell überdenken müssen, um ihre Revenue-
Management-Ziele zu erreichen. Cutshall und Weisbrodt (2006) kommen in ihrer
Analyse zur Implementierung von O&D-Revenue-Management-Systemen bei Airlines
zum Schluss, dass die alleinige Einführung einer neuen Software nicht genügt. Es ist
erforderlich, dass auch betroffene Geschäftsprozesse und Arbeitsflüsse neu definiert
werden. Milla und Shoemaker (2008) identifizieren die organisatorische Verankerung
des Revenue Management als zentrales Entwicklungsfeld in der Hotel-Revenue-
Management-Praxis. Nebst der Frage nach dem Zentralisierungsgrad der Revenue-
Management-Systeme adressieren die beiden Autoren konkret die Ausgestaltung der
Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb (vgl. Milla und Shoemaker,
2008, S. 114).
Die eigentliche praktische Motivation dieser Arbeit resultiert jedoch aus einer
explorativen Voruntersuchung im Rahmen der Themenfindung. Im Zeitraum zwischen
dem 4. März 2009 und dem 15. April 2009 wurden zehn leitfadengestützte Interviews
Einleitung 27
mit Revenue-Management-Experten aus der Luftfahrtindustrie und der
Tourismusindustrie durchgeführt.5 In den Gesprächen wurde zunächst der aktuelle Status
quo der Revenue-Management-Praxis in den jeweiligen Unternehmen besprochen. Ziel
hierbei war es, die spezifischen Grundzüge der Revenue-Management-Logik
nachzuvollziehen, um die Perspektive des Gesprächspartners in darauffolgenden
Argumentationen besser nachvollziehen zu können. Der Hauptteil des Interviews drehte
sich um kritische Aspekte bei der Einführung und der organisatorischen Verankerung
von Revenue-Management-Systemen. Als Strukturierungshilfe diente dabei ein Konzept
zur Strategieimplementierung, das von Okumus (2003) entwickelt wurde. Die Interviews
fokussierten sich auf die strukturellen und prozessualen Aspekte der Einführung eines
Revenue-Management-Systems, das heisst auf den internen und externen Kontext der
Organisation sowie den Einführungsprozess im engeren Sinn. Abschliessend wurden
Entwicklungsperspektiven des Revenue Management innerhalb der Firma des
Gesprächspartners sowie in der gesamten Dienstleistungsindustrie besprochen.
Zwischen verschiedenen Industrien und unterschiedlichen Geschäftsmodellen innerhalb
einer Industrie bestehen signifikante Unterschiede in der Schwerpunktsetzung des
Revenue Management. So hat beispielsweise der Aspekt der Kundendifferenzierung bei
einem Luftverkehrsunternehmen aufgrund einer stärkeren Heterogenität der
Nachfragestruktur wesentlich mehr Gewicht als bei einem Hotel. Innerhalb der
Luftfahrtindustrie wiederum wird die Nachfragestimulanz bei einem LCC als wesentlich
wichtiger eingestuft als bei einem klassischen Netzwerk-Carrier. Übereinstimmend
beschrieben die Experten hingegen die Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb. In sämtlichen befragten Unternehmen ist die Interaktion dieser beiden
Abteilungen durch konkurrierende Zielsetzungen belastet. Zugleich unterstrichen die
Gesprächspartner die hohe Erfolgsrelevanz einer effizienten Interaktion zwischen
Revenue Management und Vertrieb. Mehrfach wurde eine "konstruktive Streitkultur" als
Idealform der Interaktion zwischen den beiden Abteilungen bezeichnet. Ein zentraler
struktureller Aspekt der Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen Revenue Management
und Vertrieb ist die Verteilung von Entscheidungsverantwortung. Doch es wurden auch
weitere kritische Merkmale der Schnittstelle angesprochen, wie zum Beispiel
unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale der Revenue-Manager gegenüber den
5 Eine Übersicht der Gesprächspartner sowie ein anonymisiertes Beispiel des Interviewleitfadens befindet sich im Anhang.
28 Einleitung
Vertriebsleuten, oder eine unterschiedliche Argumentationsperspektive wie z. B.
Kundensicht vs. Unternehmenssicht.
Gestützt auf eine Literaturanalyse sowie auf eine explorative Vorstudie konnte gezeigt
werden, dass die Untersuchung der strukturellen und prozessualen Ausgestaltung der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb von praktischer Relevanz ist.
1.5 Forschungsansatz, Forschungsmethodik und Struktur der Arbeit
Nachfolgend wird zunächst der Forschungsansatz dieser Dissertation erläutert. Das Ziel
hierbei ist, ein Verständnis für die wissenschaftliche Ausrichtung des Forschungsprojekts
herauszuarbeiten. Anschliessend wird die Forschungsmethodik detailliert erläutert.
Abschliessend wird aufgezeigt, wie die aufgeworfenen Forschungsfragen in die
Arbeitsstruktur überführt werden.
1.5.1 Forschungsansatz und Forschungsparadigma
Hinsichtlich des Forschungsansatzes ist zwischen theoretischen und angewandten
Wissenschaften zu unterscheiden (vgl. Ulrich, 1984). Ulrich prägte bei seiner Analyse
der Sozialwissenschaften die These, dass die Probleme der anwendungsorientierten
Wissenschaften in der Praxis entstehen. Als wissenschaftliches Regulativ ist bei
anwendungsorientierten Wissenschaften die Nützlichkeit zu betrachten, im Gegensatz
zur Wahrheit als Regulativ bei theoretischen Wissenschaften. Das korrespondierende
Fortschrittskriterium bei anwendungsorientierten Wissenschaften ist dementsprechend
die praktische Problemlösungskraft von Modellen und Regeln, während bei der
theoretischen Forschung besonders der Beitrag zur Theoriebildung Beachtung findet
(vgl. Dyllick und Tomczak, 2007, S. 68). Im Vergleich zu den theoretischen
Wissenschaften werden somit bei den anwendungsorientierten Wissenschaften vermehrt
präskriptive Erkenntnisziele verfolgt. Ausgehend von der Beobachtung, dass die
Ergebnisse anwendungsorientierter Forschung leider häufig wenig Praxisimplikationen
nach sich ziehen, entwickeln Thomas und Tymon (1982) fünf Gütekriterien für
anwendungsorientierte Forschung. Forschungsergebnisse müssen über (1) deskriptive
Relevanz verfügen. Die Autoren erachten dieses Kriterium als erfüllt, wenn die
Forschungsergebnisse genau die Phänomene erfassen, denen der Praktiker in seiner
Organisation begegnet. Des Weiteren ist eine sog. (2) Zielrelevanz erforderlich, das
heisst, die unabhängigen Variablen des Forschungsprojekts entsprechen denjenigen
Variablen, die der Praktiker beeinflussen kann. Mit dem Kriterium der (3) operationalen
Einleitung 29
Validität sprechen die Autoren das Erfordernis an, dass die Forschungsergebnisse auch
tatsächlich umsetzbar sein müssen. Zusätzlich wird gefordert, dass die Ergebnisse (4)
nicht offensichtlich sind und dass sie (5) zeitgemäss zur Verfügung stehen.
Die eingangs präsentierte Problemstellung und die daraus resultierenden
Forschungsfragen gehen in erster Linie aus einem Praxisproblem hervor. Wie ist die
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb auszugestalten, um ein
erfolgreiches Revenue Management zu ermöglichen? Dementsprechend folgt diese
Dissertation primär dem wissenschaftlichen Regulativ der Nützlichkeit. Durch die
explizite Formulierung von präskriptiven Erkenntniszielen wird ein praxisrelevanter
Erkenntnisgewinn angestrebt. Die deskriptiven Forschungsfragen, wonach relevante
Merkmale der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb beschrieben
und erklärt werden, verfolgen jedoch zusätzlich theoretische Zwecke. Eine
ausschliessliche Zuordnung des Forschungsansatzes auf theoretische oder angewandte
Wissenschaft ist somit nicht möglich. Das übergeordnete Erkenntnisziel gilt aber klar der
anwendungsorientierten Wissenschaft. Die oben erwähnten Gütekriterien
anwendungsorientierter Forschung nach Thomas und Tymon (1982) stellen somit den
Ordnungsrahmen des Forschungsprojekts dar.
Die Diskussion um das zutreffende Forschungsparadigma dreht sich um die
wissenschaftliche Betrachtungsweise der Realität (vgl. Dyllick und Tomczak, 2007, S.
73). Grundsätzlich ist zwischen einem positivistischen und einem konstruktivistischen
Realitätsverständnis zu unterscheiden (vgl. Kruthoff, 2005, S. 18). Der Positivismus geht
von einer einzigen objektiven Realität aus, die beobachtet, erforscht und erklärt werden
kann. Ein positivistisches Weltbild übersetzt sich meist in eine quantitative
Forschungsmethodik. Mithilfe rigoroser empirischer Verfahren werden aus etablierten
Theorien abgeleitete Hypothesen hinsichtlich ihrer Gültigkeit in einem spezifischen
Kontext überprüft. Ziel dabei ist die Ableitung generalisierbarer Aussagen. Engel,
Blackwell und Miniard (1995) prägten folgenden Satz zur Umschreibung des Kerns des
Positivismus: "Positivism: the research theory in which rigorous empirical techniques are
used to discover generalized explanations and laws" (G11). Der Konstruktivismus vertritt
demgegenüber die Position, dass nur die Beziehung der Dinge zueinander, nicht jedoch
diese selbst erkennbar sind (vgl. Kruthoff, 2005, S. 20). Jede Erkenntnis ist letztlich
bedingt durch die Betrachtungsperspektive des Forschers und somit zwar relativ richtig,
jedoch nie allgemeingültig und wahr (vgl. Peter und Olson, 1983). Konstruktivisten
setzen demgegenüber stärker auf qualitative Forschungsansätze, da diese
30 Einleitung
Zusammenhänge in ihren natürlichen Kontexten untersuchen. Konstruktivistische
Forschungsergebnisse erlauben zwar laut Dyllick und Tomczak (2007, S. 75) ein
vertieftes Verständnis der untersuchten Zusammenhänge, verlieren jedoch oft ausserhalb
des Untersuchungskontexts an Gültigkeit und lassen sich somit nicht verallgemeinern.
Eine eindeutige Zuordnung dieser Dissertation auf ein Forschungsparadigma ist nicht
ganz einfach. Grundsätzlich folgt die Arbeit einem positivistischen
Forschungsparadigma. Gestützt auf etablierte Theorien werden zunächst mögliche
Schnittstellenausprägungen hergeleitet, die anschliessend im Rahmen von empirischen
Untersuchungen hinsichtlich ihrer Erfolgsrelevanz im Kontext des Revenue Management
untersucht werden. Die Fallstudienuntersuchungen unterstellen hingegen eher einen
konstruktivistischen Forschungsansatz, da der Betrachtungsperspektive des Forschers in
diesem Teil des Forschungsprozesses demnach eine zentrale Bedeutung zukommt. Dank
einer weitestgehend standardisierten Interviewstruktur kann die Objektivität von
Datenerhebung und –auswertung jedoch zu einem hohen Masse gewährleistet werden.
Der dadurch mögliche "Cross-Case-Vergleich" (s. Kapitel 6.6) überführt denn auch die
fallstudienspezifischen Unter-suchungsergebnisse in Erkenntnisse, die über die
Fallstudien hinaus Gültigkeit haben.
Jede wissenschaftliche Arbeit ist darauf ausgerichtet, Erkenntnisfortschritt zu erzielen
(Dyllick und Tomczak, 2007). Dem Forscher stehen grundsätzlich qualitative und
quantitative Forschungsmethoden zur Verfügung. Aus den vorangehenden Ausführungen
zu den verschiedenen Forschungsparadigmen ging bereits hervor, dass je nach
Realitätsperspektive des Forschers unterschiedliche Forschungsmethoden favorisiert
werden. Gerring (2001) spricht von einer lang anhaltenden, dogmatischen Diskussion
zwischen verschiedenen Forschern im Bereich der Sozialwissenschaften hinsichtlich
ihrer Präferenz für qualitative resp. quantitative Methoden. Er kommentiert diese Debatte
dahingehend, dass die Forscher in dieser Diskussion oftmals mit demselben Wort nicht
das Gleiche bezeichnen. Während Vertreter der qualitativen Methoden mit dem Aspekt
der Präzision i. d. R. die Messgenauigkeit innerhalb einer Beobachtung ansprechen,
beschreiben Verfechter der quantitativen Methoden mit demselben Begriff meist die
Messgenauigkeit zwischen verschiedenen Beobachtungen (Gerring, 2001, S. 227).
Dieses Dissertationsprojekt stützt sich auf einen Methodenmix – je nach spezifischem
Erkenntnisziel kommen qualitative oder quantitative Verfahren zur Anwendung. Lamnek
(2005) zufolge sind qualitative und quantitative Methoden nicht als prinzipiell
unvereinbar zu betrachten. Heé (2008) ergänzt unter Berufung auf Mayring (2002),
Einleitung 31
Tomczak (1992) und Arndt (1985), "dass der Methodenmix zudem eine einseitige
Fixierung auf inferenzstatistische Methoden des quantitativen Paradigmas verhindere"
(S. 12).
1.5.2 Forschungsprozess und methodisches Vorgehen
Die Forschungsfragen übersetzen sich in einen mehrstufigen Forschungsprozess. Jede
Prozessstufe verfolgt ein separates Erkenntnisziel, das die übergeordnete
Forschungsfrage adressiert. Dabei kommen jeweils unterschiedliche
Forschungsmethoden zum Einsatz.
(1) Modellspezifikation: Der erste Schritt beginnt mit einer qualitativen Analyse der
bestehenden Literatur zu organisationalen Schnittstellen. Von den in der
Literaturübersicht berücksichtigten Schnittstellen ist insbesondere diejenige zwischen
Marketing und Vertrieb von primärem Interesse. Ziel ist es, durch die Definition von
charakteristischen Merkmalen und Kontextfaktoren die Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb möglichst treffend zu beschreiben. Die Literaturanalyse dient
in diesem Prozess zur Identifikation geeigneter theoretischer Bezugspunkte zur
Definition der Schnittstellenmerkmale. Die herausgearbeiteten Merkmale und
Kontextfaktoren werden vor der empirischen Analyse mit Revenue-Management-
Experten hinsichtlich spezifischer Relevanz und Vollständigkeit diskutiert.
(2) Identifikation von Kategorien: Basierend auf der Modellspezifikation des ersten
Schrittes werden nun empirische Daten erhoben. Dienstleistungsunternehmen mit einer
explizit ausgewiesenen Revenue-Management-Abteilung werden hinsichtlich ihrer
spezifischen Merkmalsausprägungen befragt. Ziel dabei ist, ein möglichst grosses
Sample verschiedener Ausprägungen zu erhalten, um über die Identifikation von
typischen Ausprägungen eine möglichst vollständige Kategorisierung zu erhalten. Diese
Kategorien werden anschliessend hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Performance der
beiden Abteilungen untersucht.
(3) Fallstudienuntersuchung: Mithilfe einer qualitativen Untersuchung werden in diesem
dritten Schritt aktuelle unternehmerische Herausforderungen rund um die Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb identifiziert und mit konkreten
Verbesserungsmassnahmen hinterlegt. Die Fallstudienuntersuchung umfasst vier
Einzelfallstudien, die zunächst isoliert analysiert werden ("Within-Case"-Analyse) und
danach im Rahmen eines Vergleichs auf Gemeinsamkeiten untersucht werden ("Cross-
Case"-Analyse).
32 Einleitung
Der Forschungsprozess und die zugehörige Untersuchungsmethodik werden
zusammenfassend in Abbildung 4 dargestellt. Um einen möglichst vollständigen
Überblick des Forschungsprozesses zu gewähren, ist auch die der eigentlichen
Untersuchung vorgelagerte, explorative Vorstudie in der Abbildung repräsentiert.
Abbildung 4: Forschungsprozess und -methodik Quelle: eigene Darstellung.
1.5.3 Aufbau der Dissertation
Die Dissertation gliedert sich in sechs Teile:
(1) Einleitung (Kapitel 1): Die Arbeit beginnt mit der Präsentation der Problemstellung
und einer Diskussion des aktuellen Standes der Forschungsbemühungen in relevanten
Forschungsbereichen. Darauf aufbauend werden anschliessend die der Arbeit zugrunde
liegenden Forschungsfragen präsentiert. Diese werden im Folgenden hinsichtlich ihrer
theoretischen und praktischen Relevanz motiviert. Den Abschluss dieses einleitenden
Kapitels bildet die Vorstellung von gewähltem Forschungsansatz und angewandter
Methodik.
(2) Theoretische Grundlagen: Revenue-Management- und Organisationsforschung
(Kapitel 2) sowie Praktische Grundlagen: Management von Dienstleistungsunternehmen
(Kapitel 3): Dieser Teil der Arbeit widmet sich den Grundlagen, auf die sich das
Forschungsprojekt abstützt. In Kapitel 2 werden die theoretisch konzeptionellen
Grundlagen erarbeitet. Dabei werden zunächst die zentralen Begriffe des Revenue
Forschungs-methodik
Ergebnis
Prozess-schritt
Fallstudien-untersuchung
Qualitatives Vorgehen• Halbstrukturierte, leitfadengestützte Experteninterviews
Bildung von Kategorien
Modell-spezifikation
ExplorativeVorstudie
Qualitatives Vorgehen• Literaturanalyse• Expertengespräche zur Verifikation und Vervollständigung der identifizierten Merkmale
Quantitatives Vorgehen• Management Befragung
• Regressionsanalysen
Qualitatives Vorgehen• Fallstudien-interviews
• "Within-Case" Analyse
• "Cross-Case" Analyse
• Relevante, in der Praxis motivierte Problemstellung
• Umfassende Darstellung der Charakteristiken und Kontext-faktoren der Schnittstelle
• Typische Ausprä-gungen der Schnittstelle
• Performance-Wirkung der einzelnen Kategorien
• Aktuelle Verbesserungs-potenziale der Schnittstelle
• Erfolgsfaktoren der Implementierung der Massnahmen
Einleitung 33
Management vorgestellt. Anschliessend folgt eine kurze Übersicht über die Entstehung
und den aktuellen Entwicklungsstand des Forschungsfelds der Organisationforschung.
Schliesslich wird in diesem Kapitel auch die theoretische Fundierung dieses
Forschungsprojekts präsentiert. Kapitel 3 widmet sich den praktischen Grundlagen dieser
Arbeit. Konkret werden dabei zunächst die Grundzüge des Dienstleistungsmanagements
erläutert. Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Unterscheidungsmerkmalen von
Dienstleistungen gegenüber herkömmlichen Gütern und den daraus resultierenden
Konsequenzen für das Dienstleistungsmanagement. Abschliessend folgt eine kurze
Diskussion der Voraussetzungen, damit überhaupt von einer organisationalen
Schnittstelle im Sinne dieser Arbeit gesprochen werden kann.
(3) Modellspezifikation (Kapitel 4): Nach der Diskussion der theoretischen und
praktischen Grundlagen des Forschungsprojekts im vorhergehenden Teil widmet sich
Kapitel 4 der Präsentation der Modellspezifikation. Zunächst werden die Grundzüge der
Modell- und Hypothesenbildung erläutert. Anschliessend werden die identifizierten
Schnittstellencharakteristika, die als relevant eingestuften Kontextfaktoren sowie die
spezifischen Performance-Grössen vorgestellt und erläutert.
(4) Empirisch konzeptionelle Grundlagen: umfrage- und fallstudienbasierte Forschung
(Kapitel 5): Dieser Teil der Dissertation widmet sich den methodischen Grundlagen des
Forschungsprojekts. Dabei wird sowohl auf quantitative Verfahren wie auch auf
qualitative Verfahren Bezug genommen.
(5) Forschungsergebnisse (Kapitel 6): In diesem Teil werden die Ergebnisse der
empirischen Untersuchungen präsentiert. Es wird aufgezeigt, welche typischen
Ausprägungen die Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb annehmen
kann und welche Wirkung auf die Performance dieser beiden Abteilungen zu erwarten
ist. Weiter werden in diesem Teil auch konkrete Verbesserungsmassnahmen zu aktuellen
Herausforderungen im Management der untersuchten Schnittstelle vorgestellt.
(6) Schlussbetrachtung (Kapitel 7): Die gewonnenen Erkenntnisse werden aus
Perspektive der wissenschaftlichen Forschung sowie der unternehmerischen Praxis
diskutiert. Zusätzlich werden in diesem Kapitel die Grenzen dieses Forschungsprojekts
aufgezeigt und darauf aufbauend weiterer Forschungsbedarf ermittelt.
Abbildung 5 fasst die eben erläuterte Dissertationsstruktur in einer Übersicht zusammen.
34 Einleitung
Abbildung 5: Aufbau der Dissertation Quelle: eigene Darstellung.
Kapitel 1: Einführung
Kapitel 4: Modellspezifikation
Kapitel 5: Empirisch konzeptio-nelle Grundlagen
Kapitel 6: Forschungsergebnisse
Kapitel 7: Schlussbetrachtung
Kapitel 2: Theoretische Grundlagen
Kapitel 3: Praktische Grundlagen
Erläuterung des Forschungsprojekts hinsichtlich Problem-stellung, theoretischer und praktischer Motivation sowie Struktur und Methoden
Einführung in die theoretischen Grundlagen (Revenue-Management- und Organisationsforschung) und praktischen Grundlagen (Management von Dienstleistungsunternehmen) des Forschungsprojekts
Erklärungsmodell spezifischer Performance-Unterschiede mithilfe relevanter Schnittstellencharakteristika und Kontextfaktoren
Einführung in die methodischen Grundlagen des Forschungsprojekts
Beschreibung typischer Ausprägungen der Schnittstelle; Diskussion möglicher Verbesserungspotenziale gegenüber der aktuellen Situation
Diskussion der Ergebnisse aus Perspektive der Forschung und der Praxis; Identifikation weitergehender Forschungsfragen
Theoretische Grundlagen 35
2 Theoretische Grundlagen: Revenue-Management- und Organisationsforschung
Bevor auf die eigentliche Untersuchung eingegangen werden kann, gilt es, ein
gemeinsames Verständnis der zentralen theoretisch-konzeptionellen Grundlagen dieses
Forschungsprojekts zu erreichen. Die theoretisch-konzeptionelle Fundierung der
adressierten Problemstellung umfasst drei zentrale Themenbereiche. Zunächst werden in
Kapitel 2.1 die wichtigsten Grundlagen des Revenue Management erläutert. Nebst der
Festlegung der relevanten Begrifflichkeiten wird dabei besonders auf die Entstehung und
heutige Anwendungsformen des Revenue Management eingegangen. Anschliessend wird
in Kapitel 2.2 das betroffene Forschungsfeld der Organisationsforschung erläutert. Ziel
dabei ist es, einen summarischen Überblick über die zentralen Entwicklungsstufen und
die heutigen Ausprägungen der Organisationsforschung zu geben, um das vorliegende
Forschungsprojekt darin positionieren zu können. Schliesslich folgt in Kapitel 2.3 die
eigentliche theoretische Fundierung dieses Forschungsprojekts. Analog zu den meisten
Studien im Bereich der Organisationsforschung stützt sich dieses Forschungsprojekt
nicht auf eine einzige Theorie, sondern bedient sich der Erkenntnisse zahlreicher
theoretischer Forschungsströme.
2.1 Grundlagen des Revenue Management
Je nach Betrachtungsperspektive werden unter dem Begriff des Revenue Management
unterschiedliche Dinge subsumiert. Dieses Kapitel soll eine gemeinsame Basis für das
Verständnis der Grundlagen des Revenue Management schaffen. Zunächst werden zwei
Begriffe eingeführt, den im Rahmen dieser Dissertation zentrale Bedeutung zukommt.
Anschliessend werden die Entstehung und die Entwicklung des Revenue Management
aus praktischer Perspektive skizziert. Abschliessend folgt ein Überblick über den Einsatz
des Revenue Management in der heutigen Dienstleistungspraxis sowie ein Ausblick auf
mögliche Entwicklungsrichtungen der Revenue-Management-Praxis.
2.1.1 Begriffsdefinitionen
Die Begriffsdefinitionen widmen sich zwei Begriffen, den je nach Einsatzbereich stark
unterschiedliche Bedeutung zukommt – Revenue Management und Revenue-
Management-System. Wie oben erwähnt, ist es das Ziel dieser Definitionen, ein
gemeinsames Grundverständnis dieser zentralen Begriffe zu schaffen.
36 Theoretische Grundlagen
2.1.1.1 Revenue Management
Revenue Management ist eine Technik zur Umsatzmaximierung durch den Verkauf der
richtigen Produkte an die richtigen Kunden zum richtigen Zeitpunkt und zum richtigen
Preis. Dies ist die am häufigsten verwendete Definition von Revenue Management. Sie
geht zurück auf eine Publikation von American Airlines (1987), die jedoch den Aspekt
des richtigen Preises noch vernachlässigte (vgl. Ng, 2007, S. 527; Weatherford und
Bodily, 1992, S. 832). Eine entsprechende Ergänzung erfolgte gemäss Ng (2007)
übereinstimmend durch mehrere Autoren, unter anderem durch Kimes (1989b), Kimes
und Thompson (2004), Pak und Piersma (2002), Upchurch, Ellis und Seo (2002) sowie
Yeoman, Ingold und Kimes (1999).
Cross (1997) spezifiziert die oben erwähnte Definition folgendermassen: "Unter Revenue
Management versteht man die Anwendung methodischer Verfahren zur Voraussage des
Verbraucherverhaltens auf der Ebene der Mikromärkte und zur Optimierung von
Produktverfügbarkeit und Preis mit dem Ziel möglichst hoher Ertragszuwächse" (S. 61).
Nason (2007) verwendet eine ähnlich breite Definition des Revenue-Management-
Begriffs. In seinem Artikel bezeichnet er Revenue Management als "den Einsatz des
Preises um bei relativ fixem Angebot ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage zu
erreichen" (S. 64, eigene Übersetzung). Anderson und Blair (2004) fassen ihre Definition
des Revenue-Management-Begriffs sogar noch kürzer: "Im Grunde ist Revenue
Management einfach Marktsegmentierung und Kapazitätssteuerung" (S. 354, eigene
Übersetzung). Diese kurze Definition zieht jedoch den Bedarf an weiteren
Begriffserläuterungen nach sich, weil sowohl Marktsegmentierung als auch
Kapazitätssteuerung vielseitig interpretiert werden können.
Die oben aufgeführten, sehr weit gefassten Definitionen berücksichtigen zwar sämtliche
Aspekte des Revenue-Management-Begriffs. Sie sind jedoch für wissenschaftliche
Zwecke meist zu wenig exakt. McGill und van Ryzin (1999) stützen ihre Publikation auf
eine Definition, die spezifisch auf die Transportindustrie ausgerichtet ist. Sie halten fest,
Revenue Management umfasse die Kontrolle der Verfügbarkeit und/oder die
Preissetzung von Transportkapazität in verschiedenen Buchungsklassen mit dem Ziel,
den erwarteten Umsatz oder Gewinn zu maximieren (McGill und van Ryzin, 1999, S.
250). Wendt (1998) ergänzt diese Definition um das unmittelbare Ziel des Revenue
Management, dem richtigen Kundentypen so den richtigen Kapazitätstypen zuzuordnen.
Ng (2007; 2008) verweist auf mehrere Autoren, die zum Schluss kommen, dass in der
wissenschaftlichen Diskussion keine zufriedenstellende Definition des Revenue
Theoretische Grundlagen 37
Management existiert (z. B. Jones, 1999; Weatherford und Bodily, 1992). Ng (2007, S.
527) begründet diesen Umstand mit der Tatsache, dass sich die Revenue-Management-
Forschung über die letzten dreissig Jahre stark verändert hat und damit auch die
zutreffenden Definitionen. Je nach Forschungsinteresse können unterschiedliche
Begriffsdefinitionen zutreffend sein.
Die vorliegende Forschungsarbeit stützt sich auf die eingangs angeführte, breit gefasste
Revenue-Management-Definition nach Kimes (1989b):
Revenue Management bezeichnet ein Vorgehen, um Umsatzmaximierung durch den
Verkauf der richtigen Produkte zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Kunden zum
richtigen Preis zu erreichen.
Abschliessend ist anzumerken, dass in der wissenschaftlichen und in der praktischen
Diskussion die Begriffe Revenue Management und Yield Management häufig synonym
verwendet werden. McGill und van Ryzin (1999) zufolge ist der Begriff Yield
Management jedoch weitestgehend durch den Begriff Revenue Management abgelöst
worden. Dieser Einschätzung folgend, wird in dieser Arbeit ausschliesslich der Begriff
Revenue Management verwendet.
2.1.1.2 Revenue-Management-System
Die wissenschaftliche Diskussion fokussiert stark auf das Revenue Management als
Operations-Research-Disziplin (vgl. Okumus, 2004, S. 67). Der Fokus dabei liegt auf der
Verbesserung und der Weiterentwicklung der Algorithmen zur Optimierung von
Kapazitätsauslastung und erzieltem Durchschnittspreis. Der Begriff des Revenue-
Management-Systems findet dementsprechend nur selten Verwendung. Es steht folglich
auch keine Begriffsdefinition zur Verfügung. Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff
des Revenue-Management-Systems folgendermassen definiert:
Ein Revenue-Management-System umfasst sämtliche technischen und organisatorischen
Elemente, die notwendig sind, um eine Organisation zu befähigen, Revenue Management
zu betreiben.
In der Anwendung auf eine Luftfahrtgesellschaft fallen darunter z. B. die Revenue-
Management-Software, die zuständigen Mitarbeiter, die erlassenen Richtlinien sowie
sämtliche Prozesse rund um das Revenue Management.
38 Theoretische Grundlagen
2.1.2 Rückblick auf Entstehung und Entwicklung des Revenue Management
Der Ursprung des Revenue Management liegt in den frühen siebziger Jahren, wie Artikel
von Rothstein (1971; 1974) sowie Littlewood (1972) belegen (vgl. Ng, 2007, S. 527).
Die Pionierrolle in der praktischen Umsetzung des Revenue Management übernahm die
Luftfahrtindustrie: Mit der Einführung des Super-Saver-Tarifs durch American Airlines
im Jahre 1977 und der Deregulierung des amerikanischen Luftraumes ein Jahr später
stieg die Bedeutung des Revenue Management sprunghaft an (vgl. McGill und van
Ryzin, 1999, S. 234). Kimes (1989b) zufolge konnten viele Fluggesellschaften mit der
Einführung eines Revenue Management ihren Umsatz um fünf oder mehr Prozent
steigern. Um Revenue Management zu ermöglichen, wurden diverse
Buchungsrestriktionen (Fences) eingeführt, die eine de facto homogene Dienstleistung in
ein differenziertes Leistungsangebot aufteilten. Diese als Fencing bezeichnete
Differenzierungsstrategie beinhaltete z. B. die Forderung nach einer minimalen
Vorlaufzeit der Buchung oder einer Mindestdauer des Aufenthalts am Zielort.
Der Erfolg dieses Revenue-Management-Ansatzes bei Fluggesellschaften wurde Boyd
und Kallesen (2004) zufolge in den späten neunziger Jahren durch mehrere Faktoren
unterwandert. Zum einen traten mit den Billigfluggesellschaften (Low-Cost Carriers,
LCC) neue Wettbewerber auf den Markt, die basierend auf einer günstigen
Kostenstruktur Luftverkehrsdienstleistungen ohne die angesprochenen künstlichen
Beschränkungen (Fences) anboten. Zum anderen etablierte sich das Internet als
Vertriebskanal für Flugtickets. Dadurch konnten die Fluggesellschaften zwar ihre
Vertriebskosten erheblich reduzieren. Gleichzeitig verloren sie jedoch die Unterstützung
der Reisebüros bei der Zuweisung der einzelnen Kundengruppen auf die spezifisch für
sie angedachten Leistungskategorien. Das Internet führte zudem zu einer erhöhten
Preistransparenz für den Kunden, was zusätzlich zum Erfolg der günstigen LCC-
Angebote beigetragen hat.
Viele traditionelle Fluggesellschaften sind deshalb auf Strecken mit LCC-Konkurrenz zu
einer ähnlich einfachen, undifferenzierten Tarifstruktur übergegangen (vgl. Trivizas,
2003). Auf Strecken ohne Alternativangebote durch die Billigflieger hingegen blieb die
etablierte Produktstrategie mit einem künstlich differenzierten Dienstleistungsangebot in
Kraft. Boyd und Kallesen (2004) argumentieren, dass Fluggesellschaften im Rahmen des
Revenue Management dementsprechend zwischen produktorientierter Nachfrage
(yieldable demand) und preisorientierter Nachfrage (priceable demand) unterscheiden
Theoretische Grundlagen 39
müssen. Eine zusätzliche Schwierigkeit besteht darin, dass aufgrund der klassischen
Hub-and-Spoke-Netzwerkstruktur Passagiere beider Revenue-Management-Welten im
selben Flugzeug sitzen können.
2.1.3 Revenue Management in der heutigen Dienstleistungspraxis
Die geschilderten Entwicklungen haben das Revenue Management nicht obsolet
gemacht, sondern haben im Gegenteil zu seiner steigenden Bedeutung beigetragen.
Doganis (2006, S. 275) hält bei seiner Analyse der aktuellen Herausforderungen für
Airlines zum Beispiel fest, dass ein starker Fokus auf die Steigerung des Erlöses je
Passagier gesetzt werden muss. Weiteres klares Indiz für die Bedeutung von Revenue
Management ist der sehr rege Dialog zwischen Praktikern und Akademikern in der
Revenue-Management-Disziplin. Die Luftfahrtindustrie nimmt bei der Revenue-
Management-Praxis nach wie vor eine Vorreiterrolle ein. Die meisten
Luftverkehrsgesellschaften verfügen über ein ausgeklügeltes Informationssystem, das
laufend Kapazitätsauslastung und Wettbewerbspreise aufbereitet und in den Revenue-
Management-Prozess einfliessen lässt. Die verfügbaren Kapazitäten je Buchungsklasse
werden jeden Tag basierend auf diesen Informationen adjustiert. Eine noch
regelmässigere Anpassung ist aktuell infolge der etablierten Online-Vertriebssysteme
(Global Distribution Systems – GDS) nicht möglich. Die Schwankungsbreite der
Ticketpreise ist sehr gross. Zwischen dem günstigsten und dem teuersten Tarif innerhalb
einer Leistungskategorie (Economy, Business, First) kann sie mehr als den Faktor 10
betragen.
Aufgrund der laufend steigenden Prognosequalität der Revenue-Management-Systeme
ist davon auszugehen, dass das Ausmass der Preisdifferenzierung weiter steigen wird.
Zudem sind zahlreiche Luftverkehrsdienstleister bemüht, den Kundenfokus ihres
Revenue Management zu erhöhen. Konkret wird damit angestrebt, die
Verfügbarkeitsentscheide unter Berücksichtigung des spezifischen potenziellen
Kundenwerts zu fällen. Ein Kunde, der aufgrund seines bisherigen Flugverhaltens als
langfristig wertvoll eingestuft wird, kann demzufolge mit einer besseren Verfügbarkeit
rechnen als ein seltener Kunde. Die angesprochenen Weiterentwicklungen der Revenue-
Management-Systeme beinhalten meist einen beträchtlichen first-mover-advantage – je
früher die Veränderung implementiert werden kann, desto grösser ist der damit
assoziierte Gewinn. Dies führt zu einer intensiven Kooperation zwischen den Anbietern
von Revenue-Management-Systemen und den Anwendern.
40 Theoretische Grundlagen
Doch nicht nur in der Luftfahrtindustrie hat sich das Revenue Management als Standard
etabliert. Kimms und Klein (2005) untersuchen den Einsatz von Revenue-Management-
Systemen in verschiedenen Dienstleistungsindustrien. Sie beschreiben die
Luftfrachtindustrie, die Hotellerie, die Gastronomie, die Automobilvermietung sowie die
Fertigungsindustrie. Nair und Bapna (2001) veröffentlichten zudem eine Studie zur
Anwendung von Revenue-Management-Praktiken bei Internet-Dienstleistern. Darüber
hinaus findet die Revenue-Management-Praxis zunehmend Anwendung bei den
Reiseveranstaltern.
2.2 Grundlagen der Organisationsforschung
Durch die Fokussierung auf die organisationale Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb ist das Dissertationsprojekt dem Forschungsfeld der
Organisationsforschung zuzuordnen. Die Organisationsforschung ist ein stark
fragmentiertes Gebiet. Pfeffer (1993, S. 616) vergleicht das Forschungsfeld denn auch
eher mit einer Wiese als mit einem ordentlich gepflegten Garten. Der Autor basiert diese
Aussage auf der Beobachtung, dass die Organisationsforschung noch kein allgemein
anerkanntes Paradigma entwickeln konnte. In verwandten Sozialwissenschaften wie z. B.
Psychologie, Ökonomie und Politikwissenschaften konnten sich demgegenüber
weitreichende Konsensstufen entwickeln. Shafritz und Ott (2001) gehen sogar noch
einen Schritt weiter: "There is no such thing as the theory of organizations" – Es gibt
keine Theorie der Organisation (S. 3, eigene Übersetzung). Dementsprechend verfügt die
Organisationsforschung auch nicht über ein eigenständiges, kohärentes Theoriegebäude,
sondern bedient sich mehrerer etablierter Theorien. Lewin und Volberda (2003) orten die
theoretischen Wurzeln der Organisationsforschung in den Bereichen Soziologie,
Ökonomie sowie Strategie.
Beim Versuch, die Erkenntnisse der Organisationsforschung zu strukturieren, gilt es
zunächst, die zeitliche Entwicklung der Forschungsrichtung in ihren Grundzügen zu
verstehen. Shafritz und Ott (2001, S. 8) sehen den Ursprung der Organisationstheorie
weit vor unserer heutigen Zeitrechnung. Ihrer Ansicht nach stellt zum Beispiel das Werk
von Sun Tsu über die Kunst der Kriegsführung, das ca. 500 v. Chr. verfasst wurde, einen
Grundstein der Organisationstheorie dar. Sun Tsu schreibt in seinem Werk unter
anderem über die Notwendigkeit von hierarchischen Organisationen, Kommunikation
sowie Ressourcenplanung. Starbuck (2003, S. 143 f.) hingegen sieht den Ursprung der
aus heutiger Perspektive relevanten Organisationsforschung wesentlich später. Aus
Theoretische Grundlagen 41
seiner Perspektive zeichneten soziale und technologische Veränderungen, die während
der zweiten Hälfte des 19. Jh. und der ersten Hälfte des 20. Jh. geschahen, verantwortlich
für die Entstehung der Organisationsforschung. Starbuck spricht damit die starke
Zunahme an grossen, formalisierten Organisationen an, die dazu führte, dass
Organisationen für viele Personen wichtig wurden. 1911 veröffentlichte Frederick W.
Taylor mit seinem Werk "The principles of scientific management" eine Anleitung zur
effizienten Gestaltung von Produktionsprozessen in der Fabrik. 1916 folgte der Beitrag
von Henri Fayol mit dem Titel "General and industrial management"6. Während Taylor
sich primär mit dem Arbeitsprozess des einzelnen Individuums auseinandersetzte,
berücksichtigte Fayol sämtliche Aspekte, die bei der Führung einer grossen Organisation
relevant waren (vgl. Shafritz und Ott, 2001, S. 31). Parallel zu diesen beiden Vertretern
des sog. Scientific Management analysierte der Soziologe Max Weber die verschiedenen
Ausprägungen bürokratischer Organisationen. In seinem 1922 (post mortem)
veröffentlichten Werk "Wirtschaft und Gesellschaft" beschrieb er detailliert die zentralen
Aufgaben, Rollen und Hierarchien, die für eine vollständig entwickelte bürokratische
Organisation charakteristisch waren (vgl. Ranson, Hinings und Greenwood, 1980, S. 2).
Luther Gulick griff in seinem Beitrag "Notes on the Theory of Organization", der im
Jahre 1937 veröffentlicht wurde, den Gedanken von Fayol wieder auf und erarbeitete
einen Ansatz zur Führung einer Organisation. Er hält darin fest, dass es nicht eine einzige
effiziente Organisationsform gibt, sondern die Struktur einer Organisation auf deren
Aufgaben abgestimmt sein muss (vgl. Lawrence und Lorsch, 1967, S. 168). Bereits zehn
Jahre zuvor hatte jedoch ein mehrjähriges Forschungsprojekt begonnen, das die
etablierten Erkenntnisse der Organisationsforschung in Frage stellen sollte. Ein
Forschungsteam um den Harvard-Professor Elton Mayo führte am Hawthrone-Werk der
Western Electric Company eine Untersuchung durch zur Identifikation von
produktivitätssteigernden Faktoren, wie z. B. Raumtemperatur, Feuchtigkeit oder
Lichtverhältnisse. Entgegen der eigentlichen Fragestellung identifizierten die Forscher,
dass eigentlicher Auslöser der beobachteten Produktivitätsveränderungen der Arbeiter
deren Freude über die Aufmerksamkeit war, die sie im Rahmen des Experiments
geniessen konnten (vgl. Scott und Davis, 2007, S. 65). Ausgehend von dieser Erkenntnis
wurden anschliessend sozialpsychologische Faktoren wie z. B. zwischenmenschliche
6 Das Werk von Henri Fayol erschien zunächst nur in französischer Sprache und wurde dementsprechend nur in Frankreich verbreitet. Weltweite Beachtung erhielt Fayols Beitrag erst nach dessen Übersetzung durch Constance Storr ins Englische (vgl. Shafritz und Ott, 2001, S. 31).
42 Theoretische Grundlagen
Beziehungen, Gruppennormen, Eigenverantwortung oder Anerkennung als
Determinanten der Leistungsfähigkeit einer Organisation identifiziert (vgl. Shafritz und
Ott, 2001, S. 146 f.). Damit bildeten die sogenannten Hawthrone-Experimente den
Anfang der Human-Resource-Theorie resp. der behavioristischen Theorie der
Organisation. Zahlreiche Autoren setzten sich in der Folge mit Fragen auseinander, wie
Individuen im Kontext einer Organisation am besten eingesetzt und motiviert werden.
Während sich die Forscher des Human-Resource-Ansatzes ein vollständig neues
Theoriegebäude erarbeiteten, versuchten parallel dazu Autoren der neoklassischen
Schule, die etablierten Organisationstheorien dem aktuellen Erkenntnisstand anzupassen
(vgl. Shafritz und Ott, 2001, S. 88 ff.). Robert Merton kritisierte in seinem Artikel
"Bureaucratic structure and personality" aus dem Jahre 1940 die idealtypische
Bürokratie, wie sie von Max Weber beschrieben worden war. Merton argumentierte
insbesondere, dass die von Weber detaillierte Organisationsform Ineffizienzen aufweisen
würde und auf die involvierten Personen negative Auswirkungen habe. Herbert A. Simon
richtete seine Kritik primär an das Konzept des Homo oeconomicus, das den Urhebern
der general management principles, Fayol und Gulick, als Ausgangspunkt diente (vgl.
Scott und Davis, 2007, S. 53). In seinem Artikel "The proverbs of administration" aus
dem Jahre 1946 bezeichnet er die so fundierten Arbeiten als inkonsistent und nicht
generalisierbar. Seine späteren Beiträge fokussierte Simon dann auf den organisationalen
Entscheidungsprozess. Er ging dabei von beschränkter Rationalität der handelnden
Individuen aus. Der Soziologe Philip Selznick erweiterte 1948 mit seinem Artikel
"Foundations of the theory of organization" den Betrachtungsgegenstand der
Organisationsforschung auf das Umfeld einer Organisation. Selznick ging von einer
laufenden Anpassung der Führungsprinzipien der Organisation an Veränderungen des
Unternehmensumfeldes aus, einen Prozess, den er "co-optation" nannte (vgl. Selznick,
2001, S. 131 f.).
In der weiteren Folge etablierte sich in der Organisationsforschung ein breiter
Pluralismus der Betrachtungsgegenstände und Untersuchungsperspektiven. Shafritz und
Ott (2001) nennen zunächst moderne Strukturalisten, die sich mit der Synthese bisheriger
Erkenntnisse der Organisationsforschung in Organigrammen auseinandersetzen.
Demgegenüber betrachten die Vertreter einer systemtheoretischen Perspektive die
Organisation als System, das einem kybernetischen Adaptationsprozess folgt.
Organisationsökonomen wiederum analysieren eine Organisation hinsichtlich
ökonomischer Gesetzmässigkeiten. Die bekanntesten Ausflüsse dieser Überlegungen
sind zum einen die Principal-Agent-Theorie und zum anderen die
Theoretische Grundlagen 43
Transaktionskostentheorie. Schliesslich widmen sich Forscher den Themen Macht,
Politik und Kultur, wobei die Organisation stets als komplexes System von Individuen
und Koalitionen verstanden wird. Abbildung 6 zeigt die eben ausgeführte Entwicklung
der Organisationsforschung in einer Übersicht:
Abbildung 6: Entwicklung der Organisationsforschung Quelle: eigene Darstellung.
Auch die aktuelle Diskussion im Bereich der Organisationsforschung ist von einem
Methoden- und Theoriepluralismus geprägt. McKinley und Mone (2003) gliedern die
verschiedenen Strömungen der Organisationsforschung anhand ihres Detailgrades. Sie
unterscheiden zum einen die Mikro-Analysen, die sich mit einzelnen Organisationen
beschäftigen, und zum anderen Makro-Analysen, die sich mit der Entwicklung von
Gruppen von Organisationen auseinandersetzen. Astley und van de Ven (1983)
unterscheiden überdies zwischen einer deterministischen und einer voluntaristischen
Orientierung. Aus einer deterministischen Perspektive lassen Organisationen ihren
Individuen wenig Spielraum – das individuelle Verhalten ist bestimmt durch strukturelle
(> 500 v. Chr.)
Ursprünge
Organisation der Truppen im Krieg
Scientific Management Theorie
Organisation des Arbeitsprozessesbasierend auf wissenschaftlichenErkenntnissen(Taylor, Fayol)
BürokratieTheorie
Definition zentralerAufgaben, Rollen und Hierarchien für einevollständigentwickelte, bürokratischeOrganisation (Weber)
Human Resource Theorie
Identifikation sozial-psychologischerFaktoren alsDeterminanten der individuellenLeistungsfähigkeit(Mayo)
Pluralismus von Ansätzen
InteraktionUnternehmen-Umwelt (Selznick)
Entstehung erstergrosser Unternehmenund Administrationen
(19. Jh.)(1911)
Entwicklung einesAnsatzes zur Füh-rung einer Organisa-tion basierend auf wissenschaftlichenErkenntnissen(Gulick)
Erkenntnis, dassRollen innerhalb einerOrganisation je nachInteraktionspartnerunterschiedlichausgestaltet sind(Merton)
Entwicklung einesorganisationalenEntscheidungsprozesses basierend auf der Einsicht, dassIndividuen nichtrational entscheiden(Simon)
ModerneStrukturalisten
SystemtheoretischePerspektive
(1937)
(1946)
(1922)
(1940)
(1932)
(1948)
Organisations-ökonomen
44 Theoretische Grundlagen
Rahmenbedingungen. Nimmt man hingegen eine voluntaristische Perspektive ein,
agieren die Individuen autonom und pro-aktiv. Sie zeichnen damit verantwortlich für
Struktur und Prozesse einer Organisation und sind Ausgangspunkt aller
organisatorischen Veränderungen (vgl. Astley und van de Ven, 1983, S. 247). Die
Autoren integrieren diese beiden Unterscheidungsdimensionen zu folgendem
Bezugsrahmen:
Abbildung 7: Untersuchungsperspektiven der Organisationsforschung Quelle: Astley und van de Ven (1983).
Der Logik von Astley und van de Ven folgend ist diese Dissertation der System-
strukturellen Perspektive zuzuordnen. Der Detailgrad der Analyse ist durch die
Fokussierung auf die intraorganisationale Schnittstelle zwischen Revenue Management
und Vertrieb klar der Mikro-Ebene zuzuordnen. Das Ziel des Forschungsprojekts besteht
darin, die Schnittstelle hinsichtlich struktureller und prozessualer Merkmale zu
untersuchen. Dementsprechend folgt diese Untersuchung einer deterministischen
Orientierung der Organisationsforschung. Es steht nicht das individuelle
Entscheidungsverhalten der Mitarbeiter im Zentrum, sondern vielmehr die
institutionellen Bedingungen, in denen sich die Individuen bewegen.
Lewin und Volberda (2003) nennen als zentrales Unterscheidungsmerkmal
organisatorischer Theorien die Grundannahme, ob der Erfolg von Firmen in erster Linie
auf günstige Umweltbedingungen zurückzuführen ist, oder ob erfolgreiche Firmen ihren
Erfolg einem strategischen Anpassungsprozess verdanken. Setzt man natürliche
Selektion als Determinante erfolgreicher Firmen voraus, geht man von einer
organisatorischen Trägheit aus, das heisst einem Unvermögen von Organisationen, sich
ORIENTIERUNG
DETAILGRAD
Deterministisch Voluntaristisch
Perspektive der natürlichenSelektion
Perspektive der kollektivenHandlung
System-strukturellePerspektive
Perspektive der strategischen
Entscheidungen
Makro
Mikro
Untersuchungsperspektivedieser Dissertation
Theoretische Grundlagen 45
grundsätzlich zu verändern und somit an neue Umweltbedingungen anzupassen.
Unterstellt man hingegen einen organisatorischen Adaptionsprozess als
Erfolgsdeterminante, geht man von einer hohen Erfolgsrelevanz flexibler, adaptiver
Strukturen aus. Ausgehend von dem anschliessend präsentierten präskriptiven
Erkenntnisziel basiert diese Untersuchung auf der Ansicht, erfolgreiche Unternehmen
seien in der Lage, sich an Veränderungen in ihrer Umwelt anzupassen.
2.3 Theoretische Fundierung des Forschungsprojekts
Dieses Kapitel widmet sich dem theoretischen Fundament dieser Dissertation. Ziel dabei
ist ein umfassender Überblick über die Theorien, die für die aufgeworfenen
Forschungsfragen relevant sind. Analog zu den meisten Studien im Bereich der
Organisationsforschung7 stützt diese Arbeit nicht auf eine einzige Theorie, sondern
bedient sich der Erkenntnisse zahlreicher Forschungszweige. Zunächst folgt ein
Überblick über sämtliche Theorien, die zur Identifikation der angesprochenen
Schnittstellenmerkmale hinzugezogen wurden. Anschliessend werden relevante Studien
zu inter- und intraorganisationalen Schnittstellen hinsichtlich ihrer theoretischen
Fundierung untersucht.
2.3.1 Theoretisches Fundament der Schnittstellenmerkmale
Transaktionskostentheorie: Die Transaktionskostentheorie geht zurück auf die Beiträge
von Ronald Coase. In seinem Essay "The Nature of the Firm" (Coase, 1937) analysiert er
zwei alternative Koordinationsmechanismen – den Markt und die hierarchische Ordnung
einer Organisation (vgl. Williamson und Masten, 1995, S. XIV). Ausgangspunkt seiner
Ausführungen sind zwei spiegelbildliche Fragen: "Gegeben einen Preismechanismus,
warum existieren überhaupt Organisationen?" (Pies, 2000, S. 5). Die korrespondierende
Frage dazu lautet: "Gegeben Organisationen, warum (ko-)existiert ein
Preismechanismus? Warum gibt es überhaupt einen Markt, und warum werden nicht statt
dessen einfach alle Transaktionen innerhalb einer riesigen Firma abgewickelt?" (Pies,
2000, S. 5). Zur Beantwortung dieser Fragen entwickelt Coase das Konzept der
Transaktionskosten. Im Falle der marktwirtschaftlichen Koordination sind dies die
Kosten, die für das Sammeln der Preisinformationen anfallen, sowie die Vertragskosten,
die für die Abwicklung der Transaktionen aufgebracht werden müssen. Bei der
7 Für Beispiele vgl. Kapitel 2.3.2.
46 Theoretische Grundlagen
hierarchischen Koordination innerhalb einer Organisation fallen demgegenüber Kosten
für den Aufbau der Produktionsfaktoren sowie für die Sicherstellung der Qualität der
Dispositionsentscheidungen an (vgl. Pies, 2000, S. 5). Beide Kostenkomponenten fallen
bei steigender Firmengrösse tendenziell teurer aus. Coase interpretiert die beiden
Koordinationsmechanismen als vollständige Substitute. Die Entscheidung, eine
zusätzliche Transaktion über Marktkoordination oder über hierarchische Koordination
abzuwickeln, orientiert sich daran, für welche Alternative die marginalen
Transaktionskosten geringer sind. Die Grösse einer Firma resultiert demnach aus einem
Gleichgewicht der marginalen Transaktionskosten für marktwirtschaftliche und
hierarchische Koordination.
Mehrere Autoren haben den Ansatz von Coase aufgenommen und weiterentwickelt.
Williamson oder Picot analysieren in ihren Arbeiten jeweils den optimalen vertikalen
Integrationsgrad eines Produktionsprozesses (vgl. Wolff, 2000, S. 36). Dadurch wird die
Betrachtungsperspektive im Vergleich zu Coase's ursprünglichen Ausführungen
wesentlich eingeschränkt. Es geht nicht mehr um gesamtwirtschaftliche
Effizienzbetrachtungen, sondern um unternehmensspezifische Produktionsentscheide. In
der Applikation auf die Organisationsforschung lenkt die Transaktionskostentheorie die
Aufmerksamkeit des Forschers auf die Transaktionskosten innerhalb einer Organisation
resp. zwischen mehreren Organisationen. Transaktionskosten entstehen z. B. durch
Verhandlung, Überwachung und Durchsetzung von Verträgen (Lewin und Volberda,
2003, S. 572). In der Anwendung auf die Schnittstelle zwischen Revenue Management
und Vertrieb kann die Transaktionskostentheorie als Ausgangspunkt für die
Identifikation von Ursachen von Transaktionskosten dienen. Rindfleisch und Heide
(1997, S. 46) entwickeln eine Zusammenstellung möglicher Ursachen und möglicher
Typen von Transaktionskosten. Sie unterscheiden dabei drei Situationsspezifika, die mit
der Entstehung von Transaktionskosten in Verbindung stehen: Asset-Spezifität,
Umweltunsicherheit und Verhaltensunsicherheit. Das erste Element, die Asset-Spezifität,
bezeichnet den Umstand, dass das im Zentrum der Transaktion stehende Gut spezifischer
Natur ist und nicht durch eine beliebige Alternative ersetzt werden kann. Mit der
Umweltunsicherheit wird die Tatsache umschrieben, dass die Entwicklung relevanter
Kontextfaktoren nicht vorhergesagt werden kann. Der letzte Punkt, die
Verhaltensunsicherheit bezeichnet die Tatsache, dass das Verhalten der anderen Parteien
ex ante nicht komplett vorhergesehen werden kann. Abbildung 8 zeigt Ursachen und
Typen von Transaktionskosten im Überblick.
Theoretische Grundlagen 47
Abbildung 8: Ursachen und Typen von Transaktionskosten Quelle: Rindfleisch und Heide, 1997, S. 46.
Mit Blick auf die Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb haben
insbesondere die Transaktionskosten in Verbindung mit Umweltunsicherheit und
Verhaltensunsicherheit Bedeutung. Die Asset-Spezifität hat auf die Zusammenarbeit der
beiden Abteilungen keine direkte Implikation. Die aus der Asset-Spezifität resultierenden
Absicherungskosten können im Revenue-Management-Kontext jedoch zum Beispiel als
Kosten zur Mitarbeiterretention interpretiert werden.
An der angesprochenen Schnittstelle entstehen die Transaktionskosten in Abhängigkeit
von Art und Anzahl der Interaktionen sowie in Abhängigkeit von der Qualität der
Beziehung. Je mehr die Zusammenarbeit einem standardisierten Muster folgt, desto
geringer ist die Gefahr von Kosten, die aufgrund von möglichen Missverständnissen
entstehen. Je geringer die Zahl der notwendigen Interaktionen, desto geringer sind
tendenziell die gesamten Transaktionskosten. Ergänzend kommt hinzu, dass bei einer
solidarischen, vertrauensvollen Beziehung die beiden Abteilungen keinen Aufwand in
die Überwachung von Vereinbarungen investieren müssen. Bei gegenseitig
opportunistischem Verhalten hingegen fällt die Durchsetzung von Absprachen
wesentlich aufwendiger aus. Entscheidend bei der Betrachtung nötiger Kosten zur
Durchsetzung von Absprachen ist zudem der Aspekt der Interaktionsdauer.
Spieltheoretische Erkenntnisse zeigen, dass opportunistisches Verhalten bei einer
unbestimmten Anzahl Interaktionsrunden weniger häufig auftritt (vgl. Varian, 1999, S.
498 f.). Der Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass Mehrrundenspiele eine Möglichkeit
bieten, den Kooperationspartner für unkooperatives Verhalten in den nachfolgenden
Interaktionsrunden zu bestrafen.
Ursachen
TypenDirekte Kosten
VERHALTENSUN-SICHERHEIT
UMWELTUNSICHERHEITASSET-SPEZIFITÄT
Absicherung Anpassung
Absicherungskosten
Performance-Evaluation
Kosten für Kommunikation, Verhandlung und Koordination
Kosten für Screening und Selektion (ex ante)
Kosten fürLeistungsmessung (ex post)
Opportunitäts-kosten
Keine Möglichkeit, in weitere produktive Assets zu investieren
Schlechte Anpassung Versäumnis, geeigneteKooperationspartner zuidentifizieren (ex ante)
Produktivitätsverlust infolgeLeistungsanpassung (ex post)
48 Theoretische Grundlagen
Social Exchange Theory: Die Social Exchange Theory untersucht Interaktionsprozesse
zwischen Individuen und Gruppen von Individuen aus der Perspektive ökonomischer
Gesetzmässigkeiten. Sie geht zurück auf George C. Homans. In seinem grundlegenden
Artikel "Social behavior as exchange" analysiert Homans zum ersten Mal soziales
Verhalten nach den Elementen einer ökonomischen Gewinnfunktion (vgl. Homans,
1958). Der Begriff des Ertrags aus sozialer Interaktion ist Homans folgend sehr weit
gefasst – er beinhaltet sämtliche materiellen und immateriellen Güter, die daraus
erwachsen können. Auch Anerkennung und Prestige sind gemäss Homans mögliche
Erträge aus sozialer Interaktion (vgl. Homans, 1958, S. 606). Den Begriff der Kosten
sozialer Interaktion fasst Homans ebenfalls sehr weit. Wiederum finden materielle und
immaterielle Aspekte gleichermassen Berücksichtigung. Zu den Kosten sozialer
Interaktion zählen zum Beispiel die aufgewendete Zeit oder der Verlust an
Selbstwertgefühl, wenn man jemanden um Hilfe bitten muss (vgl. Homans, 1958, S.
603). Jedes Individuum ist bemüht, seine soziale Interaktion so auszugestalten, dass der
implizierte Gewinn maximiert wird. Befinden sich zwei Interaktionsparteien im
gegenseitigen Gewinnmaximum, ist davon auszugehen, dass sich ihre Interaktion nicht
verändern wird, solange die relevanten Kontextfaktoren unverändert bleiben.
In Anwendung auf die Analyse der Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb erinnert die Social Exchange Theory an die Transaktionskostentheorie.
Wiederum wird das Augenmerk auf die Kosten der Interaktion zwischen den beiden
Abteilungen gelenkt. Während die Transaktionskostentheorie jedoch sämtliche Kosten
aus Unternehmensperspektive berücksichtigt, fokussiert die Social Exchange Theory
ihren Erklärungsbeitrag auf das Kalkül der beteiligten Akteure. Interaktionskosten sind
somit die Zeitkosten, die für die Zusammenarbeit notwendig sind, sowie allfällige
Reputationskosten, die meist dann entstehen, wenn unterschiedliche Hierarchiestufen
miteinander zusammenarbeiten. Im Gegensatz zur Transaktionskostentheorie
berücksichtigt die Social Exchange Theory auch individuelle Nutzenkomponenten aus
der Interaktion. Mit Blick auf die Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb handelt es sich hierbei um immaterielle Güter wie Reputationsnutzen.
Sozialpsychologie: Die Sozialpsychologie beschäftigt sich mit der Untersuchung der "Art
und Weise, wie menschliche Gedanken, Gefühle und Handeln beeinflusst werden von
der realen oder phantasierten Präsenz anderer Menschen" (vgl. Aronson, Wilson und
Akert, 2004, S. 6). Sie ist somit Frey und Greif (1997, S. 9) folgend der psychologischen
Grundlagenforschung zuzuordnen. In der aktuellen Sozialpsychologie werden parallel
Theoretische Grundlagen 49
verschiedene theoretische Richtungen verfolgt. Frey und Greif (1997) unterscheiden
behavioristische, kognitive, marxistische und handlungstheoretische Ansätze, die
kritische Psychologie sowie den symbolischen Interaktionismus. Die Autoren sprechen
von einer "heterogenen Vielfalt von Minitheorien, Konzepten und Einzelproblemen"
(vgl. Frey und Greif, 1997, S. 9). Aufgrund dieser Heterogenität würde es den Rahmen
dieser Arbeit sprengen, sämtliche möglichen Erklärungsbeiträge aus der
Sozialpsychologie für die Untersuchung der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb zu erläutern. Aufgrund der hohen Spezifität werden zwei sich
ergänzende Theorien vorgestellt, die sich mit der Analyse sozialen Verhaltens zwischen
Gruppen auseinandersetzen. Die "Realistic Group Conflict"-Theorie von Sherif (1966)
unterscheidet in der Analyse von Verhaltensmustern zwischen zwei Gruppen
kooperatives und kompetitives Verhalten (vgl. Frey und Greif, 1997, S. 339). Als
Ursache für kompetitives Verhalten nennt die Realistic-Group-Conflict-Theorie negative
Interdependenz, das heisst gegenläufige Zielvorgaben. Erfolg der einen Gruppe
impliziert in diesem Fall automatisch Misserfolg der anderen Gruppe. Alternativ führen
positive Interdependenzen zu kooperativem Verhalten. Ergänzend dazu trifft die "Social
Identity Theory" von Tajfel (1974) Aussagen über die Wirkung einer starken
Gruppenidentität. Positive soziale Identität kann demzufolge nur im direkten Vergleich
zu anderen Gruppen entstehen. Dadurch wird dem realistischen Wettbewerb nach Sherif
noch ein sozialer Wettbewerb hinzugefügt (vgl. Frey und Greif, 1997, S. 340). Dewsnapp
und Jobber (2002) aggregieren diese beiden Ansätze zur Identifikation des Grades an
Differenzierung zwischen den beiden Abteilungen. Als spezifischer Erklärungsbeitrag
für die Analyse der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb lässt sich
aus den beiden Ansätzen zum einen die Relevanz einer gemeinsamen Planung und zum
anderen die Wirkung einer starken Gruppenidentität ableiten.
Analyse sozialer Netzwerke: In den dreissiger Jahren widmete sich mit Jacob L. Moreno
erstmals ein Forscher der systematischen Erfassung und Untersuchung sozialer
Interaktionen in kleinen Gruppen. Moreno beschrieb dieses als Sociometrie bezeichnete
Forschungsfeld als "experimentelles Vorgehen, welches unter Anwendung quantitativer
Methoden die Entstehung und Organisation von Gruppen sowie die Positionierung von
Individuen darin untersucht" (vgl. Moreno, 1934, S. 10 f.). Parallel zu Moreno
untersuchte Elton Mayo die Relevanz zwischenmenschlicher Beziehungen (Mayo, 1933),
woraus sich das Forschungsfeld der Human-Resource-Forschung ableitete. Freeman
(2004) zufolge geht die heutige Form der Analyse sozialer Netzwerke jedoch in erster
Linie zurück auf die Beiträge von Harrison C. White, der das Forschungsfeld in den
50 Theoretische Grundlagen
siebziger Jahren neu belebte. Die Forscher entwickelten eine Reihe von Merkmalen zur
Charakterisierung der sozialen Netzwerke8. Krebs (2000) zufolge gehen die am
häufigsten berücksichtigten Netzwerkmerkmale zurück auf eine Modellspezifikation von
Krackhardt (1990). Es handelt sich dabei um die drei Grössen (1) Activity, (2)
Betweenness und (3) Closeness. Activity bezieht sich auf die Frage, mit wie vielen
anderen Personen eine Person in einem Netzwerk in Verbindung steht. Betweenness
untersucht die Relevanz einer Person in einem Netzwerk aufgrund exklusiver
Verbindungen zu anderen Personen. Closeness bezeichnet schliesslich die Distanz, die
eine Person im Netzwerk im Durchschnitt zu allen anderen Personen des Netzwerks
aufweist. Im Kontext der Untersuchung der Schnittstelle zwischen Revenue Management
und Vertrieb ist insbesondere dieser letzte Aspekt, die Closeness der beiden Abteilungen,
von Interesse.
Strukturanalyse: Aufbauend auf der Bürokratietheorie von Max Weber (1949)
entwickelten Pugh et al. (1968) einen Bezugsrahmen zur Analyse einer
Organisationsstruktur. Im Rahmen einer empirischen Untersuchung identifizierten sie zu
diesem Zweck fünf signifikante Dimensionen, die die zentralen Charakteristiken einer
Organisationsstruktur darstellen. Es handelt sich hierbei um die Aspekte
Spezialisierungsgrad, Standardisierungsgrad, Formalisierungsgrad, Zentralisierungsgrad
sowie Konfiguration. Bezug nehmend auf die Analyse der organisationalen Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb liefert dieses Konzept wertvolle
Anhaltspunkte zur Identifikation relevanter Schnittstellencharakteristika.
Machttheorien: Erneut geht eine der ursprünglichsten Definitionen des Machtbegriffs
zurück auf Max Weber (1972, S. 28): "Macht ist jede Chance, innerhalb einer sozialen
Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel
worauf diese Chance beruht." Spezifischer spricht Mintzberg (1983, S. 4) in Bezug auf
Organisationen von der Macht als Fähigkeit, organisatorische Ergebnisse zu bewirken
oder zu beeinflussen. Zahlreiche Autoren setzen sich mit der Identifikation von
Determinanten organisatorischer Machtpositionen auseinander. In ihrem strategischen
Kontingenzansatz erarbeiten Hickson et al. (1971) ein Konzept, wonach die Macht eines
Funktionsbereichs in erster Linie von drei Faktoren (strategischen Kontingenzen)
abhängt: (1) Wie gut kann ein Funktionsbereich die gesamte Organisation vor
Unsicherheit schützen? (2) Wie gut kann die Leistung des Funktionsbereichs ersetzt
8 Eine umfassende Übersicht der Netzwerkcharakteristika findet sich in Wasserman und Faust (1994).
Theoretische Grundlagen 51
werden? (3) Wie wichtig ist die Leistung dieses Funktionsbereichs für die ganze
Organisation? Homburg, Krohmer und Workmann (2000) folgend ist dies der in der
Literatur am häufigsten berücksichtigte Ansatz zur Erklärung von Machtpositionen in
Unternehmen. Hinings et al. (1974) konnten den konzeptionellen Ansatz von Hickson et
al. empirisch bestätigen.
Während der Kontigenzansatz in erster Linie die Abhängigkeit einer Organisation von
einem bestimmten Funktionsbereich berücksichtigt, entwickelt Mintzberg (1983) ein
weitergehendes Konzept zur Analyse von Machtpositionen innerhalb einer Organisation.
Der Autor lehnt sich dabei an den ressourcenbasierten Ansatz an, wonach
Unternehmenseinheiten, die eine für das Unternehmen kritische Ressource beschaffen
können resp. darüber verfügen, mehr Einfluss haben als andere (vgl. Salancik und
Pfeffer, 1974, S. 453). Mintzberg (1983, S. 24) folgend gibt es fünf mögliche Ursachen
für Machtpositionen: die alleinige Kontrolle über (1) Ressourcen, (2) technische
Fähigkeiten oder (3) Wissen, die jeweils kritisch für die Organisation sind. Weiter nennt
er (4) Vorrechte oder exklusive Privilegien sowie (5) den Zugang zu Personen, auf
welche einer der vier vorgenannten Punkte zutrifft. Die eben aufgezeigten Machtbasen
genügen jedoch noch nicht zum Aufbau einer Machtposition. Mintzberg nennt zwei
weitere Faktoren – "will and skill" (vgl. Mintzberg, 1983, S. 25). Das Ausnützen einer
Machtposition innerhalb einer Organisation ist oft mit erheblichem Aufwand verbunden.
"Will" beschreibt die Bereitschaft, diesen zusätzlichen Aufwand zu leisten. Mit "skill"
berücksichtigt Mintzberg als letztes Kriterium schliesslich die Tatsache, dass das
Ausüben von Macht in Organisationen oft viel politisches Fingerspitzengefühl erfordert.
Darüber hinaus identifiziert Mintzberg fünf verschiedene Wege, wie Macht ausgeübt
werden kann. Je nachdem, wie die Machtposition begründet ist, ist der eine oder der
andere Weg zur Ausübung der Machtposition besser geeignet. (1) Persönliche Kontrolle
– der Vorgesetzte erteilt seinen Mitarbeitern explizite Aufträge und überwacht deren
Ausführung persönlich. (2) Administrative Kontrolle – im Gegensatz zur persönlichen
Kontrolle nimmt der Vorgesetzte in diesem Fall über institutionelle Kanäle Einfluss auf
seine Mitarbeiter. Er kann zum Beispiel mithilfe von Prozesshandbüchern oder
Stellenbeschreibungen die Arbeitsschritte standardisieren, oder er kann über vorgegebene
Planungs- und Kontrollsysteme auf das Arbeitsergebnis Einfluss nehmen. (3) Ideologie –
entgegen den beiden vorgängig genannten Mechanismen, die beide auf hierarchischer
Kontrolle aufbauen, ist die organisationale Ideologie ein eher weiches Konstrukt.
Mintzberg versteht unter dem Begriff der Ideologie die Gesamtheit der Einstellungen und
52 Theoretische Grundlagen
Werte, die von allen Mitgliedern einer Organisation getragen werden. Ein Vorgesetzter
kann die organisationale Ideologie zur Einflussnahme nutzen, indem er ihre Entstehung,
Ausgestaltung und Verbreitung steuert. Ausgangspunkt zur Ausbildung einer
organisationalen Ideologie ist laut Mintzberg eine gemeinsame Mission. Ausgestaltung
und Verbreitung der Ideologie können über das gezielte Etablieren von Traditionen und
Gepflogenheiten gesteuert werden. (4) Expertise – besonders bei komplexen Arbeits-
prozessen ist die Kenntnis und die Weitergabe spezifischen Expertenwissens ein sehr
effizienter Weg, auf die Mitarbeiter einer Organisation Einfluss zu nehmen. (5) Unter-
nehmenspolitik – sämtliche Mitglieder einer Organisation stehen in einem mehr oder
weniger direkten Abhängigkeitsverhältnis zueinander. Dies trifft sowohl auf Vorgesetzte
wie auch auf deren Mitarbeiter zu. Politisches Geschick öffnet jedem Organisations-
mitglied somit Wege, auf andere Mitglieder Einfluss zu nehmen. Ein praktisches Beispiel
hierfür wäre zum Beispiel das bewusste Zurückhalten von relevanter Information zu
Ungunsten eines Kollegen, der dadurch ein schlechtes Arbeitsergebnis erzielt.
Während Untersuchungen zu den Determinanten von Machtverhältnissen gleichsam auf
vertikale (d. h. zwischen Vorgesetzten und Unterstellten) wie auf horizontale
Beziehungen (d. h. zwischen zwei Funktionsbereichen) angewendet werden können,
beziehen sich die Untersuchungen zu den Auswirkungen von Machtverhältnissen meist
ausschliesslich auf vertikale Beziehungen (vgl. Drake und Mictchell, 1977). Dabei steht
wie z. B. bei Drake und Mitchel (1977) oft die Wirkung von Machtverhältnissen auf
Motivation und Einstellung von betroffenen Angestellten im Zentrum. Dies wiederum
lässt Rückschlüsse auf die Performance-Implikation von horizontalen
Machtverhältnissen zu (vgl. Homburg, Jensen und Klarmann, 2005). Wie Drake und
Mitchell (1977) nachweisen, kommt der horizontalen Machtverteilung eine ähnlich hohe
Relevanz zu wie der vertikalen.
Bezug nehmend auf die Analyse der Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb kann aus den eben vorgestellten Erkenntnissen aus der Forschung rund um
Machtverhältnisse zum einen abgeleitet werden, wie es zur Ausprägung verschiedener
Machtpositionen zwischen den beiden Abteilungen kommen kann. Zudem können auch
die unterschiedlichen Wege, eine Machtposition zur Beeinflussung anderer
Organisationsmitglieder auszunutzen, charakteristisch sein für unterschiedliche
Schnittstellenausprägungen. Hinsichtlich der Wahl eines geeigneten
Schnittstellendesigns ist die Analyse der Auswirkungen der horizontalen
Machtverteilung von hoher Relevanz.
Theoretische Grundlagen 53
Abbildung 9 fasst die gesamte theoretische Fundierung dieser Dissertation in einer
Übersicht zusammen. Im Zentrum steht dabei das Erkenntnisobjekt, die organisationale
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb. Es fällt zudem auf, dass zwei
Elemente der theoretischen Fundierung, Strukturanalyse sowie Analyse der
Machtverteilung, nicht als Theorien deklariert sind. Diese Einstufung stützt sich auf die
Definition von Sachs und Hauser (2002, S. 36), wonach eine Theorie "ein System logisch
widerspruchsfreier Aussagen über ein bestimmtes Forschungsgebiet beziehungsweise
über einen bestimmten Forschungsgegenstand ist." Sowohl die Arbeiten zum Thema der
Strukturanalyse als auch die Untersuchungen bezüglich der Machtverteilung in einer
Organisation sind hinsichtlich ihrer Ansätze und Aussagen noch zu heterogen, als dass
man bereits von einer eigentlichen Theorie im Sinne der oben genannten Definition
sprechen könnte. Die Theorien und Ansätze sind zudem entsprechend ihres
Erklärungsbeitrags zum Forschungsprojekt geordnet. Transaktionskostentheorie, Social
Exchange Theory und sozialpsychologische Theorien liefern einen verhaltensbezogenen
Erklärungsbeitrag. Der Erklärungsbeitrag von Ansätzen zur Strukturanalyse sowie zur
Analyse von Machtverteilung bezieht sich hingegen auf strukturelle Aspekte der
Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb. Das Forschungsfeld der
sozialen Netzwerke adressiert sowohl strukturelle als auch verhaltensbezogene Aspekte.
Abbildung 9: Theoretische Fundierung dieser Arbeit Quelle: eigene Darstellung.
Social Exchange Theory
Struktur-analyse
Analyseder Macht-verteilung
Strukturelle und macht-bezogeneneSchnittstellen-aspekte
Verhaltens- &mitarbeiter-bezogene
Schnittstellenaspekte
Sozialpsycho-logischeTheorien
Organisationale Schnittstelle
Analysesozialer
Netzwerke
Transaktions-kostentheorie
54 Theoretische Grundlagen
2.3.2 Theoretische Fundierungen zentraler Analysen zu organisationalen Schnittstellen
Zur weiteren Vertiefung der theoretischen Basis dieser Dissertation werden im
Folgenden bestehende Analysen zu organisationalen Schnittstellen hinsichtlich der
theoretischen Fundierung ihrer Schnittstellenmerkmale untersucht. Leider unterlassen es
zahlreiche Publikationen, die theoretische Fundierung der untersuchten
Schnittstellenmerkmale explizit zu erläutern. Tabelle 5 zeigt eine Übersicht über zentrale
Analysen zu organisationalen Schnittstelle mit der jeweiligen theoretischen Basis und
den zugehörigen Determinanten. Um einen möglichen Verlust an Genauigkeit zu
verhindern, ist diese Übersicht analog zu den Originalquellen in englischer Sprache
verfasst.9 Auch wenn das theoretische Fundament der jeweiligen Studie explizit
ausgeführt wird, unterlassen es die Autoren in der Regel, eine explizite Zuordnung der
untersuchten Schnittstellenmerkmale auf die herangezogenen Theorien vorzunehmen.
Somit bleibt es dem Leser überlassen, den spezifischen Erklärungsbeitrag der
verschiedenen Theorien zu identifizieren.
Tabelle 5: Beispiele von Modellspezifikationen organisatorischer Schnittstellen mit expliziter theoretischer Fundierung Quelle: eigene Recherche.
9 Diese Übersicht zeigt lediglich die erste Ebene der Schnittstellencharakteristika. Eine vollständige Darstellung der Modellspezifikationen befindet sich im Anhang A. 6.
Schnittstellencharakteristika• Information exchange• Operational linkages• Legal bonds• Cooperative norms• Mutual adaptations
• Structure• Senior management• Operating characteristics
• Resource dependence• Communications• Fairness• Interfunctional rivalry• Interfunctional distance
Quelle Theoretische FundierungCannon und Perreault(1999)
• Social psychology• Social exchange theory• Power and dependence• Transaction cost analysis• Interaction model
Dewsnap und Jobber (2000)
• Interaction collaboration analysis
Dewsnap und Jobber (2002)
• Social psychology• Contingency theory
• Intergroup differentiation (goal conflict; strength of in-group identity)
De Ruyter und Wetzels (2000)
• Relational exchange theory
Theoretische Grundlagen 55
Die Mehrheit der publizierten Studien verzichtet jedoch, wie oben erwähnt, auf eine
explizite Nennung der zugrunde liegenden Theorien. Tabelle 6 zeigt eine Übersicht von
Modellen organisationaler Schnittstellen ohne explizite theoretische Basis. Zur besseren
Verständlichkeit wurden mögliche theoretische Fundamente dieser Beiträge ergänzt.
Diese Ergänzung spiegelt ausschliesslich die persönliche Einschätzung des Autors wider.
Sie erhebt daher keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
QuelleMögliche theoretischeFundierung Schnittstellencharakteristika
Homburg, Jensen und Krohmer(2008)
• Contingency theory• Transaction cost theory• Theories of power
• Information sharing• Structural linkage• Power over market-related activities• Orientations (e.g. customer vs. product orientation)
• Knowledge
Rouzies et al. (2005)
• Social psychology• Social exchange theory
• Structure• Process/system• Organizational culture• People
Griffin und Hauser (1996)
• Social psychology• Transaction cost theory
• Relocation and facilities• Personnel movement• Social systems and culture• Organizational structure• Incentives and rewards• Formal integrative process
Dess, Newport und Rasheed(1993)
• Structural theory • Structure
Heide und John (1990)
• Human resource theories
• Joint action• Continuity• Verification efforts
Ruekert und Walker (1987)
• Social exchange theories
• Internal environment conditions• External environment conditions• Transactions between departments• Communication between departments • Coordination between departments
56 Theoretische Grundlagen
Tabelle 6: Beispiele von Modellspezifikationen organisationaler Schnittstellen ohne explizite theoretische Fundierung Quelle: eigene Recherche.
Die in Tabellen 5 und 6 aufgezeigten Beiträge untersuchen sowohl intraorganisationale
als auch interorganisationale Schnittstellen. Es wird deutlich, dass neben den aktuell
prominent diskutierten Theorien der Organisationsforschung wie Kontingenztheorie oder
Transaktionskostentheorie regelmässig auf sozialpsychologische Theorien abgestützt
wird, um die Modellspezifika herzuleiten. Nebst den "klassischen" Aspekten der
Organisationsstruktur, die meist auf die Arbeiten der Aston-Group zurückgehen (vgl.
Pugh et al., 1963; Pugh et al., 1968), werden häufig Aspekte der Organisationskultur, des
Informationsmanagements oder der Persönlichkeiten der betroffenen Mitarbeiter
berücksichtigt. In Ergänzung zu den klassischen Strukturdimensionen wie
Zentralisierung, Formalisierung, Spezialisierung oder Standardisierung wird bei der
Analyse organisationaler Schnittstellen zudem der Aspekt der Ressourcenabhängigkeit
(einseitig oder gegenseitig) berücksichtigt.
Gupta, Raj und Wilemon(1986)
• Structural theory• Social psychology
• Structural factors• Senior management • Operating characteristics• Sociocultural differences between departments
Sells (1964) • Social psychology • Personnel characters• Group and organizational characters• Environmental characters
Praktische Grundlagen 57
3 Praktische Grundlagen: Management von Dienstleistungsunternehmen
Wie bereits in der Einführung dargelegt, adressiert diese Untersuchung sämtliche
Dienstleistungs-unternehmen, die über eine dezidierte Revenue-Management-Abteilung
verfügen. Ziel dieses Kapitels ist es, die relevanten und grundlegenden Charakteristiken
und Unterscheidungsmerkmale von Dienstleistungs-unternehmen aufzuzeigen. Es geht
dabei nicht darum, alle konstitutiven Merkmale der Dienstleistungsindustrie zu erfassen.
Das Hauptaugenmerk liegt vielmehr auf denjenigen Aspekten von
Dienstleistungsunternehmen, denen aus Perspektive von Revenue Management und
Vertrieb besondere Relevanz zukommt. In Kapitel 3.1 werden die relevanten
Besonderheiten von Dienstleistungen erläutert. Kapitel 3.2 widmet sich
unterschiedlichen Geschäfts- und Vertriebsmodellen im Dienstleistungsmanagement.
Zudem nimmt Kapitel 3.3 Bezug auf die Existenz der adressierten Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb. Zusammen mit den in Kapitel 2 ausgeführten
theoretisch-konzeptionellen Grundlagen bildet dieses Kapitel die Grundlage für die in
Kapitel 4 zu erarbeitende Modellspezifikation.
3.1 Einführung: Besonderheiten von Dienstleistungen
In Kapitel 3.1.1 werden die einzelnen Phasen des Dienstleistungsprozesses diskutiert.
Kapitel 3.1.2 zeigt eine Übersicht über die zentralen Differenzierungsmerkmale von
Dienstleistungen gegenüber physischen Produkten. Wie bereits erwähnt, liegt der Fokus
der Ausführungen jeweils auf Aspekten, die im Hinblick auf die im Rahmen dieses
Projekts adressierten Forschungsfragen relevant sind.
3.1.1 Phasen in der Dienstleistungserbringung
Um die Grundzüge des Dienstleistungsmanagements nachvollziehen zu können, ist es
erforderlich, die einzelnen Phasen der Dienstleistungserbringung zu verstehen. Während
bei Gütern meist eine klare Sequenz von Produktion, Vertrieb resp. Erwerb und Konsum
identifiziert werden kann, welche ggf. durch sog. After-Sales-Services ergänzt werden,
gestaltet sich der Dienstleistungsprozess weniger intuitiv. Schmidt (2004) stellt den
Dienstleistungsprozess nach Corsten (1990), Finsterwalder (2002), Hilke (1989) und
Meffert und Bruhn (2000) in drei Phasen dar: (1) Potenzialphase, (2) Prozessphase und
58 Praktische Grundlagen
(3) Ergebnisphase. Abbildung 10 zeigt diese drei Phasen als Sequenz mit den jeweils
zugehörigen zentralen Merkmalen:
Abbildung 10: Phasen des Dienstleistungsprozesses Quelle: Schmidt, 2004.
In der Potenzialphase verfolgt der Dienstleistungsanbieter das Ziel, die erforderlichen
Ressourcen und Kapazitäten aufzubauen, die er für die Erbringung der Dienstleistung
benötigt. Dabei geht es sowohl um menschliche als auch um maschinelle
Leistungspotenziale. Mit dem Bereithalten der erforderlichen Kapazitäten signalisiert der
Dienstleistungsanbieter die Fähigkeit und Bereitschaft, einem potenziellen Nachfrager
gegenüber die entsprechende Dienstleistung zu erbringen. Zentrales Merkmal dieser
Phase im Dienstleistungsprozess ist somit ein Leistungsversprechen des
Dienstleistungsanbieters gegenüber dem Dienstleistungsnachfrager hinsichtlich der
Erbringung einer spezifischen Dienstleistung.
Entscheidet sich ein Interessent, die angebotene Dienstleistung zu erwerben, folgt auf die
Potenzialphase die sogenannte Prozessphase. Die eigentliche Dienstleistung wird erst in
der Prozessphase erstellt. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit zwischen
Dienstleistungsanbieter und Dienstleistungsempfänger (vgl. Bieger, 2007, S. 10), weil
für die "Produktion" der Dienstleistung externe Produktionsfaktoren benötigt werden, die
durch den Abnehmer selbst eingebracht werden müssen. So kann z. B. ein Friseur seine
Dienstleistung nicht in Abwesenheit des Kunden erbringen. Lehmann (1993, zit. in
Bieger, 2007) bezeichnet diesen Umstand als "Uno-Actu-Prinzip". Wie Malerei (2001)
betont, bezeichnet das Uno-Actu-Prinzip die Tatsache, dass Produktion und Übertragung
von Dienstleistungen zeitlich simultan erfolgen. Ungeachtet dessen erfolgt der Absatz
Ergebnisphase
Anbieter stellt die Möglichkeit für die Leistung zur Verfügung
ProzessphasePotenzialphase
Anbieter und Kundeerstellen die Leistunggemeinsam
Kunde nimmt die erstellte Leistung in Anspruch
Fähigkeit und Bereitschaft Tätigkeit Ergebnis der Tätigkeit
Zentrales Merkmal:
LeistungsversprechenZentrales Merkmal:
IntegrativitätZentrales Merkmal:
Immaterialität
DienstleistungsanbieterDienstleistungsnachfrager
Praktische Grundlagen 59
der Dienstleistung meist vorgängig, das heisst basierend auf dem Leistungsversprechen
aus der Potenzialphase. Analog dazu müssen auch Produktion und Verwertung von
Dienstleistungen nicht zwingend zeitlich und räumlich zusammenfallen (vgl. auch
Schmidt, 2004, S. 77).
In der Ergebnisphase tritt schliesslich die Wirkung der Dienstleistung ein. Mit Blick auf
eine Luftfahrtgesellschaft ist das Ergebnis der Dienstleistung z. B. die Tatsache, dass der
Dienstleistungs-empfänger mehr oder weniger entspannt an der Zieldestination
ankommt. Im oben genannten Beispiel des Friseurs beginnt die Ergebnisphase in dem
Moment, in dem der Kunde den Friseursalon mit einer neuen Frisur verlässt. Schmidt
(2004) zufolge zeichnet sich das Ergebnis einer Dienstleistung insbesondere durch seine
Immaterialität aus. Dies hat wiederum zur Folge, dass Dienstleistungen nicht
lagerungsfähig sind, also nicht auf Vorrat produziert werden können, und dass
Dienstleistungen in der Regel nicht transportfähig sind.
Die Beschreibung der einzelnen Phasen des Dienstleistungsprozesses lässt des Weiteren
Rückschlüsse auf die jeweiligen Hauptakteure zu. Während in der Potenzialphase in
erster Linie der Dienstleistungsanbieter gefordert ist, sind in der Prozessphase sowohl
Dienstleistungsanbieter als auch -nachfrager beteiligt. Die Ergebnisphase schliesslich
spielt sich primär auf der Seite des Dienstleistungsnachfragers ab. In Abbildung 10 ist
dieser Umstand mit den Farbverläufen zwischen Dienstleistungsanbieter (dunkelblau)
und –nachfrager (hellblau) angedeutet. Auch wenn die einzelnen Phasen des
Dienstleistungsprozesses als Sequenz von isolierten Einheiten dargestellt wurden, gilt es
abschliessend festzuhalten, dass diese scharfe Trennung in vielen Fällen nicht möglich
ist. Insbesondere Prozess- und Ergebnisphase überlagern sich u. a. bei zeitintensiven
Dienstleistungen. So tritt das gewünschte Ergebnis einer touristischen Reise (Erholung,
Anregung, Freude etc.) nicht erst nach Abschluss der Reise ein, sondern bereits während
des Aufenthaltes.
Die Tätigkeit der im Rahmen dieses Forschungsprojekts adressierten Abteilungen,
Revenue Management und Vertrieb, beeinflusst in erster Linie das Leistungsversprechen
des Unternehmens. Wie vorgängig ausgeführt, bestehen die primären Aufgaben der
Revenue-Manager im Kapazitäts- und im Preismanagement. Mit dem
Kapazitätsmanagement wird laufend das Potenzial beeinflusst, das einem bestimmten
Zielkundensegment zur Verfügung gestellt wird. Das Preismanagement wiederum wirkt
über Veränderungen des Preisbildes auf das Leistungsversprechen.
60 Praktische Grundlagen
3.1.2 Charakteristische Eigenschaften von Dienstleistungen
Wie im vorangehenden Kapitel bereits angedeutet, weisen Dienstleistungen im Vergleich
zu herkömmlichen Produkten signifikante Unterschiede auf, die auch mit Blick auf die
Tätigkeit von Revenue-Management-Abteilung und Vertrieb von grosser Relevanz sind.
Abbildung 11 zeigt die relevanten Eigenschaften von Dienstleistungen und die
resultierenden Konsequenzen für den Dienstleistungsanbieter in einer Übersicht:
Abbildung 11: Eigenschaften von Dienstleistungen Quelle: Bieger, 2007; Ng, 2007.
Der Aspekt der Intangibilität beschreibt den Umstand, dass im Rahmen der Herstellung
einer Dienstleistung keine Gütertransformation stattfindet und dass es beim Verkauf
einer Dienstleistung folglich nicht zu einem Eigentumstransfer kommt (vgl. Bieger,
2007, S. 11). Dies führt dazu, dass die Leistung aus Perspektive des Kunden zum
Erwerbszeitpunkt intransparent hinsichtlich tatsächlicher Leistungsqualität und
tatsächlichem Leistungsumfang erscheint.
Weiter gilt bezüglich der spezifischen Eigenschaften von Dienstleistungen festzuhalten,
dass ein Dienstleistungsanbieter über ein relativ fixes Kapazitätsangebot verfügt. Wie in
den einführenden Beispielen in Kapitel 1.1 bereits dargelegt, kann z. B. ein Hotel sein
Angebot an Zimmerkapazitäten nicht den saisonalen Schwankungen der Nachfrage
anpassen. Da sich viele Dienstleistungsanbieter mit ausgeprägten saisonalen
Dienstleistungseigenschaften Konsequenzen für die Produzenten
• Intangibilität • Intransparenz von tatsächlicher Leistungs-qualität und tatsächlichem Leistungsumfang beim Verkauf
• Relativ fixes Kapazitätsangebot
• Beschränkte Möglichkeit zum Ausgleich von Nachfrageschwankungen
• Uno-Actu-Prinzip (Zusammenfall von Konsum und Produktion)
• Kunde muss bei Dienstleistungserstellung anwesend sein
• Fehlende Lagerbarkeit von Dienstleistungen
• Heterogenität der Leistung • Unterschiedliche Zahlungsbereitschaft der Kunden
• Integrativität (Kunden beanspruchen Leistungsangebot unterschiedlich stark)
• Hohe Fixkosten • Gefahr hoher Verluste bei schlechter Kapazitätsauslastung
Praktische Grundlagen 61
Schwankungen der Nachfrage konfrontiert sehen, stellt eine möglichst kontinuierliche
Kapazitätsauslastung eine grosse Herausforderung dar.
In Kapitel 3.1.1 wurde bei der Beschreibung der Prozessphase das Uno-Actu-Prinzip
bereits erläutert. Aus Perspektive des Dienstleistungsanbieters resultiert aus dem damit
bezeichneten Zusammenfallen von Konsum und Produktion eine fehlende
Lagerfähigkeit. Anders als Unternehmen im Gütersektor können Dienstleister
Nachfrageschwankungen somit nicht durch entsprechende Lagerhaltung abfedern.
Mit der Heterogenität der Leistung wird ein Umstand beschrieben, der bereits bei der
Erläuterung der Ergebnisphase angesprochen wurde. Da die Kunden selbst aktiv an der
Herstellung der Dienstleistung beteiligt sind, ist sowohl die Bewertung des Ergebnisses
als auch die Ressourcenbeanspruchung im Produktionsprozess sehr unterschiedlich.
Aufgrund der Individualität der Leistung haben unterschiedliche Kunden demzufolge
auch eine unterschiedliche Zahlungsbereitschaft für dasselbe Produkt. Gleichzeitig sind
infolge der unterschiedlichen Ressourcenbeanspruchung auch die Herstellungskosten
einer Dienstleistung bei unterschiedlichen Kunden nicht identisch (vgl. Friege, 1997, S. 9
ff., zit. in Bieger, 2007). Es besteht dementsprechend die Gefahr einer
Quersubventionierung der teureren, anspruchsvolleren Kunden durch die Abnehmer mit
einem günstigeren Produktionsprozess.
Der letzte Aspekt, den es hinsichtlich der Besonderheiten von Dienstleistungen
herauszustreichen gilt, sind die hohen Fixkosten in der Herstellung. Entscheidet sich z. B.
eine Airline dazu, an einem bestimmten Tag eine bestimmte Strecke mit einem
bestimmten Flugzeugtyp zu bedienen, dann sind ein grosser Teil der mit diesem Flug
verbundenen Kosten bereits festgelegt. Zwar verursacht ein zusätzlicher Passagier sehr
wohl variable Kosten (Ground-Handling-Gebühren, On-Board-Verpflegungskosten etc.).
Diese sind jedoch relativ zu den Fixkosten von untergeordneter Bedeutung. Überdies
wird ein Teil der variablen Kosten in Form von Gebühren o. Ä. an die Passagiere
weitergegeben. Für die Dienstleistungsanbieter birgt dieser hohe Fixkostenanteil die
Gefahr hoher Verluste, falls die angebotene Kapazität nur schlecht ausgelastet werden
kann.
In Ergänzung zu den oben genannten Eigenschaften von Dienstleistungen nennt
Middleton (2001, S. 45) als spezifisches Charakteristikum von Reise- und
Tourismusdienstleistungen die Saisonalität der Nachfrage. Da z. B. weite Teile von
Nordeuropa und den USA die Sommerferien in den Monaten Juni bis September
62 Praktische Grundlagen
beziehen, herrscht in diesen Monaten eine wesentlich grössere Nachfrage als in den
Monaten davor und danach.
Zusätzlich zum Verständnis des Prozesses von Herstellung, Verkauf und Konsumation
von Dienstleistungen und deren eben aufgezeigten spezifischen Eigenschaften, scheint es
sinnvoll, das breite Spektrum der Dienstleistungen mit Hilfe eines
Klassifizierungsschemas zu strukturieren. Meffert und Bruhn (2000, S. 39 ff.)
unterscheiden eindimensionale, zweidimensionale und mehrdimensionale
Dienstleistungstypologien. Zweidimensionale Typologien bieten eindimensionalen
Varianten gegenüber den Vorteil, dass sie zugleich zwei Unterscheidungsmerkmale
berücksichtigen und somit eine präzisere Unterscheidung zulassen. Gleichzeitig sind sie
im Vergleich zu den mehrdimensionalen Kategorisierungsschemen wesentlich einfacher
zu handhaben. Aus diesem Grund beschränkt sich diese Arbeit auf die Diskussion
zweidimensionaler Typologisierungen. Meffert und Bruhn (2000) untersuchen im
Rahmen der zweidimensionalen Kategorisierungen zum einen beziehungsbezogene
Typologisierungen und zum anderen transaktionsbezogene Typologisierungen. Erstere
analysieren die Beziehung zwischen Dienstleistungsanbieter und -empfänger hinsichtlich
ihrer grundsätzlichen Ausgestaltung (befinden sich die beiden in einem
mitgliedschaftsähnlichen Verhältnis, oder besteht keine formale Beziehung) sowie
hinsichtlich der Art der Leistungserstellung (kontinuierlich oder diskret). Der Vorteil
dieser Kategorisierung ist die Tatsache, dass sie der grossen Relevanz der Beziehung
zwischen Dienstleister und Kunde Rechnung trägt. Weitaus häufiger findet jedoch eine
Unterscheidung anhand transaktionsbezogener Charakteristika statt. Der Charakter des
Dienstleistungsprozesses wird dabei zum einen anhand des Dienstleistungsergebnisses
sowie anhand des Dienstleistungsempfängers im engeren Sinne festgemacht (vgl.
Meffert und Bruhn, 2000, S. 44 f.). Abbildung 12 zeigt eine transaktionsbezogene
Typologisierung von Dienstleistungen, die ursprünglich von Lovelock (1991) entwickelt
und dann von Meffert und Bruhn (2000) sowie von Fitzsimmons und Fitzsimmons
(2006) übernommen wurde.
Praktische Grundlagen 63
Abbildung 12: Typen von Dienstleistungen Quelle: Meffert und Bruhn, 2000; Lovelock, 1991; Fitzsimmons und Fitzsimmons, 2006.
Ursprünglich waren in erster Linie Dienstleistungen mit einem tangiblen
Dienstleistungsprozess Zielobjekte für Preis- und Kapazitätsoptimierungen im Rahmen
des Revenue Management. In der jüngeren Revenue-Management-Entwicklung stehen
aber auch zunehmend Dienstleistungen mit intangiblem Dienstleistungsprozess im
Zentrum. Chiang, Chen und Xu (2007) führen zahlreiche Studien auf, die sich mit der
Einführung von Revenue-Management-Systemen in neuen Industrien beschäftigen. So
analysieren Dube, Hayel und Wynter (2005), Wynter, Dube und Liu (2004) sowie Nair
und Bapna (2001) die Anwendung von Revenue-Management-Techniken in IT-Services
und Internet-Services; Lindemann, Lohmann und Thümmler (2004) behandeln die
Optimierung von Mobilfunkangeboten durch Revenue Management; Raution, Anttila
und Tuominen (2006), Kimms und Müller-Bungart (2006) sowie Mangani (2006)
analysieren schliesslich den Einsatz von Revenue Management in TV-, Rundfunk- und
weiteren Mediendienstleistungen (vgl. Chiang et al., 2007, S. 102).
3.2 Unterschiedliche Geschäfts- und Vertriebsmodelle
Die in Kapitel 3.1.2 eingehend beschriebenen, spezifischen Charakteristika von
Dienstleistungen stellen den Dienstleistungsanbieter hinsichtlich des Vertriebs seines
Leistungsangebots vor besondere Herausforderungen. Aufgrund der Immaterialität der
Welchen Charakter hat
der Dienstleistungs-
prozess
Berührbar(Tangibel)
Unberührbar(Intangibel)
Mensch Objekt
Dienste, die auf den menschlichenKörper gerichtet sind:• Gesundheitswesen• Schönheitssalons• Restaurants• Friseursalons
Wer oder was ist der direkte Empfänger der Dienstleistung?
Physische Präsenz des
Kunden erforderlich
Dienste, die auf Güter oder anderephysische Besitztümer gerichtet sind:• Fracht-/Transportwesen• Reparatur- oder Unterhaltsservice• Reininungsunternehmen• Müllverbrennungsunternehmen
Physische Präsenz des
Kunden nicht erforderlich
Dienste, die auf den Intellektdes Menschen gerichtet sind:• Ausbildung• Rundfunk und TV• Informationsdienste• Theater
Geistige Präsenz des Kunden
erforderlich
Dienste, die auf immaterielleVermögenswerte gerichtet sind:• Bankwesen• Steuerberater• Versicherungswesen• Rechtsberatung
Geistige Präsenz des Kunden
nur zeitweise erforderlich
64 Praktische Grundlagen
Dienstleistung und der Integration des Kunden als externen Faktor in den
Produktionsprozess basiert der Vertragsabschluss bei Dienstleistungen meist nicht auf
der eigentlichen Leistung, sondern vielmehr auf einem Leistungsversprechen, das der
Anbieter dem Kunden gegenüber ausspricht. Dies bedeutet für den Kunden eine erhöhte
Unsicherheit, ob das Angebot tatsächlich seinen Bedürfnissen gerecht wird. Zudem
erfordert dies, dass der Vertrieb das Leistungsangebot sehr gut kennt, um allfällige
Fragen des Kunden beantworten zu können.
Das Vertriebsmodell einer Firma muss diesen Umständen Rechnung tragen. Je höher die
Unsicherheit des Kunden beim Kauf einer Dienstleistung ist, desto mehr Beratung muss
durch den jeweiligen Vertriebskanal geboten werden können, um den Kunden trotzdem
zum Kauf zu bewegen. Die Unsicherheit seitens des Käufers nimmt zu mit steigendem
Preis und steigender Komplexität des Leistungsangebots, was bedingt, dass die
Vertriebsmitarbeiter gut ausgebildet sind.
Die Charakteristika der Dienstleistungen bieten den Firmen jedoch auch Vorteile. Da
häufig keine Leistungserbringung unmittelbar beim Kauf der Dienstleistung erforderlich
ist, können viele Unternehmen ihr Vertriebssystem sehr gut skalieren. So kann z. B. ein
Hotel an einer Ferienmesse Übernachtungen verkaufen, ohne vor Ort mit einem Bett
präsent zu sein. Dies führt im Vertrieb von Dienstleistungen oftmals auch zum
kombinierten Angebot mehrerer komplementärer Leistungen über die gleiche
Verkaufsstelle. Als Beispiel sei hier die Verkaufsstelle für Eintrittskarten zur Oper
genannt, wo gleichzeitig auch Buchungen für Hotelübernachtungen entgegengenommen
werden.
Meffert und Bruhn (2000) diskutieren unterschiedliche Vertriebssysteme anhand von
zwei Dimensionen: Vertriebsobjekt und Vertriebsweg. Beim ersten Kriterium wird
untersucht, was dem Kunden bei Vertragsabschluss überreicht wird. Wie oben erwähnt,
besteht das Vertriebsobjekt bei Dienstleistungen meist in einem Leistungsversprechen.
Es gibt jedoch auch Situationen, in denen die eigentliche Leistung direkt verkauft werden
kann (z. B. bei Fast-Food-Ketten). Das zweite Unterscheidungsmerkmal geht
grundsätzlich der Frage nach, ob die Leistung direkt oder indirekt vertrieben wird. Wird
die Leistung direkt vertrieben, dann übernimmt der Dienstleistungsanbieter die
Vertriebsaufgaben selbständig. Hierbei wird weiter unterschieden, ob der Direktvertrieb
unmittelbar erfolgt (Eigenvertrieb) oder ob er mittelbar organisiert ist (Filialsystem,
Franchisesystem oder Online-Vertrieb). Von indirektem Vertrieb wird gesprochen, wenn
der Dienstleistungsanbieter unabhängige Drittunternehmen mit dem Vertrieb seiner
Praktische Grundlagen 65
Leistungen beauftragt. Abbildung 13 zeigt die resultierenden alternativen
Vertriebssysteme in einer Übersicht:
Abbildung 13: Vertriebssysteme für Dienstleistungen Quelle: Meffert und Bruhn, 2000, S. 556; eigene Ergänzungen.
Im Folgenden werden die einzelnen Vertriebssysteme bezüglich ihrer Schnittstelle zur
Revenue-Management-Abteilung untersucht. Dabei wird unterstellt, dass die Revenue-
Management-Aufgaben von einer zentralen Abteilung wahrgenommen werden,
unabhängig davon, ob der Vertrieb zentral oder dezentral organisiert ist. Die
resultierenden Beschreibungen sind nicht als absolut zu betrachten, sondern als
tendenzielle Aussagen. Die Frage, ob der Vertrieb die eigentliche Leistung oder ein
Leistungsversprechen verkauft, ist hierbei nicht von primärer Relevanz. Die Interaktion
zwischen Revenue Management und Vertrieb hat unabhängig von der Art des
Vertriebsobjekts zu erfolgen. Es ist jedoch aufgrund der Vorbedingungen, die Revenue
Management erst vorteilhaft erscheinen lassen (vgl. Kapitel 1.1), davon auszugehen, dass
vor allem Produkte, die als Leistungsversprechen verkauft werden, für das Revenue
Management interessant sind.
Unmittelbarer Direktvertrieb: Dieses zentralisierte Vertriebssystem bedingt i. d. R. eine
hohe räumliche Nähe von Vertriebs- und Revenue-Management-Abteilung. Weil zudem
keine aussenstehenden Vertriebseinheiten bestehen, ist die Zahl der Vertriebsmitarbeiter
Auf welchem Weg wird
die Dienstleistung
vertrieben?
Direkt
Indirekt
Eigentliche Leistung Leistungsversprechen
Verkauf der Leistung zentral im eigenen Geschäft (z. B. Restaurant)
Welches Objekt wird vertrieben?
Vorverkauf der Leistung im eigenen Geschäft (z. B. Vorverkauf von Eintrittskarten durch ein Kino)
Verkauf der Leistung durch unab-hängigen Anbieter (z. B. Verkauf eines Anlageprodukts durch Vermögensverwalter)
Vorverkauf der Leistung durch unab-hängigen Anbieter (z. B. Reise-verkauf durch unabhängiges Reisebüro)
Unmittelbar (Eigenvertrieb)
Mittelbar (Filialsystem)
Mittelbar (Fran-chisesystem)
Mittelbar (Online-Vertrieb)
Verkauf der Leistung dezentral in eigenen Verkaufsstellen (z. B. Bank)
Vorverkauf der Leistung dezentral über eigene Verkaufsstellen (z. B. Reiseverkauf durch Veranstalter-Reisebüro)
Verkauf der Leistung dezentral in autonomen Verkaufsstellen (z. B. Fast-Food-Kette)
Vorverkauf der Leistung dezentral über autonome Verkaufsstellen (z. B. Ticket-verkauf über Konzertagentur)
Verkauf der Leistung dezentral über das Internet (z. B. E-Banking)
Vorverkauf der Leistung dezentral über das Internet (z. B. Online-Ticketverkauf einer Airline)
66 Praktische Grundlagen
im Vergleich zu den anderen Vertriebsmodellen klein. Für die Revenue-Manager ist die
Vertriebsabteilung somit gut überschaubar. Dies ermöglicht den Revenue-Managern zum
einen eine flexible, zeitnahe Einflussnahme auf die Vertriebsbemühungen. Zum anderen
haben die Vertriebsmitarbeiter gute Möglichkeiten, der Revenue-Management-Abteilung
Feedback aus ihren Marktaktivitäten zu geben.
Mittelbarer Direktvertrieb über Filialsystem: Wie in der Übersichtsgrafik bereits
festgehalten, handelt es sich hierbei um ein dezentrales Vertriebssystem.
Dementsprechend ist die räumliche Nähe von Vertrieb und Revenue Management nicht
mehr ähnlich hoch wie beim vorgängig beschriebenen, unmittelbaren Direktvertrieb.
Hinzu kommt, dass im Vergleich zum unmittelbaren Direktvertrieb die Zahl der
Vertriebsmitarbeiter i. d. R. höher ist. Es ist aber davon auszugehen, dass die Filialen
über eine zentrale Vertriebsabteilung geführt werden. Die Revenue-Manager haben somit
zwar die Möglichkeit, mit der zentralen Vertriebsleitung zu interagieren, die
Vertriebsmitarbeiter in den Filialen werden jedoch meist ausschliesslich mit den
Ergebnissen der Steuerungsbemühungen der Revenue-Manager konfrontiert.
Mittelbarer Direktvertrieb über Franchisenehmer: Dieses Vertriebssystem gleicht
hinsichtlich der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb dem eben
vorgestellten System des Filialbetriebs. Einziger Unterschied ist die Tatsache, dass die
Franchisenehmer aufgrund höherer Eigenverantwortung eine grössere Autonomie in
Entscheidungsprozessen geniessen. Es wird für die Revenue-Manager dementsprechend
schwieriger, eine neue Vertriebsinitiative zu lancieren, von der die Vertriebsmitarbeiter
nicht restlos überzeugt sind.
Mittelbarer Direktvertrieb über Online-Plattform: In diesem Vertriebsmodell werden die
Aufgaben des Vertriebsmitarbeiters durch eine Online-Plattform übernommen. Der
Kunde ist dadurch in der Lage, selbständig eine Anfrage für das von ihm gewünschte
Dienstleistungsangebot einzugeben. Die Revenue-Management-Abteilung ist dadurch in
der Lage, direkt auf die Interaktion mit dem Kunden Einfluss zu nehmen. Im Vergleich
zu den anderen direkten Vertriebsmodellen zeichnet sich der Vertrieb über eine Online-
Plattform durch eine sehr hohe Implementierungsgeschwindigkeit von Revenue-
Management-Entscheiden aus. Es ist jedoch anzumerken, dass auch bei einem Online-
Vertrieb den Kunden meist zusätzlich physische Ansprechpersonen zur Verfügung
stehen. Diese Vertriebsmitarbeiter beschäftigen sich mit Spezialsituationen, die nicht von
der Online-Plattform abgedeckt werden können (z. B. Gruppenbuchungen bei einer
Praktische Grundlagen 67
Airline). Die Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb beschränkt sich
somit auf die Behandlung von speziellen Kundenanfragen.
Indirekter Vertrieb: Auf den ersten Blick scheint es hier bei der Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb um eine interorganisationale Beziehung zu handeln,
weil die vertreibenden Gesellschaften unabhängige Unternehmen sind. Aus Perspektive
des Dienstleistungsanbieters leiten diese Vertriebsgesellschaften die Kundenanfragen
jedoch i. d. R. einfach an den Dienstleister weiter, wo diese dann bearbeitet werden.
Somit ähnelt auch der indirekte Vertrieb wieder den eben beschriebenen Alternativen
direkter Vertriebsmodelle. Werden die Anfragen der unabhängigen
Vertriebsgesellschaften automatisch bearbeitet, bestehen entscheidende Parallelen zum
Direktvertrieb über eine Online-Plattform. Die Revenue-Management-Abteilung kann
somit wieder direkt auf das Angebot Einfluss nehmen, das dem Endkunden präsentiert
wird. Erneut ist davon auszugehen, dass intern eine Vertriebsabteilung für
Spezialanfragen zur Verfügung steht, die wiederum regelmässig mit der Revenue-
Management-Abteilung interagiert. Werden die Anfragen der unabhängigen
Vertriebsorganisationen manuell bearbeitet, entspricht dies intern dem unmittelbaren
Direktvertrieb. Hier besteht für die Revenue-Management-Abteilung wiederum die
Möglichkeit, flexibel und zeitnah auf die Angebotsstruktur Einfluss zu nehmen.
Abschliessend ist hinsichtlich des indirekten Vertriebs auch die Möglichkeit zu
erwähnen, dass die unabhängigen Vertriebsgesellschaften Kapazitätseinheiten auf Vorrat
einkaufen und diese möglichst teuer an ihre Kunden weiterverkaufen. Dadurch
verschiebt sich die Grundfunktion des Revenue Management vom Dienstleister hin zu
den unabhängigen Vertriebsgesellschaften. Ein Beispiel hierfür ist ein Reiseveranstalter,
der bei einem Hotel für eine Saison eine Anzahl Übernachtungen als Risikokapazität
einkauft und diese als Pauschalreisepakete mit Flug und Transport an die Endkunden
weiterverkauft. Verkauft ein Dienstleistungsanbieter sämtliche Kapazitätseinheiten im
Voraus an unabhängige Vertriebsgesellschaften, entfällt für ihn die Möglichkeit zum
Revenue Management komplett.
Die eben vorgestellten Vertriebsmodelle kommen häufig nicht isoliert, sondern in
kumulierter Form vor. Ein grosser Reiseveranstalter vertreibt seine Leistungen in der
Regel zeitgleich über eigene und unabhängige Reisebüros, über die eigene Website, über
Online-Portale von unabhängigen Drittanbietern sowie über ein eigenes Call-Center.
Dadurch entstehen mehrere Schnittstellen zwischen Revenue Management und Vertrieb.
68 Praktische Grundlagen
Mit anderen Worten kommt dem Management der Interaktion zwischen diesen beiden
Funktionsbereichen dadurch eine noch grössere Bedeutung zu.
3.3 Voraussetzungen für die Existenz der adressierten Schnittstelle
In diesem Abschnitt wird die Frage diskutiert, unter welchen Umständen die
angesprochene organisationale Schnittstelle überhaupt existieren kann. Ziel dabei ist es,
die vorgängig erläuterten Grundlagen zu relevanten Aspekten der
Dienstleistungsindustrie weiter zu konkretisieren, um das Verständnis für das eigentliche
Untersuchungsobjekt dieses Forschungsprojekts zu verbessern.
Dienstleistungsanbieter: Aus den vorhergehenden Kapiteln geht hervor, dass die
angesprochene organisationale Schnittstelle ausschliesslich in Dienstleistungsfirmen
vorzufinden ist. In Ergänzung zu den in Kapitel 3.1.2 aufgeführten Eigenschaften von
Dienstleistungen ist es zudem erforderlich, dass sich der Dienstleistungsanbieter mit
einer heterogenen Nachfrage konfrontiert sieht. Die Heterogenität der Nachfrage erlaubt
es dem Anbieter, sein i. d. R. homogenes Dienstleistungsangebot den spezifischen
Bedürfnissen seiner Zielkundengruppen anzupassen, um dadurch einen grösseren Teil
der Zahlungsbereitschaft der jeweiligen Kundengruppen abzuschöpfen.
Risikokapazität: Bei der Vorstellung alternativer Vertriebsmodelle in Kapitel 3.2 wurde
erwähnt, dass es bei einem indirekten Vertriebssystem möglich ist, das gesamte
Kapazitätsangebot im Voraus an die unabhängigen Vertriebsgesellschaften zu verkaufen.
Der Dienstleistungsanbieter verfügt in dieser Situation nicht mehr über
Risikokapazitäten, die es auszulasten gilt. Dadurch geht auch das Bedürfnis verloren, das
aktuell verbleibende Kapazitätsangebot durch Revenue-Management-Techniken
umsatzmaximal auszulasten. Dementsprechend ist es ein weiteres Erfordernis für die
Existenz der Schnittstelle zwischen Revenue-Management-Abteilung und
Vertriebsabteilung, dass der Dienstleistungsanbieter selbst über Risikokapazitäten
verfügt, die er optimal auslasten muss.
Unternehmensgrösse: Es ist anzunehmen, dass auch kleine Unternehmen im
Dienstleistungssektor dazu übergegangen sind, ihr Kapazitätsangebot durch Revenue-
Management-Techniken besser auszulasten. Dass diese kleinen Unternehmen deswegen
jeweils eine neue Abteilung gründen, scheint wenig wahrscheinlich. Vielmehr ist zu
erwarten, dass die Vertriebsmitarbeiter zusätzlich mit Revenue-Management-Aufgaben
betraut sind. Dadurch entsteht zwar theoretisch eine Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb, diese besteht jedoch in Tat und Wahrheit nur aus einer
Praktische Grundlagen 69
Person, die gleichzeitig zwei unterschiedliche Funktionen wahrnimmt. Eine
Untersuchung der Ausgestaltung der organisationalen Schnittstelle zwischen diesen
beiden Abteilungen ist in diesem Fall nicht möglich. Dementsprechend ist es ein weiteres
Erfordernis, dass mindestens eine Person ausserhalb des Vertriebs explizit die Revenue-
Management-Aufgaben wahrnimmt.
70 Modellspezifikation
4 Modellspezifikation
In diesem Kapitel wird basierend auf den in den vorhergehenden Kapiteln diskutierten
Grundlagen die Modellspezifikation der Schnittstelle zwischen Revenue Management
und Vertrieb entwickelt. Um dem angestrebten Forschungsziel der praktischen
Anwendbarkeit Rechnung zu tragen, wurde die hier vorgestellte Modellspezifikation mit
Experten aus der unternehmerischen Praxis auf Vollständigkeit und Aussagekraft der
einzelnen Komponenten untersucht. Die Erläuterung der Modellspezifikation beginnt mit
konzeptionellen Grundzügen der Modell- und Hypothesenbildung (Kapitel 4.1),
anschliessend werden die charakteristischen Merkmale der Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb vorgestellt (Kapitel 4.2). Danach werden
Kontextfaktoren (Kapitel 4.3) und Performance-Grössen (Kapitel 4.4) erläutert. In
Kapitel 4.5 werden sämtliche Elemente der Modellspezifikation in einem integrierten
Rahmen dargestellt.
4.1 Grundzüge der Modell- und Hypothesenbildung
Das angestrebte Erklärungsziel, die Identifikation geeigneter Ausprägungen der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb (vgl. Kapitel 1.3.2), legt die
Formulierung eines Kausalmodells nahe. Bortz und Döring (2006) folgend werden
mithilfe kausaler Hypothesen die gegenseitigen Beziehungen verschiedener Variablen
dargestellt, wobei sog. unabhängige Variablen für die Ausprägung sog. abhängiger
Variablen verantwortlich zeichnen. Mit der Formulierung und der Überprüfung kausaler
Hypothesen werden Aussagen über gemeinsame oder gegensätzliche Entwicklungstrends
der untersuchten Variablen gemacht. Es ist jedoch nicht möglich, durch statistische
Verfahren Kausalzusammenhänge zu beweisen (vgl. u. a. Atteslander, 2008; Bortz und
Döring, 2006; Punch, 2005). Kausale Zusammenhänge können nur im Rahmen
theoretischer Überlegungen bei der Forschungskonzeption erarbeitet werden (vgl.
Atteslander, 2008, S. 297). Statistisch nachweisbar ist lediglich eine allfällige
Korrelation zwischen zwei Variablen.
Dieses Forschungsprojekt adressiert eine Fragestellung aus dem Bereich der
Organisationsforschung. Als unabhängige Variablen werden dementsprechend Aspekte
der Organisationsausgestaltung betrachtet, als abhängige Variablen fliessen Indikatoren
der Unternehmensperformance in die Untersuchung mit ein. Im Kontext der
Modellspezifikation 71
Untersuchung der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb sind die
unabhängigen Variablen die charakteristischen Merkmale dieser organisationalen
Schnittstelle.
Die identifizierten charakteristischen Merkmale der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb werden zu Hypothesen verdichtet. Schnell, Hill und Esser
(2005) folgend sind Hypothesen in Aussageform gekleidete Fragestellungen. Sie
bezeichnen entweder eine "Wenn-dann"-Beziehung zwischen zwei oder mehreren
Variablen oder eine "Je-desto"-Beziehung. Ausgangspunkt der Hypothesenbildung in
dieser Forschungsarbeit sind zum einen die in Kapitel 2 präsentierte theoretische
Fundierung und zum anderen die Ergebnisse der qualitativ-explorativen Vorstudie.
4.2 Merkmale der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
Die Charakterisierung der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
erfolgt anhand von vier Gruppen von Schnittstellenmerkmalen. Abbildung 14 zeigt diese
Dimensionen in einer Übersicht.
Abbildung 14: Übersicht Schnittstellenmerkmale Quelle: eigene Darstellung.
Die Entwicklung dieser Schnittstellencharakterisierung stützt zum einen auf die in
Kapitel 2.3 dokumentierte theoretische Fundierung dieses Forschungsprojekts. Aus dem
theoretischen Fundament lassen sich mehrere Schnittstellencharakteristika direkt
Revenue Management
Vertrieb
Strukturelle Aspekte• Formalisierungsgrad• Standardisierungsgrad• Zentralisierungsgrad
• Physische und organisatorische Nähe• Gemeinsame Planung• Teamwork
Verhaltensnormen• Flexibilität• Informationsaustausch• Solidarität
Machtverhältnisse
Mitarbeiterbezogene Aspekte• Produktkenntnis• Marktkenntnis
• Kurzfristige vs. langfristigeOrientierung
• Konfliktverhalten
72 Modellspezifikation
ableiten. So finden zum Beispiel die Analysen zur Machtverteilung mit dem Merkmal
"Machtverteilung" direkten Eingang in die Modellspezifikation. Darüber hinaus lässt sich
aus bestehenden Analysen zu inter- und intraorganisationalen Schnittstellen eine
umfangreiche Liste möglicher Schnittstellencharakteristika ableiten. Anhang A. 6 zeigt
eine Übersicht der relevanten Artikel mit Schnittstellenanalysen und die dazugehörigen
Schnittstellenmerkmale. Dies Selektion der hier abgebildeten Schnittstellenmerkmale
erfolgte vor dem Hintergrund der spezifischen Relevanz für die untersuchte Schnittstelle
sowie der Operationalisierbarkeit. Des weiteren wurden die Schnittstellencharakteristika
mit Experten aus der unternehmerischen Praxis hinsichtlich Vollständigkeit, Relevanz
und Verständlichkeit diskutiert.
Nachfolgend werden die einzelnen Dimensionen mit der jeweils zugehörigen Quelle
detailliert erläutert. Zunächst wird jeweils beschrieben, was mit dem angesprochenen
Schnittstellenmerkmal genau gemeint ist. Anschliessend wird basierend auf bestehenden
Untersuchungen sowie auf den Expertengesprächen die Bedeutung dieses Merkmals für
die Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb erläutert.
4.2.1 Strukturelle Aspekte
Homburg et al. (2008) folgend wird die Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb auf
strukturelle Aspekte hin untersucht. Damit werden
sämtliche Schnittstellencharakteristika berücksichtigt,
die sich unmittelbar aus der Organisationsstruktur und
der Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen
Abteilungen ergeben. Zentral für die Identifikation der
strukturellen Aspekte sind die Beiträge von Pugh et al.
(1963) sowie Pugh et al. (1968). Die Autoren erarbeiten
ein empirisch fundiertes Set von Strukturdimensionen,
anhand derer die strukturellen Charakteristika einer
Organisation beschrieben werden können.
4.2.1.1 Formalisierungsgrad
Im Rahmen der Analyse von verschiedenen
Organisationsausprägungen kommt dem
Formalisierungsgrad zentrale Bedeutung zu. Bei der Untersuchung von Marketing-
Abbildung 15: Detailübersicht strukturelle Aspekte Quelle: eigene Darstellung.
Strukturelle Aspekte
Formalisierungsgrad
Standardisierungsgrad
Zentralisierungsgrad
Räumliche und organisatorische Nähe
Gemeinsame Planung
Teamwork
Modellspezifikation 73
organisationen ist er die am häufigsten untersuchte Dimension (vgl. Dastmalchian und
Boag, 1990; Ruekert, Walker und Roering, 1985). Der Formalisierungsgrad beschreibt
den Interaktionsprozess zwischen den beiden untersuchten Abteilungen. Je stärker die
Zusammenarbeit genau festgelegten Prozessen folgt und je mehr dieser Prozesse in
schriftlicher Form dokumentiert sind, desto höher ist der Formalisierungsgrad der
organisatorischen Schnittstelle (vgl. Homburg et al., 2008, S. 138). Ein hoher
Formalisierungsgrad reduziert in einem konfliktbelasteten Umfeld wie der Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb die Möglichkeiten der Akteure, durch
taktisches Verhalten die eigene Position durchzusetzen. Wenn zum Beispiel sämtliche
Bearbeitungsfristen schriftlich definiert sind, ist es wesentlich schwieriger, eine Anfrage
der Gegenseite unbeantwortet zu lassen. Gleichzeitig reduziert ein hoher
Formalisierungsgrad aber auch die Flexibilität der Interaktion zwischen den beiden
Abteilungen. Es lässt sich also mit Blick auf die Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb nicht im Voraus klar sagen, ob ein hoher oder ein tiefer
Formalisierungsgrad anzustreben ist.
4.2.1.2 Standardisierungsgrad
Analog zum Formalisierungsgrad setzt sich auch der Standardisierungsgrad mit den
Interaktionsprozessen der beiden Abteilungen auseinander. Konkret geht es hierbei
darum, ob die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb einem
standardisierten Prozess folgt oder ob die Parteien situationsspezifisch interagieren. Je
stärker die Abteilungen aufgefordert sind, auf jeweils aktuelle Begebenheiten Rücksicht
zu nehmen, desto geringer wird der Standardisierungsgrad ausfallen. Aufgrund
entsprechender Hinweise von Revenue-Management-Experten im Rahmen der
Verifizierung der Modellspezifikation berücksichtigt der Standardisierungsgrad auch den
Aspekt des Eskalationsprozesses. Hierbei geht es um die Frage, wie im Falle einer
signifikanten Meinungsverschiedenheit vorgegangen wird. Existiert ein anerkannter
Eskalationsprozess, dann ist dies im Sinne der Modellspezifikation gleichzusetzen mit
einem hohen Standardisierungsgrad. Die Integration des Eskalationsprozesses in den
Aspekt der Standardisierung ist darauf zurückzuführen, dass die Zusammenarbeit
zwischen Revenue Management und Vertrieb, wie in den einleitenden Kapiteln
ausgeführt, sehr häufig konfliktbehaftet ist. Die Existenz eines standardisierten
Eskalationsprozesses führt also automatisch zu einem hohen Standardisierungsgrad der
Interaktion der beiden Abteilungen.
74 Modellspezifikation
4.2.1.3 Zentralisierungsgrad
Der Zentralisierungsgrad adressiert nicht direkt die Interaktion zwischen Revenue
Management und Vertrieb, sondern die Art der Entscheidungsfindung innerhalb der
beiden Abteilungen. Untersucht wird, ob Entscheidungen dezentral getroffen werden
können oder stets zentral abgestimmt werden müssen. Je höher die Selbstautonomie der
Teammitglieder, desto geringer ist dementsprechend der Zentralisierungsgrad der
untersuchten Abteilung. In einer Revenue-Management-Abteilung mit geringem
Zentralisierungsgrad können die Revenue-Manager also zum Beispiel Entscheide
hinsichtlich der Annahme oder der Rückweisung einer Gruppenbuchung selbständig
fällen. Analog dazu kann ein Mitarbeiter einer Vertriebsabteilung mit geringem
Zentralisierungsgrad zum Beispiel autonom über die Lancierung einer Vertriebsinitiative
in einer bestimmten Region entscheiden. Ein hoher Zentralisierungsgrad wirkt sich
dahingehend auf die Zusammenarbeit zwischen den beiden Funktionsbereichen aus, dass
sich Entscheidungszeiten aufgrund der erforderlichen, abteilungsinternen
Abstimmungsprozesse verlängern.
4.2.1.4 Räumliche und organisatorische Nähe
Die Untersuchung verschiedener Dimensionen von Nähe zwischen Abteilungen oder
Organisationen findet besonders in der Innovationsforschung Anwendung (vgl. u. a.
Boschma, 2005; Torre und Gilly, 2000). Oerlemans und Meeus (2005) folgend widmen
sich die Forscher dabei der grundsätzlichen Frage, ob die Nähe zweier Abteilungen oder
Organisationen einen Einfluss auf Unternehmensprozesse und somit auf die Performance
eines Unternehmens hat. Knoben und Oerlemans (2006) geben einen Überblick über die
zentralen Arbeiten dieser Forschungsrichtung. Sie identifizieren dabei sieben sich
teilweise überschneidende Dimensionen von Nähe (vgl. Knoben und Oerlemans, 2006,
S. 73). Diese fassen die Autoren zu drei Aspekten zusammen: räumliche Nähe10,
organisatorische Nähe sowie technologische Nähe. Das Kriterium der räumlichen Nähe
adressiert die Frage, ob es den an der Zusammenarbeit beteiligten Akteuren möglich ist,
sich häufig und spontan zu treffen, um aktuelle Probleme zu besprechen. Je näher sich
die Akteure räumlich sind, desto leichter erfolgen diese Treffen. Der Begriff der
organisatorischen Nähe berücksichtigt zum einen den Aspekt der Zugehörigkeit (vgl.
10 Knoben und Oerlemans (2006) sprechen von "geographical proximity". Im intra-organisationalen Kontext ist die Übersetzung "räumliche Nähe" passender.
Modellspezifikation 75
Torre und Gilly, 2000, S. 174). Wenn z. B. zwei Abteilungen dem gleichen
Vorstandsbereich angehören, dann ist ihre organisatorische Nähe gross. Auch die gleiche
hierarchische Einstufung zweier Abteilungen beeinflusst deren organisatorische Nähe
positiv. Zum anderen fällt unter das Kriterium der organisatorischen Nähe auch der
Aspekt der Ähnlichkeit hinsichtlich Organisationsstruktur und -prozessen. Im Kontext
dieses Forschungsprojekts wird unter dem Begriff der organisatorischen Nähe
ausschliesslich der Aspekt der Zugehörigkeit subsumiert. Analog zu den Erkenntnissen
aus den Analysen von Innovationsprozessen geht diese Studie davon aus, dass ein
höheres Mass an räumlicher und organisatorischer Nähe sich positiv auf die Qualität der
Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb auswirkt. Die integrierte
Berücksichtigung von räumlicher und organisatorischer Nähe ist dadurch begründet, dass
die beiden Aspekte eine starke Wechselwirkung aufweisen. Bei fehlender räumlicher
Nähe gestaltet sich die Kooperation trotz gegebener organisatorischer Nähe schwierig.
Das Gleiche trifft bei fehlender organisatorischer Nähe zu.
4.2.1.5 Gemeinsame Planung
Zentraler Auslöser für die eingangs geschilderten Konflikte zwischen Revenue
Management und Vertrieb sind gemäss Expertenaussagen die schlechte Harmonisierung
der Zielvorgaben der beiden Abteilungen. Ein wichtiger Aspekt der Ausgestaltung der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb ist somit die gemeinsame
Planung. Homburg et al. (2008, S. 133) untersuchen mit der Interaktion zwischen
Marketing und Vertrieb eine ähnlich konfliktbelastete Schnittstelle wie diese Studie.
Auch Homburg et al. betrachten den Aspekt der gemeinsamen Planung als wichtiges
Charakteristikum der untersuchten organisationalen Schnittstelle. Eine hohe Ausprägung
der gemeinsamen Planung wirkt sich dementsprechend positiv auf die Qualität der
Zusammenarbeit zwischen den beiden Funktionsbereichen aus.
4.2.1.6 Teamwork
Unter dem Aspekt des Teamworks wird untersucht, inwiefern die beiden Abteilungen
institutionalisiert zusammenarbeiten. Homburg et al. (2008, S. 138) bezeichnen
Teamwork als typische Form der horizontalen Kooperation. Im Mittelpunkt dieses
Untersuchungsaspekts steht für die Autoren die Frage, inwiefern marktbezogene
Aktivitäten von Mitarbeitern zweier Abteilungen gemeinsam geplant und ausgeführt
werden. Die Spezifikation der Untersuchungsdimension Teamwork von Homburg et al.
geht zurück auf Cespedes (1996). Dieser setzte sich mit der Frage auseinander, wie
76 Modellspezifikation
Produkt-Management, Vertrieb und Customer-Service in der Marktbearbeitung optimal
zusammenarbeiten können. Ein institutionalisiertes Teamwork war ein zentraler
Erfolgsfaktor seiner Untersuchung (vgl. Cespedes, 1996, S. 31). Folglich ist für die
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb davon auszugehen, dass sich
ein stark ausgeprägtes Teamwork positiv auf die Qualität der Zusammenarbeit auswirkt.
4.2.2 Verhaltensnormen
Die Verhaltensnormen fassen jene
Schnittstellencharakteristika zusammen, die sich
interpersoneller Aspekte der Interaktion zwischen
Revenue Management und Vertrieb annehmen.
Cannon und Perreault (1999) führen diese
Untersuchungsperspektive in ihrer Analyse der
Schnittstelle zwischen Käufern und Verkäufern ein.
Ihrer Definition folgend dokumentiert die Einhaltung
von Verhaltensnormen die gegenseitige Einsicht, dass
ein erfolgreicher Geschäftsgang nur durch
Zusammenarbeit möglich ist (vgl. Cannon und
Perreault, 1999, S. 443). Die Selektion der
charakteristischen Verhaltensnormen der Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb trägt den
Eigenheiten der Zusammenarbeit dieser beiden Abteilungen Rechnung. Dazu gehört zum
einen die Tatsache, dass die Abteilungen häufig konfligierende Interessen verfolgen und
zum anderen die Einsicht, dass der Erfolg der Zusammenarbeit oft durch die Fähigkeit
bestimmt wird, schnell auf Veränderungen im Marktumfeld reagieren zu können.
4.2.2.1 Flexibilität
Das Marktumfeld vieler Dienstleistungsfirmen, bestimmt durch Kunden- und
Wettbewerberverhalten, zeichnet sich durch eine grosse Dynamik aus. Wie
angesprochen, ist es für den Erfolg eines Revenue-Management-Systems unerlässlich,
schnell und flexibel auf diese Veränderungen reagieren zu können. Heide und John
(1992) beschreiben diesen Beziehungsaspekt denn auch mit der gegenseitigen
Bereitschaft, flexibel auf Veränderungswünsche der Gegenseite zu reagieren und im
Falle von veränderten Umweltbedingungen gemeinsam nach Lösungen zu suchen (vgl.
Abbildung 16: Detailübersicht Verhaltensnormen Quelle: eigene Darstellung.
Verhaltensnormen
Flexibilität
Informationsaustausch
Solidarität
Konfliktverhalten
Modellspezifikation 77
Bearden und Netemeyer, 1999, S. 509). Im Kontext des Revenue Management könnte
eine derartige Veränderung des Marktumfeldes beispielsweise durch die Lancierung
einer Initiative eines relevanten Wettbewerbers zur Ansprache einer spezifischen
Zielkundengruppe oder durch negative mediale Berichterstattung über einen Bereich des
Dienstleistungsangebots ausgelöst werden.
4.2.2.2 Informationsaustausch
Zentral für das erfolgreiche Zusammenspiel zwischen Revenue Management und
Vertrieb ist ein aktiver Informationsaustausch. Für beide Abteilungen ist es wichtig, dass
sie von der Gegenseite zeitnah über relevante Entwicklungen informiert werden. Für die
Vertriebsmitarbeiter ist es zum Beispiel von grosser Relevanz, schnell über Änderungen
in der Kapazitätsallokation informiert zu werden. Aus Perspektive der Revenue-Manager
wiederum ist es wichtig, regelmässig vom Vertrieb über Veränderungen der
Kundenbedürfnisse informiert zu werden.
4.2.2.3 Solidarität
Um in einem anspruchsvollen Marktumfeld eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit
aufrechtzuerhalten, ist es von Vorteil, wenn man sich auch ausserhalb der eigentlichen
Kooperationsvereinbarung auf die andere Abteilung verlassen kann. Hier geht es z. B.
um die Lösung von Problemen, die in der Zusammenarbeit der beiden Abteilungen
entstehen, oder um den Betrachtungsfokus bei der Planung von abteilungsinternen
Prozessverbesserungen. Bezug nehmend auf die hier untersuchte Schnittstelle fällt unter
diesen Verhaltensaspekt zum Beispiel die Gewissheit seitens des Vertriebs, dass
Revenue-Management-Initiativen die Vertriebsbedürfnisse möglichst adäquat
berücksichtigen. In dieser Studie werden diese Verhaltensausprägungen unter dem
Stichwort der Solidarität subsumiert.
4.2.2.4 Konfliktverhalten
Unabhängig von den spezifischen Ausprägungen der Verhaltensnormen Flexibilität und
Solidarität ist davon auszugehen, dass die beiden Abteilungen regelmässige Konflikte
lösen müssen. In der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb
kann sich eine Konfliktsituation beispielsweise um die Annahme oder Rückweisung
einer Gruppenbuchung handeln. Während der Vertriebsmitarbeiter grosses Interesse hat,
der Gruppe die verfügbare Kapazität zur Verfügung zu stellen und so den Verkaufsdruck,
78 Modellspezifikation
der von diesen Kapazitätseinheiten ausgeht, zu reduzieren, muss der Revenue-Manager
abwägen, ob er die Kapazität nicht besser für später eintreffende Kunden mit potenziell
höherer Zahlungsbereitschaft vorbehalten möchte.
Der Aspekt des Konfliktverhaltens unterscheidet grundsätzlich zwischen einer
ausgeprägten Konsensorientierung und einer Konfliktorientierung. Entscheidend für
diese Unterscheidung ist die Frage, ob Meinungsverschiedenheiten in einer
Konfrontation ausdiskutiert werden oder ob sehr schnell nach einem Kompromiss
gesucht wird. Eine Konfliktorientierung manifestiert sich demnach auch darin, dass bei
Meinungsverschiedenheiten regelmässig die Involvierung eines Vorgesetzten
erforderlich ist.
4.2.3 Machtverhältnisse
Von grosser Wichtigkeit für das Zusammenspiel zwischen Revenue Management und
Vertrieb ist die Frage nach der Verteilung von Entscheidungskompetenzen. Die
Bedeutung dieser Schnittstellenkomponente ist darauf zurückzuführen, dass die beiden
Abteilungen regelmässig infolge entgegenstehender Interessen unterschiedliche
Entscheidungen treffen würden (vgl. Fellner et al., 2006, S. 120). So können im Kontext
des Revenue Management unterschiedliche Entscheidungen im Zusammenhang mit dem
Angleichen der eigenen Preise an das Preisbild der Wettbewerber entstehen. Während
aus Perspektive des Vertriebs die Schwierigkeit im Vordergrund steht, aktuell gegen die
Wettbewerber bestehen zu können, spielt aus der Perspektive des Revenue Management
auch der Aspekt der langfristigen Marktpositionierung eine Rolle.
Eine einseitige Machtposition manifestiert sich anschaulich in Entscheidungssituationen,
bei denen die Abteilungen entgegenstehende Ansichten vertreten. Bei einer einseitig
dominierten Interaktion wird in solchen Situationen immer zu Gunsten der
entscheidungsstärkeren Abteilung entschieden. Die Entstehung resp. die
Aufrechterhaltung von einseitigen Machtpositionen fusst oft darauf, dass eine Abteilung
innerhalb der Firma als einflussreicher oder wichtiger wahrgenommen wird als die
andere. Der Einschätzung des Top-managements kommt hier eine besonders hohe
Signalwirkung zu.
Modellspezifikation 79
4.2.4 Mitarbeiterbezogene Aspekte
Die vierte Gruppe von Schnittstellenmerkmalen
nimmt schliesslich Bezug auf Aspekte, die direkt mit
den Mitarbeitern der jeweiligen Abteilungen
zusammenhängen. Die grundsätzliche
Berücksichtigung dieser Schnittstellenmerkmale geht
zurück auf Homburg et al. (2008). In ihrer Analyse der
Interaktion zwischen Marketing und Vertrieb erheben
die Autoren zum einen Unterschiede in der
Orientierung (kurz- vs. langfristige Orientierung;
Kunden- vs. Produktorientierung) und zum anderen
unterschiedlich ausgeprägte Wissensdomänen
(Produkt- vs. Marktkenntnis). Sämtliche Aspekte aus
der Untersuchung von Homburg et al. sind auf die
Analyse der Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb übertragbar, mit
Ausnahme der Differenzierung von Kunden- vs. Produktorientierung. Aufgrund der
ausgeprägten Marktnähe beider Funktionsbereiche wird gemäss einhelliger
Expertenmeinung bei den beiden Abteilungen hinsichtlich Produkt- und
Kundenorientierung kein Unterschied auszumachen sein.
4.2.4.1 Produkt- und Marktkenntnis
Revenue-Manager und Vertriebsmitarbeiter entwickeln im Laufe ihrer Tätigkeit ein
spezifisches Fachwissen. Homburg et al. (2008) folgend wird das Fachwissen in dieser
Studie anhand von zwei unterschiedlichen Dimensionen untersucht. Dabei ist die
Produktkenntnis der Mitarbeiter von Interesse. Bei einem Reiseveranstalter fällt unter
diesen Aspekt zum Beispiel die Kenntnis des Angebotsportfolios in einem bestimmten
Zielgebiet mit den zugehörigen Zielkundengruppen. Zusätzlich wird bei der
Produktkenntnis auch das Wissen über leistungsrelevante interne Prozesse abgefragt. Der
Hintergrund der Berücksichtigung dieses Aspekts ist die Tatsache, dass bei der
Lancierung von Revenue-Management- oder Vertriebsinitiativen die Kenntnis des
Leistungserstellungsprozesses von grossem Vorteil ist. Eine zweite Dimension des
Fachwissens ist die Marktkenntnis, also wie gut die Mitarbeiter der beiden Abteilungen
die Kunden und die Wettbewerber kennen.
Abbildung 17: Detailübersicht mitarbeiterbezogene Aspekte Quelle: eigene Darstellung.
MitarbeiterbezogeneAspekte
Produktkenntnis
Marktkenntnis
Kurzfristige vs. lang-fristige Orientierung
80 Modellspezifikation
4.2.4.2 Kurzfristige vs. langfristige Orientierung
Nebst den soeben angesprochenen Know-how-Aspekten wird auch eine Frage nach der
grundsätzlichen Handlungsorientierung analysiert. Konkret wird zwischen einem
kurzfristigen und einem langfristigen Handlungsfokus unterschieden. Diese
unterschiedlichen Ausprägungen der Handlungsmaxime im Kontext der Zusammenarbeit
zwischen Revenue Management und Vertrieb lassen sich gut am Beispiel der möglichen
Reaktionen auf eine Preisreduktion eines Wettbewerbers erläutern. Zum einen besteht ein
Anreiz, das eigene Preisbild dem aktuell tieferen Wettbewerbspreis anzupassen, um so
im veränderten Marktumfeld den Umsatz zu maximieren. Diesem Vorgehen steht jedoch
die längerfristige Perspektive entgegen, wonach auf kurzfristige Umsatzmaximierung
verzichtet wird, zugunsten einer langfristig besseren Preisrealisierung. Unterscheiden
sich die beiden untersuchten Abteilungen stark hinsichtlich dieses
Untersuchungsmerkmals, dann hat dies starke Auswirkungen auf ihre Zusammenarbeit.
4.3 Kontextfaktoren
Unter dem Stichwort der Kontextfaktoren werden unternehmens- und umweltspezifische
Aspekte zusammengefasst, die die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und
Vertrieb beeinflussen. Sie können demnach zur Erklärung allfälliger Unterschiede in den
Schnittstellenkategorien oder den Fallstudien herangezogen werden. Bestehende
Untersuchungen zu inter- und intraorganisationalen Schnittstellen berücksichtigen unter
anderem häufig die Kontextfaktoren Industrie (vgl. Homburg et al., 2008), Dynamik von
Umwelt und Unternehmen (vgl. Cannon und Perreault, 1999; Dess, Newport und
Rasheed, 1993; Homburg et al., 2008), Unsicherheit (vgl. Dess et al., 1993; Gupta et al.,
1986; Rouziès et al., 2005) sowie Strategie (vgl. Gupta et al., 1986). Wie in der
Einführung erläutert, ist Revenue Management primär in der Dienstleistungsindustrie
etabliert. Bei der Analyse der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
können somit branchenspezifische Kontextfaktoren, wie z. B. Entwicklungsdynamik,
vernachlässigt werden.
Da spezifisch für Dienstleistungsfirmen mit Revenue Management Systemen keine
Analyse von relevanten Kontextfaktoren vorliegt, stützt die Festlegung der
Kontextfaktoren stark auf die Ergebnisse der Expertengespräche ab. Als
Diskussionsanregung in den Expertengesprächen wurden Kontextfaktoren aus anderen
unternehmerischen Umfeldern aufgezeigt und hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit
Modellspezifikation 81
diskutiert. Anschliessend wurden gemeinsam mit den Gesprächspartnern weitere
relevante Faktoren zusammengetragen.
Im Folgenden werden die Kontextfaktoren, die in der hier vorgestellten
Schnittstellenanalyse Berücksichtigung finden, detailliert vorgestellt.
4.3.1 Marktpositionierung
Die grundsätzliche Ausgestaltung des Leistungsangebots hat starke Implikationen für die
Aufgaben des Revenue Management. Bei einem Reiseveranstalter im oberen
Preissegment steht zum Beispiel das optimale Abschöpfen der Zahlungsbereitschaft an
oberster Stelle, während bei einem Anbieter im Massenmarkt der Aspekt der
Nachfragestimulanz respektive der Auslastungssteuerung höchste Priorität hat. Bei einem
Anbieter von Spezialreisen wiederum, wird das Revenue Management vor allem dazu
eingesetzt, um auf kurzfristige Nachfrageschwankungen reagieren zu können. Mit den
veränderten Aufgaben ändert sich auch die Ergebnisverantwortung des Revenue
Management. Lässt die Marktpositionierung starke Preisschwankungen zu, wie zum
Beispiel bei einem Low-Cost Carrier, dann ist der Ergebnishebel des Revenue
Management viel grösser als beim relativ stabilen Preisbild eines klassischen
Netzwerkcarriers.
Die Relevanz der Marktpositionierung für die Analyse der organisatorischen Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb lässt sich mit der Annahme begründen,
dass sich mit höherer Ergebnisverantwortung der Revenue-Manager auch das
Machtverhältnis zum Vertrieb zu ihren Gunsten verschiebt.
4.3.2 Automatisierungsgrad
Auch wenn die primären Aufgaben des Revenue Management je nach Ausgestaltung der
Marktpositionierung anders sind, bleibt dessen Grundkonzeption, die Umsatzoptimierung
durch Preis- und Kapazitätssteuerung basierend auf historischen Absatzinformationen,
unverändert. Trotzdem kann die Ausgestaltung des Revenue-Management-Systems in
verschiedenen Unternehmen sehr unterschiedlich ausfallen. Starkes
Differenzierungsmerkmal ist der Automatisierungsgrad. Dieser Begriff adressiert die
Frage, welcher Teil des Optimierungsprozesses computergestützt und somit automatisiert
erfolgt und welcher Teil der manuellen Kontrolle der Revenue-Manager unterliegt.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass bei steigender Komplexität der
Angebotsstruktur der Automatisierungsgrad des Revenue Management steigen wird.
82 Modellspezifikation
Experten aus verschiedenen Industrien betonten jedoch im Rahmen der explorativen
Expertengespräche mehrfach, dass trotz eines hohen Automatisierungsgrades der
persönlichen Einschätzung der Revenue-Manager nach wie vor grosse Bedeutung
zukommt. Eine vollständige Automatisierung des Revenue Management scheint
zumindest aus heutiger Perspektive nicht möglich.
Bezug nehmend auf die Schnittstelle zwischen Revenue Management und dem Vertrieb
ist der Automatisierungsgrad aus zwei Gründen von grosser Bedeutung. Zum einen
erfordert ein geringer Automatisierungsgrad einen aktiveren Informationsfluss zwischen
den beiden Abteilungen. Zum anderen erlaubt ein geringer Automatisierungsgrad den
Revenue-Managern höhere Flexibilität.
4.3.3 Spezialisierungsgrad der Revenue-Manager
Dieses Kriterium widmet sich dem Erfahrungshorizont der Revenue-Manager. Auf
einem Kontinuum mit sinkendem Spezialisierungsgrad steht am Anfang ein Revenue-
Manager, dessen Erfahrungshorizont ausschliesslich die Revenue-Management-
Abteilung beinhaltet. Mit anderen Worten wurde er als Revenue Manager eingestellt und
beschäftigt sich ausschliesslich mit Fragen rund um die Preis- und Kapazitätssteuerung.
Am anderen Ende des Kontinuums steht ein Revenue-Manager, der mehrere
Unternehmensbereiche aus eigener Erfahrung kennt und nebst dem Revenue-
Management auch in anderen Funktionen tätig ist.
Die Relevanz des Kontextfaktors Spezialisierungsgrad für die Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb lässt sich darauf zurückführen, dass sich der
Erfahrungshorizont auf die Orientierung des Revenue Managers auswirkt. Ein breiter
Erfahrungshorizont verhindert eine einseitige Orientierung, z. B. auf die kurzfristige
Perspektive. Zudem fördert die Kenntnis anderer Unternehmensbereiche bei den
Revenue Managern das Verständnis für deren Perspektive auf Entscheidungssituationen.
4.3.4 Motivationssystem
Ein weiterer relevanter Kontextfaktor ist die Ausgestaltung der Mitarbeiterincentivierung
in den beiden untersuchten Abteilungen. Einem Unternehmen stehen zahlreiche Wege
offen, seine Mitarbeiter zu guten Arbeitsleistungen zu motivieren. Nebst der gezielten
finanziellen Incentivierung mithilfe einer Erfolgsbeteiligung können nichtmonetäre
Motivationsinstrumente eingesetzt werden, wie zum Beispiel Anerkennung durch eine
öffentlich übergebene Mitarbeiterauszeichnung. Im Zentrum steht jedoch hinsichtlich des
Modellspezifikation 83
Motivationssystems meist der Aspekt der finanziellen Erfolgsbeteiligung. Zunächst geht
es um die Frage, ob das Unternehmen die Entlöhnung der Revenue-Manager und
Vertriebsleute überhaupt vom Geschäftserfolg abhängig macht oder nicht. Hat sich ein
Unternehmen dazu entschlossen, den Mitarbeitern der besagten Abteilungen eine
Erfolgsbeteiligung zukommen zu lassen, gilt es zu untersuchen, ob die Incentivierung für
beide Abteilungen identisch oder zumindest kompatibel ist. Verfolgen beide Abteilungen
eine gemeinsame Zielgrösse, gestaltet sich die Zusammenarbeit bedeutend anders, als
wenn die Zielvorgaben in Konkurrenz zueinander stehen.
Mit Blick auf die in Kapitel 4.2 eingeführten Schnittstellenmerkmale scheint besonders
der Aspekt der Verhaltensnormen von der Ausgestaltung der Motivationssysteme
betroffen. Ist die Incentivierung der beiden Abteilungen kompatibel, ist davon
auszugehen, dass sowohl die gegenseitige Flexibilität und Solidarität wie auch der
Informationsaustausch davon profitieren.
4.3.5 Unternehmensgrösse
Auch das Kriterium der Unternehmensgrösse wirkt auf die Ausgestaltung der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb. Dabei gilt es, zwei
unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Zum einen ist für die Ausgestaltung der
Schnittstelle die Anzahl der Mitarbeiter, die direkt an der Leistungserstellung beteiligt
sind, von grosser Bedeutung. Je mehr Mitarbeiter eine Firma beschäftigt, desto
schwieriger ist es, eine informelle Struktur aufrechtzuerhalten.
Zum anderen hat auch das Umsatzvolumen einen Einfluss auf die Zusammenarbeit der
Funktionsbereiche. Mit steigendem Umsatz wird auch die Interaktion zwischen Revenue
Management und Vertrieb umfangreicher. Erneut wird dadurch eine höhere
Institutionalisierung dieser organisatorischen Schnittstelle nahegelegt.
4.3.6 Technische Unterstützung von Innovationen
Den Aussagen der interviewten Revenue-Management-Experten folgend ist ein Revenue-
Management-System nur dann nachhaltig erfolgreich, wenn es sich kontinuierlich
weiterentwickelt. Es ist für die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und
Vertrieb von zentraler Relevanz, wie das Unternehmen Innovationen aus dem Revenue
Management in ihrer organisationalen Implementierung technisch unterstützt. Bedeuten
neue Revenue-Management-Initiativen für die Vertriebsmitarbeiter, aufgrund
mangelnder technischer Unterstützung, jeweils erheblichen Mehraufwand, wirkt dies
84 Modellspezifikation
negativ auf die Zusammenarbeit zwischen den beiden Abteilungen. Werden Revenue-
Management-Initiativen jedoch adäquat technisch unterstützt, dann geht von ihnen eine
weniger beeinträchtigende Wirkung aus.
4.3.7 Erfahrung mit Revenue Management
Die Revenue-Management-Systematik ist zwar seit rund 30 Jahren bekannt und in der
Praxis erfolgreich umgesetzt. Trotzdem haben nicht alle Industrien und Firmen gleich
schnell auf diese neue Entwicklung reagiert. Dementsprechend haben die Firmen
unterschiedlich viel Erfahrung mit Revenue Management sammeln können. Praxisnahe
Autoren legen nahe, dass die Einführung eines Revenue-Management-Systems einen
komplexen und langfristigen Prozess darstellt (vgl. u. a. Okumus, 2004). Je länger ein
Unternehmen dezidiert Revenue Management betreibt, desto besser sind die
dazugehörigen Prozesse eingespielt. Bei der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb wirkt sich dies insbesondere auf den Standardisierungsgrad
der Zusammenarbeit aus. Je länger die beiden Abteilungen bereits zusammenarbeiten,
desto höher ist tendenziell der Standardisierungsgrad der Kooperation.
4.3.8 Wettbewerbsumfeld
Mit diesem Kontextfaktor wird der Status quo der Revenue-Management-Praxis bei
relevanten Wettbewerbern angesprochen. Verfügen die Wettbewerber über ein weit
fortgeschrittenes Revenue Management, fällt es dem Vertrieb leichter, die Kunden mit
eigenen Revenue-Management-Innovationen zu konfrontieren. Dadurch erleichtert sich
wiederum die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb.
Gleichzeitig ist die Revenue-Management-Praxis der Wettbewerber relevant, weil sie
entscheidend ist für die Reaktionsfähigkeit des Wettbewerbs. Je schneller sich die
Wettbewerber auf eine neue Angebotsstruktur einstellen können, desto grösser ist der
interne Druck zur effizienten Zusammenarbeit.
4.3.9 Möglichkeit zum Kapazitätsmanagement
Bei den genannten Voraussetzungen, die dafür sorgen, dass die Umsatzmaximierung
durch Revenue-Management-Techniken Anwendung finden kann, wurde auch der
Aspekt des relativ fixen Kapazitätsangebots genannt. Je nach Geschäftsmodell haben
aber auch Unternehmen, welche Revenue Management betreiben, die Möglichkeit, ihre
verfügbaren Kapazitäten an Schwankungen der Nachfrage anzupassen. So kann z. B. ein
Modellspezifikation 85
Reiseveranstalter je nach Vertragsausgestaltung mit den Leistungsträgern die reservierten
Kapazitäten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zurückgeben. Oder ein Hotel hat
ggf. die Möglichkeit, einen Teil seiner Kapazitäten in der Nebensaison nicht zu
bewirtschaften, um dadurch die laufenden Unterhaltskosten zu senken.
Durch die Möglichkeit der teilweisen Anpassung der verfügbaren Kapazitäten an
Nachfrageschwankungen wird das Revenue Management um einen Stellhebel reicher.
Dies führt letztlich zu einem Anstieg der Ergebnisverantwortung des Revenue
Management.
4.4 Performance-Grössen
Damit aus der Analyse der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
präskriptive Ergebnisse abgeleitet werden können, ist es erforderlich, dass die
verschiedenen Schnittstellenausprägungen mit einer Performance-Grösse in Verbindung
gebracht werden. Das Vorgehen, die Performance als abhängige Variable zu betrachten,
ist in der betriebswirtschaftlichen Forschung kontrovers diskutiert (vgl. March und
Sutton, 1997; Nicolai und Kieser, 2002, sowie Bauer und Sauer, 2004; Fritz, 2004;
Homburg und Krohmer, 2004; Nicolai und Kieser, 2004). Die methodischen Probleme
dieses Vorgehens sind sehr vielfältig. Nicolai und Kieser (2002) führen zum Beispiel
aus, dass organisationale Performance das Ergebnis einer Vielzahl von Einflussfaktoren
ist. Durch die ausschliessliche Betrachtung selektiver Erfolgsfaktoren bleibt mögliche
Heterogenität zwischen den untersuchten Unternehmen unbeachtet. Derselbe
Erfolgsfaktor kann je nach Unternehmen einen unterschiedlichen Effekt erzielen. Des
Weiteren führen die Autoren an, dass oftmals der gleiche Informant hinsichtlich der
Ausprägung der untersuchten Erfolgsfaktoren und bezüglich der organisationalen
Performance befragt wird. Das Ergebnis dieser Befragung spiegelt somit die Weltsicht
des Informationsträgers und unterliegt dem sogenannten Key Informant Bias. Zudem
bemängeln Nicolai und Kieser einen Survival Bias, weil ausschliesslich Unternehmen
berücksichtigt werden, die bis zum Zeitpunkt der Untersuchung überlebt haben. Dies
führt zu einer Verzerrung der Datengrundlage.
Vor dem Hintergrund dieser kritischen Anmerkungen kommt der Wahl der Performance-
Grössen, die man der Untersuchung zugrunde legt, sehr grosse Bedeutung zu. Die
grundsätzliche Strukturierung der Performance-Grössen in spezifische Kennzahlen der
beiden Abteilungen sowie in eine Einschätzung der spezifischen
Zusammenarbeitsqualität lehnt sich an Homburg et al. (2008) an. Die spezifische
86 Modellspezifikation
Ausgestaltung der einzelnen Performance Grössen mit den darunterliegenden Kriterien
wurde im Rahmen der Expertengespräche entwickelt. Leider gibt es kein Performance-
Mass, das gleichzeitig sämtlichen oben genannten Kritikpunkten gerecht wird. Dem
Problem der unberücksichtigten Heterogenität kann mit einem spezifischen Performance-
Mass begegnet werden. Wird die Performance der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb ausschliesslich anhand von Revenue Management und
Vertriebszielgrössen11 erfasst, kann sichergestellt werden, dass erfolgreich eingestufte
Unternehmen tatsächlich über ein erfolgreiches Revenue Management verfügen. Die
grosse Herausforderung bei solchen spezifischen Performance-Grössen besteht zum
einen darin, dass die Daten häufig nicht öffentlich verfügbar sind, und zum anderen
darin, dass diese Grössen oftmals nicht direkt vergleichbar sind. Bei einer Airline stellt
sich zum Beispiel beim RASK die Frage, wie Zusatzeinkünfte aus dem Bordverkauf
sowie Gebührenerlöse für Umbuchungen oder Übergepäck behandelt werden. Sie können
entweder zu den herkömmlichen Ticket-Revenues dazugezählt und im RASK
berücksichtigt, oder separat ausgewiesen werden und somit im RASK keine
Berücksichtigung finden. Die schlechte Vergleichbarkeit kann dadurch reduziert werden,
dass die Unternehmen bezüglich der untersuchten Erfolgsgrössen nach dem Grad der
Zielerreichung befragt werden.
Diese Dissertation berücksichtigt drei unterschiedliche Performance-Grössen für das
Zusammenspiel zwischen Revenue Management und Vertrieb. Es handelt sich dabei um
die Aspekte (1) Qualität der Zusammenarbeit, (2) Revenue-Management-Erfolg und (3)
Vertriebserfolg. Die einzelnen Performance-Grössen sind jedoch nicht gleichwertig zu
betrachten. Die Qualität der Zusammenarbeit an sich stellt keinen Selbstzweck dar.
Vielmehr geht diese Arbeit davon aus, dass eine hohe Zusammenarbeitsqualität ihrerseits
eine positive Wirkung auf die Performance-Grössen Revenue-Management-Erfolg und
Vertriebserfolg ausübt. Die explizite Berücksichtigung der Zusammenarbeitsqualität
lehnt sich, wie oben bereits gesagt, an Homburg et al. (2008) an. Die Definition dieses
Kriteriums geht zurück auf Lawrence und Lorsch (1967), die die Interaktionsqualität
daran festhalten, inwiefern die Zusammenarbeit der beiden Abteilungen geprägt ist durch
gemeinsamen Einsatz. Anhaltspunkte zur Operationalisierung des Begriffs der
Interaktionsqualität zwischen Revenue Management und Vertrieb liefern u. a. Homburg
et al. (2008) sowie Kohli (1989). Im Rahmen dieser Dissertation wird untersucht, ob die
11 Im Falle einer Airline z. B. Return per Available Seat Kilometer (RASK) oder Sitzladefaktor (SLF).
Modellspezifikation 87
Zusammenarbeit konstruktiv12 verläuft, ob gegenseitige Abmachungen wie z. B.
Bearbeitungsfristen, Termine und Ausarbeitungsqualität eingehalten werden und ob die
Kooperation ein schnelles Reagieren auf Marktentwicklungen erlaubt. Damit grenzt sich
diese Performance-Grösse klar vom Schnittstellenmerkmal "Konfliktverhalten" ab.
Konstruktive Zusammenarbeit ist sowohl bei einer ausgeprägten Konsensorientierung als
auch bei eher konfliktorientierten Kooperationsformen möglich. In den explorativen
Experteninterviews wurde in diesem Zusammenhang oft das Stichwort einer
erstrebenswerten "konstruktiven Streitkultur" genannt.
Als zweites Kriterium werden Revenue-Management-Erfolgsgrössen betrachtet.
Zunächst wird analysiert, wie gut im Rahmen der Revenue-Management-Aktivitäten die
Aufträge, die ausgehend von Unternehmensstrategie und spezifischer
Marktbearbeitungsstrategien an das Revenue Management formuliert wurden, umgesetzt
werden konnten. Nach dieser qualitativen Performance-Einschätzung folgt eine
Betrachtung von umsatzbezogenen Revenue-Management-Zielgrössen. Aufgrund der
grossen Spezifität muss man hier branchenspezifischen Eigenheiten gerecht werden.
Luftfahrtgesellschaften optimieren beispielsweise in der Regel den Umsatz pro
angebotenen Sitzkilometer (RASK) oder den Sitzladefaktor (SLF), Hotels orientieren
sich am Umsatz pro angebotene Übernachtungsmöglichkeit oder an der
Kapazitätsauslastung, Reiseveranstalter messen die Durchschnittsmarge pro Passagier
sowie die Auslastung der Risikokapazitäten. Schliesslich werden im Rahmen der
Revenue-Management-Erfolgsgrössen Kriterien adressiert, die ausschliesslich in der
Revenue-Management-Abteilung Anwendung finden. Es handelt sich hierbei unter
anderem um die Qualität der Nachfrageprognose. Sämtliche Revenue-Management-
Erfolgsgrössen werden anhand des Grades der Zielerreichung gemessen. Die Analyse der
Zielerreichung stützt sich auf eine Erhebung der Abteilungsperformance durch Olson,
Walker und Ruekert (1995). Nebst einer qualitativen und einer quantitativen
Einschätzung der Arbeitsleistung erheben die Autoren auch den abteilungsspezifischen
Zielerreichungsgrad. Die absolute qualitative und quantitative Performance ist im
Kontext dieser Untersuchung jedoch schwer zu eruieren, denn Expertengesprächen
zufolge können sich Revenue-Management-Ziele nach der ursprünglichen Formulierung
noch stark verändern. So kann es sein, dass das ursprüngliche Umsatzziel bei gegebener
12 Homburg et al. (2008) sprechen von einer "reibungslosen" Zusammenarbeit. Im Kontext des Revenue Management wird laut Expertenmeinung jedoch keine reibungsfreie Kooperation angestrebt, sondern vielmehr eine konstruktive Interaktion, die durchaus auch Reibungspunkte aufweisen darf.
88 Modellspezifikation
Kapazität aufgegeben wird zugunsten der Zielsetzung, einen neuen Wettbewerber vom
eigenen Marktsegment fernzuhalten. Die Einschätzung des Zielerreichungsgrades
unterliegt dieser Problematik jedoch nicht. In Anlehnung an die Erhebung der
Marktperformance eines Unternehmensbereichs durch Homburg et al. (2008) wird
zusätzlich erfragt, wie die Revenue-Management-Performance relativ zu derjenigen des
Wettbewerbs einzustufen sei.
Als drittes Performance-Kriterium, das spezifisch auf die Zusammenarbeit zwischen
Revenue Management und Vertrieb Bezug nimmt, werden Vertriebserfolgsgrössen
berücksichtigt. Erst werden umsatzbezogene Vertriebsziele adressiert. Konkret geht es
dabei um die Frage, ob die Vertriebsabteilung in der Lage war, ihre Volumenziele zu
erfüllen. In Anlehnung an Homburg et al. (2008), Homburg und Jensen (2007) sowie
Moorman und Rust (1999) werden zusätzlich zu den umsatzbezogenen Vertriebszielen
weitere Messgrössen berücksichtigt, die die Vertriebsperformance im Kontext der
Marktentwicklung erfassen. Zunächst wird abgefragt, inwiefern der Vertrieb in der Lage
war, angestrebte Marktanteile zu erreichen resp. zu bewahren. Weiter wird untersucht, ob
die Vertriebsziele zur Akquisition von neuen Kunden resp. zur Retention bestehender
Kunden erreicht werden konnten. Analog zu den oben erläuterten Revenue-Management-
Erfolgsgrössen wird auch bei der Erfassung des Vertriebserfolgs nach dem Grad der
Zielerreichung gefragt. Abschliessend wird bei den Vertriebserfolgsgrössen, erneut
analog zu den Revenue-Management-Erfolgsgrössen, nach einer Einstufung der eigenen
Vertriebsperformance relativ zu derjenigen der relevanten Wettbewerber gefragt.
Abbildung 18 zeigt die Performance-Grössen in einer Übersicht.
Modellspezifikation 89
Abbildung 18: Performance-Grössen Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Homburg et al. (2008).
4.5 Zusammenfassung der Modellspezifikation und Hypothesenbildung
Zum Schluss werden in diesem Kapitel sämtliche Modellkomponenten –
Schnittstellencharakteristika, Kontextfaktoren und Performance-Grössen – integriert
dargestellt. Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit werden Schnittstellenmerkmale
und Performancekriterien nur mit den jeweiligen Überkategorien abgebildet. Die
detaillierten Beschreibungen der Merkmale sind den vorangehenden Kapiteln zu
entnehmen.
Qualität der Zusammenarbeit• Zusammenarbeit erfolgt konstruktiv• Gegenseitige Abmachungen (Fristen, Termine etc.) werden eingehalten
• Kooperation ermöglicht ein schnelles Reagieren auf Marktentwicklung
Revenue-Management-Erfolgsgrössen• Grad der Erreichung der RM-Ziele:– Inhaltliche Revenue-Management-Ziele (Umsetzung der Unternehmensstrategie)
– Umsatzbezogene Revenue-Management-Ziele (z.B. RASK, SLF)
– Interne Revenue Management Ziele (z.B. Qualität der Nachfrageprognose)
• Revenue-Management-Performance relativ zu den Wettbewerbern
Vertriebserfolgsgrössen• Grad der Erreichung der Vertriebsziele:– Umsatzbezogene Vertriebsziele– Vertriebsziele bzgl. Erreichung resp. Bewahrung von Marktanteilen
– Vertriebsziele bzgl. der Akquisition neuer Kunden– Vertriebsziele bzgl. der Retention bestehender Kunden
• Vertriebsperformance relativ zu den Wettbewerbern
90 Modellspezifikation
Abbildung 19: Gesamtübersicht Modellspezifikation Quelle: eigene Darstellung.
Aus dieser Modellspezifikation lassen sich mehrere Hypothesen ableiten, deren
Überprüfung im folgenden empirischen Teil dieser Arbeit Anhaltspunkte für die
Beantwortung der in Kapitel 1.3.2 aufgeworfenen Forschungsfragen liefert:
Hypothese 1: Die Wahl der Schnittstellenkategorie hat einen Einfluss auf die Qualität
der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb.
Hypothese 2: Eine hohe Qualität der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management
und Vertrieb wirkt positiv auf die Revenue-Management-Erfolgsgrössen.
Hypothese 3: Eine hohe Qualität der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management
und Vertrieb wirkt positiv auf die Vertriebserfolgsgrössen.
Qualität der Zusammenarbeit
Kontextfaktoren:• Marktpositionierung• Automatisierungsgrad des Revenue Management• Spezialisierungsgrad der Revenue-Manager• Motivationssystem
Kategorie n
Kategorie 2
Kategorie 1
Revenue
Strukturelle Aspekte
Verhaltensnormen
Machtverhältnisse
Mitarbeiterbezogene Aspekte
Vertrieb
Management
RM-Erfolgsgrössen
Vertriebs-erfolgsgrössen
• Unternehmensgrösse• Technische Unterstützung von Innovationen• Revenue-Management-Erfahrung• Wettbewerbsumfeld• Möglichkeit zum Kapazitätsmanagement
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 91
5 Empirisch konzeptionelle Grundlagen: umfrage- und fallstudienbasierte Forschung
Die eben erarbeitete Modellspezifikation bildet den Ausgangspunkt für mehrere
empirische Untersuchungen zur Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb mit dem Ziel, die in Kapitel 1.3.2 formulierten Forschungsfragen zu
beantworten. Die empirischen Untersuchungen folgen einem mehrstufigen Vorgehen.
Zunächst werden anhand eines standardisierten Fragebogens Unternehmen hinsichtlich
ihrer spezifischen Ausprägung der Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb befragt. Die so ermittelten typischen Ausprägungen dieser organisationalen
Schnittstelle werden in einem nächsten Schritt hinsichtlich ihrer Performance-Wirkung
untersucht. Ausgehend von den Erkenntnissen des umfragebasierten Forschungsteils
wird im Rahmen von vier Fallstudien der aktuelle Stand der Zusammenarbeit zwischen
Revenue Management und Vertrieb auf Verbesserungspotenziale und
Entwicklungsmöglichkeiten untersucht. In diesem Kapitel werden die konzeptionellen
Grundlagen dieses empirischen Vorgehens erarbeitet. Zunächst werden die zentralen
Elemente der umfragebasierten Forschung (Kapitel 5.1) erläutert, anschliessend werden
die Grundzüge der Fallstudienforschung ausgeführt (Kapitel 5.2).
5.1 Quantitative Forschung mit einer standardisierten Umfrage
Die Ausführungen zur umfragebasierten Forschung adressieren nebst deren Grundzügen
(Kapitel 5.1.1) auch die Entwicklung des Fragebogens (Kapitel 5.1.2), die zentralen
Aspekte der Datenerhebung (Kapitel 5.1.3) sowie das Vorgehen zur Datenauswertung
(Kapitel 5.1.4).
5.1.1 Grundzüge der umfragebasierten Forschung
Die Erhebung von Daten mithilfe spezifischer Umfragen ist in der Management-
Forschung eine der am weitesten verbreiteten Methoden (vgl. Ticehurst und Veal, 2000,
S. 48). Dabei werden die Befragten Personen mit einer Reihe von offenen oder
geschlossenen Fragen konfrontiert, die es zu beantworten gilt. Eine zentrale
Herausforderung der umfragebasierten Forschung besteht darin, eine möglichst hohe
Antwortrate zu erreichen (vgl. Ticehurst und Veal, 2000, S. 141). Bei der Entwicklung
92 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
eines Fragebogens ist diesem Umstand hohe Bedeutung beizumessen. Sowohl ein zu
komplexer als auch ein zu langer Fragebogen wirkt sich negativ auf die Antwortrate aus.
5.1.1.1 Ausprägungen umfragebasierter Forschung
Bei der Diskussion der umfragebasierten Forschung sind grundsätzlich verschiedene
Ausprägungen zu unterscheiden. Die primären Unterscheidungsdimensionen hierbei sind
die Art der Befragung und die Art der Fragen. Abbildung 20 zeigt die alternativen
Ausprägungen in einer Übersicht:
Abbildung 20: Ausprägungen umfragebasierter Forschung Quelle: eigene Darstellung.
Bei der Unterscheidung nach der Art der Befragung wird analysiert, ob die befragte
Person beim Ausfüllen des Fragebogens persönlich betreut wird oder nicht. Erfolgt die
Befragung in persönlicher Form, kann der Forscher entscheiden, ob er den Fragebogen
selbst ausfüllen möchte oder ob er dies der befragten Person überlässt. Je nach Situation
und nach Anspruch des Fragebogens ist ein geeignetes Verfahren zu wählen. Wichtig
dabei ist, dass der Forscher stets sicherstellen kann, dass die befragte Person die
jeweilige Frage versteht. Wird die Befragung jedoch unpersönlich durchgeführt, besteht
diese Möglichkeit zur laufenden Interaktion zwischen Forscher und befragter Person
nicht. Dementsprechend kommt hier der Formulierung der Fragen und ihrer
Aufbereitung in einem papier- oder internetbasierten Fragebogen zentrale Bedeutung zu.
Gegenüber der persönlichen Befragung bringt die papier- oder internetbasierte Befragung
jedoch den grossen Vorteil, dass mit relativ geringem Aufwand wesentlich mehr
Personen erreicht werden können (vgl. Sekaran, 2003, S. 237).
Die Wahl der geeigneten Frageart hängt sehr stark vom Forschungsinteresse ab. Wenn
die Gefahr besteht, dass der Befragte durch vorgegebene Antwortalternativen in seiner
Einschätzung eingeschränkt wird, sind offene Fragen von Vorteil (vgl. Ticehurst und
Wie wird die Um-
frage durchgeführt?
Persönlich
Unpersönlich
Geschlossen Offen
• Strassenumfrage
• Telefonische Umfrage
• Umfrage in Organisationen
Wie sind die Fragen formuliert?
• Papierbasierte Umfrage (Postversand)
• Internetbasierte Umfrage
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 93
Veal, 2000, S. 145). Offene Fragen stellen den Forscher in der Auswertung jedoch oft
vor grosse Herausforderungen, wenn es darum geht, die verschiedenen Aussagen zu
aggregieren. Zugleich führen Ticehurst und Veal (2000) zufolge offene Fragen bei
unpersönlich durchgeführten Befragungen zu wesentlich tieferen Antwortraten. Die hier
dargestellte Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Fragen muss
keinesfalls über die gesamte Befragung aufrechterhalten werden. Häufig werden die
beiden Fragearten miteinander kombiniert. Dadurch kann z. B. die Gefahr reduziert
werden, dass bei den vorgegebenen Antwortalternativen wichtige Aspekte
unberücksichtigt bleiben.
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wird eine unpersönliche Befragung mit
geschlossenen Fragen durchgeführt. Mit geschlossenen Fragen wird eine hohe
Vergleichbarkeit der Ergebnisse angestrebt, welche wiederum die Grundlage bildet für
die statistische Auswertung der Fragebogenergebnisse. Die Wahl der unpersönlichen
Befragung als Umfrageform ist in erster Linie auf das Argument von Sekaran (2003)
zurückzuführen, dass mit der unpersönlichen Befragungsform wesentlich mehr Personen
erreicht werden können, als mit einer persönlichen Befragung.
5.1.1.2 Gütekriterien quantitativer Untersuchungen
Bortz und Döring (2006, S. 195 ff.) folgend müssen die Ergebnisse quantitativer
wissenschaftlicher Tests drei Gütekriterien gerecht werden (vgl. auch Bieger, 2006, S. 31
f.). Zunächst müssen die Resultate dem Kriterium der Objektivität genügen. Damit ist
gemeint, dass die Forschungsergebnisse nicht durch die Testpersonen beeinflusst sind.
Um dies zu erreichen, müssen sowohl Testdurchführung, Datenauswertung und
-interpretation unabhängig von den involvierten Personen sein. Weiter ist das Kriterium
der Reliabilität zu berücksichtigen. Damit wird die Zuverlässigkeit der Testergebnisse
bezeichnet. Das Testverfahren ist so aufzusetzen, dass die erzielten Ergebnisse stets
nachvollzogen werden können, d. h. von anderen Personen das gleiche Resultat erreicht
werden kann. Bortz und Döring (2006) unterscheiden zwischen Retestreliabilität
(Stabilität), Paralleltestreliabilität (Äquivalenz), Testhalbierungsreliabilität (Äquivalenz)
sowie der internen Konsistenz. Erstere wird erhoben, indem derselbe Test mit derselben
Stichprobe nach Ablauf einer bestimmten Zeit erneut durchgeführt wird. Die
Retestreliabilität bestimmt sich hierbei als Korrelation der beiden Datensätze. Es ist
intuitiv nachvollziehbar, dass dieses Vorgehen zur Validierung der Testergebnisse mit
einem erheblichen Mehraufwand verbunden ist. Hinzu kommt, dass durch die
zweimalige Anfrage der gleichen Testpersonen, die Anzahl der brauchbaren Testresultate
94 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
stark zurückgeht (Probandenverluste). Das Kriterium der Paralleltestreliabilität wird
mithilfe einer doppelten Befragung abgeprüft. Denselben Probanden werden zwei
Fragebogen mit jeweils unterschiedlichen Operationalisierungen der identischen
Konstrukte vorgelegt. Die Reliabilität ergibt sich bei diesem Test aus der Korrelation der
beiden parallelen Tests (vgl. Bortz und Döring, 2006, S. 198). Erneut ist die Erhebung
dieses Reliabilitätskriteriums mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Eine wesentlich
einfachere Methode zur Reliabilitätsbestimmung stellt die Testhalbierungsreliabilität dar.
Bei diesem Kriterium wird der erhobene Datensatz in zwei Hälften aufgeteilt. Die
Testreliabilität ergibt sich nun aus der Korrelation der beiden Testhälften. Schliesslich
bildet die interne Konsistenz eine Weiterentwicklung der Testhalbierungsreliabilität.
Konkret werden hier die Testdaten nicht nur in zwei Testhälften aufgeteilt, sondern in so
viele Einheiten, wie der Test Items enthält. Meist wird dann die Testreliabilität mithilfe
des sog. Alphakoeffizienten von Cronbach (1951) ermittelt. Osburn (2000) folgend
eignet sich Cronbachs Alpha besonders gut zur Reliabilitätsmessung von Messgrössen,
die mithilfe mehrerer Items operationalisiert werden. Das dritte Gütekriterium ist
dasjenige der Validität. Dabei geht es um die Frage, inwiefern ein Test in der Lage ist,
das zu messen, was gemessen werden sollte. Massgebendes Kriterium sind hierbei die
Forschungsfragen, die der Untersuchung zugrunde liegen. Bortz und Döring (2006)
unterscheiden bei diesem Gütekriterium zwischen Inhaltsvalidität, Kriteriumsvalidität
und Konstruktvalidität. Die Inhaltsvalidität kann auch als logische Validität bezeichnet
werden. Sie ist gegeben, wenn sämtliche zentralen Aspekte des zu messenden Konstrukts
durch die Items der Operationalisierung abgedeckt sind. Die Validierung nach
Inhaltsvalidität erfolgt demnach nicht in einem gesonderten Verfahren, sondern mithilfe
kritischer Reflexion der gewählten Operationalisierungen. Die Kriteriumsvalidität
wiederum ist dann gegeben, wenn die Testergebnisse tatsächlich das untersuchte
Kriterium beschreiben. Werden latente Konstrukte untersucht, ergibt sich bei der Analyse
der Kriteriumsvalidität vielfach das Problem, dass entweder ein objektives
Vergleichsmass des Konstrukts gar nicht oder erst später verfügbar ist. So wird im
Rahmen dieses Forschungsprojekts z. B. der Formalisierungsgrad der Interaktion
zwischen Revenue Management und Vertrieb erhoben. Es gibt jedoch neben der
gewählten Operationalisierung dieses Konstrukts keine objektive Grösse, um den
Testwert zu vergleichen. Dementsprechend kommt der Konstruktvalidität grosse
Bedeutung zu. Analog zur Kriteriumsvalidität steht hier die Frage im Zentrum, inwiefern
die Items der Operationalisierung das untersuchte Konstrukt tatsächlich beschreiben.
Anders als bei der Kriteriumsvalidität steht hier jedoch nicht ein einziges objektives
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 95
Vergleichsmass im Zentrum, sondern mehrere Hypothesen, die sich aus dem Konstrukt
ableiten lassen. Es ist von einer hohen Konstruktvalidität auszugehen, wenn die
Testergebnisse so ausfallen, dass die aus dem Konstrukt abgeleiteten Hypothesen
dadurch bestätigt werden können.
5.1.1.3 Probleme der umfragebasierten Forschung
Die grösste Herausforderung der umfragebasierten Forschung ist die Erreichung einer
möglichst grossen Stichprobe. Dabei ist zu Berücksichtigen, dass die Antwortrate bei
dieser Form der Datengewinnung in der Regel sehr gering ist. Sekaran (2003, S. 237)
folgend gilt eine Antwortrate von 30 Prozent als akzeptabel. Problematisch ist hierbei
insbesondere auch der Umstand, dass Unternehmen, die nicht antworten, aus der
Untersuchungsperspektive oftmals besonders interessant wären (sog. Non-Response
Bias). Bei der vorliegenden Studie werden Unternehmen mit problembehafteten
Beziehungen zwischen Revenue Management und Vertrieb weniger geneigt sein, die
Fragen zu beantworten, als Unternehmen mit einer hohen Qualität der Zusammenarbeit
zwischen den beiden Funktionen. Bei der Interpretation und Diskussion der Ergebnisse
ist dieser Umstand stets zu berücksichtigen.
Weiter haben die befragten Personen bei unpersönlichen, schriftlichen Umfragen keine
Möglichkeit, Unklarheiten mit dem Autor der Studie zu besprechen (vgl. Sekaran, 2003,
S. 251). Die beste Möglichkeit, diesem Problem entgegenzuwirken, ist ein einfaches
Fragebogendesign. Eine verständliche Einführung in die Thematik, eine übersichtliche
Strukturierung des Fragebogens sowie klar formulierte Fragen und Antwortalternativen
(vgl. Sekaran, 2003, S. 237 ff.) sind hierzu erforderlich.
5.1.2 Vorgehen bei der Fragebogenentwicklung
Den obengenannten Problemen der umfragebasierten Forschung muss bei der
Entwicklung des Fragebogens Rechnung getragen werden. Dies beinhaltet die Messung
von komplexen Konstrukten (Kapitel 5.1.2.1), die Operationalisierung der
Schnittstellencharakteristika (Kapitel 5.1.2.2) sowie die eigentliche Struktur des
Fragebogens (Kapitel 5.1.2.3).
5.1.2.1 Messung von komplexen Konstrukten
Ticehurst und Veal (2000, S. 147 f.) führen mehrere Alternativen an zur Erhebung von
Meinung und Einstellungen von befragten Personen. Eine der am häufigsten
96 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
verwendeten Techniken zur Erfassung von komplexen Konstrukten sind sog. Likert-
Skalen, benannt nach dem Namen deren Erfinders. Dabei werden die befragten Personen
mit Aussagen konfrontiert, zu der sie ihre Zustimmung resp. ihre Ablehnung ausdrücken
können. Nebst Likert-Skalen wurden in dieser Studie auch semantische Differentiale
eingesetzt. Dabei wird den befragten Personen eine Frage gestellt, zu der Antworten
zwischen zwei verbalen Extrempositionen möglich sind. Als Beispiel sei hier die Frage
nach der Länge des Planungshorizontes genannt. Die verbalen Extrempositionen sind in
diesem Fall kurzfristig und langfristig. Der Extrempunkt "kurzfristig" ist mit der Ziffer
(1) versehen, "langfristig" mit der Ziffer (5). Die befragten Personen können nun
sämtliche Zahlen zwischen 1 und 5 als Antwort angeben.
5.1.2.2 Operationalisierung der Schnittstellencharakteristika
Die Operationalisierung der Schnittstellencharakteristika stützt sich soweit möglich auf
bereits bestehende und erprobte Operationalisierungen ab. Tabelle 7 gibt eine Übersicht
über die Quellen, die bei der Operationalisierung der einzelnen Items Berücksichtigung
gefunden haben.
Schnittstellenmerkmal Quellen der Operationalisierung
Formalisierungsgrad Homburg et al. (2008); Dahlstrom, McNeilly und Speh (1996); Ferrel und Skinner (1988); Kelley, Longfellow und Maleon (1996); Sohi, Smith und Ford (1996); Michaels, Cron, Dubinsky und Joachimsthaler (1988)
Standardisierungsgrad Keine geeigneten Quellen verfügbar; eigene
Operationalisierung
Zentralisierungsgrad Menon, Jaworski, Kohli (1997); Kelley, Longfellow und Malehorn (1996); Heide und Weiss (1995); Phillips (1982)
Räumliche und organisatorische Nähe
Keine geeigneten Quellen verfügbar; eigene
Operationalisierung
Gemeinsame Planung Homburg et al. (2008)
Teamwork Homburg et al. (2008)
Flexibilität Heide (1994)
Informationsaustausc Homburg et al. (2008); Dahlstrom, McNeilly und Speh (1996); Lusch und Brown (1996)
Solidarität Dahlstrom, McNeilly und Speh (1996); Lusch und Brown (1996)
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 97
Konfliktverhalten Ayers, Dahlstrom und Skinner (1997)
Machtverhältnisse Homburg et al. (2008); Kohli (1989)
Produkt-/Marktkenntnis Homburg et al. (2008)
Kurzfristige vs. langfristige Orientierung
Homburg et al. (2008)
Tabelle 7: Quellen zur Operationalisierung der Schnittstellenmerkmale Quelle: Bruner II, James und Hensel, 2001; Bruner II und Hensel, 1998; Bruner II und Hensel, 1992; eigene Recherche.
5.1.2.3 Fragebogenstruktur
Der Fragebogen gliedert sich in fünf Teile (vgl. Abbildung 21). Zunächst werden in der
Einleitung das Forschungsprojekt und das Erkenntnisinteresse kurz vorgestellt. Ziel
dabei ist es, das Interesse der befragten Person zu wecken, und somit die
Antwortwahrscheinlichkeit zu erhöhen. Weiter enthält die Einleitung eine
Vertraulichkeitserklärung, die besagt, dass sämtliche Informationen vertraulich behandelt
werden und keine Angaben mit der jeweiligen Firma in Verbindung gebracht werden
können. Schliesslich umfasst die Einleitung auch die Kontaktinformationen für allfällige
Rückfragen. Im Fragenblock (A) werden die Schnittstellenmerkmale abgefragt. Dabei
kommen Likert-Skalen und semantische Differentiale zum Einsatz. Der Frageblock (B)
widmet sich den Kontextfaktoren. Die Konstrukte werden in diesem Teil durch Likert-
Skalen oder Listen mit mehreren Antwortalternativen abgefragt. Der Teil (C) des
Fragebogens widmet sich den Performance-Grössen. Wie in Frageblock (B) kommen
auch hier Likert-Skalen und Listen mit mehreren Antwortalternativen zum Einsatz.
Abschliessend werden zahlreiche administrative Informationen abgefragt. Zum einen
wird die befragte Person gebeten, Angaben zum Tätigkeitsfeld seines Unternehmens zu
machen. Zum anderen werden persönliche Fragen zur Funktion im Unternehmen gestellt.
Hier kommen entweder offene Fragen oder Listen mit Antwortalternativen zum Einsatz.
Insgesamt umfasst der Fragebogen neun Seiten, wobei eine Seite auf die Einleitung
entfällt und eine Seite für die administrativen Informationen benötigt wird. Es verbleiben
für die Frageblöcke (A) bis (C) demzufolge sieben Seiten.
Der Fragebogen ist im Anhang A. 7 angefügt.
98 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
Abbildung 21: Struktur des Fragebogens Quelle: eigene Darstellung.
5.1.2.4 Praktische Validierung des Fragebogens
Vor dem Versand des Fragebogens wurde die erarbeitete Modellspezifikation in
mehreren Expertengesprächen hinsichtlich Vollständigkeit und Verständlichkeit
validiert. Die Validierung berücksichtigte zum einen die grundsätzliche
Modellstrukturierung und zum anderen die einzelnen Schnittstellencharakteristika,
Kontextfaktoren und Performance-Grössen. Alle Gesprächspartner hatten die
Möglichkeit, zusätzliche Elemente zu nennen, resp. bestehende Elemente als nicht
relevant einzustufen.
Nach erfolgter Validierung der Modellspezifikation durch Expertengespräche wurde im
Rahmen eines Pretests die Verständlichkeit der Umsetzung des Modells in den
Fragebogen überprüft. Vier Fragebogen wurden dazu versendet mit der expliziten
Aufforderung, sämtliche Fragen und Unklarheiten zu vermerken.
5.1.3 Strukturierung und Administration der Datenerhebung
5.1.3.1 Untersuchungsobjekt
Wie bereits in Kapitel 1.3.1 ausgeführt, ist eine intuitive Grundvoraussetzung sämtlicher
im Fokus stehender Firmen, dass sie über eine dezidierte Revenue-Management-
Funktion verfügen. Wie eingangs aufgezeigt wurde, handelt es sich bei den
Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb
Einleitung
Kurzbeschrieb des Forschungsprojekts; Vertraulichkeitserklärung; Kontaktinformationen
A: Schnittstellenmerkmale
• Likert-Skalen
• SemantischeDifferentiale
B: Kontextfaktoren
• Likert-Skalen
• Listen mit Antwort-alternativen
C: Performance Grössen
• Likert-Skalen
• Listen mit Antwort-alternativen
D: Administrative Informationen
Unternehmensangaben; persönliche Angaben (offene Fragen, Listen mit Antwortalternativen)
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 99
nicht um ein industriespezifisches Phänomen. Dementsprechend beschränkt sich die
Untersuchung auch nicht auf eine spezifische Industrie. Im Rahmen der Umfrage wurden
Fluggesellschaften, Hotels, Mietwagenfirmen sowie Reiseveranstalter hinsichtlich der
Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb
befragt. Die Umfrage beschränkte sich auf den deutschsprachigen Raum, dass heisst, es
wurden Firmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz angefragt. Diese
geografische Einschränkung ermöglichte es, in den jeweiligen Ländern einen Grossteil
der in Frage kommenden Firmen auch zu kontaktieren.
5.1.3.2 Art der Umfrage
Unpersönliche Befragungen können entweder papierbasiert oder internetbasiert erfolgen.
Aufgrund der leichteren und schnelleren Administration erfreuen sich insbesondere
internetbasierte Umfragen steigender Beliebtheit. Dolnicar, Laesser und Matus (2009)
untersuchen in einer Meta-Analyse zahlreiche methodische Studien, die papierbasierte
Befragungen mit internetbasierten Befragungen verglichen: Bezug nehmend auf die
Befragung von Managern weisen u. a. Roy und Berger (2005), Klassen und Jacobs
(2001) sowie Ranchhod und Zhou (2001) bei papierbasierten Umfragen eine höhere
Antwortrate nach. Dementsprechend erfolgte die Befragung im Rahmen dieser Studie
papierbasiert.
5.1.3.3 Umfrageadministration
Die Umfrageadministration umfasste zwei resp. drei Stufen. Vor dem Versand eines
Fragebogens wurde das betreffende Unternehmen telefonisch kontaktiert. Dies geschah
aus mehreren Gründen: Zum einen galt es abzuklären, ob das Unternehmen über eine
dezidierte Revenue-Management-Funktion verfügt. Zum anderen konnte das Gespräch
jeweils auch dazu genutzt werden, die richtige Ansprechperson zu identifizieren.
Schliesslich konnte die telefonische Anfrage auch dazu genutzt werden, um die
grundsätzliche Bereitschaft, an der Umfrage teilzunehmen zu prüfen, was sich intuitiv
positiv auf die Antwortrate auswirkt. Auf spezifischen Wunsch wurde die telefonische
Anfrage durch eine schriftliche Anfrage via E-Mail ergänzt.
Nach erfolgreicher telefonischer Abklärung wurde der Fragebogen per Post versandt. Ein
adressiertes und frankiertes Rückantwortcouvert lag ebenfalls bei, was Sekaran (2003, S.
237) zufolge zusätzlich positiv auf die Antwortrate wirkt. Drei Wochen nach erfolgtem
Versand des Fragebogens wurden diejenigen Unternehmen, die den Fragebogen noch
100 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
nicht zurückgeschickt hatten, erneut telefonisch kontaktiert. Abbildung 22 zeigt die
Schritte der Umfrageadministration in einer Übersicht.
Abbildung 22: Umfrageadministration Quelle: eigene Darstellung.
Bei einer grossen, internationalen Hotelkette wich die Kontaktnahme vom oben
beschriebenen Vorgehen ab. Anders als bei den übrigen Unternehmen wurde der
Fragebogen sämtlichen Niederlassungen im deutschsprachigen Raum ohne vorgängige
Kontaktnahme zugesandt. Dies ist auf eine zuverlässige Information zurückzuführen,
wonach bei der besagten Hotelkette die einzelnen Niederlassungen das Revenue
Management autonom wahrnehmen. Dementsprechend war es nicht mehr nötig, im
Rahmen einer telefonischen Kontaktnahme die Existenz einer dezidierten Revenue-
Management-Funktion in Erfahrung zu bringen. Insgesamt wurden 20 Hotels ohne
vorgängige telefonische Kontaktnahme angeschrieben.
Abbildung 23 und Abbildung 24 zeigen die administrativen Details der Umfrage in einer
Übersicht. Die Antwortrate auf die versandten Fragebogen betrug rund 39%. Drei der
Fragebogen wiesen erhebliche Lücken in der Beantwortung auf und konnten bei der
Auswertung nicht berücksichtigt werden.
Abbildung 23: Administrative Details Umfrage Quelle: eigene Darstellung.
TelefonischeKontaktnahme
PostversandFragebogen
TelefonischeErinnerung
291
68 31
295
20
20
Telefonisch kontaktiert
311
34
88
Angaben verwendbarFragebogen ausgefüllt
Fragebogen versandt
-9%
-61%
-72%
Direktversand des FragebogensVorgängiger telefonischer Kontakt
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 101
Abbildung 24: Struktur der eingegangenen Antworten Quelle: eigene Darstellung.
5.1.4 Vorgehen und Herausforderungen bei der Datenauswertung
5.1.4.1 Klassifizierung der Stichprobe
Bei der Identifikation möglicher Ausprägungen der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb ist die Anzahl der berücksichtigten Variablen von zentraler
Relevanz. Zum einen ist es Ketchen und Shook (1996) folgend von Vorteil, eine grosse
Zahl von Klassifizierungsvariablen zu berücksichtigen, weil dadurch eine relativ genaue
Beschreibung der einzelnen Ausprägungen möglich ist. Zum anderen warnen Punj und
Stewart (1983) vor der Integration zu vieler Variablen, weil dadurch auch Variablen mit
geringem Erklärungsgehalt in die Klassifizierung einfliessen.
Um mit dem verfügbaren Stichprobenumfang von n = 31 eine möglichst adäquate
Klassifizierung vornehmen zu können, wurde die Kategorisierung auf zwei Variablen
beschränkt. In Anlehnung an die Schnittstellenanalysen von Homburg et al. (2008), Jo
(2008) Homburg et al. (2005) sowie von Cannon und Perreault (1999) handelt es sich
dabei um die Dimensionen Machtverteilung und Konfliktverhalten. Die restlichen
Variablen dienen anschliessend zur deskriptiven Beschreibung der einzelnen
Ausprägungen. Der Aspekt der Machtverteilung kann drei mögliche Ausprägungen
annehmen: (1) Vertrieb ist dominant, (2) Revenue Management ist dominant und (3)
beide Funktionsbereiche sind gleichberechtigt. Die zweite berücksichtigte Dimension,
das Konfliktverhalten, kann zwei grundsätzliche Ausprägungen annehmen: (1)
Konfliktorientierung und (2) Konsensorientierung. Die Einteilung der untersuchten
10%
Österreich
Schweiz
10%
80%
Deutsch-land
6%
Andere
26%
Reise-veranstalter
10%
Flugge-sellschaften
58% Hotels
23%
0-10013%
3001+
23%501-3000
41%
101-500
Land IndustrieUnternehmensgrösse[Anz. MA]
102 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
Unternehmen in die Kategorien erfolgte anhand der Regeln, die in Tabelle 8
dokumentiert sind.
Wenn … Dann …
Vertrieb dominiert
Revenue Management dominiert
Institutionelle Zusammenarbeit
Fliessendes Gleichgewicht
Legende: x = Machtverteilung, y = Konfliktverhalten
Tabelle 8: Regeln zur Kategorisierung Quelle: eigene Darstellung.
Bei klar ausgeprägten Machtverhältnissen hat das Konfliktverhalten eine untergeordnete
Bedeutung, da Uneinigkeiten zu Gunsten der dominierenden Funktion entschieden
werden. Bei gleichberechtigter Kooperation hat das Konfliktverhalten jedoch eine starke
Wirkung auf die Entscheidungsfindung.
5.1.4.2 Probleme bei der Datenauswertung
Die Überprüfung der Hypothesen rund um die Schnittstellenmerkmale erfolgt mithilfe
von linearen Regressionen. Diese Form des Hypothesentests lässt zwar Aussagen über
Richtung und Enge eines Zusammenhangs zweier oder mehrerer Variablen zu. Kausale
Aussagen über den Zusammenhang sind jedoch nicht möglich (vgl. Bortz und Döring,
2006, S. 517 f.). Bortz und Döring (2006, S. 519) führen weiter aus, dass
"Kausalinterpretationen von Korrelationen – wenn überhaupt – nur inhaltlich bzw.
logisch zu begründen sind." Dementsprechend werden die Hypothesen, welche in Kapitel
6.1 geprüft werden, auf eine breite theoretische Basis abgestützt, und direkt aus
bisherigen Forschungsergebnissen abgeleitet.
Bei linearen Regressionen werden bezüglich des Verhältnisses der untersuchten
Variablen eine Reihe von Prämissen unterstellt (vgl. Backhaus, Erichson, Plinke und
Weiber, 2008, S. 80 f.). So muss zum Beispiel das Verhältnis zwischen abhängigen und
unabhängigen Variablen linear sein, damit eine lineare Regression durchgeführt werden
kann. Die Überprüfung der Einhaltung dieser Prämissen erfolgt in Kapitel 6.1, vorgängig
zur Diskussion der eigentlichen Analyseergebnisse.
Biemann (2007, S. 162 ff.) weist darüber hinaus darauf hin, dass im Rahmen der
Durchführung von Hypothesentests die Gefahr besteht, dass der sogenannte Beta-Fehler
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 103
unterschätzt wird. Mit anderen Worten läuft der Forscher Gefahr, eine Hypothese
fälschlicherweise anzunehmen, auch wenn das angestrebte Signifikanzniveau erreicht
wird. Als Lösungsansatz schlägt Biemann die Analyse der Teststärke vor. Die Teststärke
(Power) einer Analyse steht in einem inversen Verhältnis zur Gefahr eines Beta-Fehlers.
Je grösser die Teststärke ausfällt, desto geringer ist die Gefahr, einen Beta-Fehler zu
begehen. Biemann folgend, wird bei den Hypothesentests in Kapitel 6.1 die Teststärke
untersucht.
Weiter zeigt Biemann (2007, S. 163 f.) mittels einer Replikationsstudie auf, dass auch bei
der identifizierten Wirkungsrichtung einer unabhängigen Variablen auf eine abhängige
Variable Vorsicht geboten ist. Es kann nämlich der Fall eintreten, dass die
Wirkungsrichtung genau anders gerichtet ist, als es die ausgegebenen Koeffizientenwerte
unterstellen. Um dieser Gefahr zu begegnen schlägt Biemann die Berücksichtigung von
Konfidenzintervallen vor. Mit Hilfe der Konfidenzintervalle kann untersucht werden, mit
welcher Wahrscheinlichkeit sich die Wirkungsrichtung umdreht. In Kapitel 6.1 werden
dementsprechend für die einzelnen Hypothesentests auch Konfidenzintervalle gebildet
und untersucht.
5.2 Qualitative Forschung mithilfe von Fallstudien
Die Erläuterungen zur Forschung mithilfe von Fallstudien beinhalten zunächst wiederum
deren Grundzüge (Kapitel 5.2.1). Anschliessend werden die Eckpunkte der
Datenerhebung ausgeführt (Kapitel 5.2.2), bevor in einem weiteren Schritt die inhaltliche
Struktur der Fallstudien erläutert wird (Kapitel 5.2.3). Abschliessend werden die
wichtigsten Elemente der Datenauswertung dargestellt (Kapitel 5.2.3).
5.2.1 Grundzüge der Forschung mithilfe von Fallstudien
Anders als die oben ausgeführte, umfragebasierte Forschung stützt sich die
Fallstudienforschung nicht auf eine möglichst breite Stichprobe ab, sondern auf wenige
ausgewählte Fälle. Aus der detaillierten Untersuchung dieser Fallbeispiele werden
anschliessend verallgemeinerbare Aussagen abgeleitet. Es ist intuitiv nachvollziehbar,
dass vor diesem Hintergrund der Selektion der zu untersuchenden Fälle grosse Relevanz
beigemessen wird. Hinzu kommt, dass bei der Forschung mithilfe von Fallstudien
sowohl Forschungsfragen als auch die Untersuchungsaspekte an den Verlauf der
Datenerhebung angepasst werden können. Eisenhardt (1989, S. 539) spricht von einem
104 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
sogenannten "kontrollierten Opportunismus", dem die Forschung mithilfe von
Fallstudien folgt.
5.2.1.1 Ausprägungen der Forschung mithilfe von Fallstudien
Eisenhardt (1989, S. 538) unterscheidet bei der Fallstudienforschung zwischen einem
qualitativen und einem quantitativen Vorgehen. Während sich ersteres auf die
interpretative Auslegung von Informationen stützt, beruht letzteres auf der statistischen
Auswertung von Daten. Häufig werden in derselben Untersuchung qualitative wie auch
quantitative Daten erhoben und analysiert. In dieser Untersuchung werden
ausschliesslich qualitative Informationen verwendet.
Unabhängig davon, ob es sich um qualitative oder quantitative Daten handelt, kann die
Datenanalyse sowohl den Vergleich mehrerer Datenquellen innerhalb eines
Unternehmens als auch den Vergleich unterschiedlicher Unternehmen beinhalten. Beide
Formen der Datenanalyse verfolgen das Ziel, die Validität der Schlussfolgerungen und
somit deren Aussagekraft zu erhöhen.
5.2.1.2 Gütekriterien der Forschung mithilfe von Fallstudien
Yin (2009, S. 41) unterscheidet vier Gütekriterien für Forschung mithilfe von
Fallstudien. Zunächst nennt er das Kriterium der Konstruktvalidität. Analog zur obigen
Beschreibung dreht sich auch hier die Konstruktvalidität um die Frage, inwiefern der zu
untersuchende Zusammenhang durch das gewählte und abgefragte Konstrukt tatsächlich
abgebildet wird. Yin schlägt zur Erhöhung der Konstruktvalidität unter anderem vor, die
Schlussfolgerungen der Fallstudie erneut mit den wichtigsten Informationsträgern der
untersuchten Firma zu besprechen. Weiter nennt Yin die interne Validität, die sich mit
der Frage beschäftigt, ob die in den Schlussfolgerungen unterstellte Kausalität zwischen
untersuchten Zusammenhängen tatsächlich existiert oder ob es sich dabei lediglich um
Scheinkausalität handelt, die in Wirklichkeit auf eine unbeobachtete Drittwirkung
zurückzuführen ist. Insbesondere eine aktive Analyse möglicher alternativer Erklärungen
erweist sich hier als hilfreich. Als drittes Kriterium wird die externe Validität angeführt.
Da bei der Forschung mithilfe von Fallstudien im Gegensatz zur umfragebasierten
Forschung, die auf statistischen Verallgemeinerungen basiert, analytische
Verallgemeinerungen erfolgen, gilt es die Frage zu adressieren, ob die
Forschungsergebnisse auch ausserhalb des untersuchten Beispiels Gültigkeit haben.
Durch die Berücksichtigung mehrerer Unternehmen in der Untersuchung kann die
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 105
externe Validität bedeutend gesteigert werden. Ergänzend können die
Schlussfolgerungen mit dem aktuellen Forschungsstand auf ihre Plausibilität hin
überprüft werden. Schliesslich geht Yin auf die Reliabilität der Forschungsergebnisse
ein. Damit wird die Möglichkeit bezeichnet, dieselben Forschungsergebnisse im Rahmen
einer weiteren Untersuchung erneut zu generieren. Grundvoraussetzung hierfür ist eine
rigorose Dokumentation der Forschungsmethodik.
5.2.1.3 Probleme der Forschung mithilfe von Fallstudien
Eisenhardt (1989) sieht die Probleme der Forschung mittels Fallstudien insbesondere in
der beschränkten Fähigkeit des Menschen, Informationen zu verarbeiten. Unter Berufung
auf zahlreiche Autoren führt sie aus, dass man dazu neigt, auf Basis beschränkter
Informationen bereits Schlussfolgerungen zu ziehen, die die weitere Datenaufnahme
beeinflussen (Kahnemann und Tversky, 1973), dass man stark beeinflusst wird durch die
Lebhaftigkeit einer Schilderung (Nisbett und Ross, 1980), dass man die Antworten
einflussreicher Personen stärker gewichtet (Miles und Huberman, 1984), dass man dazu
tendiert, statistische Grundsätze ausser Acht zu lassen (Kahnemann und Tversky, 1973),
oder dass man geneigt ist, unpassende Informationen nicht zu berücksichtigen (Nisbett
und Ross, 1980).
Des Weiteren ist die geringe Stichprobengrösse kritisch einzustufen. Dem
übergeordneten, wissenschaftlichen Ziel folgend, allgemeingültige Aussagen zu treffen,
werden die Erkenntnisse aus wenigen Stichproben für allgemeingültig erklärt. Es kann
jedoch oft nicht mit abschliessender Sicherheit gesagt werden, dass die gefundenen
Erkenntnisse nur im spezifischen Kontext des untersuchten Falles Gültigkeit haben.
Abschliessend ist auf die generelle Subjektivität hinzuweisen, der die Forschung mithilfe
von Fallstudien unterliegt. Die Gewichtung und die Interpretation der generierten
Informationen liegen in der Verantwortung des Forschers. Yin (2009, S. 67 ff.) führt vor
diesem Hintergrund eine Reihe von Fähigkeiten an, die sich der Forscher aneignen muss,
um sich für Fallstudienforschung zu qualifizieren. Unter anderem zählt er die
Fähigkeiten auf, gute Fragen zu stellen, sich adaptiv dem Gesprächsverlauf anpassen zu
können sowie ein guter Zuhörer zu sein.
106 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
5.2.2 Vorgehen bei der Datenerhebung
Bevor mit der eigentlichen Datenerhebung begonnen werden konnte, galt es zu klären,
welche Firmen untersucht werden sollten, welche Personen in den identifizierten
Unternehmen befragt werden sollten und wie die Informationen aufgezeichnet werden.
Die Selektion der Unternehmen, die im Rahmen der Fallstudien untersucht werden, leitet
sich aus den Ergebnissen der Umfrage zu typischen Ausprägungen der Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb ab. Ziel dabei war es, Unternehmen mit
unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit zwischen den beiden Abteilungen zu
berücksichtigen. Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten und somit
eine Überprüfung der externen Validität der Aussagen zu ermöglichen, werden aus zwei
Industrien jeweils zwei Firmen mit vergleichbarer Grösse und Marktpositionierung
untersucht. Es handelt sich dabei um zwei Reiseveranstalter und um zwei Airlines. Die
Selektion unterschiedlicher Firmen geht zurück auf Eisenhardt (1989), die festhält, dass
bei Fallstudien idealerweise entgegengesetzte Ausprägungen (sog. polar types)
Berücksichtigung finden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Untersuchung ein
breites Spektrum möglicher Situationen berücksichtigt.
Die erforderlichen Daten werden in der Fallstudie im Rahmen von Einzelinterviews
erhoben. Dabei wird bei jeder Firma nacheinander jeweils mindestens ein Mitarbeiter des
Revenue Management sowie des Vertriebs befragt. Nach Möglichkeit wird ein weiterer
Funktionsbereich in die Fallstudie miteinbezogen, der den untersuchten Abteilungen
nahesteht und dadurch ebenfalls eine Sichtweise auf die Interaktion zwischen dem
Revenue Management und dem Vertrieb hat. Ziel dieser Befragungsstruktur ist es, beide
Seiten der untersuchten Schnittstelle zu berücksichtigen. Durch die sequentielle
Befragung von Revenue-Managern und Vertriebsmitarbeitern kann sichergestellt werden,
dass sowohl die Perspektive des Revenue Management als auch diejenige des Vertriebs
adäquat in den Schlussfolgerungen aus der Fallstudie vertreten sind. Dadurch kann die
von Yin (2009) geforderte interne Validität der erhobenen Daten gestärkt werden.
Während der Fallstudie erfolgte die Aufzeichnung der Daten mit einem Aufnahmegerät
sowie mit Notizen. Um eine möglichst vollständige und unverfälschte Auswertung der
Informationen zu ermöglichen, wurden sämtliche Tondokumente im Nachgang zu den
Gesprächen transkribiert. Falls der Gesprächspartner explizit keine Aufzeichnung des
Gesprächs mit nachfolgender Transkription wünschte, wurde das Interview im
Nachhinein basierend auf den Gesprächsnotizen stichwortartig zusammengefasst.
Empirisch konzeptionelle Grundlagen 107
5.2.3 Inhaltliche Struktur der Fallstudien
Die Fallstudien gliederten sich in drei Themenblöcke. Zunächst wurde der Status quo der
Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb im jeweiligen Unternehmen
untersucht. Dazu wurden sowohl die grundsätzlichen Funktionsweisen von Revenue
Management und Vertrieb sowie der resultierenden Interaktionen zwischen den
Funktionsbereichen diskutiert. Ebenfalls zum Umfang der Analyse des Status quo
gehörte eine Diskussion der Vor- und Nachteile resp. der spezifischen
Herausforderungen dieser Form der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management
und Vertrieb.
In einem zweiten Schritt wurden, ausgehend von der Analyse des Status quo, mögliche
Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten der organisationalen Schnittstelle
besprochen. Um ein möglichst breites Spektrum möglicher Verbesserungen identifizieren
zu können, wurde die entsprechende Frage zunächst offen formuliert. Wenn bereits
Ergebnisse hinsichtlich der Verbesserungspotenziale aus anderen Fallstudien vorlagen,
wurden diese anschliessend ebenfalls zur Diskussion gestellt.
Der dritte Themenblock adressierte die Implementierung der identifizierten
Verbesserungspotenziale. Hier war es nicht das Ziel, eine vollständige Analyse des
Implementierungsprozesses durchzuführen. Vielmehr ging es darum, spezifische
Erfolgsfaktoren der Implementierung dieser Massnahmen zu besprechen.
Vor der Behandlung dieser drei Themenblöcke wurden im Rahmen der Einleitung in die
Fallstudie die zentralen Ergebnisse des umfragebasierten Forschungsteils präsentiert mit
der Bitte um eine kritische Würdigung dieser Erkenntnisse durch die Interviewpartner.
5.2.4 Vorgehen bei der Datenauswertung
Nach erfolgter Transkription der Gesprächsaufzeichnungen wurde jede Fallstudie isoliert
ausgewertet. Basierend auf den Interviews und den ausgefüllten Fragebogen wurde
zunächst eine ausführliche Charakterisierung der Schnittstelle anhand der
Modellspezifikation aus Kapitel 4 vorgenommen, inklusive der damit verbundenen Vor-
und Nachteile. Anschliessend wurden die in den Interviews genannten
Verbesserungspotenziale konsolidiert und nach Möglichkeit mit konkreten Massnahmen
hinterlegt. Ausgehend von diesen Massnahmen wurden abschliessend die genannten
Erfolgsfaktoren der Implementierung zusammengefasst. Diese isolierten Auswertungen
wurden in Form einer übersichtlichen Zusammenfassung an die Ansprechpartner der
108 Empirisch konzeptionelle Grundlagen
jeweiligen Firmen zurückgespielt mit der Bitte um eine kritische Überprüfung der
zentralen Aussagen auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Nach Abschluss dieser Verifikation wurden die Ergebnisse der vier Fallstudien
miteinander verglichen. Ziel dieser Cross-Case-Analyse war es, zum einen konkrete
Gestaltungsempfehlungen für die einzelnen Schnittstellenmerkmale abzuleiten, die die
spezifische Situation der im Rahmen der Fallstudien untersuchten Firmen
berücksichtigen. Zum anderen wurden gemeinsame Verbesserungspotenziale identifiziert
und mit konkreten Massnahmen hinterlegt. Diesem Vorgehen liegt die Annahme
zugrunde, dass Verbesserungspotenziale, die bei diesen vier unterschiedlichen Firmen
relevant sind, auch ausserhalb dieser kleinen Stichprobe Relevanz haben. Die Cross-
Case-Analyse umfasste des Weiteren eine Konsolidierung der identifizierten
Erfolgsfaktoren der Implementierung der Verbesserungsmassnahmen. Hierbei wurde auf
ein Framework zur Strategieimplementierung zurückgegriffen, das auch bereits bei den
Fallstudieninterviews als Strukturierungshilfe diente.13
13 Das angesprochene Framework zur Strategieimplementierung geht auf Okumus (2003) zurück. Es wird in Kapitel 6.6.3 erläutert.
Forschungsergebnisse 109
6 Forschungsergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen präsentiert, die im
Rahmen dieses Forschungsprojekts durchgeführt wurden. Zunächst werden die
Ergebnisse des umfragebasierten Forschungsteils dokumentiert, anschliessend diejenige
der Fallstudienuntersuchungen.
6.1 Quantitative Ergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Umfrage ausführlich analysiert. Zunächst
werden die anhand der in Kapitel 5.1.4 eingeführten Zuteilungsregeln gebildeten
Schnittstellenkategorien erläutert (Kapitel 6.1.1). Ausgehend von dieser Übersicht
werden in Kapitel 6.1.2 die Kategorien hinsichtlich ihrer Performance untersucht.
Abschliessend werden in Kapitel 6.1.3 die wichtigsten Ergebnisse dieser empirischen
Untersuchung zusammengefasst.
6.1.1 Übersicht der Schnittstellenkategorien
Die eingegangenen Fragebogen wurden basierend auf den Entscheidungsregeln zur
Kategorisierung in vier unterschiedliche Ausprägungen aufgeteilt. Abbildung 25 zeigt
die vier möglichen Schnittstellentypen in einer Übersicht.
Abbildung 25: Mögliche Schnittstellenausprägungen Quelle: eigene Darstellung.
Konflikt-verhalten
Macht-verteilung
Vertriebübergeordnet
RM und Vertriebgleichberechtigt
RMübergeordnet
Konfrontations-orientiert
Konsens-orientiert
1 "Vertriebdominiert"
3 "Institutiona-lisierteKooperation"
2 "Revenue Managementdominiert"
4 "FliessendesGleich-gewicht"
110 Forschungsergebnisse
Abbildung 26 zeigt die Verteilung der Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen
haben, auf die einzelnen Kategorien möglicher Schnittstellenausprägungen. Kategorie 3,
die "Institutionalisierte Kooperation" ist am häufigsten vertreten. Betrachtet man
ausschliesslich den Aspekt der Machtverteilung, dann halten sich die einseitig
dominierten Kooperationsformen (Kategorien 1 und 2) mit den gleichberechtigten
Schnittstellenausprägungen (Kategorien 3 und 4) die Waage.
Abbildung 26: Verteilung der Unternehmen auf die Kategorien Quelle: eigene Darstellung.
Wie aus Abbildung 26 hervorgeht, entfallen aufgrund der Stichprobengrösse von
insgesamt 31 Firmen jeweils lediglich zwischen fünf und elf Beispiele auf die
Schnittstellenkategorien. Die Differenzierung der Schnittstellenkategorien in den
Kapiteln 6.1.1.1 bis 6.1.1.4 beschränkt sich vor diesem Hintergrund auf die zentralen
Unterscheidungsmerkmale. Diese werden jeweils vor ihrem spezifischen Kontext kurz
inhaltlich erläutert. Angesichts der geringen Fallzahl je Schnittstellenkategorie dienen
diese Aussagen lediglich der detaillierteren Beschreibung der Kategorien. Zur fundierten
Bestätigung dieser zentralen Unterschiede ist eine inferenzstatistische Analyse der
relevanten Schnittstellenmerkmale erforderlich. Dies stellt ein weitergehender
Forschungsbedarf dar, der in Kapitel 7.3 entsprechend festgehalten wird.
Unternehmen je Kategorie
Hotels/Hotelketten:
Reiseveranstalter:
Airlines:
Übrige*):
Kategorie1
6
1
-
-
Kategorie2
4
4
-
-
Kategorie3
5
2
2
2
Kategorie4
3
1
1
-
Total: 7 8 11 5
Forschungsergebnisse 111
6.1.1.1 Kategorie 1: "Vertrieb dominiert"
Diese Schnittstellenausprägung zeichnet sich durch eine einseitige Machtverteilung
zugunsten des Vertriebs aus. Hinsichtlich der Ausprägung des Konfliktverhaltens wird in
dieser Kategorie nicht unterschieden. Es spielt mit Blick auf die Entscheidungsbildung
eine untergeordnete Rolle, ob eine konsensorientierte oder eine eher konfliktorientierte
Arbeitskultur vorherrscht, denn durch die einseitige Machtverteilung wird in Situationen
mit entgegenstehenden Interessen im Sinne des Vertriebs entschieden. Abbildung 27
zeigt die komplette Übersicht über die durchschnittlichen Ausprägungen der einzelnen
Schnittstellenmerkmale dieser Kategorie im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt der
Stichprobe.
Abbildung 27: Profil Kategorie 1 "Vertrieb dominiert" Quelle: eigene Darstellung.
0.00
0.50
1.00
1.50
2.00
2.50
3.00
3.50
4.00
4.50
Formalisierungsgrad
Standardisierungsgrad
Zentralisierungsgrad
Räumliche & org. Nähe
Gemeinsame Planung
Teamwork
Flexibilität
Informationsaustausch
SolidaritätKonfliktverhalten
Machtverhältnisse
Produktkenntnis RM
Produktkenntnis Vertrieb
Marktkenntnis RM
Marktkenntnis Vertrieb
Zeitl. Orientierung RM
Zeitl. Orientierung Vertrieb
Unternehmen im Kategorie 1
Hotels/Hotelketten: 6
Reiseveranstalter: 1
Airlines: -
Übrige: -
Legende
Kategorie 1: "Vertrieb dominiert"
Durchschnitt der übrigen Kategorie
Die Legende zu den Skalen befindet sich in Anhang A8
112 Forschungsergebnisse
Diese Kategorie ist stark dominiert durch die Antworten von Hotels resp. von
Hotelketten. Die einseitige Machtverteilung dieser Kategorie zugunsten des Vertriebs
manifestiert sich deutlich im tiefen Wert des Kriteriums "Machtverhältnisse" (1.71), was
mit einer hohen relativen Entscheidungsbefugnis des Vertriebs gegenüber dem Revenue
Management gleichzusetzen ist.
Strukturelle Aspekte: Im Vergleich zu den Unternehmen der anderen Kategorien weisen
die Firmen der Kategorie 1 einen geringeren Formalisierungsgrad sowie einen geringeren
Standardisierungsgrad der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und
Vertrieb auf. Demgegenüber fällt der Zentralisierungsgrad deutlich höher aus als bei den
übrigen Kategorien. Diese drei strukturellen Aspekte legen die Vermutung nahe, dass die
meisten Unternehmen in Kategorie 1 noch nicht sehr lange institutionalisiert Revenue
Management betreiben. Ein Vergleich des ebenfalls erhobenen Kontextfaktors "Revenue-
Management-Erfahrung" bestätigt diese Vermutung (vgl. dazu Anhang A9). Da die
Funktion des Revenue Management noch nicht so lange explizit als solche existiert, ist
auch die Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb weder stark
formalisiert noch standardisiert. Der hohe Zentralisierungsgrad ist auf die Dominanz des
Vertriebs zurückzuführen, der meist eine stärker ausgeprägte Zentralisierung der
Entscheidungsmacht aufweist als das Revenue Management. Hinsichtlich der räumlichen
und organisatorischen Nähe unterscheidet sich diese Kategorie nicht vom Durchschnitt
der anderen. Jedoch sind gemeinsame Planung und Teamwork weniger stark ausgeprägt
als beim Durchschnitt der anderen Kategorien. Dies ist vor dem Hintergrund der einseitig
dominierten Kooperationsform dieser Kategorie wenig erstaunlich.
Verhaltensnormen: Hinsichtlich der erhobenen Verhaltensnormen unterscheidet sich
diese Schnittstellenkategorie in erster Linie durch einen schwächer ausgeprägten
Informationsaustausch sowie durch eine geringere Solidarität zwischen den beiden
Abteilungen vom Durchschnitt der übrigen Schnittstellenkategorien. Durch die klare
Zuteilung von Macht und Entscheidungsverantwortung auf den Vertrieb besteht weniger
Abstimmungsbedarf zwischen den untersuchten Abteilungen. Dementsprechend ist auch
der Informationsfluss weniger stark ausgeprägt. Dasselbe trifft auch auf den Aspekt der
Solidarität zu. Gemeinsame Problemlösung ist bei klar zugewiesener
Entscheidungsverantwortung weniger stark ausgeprägt als bei ausgeglichenen
Machtverhältnissen.
Mitarbeiterbezogene Aspekte: Erwartungsgemäss wird das Wissen der
Vertriebsmitarbeiter in dieser Kategorie hoch eingestuft. Sowohl hinsichtlich der
Forschungsergebnisse 113
Produktkenntnisse als auch hinsichtlich des Marktwissens werden die
Vertriebsmitarbeiter in Kategorie 1 besser eingestuft als ihre Kollegen bei den anderen
Kategorien. Bei der Betrachtung der zeitlichen Orientierung des Tagesgeschäfts zeigt
sich deutlich die Dominanz des Vertriebs, der meist einen kurzfristigeren
Handlungsfokus hat als das Revenue Management. Aufgrund des starken Einflusses des
Vertriebs liegt der zeitliche Handlungsfokus für beide Abteilungen, sowohl für das
Revenue Management als auch für den Vertrieb, in Kategorie 1 unter dem Durchschnitt
der übrigen Kategorien.
114 Forschungsergebnisse
6.1.1.2 Kategorie 2: "Revenue Management dominiert"
Kategorie 2 repräsentiert analog zu Kategorie 1 eine einseitig dominierte Form der
Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb. Anders als bei Kategorie
1 hat hier jedoch nicht der Vertrieb das grössere Stimmengewicht, sondern das Revenue
Management. Erneut wird dem Konfliktverhalten bei der Kategorisierung keine
Beachtung geschenkt. Abbildung 28 zeigt das Profil der Kategorie 2 "Revenue
Management dominiert" in einer Übersicht.
Abbildung 28: Profil Kategorie 2 "Revenue Management dominiert" Quelle: eigene Darstellung.
In dieser Kategorie sind Hotels und Reiseveranstalter vertreten. Das namensgebende
Charakteristikum, die einseitige Dominanz der Interaktion zwischen Revenue
Management und Vertrieb durch die erstgenannte Abteilung, zeigt sich in einem hohen
0.00
0.50
1.00
1.50
2.00
2.50
3.00
3.50
4.00
4.50
Formalisierungsgrad
Standardisierungsgrad
Zentralisierungsgrad
Räumliche & org. Nähe
Gemeinsame Planung
Teamwork
Flexibilität
Informationsaustausch
SolidaritätKonfliktverhalten
Machtverhältnisse
Produktkenntnis RM
Produktkenntnis Vertrieb
Marktkenntnis RM
Marktkenntnis Vertrieb
Zeitl. Orientierung RM
Zeitl. Orientierung Vertrieb
Unternehmen im Kategorie 2
Hotels/Hotelketten: 4
Reiseveranstalter: 4
Airlines: -
Übrige: -
Legende
Kategorie 2: "Revenue Management dominiert"Durchschnitt der übrigen Kategorie
Die Legende zu den Skalen befindet sich in Anhang A8
Forschungsergebnisse 115
Wert für den Aspekt "Machtverhältnisse" (4.00). Die hohe Entscheidungsmacht des
Revenue Management lässt vermuten, dass diese Funktion im entsprechenden
Unternehmen bereits lange existiert und dementsprechend etabliert ist. Ein Vergleich der
ebenfalls erhobenen Revenue-Management-Erfahrung der einzelnen Kategorien bestätigt
dies. Die Kategorie 2 "Revenue Management dominiert" weist von allen identifizierten
Kategorien die höchste durchschnittliche Revenue-Management-Erfahrung auf.
Strukturelle Aspekte: Im Gegensatz zur eben analysierten Kategorie 1 sind bei den
Unternehmen der Kategorie 2 sowohl Formalisierung als auch Standardisierung stärker
ausgeprägt als beim Durchschnitt der übrigen Firmen. Der Zentralisierungsgrad hingegen
ist bei den Unternehmen der Kategorie 2 tiefer als bei den anderen. Wie bereits der
Aspekt "Machtverhältnisse" sind auch die genannten strukturellen
Schnittstellenmerkmale darauf zurückzuführen, dass die Unternehmen in Kategorie 2
über eine grosse Revenue-Management-Erfahrung verfügen. Prozesse und Schnittstellen
rund um das Revenue Management sind dementsprechend gut eingespielt und vielfach in
schriftlicher Form festgehalten. Räumliche und organisatorische Nähe wie auch der
Aspekt der gemeinsamen Planung sind in dieser Kategorie schwächer ausgeprägt als bei
den anderen Firmen. Angesichts der einseitig dominierten Zusammenarbeit ist dies gut
nachvollziehbar.
Verhaltensnormen: Bezüglich der Verhaltensnormen weisen die Unternehmen dieser
Schnittstellenkategorie keine nennenswerten Unterschiede den übrigen Unternehmen auf.
Gegenseitige Flexibilität, Informationsaustausch, Solidarität und Konfliktverhalten
entsprechen weitestgehend dem Durchschnitt der übrigen Schnittstellenkategorien.
Mitarbeiterbezogene Aspekte: Die dominante Position der Revenue-Manager legt die
Vermutung nahe, dass diese hinsichtlich ihres Produkt- und Marktwissens als
überdurchschnittlich eingestuft werden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Sowohl die
Revenue-Manager als auch die Vertriebsmitarbeiter werden hinsichtlich Produkt- und
Marktwissen gleich eingeschätzt wie beim Durchschnitt der restlichen Unternehmen.
Einzig der zeitliche Fokus der Revenue-Manager in Kategorie 2 unterscheidet sich von
den anderen Kategorien. Aufgrund ihrer hohen Entscheidungsverantwortung sind
Revenue-Manager veranlasst, auch kurzfristigen Themen starke Beachtung zu schenken.
116 Forschungsergebnisse
6.1.1.3 Kategorie 3: "Institutionalisierte Zusammenarbeit"
Die Firmen, die dieser Kategorie zugeordnet werden, zeichnen sich durch eine
gleichmässige Verteilung der Entscheidungsmacht sowie durch eine starke
Konsensorientierung im Falle von Meinungsverschiedenheiten aus. Abbildung 29 zeigt
das Profil der Kategorie 3 "Institutionalisierte Zusammenarbeit" in einer Übersicht.
Abbildung 29: Profil Kategorie 3 "Institutionalisierte Zusammenarbeit" Quelle: eigene Darstellung.
Diese Kategorie ist bei den untersuchten Unternehmen am stärksten verbreitet. Die
Charakteristiken, die den Ausschlag zur Einteilung in diese Kategorie geben,
manifestieren sich zum einen in einem ausgeglichenen Wert beim Aspekt
"Machtverhältnisse" (3.00) und zum anderen durch einen überdurchschnittlich hohen
Wert bei "Konfliktverhalten" (4.18).
0.00
0.50
1.00
1.50
2.00
2.50
3.00
3.50
4.00
4.50
FormalisierungsgradStandardisierungsgra
d
Zentralisierungsgrad
Räumliche & org. Nähe
Gemeinsame Planung
Teamwork
Flexibilität
Informationsaustausch
SolidaritätKonfliktverhalten
Machtverhältnisse
Produktkenntnis RM
Produktkenntnis Vertrieb
Marktkenntnis RM
Marktkenntnis Vertrieb
Zeitl. Orientierung RM
Zeitl. Orientierung Vertrieb
Kategorie 3: "InstitutionalisierteKooperation"
Unternehmen im Kategorie 3
Hotels/Hotelketten: 5
Reiseveranstalter: 2
Airlines: 2
Übrige: 2
Legende
Durchschnitt der übrigen Kategorie
Die Legende zu den Skalen befindet sich in Anhang A8
Forschungsergebnisse 117
Strukturelle Aspekte: Während die einseitig dominierten Schnittstellenausprägungen
(Kategorie 1 und 2) geringe resp. hohe Formalisierungs- und Standardisierungsgrade
aufwiesen, unterscheidet sich die Kategorie 3 hinsichtlich dieser strukturellen Aspekte
nicht vom Durchschnitt der übrigen Firmen. Der Zentralisierungsgrad hingegen fällt
deutlich geringer aus. Vor dem Hintergrund der gleichberechtigten Kooperation und der
ausgeprägten Konsensorientierung der Firmen in dieser Kategorie ist dies gut
nachvollziehbar. Damit die Mitarbeiter überhaupt in der Lage sind, gemeinsam zu einem
interdepartementalen Konsens zu gelangen, muss jeder Mitarbeiter über einen gewissen
Entscheidungsspielraum verfügen. Die räumliche und organisatorische Nähe ist bei
dieser Kategorie sehr stark ausgeprägt. Liegen die beiden Funktionsbereiche räumlich
nahe beieinander, erleichtert dies zweifelsohne den regelmässigen Austausch. Wenn sich
die Abteilungen zudem organisational nahestehen, z. B. zum gleichen Vorstandsbereich
gehören, wirkt sich dies oft aufgrund harmonisierter Leistungsaufträge mildernd auf
potenzielle Zielkonflikte zwischen den Abteilungen aus. Analoges gilt auch für den
Aspekt der gemeinsamen Planung, der bei dieser Kategorie überdurchschnittlich
ausgeprägt ist. Wenig erstaunlich ist dann auch das Kriterium des Teamworks bei
Kategorie 3 überdurchschnittlich stark ausgeprägt.
Verhaltensnormen: Die Kategorie "Institutionalisierte Zusammenarbeit" zeigt in allen
Verhaltensdimensionen eine überdurchschnittlich starke Ausprägung. Sowohl die
gegenseitige Flexibilität als auch der Informationsfluss zwischen den beiden Abteilungen
und die wechselseitige Solidarität sind stärker ausgeprägt als beim Durchschnitt der
übrigen Firmen.
Mitarbeiterbezogene Aspekte: Hinsichtlich der mitarbeiterbezogenen Aspekte weist die
Kategorie 3 keine relevante Abweichung vom Durchschnitt der anderen Kategorien auf.
Lediglich hinsichtlich des Marktwissens werden Revenue-Manager und
Vertriebsmitarbeiter gleichermassen überdurchschnittlich gut eingestuft.
118 Forschungsergebnisse
6.1.1.4 Kategorie 4: "Fliessendes Gleichgewicht"
Diese Kategorie fasst diejenigen Unternehmen zusammen, die zum einen eine
gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb
aufweisen, bei denen jedoch die Zusammenarbeit eher konfliktorientiert erfolgt.
Abbildung 30 zeigt das Profil der Kategorie 4 "Fliessendes Gleichgewicht" in einer
Übersicht.
Abbildung 30: Profil Kategorie 4 "Fliessendes Gleichgewicht" Quelle: eigene Darstellung.
Analog zu Kategorie 3 manifestieren sich die Charakteristiken, die den Ausschlag zur
Einteilung in diese Kategorie geben, in den Durchschnittswerten für die Aspekte
"Machtverhältnisse" und "Konfliktverhalten". Während der Machtverhältnisse analog zur
Kategorie 3 sehr ausgeglichen sind zwischen den beiden Abteilungen, weist die
0.00
0.50
1.00
1.50
2.00
2.50
3.00
3.50
4.00
4.50
Formalisierungsgrad
Standardisierungsgrad
Zentralisierungsgrad
Räumliche & org. Nähe
Gemeinsame Planung
Teamwork
Flexibilität
Informationsaustausch
SolidaritätKonfliktverhalten
Machtverhältnisse
Produktkenntnis RM
Produktkenntnis Vertrieb
Marktkenntnis RM
Marktkenntnis Vertrieb
Zeitl. Orientierung RM
Zeitl. Orientierung Vertrieb
Unternehmen im Kategorie 4
Hotels/Hotelketten: 3
Reiseveranstalter: 1
Airlines: 1
Übrige: -
Legende
Kategorie 4: "Fliessendes Gleichgewicht"
Durchschnitt der übrigen Kategorie
Die Legende zu den Skalen befindet sich in Anhang A8
Forschungsergebnisse 119
Kategorie 4 beim Konfliktverhalten einen tiefen Durchschnittswert auf (2.60). Dies lässt
auf eine gering ausgeprägte Konsensbereitschaft der Mitarbeiter schliessen.
Strukturelle Aspekte: Hinsichtlich der strukturellen Aspekte weist die Kategorie 4 keine
nennenswerten Besonderheiten auf. Während der Formalisierungsgrad dem Durchschnitt
der übrigen Kategorien entspricht, fallen Standardisierungs- und Zentralisierungsgrad
etwas höher aus. Räumliche und organisatorische Nähe, gemeinsame Planung wie auch
Teamwork spiegeln weitgehend den Durchschnitt der anderen Kategorien wieder.
Verhaltensnormen: Bei diesen Aspekten unterscheidet sich die Kategorie 4 deutlich vom
Durchschnitt der anderen Firmen. Vor dem Hintergrund der oben erwähnten
Konfliktorientierung sind die Abteilungen weniger flexibel im Umgang miteinander.
Auch der interdepartementale Informationsfluss ist weniger stark ausgeprägt als dies
beim Durchschnitt der übrigen Firmen der Fall ist. Dasselbe trifft auch auf den Aspekt
der Solidarität zu. Die unter dem Stichwort der Verhaltensnormen untersuchten Aspekte
legen die Vermutung nahe, dass die fehlende Konsensorientierung der Mitarbeiter in
Entscheidungssituationen mit einer wenig kooperativen Haltung in anderen Situationen
der Zusammenarbeit, z. B. beim Austausch relevanter Informationen, einhergeht.
Mitarbeiterbezogene Aspekte: Sowohl Produkt- als auch Marktkenntnis von Revenue-
Managern und Vertriebsmitarbeitern werden in dieser Kategorie zwar tiefer eingestuft als
beim Durchschnitt der anderen Firmen. Vergleicht man die Abteilungen miteinander,
sind innerhalb der Kategorie 4 jedoch keine nennenswerten Unterschiede mehr
auszumachen. Was deutlich erkennbar ist, ist die grosse Differenz im zeitlichen Fokus
der Aktivitäten der beiden Abteilungen. Während das Revenue Management
ausgesprochen langfristig orientiert ist, folgt der Vertrieb einer eher kurzfristigen
Orientierung. Es ist denkbar, dass dies eine mögliche Ursache für die oben erwähnten
Spannungen in der Interaktion zwischen diesen beiden Funktionsbereichen darstellt.
6.1.2 Analyse der Performance-Wirkung der Schnittstellenkategorien
Der in Kapitel 4 erarbeiteten Modellspezifikation folgend werden die identifizierten
Kategorien nun hinsichtlich ihrer Performance analysiert. Zunächst werden ausgehend
von den identifizierten Schnittstellenkategorien die im Rahmen der Modellspezifikation
erarbeiteten Hypothesen (vgl. Kapitel 4.5) mithilfe von bestehenden Erkenntnissen
konkretisiert (Kapitel 6.1.2.1). Diese Hypothesen werden im nächsten Schritt mithilfe
der Umfrageergebnisse überprüft (Kapitel 6.1.2.2).
120 Forschungsergebnisse
6.1.2.1 Detaillierung der Hypothesen
In Kapitel 4.5 wird aus der Modellspezifikation die Hypothese abgeleitet, dass die Wahl
der Schnittstellenkategorie einen Einfluss auf die Qualität der Zusammenarbeit zwischen
Revenue Management und Vertrieb hat. Ausgehend von den in Kapitel 6.1.1
dokumentierten Schnittstellenkategorien kann diese Hypothese weiter konkretisiert
werden. Analog der Kriterien für die Kategorisierung der Schnittstellen rücken bei der
Performance-Analyse die Schnittstellenmerkmale Machtverteilung und Konfliktverhalten
ins Zentrum. Basis für die Detaillierung der Hypothesen sind bestehende
Untersuchungen und Erkenntnisse zu Machtverteilung und Konfliktverhalten.
Mehrere Autoren haben die Performance-Wirkung der Machtverteilung bereits in
anderen Kontexten untersucht. Übereinstimmend belegen diese Untersuchungen die
positive Performance-Wirkung einer gleichmässigen Machtverteilung. So hat Cooper
(1984) im Rahmen einer empirischen Untersuchung der Erfolgswahrscheinlichkeit von
Innovationsprojekten herausgefunden, dass Projekte, die den Interessen von Marketing
und F&E das gleiche Gewicht beimessen, eine bessere Performance aufweisen als
einseitig dominierte Projekte. Souder (1988) untersucht ebenfalls das Verhältnis
zwischen Marketing und F&E. Er hält fest, dass eine gleichberechtigte Zusammenarbeit
zwischen Marketing und F&E zu einem harmonischen Verhältnis der beiden
Abteilungen beiträgt, was wiederum positiv auf die Performance der Firma wirkt. Dieser
Zusammenhang besteht insbesondere bei Firmen in technologisch anspruchsvollen
Tätigkeitsfeldern oder bei Firmen, die sehr anspruchsvolle Kunden zu bedienen haben.
Homburg et al. (2005) untersuchen die Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb.
Sie halten hinsichtlich des Aspekts der Machtverteilung fest, dass eine gleichwertige
Machtverteilung anzustreben ist. Die Autoren begründen ihre Aussage damit, dass
Machtunterschiede dazu führen können, dass die benachteiligte Einheit z. B. durch
Hortung relevanter Informationen das Ungleichgewicht zu kompensieren versucht.
Weiter reduziert die ungleiche Machtverteilung die Diskussionsqualität in
Entscheidungssituationen, was letztlich eine Verschlechterung der Entscheidungsqualität
zur Folge hat (S. 32).
Auch hinsichtlich der Performance-Wirkung des Konfliktverhaltens existieren mehrere
Forschungsbeiträge. Übereinstimmend belegen die Untersuchungen die positive
Performance-Wirkung eines konsensorientierten Konfliktverhaltens. Dewsnap und
Jobber (2002) postulieren einen negativen Zusammenhang zwischen dem Aspekt der
Differenzierung zwischen Marketing und Vertrieb (Intergroup Differentiation) und der
Forschungsergebnisse 121
wahrgenommenen Effektivität der Schnittstelle zwischen den beiden Abteilungen. Unter
dem Begriff der Differenzierung zwischen verschiedenen Abteilungen wird verstanden,
dass die Mitarbeiter die Kollegen aus der eigenen Abteilung gegenüber denjenigen der
anderen Abteilung bevorzugen (S. 877). Diese diskriminierenden Verhaltensweisen
führen letztlich auch zu einer fehlenden Konsensorientierung in Konfliktsituationen.
Homburg et al. (2005) halten bei ihrer Analyse der Schnittstelle zwischen Marketing und
Vertrieb bezüglich des Konfliktverhaltens fest, dass die Diskussionen stets auf einer
fachlich-inhaltlichen Ebene und nicht auf einer persönlichen Ebene zu erfolgen haben (S.
22).
Die in Kapitel 4.5 formulierten Hypothesen können nun wie folgt konkretisiert werden:
Hypothese 1a: Ein ausgeglichenes Machtverhältnis zwischen Revenue Management und
Vertrieb wirkt positiv auf die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den
beiden Funktionsbereichen.
Hypothese 1b: Ein konsensorientiertes Konfliktverhalten von Revenue Management und
Vertrieb wirkt positiv auf die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den
beiden Funktionsbereichen.
Hypothese 2: Eine hohe Qualität der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management
und Vertrieb wirkt positiv auf die Revenue-Management-Erfolgsgrössen.
Hypothese 3: Eine hohe Qualität der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management
und Vertrieb wirkt positiv auf die Vertriebserfolgsgrössen.
Diese Hypothesen werden im Folgenden basierend auf den Daten aus der Umfrage
überprüft.
6.1.2.2 Hypothesen 1a und 1b: Die Wirkung der Kategorienwahl auf die Qualität der Zusammenarbeit
In einem ersten Schritt wird untersucht, ob die Wahl der identifizierten Kategorien eine
Wirkung auf die erhobene Qualität der Zusammenarbeit ausübt. Zur Überprüfung dieser
Frage wird folgendes Regressionsmodell aufgestellt:
(6.1)
ZAQ steht für die Qualität der Zusammenarbeit, die durch die unabhängigen Variablen
Machtverhältnisse (MV) und Konfliktverhalten (KV) approximiert wird. A, x, y, und ε
sind die Parameter der Regressionsgleichung. A ist der konstante Regressionsparameter,
x und y sind die Regressionskoeffizienten und ε ist der Fehlerterm. Um die Hypothese 1a
überprüfen zu können, mussten die Ausprägungen der Variablen Machtverhältnisse
zunächst modifiziert werden. Die zu den Machtverhältnissen erhobenen Daten weisen am
122 Forschungsergebnisse
oberen und am unteren Ende der Skala (5 resp. 1) jeweils einseitig dominierte
Kooperationen aus, während die gleichberechtigten Interaktionsformen in der Mitte (3)
stehen. Durch die Umformung durch Formel 1 kann erreicht werden, dass die Variable
MV mit zunehmendem Wert eine ungleichmässigere Verteilung Machtverhältnisse
beschreibt ( ��� steht für die ursprüngliche Variable "Machtverhältnisse", MV für die
Variable nach der Umformung durch Formel 1).
(Formel 1) ��� ������ ���
Das Vorgehen zur Schätzung der Regressionsfunktion orientiert sich an der Vorlage von
Backhaus, Erichson, Plinke und Weiber (2008, S. 56 ff.). Zunächst wird überprüft, ob
das Regressionsmodell (6.1) die Prämissen der linearen Regression erfüllt. Dann werden
die Resultate der Parameterschätzungen untersucht.
Prüfung der Prämissen der linearen Regression14: Backhaus et al. (2008) folgend wird
zunächst überprüft, ob der Erwartungswert des Fehlerterms ε ungleich null ist. Trifft dies
zu, ist davon auszugehen, dass nicht alle systematischen Einflussgrössen in der
Modellspezifikation berücksichtigt werden. Tabelle 9 zeigt die Ergebnisse der
deskriptiven Analyse des Fehlerterms.
Modell (6.1)
n = 31
Parameter Minimum Maximum Mittelwert Standard-abweichung
� -0.967 0.909 -0.00001 0.474
Tabelle 9: Deskriptive Analyse Fehlerterm Regressionsmodell 6.1 Quelle: eigene Darstellung.
Der Mittelwert des Fehlerterms weicht nur minimal von null ab. Es ist also davon
auszugehen, dass die Spezifikation des Regressionsmodells (6.1) keine systematischen
Einflussgrössen, die auf das Verhältnis von MV, KV und ZAQ einwirken, ausser Acht
gelassen hat. Darüber hinaus zeigt eine Analyse der Kovarianzen des Fehlerterms mit
den beiden unabhängigen Variablen, dass der Fehlerterm nicht mit diesen Grössen
korreliert ist ( ).
14 Bei der Analyse von Zeitreihen ist es erforderlich, die Residuen zusätzlich auf Autokorrelation zu prüfen. Da es sich bei den untersuchten Daten um Querschnittsdaten handelt, entfällt die Prüfung auf Autokorrelation (vgl. Backhaus et al., 2008, S. 98).
Forschungsergebnisse 123
In einem nächsten Schritt wird die Streuung der Residuen hinsichtlich ihrer Konstanz
überprüft. Wenn die Streuung der Residuen nicht konstant ist, sondern vom Wert der
endogenen Variablen abhängt, dann liegt Heteroskedastizität vor. Dadurch ist Backhaus
et al. (2008, S. 85) folgend eine Prämisse des linearen Regressionsmodells verletzt, die
besagt, dass die Varianz der Fehlervariablen für alle Beobachtungen homogen sein muss.
Die Überprüfung dieses Aspekts wird mithilfe des Goldfeld/Quandt-Tests vorgenommen
(vgl. Backhaus et al., 2008, S. 86). Dazu wird die Stichprobe zunächst basierend auf der
abhängigen Variablen ZAQ sortiert und anschliessend in zwei Teile geteilt. Unter der
Annahme perfekter Homoskedastizität sind die Varianzen der beiden Teilstichproben
identisch. Dies wird mithilfe eines F-Tests überprüft. Der empirische F-Wert berechnet
sich gemäss Formel 4:
(Formel 4) ��� �� ��
∑ ������������
� steht in Formel 4 für die Anzahl der Fallzahlen der Teilstichprobe, F steht für die
Anzahl der unabhängigen Variablen. Die Nullhypothese konstanter Varianz des
Fehlerterms würde zu einem empirischen F-Wert von 1 führen. Der aus den
Stichprobendaten ermittelte empirische F-Wert von 0.999 erlaubt es, die Nullhypothese
auf einem Signifikanzniveau von p > 0.995 anzunehmen. Es besteht somit kein Problem
von Heteroskedastizität.
Weiter darf gem. Backhaus et al. (2008, S. 87) keine exakte lineare Abhängigkeit
zwischen den Regressoren bestehen. Ist dies nicht der Fall, liegt ein Problem von
Multikollinearität vor. Die Kollinearitätsstatistik in Tabelle 10 erlaubt die Überprüfung
der Frage, ob ein Problem von Multikollinearität vorliegt.
Modell (6.1)
n = 31
Kollinearitätsstatistik
Parameter Toleranz VIF-Wert
MV 0.965 1.036
KV 0.965 1.036
Tabelle 10: Kollinearitätsstatistik Regressionsmodell 6.1 Quelle: eigene Darstellung.
Der in der Kollinearitätsstatistik enthaltene Toleranzwert einer Variablen wird mithilfe
des Bestimmtheitsmasses der Regression dieser Variablen auf die andere unabhängige
Variable ermittelt (vgl. Formel 2):
124 Forschungsergebnisse
(Formel 2) � �� Ein Toleranzwert von 1 besagt, dass die Varianz dieser Variablen nicht durch die Varianz
der anderen Variablen erklärt werden kann und diese Variable demnach als eigenständig
betrachtet werden kann. Der ermittelte Toleranzwert von 0.965 deutet darauf hin, dass im
Regressionsmodell kein Problem aufgrund von Multikollinearität besteht. Der
ausgewiesene VIF-Wert (Variance Inflation Factor) bestätigt dies zusätzlich. Der VIF-
Wert berechnet sich als Kehrwert der Toleranz (vgl. Formel 3):
(Formel 3) � �����
Urban und Mayerl (2008) empfehlen einen Grenzwert von 5 für die Identifikation von
Multikollinearität. Der hier ausgewiesene Wert von 1.036 liegt deutlich unterhalb der
kritischen Grenze, womit kein Problem von Multikollinearität vorliegt.
Als letztes wird die dem linearen Regressionsmodell zugrunde liegende Annahme
normalverteilter Residuen überprüft. Dazu wird die Verteilung der Fehlerterme zunächst
grafisch untersucht. Abbildung 31 zeigt die Verteilung der Fehlerterme.
Abbildung 31: Verteilung der Schätzfehler Regressionsmodell 6.1 Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 31 zeigt zwar, dass die Fehlerterme häufiger nahe von null zu liegen kommen
als im Bereich grösserer Werte. Trotzdem lässt sich aus der Grafik keine abschliessende
Beurteilung hinsichtlich der Normalverteilung der Residuen ableiten. Aus diesem Grund
wird der Kolmogorov-Smirnov-Test durchgeführt, der die Nullhypothese prüft, der
Fehlerterm sei normalverteilt mit Mittelwert 0 und Standardabweichung 0.474.
0
1
2
3
4
5
6
7
-1,0 -0,8 -0,2-0,4 0,40,0-0,6 0,2 0,6 0,8 1,0
AnzahlAusprä-gungenvon ε
Wert von ε
Forschungsergebnisse 125
Der Kolmogorov-Smirnov-Test untersucht die Differenzen der kumulativen
Wahrscheinlichkeiten der angenommenen Normalverteilung sowie der tatsächlichen
Verteilung der Fehlerterme (vgl. Formel 5) (vgl. Janssen und Laatz, 2005, S. 535).
(Formel 5) ��� � � �
� ist die Dichtefunktion einer Normalverteilung mit Mittelwert 0 und
Standardabweichung von 0.474 an der Stelle �, � � ist die Dichtefunktion der tatsächlichen Verteilung des Fehlerterms an der Stelle �. Der rechnerisch ermittelte
Wert für ��� ist 0.112. Der Schwellenwert für die Ablehnung der Nullhypothese auf Normalverteilung des Fehlerterms bei einem Signifikanzniveau von p = 0.1 beträgt
0.1873. Die Nullhypothese auf Normalverteilung kann also beibehalten werden. Dies
bestätigt zudem die durch SPSS ermittelte Irrtumswahrscheinlichkeit für die Ablehnung
der Nullhypothese, die 93.4% beträgt.
Präsentation der Teststatistiken: Nachdem gezeigt wurde, dass das Regressionsmodell
(6.1) den Prämissen der linearen Regression genügt, werden in Tabelle 11 die
Parameterschätzungen sowie die Teststatistiken des Regressionsmodells (6.1) in einer
Übersicht präsentiert.
Modell (6.1)
n = 31
Nicht standardisierte
Koeffizienten
Standardi-sierte
Koeffizienten
95% Konfidenz-
intervalle
Parameter Wert Standard-fehler
Beta T-Werte
Signifi-kanz
Unter-grenze
Ober-grenze
A 2.645 0.510 5.191 0.000 1.601 3.689
MV -0.166 0.082 -0.300 -2.028 0.052 -0.333 0.002
KV 0.395 0.155 0.510 3.440 0.002 0.160 0.630
Tabelle 11: Parameter Schätzwerte Regressionsmodell 6.1 Quelle: eigene Darstellung.
Prüfung der Regressionsfunktion: Das Regressionsmodell weist mit einem � von 0.407 eine ansprechende Güte aus. Rund 41% der Varianz der endogenen Variablen ZAQ kann
durch die beiden exogenen Variablen MV und KV und damit auch durch den Aspekt der
Kategoriezugehörigkeit erklärt werden. Der F-Test ergibt einen Wert von 9.610. Die dem
F-Test zugrunde liegende Nullhypothese, das Regressionsmodell habe keinen
Erklärungsgehalt für die abhängige Variable, kann auf einem Signifikanzniveau von p =
0.001 abgelehnt werden.
126 Forschungsergebnisse
Prüfung der Regressionskoeffizienten: Beim Parameter MV ergibt der T-Test einen Wert
von -2.028. Die Nullhypothese, der wahre Koeffizient für den Parameter MV sei null und
der Parameter MV habe somit keinen Erklärungsgehalt für die abhängige Variable ZAQ,
kann auf einem Signifikanzniveau von p = 0.052 abgelehnt werden. Ausgehend vom
üblichen Niveau von Vertrauenswahrscheinlichkeiten von 95% ist die Ablehnung der
Nullhypothese kritisch zu sehen. Zwar wird die starke Fokussierung auf eine
Vertrauenswahrscheinlichkeit von 95% durchaus kontrovers diskutiert (vgl. z. B.
Biemann, 2007, S. 165). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Signifikanz
des Testergebnisses durch die geringe Stichprobengrösse negativ beeinflusst wurde.
Trotzdem resultiert aus dem Testergebnis der Bedarf, die Ablehnung der Nullhypothese,
MV hat keinen Einfluss auf ZAQ, im Rahmen weitergehender Untersuchungen
zusätzlich zu bestätigen. Ein entsprechender Hinweis ist im weitergehenden
Forschungsbedarf in Kapitel 7.3 festgehalten.
Für den Parameter KV ergibt der T-Test einen Wert von 3.440. Die Nullhypothese,
wonach der Parameter KV kein Erklärungsgehalt für ZAQ besitzt, kann auf einem
Signifikanzniveau von p = 0.002 abgelehnt werden.
Die Koeffizienten des Regressionsmodells sind intuitiv gut nachvollziehbar. Der
Parameter "Machtverhältnisse" (MV) wirkt negativ auf die Qualität der Zusammenarbeit.
Das heisst, je ungleicher die Machtverhältnisse ausgestaltet sind zwischen Revenue
Management und Vertrieb, desto tiefer fällt die Qualität der Zusammenarbeit zwischen
den beiden Funktionsbereichen aus. Dieser Effekt wird durch die Betrachtung des 95%-
Konfidenzintervalls bestätigt. Die Obergrenze des 95%-Konfidenzintervalls ist zwar
leicht positiv (0.002). Jedoch ist dieser Wert so gering, dass nicht von einem inversen
Verhältnis der Variablen "Machtverhältnisse" (MV) und "Zusammenarbeitsqualität"
(ZAQ) ausgegangen werden kann. Der Koeffizient für den Parameter
"Konfliktverhalten" (KV) ist positiv. Das heisst, je höher die Konsensorientierung der
Mitarbeiter, desto grösser ist die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den
Funktionsbereichen. Erneut kann die Betrachtung der 95%-Konfidenzintervalle dieses
Verhältnis bestätigen. Auch die Untergrenze des Konfidenzintervalls ist deutlich positiv.
6.1.2.3 Hypothese 2: Die Wirkung der Qualität der Zusammenarbeit auf die Revenue-Management-Performance
Nachdem oben gezeigt werden konnte, dass die Wahl der Schnittstellenkategorie eine
signifikante Wirkung auf die Qualität der Zusammenarbeit hat (über 40% der Varianz der
Zusammenarbeitsqualität konnten mit der Varianz der beiden Variablen
Forschungsergebnisse 127
"Machtverhältnisse" und "Konfliktverhalten" erklärt werden), geht es nun darum, die
Wirkung der Zusammenarbeitsqualität auf die erhobenen Revenue-Management- und
Vertriebserfolgsgrössen zu überprüfen. Mit dem Regressionsmodell (6.2) wird die
Hypothese untersucht, dass sich die Qualität der Zusammenarbeit positiv auf die
Revenue-Management-Erfolgsgrössen auswirkt:
(6.2)
RME steht für die Revenue-Management-Erfolgsgrössen, ZAQ steht wie bereits im
Modell (6.1) für die Qualität der Zusammenarbeit. A ist die Regressionskonstante, x ist
der Koeffizient, mit dem ZAQ auf RME wirkt. ε repräsentiert den Schätzfehler. Erneut
wird zunächst überprüft, ob die Modellprämissen der linearen Regression eingehalten
werden, bevor die Teststatistiken präsentiert und diskutiert werden.
Prüfung der Prämissen der linearen Regression: Erneut wird zunächst überprüft, ob der
Erwartungswert des Fehlerterms von null abweicht. Tabelle 12 zeigt zu diesem Zweck
die deskriptive Statistik zum Fehlerterm ε des Regressionsmodells (6.2).
Modell (6.2)
n = 31
Parameter Minimum Maximum Mittelwert Standard-abweichung
� -1.66 1.45 0.0002 0.671
Tabelle 12: Deskriptive Analyse Fehlerterm Regressionsmodell 6.2 Quelle: eigene Darstellung.
Der Mittelwert des Fehlerterms weicht nur minimal von null ab. Es ist also davon
auszugehen, dass die Spezifikation des Regressionsmodells (6.2) keine Aspekte, die das
Verhältnis der Variablen ZAQ und REM systematisch beeinflussen, ausser Acht gelassen
hat. Die Analyse der Kovarianz zwischen dem Fehlerterm und der unabhängigen
Variablen bestätigt des Weiteren, dass keine Korrelation zwischen diesen beiden Grössen
besteht ( ��). In einem nächsten Schritt gilt es, die Varianz der Residuen mithilfe des Goldfeld/Quandt-
Tests (vgl. Formel 4) auf ihre Konstanz zu überprüfen. Dazu wird das Sample nach der
abhängigen Variablen RME sortiert und in zwei Hälften geteilt. Der Vergleich der
Varianzen der beiden Stichprobenhälften ergibt einen empirischen F-Wert von 1.084. Die
dem Goldfeld/Quandt-Test zugrunde liegende Hypothese konstanter Varianz kann auf
128 Forschungsergebnisse
einem Signifikanzniveau von p > 0.995 angenommen werden. Es besteht somit kein
Problem von Heteroskedastizität.
Der letzte Schritt der Analyse der Residuen umfasst die Prüfung auf Normalverteilung.
Analog zur Analyse beim Regressionsmodell (6.1) wird zunächst die Verteilung der
Fehlerterme grafisch untersucht (vgl. Abbildung 32).
Abbildung 32: Verteilung der Schätzfehler Regressionsmodell 6.2 Quelle: eigene Darstellung.
Die grafische Darstellung der Fehlertermverteilung zeigt, dass sich die Schätzfehler rund
um den Wert Null häufen. Trotzdem genügt die Abbildung 32 noch nicht, um die
Annahme normalverteilter Residuen zu bestätigen. Dementsprechend wird, wie bereits
beim Regressionsmodell 6.1, auf den Kolmogorov-Smirnov-Test zurückgegriffen. Mit
diesem Test wird die Nullhypothese überprüft, der Fehlerterm ε sei normalverteilt mit
Mittelwert 0 und Standardabweichung 0.671. Der mit Formel 5 berechnete Wert für
��� beträgt in diesem Fall 0.1076, was die Annahme der Nullhypothese auf
Normalverteilung des Fehlerterms erlaubt. Dies bestätigt zudem die durch SPSS
ermittelte Irrtumswahrscheinlichkeit für die Ablehnung der Nullhypothese, welche
90.9% beträgt.
Präsentation der Teststatistiken: Tabelle 13 zeigt die Parameterschätzungen sowie die
Teststatistiken des Regressionsmodells (6.2) in einer Übersicht.
0
1
2
3
4
5
6
7
-0,4-0,8-1,8 -1,6 -1,0 -0,6
-1,2-1,4 -0,2
0,0 0,4 1,81,0 1,60,6 1,41,20,80,2
AnzahlAusprä-gungenvon ε
Wert von ε
Forschungsergebnisse 129
Modell (6.2)
n = 31
Nicht standardisierte
Koeffizienten
Standardi-sierte
Koeffizienten
95% Konfidenz-
intervalle
Parameter Wert Standard-fehler
Beta T-Werte
Signifi-kanz
Unter-grenze
Ober-grenze
A 1.985 0.763 2.601 0.014 0.424 3.546
ZAQ 0.457 0.202 0.387 2.258 0.032 0.043 0.871
Tabelle 13: Parameter Schätzwerte Regressionsmodell 6.2 Quelle: eigene Darstellung.
Prüfung der Regressionsfunktion: Das Regressionsmodell weist mit einem � von 0.150 zwar eine deutlich geringere Güte aus, als dies noch beim Modell (6.1) der Fall war.
Trotzdem ist es ansprechend, dass mit der Varianz der Zusammenarbeitsqualität 15% der
Varianz der Revenue-Management-Erfolgsgrössen erklärt werden können.
Prüfung des Regressionskoeffizienten: : Der T-Test für den Parameterkoeffizienten zeigt
eine hohe Signifikanz des oben geschilderten Zusammenhangs. Der geschätzte
Parameterkoeffizient für ZAQ weist einen T-Wert von 2.258 auf. Die Nullhypothese, der
wahre Koeffizient für den Parameter ZAQ sei null und die Zusammenarbeitsqualität habe
somit keinen Erklärungsgehalt für die Revenue-Management-Erfolgsgrössen (RME),
kann auf einem ansprechenden Signifikanzniveau von p = 0.032 abgelehnt werden.
Das Ergebnis des Regressionsmodells (6.2) entspricht hinsichtlich der unterstellten
Wirkungsrichtung den Erwartungen. Der positive Wert für den Koeffizienten x (0.457)
zeigt eine positive Wirkung der Zusammenarbeitsqualität auf die Revenue-Management-
Erfolgsgrössen. Auch unter Berücksichtigung des 95% Konfidenzintervalls bleibt diese
positive Beziehung bestehen.
6.1.2.4 Hypothese 3: Die Wirkung der Qualität der Zusammenarbeit auf die Vertriebserfolgsgrössen
Als letztes Element der Auswertung der empirischen Daten gilt es die Hypothese 3,
wonach die Qualität der Zusammenarbeit eine positive Wirkung auf den Vertriebserfolg
hat, zu testen. Die Überprüfung dieser Hypothese erfolgt anhand des Regressionsmodells
(6.3):
(6.3)
Der Vertriebserfolg (VE) wird in diesem Modell als abhängige Variable über die
unabhängige Variable "Qualität der Zusammenarbeit" (ZAQ) geschätzt. A ist wiederum
130 Forschungsergebnisse
die Regressionskonstante, x der Regressionskoeffizient und ε repräsentiert den
Fehlerterm. Auch hier wird zunächst die Einhaltung der Prämissen der linearen
Regressionüberprüft, bevor die Teststatistiken gezeigt und diskutiert werden.
Prüfung der Prämissen der linearen Regression: Erneut wird zunächst überprüft, ob der
Erwartungswert des Fehlerterms von null abweicht. Die deskriptive Statistik in Tabelle
14 zeigt die zentralen Charakteristiken der Verteilung des Fehlerterms.
Modell (6.3)
n = 31
Parameter Minimum Maximum Mittelwert Standard-abweichung
� -1.39 1.38 -0.0006 0.742
Tabelle 14: Deskriptive Analyse Fehlerterm Regressionsmodell 6.3 Quelle: eigene Darstellung.
Erneut weicht der Mittelwert des Fehlerterms nur geringfügig von null ab. Es ist also
davon auszugehen, dass auch bei der Spezifikation des Regressionsmodells (6.3) keine
Aspekte unberücksichtigt blieben, die das Verhältnis der Variablen ZAQ und VE
systematisch beeinflussen. Die Kovarianz zwischen dem Fehlerterm und der erklärenden
Variablen zeigt auch hier, dass keine Korrelation zwischen diesen beiden Grössen besteht
( ��). Im nächsten Schritt wird die Varianz der Residuen mithilfe des Goldfeld/Quandt-Tests
auf ihre Konstanz überprüft (vgl. Formel 4). Der resultierende, empirische F-Wert von
1.157 erlaubt die Annahme der Hypothese konstanter Varianz des Fehlerterms auf einem
ansprechenden Signifikanzniveau von p > 0.995. Es liegt demnach beim
Regressionsmodell (6.3) keine Heteroskedastizität vor.
Der letzte Schritt der Analyse der Residuen besteht wiederum im Test auf
Normalverteilung. Abbildung 33 zeigt die Verteilung der Fehlerterms.
Forschungsergebnisse 131
Abbildung 33: Verteilung der Schätzfehler Regressionsmodell 6.3 Quelle: eigene Darstellung.
Aus der grafischen Übersicht lässt sich keine Annahme bzgl. der Verteilung der
Fehlerterme ableiten. Insbesondere die Kumulation von Schätzfehlern im Bereich
zwischen -0.6 und -0.8 scheint merkwürdig. Erneut wird der Kolmogorov-Smirnov-Test
durchgeführt, um den Fehlerterm ε auf Normalverteilung (Mittelwert 0,
Standardabweichung 0.742) zu testen. Der durch Formel 5 errechnete Wert für ��� beträgt 0.0853. Auch bei diesem Regressionsmodell kann die Nullhypothese auf
Normalverteilung des Fehlerterms angenommen werden. Die mit SPSS ermittelte
Irrtumswahrscheinlichkeit bei Ablehnung der Nullhypothese beträgt 99.2%.
Präsentation der Teststatistiken: Tabelle 15 zeigt die Parameterschätzungen sowie die
Teststatistiken des Regressionsmodells (6.3) in einer Übersicht.
Modell (6.3)
n = 31
Nicht standardisierte
Koeffizienten
Standardi-sierte
Koeffizienten
95% Konfidenz-
intervalle
Parameter Wert Standard-fehler
Beta T-Werte
Signifi-kanz
Unter-grenze
Ober-grenze
A 1.730 0.845 2.047 0.050 0.002 3.457
ZAQ 0.508 0.224 0.388 2.267 0.031 0.050 0.966
Tabelle 15: Parameter Schätzwerte Regressionsmodell 6.3 Quelle: eigene Darstellung.
Prüfung der Regressionsfunktion: Das Regressionsmodell (6.3) hat die gleiche Güte wie
bereits das Regressionsmodell (6.2). Ein � von 0.150 lässt darauf schliessen, dass die Varianz der Zusammenarbeitsqualität 15% der Varianz des Vertriebserfolgs erklärt.
0
1
2
3
4
5
6
0,60,40,20,0-0,2-0,4-0,6-0,8-1,0-1,2-1,4 0,8 1,0 1,2 1,4
AnzahlAusprä-gungenvon ε
Wert von ε
132 Forschungsergebnisse
Prüfung des Regressionskoeffizienten: Der T-Test für den Parameterkoeffizienten ergibt
auf bei diesem Regressionsmodell eine hohe Signifikanz des oben geschilderten
Zusammenhangs. Der geschätzte Parameterkoeffizient für ZAQ weist einen T-Wert von
2.267 auf. Die Nullhypothese, es bestehe kein systematischer, positiver Zusammenhang
zwischen der unabhängigen Variablen ZAQ und der abhängigen Variablen VE kann auf
einem guten Signifikanzniveau von p = 0.031 abgelehnt werden.
Der geschätzte Wert für den Parameterkoeffizienten x bestätigt die erwartete
Wirkungsrichtung der unabhängigen Variablen ZAQ auf die abhängige Variable VE.
Auch bei einem 95%-Konfidenzintervall bleibt die Wirkungsrichtung unverändert
positiv.
6.1.2.5 Diskussion der unterstellten Wirkungsrichtung
Bei der Erläuterung der Probleme des Hypothesentests mittels linearer Regressionen
wird auf die fehlende Möglichkeit der Überprüfung der in den Hypothesen unterstellen
Kausalität hingewiesen (vgl. Kapitel 5.1.4.2). Durch die Abstützung der Hypothesen auf
bestehende Erkenntnisse aus bisherigen Untersuchungen sowie durch eine breite
theoretische Fundierung kann dieses Problem teilweise entschärft werden. Trotzdem
besteht nach wie vor die Gefahr, dass der unterstellte Kausalzusammenhang nicht
zutreffend ist. Bezug nehmend auf die hier untersuchte Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb ist insbesondere die Möglichkeit einer inversen
Wirkungsrichtung zu diskutieren. Konkret kann es sein, dass die positive Bewertung der
Zusammenarbeit ein Resultat des gemeinsamen Erfolges darstellt. In diesem Fall wäre
die die Qualität der Zusammenarbeit nicht eine Determinante des Erfolgs von Revenue
Management und Vertrieb, sondern eine Resultante daraus. Die Begründung des
gemeinsamen Erfolgs mit der Qualität der Zusammenarbeit wäre in diesem Fall nicht
zulässig.
Zahlreiche praxisnahe Autoren dokumentieren eine signifikante Umsatzsteigerung,
welche durch die Einführung von einem Revenue Management System erreicht werden
kann. Kimes und Wirtz (2003, S. 125) zum Beispiel beziffern das Potenzial für
Umsatzsteigerungen durch die Einführung von Revenue Management Systemen unter
Berufung auf mehrere Studien auf 2% bis 5%. Da diesem höheren Umsatz abgesehen
von den Kosten für die erforderlichen Revenue Management Ressourcen keine erhöhten
Produktionskosten entgegenstehen, hat die Umsatzsteigerung auch eine hohe
Forschungsergebnisse 133
Ergebniswirksamkeit. Dies wiederum schlägt sich sowohl in Revenue Management
Erfolgsgrössen als auch in den erhobenen Vertriebserfolgsgrössen positiv nieder.
Im Rahmen der explorativen Experteninterviews konnte bestätigt werden, dass der Erfolg
der Einführung eines Revenue Management Systems jedoch kein Selbstläufer ist,
sondern aktiv gestaltet werden muss. Insbesondere der Zusammenarbeit zwischen
Revenue Management und Vertrieb kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu (vgl. dazu
auch Kapitel 1.1). Die wahrgenommene Zusammenarbeitsqualität zwischen Revenue
Management und Vertrieb scheint vor diesem Hintergrund ein wichtiger Einflussfaktor
für den Erfolg eines Revenue Management Systems zu sein.
Trotzdem kann eine Ursache-Wirkungsbeziehung in umgekehrter Richtung nicht
vollständig ausgeschlossen werden. Der Hinweis auf eine entsprechende Untersuchung
wird am Ende dieser Arbeit als weitergehender Forschungsbedarf aufgeführt (Kapitel
7.3).
6.1.2.6 Teststärke der empirischen Untersuchungen
Aufgrund der relativ geringen Verbreitung eines institutionalisierten Revenue
Management fiel die Stichprobengrösse mit n = 31 klein aus. Bei der statistischen
Analyse dieser Daten resultiert daraus das Problem, dass die Teststärke relativ gering
ausfällt. Die Teststärke gibt Auskunft darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein
Hypothesentest richtigerweise die Alternativhypothese annimmt. Sie sollte bei einem
statistischen Test nicht unter 80% liegen, d. h. die Wahrscheinlichkeit, die Nullhypothese
fälschlicherweise anzunehmen, sollte 20% nicht übersteigen (Cohen, 1988; Murphy und
Myors, 1998, zit. in Biemann, 2007, S. 165). Mit Hilfe des Programmes G*Power 3.1.215
wurde ausgehend von der Stichprobe und den Teststatistiken für jedes
Regressionsmodell die Teststärke bestimmt. Tabelle 16 zeigt die Teststärken der
einzelnen Regressionsmodelle in einer Übersicht.
15 Das Programm steht unter folgendem Link kostenlos zum Download bereit: http://www.psycho.uni-duesseldorf.de/aap/projects/gpower. Das Programm wird in Faul, Erdfelder, Buchner und Lang (2009) detailliert erläutert.
134 Forschungsergebnisse
Regressionsmodell
Signifikanz-niveau
(α)
Effektgrösse
� ��1 � ��
Teststärke
(1-β)
(6.1) ZAQ $ A % x ' MV % y ' KV % ε 0.001 0.686 0.87
(6.2) RME $ A % x ' ZAQ % ε (6.3) VE $ A % x ' ZAQ % ε
0.032
0.031
0.176
0.176
0.66
0.66
Tabelle 16: Teststärken der Regressionsmodelle Quelle: eigene Darstellung.
Die Teststärke für das Regressionsmodell (6.1) fällt mit 87% sehr ansprechend aus. Bei
den Regressionsmodellen (6.2) und (6.3) erreicht die Teststärke allerdings nicht die
geforderte Höhe von 80% nicht. Dies ist jedoch nicht als Wiederlegung der unter diesen
Regressionsmodellen unterstellten Zusammenhänge zu interpretieren. Vielmehr resultiert
daraus der Bedarf, die oben dokumentierten Erkenntnisse im Rahmen weiterer
Untersuchungen zusätzlich empirisch zu erhärten.
6.1.2.7 Indirekte Effekte auf die Erfolgsgrössen
Unabhängig von der Überprüfung der Hypothesen legt die Modellspezifikation nebst der
isolierten Betrachtung der direkten Effekte gem. den Modellspezifikationen (6.1), (6.2)
und (6.3) eine Untersuchung der indirekten Effekte zwischen den
Schnittstellencharakteristika und den Revenue-Management- und
Vertriebserfolgsgrössen nahe. Eine Überprüfung der Signifikanz dieser indirekten
Effekte erfolgt, wie bereits diejenige der direkten Effekte, mithilfe eines T-Tests. Zu
diesem Zweck sind für die indirekten Effekte die Koeffizienten (b) sowie die zugehörige
Standardabweichung (SA) zu berechnen. Urban und Mayerl (2008) folgend lässt sich der
Koeffizient sowie die Standardabweichung des indirekten Effekts wie folgt berechnen
(als Beispiel wird die indirekte Beziehung des Schnittstellencharakteristikums MV auf
die Erfolgsgrösse RME abgebildet):
(Formel 5): /012�345'/�36�0125 012�34 �36�0127/89:;<=5'/><?;89:5
012�34� 7/><?;89:5� �36�012� 7/89:;<=5
� 7/><?;89:5� 7/89:;<=5
�
In Formel 5 repräsentiert /012�345'/�36�0125 den indirekten Koeffizienten des Schnittstellenkriteriums MV auf die Erfolgsgrösse RME. ZAQ bildet in dieser
Betrachtung den Mediator für die die Beziehung zwischen MV und RME.
Forschungsergebnisse 135
@/ABC;DE5'/FDG'ABC5 steht für die Standardabweichung dieses indirekten
Regressionskoeffizienten. Aus diesen beiden Werten lässt sich gem. Formel 6 der T-Wert
dieses indirekten Effekts bestimmen (erneut wird als Beispiel die indirekte Beziehung
RME-MV gezeigt):
(Formel 6): /012�345'/�36�01257/89:;<=5'/><?;89:5
H1I/89:;<=5'/><?;89:5
Mit den zwei kategoriebestimmenden Schnittstellencharakteristika MV und KV und den
zwei Erfolgsgrössen RME und VE ergeben sich vier mögliche indirekte Effekte. Tabelle
17 zeigt die Teststatistiken für diese indirekten Effekte.
Indirekter Effekt
Koeffizient
T-Wert
Signifikanz
-0.076 -1.598 <0.2
-0.084
0.181
0.201
-1.599
1.770
1.772
<0.2
<0.1
<0.1
Tabelle 17: Teststatistik indirekte Effekte Quelle: eigene Berechnung.
Die Koeffizienten der indirekten Effekte sind deutlich geringer als diejenigen der
direkten Effekte (vgl. Tabellen 11, 13 und 15). Auch die Signifikanzwerte des T-Tests
sind deutlich schwächer. Während die indirekten Effekte des Schnittstellenmerkmals KV
jeweils mit p > 0.9 bestätigt werden können, gelingt dies beim indirekten Effekt des
Schnittstellenmerkmals MV jeweils lediglich mit p > 0.8. Dieser Umstand ist
insbesondere darauf zurückzuführen, dass die durch den Aspekt der
Zusammenarbeitsqualität (ZAQ) erklärte Varianz von RME und VE jeweils lediglich
15% beträgt. Die Erfolgsgrössen RME und VE werden also durch zusätzliche, nicht in
den Modellspezifikationen (6.2) und (6.3) berücksichtigte Effekte beeinflusst. Die
Koeffizienten der indirekten Effekte sind zu gering, um einen signifikanten Effekt auf die
Erfolgsgrössen ausüben zu können. Die Ergebnisse der Überprüfung der direkten Effekte
gem. den Hypothesen 1a, 1b, 2 und 3 werden dadurch jedoch nicht entkräftet. Hinzu
kommt, dass der signifikante Nachweis indirekter Effekte einen hohen
Stichprobenumfang voraussetzt, was bei dieser Untersuchung nicht gegeben war (vgl. u.
a. MacKinnon, 2008, S. 85).
136 Forschungsergebnisse
6.1.3 Zusammenfassung
Die erhobene Stichprobe wurde mithilfe der in Kapitel 5 festgelegten Zuteilungsregeln in
vier unterschiedliche Schnittstellenkategorien aufgeteilt. Die entscheidenden Merkmale
für die Bildung der Kategorien waren die Ausgestaltung der Machtverhältnisse zwischen
den beiden Abteilungen sowie die Ausprägung des Konfliktverhaltens. Die vier
Schnittstellenkategorien weisen jedoch auch hinsichtlich der anderen erhobenen
Schnittstellenmerkmale entscheidende Unterschiede auf.
Ausgehend von einem Vergleich der Erfolgsgrössen der vier Schnittstellenkategorien
wurde die in Kapitel 4 formulierte Hypothese 1 weiter konkretisiert. Durch
Regressionsanalysen konnten sämtliche Hypothesen bestätigt werden. Abbildung 34
zeigt sämtliche Hypothesen und die zugehörigen Testergebnisse in einer Übersicht.
Abbildung 34: Zusammenfassung der quantitativen Ergebnisse Quelle: eigene Darstellung.
Hypothese ResultatModell TeststärkeSignifikanz
1: Die Wahl der Schnittstellenkategorie hat einen Einfluss auf die Qualität der Zusammenarbeit.
1a: Ein ausgeglichenes Machtverhältnis zwischen Revenue Management und Vertrieb wirkt positiv auf die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den beiden Funktionsbereichen.
1b: Ein konsensorientiertes Konfliktverhalten von Revenue Management und Vertrieb wirkt positiv auf die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den beiden Funktionsbereichen.
2: Eine hohe Qualität der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb wirkt positiv auf die Revenue-Management-Erfolgsgrössen.
3: Eine hohe Qualität der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb wirkt positiv auf die Vertriebserfolgsgrössen.
6.1
Annahmeder Hypothese6.1 0.870.052
Annahmeder Hypothese6.1 0.870.002
Annahmeder Hypothese6.2 0.660.032
Annahmeder Hypothese6.3 0.660.031
Aus der Annahme der Hypothesen 1aund 1b folgt implizit die Annahme der Hypothese 1
Forschungsergebnisse 137
6.2 Ergebnisse Fallstudie Firma A
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Fallstudie mit der Firma A präsentiert.
Zunächst wird die Firma A in einem Kurzprofil vorgestellt. Dabei geht es um ein
grundsätzliches Verständnis des Geschäftsmodells der Firma A sowie des
Untersuchungsfokus dieser Fallstudie. Anschliessend werden in Kapitel 6.2.2 die
untersuchten Funktionsbereiche mit ihren Aufgaben und Verantwortlichkeiten
vorgestellt. Zudem wird in diesem Kapitel erläutert, welche Arten von Interaktionen aus
der spezifischen Aufgabenteilung zwischen Revenue Management und
Vertriebsfunktionen bei der Firma A resultieren. In Kapitel 6.2.4 folgt eine Analyse
dieser Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb hinsichtlich spezifischer
Vor- und Nachteile. Aus dieser Gegenüberstellung werden spezifische Möglichkeiten zur
Verbesserung resp. zur Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen den untersuchten
Funktionsbereichen abgeleitet. In Kapitel 6.2.6 folgt eine Diskussion der Erfolgsfaktoren
bei der Implementierung der identifizierten Verbesserungs- und
Entwicklungsmöglichkeiten für die Interaktion zwischen Revenue Management und
Vertrieb. Diese Kapitelstruktur wiederholt sich für sämtliche Fallstudien (Kapitel 6.3 –
6.5), sowie für die anschliessende Diskussion des Cross-Case-Vergleichs (Kapitel 6.6).
Zur besseren Übersichtlichkeit der Präsentation der Fallstudienuntersuchungen und –
ergebnisse zeigt Abbildung 35 eine Kapitelübersicht für den qualitativen Forschungsteil.
Abbildung 35: Kapitelübersicht qualitativer Forschungsteil Quelle: eigene Darstellung.
Firma A Firma B Firma C Firma D
Cross-Case-Vergleich
Einführung
Schnittstellenmerkmale
Vor- und Nachteile
Verbesserungs- und Ent-wicklungsmöglichkeiten
Erfolgsfaktoren bei der Implementierung
Schlussfolgerungen
6.2.16.2.2
6.3.16.3.2
6.4.16.4.2
6.5.16.5.2
6.6.16.2.3 6.3.3 6.4.3 6.5.3
6.2.4 6.3.4 6.4.4 6.5.4
6.2.5 6.3.5 6.4.5 6.5.5 6.6.2
6.2.6 6.3.6 6.4.6 6.5.6 6.6.3
6.2.7 6.3.7 6.4.7 6.5.7 6.6.4
138 Forschungsergebnisse
6.2.1 Kurzprofil Firma A
Firma A ist ein internationaler Reiseveranstalter mit Hauptsitz im deutschsprachigen
Europa. Das Mutterhaus betreut zum einen den Heimatmarkt als Reiseveranstalter im
klassischen Sinne. Dazu gehören unter anderem die Zusammenstellung eines
eigenständigen Produktportfolios inklusive des Einkaufs der einzelnen
Leistungseinheiten bei Leistungsträgern wie Hotels, Airlines und Transportunternehmen,
die Festlegung einer Preisstrategie sowie der Verkauf des Leistungsangebots über ein
Vertriebsnetzwerk bestehend aus eigenen und unabhängigen Verkaufskanälen. Zum
anderen wird im Mutterhaus auch die Geschäftstätigkeit der Auslandsgesellschaften
sowie der Tochterunternehmen koordiniert. Die vorliegende Untersuchung beschränkt
sich auf die Tätigkeit des Mutterhauses der Firma A in ihrem Heimmarkt.
Das Leistungsangebot der Firma A im Heimmarkt umfasst die gesamte Bandbreite von
preisgünstigen Pauschalreisen bis hin zu anspruchsvollen Individualreisen. Um die
einzelnen Angebote im Markt adäquat positionieren und bewerben zu können, vertreibt
Firma A ihre Leistungen mit unterschiedlichen Marken. Je eine Marke fokussiert auf das
Pauschalgeschäft, auf die Individualreisen und auf den Abverkauf von überflüssigen
Risikokapazitäten. Zusätzlich verfügt Firma A über weitere Marken, die sich jeweils auf
eine Marktnische spezialisiert haben, z. B. Tauchferien.
Die Firma A ist ein reiner Intermediator, d. h. sie verfügt weder über eigene Hotels noch
über eigene Transportmittel wie Flugzeuge oder Busse. Dementsprechend werden
sämtliche Leistungsbestandteile von Drittanbietern eingekauft. Aus Sicht des Endkunden
besteht die Wertschöpfung der Firma A somit ausschliesslich in der Selektion der
einzelnen Leistungskomponenten und deren Kombination zu Reiseangeboten. Durch die
gezielte Selektion von Hotels und Transportdienstleistern kann ein Reiseveranstalter die
Unsicherheit des Kunden beim Kauf einer Reise erheblich reduzieren. Zum
Buchungszeitpunkt kennt der Kunde meist weder die Rahmenbedingungen der
Destination seiner Reise noch das Hotel, in welchem er logieren wird. Der Markenname
des Reiseveranstalters übernimmt die Rolle eines Qualitätssiegels, das garantiert, dass
die im Katalog dokumentierten Leistungen auch tatsächlich mit der Situation vor Ort
übereinstimmen.
Während im Segment der Pauschalreisen in erster Linie der Preis als Selektionskriterium
gilt, sind im Individualgeschäft vor allem die Faktoren Exklusivität und spezifische
Beratungskompetenz entscheidend für den Verkaufserfolg. Zentral für die
Zusammenstellung eines preislich attraktiven Pauschalangebots ist die Realisierung
Forschungsergebnisse 139
günstiger Einkaufspreise. Dies erfolgt durch den Einkauf möglichst grosser Kontingente,
da der Logik von Porter (1985) folgend sich bei steigender Einkaufsmenge die
Verhandlungsmacht des Einkäufers vergrössert. Dadurch ist dieser in der Lage, einen
Teil der Marge des Leistungsträgers (Hotel, Airline oder weitere Dienstleister) für sich in
Anspruch zu nehmen. Dementsprechend erwirbt Firma A insbesondere im Segment der
Pauschalreisen Risikokapazitäten, die es anschliessend auszulasten gilt. Diese
Auslastungssteuerung steht im Zentrum der vorliegenden Fallstudie. Dabei sind drei
Funktionsbereiche zentral beteiligt, die in stetigem Austausch zueinander stehen: das
zentrale Capacity Management, das Market Management und der Vertrieb. In Kapitel
6.2.2 werden diese drei Funktionsbereiche und die resultierenden Interaktionen zwischen
ihnen kurz vorgestellt.
6.2.2 Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb
6.2.2.1 Aufgaben und Struktur des Vertriebs
Der Vertrieb ist zuständig für den Verkauf der Leistungen, welche das Market
Management (MM) in Zusammenarbeit mit dem Capacity Management (CM)
ausarbeitet. Der Vertrieb stellt das Bindeglied zwischen Firma A und dem Kunden dar
und ist verantwortlich für die Entgegennahme und Verarbeitung von Kundenfeedbacks.
Bei geringfügigen Differenzen steht es dem Vertrieb zu, eigenständig über Kunden-
anfragen zur Reduktion des Kaufpreises auf Wettbewerberniveau zu entscheiden. Bei
grösseren Unterschieden zwischen Wettbewerberpreisen und dem eigenen Verkaufspreis
wird die entsprechende Kundenanfrage an das Tour Operating weitergeleitet, das bei
Firma A eine Sammelbezeichnung für die Funktionsbereiche MM und CM ist.
Die Leistungen der Firma A werden zu ca. 50% über den Eigenvertrieb verkauft. Unter
diesen Begriff fallen zum einen die eigenen Filialen und zum anderen der Direktvertrieb
über das interne Call-Center sowie den Internet Travel Shop. Die andere Hälfte des
Umsatzes wird mithilfe unabhängiger Agenten erwirtschaftet. Firma A unterhält zu
diesem Zweck ein Netzwerk von unabhängigen Reisebüros. Diese verkaufen in der Regel
nicht ausschliesslich Produkte der Firma A, sondern führen auch die relevanten
Wettbewerber der Firma A im Angebot.
6.2.2.2 Aufgaben und Struktur des Market Management
Das MM trägt die Destinationsverantwortung. Darunter fallen die Hotelselektion sowie
die Festlegung der Basispreise und eines Mengenziels. Somit liegt die
140 Forschungsergebnisse
Budgetverantwortung auf Destinationsebene beim MM. Zusätzlich gehört es in den
Aufgabenbereich des MM, in Abstimmung mit der Leitung Tour Operating die
Marktbearbeitungsstrategien für die einzelnen Destinationen zu definieren resp.
weiterzuentwickeln. Nach Veröffentlichung des Leistungsangebots für eine Saison hat
das MM die Aufgabe, den Buchungseingang zu verfolgen und allfällige Anpassungen am
Basispreis oder dem Leistungsangebot vorzunehmen.
Das MM ist nach Destinationen sowie nach Leistungskategorie strukturiert.
Pauschalangebote werden nicht von demselben Team betreut wie Individualreisen.
6.2.2.3 Aufgaben und Struktur des Capacity Management
Das CM erstellt zunächst basierend auf den Angaben des MM eine detaillierte Planung
der Kapazitäten, die in einer Saison für eine Destination angeboten werden. Dies umfasst
die Planung der angebotenen Plätze je Abflugtag und Abflugort inklusive der
Berücksichtigung sämtlicher ortsspezifischer Saisonalitäten wie Urlaubsbeginn oder
lokaler Feiertage. Nach der Veröffentlichung des Leistungsangebots hat das CM die
Aufgabe, den Buchungseingang zu beobachten, um durch Preis- oder
Kapazitätsanpassungen einen möglichst hohen Umsatz zu erzielen.
Das CM ist eine Zentralfunktion. Das heisst, sämtliche Destinationen und
Leistungskategorien werden von derselben Abteilung betreut.
6.2.2.4 Interaktion zwischen den drei Funktionsbereichen
Abbildung 36: Interaktionen zwischen Capacity Management, Market Management und Vertrieb Quelle: Interviews mit Firma A; eigene Darstellung.
Leistungs-angebot
Capacity Management
Vertrieb
Market Management
A
C
D
B
Forschungsergebnisse 141
A. Zwischen dem CM und dem Vertrieb findet alle zwei Wochen ein Meeting statt,
in dem der aktuelle Buchungsstand je Destination analysiert wird und
resultierende Problemfelder diskutiert werden. Bei Bedarf werden
destinationsspezifische Initiativen erarbeitet, die direkt zur Umsetzung in die
Marketingabteilung weitergegeben werden. Die Aufgabe des Vertriebs besteht in
erster Linie in der Einschätzung, welche Massnahmen im aktuellen Marktumfeld
die besten Erfolge zeigen werden.
B. Wenn eine Kundenanfrage zum Ausgleich der Preisdifferenz gegenüber einem
Konkurrenzangebot beim Vertrieb eingeht, dann wird diese Anfrage an das MM
weitergeleitet. Dort wird vor dem Hintergrund der spezifischen
Destinationsstrategie sowie des aktuellen Markterfolgs des Leistungsangebots
entschieden, ob auf die Anfrage einzugehen ist oder nicht.
C. Handelt es sich bei der Anfrage zum Ausgleich der Preisdifferenz um eine
grössere Buchung, z. B. um eine Gruppenbuchung, dann kann eine
Preisanpassung dazu führen, dass der Flug an diesem Abflugdatum in die
spezifische Destination einen negativen Deckungsbeitrag aufweist. Weil die
Auslastungsteuerung der Flugkapazitäten im Verantwortungsbereich des CM
liegt, muss das MM einen entsprechenden Entscheid vorgängig mit dem CM
abstimmen. Eine Preisanpassung wird nur dann vorgenommen, wenn CM und
MM diesbezüglich einen Konsens erreichen.
D. Tritt die positive Situation ein, dass eine Destination sehr stark nachgefragt wird,
kann das verfügbare Kapazitätsangebot schnell ausgebucht sein. In diesem Fall
werden zwischen CM und MM Möglichkeiten besprochen, das Kapazitätsangebot
zu vergrössern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Leistungsträger die
zusätzlichen Kapazitäten in der Regel nur zu einem höheren Preis verkaufen.
6.2.3 Charakterisierung der Schnittstelle gemäss Analyseraster
6.2.3.1 Strukturelle Aspekte
Formalisierungsgrad: Die skizzierten Interaktionen zwischen den untersuchten
Funktionsbereichen werden von allen Parteien übereinstimmend geschildert. Es herrscht
demnach ein Konsens hinsichtlich der Aufgabenteilung und der resultierenden
Interaktionen. Die einzelnen Schritte in der Zusammenarbeit der Funktionsbereiche sind
zwar nicht in schriftlicher Form festgehalten, dennoch werden die informellen
Richtlinien der Kooperation strikt eingehalten.
142 Forschungsergebnisse
Standardisierungsgrad: Die Interaktion zwischen den Funktionsbereichen folgt einem
standardisierten Vorgehen, das sich über die Zeit zwar verändert, jedoch hinsichtlich der
zentralen Schritte konstant bleibt. Durch eine eindeutige Verteilung von Zuständigkeiten
und Verantwortlichkeiten ist ein klarer Eskalationsprozess definiert, der allen beteiligten
Funktionsbereichen bekannt ist.
Zentralisierungsgrad: Der Zentralisierungsgrad adressiert die Entscheidungsautonomie
der Mitarbeiter des jeweiligen Funktionsbereiches. Ein hoher Zentralisierungsgrad
manifestiert sich darin, dass die Mitarbeiter sämtliche Entscheidungen vorgängig mit
ihrem Vorgesetzten abstimmen müssen. Bei einem niedrigen Zentralisierungsgrad
hingegen sind die Mitarbeiter befugt, eigenständige Entscheidungen zu treffen.
Hinsichtlich dieses Aspekts weisen die betrachteten Abteilungen signifikante
Unterschiede auf. Im Market Management werden die Entscheidungen, die aus der
Zusammenarbeit mit dem Capacity Management und dem Vertrieb resultieren, meist
zentral durch den jeweiligen Destinationsverantwortlichen getroffen. Dem stehen die
Mitarbeiter im Capacity Management gegenüber, die die Auslastung der
Risikokapazitäten in Eigenregie steuern. Lediglich schwerwiegende Abweichungen vom
Leistungsziel, z. B. wenn ein spezifischer Flug aufgrund einer Gruppenbuchung einen
negativen Deckungsbeitrag abwirft, sind mit dem Leiter Capacity Management
abzustimmen. Der Vertrieb wiederum verfügt über einen hohen Zentralisierungsgrad.
Die Vertriebsmitarbeiter müssen demnach die meisten Entscheidungen mit ihrem
Vorgesetzten erörtern. Dabei handelt es sich in der Regel um Kundenanfragen zum
Ausgleich von Preisunterschieden gegenüber vergleichbaren Angeboten von
Wettbewerbern. Der Teamleiter entscheidet in diesem Fall, ob der Anfrage stattgegeben
wird und der Ausgleich auf Kosten der Vertriebsmarge vorgenommen wird, ob die
Anfrage an das Tour Operating weitergeleitet wird oder ob sie direkt abgelehnt wird.
Räumliche und organisatorische Nähe: Die beiden Abteilungen des Tour Operating,
sowohl das Capacity Management als auch das Market Management, liegen räumlich
sehr nahe beieinander. Regelmässige, informelle Treffen sind vor diesem Hintergrund
problemlos möglich. Wie bereits erwähnt, erfolgt der Vertrieb des Leistungsangebots
über verschiedene Kanäle. Zum einen verfügt Firma A über zahlreiche eigene Filialen
sowie über Kontakte zu unabhängigen Agenten. Zusätzlich werden die Leistungen im
Internet oder über ein Call-Center vertrieben. Das Ziel des Filial- und Agentennetzwerks
ist eine möglichst breite geografische Abdeckung. Dementsprechend sind
Filialmitarbeiter und Agenten räumlich weit entfernt von den Funktionen des Tour
Forschungsergebnisse 143
Operating. Die Vertriebsmitarbeiter der zentral betreuten Vertriebskanäle wie Internet
Travel Shop und Call-Center befinden sich jedoch am selben Ort wie die Mitarbeiter des
Tour Operating. Regelmässige informelle Treffen sind auch hier problemlos möglich.
Der Leiter der zentral betreuten Vertriebskanäle wird aufgrund seiner Kenntnis von
Markt und Unternehmen oft als Vertreter der Vertriebsperspektive zu Diskussionen von
Marktinitiativen beigezogen.
Organisatorisch sind Vertrieb und Tour Operating zwar auf der gleichen hierarchischen
Ebene angesiedelt. Sie gehören jedoch nicht zum gleichen Vorstandsressort. Das
Capacity Management und das Market Management rapportieren an den Vorstand Tour
Operating, der Vertrieb muss sich gegenüber dem Vertriebsvorstand verantworten.
Gemeinsame Planung: Nach der Definition eines groben Mengenziels durch das Market
Management für eine bestimmte Destination erfolgt die Detailplanung der Kapazitäten
durch das Capacity Management in enger Abstimmung mit der Vertriebsleitung. Somit
werden die Zielgrössen für die drei Funktionsbereiche harmonisiert. In der Umsetzung
der Zielgrössen stehen die Abteilungen jedoch jeweils in Konkurrenz zueinander. Das
Capacity Management strebt eine möglichst hohe Flugauslastung an, das Market
Management ein möglichst gutes Destinationsergebnis und der Vertrieb will eine
möglichst hohe Anzahl potenzieller Kunden zum Kauf bewegen.
Teamwork: Projekte und Initiativen zur Marktbearbeitung werden oft gemeinsam in
funktionsübergreifenden Teams geplant. Die Firma A charakterisiert sich dabei über ein
sehr pragmatisches Vorgehen. Je nach Umfang des Projekts werden diejenigen
Funktionsbereiche involviert, die direkt davon betroffen sind. Bei einer tiefgreifenden
Marktveränderung, wie zum Beispiel beim Ausbruch der Schweinegrippe im Jahr 2009
in Mexiko, erarbeiten sämtliche Parteien gemeinsam einen Massnahmenplan. Bei
weniger dramatischen Vorkommnissen, wie zum Beispiel dem Launch einer
Destinationsinitiative durch einen relevanten Wettbewerber, wird in kleinerer Runde
nach Lösungen gesucht.
6.2.3.2 Verhaltensnormen
Flexibilität: Der hohe Wettbewerbsdruck in der Reiseveranstalterbranche sowie die
schwer vorhersehbaren Schwankungen der Kundenpräferenzen erfordern von sämtlichen
Wettbewerbern ein hohes Mass an Flexibilität im Management des Leistungsangebots
während der Saison. Dies überträgt sich auch auf die Interaktion zwischen den drei
adressierten Abteilungen. Wenn es die Situation erfordert, ist ein Funktionsbereich auch
144 Forschungsergebnisse
bereit, zu Gunsten des Geschäftserfolgs seine spezifischen Zielgrössen zu
vernachlässigen. So gibt es Situationen, in denen ein Capacity-Manager den
Deckungsbeitrag eines Fluges ins Negative rutschen lässt, damit ein wichtiger Agent eine
grosse Gruppenbuchung zu günstigen Konditionen vornehmen kann. Ziel dabei ist es,
diesen Agenten mit dieser Massnahme langfristig an die Firma zu binden.
Hintergrund ist zum Beispiel die Überlegung, dass dadurch ein guter Agent eine wichtige
Buchung vornehmen kann und dieser im Gegenzug das Leistungsangebot der Firma A
seinen Kunden weiterhin prominent präsentiert.
Informationsaustausch: Für sämtliche Funktionsbereiche ist ein regelmässiger
Informationsaustausch von zentraler Erfolgsrelevanz. Die Reiseveranstalterkunden
zeigen insbesondere im Pauschalgeschäft eine relativ geringe Markenloyalität. Aus
diesem Grund ist die Bereitschaft, den Reiseveranstalter zu wechseln, wenn dadurch die
angestrebte Reise kostengünstiger ausfällt, sehr gross. Die Reiseveranstalter müssen sehr
schnell erkennen können, wenn ihr Angebot zu einem bestimmten Buchungszeitpunkt für
einen bestimmten Abflugzeitpunkt und eine bestimmte Destination nicht
wettbewerbsfähig ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Risikokapazitäten für diese
Angebotskombination über den Last-Minute-Kanal abgesetzt werden müssen oder gar
ungenutzt bleiben und verfallen. Um dieser Situation vorzubeugen, ist es erforderlich,
dass die relevanten Feedbacks aus dem Markt möglichst schnell in die
Kapazitätssteuerung einfliessen. Sämtliche untersuchten Funktionsbereiche der Firma A
sind sich dieses Umstands bewusst. Dementsprechend werden die meisten verfügbaren
relevanten Informationen schnell und informell weitergegeben. Der
Informationsaustausch vom Tour Operating zum Vertrieb erfolgt jedoch nicht mit der
gleichen Intensität wie in die entgegengesetzte Richtung. So wäre es für die
Vertriebsmitarbeiter sinnvoll, möglichst schnell über gut und schlecht laufende
Destinationen und Hotels informiert zu werden, um den Kunden beim Beratungsgespräch
gezielter steuern zu können. Über diese Gesamtsicht verfügt in erster Linie das Capacity
Management, weil dort sämtliche Buchungen für eine Destination zusammenlaufen. Eine
automatische Weiterleitung dieser Gesamtsicht an den Vertrieb ist nicht etabliert.
Spezifische Informationsanfragen werden jedoch von allen Funktionsbereichen schnell
und zuverlässig bearbeitet.
Solidarität: Die Abteilungen verhalten sich dahingehend solidarisch zueinander, dass
Probleme, die in der Zusammenarbeit zwischen ihnen entstehen, gemeinsam gelöst
werden. Weiter sind sämtliche Bereiche bereit, einander gegenseitig einen Gefallen zu
Forschungsergebnisse 145
tun, wenn dies erforderlich ist. Die ausgeprägte Solidarität zwischen den Abteilungen ist
auch Ausdruck der offenen und aufgeschlossenen Kultur, die in Firma A gelebt wird.
Konfliktverhalten: Direkt an die oben beschriebene Solidarität schliesst sich auch das
konsensorientierte Konfliktverhalten der Firma A an. Wenn sich die Zielvorgaben der
Abteilungen gegenseitig konkurrieren, dann wird ein gemeinsamer Konsens gesucht. Nur
selten führen solche Situationen zu offen ausgetragenen Konflikten. Dementsprechend ist
nur selten die Involvierung eines Vorgesetzten erforderlich, um eine Abwägung der
entgegenstehenden Interessen vorzunehmen.
6.2.3.3 Machtverhältnisse
Bei der Analyse der Machtverhältnisse sind zwei Aspekte von primärer Relevanz. Zum
einen geht es um die Frage, welche Abteilung bei Meinungsverschiedenheiten dominiert,
und zum anderen darum, welcher Funktionsbereich intern als einflussreicher gilt.
Hinsichtlich beider Aspekte ist Firma A sehr ausgeglichen. Keiner der Funktionsbereiche
dominiert kontinuierlich bei Meinungsverschiedenheiten. Vielmehr werden
unterschiedliche Ansichten offen diskutiert mit dem Ziel, eine gemeinsame Lösung zu
finden. Die Funktionsbereiche werden intern auch als äquivalent wahrgenommen. Dazu
gehört, dass der ihnen zugerechnete Einfluss innerhalb der Organisation vergleichbar ist
und dass die Abteilungen von der Geschäftsleitung als gleich wichtig eingestuft werden.
Die Firma A ist sich der ausgeglichenen Machtverhältnisse und deren Konsequenzen
bewusst. Durch den hohen Koordinationsaufwand im Vergleich zu einseitig dominierten
Kooperationsformen verzögern sich zahlreiche Entscheide, die idealerweise so früh wie
möglich getroffen werden sollten. Auf der anderen Seite werden die Entscheidungsträger
der Firma A dadurch gezwungen, eine ganzheitlichere Sicht auf eine Problemstellung
einzunehmen, was dem Gesamtergebnis der Firma zugutekommt. Zusätzlich kann so
verhindert werden, dass zwischen den Abteilungen ein Konkurrenzkampf ausbricht, der
dem langfristigen Geschäftserfolg der Firma A schadet.
6.2.3.4 Mitarbeiterbezogene Aspekte
Produktkenntnis: Bei der Betrachtung der Produktkenntnisse wird unterschieden
zwischen der Produktkenntnis im engeren Sinne, d. h. der detaillierten Kenntnis des
Leistungsangebots, und dem Wissen über die internen Prozesse zur Leistungserstellung.
Erwartungsgemäss wird die Produktkenntnis der Vertriebsmitarbeiter höher eingestuft
als diejenige aus dem Capacity Management oder dem Market Management.
146 Forschungsergebnisse
Demgegenüber wird den Capacity-Managern ein profundes Wissen über die
firmeninternen Prozesse zur Leistungserstellung zugesprochen.
Marktkenntnis: Der Aspekt der Marktkenntnis ist untergliedert in zwei Dimensionen.
Zum einen ist das Kundenwissen der Mitarbeiter einer Abteilung von Interesse, zum
anderen wird das Wissen über relevante Wettbewerber berücksichtigt. Erwartungsgemäss
schneiden bei beiden Dimensionen die Vertriebsmitarbeiter besser ab als z. B. die
Mitarbeiter aus dem Capacity Management.
Kurzfristige vs. langfristige Orientierung: Hinsichtlich der zeitlichen Orientierung
unterscheiden sich die untersuchten Funktionsbereiche nicht. Sowohl die Abteilungen im
Tour Operating als auch der Vertrieb haben weder einen ausgesprochen kurzfristigen
noch einen explizit langfristigen Planungshorizont. Hinsichtlich der grundsätzlichen
Orientierung gilt die Tatsache, dass die Mitarbeiter im Tour Operating einen eher
systematisch-analytischen Ansatz verfolgen, während der Vertrieb eher einen
pragmatisch-intuitiven Ansatz hat.
6.2.4 Vor- und Nachteile dieser Aufgabenteilung
6.2.4.1 Vorteile
Eindeutiger Vorteil dieser klaren Aufgabenteilung ist zunächst die
Bearbeitungsgeschwindigkeit. Durch eine einseitig dominierte Zusammenarbeit wäre
zwar eine noch schnellere Bearbeitung von Kundenanfragen oder
Marktbearbeitungsinitiativen möglich. Wie oben im Zusammenhang mit der Schilderung
der Machtverhältnisse bereits ausgeführt wurde, wäre eine einseitig dominierte
Kooperation aus Perspektive der Firma A jedoch mit zahlreichen negativen Aspekten
behaftet. Die Zusammenarbeit zwischen den untersuchten Funktionsbereichen bei der
Firma A ist aus dem Grund schnell, weil "jeder das macht, was er im Griff hat und wo er
versteht, wo angesetzt werden muss" (Leiter Capacity Management, Firma A). Die
Mitarbeiter weisen also einen hohen Spezialisierungsgrad in ihren Tätigkeiten auf und
sind dadurch in der Lage, sehr schnell zu arbeiten. Zudem sind die einzelnen
Arbeitsschritte sehr gut aufeinander abgestimmt. Aufgrund des hohen
Standardisierungsgrades der internen Abläufe besteht zu jedem Zeitpunkt Klarheit, in
wessen Zuständigkeitsbereich eine Entscheidung fällt resp. welcher Funktionsbereich
hinsichtlich einer Fragestellung zu konsultieren ist.
Forschungsergebnisse 147
Ein weiterer Vorteil ist die Innovationsfähigkeit der Funktionsbereiche in der
Kooperation untereinander. Weil das Marktumfeld eine hohe Dynamik aufweist, wird
von den Reiseveranstaltern sowohl im Management ihres Leistungsangebots als auch in
der Ausgestaltung der internen Prozesse ein hohes Mass an Flexibilität und
Innovationsfähigkeit verlangt. Die Ausprägung der verschiedenen Verhaltensnormen, die
als charakteristische Merkmale der Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb identifiziert wurden, erlaubt es der Firma A, die Kooperation zwischen den
untersuchten Abteilungen kontinuierlich zu entwickeln. Gutes Beispiel hierfür ist ein neu
eingeführtes Tool zur Steuerung der eigenen Filialen sowie der unabhängigen Agenten,
das dem Capacity Management erlaubt, das Hauptaugenmerk des Vertriebs mithilfe
spezifischer Anreize laufend auf ausgesuchte Destinationen zu lenken. Wenn sich eine
schlechte Auslastung der Flugkapazität zu einer bestimmten Destination abzeichnet,
passt das Capacity Management die Incentivierung des Vertriebs dahingehend an, dass
die entsprechende Destination vorteilhaft erscheint und dementsprechend in
Verkaufsgesprächen prominenter präsentiert wird.
6.2.4.2 Nachteile
Ein Reiseveranstalter ist angehalten schnell auf Marktveränderungen zu reagieren,
unabhängig davon, ob es sich um wettbewerbs- oder kundenseitige Veränderungen
handelt oder ob eine unerwartete Umweltveränderung eingetreten ist. Aufgrund der
gleichmässigen Machtverteilung sind die Mitarbeiter der adressierten Funktionsbereiche
in der Firma A angehalten, die meisten Entscheidungen mit den anderen Abteilungen
abzustimmen. Angesichts des erwähnten Zeitdrucks in der Entscheidungsfindung ist dies
jedoch nicht immer möglich und Entscheidungen werden gefällt ohne Berücksichtigung
sämtlicher Interessen und Perspektiven. Dementsprechend kommt es vor, dass
Entscheidungen getroffen werden, die bei Kenntnis sämtlicher Informationen
unvorteilhaft sind. So wurde z. B. eine Situation geschildert, in der das Capacity
Management aufgrund sich abzeichnender Verluste auf einer Flugroute die verfügbaren
Kapazitäten reduziert hatte, ohne sich vorgängig mit dem Market Management und dem
Vertrieb abzustimmen. Weil das Market Management jedoch gegenüber mehreren
Leistungsträgern in der betroffenen Destination Abnahmegarantien ausgesprochen hatte,
musste diese Flugroute weiterhin bedient werden. Dementsprechend sah sich das
Capacity Management angehalten, die noch vor kurzem abgestossenen Kapazitäten zu
einem teureren Preis wieder einzukaufen. Der oben zitierte Vorteil der hohen
Bearbeitungsgeschwindigkeit durch diese Form der Aufgabenteilung zwischen Capacity
148 Forschungsergebnisse
Management, Market Management und Vertrieb kann in bestimmten Situationen zum
Stolperstein werden.
Der Vertrieb gewinnt bei seiner täglichen Arbeit sehr viel Wissen über Kunden- und
Wettbewerberverhalten. Dieses Wissen ist jedoch aus Sicht der Firma A sehr stark
fragmentiert. Wie oben erwähnt, verfügt die Firma A über zahlreiche eigene Filialen und
Kontakte zu unabhängigen Agenten. Auch ohne Berücksichtigung des internen Call-
Centers für den Direktverkauf verteilt sich also das Marktfeedback auf sehr viele Stellen.
Entsprechend der aktuellen Ausgestaltung der Kooperation zwischen Tour Operating und
Vertrieb besteht für das Tour Operating keine Möglichkeit, dieses Marktwissen in
aggregierter Form laufend zu nutzen. Dem Tour Operating steht somit kein fundiertes
Feedback aus dem Vertrieb zur Verfügung. Dies hat zur Konsequenz, dass den
Einwänden und Ansichten des Vertriebs vergleichsweise geringe Bedeutung
beigemessen wird. "Die qualifizierte Interpretation der Feedbacks aus dem Vertrieb ist
eine grosse Schwierigkeit und das wirkt sich auch direkt auf die Interaktion zwischen
Vertrieb und Market Management aus" (Leiter Capacity Management, Firma A).
Ein weiterer Nachteil dieser Aufgabenteilung zwischen den Funktionsbereichen ist die
fehlende Transparenz hinsichtlich des aktuellen Markterfolges des Leistungsangebots
innerhalb der Firma A. Nach Veröffentlichung der Kataloge für eine Saison erkennen die
Abteilungen im Tour Operating schnell, welche Destinationen und Hotels sich gut
verkaufen und welche vom Markt eher kritisch aufgenommen werden. Dazu gehört auch
die Information, zu welchen Destinationen die meisten Anfragen zum Ausgleich von
Preisdifferenzen mit vergleichbaren Wettbewerbsangeboten eingegangen sind. Wie in
Kapitel 6.2.3.1 erwähnt, werden diese Informationen nicht an den Vertrieb weitergeleitet.
Mit der Kenntnis über den aktuellen Buchungserfolg eines Angebots wäre der Vertrieb in
der Lage, die Beratungsgespräche gezielter zu steuern. Wenn z. B. in der vom Kunden
anvisierten Reiseperiode die Angebote der Firma A für Kreta besonders attraktiv sind,
kann dem Kunden gezielt Kreta als mögliche Zieldestination vorgeschlagen werden.
6.2.5 Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten
Die Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten leiten sich zum Teil direkt aus den
vorgängig genannten Vor- und Nachteilen der Zusammenarbeit zwischen Revenue
Management und Vertrieb bei der Firma A ab.
Forschungsergebnisse 149
6.2.5.1 Bessere Anpassung des Leistungsangebots an Marktbedürfnisse
Das fehlende Feedback aus dem Vertrieb zurück zu den Abteilungen des Tour Operating
begründet die erste Verbesserungsmöglichkeit der Kooperation zwischen Revenue
Management und Vertrieb. Zur Behebung dieses Nachteils muss jedoch ausserhalb der
eigentlichen Interaktion zwischen den untersuchten Funktionsbereichen angesetzt
werden. Konkret geht es darum, dass das Wissen der Vertriebsleute zu Kunden- und
Wettbewerbsentwicklungen nur in stark fragmentierter Form vorliegt. Bevor
dementsprechend die Marktkenntnisse des Vertriebs den Abteilungen im Tour Operating
zugänglich gemacht werden können, müssen diese standardisiert erfasst und aggregiert
werden. Dies stellt eine grosse Herausforderung dar, denn das Vertriebswissen verteilt
sich auf sehr viele verschiedene Stellen. Gelingt es der Firma A, die wesentlichen
Erkenntnisse hinsichtlich Kunden- und Wettbewerbsaktivitäten regelmässig in
standardisierter Form zu aggregieren, ist das Tour Operating in der Lage, seine
Entscheidungen laufend auf ein qualitativ hochwertiges Feedback aus dem Markt zu
stützen. Dadurch würde sich die Form der Aufgabenteilung zwischen den untersuchten
Funktionsbereichen dahingehend ändern, dass die Perspektive des Vertriebs sowohl in
der Planung als auch in der laufenden Anpassung des Leistungsangebots stärker vertreten
wäre.
Konkret besteht eine Möglichkeit darin, dass man die Vertriebsmitarbeiter auffordert,
nach jeder Kundeninteraktion eine Reihe von fix vorgegebenen Punkten festzuhalten.
Folgende Aspekte könnte dieser kurze Report umfassen: Für welche Destinationen hat
sich der Kunde interessiert? In welcher Periode will der Kunde verreisen? Wie ist die
Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Angebots gegenüber demjenigen der Konkurrenz für
diese Destination zu diesem Buchungs- und Reisezeitpunkt? Welches sind vergleichbare
Wettbewerbsangebote? Konnte ein Verkaufsabschluss erzielt werden?
Auf diese Weise kann das Tour Operating laufend darüber informiert werden, wie sich
der Markterfolg des eigenen Leistungsangebots entwickelt, welche Destinationen
besonders im Trend liegen und an welchen Wettbewerber man die meisten Kunden
verliert. Zusätzlich zu der Möglichkeit, das Leistungsangebot laufend zu überwachen und
bei Bedarf anzupassen, ermöglicht dieses Reporting der Firma A die Identifikation von
langfristigen Trends und Veränderungen im Buchungsverhalten ihrer Kunden. Die oben
genannten Reportingaspekte sind lediglich eine illustrative Nennung möglicher Fragen.
Insbesondere wenn eine langfristige Trendanalyse verfolgt wird, sind zusätzliche Daten
zu erheben.
150 Forschungsergebnisse
6.2.5.2 Kundenspezifischere Beratungsgespräche
Im Rahmen der Schilderung der Nachteile der aktuellen Zusammenarbeit zwischen
Revenue Management und Vertrieb wurde ausgeführt, dass dem Vertrieb keine
ganzheitliche Sicht auf den aktuellen Buchungserfolg zur Verfügung steht. Hieraus leitet
sich das nächste Verbesserungspotenzial ab.
Dem Vertrieb können in standardisierter Form die relevanten Informationen zum
laufenden Buchungserfolg zur Verfügung gestellt werden. Dadurch ist es dem
Vertriebsmitarbeiter möglich, seine Kunden wesentlich spezifischer zu beraten. "Wenn
ein Kunde kommt und sagt, er würde das gerne buchen, aber warum seid ihr 2000 EUR
teurer, dann habe ich bereits ein Problem" (Leiter Direct Sales, Firma A). Wenn der
Vertriebsmitarbeiter jedoch weiss, dass dieses Angebot demjenigen der relevanten
Wettbewerber nicht standhalten kann, dann kann er schneller und besser auf die Anfrage
des Kunden reagieren, indem er ihm z. B. ein alternatives Angebot präsentiert, von
Beginn an einen Preisausgleich ins Angebot integriert oder den höheren Preis durch
selektive Zusatzleistungen zu rechtfertigen versucht. Überdies kann durch eine höhere
Informationstransparenz des laufenden Buchungserfolgs die mögliche Ausprägung von
falschen Einschätzungen verhindert werden. Wenn z. B. eine Filiale mehrere Kunden für
eine bestimmte Destination an einen Wettbewerber verliert, dann muss nicht die gesamte
Destination zu teuer kalkuliert sein. Es kann sich auch lediglich um ein Hotel handeln,
das zu unvorteilhaften Konditionen eingekauft wurde, die sich in einem höheren
Angebotspreis niederschlagen.
6.2.5.3 Schnellere Bearbeitung von Kundenanfragen
Insbesondere im Pauschalgeschäft sehen sich die Reiseveranstalter mit einer geringen
Kundenloyalität konfrontiert. Bei gleichem Reisedatum und identischem Hotel ist es für
viele Kunden nicht von primärer Relevanz, bei welchem Reiseveranstalter sie ihren
Urlaub buchen. Gewisse Kunden haben zwar eine Präferenz für eine bestimmte Airline
zur Beförderung an den Zielort, doch die Zahlungsbereitschaft dafür ist relativ gering.
Wenn also ein Wettbewerber die gleiche Leistungskombination zu einem günstigeren
Preis anbietet, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass der Kunde den Reiseveranstalter
wechselt und beim Konkurrenten bucht.
Hinzu kommt, dass die Angebotspreise der Reiseveranstalter zunehmend flexibilisiert
werden, z. B. mithilfe von Frühbucherrabatten. Ein Kunde muss damit rechnen, dass eine
bestimmte Leistungskombination zu einem späteren Zeitpunkt nur noch zu einem
Forschungsergebnisse 151
höheren Preis gebucht werden kann. Dadurch haben die Kunden ein Interesse, die
Buchung der geplanten Reise möglichst schnell vorzunehmen. Wenn eine
Kundenanfrage nicht innerhalb kurzer Zeit beantwortet werden kann, vergrössert sich die
Gefahr, dass der Kunde ein Konkurrenzprodukt bucht.
Wie oben bei der Analyse der Interaktionen zwischen Capacity Management, Market
Management und Vertrieb ausgeführt, bedarf es zur Entscheidungsfindung bei
marktbezogenen Fragestellungen des Einbezugs mehrerer Funktionsbereiche. Dies trifft
auch zu für die Bearbeitung von Kundenanfragen zum Ausgleich von Preisdifferenzen zu
vergleichbaren Wettbewerbsangeboten. Der Vertrieb ist zwar in der Lage, im Rahmen
der ihm zustehenden Vertriebsmarge einen bestimmten Preisausgleich selbständig
vorzunehmen. Sobald die Ausgleichsanfrage das Volumen der Vertriebsmarge
übersteigt, ist der Vertrieb jedoch angehalten, die Anfrage an das Tour Operating
weiterzuleiten. Deshalb kann der betroffene Vertriebsmitarbeiter dem Kunden nicht
sogleich eine Antwort geben, was wie eben erwähnt das Risiko mit sich bringt, dass der
Kunde sich im Gegenzug entscheidet, das Wettbewerbsangebot zu buchen.
Wenn die Vertriebsmitarbeiter in die Lage versetzt würden, in grösserem Umfang
selbständig auf solche Anfragen zum Ausgleich von Preisdifferenzen zu reagieren, würde
sich die Bearbeitungszeit dieser Kundenanfragen erheblich verkürzen. Dadurch könnte
ein Teil der Abwanderung von Kunden zu Wettbewerbern verhindert werden.
Selbstverständlich kann diese Massnahme diejenigen Kundenverluste, die aus nicht
ausgleichbaren Preisdifferenzen resultieren, nicht verhindern. Um dies zu ermöglichen
benötigen die Vertriebsmitarbeiter eine umfangreichere Kenntnis der Preiskalkulation,
die den einzelnen Angeboten zugrunde liegt. Aktuell kennen die Vertriebsmitarbeiter
lediglich den Nettoverkaufspreis. Zu diesem Wert wird die Vertriebsmarge addiert, was
den Bruttoverkaufspreis ergibt, der dem Kunden genannt wird. Der
Verhandlungsspielraum des Vertriebsmitarbeiters beschränkt sich somit auf die
Differenz zwischen Brutto- und Nettoverkaufspreis. Eine Vergrösserung der
Entscheidungsautonomie der Vertriebsmitarbeiter bedingt die Kenntnis der
Einkaufspreise der einzelnen Leistungskomponenten sowie der Margen, die auf die
jeweiligen Komponenten aufgeschlagen wurde, um den Nettoverkaufspreis zu
bestimmen.
Damit die Perspektiven von Market Management und Capacity Management nach wie
vor adäquat in den Entscheidungen über ein allfälliges Ausgleichen von Preisdifferenzen
zu Wettbewerbsangeboten repräsentiert sind, hat die Gewährung von grösserer
152 Forschungsergebnisse
Entscheidungsautonomie für den Vertrieb regelbasiert zu erfolgen. Mit anderen Worten
werden für die Vertriebsmitarbeiter klare Regeln definiert, an die sie sich beim
Bearbeiten von Preisanfragen zu halten haben. Diese Entscheidungsregeln können
verschiedenartig ausgeprägt sein, je nach Handlungsmaxime von Market Management
und Capacity Management. Eine Möglichkeit zur Steuerung der Entscheidungsbildung
wäre zum Beispiel die Vorgabe von minimalen Margen, die je Leistungsträger erzielt
werden müssen. Je nach Marktbearbeitungsstrategie können die Margen je
Leistungsträger für unterschiedliche Zielgebiete variieren. Wenn das Ziel verfolgt wird,
eine bestimmte hochwertige Hotelkette in Spanien prominent zu vermarkten, z. B. um
dadurch zum einen den Durchschnittsertrag pro Kunde zu erhöhen und zum anderen bei
der Hotelkette im nächsten Jahr aufgrund der hohen diesjährigen Volumina vorteilhaftere
Einkaufskonditionen zu erhalten, kann die kalkulatorische Marge für diesen
Leistungsträger tiefer angesetzt werden als diejenige für die restlichen Hotels in den
spanischen Destinationen. Dadurch verbessert sich in der Wahrnehmung des Kunden das
Preis- Leistungs-Verhältnis der betroffenen Hotelkette, was sich wiederum positiv auf
mögliche Buchungsentscheide auswirkt. Mit einer Anpassung der minimalen Margen für
die einzelnen Hotels in Spanien kann der Vertrieb dazu veranlasst werden, diese
Marktbearbeitungsstrategie in ihre Preisentscheidungen einfliessen zu lassen.
6.2.5.4 Beschleunigung der Prozesse im Capacity Management
Das Market Management gliedert sich in mehrere Teams, die jeweils eines oder mehrere
Zielgebiete betreuen. Aktuell ist es Aufgabe jedes einzelnen Teams, die Basispreise für
die von ihm zusammengestellten Leistungskombinationen zu berechnen. Diese
Basispreise bilden nach Veröffentlichung des Leistungsangebots die Grundlage für die
Preis- und Kapazitätssteuerung, die durch das Capacity Management durchgeführt wird.
Aufgrund der unterschiedlichen Teams, die für die Bildung der Basispreise
verantwortlich sind, folgt jede Destination hinsichtlich der Basispreise einer anderen
Logik. Unterschiede können zum Beispiel durch die Integration von speziellen
Angebotskomponenten wie Kinderfestpreisen oder Frühbucherrabatten bei der
Basispreisbildung entstehen. Die Differenzen in der Struktur der Basispreise stellen für
die Mitarbeiter des Capacity Management eine erhebliche Erschwerung ihrer Tätigkeit
dar. Bei der intersaisonalen Anpassung von Preisen an den laufenden Buchungserfolg
müssen die Capacity-Manager bei jeder Destination von neuem verstehen, wie sich der
Basispreis zusammensetzt, um die Höhe möglicher Preisanpassungen zu identifizieren
und um die Preisanpassung korrekt im Buchungssystem erfassen zu können. Eine
Forschungsergebnisse 153
Vereinheitlichung der Basispreisbildung erleichtert die Arbeit der Capacity-Manager
dahingehend, dass sie immer mit der gleichen Basispreisstruktur konfrontiert sind.
Dadurch verkürzt sich die Bearbeitungszeit von Preisanpassungen. Dies wiederum wirkt
sich positiv auf die Interaktion zwischen dem Capacity Management und dem Vertrieb
aus, weil Anfragen des Vertriebs schneller verarbeitet werden können.
Die angesprochene Vereinheitlichung der Basispreisbildung bedingt eine Verlagerung
dieser Aufgabe in einen zentralen Zuständigkeitsbereich. Eine Möglichkeit besteht darin,
die Verantwortung für die Basispreisbildung ins Pflichtenheft des Capacity Management
aufzunehmen. Dadurch erreicht man zum einen eine Vereinheitlichung der Preisstruktur
über sämtliche Destinationen. Zum anderen zeichnet damit jene Abteilung für die
Bildung der Basispreise verantwortlich, die auch intersaisonal für die Anpassung der
Preise an den laufenden Buchungserfolg zuständig ist. Die oben skizzierten
Verzögerungen im Preismanagement durch Mitarbeiter des Capacity Management, die
sich laufend in andere Preisstrukturen einarbeiten müssen, werden dadurch zusätzlich
entschärft. "Die Preise haben denselben Vater wie die Revenue-Steuerung" (Leiter
Capacity Management, Firma A).
6.2.5.5 Übersicht über die Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten
Abbildung 37 zeigt die Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten für die
Interaktion zwischen den Funktionsbereichen des Tour Operating und dem Vertrieb in
einer Übersicht. Dabei werden den einzelnen Potenzialen jeweils die genannten
Massnahmen gegenübergestellt, durch die die Verbesserung erreicht werden kann.
Abbildung 37: Verbesserungspotenziale Firma A Quelle: Fallstudie Firma A; eigene Darstellung
Verbesserungspotenzial Massnahme
Bessere Anpassung des Leistungsangebotsan die Bedürfnisse des Marktes
Aggregation des Marktwissens des Vertriebsund Weiterleitung an das Tour Operating
Kundenspezifischere Beratungsgespräche Informationstransparenz des laufendenBuchungserfolgs gegenüber dem Vertrieb
Schnellere Bearbeitung von Kundenanfragen Einführung regelbasierterEntscheidungsautonomie für den Vertrieb
Beschleunigung der Prozesse im Capacity Management
Vereinheitlichung der Preisbildung
154 Forschungsergebnisse
6.2.6 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungsmöglichkeiten
6.2.6.1 Eindeutige Zuordnung von Verantwortlichkeiten
Sowohl die Einführung einer grösseren, regelbasierten Entscheidungsautonomie für den
Vertrieb als auch die Vereinheitlichung der Basispreisbildung führen zu einer
Veränderung in der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den drei
Funktionsbereichen. Die erste Massnahme, die Einführung einer regelbasierten
Entscheidungsautonomie für Vertriebsmitarbeiter, führt zu einer Verschiebung von
Entscheidungsverantwortung von den Abteilungen des Tour Operating hin zum Vertrieb.
Die zweite Verbesserungsmöglichkeit, die Vereinheitlichung der Basispreisbildung,
reduziert das Aufgabenspektrum der Destinationsverantwortlichen zu Gunsten einer
zentralen Einheit, z. B. des Capacity Management. Aufgrund der flachen Hierarchie,
durch die sich die Firma A auszeichnet, sowie der gleichmässigen Machtverteilung
zwischen den untersuchten Funktionsbereichen ist es von zentraler Bedeutung, dass bei
den skizzierten Veränderungen von Beginn an die neuen Verantwortlichkeiten der drei
Funktionsbereiche klar und eindeutig voneinander abgegrenzt werden. Bleibt eine klare
Definition und Kommunikation der neuen Verantwortlichkeiten aus, besteht die Gefahr,
dass sich entweder keine oder gleich mehrere Abteilungen für eine Aufgabe in der
Verantwortung sehen. Beide Situationen würden unweigerlich zu unnötigen
Schwierigkeiten in der Interaktion zwischen den untersuchten Funktionsbereichen
führen. Wenn sich zwei Funktionsbereiche gleichzeitig für eine Aufgabe zuständig
fühlen, kann es sehr leicht zu einem Machtkampf zwischen den beiden Abteilungen
kommen. Fühlt sich hingegen niemand für eine Aufgabe verantwortlich, besteht die
Gefahr, dass es im Nachhinein zu gegenseitigen Schuldzuweisungen für die entstandene
Verzögerung kommt. Eine klare Definition der Verantwortlichkeiten kann beiden
Situationen wirksam vorbeugen.
6.2.6.2 Sicherstellung einer einheitlichen Handlungsmotivation
Die Funktionsbereiche zeichnen sich durch unterschiedliche Perspektiven auf die
operativen Herausforderungen eines Reiseveranstalters aus. Während das Market
Management einen starken Fokus darauf legt, in einem bestimmten Zielgebiet einen
bestimmten Marktanteil zu erwirtschaften, konzentriert sich das Capacity Management
vorrangig darauf, die vorhandenen Kapazitäten optimal auszulasten. Der Vertrieb
wiederum vertritt die Perspektive des Kunden. Mit anderen Worten ist er daran
Forschungsergebnisse 155
interessiert, dem Kunden eine möglichst passende Leistungskombination zu verkaufen,
um auch in Zukunft auf diesen Kunden zählen zu können. Das dadurch entstehende
Spannungsfeld bildet die Grundlage für die laufenden Interaktionen zwischen den
untersuchten Funktionsbereichen.
Durch eine Verschiebung von Entscheidungsverantwortung zwischen den
Funktionsbereichen verändert sich auch das Gewicht, das den einzelnen Perspektiven im
gesamten Leistungserstellungsprozess beigemessen wird. Durch eine Vergrösserung der
Entscheidungsautonomie der Vertriebsmitarbeiter ist beispielsweise deren
Handlungsfokus, die Zufriedenstellung des Kunden, stärker in der Angebotserstellung für
den Kunden vertreten. In der Umsetzung dieser Massnahme ist demnach sicherzustellen,
dass das oben detaillierte Spannungsfeld zwischen den drei Funktionsbereichen bestehen
bleibt und nicht die Perspektive der Vertriebsabteilung in der Entscheidungsbildung zu
starke Berücksichtigung findet. Dies kann zum einen über Entscheidungsregeln
geschehen, an die sich der Vertrieb bei der Bearbeitung von Kundenanfragen, z. B. zum
Ausgleich von Preisdifferenzen zu vergleichbaren Angeboten der Wettbewerber, halten
müssen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, die variable Lohnkomponente der
Vertriebsmitarbeiter nicht ausschliesslich in Abhängigkeit von klassischen
Vertriebserfolgsgrössen zu setzen, sondern auch Performance-Grössen des Tour
Operating wie z. B. den Durchschnittsertrag pro Passagier zu berücksichtigen.
6.2.6.3 Schaffung von Anreizen zur Informationsweitergabe
Sowohl der Verbesserungsvorschlag zur Aggregation der fragmentierten
Vertriebsmeinung als auch derjenige zur höheren Informationstransparenz des laufenden
Buchungserfolgs zugunsten der Vertriebsmitarbeiter beruhen darauf, dass bereits
verfügbare Informationen aktiver weitergegeben resp. aggregiert werden. Die
Informationsaggregation und –weitergabe stellt an sich für die meisten Mitarbeiter
jedoch keinen direkten Mehrwert dar (vgl. dazu u. a. Barua und Ravindran, 1996).
Dementsprechend ist es erforderlich, dass für sämtliche Funktionsbereiche klare Anreize
zur aktiven Weitergabe von Informationen geschaffen werden. Ansonsten besteht die
Gefahr, dass die Informationsverbreitung aus Zeitgründen nicht im gewünschten
Ausmass erfolgt.
Eine Möglichkeit zur Sicherstellung des besseren Informationsflusses besteht darin, die
Informationsaggregation und –weitergabe in das Pflichtenheft bestimmter Mitarbeiter
aufzunehmen und die Erfüllung dieser Pflichten standardisiert zu überwachen.
156 Forschungsergebnisse
6.2.7 Schlussfolgerungen
Die Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb ist für die Firma A sowohl
bei der Angebotserstellung als auch bei der laufenden Anpassung des Angebots an den
aktuellen Buchungserfolg von zentraler Bedeutung. Die betroffenen Abteilungen der
Firma A sehen sich dabei laufend mit einem Zielkonflikt zwischen
Bearbeitungsgeschwindigkeit und Entscheidungsqualität konfrontiert. Aufgrund der
gleichmässigen Machtverteilung ist es erstrebenswert, sämtliche Entscheidungen
möglichst breit abzustützen. Dies spricht für ein Involvieren sämtlicher betroffenen
Funktionsbereiche bei der Entscheidungsfindung. Auf der anderen Seite müssen viele
Entscheidungen unter grossem Zeitdruck getroffen werden. Der Kunde ist aufgrund der
hohen zeitlichen Variabilität des Leistungsangebots der Konkurrenzfirmen nicht bereit,
lange auf die Beantwortung einer Anfrage zu warten. Dementsprechend legt die Firma A
grossen Wert auf möglichst kurze Bearbeitungszeiten. Dies steht der Involvierung
sämtlicher betroffenen Funktionsbereiche bei Entscheidungsprozessen aus Zeitgründen
diametral entgegen.
Die vorgeschlagenen Verbesserungsmassnahmen adressieren diesen Zielkonflikt. Durch
eine grössere Standardisierung der Interaktionen zwischen den Funktionsbereichen, z. B.
durch eine Vereinheitlichung der Basispreisbildung, kann eine höhere
Bearbeitungsgeschwindigkeit erreicht werden, ohne dass dadurch die
Entscheidungsqualität stark in Mitleidenschaft gezogen wird.
6.3 Ergebnisse Fallstudie Firma B
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Fallstudie mit der Firma B präsentiert.
Zunächst wird die Firma B in einem Kurzprofil vorgestellt, damit die zentralen Elemente
des Geschäftsmodells der Firma B nachvollzogen werden können und zu den restlichen
Firmen, die im Rahmen dieser Dissertation untersucht werden, abgegrenzt werden
können. Ein spezieller Fokus liegt auf der Strukturierung der Funktionsbereiche Revenue
Management und Vertrieb sowie auf den resultierenden Interaktionen zwischen ihnen.
Abschliessend werden Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt und
die Erfolgsfaktoren ihrer Implementierung diskutiert.
6.3.1 Kurzprofil Firma B
Firma B ist ein internationaler Reiseveranstalter mit Wurzeln und Heimatmarkt im
deutschsprachigen Europa. Mit verschiedenen Marken bearbeitet die Firma B
Forschungsergebnisse 157
unterschiedliche geografische Segmente sowie unterschiedliche Kundengruppen. Analog
zur Firma A verfügt auch die Firma B über ein breites Sortimentsspektrum. Zum einen
werden massgeschneiderte Individualreisen angeboten, die sich aus einzelnen
Leistungsbausteinen zusammensetzen lassen. Zum anderen wird eine Vielzahl von
Pauschalreisen produziert. Anders als bei den massgeschneiderten Individualreisen, bei
denen die Fachkompetenz des Veranstalters und der beratenden Vertriebsinstanz eine
zentrale Rolle einnehmen, ist im Bereich der Pauschalreise in erster Linie der Preis ein
zentrales Verkaufskriterium. Firma B ist kein ausschliesslicher Intermediator, sondern
verfügt über mehrere eigene Hotelketten, die in den wichtigsten Zielmärkten vertreten
sind. Trotzdem werden ein Grossteil der Übernachtungskapazitäten sowie sämtliche
Flugkapazitäten bei externen Leistungsträgern eingekauft.
Diese Fallstudie beschränkt sich auf die Tätigkeiten der Firma B in ihrem Heimatmarkt.
Aufgrund der hohen Entscheidungsrelevanz des Preises werden insbesondere im Bereich
der Pauschalreisen am Anfang der jeweiligen Saison bei den Leistungsträgern
umfangreiche Risikokapazitäten eingekauft, die anschliessend umsatzmaximal abgesetzt
werden sollen. Somit hat das Revenue Management aus Perspektive der Firma B für das
Geschäftsfeld der Pauschalreisen besonders hohe Relevanz. Vor diesem Hintergrund
fokussiert diese Fallstudie auf das Pauschalreiseangebot der Firma B.
Im Bereich der Pauschalreisen unterhält die Firma B in ihrem Heimmarkt mehrere
unterschiedliche Marken. Jede Marke bietet ein eigenständiges Produkt an, um
gegenseitige Kannibalisierung zu vermeiden. Während die eine Marke in erster Linie
klassische Badeferien am Mittelmeer o. Ä. anbietet, fokussiert eine andere Marke z. B.
auf Aktiv- und Wellnessferien. Die Firma B ist in den letzten Jahren erfolgreich
gewachsen und beabsichtigt auch in Zukunft, eine klare Wachstumsstrategie zu
verfolgen. Um die aus dieser Strategie resultierenden Ziele zu erfüllen, will die Firma B
zum einen den Marktanteil in ihrem Heimmarkt vergrössern und zum anderen in
grenznahen Märkten weiter Fuss fassen.
Durch die Fokussierung auf die Steuerung der Auslastung der zu Saisonbeginn
eingekauften Risikokapazitäten rücken drei Abteilungen ins Zentrum dieser Fallstudie:
der Vertrieb, das Produktmanagement und das Yield Management. Im Folgenden werden
diese drei Funktionsbereiche vorgestellt und die Interaktionen zwischen ihnen erläutert.
158 Forschungsergebnisse
6.3.2 Interaktionen zwischen Revenue Management und Vertrieb
6.3.2.1 Aufgaben und Struktur des Vertriebs
Analog zur Firma A bildet der Vertrieb der Firma B in erster Linie die Brücke zwischen
Unternehmen und Kunden. Zunächst besteht die Aufgabe des Vertriebs darin, das
Leistungsangebot der Firma B ihren potenziellen Kunden zugänglich zu machen. Für
jeden erfolgreichen Verkauf kann der jeweilige Vertriebspartner die sogenannte
Vertriebsmarge für sich in Anspruch nehmen. Weiter nimmt der Vertrieb die Funktion
des "Ohres am Markt" wahr (Leiter Yield Management, Firma B). Der Vertrieb ist in der
Lage, sowohl das Verhalten der relevanten Wettbewerber als auch dasjenige der Kunden
laufend zu verfolgen. Diese Informationen werden durch den Vertrieb zeitnah an
Produkt- und Yield Management weitergeleitet.
Der Vertrieb erfolgt zu einem Grossteil stationär, das heisst, die meisten Reisen werden
über Reisebüros verkauft. Diese teilen sich in firmeneigene Reisebüros, Lizenznehmer,
Kooperationspartner sowie in unabhängige Reisebüros auf. Letztere wiederum gehören
ihrerseits vielfach zu einem anderen Veranstalter. Je nach Art des Reisebüros kann die
Firma B unterschiedlich stark auf deren Verkaufsaktivitäten Einfluss nehmen. Während
firmeneigene Reisebüros zum Beispiel dazu verpflichtet werden können, Kunden in
Verkaufsgesprächen aktiv auf aktuelle Schwerpunktdestinationen hinzuweisen, ist dies
bei unabhängigen Reisebüros nicht möglich. Um aus der Perspektive der potenziellen
Kunden möglichst attraktiv zu erscheinen, ist es erforderlich, dass auch die
firmeninternen Reisebüros Konkurrenzprodukte verkaufen. Trotz Einschränkungen und
Vorgaben ist für sämtliche Reisebüros die eigene Profitabilität die oberste Priorität.
Firmeneigene Reisebüros gehören zwar auch zum Vorstandsressort des
Vertriebsgeschäftsführers, sind jedoch disziplinarisch von der eigentlichen
Vertriebsabteilung unabhängig.
Je nach Art und Grösse des Reisebüros kommt den Reisebüros eine unterschiedliche
Betreuung durch die Firma B zu. Dies spiegelt sich auch in den Aufgaben und der
Struktur der Vertriebsabteilung wider. Umsatzstarke Agenturen werden durch einen
Aussendienstmitarbeiter betreut und Expedienten mit einem mittelgrossen Umsatz
werden durch einen Innendienst telefonisch aktiv betreut. Für sämtliche Reisebüros wie
auch für Endkunden steht bei Fragen und Anliegen ein Call-Center zur Verfügung. Weil
ein Grossteil der stationären Vertriebseinheiten zu Kooperationen zusammengefasst ist
oder zu einem grösseren Konzern gehört, umfasst die Vertriebsabteilung der Firma B
Forschungsergebnisse 159
auch ein Key Account Management, in dem die Kontakte zu diesen Partnern zentral
koordiniert und z. B. Vertragsverhandlungen geführt werden. Die Agenturverträge mit
den einzelnen Reisebüros werden von einem separaten Team betreut. Schliesslich
beinhaltet die Vertriebsabteilung noch ein Team, das sich um das sog. Handelsmarketing
kümmert. Dieses Aufgabenspektrum umfasst die Koordination und Durchführung der
gesamten vertrieblichen Marketingmassnahmen. Dies geschieht in enger Abstimmung
mit dem Produkt-Management und dem Yield Management
6.3.2.2 Aufgaben und Struktur des Produkt-Managements
Das Produkt-Management ist zuständig für die Zusammenstellung eines attraktiven
Leistungsangebots, inklusive der Definition einer Preisstruktur und einer
Vertriebsstrategie. Das Produkt-Management trägt die Gesamtverantwortung für die
Budgets der einzelnen Destinationen.
Langfristig beschäftigt sich das Produkt-Management mit der Saisonplanung. Dazu
gehört in erster Linie die Selektion und Dimensionierung von Destinationen und der
jeweiligen Leistungsträger für den Transport, die Unterkunft und die Betreuung der
Gäste vor Ort. Weiter zählt der Einkauf der Hotelkapazitäten und der übrigen
Leistungsträger in den einzelnen Destinationen zu den Aufgaben des Produkt-
Managements. Dazu kommt, dass das Produkt-Management für jede Destination eine
Preisstruktur entwickeln muss. Schliesslich ist eine weitere langfristige Aufgabe des
Produkt-Managements die Zusammenstellung der einzelnen Angebote zu Katalogen.
Kurz- und mittelfristig steht die Verkaufssteuerung durch Anpassung von Preisen und
verfügbaren Kapazitäten im Zentrum der Aufgaben des Produkt-Managements.
Die Abteilung ist in mehrere Bereiche aufgeteilt, denen jeweils ein Produktdirektor
voransteht. Jeder Bereich bearbeitet ein anderes Zielgebietsportfolio. Die einzelnen
Produktbereiche unterscheiden ihrerseits zwischen dem sog. Katalog-Team und dem
Yield-Team. Das Katalog-Team ist in erster Linie mit der Erstellung der Kataloge und
der Betreuung sämtlicher katalogbezogener Buchungen beschäftigt. Das Yield-Team ist
für die unterjährige Anpassung von Preisen und Kapazitätsverfügbarkeiten zuständig und
wickelt sämtliche Buchungen ab, die aus den Abverkaufsmassnahmen resultieren.
6.3.2.3 Aufgaben und Struktur des Yield Management
Unter dem Begriff des Yield Management werden in der Firma B sämtliche
Verkaufsmassnahmen neben dem eigentlichen Katalogverkauf zusammengefasst. Dazu
160 Forschungsergebnisse
gehört in erster Linie der preisreduzierte Abverkauf von Risikokapazitäten, die sich in
der entsprechenden Saison unerwartet schwer absetzen lassen. Somit liegt ein Grossteil
der Yield-Management-Verantwortung in den Händen des Produkt-Managements.
Die eigentliche Yield-Management-Abteilung bildet die Schnittstelle zwischen den
Abteilungen Produkt-Management und Vertrieb. Ihre Aufgabe besteht darin, die
Informationen, Impulse und Anliegen, die aus dem Produkt-Management an die
Vertriebsabteilung herangetragen werden, zu aggregieren und zu bewerten. Basierend auf
dieser Gesamtbewertung werden die Anliegen der Produkt-Direktoren gemeinsam durch
Produkt-Management, Vertrieb und Yield Management priorisiert und in
kommunizierbare Botschaften umgearbeitet, die über ausgesuchte Kanäle an die
Reisebüros weitergeleitet werden. Aufgrund ihrer Gesamtsicht über sämtliche
Produktbereiche kommt den Yield-Managern in diesem Prozess eine zentrale Bedeutung
zu. Insbesondere gilt es sicherzustellen, dass die Destinationen mit hohen Volumenzielen
und dementsprechend hohen Risikokapazitäten adäquate Vertretung finden in den
Abverkaufsmassnahmen. Aber auch kleinere Zielgebiete dürfen nicht vernachlässigt
werden, denn auch bei diesen Destinationen gibt es Auslastungsnotwendigkeiten.
Es gehört auch zum Aufgabenportfolio der Yield-Management-Abteilung, von den
Produktbereichen ein bestimmtes Volumen an Abverkaufsangeboten einzufordern. Ziel
ist es, "eine Grundversorgung des Marktes [mit Abverkaufsangeboten] sicherzustellen"
(Leiter Yield Management, Firma B).
Die Yield-Management-Abteilung verzichtet auf eine explizite Unterteilung ihrer
Mitarbeiter in Regionen oder Kundensegmente. Es gibt zwar interne
Aufgabenschwerpunkte, die Mitarbeiter können jedoch sehr flexibel eingesetzt werden,
je nachdem, was der aktuelle Handlungsschwerpunkt im Yield Management ist.
6.3.2.4 Interaktionen zwischen den drei Funktionsbereichen
Abbildung 38: Interaktionen zwischen Produkt-Management, Yield Management und Vertrieb Quelle: Interviews Firma B; eigene Darstellung.
Produkt-Management
Yield Management
VertriebA B C
D
Forschungsergebnisse 161
Die Interaktionen zwischen den drei Funktionsbereichen folgen einer Sequenz.
Dementsprechend sind die Abteilungen in Abbildung 38 als Aktionskette dargestellt.
Dem Yield Management kommt dabei wie oben erwähnt eine Schnittstellenfunktion zu.
A. Häufig geht der Anstoss zur Interaktion zwischen den Funktionsbereichen vom
Produkt-Management aus. Sobald sich abzeichnet, dass mit dem Leistungsangebot
für eine bestimmte Destination nicht der gewünschte Erfolg erzielt werden kann,
wendet sich die Produkt-Management-Abteilung an die Yield-Management-
Abteilung mit der Bitte um Lancierung von destinationsspezifischen
Abverkaufsmassnahmen.
B. Wie oben bereits ausgeführt, kann der Impuls zur Initialisierung von
Abverkaufsmassnahmen auch vom Yield Management ausgehen.
Ausschlaggebend ist hier jedoch nicht das Ausbleiben des gewünschten
Verkaufserfolgs für eine bestimmte Destination, sondern die Tatsache, dass
insgesamt nicht ausreichend Abverkaufsangebote im Markt sind.
C. Ausgehend vom identifizierten Bedarf an Abverkaufsmassnahmen kommt dem
Yield Management eine beratende Funktion zu. Konkret geht es darum, in
Zusammenarbeit mit dem Vertrieb die einzelnen Yield-Management-Initiativen in
kommunizierbare Massnahmen zu verwandeln und diese in die richtigen
Vertriebskanäle einzusteuern. Ziel ist die "Distribution der Yield-Angebote zur
richtigen Zeit an die richtigen Stellen" (Leiter Yield Management, Firma B).
D. Zwischen dem Produkt-Management und dem Vertrieb findet in erster Linie ein
Informationsaustausch statt. Die Produkt-Manager sind darauf angewiesen, dass
sie in regelmässigen Abständen über die relevanten aktuellen Entwicklungen am
Markt informiert werden. In erster Linie geht es hierbei um Informationen über
das Verhalten der relevanten Wettbewerber. Wenn ein Aussendienstmitarbeiter im
Rahmen eines Termins bei einem Reisebüro erfährt, dass ein relevanter
Wettbewerber eine bestimmte Destination für die aktuelle Saison zur
Verkaufspriorität erklärt hat, dann muss diese Information möglichst schnell an
den für diese Region zuständigen Produkt-Direktor gelangen. Zu diesem Zweck
steht ein standardisiertes Reporting Tool zur Verfügung, das ein schnelles
Erfassen und Weiterleiten dieser Information ermöglicht.
Zu den eben beschriebenen Interaktionen kommt es zum einen im Rahmen des
regelmässig stattfindenden Operations-Meetings, bei dem alle drei Funktionsbereiche
anwesend sind. Hier wird die aktuelle Absatzentwicklung analysiert, um daraus die
162 Forschungsergebnisse
Prioritäten für die kommende Verkaufsperiode zu bestimmen. Zum anderen findet der
beschriebene Austausch auch im Tagesgeschäft statt. Wie bereits bei der Fallstudie mit
der Firma A ausgeführt, ist es im Reiseveranstaltergeschäft von zentraler
Erfolgsrelevanz, sehr schnell auf Veränderungen am Markt reagieren zu können.
Dementsprechend muss Firma B in der Lage sein, zwischen den regelmässigen
Operations-Meetings Abverkaufsmassnahmen einzuleiten. Daher stehen die drei
Abteilungen wie oben beschrieben in laufendem Kontakt zueinander.
Die Interaktion zwischen den drei Funktionsbereichen hat sich in den letzten Jahren stark
verändert. Die Firma B war bestrebt, das Revenue Management von einem
ausschliesslichen Abverkaufsinstrument in Richtung einer ganzheitlicheren Steuerung
weiterzuentwickeln. Mit anderen Worten soll der Fokus der unterjährigen Yield-
Management-Initiativen nicht ausschliesslich auf problembehaftete Destinationen gelegt
werden, sondern es sollen auch gut laufende Destinationen berücksichtigt werden. Das
Ziel dabei ist es, von positiven Marktsituationen möglichst viel zu profitieren.
6.3.3 Charakterisierung der Schnittstelle gemäss Analyseraster
6.3.3.1 Strukturelle Aspekte
Formalisierungsgrad: Die Weiterentwicklung des Revenue Management in Richtung
einer ganzheitlichen Steuerung des Produktangebots hat dazu geführt, dass zahlreiche
Interaktionsprozesse neu aufgesetzt werden mussten. Um die gewünschten
Veränderungen möglichst gut implementieren zu können, wurden klare Prozessvorgaben
entwickelt, die von den Mitarbeitern der einzelnen Abteilungen strikt eingehalten
werden. Dementsprechend verfügt die Schnittstelle zwischen den Funktionsbereichen
Revenue Management und Vertrieb bei der Firma B über einen hohen
Formalisierungsgrad.
Standardisierungsgrad: Ausgehend von den klaren Prozessvorgaben folgt die Interaktion
zwischen den Funktionsbereichen einem standardisierten Vorgehen. Hierbei handelt es
sich wiederum um eine Momentaufnahme. Die Zusammenarbeit zwischen den
Abteilungen verändert sich laufend, was wiederum zur Ausprägung neuer Standards
führt. Schliesslich ist mit Blick auf den Standardisierungsgrad festzuhalten, dass Firma B
nicht über einen standardisierten Eskalationsprozess verfügt, der bei gravierenden
Meinungsverschiedenheiten beschritten werden kann.
Forschungsergebnisse 163
Zentralisierungsgrad: Alle drei Abteilungen weisen einen hohen Zentralisierungsgrad
auf. Die Mitarbeiter sind dazu angehalten, die meisten Entscheidungen mit ihren
Vorgesetzten abzustimmen. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass sich die
Aufgabenbereiche in allen drei Abteilungen laufend verändert haben. Zur Sicherstellung
eines konsistenten Geschäftsganges ist eine hohe Zentralisierung der
Entscheidungsgewalt sehr sinnvoll.
Räumliche und organisatorische Nähe: Die Mitarbeiter sämtlicher mit Revenue
Management und Vertrieb beauftragter Abteilungen arbeiten räumlich nahe beieinander.
Dadurch bestehen für die Mitarbeiter gute Möglichkeiten, sich während der Arbeit mit
ihren Kollegen aus anderen Abteilungen informell zu treffen und gegenseitig
auszutauschen. Die Abteilungen sind jedoch organisatorisch nicht beim gleichen
Vorstandsbereich verankert, jedoch hierarchisch auf gleicher Stufe angesiedelt.
Gemeinsame Planung: Die Saisonplanung erfolgt zum einen durch das Produkt-
Management und zum anderen durch den Vertrieb. Hier arbeiten die Abteilungen
mehrheitlich autonom, jedoch basierend auf den strategischen Vorgaben, die von der
Geschäftsleitung gemacht wurden. Kurz- und Mittelfristplanung erfolgt unter
Einbeziehen der Yield-Management-Abteilung. Der Fokus der gemeinsamen
Planungsaktivitäten liegt dabei auf der Umsetzung der Zielvorgaben in konkrete
Massnahmen zur Marktbearbeitung.
Teamwork: In der kurz- und mittelfristigen Kooperation ist das Teamwork stark
ausgeprägt. Anlässlich des Operations-Meetings werden Entscheidungen oft gemeinsam
in Teams getroffen und anschliessend gemeinsam umgesetzt. Dies trifft auch auf aktuelle
Probleme in der Marktbearbeitung zu. Diese werden meist gemeinsam diskutiert und es
werden gemeinsam Lösungen gesucht.
6.3.3.2 Verhaltensnormen
Flexibilität: Trotz klar vorgegebener Prozesse zeichnet sich die Kooperation zwischen
den analysierten Funktionsbereichen durch Flexibilität aus. Insbesondere unerwartete
Veränderungen im Wettbewerbsumfeld erfordern genug Flexibilität, so dass
Veränderungswünsche an Plänen und Massnahmen gegenseitig respektiert werden
müssen. Dementsprechend ist es erforderlich, dass die Funktionsbereiche in unerwarteten
Situationen gemeinsam an neuen Lösungen arbeiten.
Informationsaustausch: Aufgrund der räumlichen Nähe und der regelmässigen,
informellen Interaktionen im Tagesgeschäft erfolgt zwischen den Funktionsbereichen ein
164 Forschungsergebnisse
reger Informationsaustausch. Gegenseitige Informationsanfragen werden zeitnah und
zuverlässig bearbeitet. Neben der regelmässigen Interaktion mit den unterstützenden
Elementen des Vertriebs (Key Account Management, Aussendienst, Innendienst etc.)
kommuniziert die Yield-Management-Abteilung direkt mit den Vertriebsmitarbeitern in
den Reisebüros (zur laufenden Aktualisierung der Abverkaufsangebote). Diese wiederum
sind angehalten, sich bei Bedarf direkt an das Yield Management zu wenden. Es besteht
jedoch kein direkter Informationsfluss zwischen den Vertriebsmitarbeitern, die im
direkten Kontakt zum Kunden stehen, und dem Produkt-Management. Hier wirken die
rückwärtigen Vertriebsfunktionen als Vermittler zwischen den beiden Positionen.
Solidarität: Bei allen Abteilungen herrscht ein grosses Interesse, das eigene Handeln an
den Bedürfnissen des Unternehmens auszurichten. "Ich will mich hier ja nicht selber
erfüllen […]. Ich will mich an den Notwendigkeiten orientieren, die dieses Unternehmen
hat" (Vertriebsbereichsleiter, Firma B). Aus diesem Bestreben resultiert eine ausgeprägte
Solidarität gegenüber den anderen Abteilungen. Probleme, die in der Kooperation
entstehen, werden gemeinsam gelöst und bei der laufenden Weiterentwicklung des
Revenue Management werden die Interessen sämtlicher Funktionsbereiche
berücksichtigt.
Konfliktverhalten: Meinungsverschiedenheiten gibt es zwar häufig, insbesondere
zwischen dem Produkt-Management und dem Yield Management, weil letzteres die
Aufgabe hat, die Anliegen und Impulse aus den Produktbereichen zu priorisieren und mit
dem Vertrieb entsprechende Massnahmenpakete auszuarbeiten. Im Konfliktfall streben
die involvierten Abteilungen jedoch das Erreichen eines Konsenses an. Selten ist es
erforderlich, dass ein Konflikt durch das Involvieren eines Vorgesetzten gelöst werden
muss.
6.3.3.3 Machtverhältnisse
Die Tatsache, dass die gesamte Budgetverantwortung beim Produkt-Management liegt,
legt die Vermutung nahe, dass diese Abteilung bei Meinungsverschiedenheiten dominiert
und dementsprechend innerhalb der Firma B als wichtiger betrachtet wird. Durch die
oben beschriebenen, klaren Prozessvorgaben kann jedoch erreicht werden, dass die drei
Abteilungen gleichberechtigt in der Kooperation sind. Aufgrund der
Ergebnisverantwortung wird jedoch insbesondere seitens des Top-Managements die
Revenue-Management-Funktion, und damit in erster Linie die Produkt-Management-
Abteilung, als wichtiger betrachtet. Die Erweiterung der Revenue-Management-
Forschungsergebnisse 165
Funktion, die Firma B in unmittelbarer Vergangenheit implementiert hatte, trug dazu bei,
dass eine gleichberechtigte Kooperation zwischen Revenue Management und Vertrieb
notwendig ist. Nur durch eine adäquate Berücksichtigung der Vertriebsmeinung ist Firma
B in der Lage, den Verkauf ihres Leistungsangebots ganzheitlicher zu steuern.
6.3.3.4 Mitarbeiterbezogene Aspekte
Produktkenntnis: Der Aspekt der Produktkenntnis umfasst zwei Elemente. Zum einen
geht es um die Frage, wie gut die Mitarbeiter der einzelnen Abteilungen das
Leistungsangebot kennen und verstehen. Zum anderen wird auch berücksichtigt, wie gut
die Mitarbeiter sich mit den leistungsrelevanten, internen Prozessen auskennen. Bei
Firma B verfügen die Yield-Manager aufgrund ihrer Nähe zum Produkt über eine sehr
gute Produktkenntnis, während die Vertriebsmitarbeiter insbesondere über die internen
Prozesse zur Leistungserstellung Bescheid wissen. Dies ist dadurch zu begründen, dass
diejenigen Bereiche des Vertriebs, die in dieser Fallstudie berücksichtigt wurden, keine
Endkundenberatung durchführen, sondern ausschliesslich im B2B-Bereich tätig sind.
Marktkenntnis: Das Kriterium der Marktkenntnis umfasst zwei Unterpunkte. Zum einen
geht es um das Kundenwissen der Mitarbeiter, zum anderen um ihre
Wettbewerbskenntnis. Als Kundenwissen wird hier das Wissen über die Bedürfnisse der
Endkunden verstanden. Hinsichtlich des Kundenwissens bestehen keine grossen
Unterschiede, da keine der Abteilungen in direktem Kontakt zu den Endkunden steht.
Bei der Wettbewerbskenntnis sind die Mitarbeiter mit Revenue-Management-Funktionen
jedoch im Vorteil. Anders als die Vertriebsmitarbeiter sind sie in der Lage, laufend die
Entwicklung des Gesamtmarktes im Auge zu behalten, um entsprechend darauf reagieren
zu können. Die Vertriebsmitarbeiter fokussieren sich hingegen je nach Abteilung auf
wenige Key Accounts oder Vertriebskanäle.
Kurzfristige vs. langfristige Orientierung: Beide Funktionsbereiche verfolgen in ihrer
Arbeit zwar einen eher pragmatischen, intuitiven Ansatz. Hinsichtlich der zeitlichen
Orientierung müssen die drei Abteilungen jedoch separat betrachtet werden. Während
das Produkt-Management meist einen langfristigen Planungshorizont hat und stets die
Gesamtprofitabilität einer Destination in einer bestimmten Saison im Auge hat, ist die
Yield-Management-Abteilung vorwiegend mit kurz- und mittelfristig orientiertem
Abverkauf von Überkapazitäten beschäftigt. Der Vertrieb hat demgegenüber keine
eindeutige zeitliche Orientierung. Während die Betreuung von grossen Firmenkunden
166 Forschungsergebnisse
einen langfristigen Handlungsfokus hat, sind die Planung und die Durchführung von
situationsspezifischen Abverkaufsmassnahmen sehr kurzfristig orientiert.
6.3.4 Vor- und Nachteile dieser Aufgabenteilung
6.3.4.1 Vorteile
Wie bereits erwähnt, konzentriert Firma B ihre Budgetverantwortung im Produkt-
Management. Dadurch können zahlreiche Entscheidungen, die ansonsten das
Einverständnis anderer Bereiche erfordert hätten, ohne Abstimmung getroffen werden.
Weiter betrifft das Revenue Management jeweils nur einen vergleichsweise geringen Teil
des Leistungsangebots. Während andere Dienstleister unmittelbar nach Veröffentlichung
des Leistungsangebots in Form eines Kataloges oder der Freischaltung in einem
Buchungsportal damit beginnen, die Auslastung ihrer Risikokapazitäten aktiv zu steuern,
belässt Firma B die Preise und die verfügbaren Kapazitäten zunächst unverändert. Erst
wenn sich aufgrund eines geringen Buchungseinganges abzeichnet, dass für eine
bestimmte Destination Überkapazitäten vorhanden sind, beginnt das Revenue
Management mit dem Abverkauf der entsprechenden Kapazitäten. Beide
Schnittstellenmerkmale, die Konzentration der Budgetverantwortung und die geringe
zeitliche Reichweite des Revenue Management führen zu einer Reduktion des
administrativen Aufwands für sämtliche Abteilungen. Dies bedeutet, dass die
Transaktionskosten der Interaktion zwischen den Funktionsbereichen Revenue
Management und Vertrieb gering ausfallen.
Aufgrund des grossen Umfangs des Produktangebots muss ein Reiseveranstalter in der
Regel sehr genau abwägen, welche Prioritäten im Rahmen des
Schnittstellenmanagements gesetzt werden. Die objektive Bewertung der einzelnen
Absatzprobleme ist anspruchsvoll, denn aus Perspektive der Produkt-Direktoren ist das
eigene Problem jeweils das wichtigste und sollte dementsprechend prioritär behandelt
werden. Durch die Etablierung der Yield-Management-Abteilung als
Schnittstellenfunktion zwischen Produkt-Management und Vertrieb ist es Firma B
gelungen, die Bewertung und das Priorisieren der einzelnen Bedarfe nach
Absatzmassnahmen objektiv und kontinuierlich vorzunehmen.
Die intensive Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb in der
Ausarbeitung von spezifischen Abverkaufsmassnahmen für ausgewählte Destinationen
und Zeiträume erfolgt mit einer expliziten Fokussierung auf die Perspektive des Kunden.
"Wir haben Inhalte: Wir haben Preise, wir haben Reisen, aber wir haben keine Themen.
Forschungsergebnisse 167
Und das zusammenzubringen ist letztlich [das Ziel] in der Vermarktung" (Leiter Yield
Management, Firma B). Dementsprechend ist es in der Zusammenarbeit mit dem
Revenue Management die Aufgabe des Vertriebs, interessante Themen beizusteuern, mit
denen die Abverkaufsangebote in Verbindung gebracht werden können. Dadurch
entstehen sehr gut kommunizierbare Botschaften, die eine sehr schnelle und
zielgerichtete Kommunikation der beschlossenen Abverkaufsmassnahmen an die
betroffenen Vertriebskanäle ermöglichen.
Die Interaktion zwischen den von den Funktionsbereichen Revenue Management und
Vertrieb betroffenen Abteilungen weist eine geringe organisatorische Komplexität auf.
Verantwortlichkeiten sind klar verteilt, Prozesse und Ansprechpersonen sind allen
bekannt und die Kooperation folgt einem stark standardisierten Vorgehen. Aufgrund
dieses geringen Komplexitätsniveaus in der Zusammenarbeit kann das zu bewältigende
Umsatzvolumen gesteigert werden, ohne dass die Schnittstellen zwischen den drei
Abteilungen grundsätzlich neu gestaltet werden müssen. Dies ist insbesondere vor der
bereits angesprochenen Wachstumsstrategie der Firma B als sehr positiv zu beurteilen.
6.3.4.2 Nachteile
Die Zusammenarbeit zwischen den Funktionsbereichen Revenue Management und
Vertrieb fokussiert sich in erster Linie auf kurzfristige Überkapazitäten.
Dementsprechend beschränkt sich das Revenue Management bei Firma B hauptsächlich
auf den Abverkauf von Überkapazitäten. Dadurch entgehen Firma B Umsatzpotenziale in
nachfragestarken Zeiträumen resp. Destinationen. Ein Grund hierfür ist die Tatsache,
dass das Produkt-Management bis zum Beginn des im Yield Management gesteuerten
Abverkaufs sehr autonom in der Gestaltung des Preisangebots ist. Der Preis wird nach
Abschluss der Katalogerstellung nicht mehr als Steuerungsgrösse betrachtet, bis zu dem
Zeitpunkt, an dem der Abverkauf beginnt.
Die Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb fokussiert sich auf kurz-
und mittelfristige Massnahmen. Dadurch besteht für den Vertrieb kaum eine
Möglichkeit, auf langfristige Aspekte der Entwicklung des Leistungsangebots der Firma
B einzuwirken. "Bei der Planung sind Vertrieb und die Yield-Abteilung weit aussen vor"
(Produkt Direktor, Firma B). Durch ein aktiveres Involvieren des Vertriebs in der
Weiterentwicklung des Produktportfolios wäre Firma B in der Lage, die
Produktentwicklung aus einer zusätzlichen Perspektive zu beleuchten. Dies wirkt sich
168 Forschungsergebnisse
wiederum positiv auf die Akzeptanz des Produktangebots bei Vertriebsmitarbeitern und
Kunden aus.
Weiter findet kaum ein direkter Kontakt zwischen Vertriebsmitarbeitern mit
Kundenkontakt und Mitarbeitern aus dem Produkt-Management statt. Einzige Ausnahme
ist die jährliche Produktpräsentation, bei der die Produkt-Direktoren die Schwerpunkte
im Leistungsangebot für die kommende Saison vorstellen. Der Informationsrückfluss aus
dem Vertrieb läuft ausschliesslich über nachgelagerte Vertriebsfunktionen wie Key-
Account-Management-Abteilung, Agentur-Service-Abteilung oder Aussendienst ab. Ein
direkter Austausch zwischen Produkt-Management und Vertriebsmitarbeitern mit
Kundenkontakt bleibt hingegen aus. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass
Firma B ihr Leistungsangebot ausschliesslich an private Endkunden und einen Grossteil
davon über stationäre Reisebüros vertreibt. Dadurch ist die Zahl der Vertriebsmitarbeiter
sehr gross, was einen direkten Austausch zwischen ihnen und dem Produkt-Management
erschwert. Im zuvor ausgeführten Fallbeispiel der Firma A wird der Austausch zwischen
Vertriebsmitarbeitern mit direktem Kundenkontakt, den Produktbereichen und der
Revenue-Management-Abteilung dadurch vereinfacht, dass am Hauptsitz ein Call-Center
für den Direktvertrieb zuständig ist. Somit können Mitarbeiter aus dem Direktvertrieb
jederzeit problemlos hinsichtlich Preis- und Kapazitätsentscheidungen zu Rate gezogen
werden.
Weiter weist Firma B die Besonderheit auf, dass mit der separaten Betreuung der
Flugleistung innerhalb der Kapazitätssteuerung eine zusätzliche Schnittstelle entsteht. Es
ist für den Erfolg der Absatzsteuerung entscheidend, dass sich die Produkt-Management-
Abteilung und die Flugabteilung laufend abstimmen. Dies bezieht sich zum einen darauf,
dass die Lancierung von Abverkaufsmassnahmen koordiniert zu erfolgen hat. Nur wenn
die Flugabteilung zum richtigen Zeitpunkt Flugsonderpreise bereithält, ist das Produkt
Management in der Lage, attraktive Abverkaufsangebote bereitzustellen. Zum anderen
ist es erforderlich, dass sich die Preisentwicklung im Pauschalgeschäft und im
Flugeinzelplatzverkauf nicht gegenseitig konkurrieren. Wenn im Pauschalgeschäft ein
Preis aufgrund eines hohen Buchungseinganges bis kurz vor Antritt der Reise
unverändert gelassen wird (d. h. keine Abverkaufsmassnahmen lanciert werden), dann ist
es aus Perspektive des Gesamtunternehmens wenig sinnvoll, diese Preise mit einem
günstigen Verkaufspreis für Flugeinzelplätze zu der gleichen Destination zu unterlaufen.
Das Management dieser zusätzlichen Schnittstelle erfordert laufende, präzise
Kommunikation und ist dementsprechend ressourcenintensiv.
Forschungsergebnisse 169
Abschliessend ist hinsichtlich der Nachteile der Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb festzuhalten, dass die Festlegung der optimalen
Massnahmenintensität beim Abverkauf von Überkapazitäten eine grosse
Herausforderung darstellt. Wenn der Katalogpreis im Yield-Geschäft zu stark reduziert
wird, gehen wertvolle Deckungsbeiträge verloren; wird der Preis nicht ausreichend
angepasst, erzielt der Verkaufsstimulus nicht die gewünschte Wirkung oder bleibt
gänzlich aus. Die Definition der Höhe des Abverkaufspreises liegt vollständig in der
Kompetenz des Revenue Management. Eine Berücksichtigung der Vertriebsmeinung in
der Preisfindung für Abverkaufsmassnahmen scheint sinnvoll, weil dadurch eine
zusätzliche, kundennahe Perspektive in die Diskussionen einfliessen kann.
6.3.5 Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten
Die nachfolgenden Verbesserungs- und Entwicklungspotenziale leiten sich aus den eben
genannten Vor- und Nachteilen der Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb ab.
6.3.5.1 Erweiterung des Revenue Management auf das gesamte Leistungsangebot
Wie oben ausgeführt, fokussiert sich das Revenue Management der Firma B primär auf
den Abverkauf sich abzeichnender Überkapazitäten. Durch eine Ausweitung des
Revenue Management auf Bereiche des Leistungsangebots, die erwartungsgemäss oder
sogar stark nachgefragt werden, kann zusätzliches Umsatzpotenzial erschlossen werden.
Dies bedingt in erster Linie, dass die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management
und Vertrieb dahingehend ausgeweitet wird. Als Konsequenz würden z. B. im Rahmen
des Operations-Meetings, nicht mehr nur problembehaftete Leistungsangebote diskutiert
werden, sondern auch erfolgreich laufende Destinationen. Ein mögliches Ergebnis aus
dem Operations-Meeting wäre dann z. B. der Entscheid, für ausgewählte Destinationen
Kapazitäten nachzukaufen oder den Preis für ein bestimmtes Angebot anzuheben. Die
Firma B schafft sich dadurch die Möglichkeit, erfolgreiche Vertriebsthemen zusätzlich
zu ihren Gunsten zu nutzen.
6.3.5.2 Stärkere Integration der Vertriebsperspektive in die Saisonplanung
Gemäss der aktuellen Aufgabenteilung zwischen den drei Abteilungen liegt die
Saisonplanung ausschliesslich in der Verantwortung des Produkt-Managements. Die
Ausgestaltung eines attraktiven Leistungsangebots sowie einer an die Nachfrage
170 Forschungsergebnisse
angepassten Preisstruktur sind die ersten Schritte des Revenue Management. Gemäss der
Definition des Revenue Management als Vorgehen zur Umsatzmaximierung durch den
Verkauf der richtigen Produkte zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Kunden zum
richtigen Preis, bildet das Leistungsangebot und die ursprüngliche Preisstruktur gemäss
Katalog das Fundament, ausgehend von welchem Firma B ihre Revenue-Management-
Aktivitäten lancieren kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, die
Vertriebsperspektive stärker in die Saisonplanung zu integrieren. Dies kann u. a. dadurch
erreicht werden, dass nach Festlegung der wichtigsten Parameter der Saisonplanung
diese mit ausgewählten Vertretern aus dem Vertrieb diskutiert werden. Als Parameter der
Saisonplanung werden hier z. B. Wachstumsziele je Zielgebiet, Hotelportfolio,
Zielkundengruppen bezeichnet. Zum einen können bei dieser Gelegenheit die Eckpunkte
der Saisonplanung kritisch hinterfragt werden, und zum anderen können auch
gemeinsame Ideen für die Überführung dieser Parameter in eine detaillierte
Saisonplanung entwickelt werden.
6.3.5.3 Verbesserung des Informationsflusses vom Vertrieb zum Produkt-Management
Aufgrund ihres laufenden Kundenkontakts sind die Reisebüroexpedienten in der Lage,
relevante Veränderungen von Kundenbedürfnissen und –verhalten zeitnah zu erkennen.
Aus Perspektive des Produkt-Managements sind diese Informationen sowohl für die
langfristige Entwicklung des Leistungsangebots im Rahmen der Saisonplanung als auch
für die kurz- und mittelfristige Preis- und Kapazitätssteuerung von grosser Bedeutung.
Wie oben bereits als Nachteil der Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb ausgeführt, findet kein direkter Austausch zwischen den
Reisebüroexpedienten und den Mitarbeitern des Produkt-Managements statt. Die
wichtigsten Informationen werden von den Aussendienstmitarbeitern jeweils nach
Besuch eines Reisebüroexpedienten an die zuständigen Mitarbeiter im Produkt-
Management weitergegeben. "Das ist die einzige Chance, die wir haben, um an diese
Informationen ranzukommen" (Produkt Direktor, Firma B). Die Informationen beziehen
sich jedoch meist auf das Verhalten der Wettbewerber. Weder den Produkt-Managern
noch den Yield-Managern stehen laufend aktualisierte Informationen zu den
Bedürfnissen und dem Verhalten der Kunden zur Verfügung. Durch eine Verbesserung
dieses Informationsflusses wäre die Firma B in der Lage, ihr Produktangebot sowohl in
der langfristigen Entwicklung als auch in der kurz- und mittelfristigen Steuerung besser
auf Kundenbedürfnisse und –verhalten auszurichten.
Forschungsergebnisse 171
Eine Möglichkeit, diese Verbesserung zu erreichen, besteht in der Einrichtung eines
regelmässigen Vertriebspanels. Hier wird den Reisebüroexpedienten die Möglichkeit
gegeben, den Verantwortlichen für das Leistungsangebot der Firma B in strukturierter
Form Feedback hinsichtlich Stärken und Schwächen des aktuellen Produktportfolios zu
geben.
6.3.5.4 Übersicht über die Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten
Abbildung 39 zeigt die Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten für die
Interaktion zwischen dem Produkt-Management, dem Yield Management und dem
Vertrieb in einer Übersicht. Wie bereits in der vorangehenden Fallstudie werden den
einzelnen Potenzialen mögliche Massnahmen gegenübergestellt, durch die die
Verbesserung erreicht werden kann.
Abbildung 39: Verbesserungspotenziale Firma B Quelle: Fallstudie Firma B; eigene Darstellung.
6.3.6 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungsmöglichkeiten
6.3.6.1 Simulation möglicher Reaktionen von Kunden und Wettbewerbern
Die Reiseveranstaltungsindustrie ist gegenwärtig starken Veränderungen ausgesetzt. So
führt zum Beispiel die durch die Ausbreitung des Internets begünstigte, steigende
Informationsverfügbarkeit dazu, dass eine wesentlich grössere Preistransparenz besteht
und dass der Kunde in der Lage ist, die Leistungsträger anhand unabhängiger Berichte zu
überprüfen. Weiter haben die Leistungsträger dank neuer Distributionskanäle nun auch
Verbesserungspotenzial Massnahme
Erweiterung des Revenue Management auf das gesamte Leistungsangebot
Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen Produkt-Management, Yield Management und Vertrieb auf Produkte, die aktuell stark nachgefragt werden
Stärkere Integration der Vertriebsperspektive in die Saisonplanung
Kritische Diskussion der Eckpunkte einer neuen Saisonplanung mit ausgewählten Vertretern aus dem Vertrieb
Verbesserung des Informationsflusses vom Vertrieb zum Produkt-Management
Einrichtung eines regelmässigen Vertriebspanels, bei dem Reisebüroexpedienten strukturiertes Feedback zu Stärken und Schwächen des Leistungsangebots abgeben können
172 Forschungsergebnisse
die Möglichkeit, ihre Leistungen direkt an den Endkunden zu vertreiben. Dadurch sehen
viele Reiseveranstalter ihr angestammtes Geschäftsmodell in Frage gestellt und leiten
tiefgreifende organisatorische Veränderungen ein.
Für den Erfolg der oben ausgeführten Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten
der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb ist es von zentraler
Relevanz, dass man mögliche Reaktionen von Kunden und Wettbewerbern bewusst
berücksichtigt. Im geschilderten Marktumfeld, das von einer grossen
Veränderungsdynamik geprägt ist, gestaltet sich eine Prognose von Kunden- und
Wettbewerbsreaktionen jedoch sehr anspruchsvoll. Dadurch kommt der Simulation
möglicher Marktreaktionen eine zentrale Bedeutung zu. So ist für eine Ausweitung der
Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb auf sämtliche Bereiche
des Leistungsangebots zu beachten, welche mittel- und langfristigen Auswirkungen dies
auf das Verhalten der Kunden hat. Kann damit die gewünschte Steuerungswirkung auf
das Kundenverhalten erreicht werden oder führt es im Gegenteil eher zu einer
unvorteilhaften Entwicklung im Kundenverhalten? Analog dazu müssen auch die
möglichen Reaktionen der Wettbewerber in die Entscheidungsfindung mit einfliessen.
6.3.6.2 Ausgestaltung der Massnahmen zum gegenseitigen Vorteil
Die Massnahmen zur Verbesserung der Interaktion zwischen Revenue Management und
Vertrieb stellen für beide Abteilungen Veränderungen in ihrer täglichen Arbeit dar. Zur
Sicherstellung der gegenseitigen Akzeptanz der Massnahmen ist es von grossem Vorteil,
wenn sich die Veränderungen sowohl für das Revenue Management als auch für den
Vertrieb positiv niederschlagen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der hohen
Relevanz des stationären Fremdvertriebs von zentraler Bedeutung. Eine Veränderung zu
Ungunsten der Vertriebspartner könnte diese dazu veranlassen, Kunden ganz bewusst zu
den Angeboten von Wettbewerbern der Firma B zu steuern. Für Firma B hätte dies einen
direkten Umsatzrückgang zur Folge.
Im aktuellen, von tiefgreifenden Veränderungen in der Wertschöpfungskette geprägten
Marktumfeld der Reiseveranstaltungsindustrie wäre es aus Perspektive der externen
Reisebüroexpedienten ein grosser Vorteil, wenn ihre Position in der touristischen
Wertschöpfungskette nachhaltig gefestigt wird. Dies kann z. B. dadurch erreicht werden,
dass ausgesuchte Angebote ausschliesslich im stationären Vertrieb erhältlich sind und
der Kunde somit den Besuch im Reisebüro langfristig in seinem Kaufprozess verankert.
Forschungsergebnisse 173
6.3.7 Schlussfolgerungen
Im Vergleich zu den übrigen im Rahmen dieser Dissertation untersuchten Firmen sticht
Firma B durch eine weniger intensive Zusammenarbeit zwischen den Funktionsbereichen
Revenue Management und Vertrieb hervor. Unter dem Begriff des Yield Management
wird in der Firma B in erster Linie der Abverkauf von Überkapazitäten verstanden, was
sich direkt auf die untersuchte Schnittstelle auswirkt. Während der Vertrieb bei den
anderen Firmen angehalten ist, aktiv auf das Leistungsangebot Einfluss zu nehmen,
beginnt der Aufgabenbereich des Vertriebs bei Firma B in erster Linie, nachdem das
Leistungsangebot erstellt ist und aktualisierte Verkaufsprioritäten vorliegen.
Aus diesem Umstand ergeben sich zahlreiche Verbesserungspotenziale für die
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb. Verschiedene Massnahmen
können dazu führen, dass sich das Revenue Management nicht mehr nur auf den
Abverkauf von Überkapazitäten beschränkt, sondern einen Grossteil des
Leistungsangebots aktiv steuert. Weiter besteht die Möglichkeit, den
Informationsrückfluss aus dem Vertrieb zu Händen des Produkt-Managements mit dem
Ziel zu verbessern, dass besonders relevante Informationen zu Veränderungen von
Kundenverhalten resp. Kundenbedürfnissen möglichst zeitnah an das Produkt-
Management herangetragen werden.
Bei der Implementierung dieser Verbesserungspotenziale muss dem aktuellen
Marktumfeld der Reiseveranstaltungsindustrie Rechnung getragen werden. Im Zentrum
stehen dabei die tiefgreifenden Veränderungen, die sich gegenwärtig aufgrund von
veränderten technologischen Rahmenbedingungen und damit verbundenen
Veränderungen im Kunden- und Wettbewerberverhalten abspielen. Bei der Entscheidung
über organisatorische Veränderungen muss ein Reiseveranstalter sicherstellen, dass die
angestrebte Entwicklung mit der Industrieentwicklung harmoniert. Vor dem Hintergrund
der angesprochenen Veränderungen in der gesamten Reiseveranstaltungsindustrie
hinterfragen viele Reisebüroexpedienten die langfristige Sicherheit ihrer Position in der
Wertschöpfungskette dieser Industrie. Die Akzeptanz einer Veränderung der Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb ist dann gegeben, wenn dadurch die
Position der Reisebüros nachhaltig gestärkt wird. Abschliessend gilt es hinsichtlich der
Implementierung von Veränderungen, die für die Reiseveranstalterindustrie neu sind,
174 Forschungsergebnisse
folgende Abwägung zu treffen: Möchte man von einem First-Mover Advantage16
profitieren, mit dem Risiko, dass die Veränderung keinen nachhaltigen Erfolg zeigt, oder
überlässt man diese Testphase einem Wettbewerber und passt sich diesem an, wenn er
Erfolg hat.
6.4 Ergebnisse Fallstudie Firma C
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Fallstudie mit Firma C präsentiert. Die Struktur
der Fallstudie entspricht derjenigen der vorangehenden Fallstudien. Zunächst wird Firma
C in einem Kurzprofil vorgestellt, mit dem Ziel ein grundsätzliches Verständnis des
Geschäftsmodells der Firma C sowie des Untersuchungsfokuses dieser Fallstudie zu
erreichen. Ausgehend davon werden die Aufgaben der Funktionsbereiche Revenue
Management und Vertrieb sowie die resultierenden Interaktionen zwischen den
Abteilungen beschrieben. Erneut werden zum Schluss spezifische
Verbesserungsvorschläge diskutiert und hinsichtlich ihrer Implementierungsmöglichkeit
analysiert.
6.4.1 Kurzprofil Firma C
Firma C ist ein Luftverkehrsdienstleister mit einem weltweiten Streckennetz. Das
Leistungsangebot der Firma C berücksichtigt unterschiedliche Kundengruppen. Sowohl
Geschäftsreisende als auch Urlaubsreisende tragen relevante Anteile am Gesamtumsatz
der Firma C. Hinzu kommen in kleinem Umfang Erlöse aus dem Frachtgeschäft sowie
aus flugnahen Bereichen wie zum Beispiel der Vermittlung von Kunden an Dienstleister
in Zielgebieten (Hotels, Mietwagen etc.). Der Fokus des Streckennetzes liegt auf
attraktiven Städteverbindungen sowie auf stark frequentierten Feriendestinationen.
Angeboten werden sowohl Punkt-zu-Punkt-Verbindungen als auch
Umsteigeverbindungen.
Firma C verkauft rund die Hälfte ihrer Leistungen im Einzelplatzverkauf, die andere
Hälfte wird mit Chartergesellschaften und Reiseveranstaltern erzielt. Beim
Einzelplatzverkauf halten sich die Verkäufe über die Website und diejenigen über
Reisebüros mit jeweils ca. 50% die Waage. Geringfügige Anteile des
16 Unter einem First-Mover Advantage wird in dieser Arbeit ein Vorteil verstanden, den sich ein Unternehmen verschaffen kann, indem es eine Veränderung als erstes Unternehmen in seinem relevanten Markt implementiert hat.
Forschungsergebnisse 175
Einzelplatzumsatzes werden zudem mit Direktverkäufen an Flughäfen sowie über ein
Call-Center erzielt. Sämtliche Vertriebskanäle werden zentral betreut. Das Revenue
Management steuert die Auslastung von sämtlichen Produktsegmenten und von Quell-
und Zielmärkten ebenfalls zentral.
Firma C zeichnet sich durch eine ausgeprägte Wachstumsstrategie aus, die sowohl über
die Intensivierung bestehender Strecken und Zielmärkte als auch über die Integration
neuer Strecken in den Flugplan umgesetzt wird. Firma C gewährt ihren Mitarbeitern
grossen Freiraum in der Bearbeitung sämtlicher Aufgaben, was dazu führt, dass
zahlreiche Prozesse wenig formalisiert sind und zwischen verschiedenen Produktgruppen
signifikante Unterschiede aufweisen. Dies trifft auch auf die Interaktion zwischen den
untersuchten Funktionsbereichen Revenue Management und Vertrieb zu.
6.4.2 Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb
6.4.2.1 Aufgaben und Struktur des Vertriebs
Der Vertrieb ist verantwortlich für die Betreuung der oben genannten Vertriebskanäle.
Im Online-Vertrieb umfasst das in erster Linie die laufende Aktualisierung der über die
Online-Kanäle buchbaren Angebote sowie die Beantwortung buchungsbezogener
Kundenanfragen. Die Betreuung der Reisebüros beinhaltet in erster Linie die
Bearbeitung spezieller Buchungen, meist im Zusammenhang mit beratungsintensiven
Produkten wie z. B. Gruppenreisen. Die Betreuung der Firmenkunden umfasst die
Aushandlung von Firmenkonditionen sowie deren regelmässige Anpassung an das
tatsächliche Flugvolumen der entsprechenden Firma. Infolge des stetig zunehmenden
Wettbewerbsdrucks im Geschäft mit den lukrativen Firmenkunden sehen sich die
Vertriebsmitarbeiter immer häufiger mit Anfragen zur Verbesserung der ausgehandelten
Konditionen konfrontiert. Die Betreuung der Reiseveranstalter umfasst die Aushandlung
und die laufende Adjustierung des durch den entsprechenden Veranstalter garantierten
Abnahmevolumens sowie der zugehörigen Verkaufspreise. Analog zur Betreuung der
Firmenkunden im Liniengeschäft stellt die Betreuung der Reiseveranstalter eine
ganzjährige Aufgabe dar.
Der Vertrieb gehört dem Vorstandsbereich des Chief Commercial Officer (CCO) an und
ist untergliedert nach unterschiedlichen Abflug- und Zielgebieten sowie nach
unterschiedlichen Kundensegmenten. Sämtliche aus dem Heimmarkt angeflogenen
Zielgebiete werden in der Vertriebsorganisation abgebildet, während wichtige
Absatzmärkte ausserhalb des Heimmarktes über eine eigene spezifische
176 Forschungsergebnisse
Vertriebsorganisation verfügen. Ergänzend kümmert sich eine Vertriebsabteilung
länderübergreifend um die wichtigen Firmenkunden.
6.4.2.2 Aufgaben und Struktur des Revenue Management
Die Revenue-Management-Abteilung hat bei Firma C sehr weitreichende Aufgaben.
Nach der Erarbeitung des Flugplans durch die Flugplanungsabteilung wird dieser an die
Revenue-Management-Abteilung weitergeleitet. Dort werden für die einzelnen Strecken
Preisstrukturen entwickelt, die den spezifischen Besonderheiten der Strecke Rechnung
tragen. Im touristischen Verkehr handelt es sich hierbei in erster Linie um Saisonalitäten
sowie um Feiertage. Im Geschäftsreiseverkehr spielen Wochentage und Abflugzeiten bei
der Bestimmung der Nachfrage für einen bestimmten Flug eine grosse Rolle. Nachdem
die Preisstrukturen aufgesetzt sind, ist es die Aufgabe des Revenue Management, das
resultierende Leistungsangebot in die Vertriebssysteme einzugeben, damit es auch für
den Kunden buchbar ist.
Langfristig kümmert sich also das Revenue Management um die Festlegung der
Preisstruktur sowie um die Freischaltung einer Saison (touristischer Verkehr) resp. eines
Monats (Linienverkehr). Im touristischen Verkehr wird die Saison meist ein halbes Jahr
im Voraus freigeschaltet, im Linienverkehr erfolgt die Freischaltung i. d. R. rollierend
mit einer Vorlaufzeit von zwölf Monaten. Mittelfristig muss ein Revenue Manager
regelmässig überprüfen, ob die langfristig getroffenen Annahmen zur Preisstruktur nach
wie vor richtig sind. Die Parameter, die die jeweilige Preisstruktur beeinflusst haben,
können sich nämlich laufend ändern. So kann sich z. B. die Nachfragesituation im
Kontext der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eines Abfluggebiets verändern. Oder
ein Wettbewerber nimmt eine Strecke neu in seinen Flugplan auf, wodurch das gesamte
Kapazitätsangebot auf der Strecke zunimmt. Kurzfristig steht beim Revenue
Management die taktische Preisbildung im Vordergrund. Die primären
Orientierungsgrössen sind hierbei die aktuelle Auslastung der eigenen Kapazität sowie
das von den Wettbewerbern angebotenen Tarifkonditionen. Ziel der taktischen
Preisbildung ist es, die Preisstruktur unter Berücksichtigung der eben erwähnten
Parameter so anzupassen, dass mit dem verbleibenden Kapazitätsangebot der
grösstmögliche Umsatz erzielt werden kann. Zentral für den Erfolg des taktischen
Pricings ist ein möglichst frühzeitiges Erkennen von Veränderungen im Marktumfeld,
resp. von falschen Annahmen in der ursprünglichen Definition der Preisstruktur. Je
länger der Zeitraum bis zum Abflug ist, desto grösser ist auch der Spielraum der
Revenue-Manager bei der taktischen Preisbildung.
Forschungsergebnisse 177
6.4.2.3 Interaktion zwischen den Funktionsbereichen
Die Zusammenarbeit zwischen dem Revenue Management und dem Vertrieb ist bei
Firma C ein zentrales Element der laufenden Anpassung des Leistungsangebots an die
aktuelle Marktlage und erfolgt regelmässig das gesamte Jahr über. Nach Bewertung des
Flugplans und der Entwicklung der daraus resultierenden Preisstruktur je Strecke durch
das Revenue Management wird das so entstandene Leistungsangebot in die
Vertriebssysteme eingegeben. In diesem Zusammenhang wird der Vertrieb über
Neuerungen und Änderungen des Flugplans resp. der Preisstruktur informiert. Ziel dabei
ist es, dem Vertrieb die umfangreichen Informationen möglichst in gebündelter und den
Kunden gegenüber gut erläuterbarer Form weiterzugeben.
Nach der Freischaltung des Flugplans verfolgen beide Funktionsbereiche, sowohl das
Revenue Management als auch der Vertrieb, den Buchungsverlauf sowie die relevanten
Entwicklungen am Markt. Die beiden Abteilungen nehmen dabei unterschiedliche
Perspektiven ein. Das Revenue Management betrachtet in erster Linie die einzelnen
Streckenergebnisse, auf einer für eine bestimmte Zeitspanne aggregierten Ebene, sowie
das Marktverhalten der relevanten Wettbewerber auf den einzelnen Strecken. Der
Vertrieb hingegen legt aufgrund seiner Tätigkeit in erster Linie einen Fokus auf die
einzelnen Flugereignisse sowie auf das Nachfrageverhalten der unterschiedlichen
Kundengruppen. Insbesondere die Betreuung der Firmenkunden lässt jedoch
Rückschlüsse auf das Verhalten der relevanten Wettbewerber zu. Geht ein Wettbewerber
mit einem attraktiven Rahmenvertrag auf einen bestehenden Kunden der Firma C zu,
wird dieser in vielen Fällen das Angebot als Ausgangspunkt nehmen, um mit der Firma
C über bessere Konditionen zu verhandeln. Vor diesem Hintergrund erfolgt ein laufender
Informationsaustausch zwischen den beiden Funktionsbereichen. Der Vertrieb informiert
das Revenue Management über spezifische Probleme mit einzelnen Flügen sowie über
Veränderungen des Kundenverhaltens. Diese Informationen lässt das Revenue
Management wiederum in die Steuerung der einzelnen Strecken einfliessen. Im
Gegenzug informiert das Revenue Management den Vertrieb über Veränderungen in der
Preisstruktur und über wichtige Marktaktivitäten der relevanten Wettbewerber. Dieser
wechselseitige Informationsaustausch erfolgt zwar institutionalisiert in Form von
regelmässigen Meetings, jedoch grösstenteils informell auf persönliche Initiative der
Mitarbeiter der Funktionsbereiche. Die Motivation zur informellen
Informationsweitergabe basiert zu einem bedeutenden Teil auf der unternehmerischen
Selbstverantwortung der Mitarbeiter.
178 Forschungsergebnisse
Die angesprochenen, regelmässigen Meetings dienen auch als Plattform für die
Entwicklung situationsbezogener Initiativen, um den spezifischen Problemen einzelner
Strecken oder unerwarteten Schwankungen der Auslastung des gesamten Flugplanes zu
begegnen. Gemeinsam werden zunächst die Ursachen der aktuellen Problemsituation
erörtert. Darauf aufbauend entwickeln die beiden Abteilungen gemeinsam Massnahmen
zur Ergebnisverbesserung. Oft wird in diesen Prozess auch die Marketingabteilung mit
einbezogen. Insbesondere bei Situationen, in denen für einen bestimmten Reisezeitraum
sämtliche Strecken von einer schwachen Nachfrage betroffen sind, ist es von zentraler
Bedeutung, einen konsistenten Massnahmenplan aufzusetzen, der auch gegenüber den
Kunden kommunizierbar ist. Die identifizierten Absatzprobleme werden also in
kommunizierbare Botschaften und Pakete gebündelt.
Zusätzlich zur Interaktion bei schwierigen Nachfragesituationen kooperieren die beiden
Funktionsbereiche auch bei der Bearbeitung von speziellen Buchungsanfragen wie z. B.
Gruppenbuchungen sowie bei der Ausarbeitung und der regelmässigen Anpassung von
Rahmenverträgen für Firmenkunden. Die Interaktion im Zusammenhang mit
Gruppenbuchungen kommt meist dadurch zustande, dass durch das Revenue
Management zusätzliche Kontingente in einer bestimmten Buchungsklasse freigeschaltet
werden müssen, um die Gruppenbuchung zu einem attraktiven Preis anbieten zu können.
Hier liegt es am Vertrieb, den Nachweis zu erbringen, dass es für Firma C interessant ist,
die entsprechende Gruppe zu dem vergünstigten Tarif zu befördern. Bei der Aushandlung
der Rahmenverträge für Firmenkunden kommt dem Revenue Management zentrale
Bedeutung zu. Die Revenue-Manager müssen sicherstellen, dass die ausgehandelten
Kombinationen von Fluggastvolumina und Durchschnittspreisen mit den Yield-Zielen
des gesamten Flugplanes übereinstimmen.
6.4.3 Charakterisierung der Schnittstelle gemäss Analyseraster
6.4.3.1 Strukturelle Aspekte
Formalisierungsgrad: Wie im Rahmen des Kurzprofils von Firma C bereits ausgeführt,
ist diese charakterisiert durch einen starken Wachstumskurs sowie durch eine hohe
Autonomie der Mitarbeiter in der Erfüllung ihrer Aufgaben. Dies spiegelt sich auch in
der Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb wider. Die einzelnen
Aufgaben der Abteilungen sind zwar klar kommuniziert und der daraus resultierende
Bedarf zur Interaktion zwischen den Funktionsbereichen ist bekannt, die einzelnen
Interaktionsprozesse sind jedoch meist nicht in schriftlicher Form festgehalten. Vielmehr
Forschungsergebnisse 179
ist es den einzelnen Mitarbeitern selbst überlassen, wie sie die Interaktionen innerhalb
und zwischen den Abteilungen ausgestalten.
Standardisierungsgrad: Mit dem eben erläuterten, geringen Formalisierungsgrad geht
auch ein geringer Standardisierungsgrad einher. Die Interaktion zwischen den
Funktionsbereichen ist laufenden Veränderungen ausgesetzt und demnach wenig
standardisiert. Dies ist wiederum eine direkte Konsequenz aus dem stark wachsenden
Passagieraufkommen von Firma C. Ebenso steht den beiden Funktionsbereichen kein
standardisierter Eskalationsprozess zur Verfügung, der das Verhalten in
Konfliktsituationen regelt.
Zentralisierungsgrad: Sowohl das Revenue Management als auch der Vertrieb sind
geografisch sehr zentral strukturiert. Das Revenue Management betreut das gesamte
Leistungsangebot der Firma C zentral vom Firmenhauptsitz aus. Analog dazu ist ein
Grossteil der Vertriebsmitarbeiter ebenfalls am Firmenhauptsitz angesiedelt. Lediglich in
den wichtigsten ausländischen Märkten verfügt Firma C über lokale
Vertriebsniederlassungen. Im Firmenkundengeschäft ist die eigentliche Stationierung der
Vertriebsmitarbeiter jedoch von sekundärer Relevanz. Die Betreuung der Firmenkunden
ist mit einer kontinuierlichen Reisetätigkeit verbunden.
Bei der Betrachtung des Zentralisierungsgrads wird jedoch nicht in erster Linie die
geografische Zentralisierung untersucht, sondern die Konzentration der
Entscheidungsverantwortung. Wenn die meisten Entscheidungen der Zustimmung der
Vorgesetzten bedürfen, dann ist der Zentralisierungsgrad hoch. Bei Firma C trifft dies
jedoch weder auf den Vertrieb noch auf das Revenue Management zu. Die Mitarbeiter
beider Funktionsbereiche verfügen über eine hohe Entscheidungsautonomie und müssen
lediglich umfangreiche und schwerwiegende Entscheidungen mit ihren Vorgesetzten
abstimmen.
Räumliche und organisatorische Nähe: Bei der Diskussion des Zentralisierungsgrads
wurde eingangs erwähnt, dass sowohl Revenue Management als auch Vertrieb zu einem
Grossteil am Firmenhauptsitz ansässig sind. Die beiden Funktionsbereiche sind dort zwar
räumlich getrennt, doch die Unterbringung unter einem Dach ermöglicht es den
Mitarbeitern, sich während der Arbeit regelmässig informell mit Kollegen der anderen
Abteilung zu treffen. Die Interviewpartner der Firma C betonten mehrfach die hohe
Relevanz dieser Möglichkeit für die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den beiden
Funktionsbereichen.
180 Forschungsergebnisse
Darüber hinaus gehören beide Funktionsbereiche zum gleichen Vorstandsbereich und
sind organisatorisch auf der gleichen Ebene angesiedelt. Dies hat die positive
Implikation, dass die informelle Interaktion keine Hierarchiestufen überwinden muss,
sondern auf gleicher organisatorischer Ebene erfolgen kann.
Gemeinsame Planung: Bei Planungsprozessen und beim Festlegen von Zielgrössen
kommt es zu einer teilweisen Harmonisierung der Zielvorgaben für die beiden
Abteilungen. Dadurch kann verhindert werden, dass aufgrund der Zieldefinition ein
übermässiger Konflikt zwischen Revenue Management und Vertrieb entsteht. Die
gemeinsame Planung setzt sich auch in der Umsetzung der Zielvorgaben in konkrete
Massnahmenpläne fort.
Teamwork: Während sich der Aspekt der gemeinsamen Planung auf die Harmonisierung
langfristiger Zielvorgaben und resultierender Massnahmenpläne fokussiert, widmet sich
das Kriterium des Teamworks eher der kurzfristig orientierten Zusammenarbeit. Im
Kontext einer Airline geht es hierbei um die Entwicklung und Umsetzung von
Massnahmen zur Beseitigung von aktuellen Problemen mit dem Buchungseingang.
Konkret kann z. B. ein bestimmtes Zielgebiet aufgrund von unerwartetem
Wettbewerberverhalten einen schlechten Buchungseingang verzeichnen. In diesem Fall
geht es um die Erarbeitung von Massnahmen, um diesem veränderten Marktumfeld zu
begegnen. Hier zeichnet sich Firma C durch ein sehr stark ausgeprägtes Teamwork
zwischen den untersuchten Funktionsbereichen aus. Initiativen zur Marktbearbeitung
werden gemeinsam geplant und durchgeführt. Gemäss der Aussage des Leiters Revenue
Management von Firma C wird in diesen Situationen oftmals zusätzlich die
Marketingabteilung in das Teamwork mit einbezogen.
6.4.3.2 Verhaltensnormen
Flexibilität: Bei der Analyse struktureller Aspekte der Interaktion zwischen den
Funktionsbereichen Revenue Management und Vertrieb wurde mehrfach betont, dass die
beiden Abteilungen zwar eng zusammenarbeiten, die konkreten Interaktionsprozesse
jedoch wenig formalisiert sind und den Mitarbeitern sehr viel Freiraum lassen. Daher
weisen die Mitarbeiter der Firma C in der Interaktion innerhalb und zwischen den
Abteilungen ein hohes Mass an Flexibilität auf. Dies bezieht sich sowohl auf die
gegenseitige Flexibilität bei Veränderungswünschen in der Zusammenarbeit als auch auf
die Fähigkeit, die Zusammenarbeit an Veränderungen in der Umwelt anzupassen.
Forschungsergebnisse 181
Informationsaustausch: Analog zu den im Rahmen dieser Arbeit untersuchten
Reiseveranstaltern pflegt auch Firma C einen sehr regelmässigen Informationsaustausch
zwischen Revenue Management und Vertrieb. Die beiden Abteilungen orientieren sich
dabei nicht nur an vorgängigen Vereinbarungen, sondern betreiben einen informellen
Informationsaustausch. Aufgrund der hohen Informationsverfügbarkeit und –komplexität
werden nicht sämtliche Informationen ungefiltert weitergeleitet. Im Gegenzug werden
aber spezifische Informationsanfragen der jeweils anderen Abteilung schnell und
zuverlässig bearbeitet.
Solidarität: Die Mitarbeiter der beiden Abteilungen verhalten sich hinsichtlich
Problemen solidarisch, die in der Zusammenarbeit zwischen ihnen entstehen, indem
gemeinsam nach Lösungen gesucht wird. Analog dazu werden auch prozessuale
Verbesserungsmassnahmen jeweils aus der Perspektive der anderen Abteilung mit dem
Ziel beurteilt, den gegenseitigen Vorteil aus diesen Massnahmen zu maximieren.
Konfliktverhalten: Bei der Diskussion des Aspekts der gemeinsamen Planung erwähnten
die Interviewpartner, dass die Abteilungen über gut harmonisierte Zielvorgaben
verfügen. Dementsprechend ist das Auftreten von Konflikten zwischen den
Funktionsbereichen bei der Firma C weniger häufig als bei den anderen untersuchten
Firmen. Sollte es trotzdem Situationen geben, in denen die unterschiedlichen
Perspektiven von Revenue Management und Vertrieb zu Konflikten führen, dann streben
die beiden Abteilungen die Erreichung eines Konsenses an. Dabei ist selten das
Involvieren eines Vorgesetzten notwendig, um die Situation zu lösen.
6.4.3.3 Machtverhältnisse
Die Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb ist in Firma C
entsprechend sämtlicher im Zusammenhang mit der Analyse der Machtverhältnisse
berücksichtigten Aspekte als gleichberechtigte Kooperation zu beurteilen. Zum einen
gibt es keine Abteilung, die sich bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Abteilungen
überwiegend gegen die andere durchsetzen kann. Des Weiteren werden beide
Funktionsbereiche hinsichtlich ihres Einflusses auf den Geschäftserfolg der Firma C als
gleichwertig betrachtet. Dementsprechend werden auch die Aufgaben der beiden
Abteilungen firmenintern als gleich wichtig eingestuft.
182 Forschungsergebnisse
6.4.3.4 Mitarbeiterbezogene Aspekte
Produktkenntnis: Im Gegensatz z. B. zur Firma A, wo die Mitarbeiter der einzelnen
Abteilungen bezüglich ihrer Produktkenntnis und der Kenntnis der leistungsrelevanten
internen Prozesse unterschiedlich eingeschätzt wurden, unterscheiden sich bei der Firma
C Revenue-Manager und Vertriebsmitarbeiter nicht hinsichtlich ihrer Produktkenntnis.
Sowohl die Produktkenntnis der Mitarbeiter als auch deren Kenntnis über
leistungsrelevante Prozesse wird bei der Firma C als hoch eingestuft.
Marktkenntnis: Analog zur identischen Einschätzung der beiden Funktionsbereiche
bezüglich ihrer Produktkenntnis besteht auch kein Unterschied hinsichtlich der
Marktkenntnis der Mitarbeiter der beiden Abteilungen. Die Revenue-Manager sind zwar
aufgrund ihres Informationsvorsprungs eher in der Lage, das Marktverhalten relevanter
Wettbewerber nachzuvollziehen, während die Vertriebsmitarbeiter in ihrer täglichen
Arbeit sehr viel Kundenwissen aufbauen können. Vor diesem Hintergrund wäre zu
erwarten, dass die Revenue-Manager den Vertriebsmitarbeitern hinsichtlich ihrer
Wettbewerberkenntnisse überlegen sind, während die Vertriebsmitarbeiter über mehr
Kundenwissen verfügen. Die ausgeglichene Einschätzung der Marktkenntnisse ist jedoch
auf den regelmässigen und informellen Informationsaustausch zurückzuführen, der sich
zwischen dem Revenue Management und dem Vertrieb etabliert hat. Dadurch werden die
Mitarbeiter über sämtlichen relevanten Marktentwicklungen informiert, die sich nicht aus
dem Tagesgeschäft erschliessen.
Kurzfristige vs. langfristige Orientierung: Beide Abteilungen sind sowohl in
Planungsprozesse für den Flugplan als auch in die Entwicklung kurzfristiger
Massnahmen zu unerwarteten Marktentwicklungen involviert. Während die
Planungsprozesse zum Flugplan einen Zeithorizont von einem Jahr (City-Geschäft,
Geschäftsreiseverkehr etc.) resp. von einem halben Jahr (touristische Verbindungen)
haben, erstrecken sich kurzfristige Massnahmen oft nur über einen Zeitraum von
mehreren Wochen. Dementsprechend verfolgen beide Funktionsbereiche sowohl
Aktivitäten mit einem langfristigen Fokus als auch mit einem kurzfristigen Fokus. Im
täglichen Geschäft ist davon auszugehen, dass die Vertriebsmitarbeiter eher einen
kurzfristigeren Fokus einnehmen als die Mitarbeiter des Revenue Management.
Forschungsergebnisse 183
6.4.4 Vor- und Nachteile dieser Aufgabenteilung
6.4.4.1 Vorteile
Firma C zeichnet sich durch eine sehr entscheidungsfreudige Kultur aus, die auf einem
geringen Formalisierungsgrad und einer hohen Autonomie der Mitarbeiter beruht. Dies
gilt insbesondere für die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb.
Die Mitarbeiter der beiden Abteilungen sind bei Problemen auf bestimmten Strecken
angehalten, in Eigeninitiative gemeinsam nach Lösungen zu suchen und diese
umzusetzen. Dadurch erreicht Firma C bei aktuellen Problemen eine sehr hohe
Bearbeitungsgeschwindigkeit. Analog zu der Situation, die bei den
Fallstudienuntersuchungen mit den Reiseveranstaltern skizziert wurde, ist ein schnelles
Bearbeiten von identifizierten Schwierigkeiten ein entscheidender Erfolgsfaktor, um
aktuellen Problemen auf einer Strecke zu begegnen. Die Bereitschaft der Kunden,
zugunsten eines günstigeren Preises für eine vergleichbare Transportleistung den
Anbieter zu wechseln, ist in der Airline-Industrie sehr gross. Dementsprechend ist die
hohe Bearbeitungsgeschwindigkeit, die durch diese Form der Interaktion zwischen
Revenue Management und Vertrieb erreicht wird, ein klarer Vorteil gegenüber anderen
Firmen dieser Industrie.
In Abschnitt 6.4.3.2 wurde bereits ausgeführt, dass sich zwischen Revenue Management
und Vertrieb ein regelmässiger, informeller Informationsaustausch etabliert hat. Dies
wird insbesondere dadurch begünstigt, dass beide Abteilungen grösstenteils am
Firmenhauptsitz angesiedelt sind und somit informelle Treffen problemlos möglich sind.
Ein weiteres Charakteristikum der Firma C hinsichtlich des Informationsaustausches
zwischen Revenue Management und Vertrieb ist, dass das Revenue Management
sämtliche Flüge zentral betreut. Es gibt zwar quellmarkt- resp. zielgebietsspezifische
Teams, die Aufgabenzuteilung ist jedoch wesentlich flexibler, als diese Teamstruktur
vermuten lässt. Dadurch müssen sich die Revenue-Manager laufend mit verschiedenen
Quellmärkten und Zielgebieten beschäftigen. Der rege Informationsfluss, kombiniert mit
den eben erwähnten strukturellen Faktoren, ermöglicht der Firma C ein sehr gutes
Monitoring der Geschäftsentwicklung. Allfällige Probleme mit einzelnen
Flugereignissen, Strecken oder Reisezeitpunkten werden von den Mitarbeitern meist sehr
schnell erkannt.
Der geringe Formalisierungsgrad der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management
und Vertrieb lässt den Mitarbeitern einen grossen Ermessensspielraum im Tagesgeschäft.
184 Forschungsergebnisse
Die Firma C ist dadurch in der Lage, das Wissen und die spezifischen Fähigkeiten ihrer
Mitarbeiter am besten auszuschöpfen. Es wird von Firma C auch so gut wie möglich
vermieden, den Handlungsfokus der Mitarbeiter z. B. durch eine einseitige Zielvorgabe
einzuschränken und dadurch mögliche Zielkonflikte zwischen den einzelnen Abteilungen
zu verstärken oder hervorzurufen.
6.4.4.2 Nachteile
Trotz des häufigen und regelmässigen Informationsaustausches zwischen Revenue
Management und Vertrieb stellt die Verteilung abteilungsspezifischer Informationen eine
grosse Herausforderung dar. So kommt es zum Beispiel zu Situationen, in denen der
Vertrieb mit einem Reiseveranstalter über die zugesicherten Kontingente der nächsten
Saison verhandelt, während der gleiche Reiseveranstalter beim Revenue Management
Kontingente, die für die laufende Saison gezeichnet wurden, wieder zurückgibt. Anbieter
von Flugkapazität sind in einer solchen Situation angehalten, eine gute Balance zwischen
Kulanz in der laufenden Saison und vorteilhaften Konditionen für die nächste Saison zu
finden. Durch die organisatorische Aufteilung dieser Aufgaben auf die Funktionen
Revenue Management und Vertrieb wird die Bestimmung dieser Balance erschwert.
Die beiden Funktionsbereiche Revenue Management und Vertrieb bearbeiten gemeinsam
sehr umfangreiche und dadurch auch sehr komplexe Informationen. Dies ist unter
anderem darauf zurückzuführen, dass für unterschiedliche Leistungssegmente dieselben
Mitarbeiter zuständig sind. Bei der Ausarbeitung von Massnahmenpaketen zur
Bearbeitung von spezifischen Problemen auf bestimmten Strecken muss darauf geachtet
werden, dass trotz der hohen Informationsfülle und –komplexität am Ende für sämtliche
Zielgruppen kommunizierbare Botschaften resultieren. In der aktuellen Konstellation
stellt diese Komplexitätsreduktion für die Firma C eine Schwierigkeit dar.
Wie bereits mehrfach erwähnt, verzichtet Firma C weitestgehend darauf, die Interaktion
zwischen verschiedenen Abteilungen mithilfe klarer Richtlinien und Prozessvorgaben zu
formalisieren. Zum einen resultiert daraus für den einzelnen Mitarbeiter ein hohes Mass
an unternehmerischer Freiheit, das aus Perspektive der Firma C als sehr positiv bewertet
wird. Zum anderen führt dies zwangsläufig zu einer ausgeprägten Heterogenität der
Zusammenarbeit zwischen den untersuchten Funktionsbereichen. Mit anderen Worten ist
das Funktionieren der Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb stark
abhängig vom persönlichen Fit der direkt an der Kooperation beteiligten Mitarbeitern.
Dieser Umstand ist insbesondere hinsichtlich der mittel- und langfristigen Entwicklung
Forschungsergebnisse 185
von Firma C kritisch zu beurteilen, weil personelle Wechsel jeweils das Risiko bergen,
dass die Interaktion zwischen den untersuchten Funktionsbereichen davon negativ
betroffen ist.
Weiter stellt die Formulierung konsistenter Prioritäten für die Entwicklung von
Massnahmen zur Bekämpfung von aktuellen Problemen auf ausgewählten Strecken in
der bei der Firma C etablierten Kooperationsform eine Herausforderung dar. In der
Entscheidungsfindung sind jeweils unterschiedliche Perspektiven vertreten, die infolge
der gleichmässigen Machtverteilung zwischen den Abteilungen jeweils gegeneinander
abgewogen werden. Die Schwierigkeit hierbei ist, ein konsistentes Entscheidungsmuster
aufrechtzuerhalten, das in den einzelnen Situationen die Aussenwirkung vorangehender
Entscheidungen mit berücksichtigt. Wenn sich Firma C z. B. auf einer Strecke dafür
entscheidet, sich gegenüber einem Wettbewerber aufgrund eines besseren
Serviceangebots preislich höher zu positionieren, dann sollte diese Entscheidung in die
Diskussionen zur Positionierung gegenüber demselben Wettbewerber auf einer anderen
Strecke mit einfliessen.
In Abschnitt 6.4.1 wurde bereits erwähnt, dass Firma C eine Wachstumsstrategie
verfolgt. Das angestrebte Wachstum der Passagierzahlen kann Firma C zum einen durch
eine intensivere Bewirtschaftung der etablierten Strecken erreichen, zum anderen ist sie
bestrebt, ihr Leistungsangebot in sämtlichen Geschäftsfeldern zu erweitern. Zu diesem
Zweck nimmt Firma C laufend neue Strecken in ihren Flugplan auf und verbessert
zudem die zeitliche Abstimmung der bestehenden Strecken, so dass mehr Passagiere ihr
Ziel über Umsteigeverbindungen erreichen können. Aus Perspektive des Revenue
Management führen sämtliche Bestrebungen, das Leistungsangebot zu vergrössern, zu
einem Anstieg der Komplexität der täglichen Arbeit. Zum einen ist die Steuerung eines
umfangreicheren Flugplans mit Umsteigeverbindungen wesentlich komplexer als
diejenige eines kleineren Flugplans, der sich lediglich aus sog. Punkt-zu-Punkt-
Verbindungen zusammensetzt. Zum anderen passt sich auch die Vertriebsorganisation in
Grösse und Struktur dem vergrösserten Leistungsangebot an. Dadurch steigt für die
Revenue-Manager die Anzahl der Schnittstellen zum Vertrieb. Dieser
Komplexitätsanstieg führt dazu, dass die Interaktion zwischen Revenue Management und
Vertrieb zunehmend anspruchsvoller wird. Die aktuelle Ausgestaltung der
organisatorischen Schnittstelle zwischen den beiden Abteilungen kann diesem
Komplexitätsanstieg aufgrund der informellen Strukturen nur in einem beschränkten
Ausmass nachkommen.
186 Forschungsergebnisse
6.4.5 Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten
Die Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten leiten sich zum Teil direkt aus den
oben genannten Vor- und Nachteilen der Zusammenarbeit zwischen Revenue
Management und Vertrieb bei der Firma C ab.
6.4.5.1 Informationsaufbereitung zu Händen des Vertriebs
Oben wurde ausgeführt, dass es für Firma C eine Herausforderung in der
Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb darstellt, die
umfangreichen und komplexen Informationen in kommunizierbare Botschaften
umzumünzen. Dieser Umstand ist zum einen mit dem stark diversifizierten
Leistungsangebot der Firma C begründet, zum anderen mit dem geringen
Standardisierungsgrad der Interaktion zwischen den beiden Funktionsbereichen. Es gibt
zwar regelmässige Meetings, in denen die anstehenden Probleme diskutiert werden.
Doch ein bedeutender Teil der aus dem täglichen Geschäft resultierenden Fragen wird in
einem informellen Rahmen bearbeitet. Dies wiederum trägt nicht zu einer Reduktion der
Informationskomplexität bei, weil i .d. R. Probleme isoliert behandelt werden, ohne dass
eine gesamtheitliche Perspektive eingenommen wird. Dadurch fällt es Firma C schwer,
die einzelnen Lösungsansätze zu einer kommunizierbaren Botschaft zu verknüpfen.
Diesem Problem kann mit der Einrichtung einer Funktion, die sich übergeordnet mit der
kommunikativen Aufbereitung der Revenue-Management-Massnahmen zu Händen des
Vertriebs auseinandersetzt, begegnet werden. Die Aufgabe dieser Funktion ist
zweigeteilt. Zum einen müssen die einzelnen Revenue-Management-Massnahmen nach
Möglichkeit zeitlich so koordiniert werden, dass diese sich inhaltlich ergänzen, zum
anderen müssen die Massnahmen zu kommunizierbaren Botschaften zusammengefasst
werden. Ziel dabei ist es, dass die Vertriebsmitarbeiter in die Lage versetzt werden, die
Kunden möglichst schnell und verständlich über das aktuelle Leistungsangebot der Firma
C zu informieren.
6.4.5.2 Koordination der Interaktion mit Geschäftskunden
In Abschnitt 6.4.4.2 wurde ausgeführt, dass es Situationen gibt, in denen mehrere
Funktionsbereiche gleichzeitig mit einem Geschäftskunden in Kontakt stehen. Während
die Revenue-Management-Abteilung sich mit dem Wunsch eines Reiseveranstalters
konfrontiert sieht, bereits zugesagte Kapazitäten wieder zurückzugeben, verhandelt der
Vertrieb gleichzeitig über die Kontingente der Folgesaison. Sowohl aus Perspektive des
Forschungsergebnisse 187
Kunden als auch aus Perspektive von Firma C scheint es sinnvoll, die verschiedenen
Interaktionen so gut wie möglich zu koordinieren. Ziel dabei ist es, in solchen
Situationen einen für beide Seiten möglichst befriedigenden Kompromiss zwischen einer
gewissen Kulanz in der laufenden Saison und einem ansprechenden Auftragsvolumen in
der Folgesaison zu finden.
Eine Möglichkeit, dies umzusetzen, wäre die Ernennung eines für den Kunden
verantwortlichen Mitarbeiters in Firma C. Dieser sogenannte Key-Account-Manager
zeichnet verantwortlich für sämtliche Interaktionen mit dem entsprechenden Kunden.
Dadurch ist er in der Lage, die benötigte Balance der Interessen der beiden Unternehmen
am besten einschätzen zu können.
6.4.5.3 Stärkere Fokussierung der Revenue-Manager
Das Aufgabenportfolio der Revenue-Manager ist gegenwärtig sehr breit gefächert.
Zunächst sind sie mit der Ausarbeitung der Basispreise für das Leistungsangebot von
Firma C beauftragt. Ein neuer Flugplan resp. eine Änderung im bestehenden Flugplan
wird nach der Erstellung durch die Netzwerkplanung an das Revenue Management mit
dem Auftrag weitergeleitet, die einzelnen Strecken mit Preisen für die unterschiedlichen
Buchungsklassen zu versehen. Diese Preise dienen als Ausgangspunkt für die laufende
Preisoptimierung nach Freischaltung des neuen Flugplans resp. der Änderungen im
bestehenden Flugplan. Dieses sog. Farefinding stellt den zweiten grossen
Aufgabenbereich der Revenue-Manager der Firma C dar.
Durch die steigende Netzwerkkomplexität wird die Wahrnehmung dieser
Doppelfunktion zunehmend schwieriger. Dies wirkt sich negativ auf die Zusammenarbeit
zwischen dem Revenue Management und dem Vertrieb aus, weil die für die Entwicklung
von aktuellen Massnahmen zur Verfügung stehende Zeit dadurch kürzer wird. Ziel sollte
es sein, den Aufgabenbereich der Revenue-Manager dahingehend einzuschränken, dass
sie sich auf ihre primäre Funktion, die Steuerung der Flugauslastung über die Anpassung
von Preisen und Verfügbarkeit der unterschiedlichen Buchungsklassen, konzentrieren
können.
In der Umsetzung bedingt dies, dass die Basispreisbildung nicht mehr in den
Zuständigkeitsbereich derjenigen Revenue-Manager fällt, die parallel mit der
Auslastungssteuerung beauftragt sind. Es ist vor diesem Hintergrund sinnvoll, innerhalb
des Revenue Management einen Funktionsbereich aufzubauen, der sich ausschliesslich
mit der Basispreisbildung beschäftigt. Dies hätte zum einen den Vorteil, dass die mit der
188 Forschungsergebnisse
Auslastungssteuerung beauftragten Revenue-Manager sich auf die laufende Preis- und
Kapazitätsoptimierung fokussieren können. Zum anderen wären die mit der Preissetzung
beauftragten Mitarbeiter in der Lage, zusätzliche Kompetenzen im Bereich der
Preisbildung aufzubauen.
6.4.5.4 Übersicht über die Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten
Abbildung 40 zeigt die Verbesserungs- und Erweiterungsmöglichkeiten für die
Interaktion zwischen dem Revenue Management und dem Vertrieb in einer Übersicht.
Erneut werden den einzelnen Potenzialen mögliche Massnahmen gegenübergestellt,
durch die die Verbesserung erreicht werden kann.
Abbildung 40: Verbesserungspotenziale Firma C Quelle: Fallstudie Firma C; eigene Darstellung.
6.4.6 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungsmöglichkeiten
6.4.6.1 Balance zwischen unternehmerischer Freiheit und Institutionalisierung
Sämtliche vorgeschlagenen Massnahmen zur Implementierung der
Verbesserungspotenziale führen zu einer stärkeren Institutionalisierung der
Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb. Durch den Aufbau
zusätzlicher Funktionen wird z. B. der Formalisierungsgrad der Interaktion zwischen den
beiden Abteilungen vergrössert. Die Ernennung eines expliziten Verantwortlichen je
Geschäftskunden führt zu einer stärkeren Standardisierung der Kundeninteraktion und
somit auch der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb.
Die vorgeschlagenen Massnahmen bilden einen Kontrast zur hohen
Entscheidungsautonomie, die Firma C ihren Mitarbeitern aktuell gewährt. Trotz des
Verbesserungspotenzial Massnahme
Bessere Informationsaufbereitung zu Händen des Vertriebs
Einrichtung einer Funktion zur kommunikativen Aufbereitung der Revenue-Management-Massnahmen
Bessere Koordination der Interaktion mit Geschäftskunden
Ernennung eines Verantwortlichen je Geschäftskunde (Key-Account-Manager) zur Koordination sämtlicher Interaktionen mit diesem Kunden
Stärker ausgeprägte Spezialisierung der Revenue-Manager
Aufbau eines separaten Funktionsbereichs innerhalb des Revenue Management, der die Basispreisbildung verantwortet
Forschungsergebnisse 189
starken Wachstums hat Firma C an ihrer ursprünglichen Kultur festgehalten, die jedem
Mitarbeiter ein hohes Mass an unternehmerischer Freiheit gewährt. Wie oben bereits
ausgeführt, ist die Firma C dadurch in der Lage, die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter sehr
gut auszuschöpfen. Die steigende Komplexität der Geschäftstätigkeit aufgrund des
anhaltenden Wachstums bedingt jedoch, wie im vorherigen Kapitel erläutert, eine
steigende Formalisierung und Standardisierung der Zusammenarbeit zwischen den
untersuchten Funktionsbereichen.
Ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Implementierung der vorgeschlagenen Massnahmen
ist somit das Erreichen einer möglichst guten Balance zwischen der Erhöhung der
Institutionalisierung und dem Aufrechterhalten der unternehmerischen Freiheiten für die
Mitarbeiter. Ziel muss es sein, die durch die erhöhte Formalisierung angestrebte
Reduktion der Komplexität zu erreichen, ohne dadurch die unternehmerische
Eigeninitiative der Mitarbeiter zu stark einzuschränken.
6.4.6.2 Keine Vernachlässigung der menschlichen Interaktion
Formalisierungsprozesse führen für den einzelnen Mitarbeiter häufig zu einer Erhöhung
des administrativen Aufwands, z. B. aufgrund eines neuen Berichtswesens, das jeder
Mitarbeiter regelmässig aktualisieren muss. Im Kontext der Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb besteht zum Beispiel die Möglichkeit, die
Rückmeldungen aus dem Vertrieb an das Revenue Management standardisiert mithilfe
eines Fragebogens zu erfassen. Der Vorteil eines solchen Vorgehens besteht darin, dass
die Wahrnehmungen und Anliegen der einzelnen Vertriebsmitarbeiter vergleichbar
gemacht werden und aggregiert werden können. Dadurch kann die Gefahr reduziert
werden, dass die Berücksichtigung der Rückmeldungen aus dem Vertrieb aufgrund deren
Fragmentiertheit willkürlich erfolgt. Auf der anderen Seite geht durch die standardisierte
Erfassung des Feedbacks aus dem Vertrieb meist die Möglichkeit verloren, besonders
schwerwiegenden Vorkommnissen den passenden Nachdruck zu verleihen.
Dies lässt sich auch auf andere Informationsflüsse zwischen Revenue Management und
Vertrieb übertragen. So könnte das Revenue Management zum Beispiel den
Aussendienstmitarbeitern umfangreiche Informationen über die Auslastung des gesamten
Streckennetzes zur Verfügung stellen, damit diese ihre Aktivitäten besser auf die
kritischen Kapazitätsüberhange ausrichten könnten. Erneut steht der umfangreiche,
standardisierte Informationsfluss in Konkurrenz zur persönlichen Interaktion zwischen
den Mitarbeitern der beiden Abteilungen. Analog zur oben beschriebenen Situation
190 Forschungsergebnisse
bieten auch hier standardisierte Informationsflüsse weniger Möglichkeiten, bei Bedarf
auf besondere Umstände hinzuweisen.
6.4.7 Schlussfolgerungen
Die beiden Funktionsbereiche Revenue Management und Vertrieb stehen bei Firma C in
sehr regelmässiger Interaktion zueinander. Dies bezieht sich sowohl auf die Planung und
Bewertung des Leistungsangebotes als auch auf die tägliche Steuerung der
Flugauslastung durch Preis- und Kapazitätsanpassungen. In Anlehnung an die durch
starkes Wachstum geprägte Unternehmenskultur verzichtet Firma C auf eine stark
institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb.
Dadurch verfügen die Mitarbeiter der beiden Funktionsbereiche in der Zusammenarbeit
mit der jeweils anderen Abteilung über sehr viele unternehmerische Freiheiten. Firma C
ist deshalb in der Lage, von den individuellen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter gut zu
profitieren. Bei steigender Angebotskomplexität stösst diese Form der Zusammenarbeit
jedoch zunehmend an ihre Grenzen, weil der Abstimmungs- und Koordinationsaufwand
sehr stark zunimmt. Dementsprechend scheint es für Firma C sinnvoll, den
Formalisierungsgrad und den Standardisierungsgrad der Zusammenarbeit zwischen den
beiden Funktionsbereichen zu erhöhen.
Bei der Implementierung dieser Massnahme sieht sich Firma C mit dem Zielkonflikt
konfrontiert, den Mitarbeitern die tägliche Arbeit so gut wie möglich zu vereinfachen,
ohne durch die zusätzlichen administrativen Massnahmen die unternehmerische
Eigeninitiative der einzelnen Mitarbeiter zu unterdrücken.
6.5 Ergebnisse Fallstudie Firma D
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Fallstudie mit Firma D präsentiert. Die Struktur
der Fallstudie entspricht derjenigen der vorangehenden Fallstudien. Zunächst wird die
Firma D in einem Kurzprofil vorgestellt. Dann werden die Aufgaben der
Funktionsbereiche Revenue Management und Vertrieb sowie die resultierenden
Interaktionen zwischen den Abteilungen beschrieben. Abschliessend werden spezifische
Verbesserungsvorschläge diskutiert und hinsichtlich ihrer Implementierung analysiert.
6.5.1 Kurzprofil Firma D
Die Firma D ist ein Luftverkehrsdienstleister mit einem europaweiten Streckennetz, das
in erster Linie aus dem Heimatmarkt heraus bedient wird. Das Leistungsangebot der
Forschungsergebnisse 191
Firma D fokussiert sich auf stark frequentierte Städteverbindungen und umfasst sowohl
Punkt-zu-Punkt-Verbindungen als auch Umsteigeverbindungen. Zusätzlich zu den
Städteverbindungen werden auch Flüge zu beliebten Feriendestinationen im Kurz- und
Mittelstreckenbereich angeboten. Das Leistungsangebot richtet sich sowohl an
Geschäftsreisende als auch an Privatreisende. Beide Kundengruppen treagen zu einem
relevanten Umsatzanteil bei. Analog zu Firma C erzielt auch Firma D Zusatzerlöse aus
der Vermittlung von Kunden an Dienstleister in Zielgebieten (Hotels, Mietwagen etc.).
Der Grossteil der verfügbaren Sitze wird im Einzelplatzverkauf angeboten. Der
Einzelplatzverkauf richtet sich an Private, Geschäftskunden und Fremdvertriebspartner
(Reiseveranstalter und Reisebüros) mit kleinem Buchungsvolumen bei Firma D.
Geschäftskunden und Fremdvertriebspartner mit grossem Buchungsvolumen hingegen
garantieren eine bestimmte Volumenabnahme. Bei Reiseveranstaltern kann dies sowohl
eine fixe als auch eine vorläufige Abnahmegarantie darstellen. Während bei ersterem
Modell die Sitze auch bei Nichtgebrauch nicht zurückgegeben werden können, erlaubt
letzteres Modell die Rückgabe nicht verkaufter Sitze bis zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Private buchen die Flugleistungen direkt online auf der Internetseite der Firma D oder
über unabhängige Online-Buchungsportale. Dadurch kann Firma D ihre Vertriebskosten
im B2C-Bereich auf ein Minimum reduzieren. "Vertrieb an Private heisst bei uns in
erster Linie Marketing" (Leiter Vertrieb, Firma D). Geschäftskunden hingegen buchen
ihre Reisen meist über ein spezialisiertes Reisebüro. Viele Geschäftsreisekunden
profitieren von speziellen Firmenkonditionen, die der Arbeitgeber basierend auf seinem
bisherigen Reisevolumen mit Firma D ausgehandelt hat. Diese Konditionsverträge
können unterschiedliche Tarifstrukturen vorsehen. So ist zum Beispiel möglich, dass ein
Geschäftskunde mit der Firma D einen fixen Ticketpreis vereinbart, unabhängig von
Buchungs- und Reisezeitpunkt. Es gibt jedoch auch Tarifmodelle, die auf den aktuellen,
im Markt für Privatreisende verfügbaren Preisen basieren und diese mit flexiblen
Konditionen ergänzen. Dadurch überträgt sich die Variabilität der Preise im Geschäft mit
den Privatkunden auch auf das Segment der Geschäftsreisenden. Die Reiseveranstalter
und Reisebüros greifen auf die gleichen Buchungsportale wie die Geschäftsreisekunden
zu. Anders als die meisten Firmenkunden buchen die Reiseveranstalter und Reisebüros
die Flüge jedoch selbst, ohne dass eine zusätzliche Instanz dazwischen geschaltet wird.
Firma D zeichnet sich in erster Linie durch ein attraktives Verhältnis von Preis und
Leistung aus. Durch die konsequente Aufrechterhaltung dieses Wertversprechens gelang
192 Forschungsergebnisse
es ihr, kontinuierlich neue Passagiere zu gewinnen und somit ein stetiges, organisches
Wachstum zu erreichen.
6.5.2 Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb
6.5.2.1 Aufgaben und Struktur des Vertriebs
Beim Vertrieb ist zwischen B2C-Vertrieb und B2B-Vertrieb zu unterscheiden. Der B2C-
Vertrieb erfolgt grösstenteils als Direktvertrieb über die Internetseite der Firma D. Hier
sind die Endkunden in der Lage, ihre Flüge selbständig zu buchen. Die Betreuung des
Online-Vertriebskanals ist in erster Linie eine technische Aufgabe und wird durch die
Abteilung E-Commerce wahrgenommen. Die Aufgabe des eigentlichen B2C-Vertriebs
besteht in der Betreuung der B2C-Fremdvertriebskanäle wie unabhängige Online-
Buchungsportale. Darüber hinaus fällt auch die Betreuung von Gruppenbuchungen in
den Zuständigkeitsbereich des B2C-Vertriebs.
Der B2B-Vertrieb betreut sämtliche Umsätze, die nicht direkt mit Endkunden
erwirtschaftet werden. Dazu gehören die Firmenkunden sowie die Fremdvertriebspartner
wie Reiseveranstalter und Reisebüros. Die Hauptaufgabe des B2B-Vertriebs besteht in
der Ausarbeitung und der Betreuung der Konditionsverträge, die die Tarifkonditionen
und die zugehörigen, erwarteten Absatzvolumina festlegen. Ziel dabei ist es, neue
Kunden zu gewinnen sowie bestehende Kundenbeziehungen zu festigen. Darüber hinaus
hat der B2B-Vertrieb die Aufgabe, neue Produkte zu entwickeln. Dabei geht es in erster
Linie darum, neue, attraktive Vertragsmodelle für Firmenkunden und
Fremdvertriebspartner aufzubauen. Dadurch will Firma D zusätzliche B2B-
Kundensegmente erschliessen. Weiter gehört das sogenannte
Distributionskanalmanagement zum Aufgabenbereich des B2B-Vertriebs. Unter diesen
Begriff fallen die Erschliessung neuer Distributionskanäle sowie der Ausbau und die
Optimierung bestehender Kanäle. Schliesslich gehört es auch zum Aufgabenportfolio des
Vertriebs, den Abverkauf von schwach nachgefragten Strecken über eine gezielte
Information und Steuerung der Fremdvertriebspartner zu untersützen.
6.5.2.2 Aufgaben und Struktur des Revenue Management
Das Revenue Management besteht aus einem Team von Analysten, die nach Zielgebieten
aufgeteilt sind. Die Aufteilung nach Zielgebieten basiert auf dem Umstand, dass die
Kundenstruktur und damit auch der Vertriebskanalmix meist sehr zielgebietsspezifisch
sind. Eine Aufteilung der Revenue-Manager nach Zielgebiet stellt für diese eine
Forschungsergebnisse 193
deutliche Vereinfachung der täglichen Arbeit dar. Die Hauptaufgabe der Revenue-
Manager besteht in der Steuerung der Auslastung der Flüge in ihren jeweils zugeteilten
Zielgebieten. Zusätzlich hat jeder Revenue-Manager eine Schnittstellenfunktion
wahrzunehmen. Zum einen unterhält die Revenue-Management-Abteilung eine
Schnittstelle zur Vertriebsabteilung. Hier werden insbesondere Themen im
Zusammenhang mit dem B2B-Geschäft behandelt. Diese Schnittstelle wird im nächsten
Kapitel eingehend erläutert. Weiter besteht eine regelmässige Interaktion zwischen dem
Revenue Management und dem Marketing. Im Gegensatz zur Interaktion mit dem
Vertrieb steht dabei nicht das B2B-Geschäft im Vordergrund, sondern das B2C-
Geschäft. In regelmässigen Abständen werden Preisaktionen lanciert, die u. a. mit einem
Newsletter verbreitet werden. Weiter hat das Revenue Management bei Fima D eine
Schnittstelle zur IT. Im Zentrum des Revenue Management steht eine Revenue-
Management-Software, die den Revenue Managern einen wichtigen Teil ihrer
Steuerungsarbeit abnimmt. Dieses Programm gilt es laufend weiterzuentwickeln und zu
verbessern resp. an Veränderungen im Unternehmen oder im Markt anzupassen.
Grundsätzlich zeichnet hierfür die IT-Abteilung verantwortlich. Insbesondere
Anpassungen der Benutzeroberfläche geschehen jedoch in enger Abstimmung mit dem
Revenue Management. Abschliessend ist die Schnittstelle zwischen dem Revenue
Management und der Netzplanung zu erwähnen. Zum einen werden in der Interaktion
zwischen den beiden Abteilungen langfristige Anpassungen am Flugplan vorgenommen,
die sich aus dem aktuellen Geschäftsgang sowie den strategischen Stossrichtungen des
Unternehmens ergeben. Zum anderen werden kurzfristige Anpassungen an besondere,
unvorhersehbare Situationen thematisiert. Dabei kann es sich um einen plötzlichen
Nachfrageanstieg für eine bestimmte Destination zu einem bestimmten Zeitpunkt infolge
beispielsweise eines Fussball-Endspiels handeln oder aber um einen Nachfrageeinbruch
aufgrund z. B. einer unruhigen politischen Situation im Zielgebiet.
Der Prozess der Angebotserstellung und der darauf folgenden Auslastungssteuerung
beginnt für das Revenue Management mit der Formulierung langfristiger
Anpassungsvorschläge für den Flugplan zu Händen der Netzplanungsabteilung. Diese
erstellt daraus den Flugplan für die neue Saison mit Strecken, Frequenzen, Flugzeiten
und Flugnummern, jedoch noch ohne Preise. Dieser Flugplan wird in das Revenue-
Management-Programm eingegeben, welches einen auf historischen Nachfragedaten
basierenden Vorschlag für die Preisstruktur erarbeitet. Dieser systembasierte Vorschlag
wird von den Revenue-Managern überprüft und mit den Zielvorgaben des Unternehmens
sowie mit buchungsrelevanten Ereignissen der entsprechenden Saison abgeglichen.
194 Forschungsergebnisse
Dieses Grundpreisprofil wird dann zur Buchung freigegeben. Die Preise sind dabei
anfänglich niedrig und laufen dann allmählich hoch. Zunächst erfolgt diese
Preisanpassung automatisch durch die Revenue-Management-Software, ohne dass die
Revenue-Management-Analysten intervenieren müssen. Etwa drei Monate vor Abflug
beginnen die Revenue-Manager mit einer intensiveren Auslastungssteuerung durch
häufigere Preisanpassungen. Flüge mit einem speziell hohen resp. einem speziell
niedrigen Buchungsvolumen werden jedoch bereits früher aktiv gesteuert.
6.5.2.3 Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb
Im B2C-Bereich kommt es nur zu wenigen Interaktionen zwischen Revenue
Management und Vertrieb. Sämtliche Preis- und Kapazitätsveränderungen im Rahmen
der Auslastungssteuerung werden durch die Revenue-Manager direkt auf die Online-
Vertriebskanäle übertragen. Somit steht den Kunden ständig ein preislich angepasstes
Leistungsangebot zur Verfügung. Die Anpassungen von Preis- und Kapazitätsangebot
werden autonom durch das Revenue Management vorgenommen und nicht vorgängig
mit den Mitarbeitern des B2C-Vertriebs abgesprochen. Vertriebsrelevante Themen im
B2C-Bereich, z. B. die Unterstützung des Abverkaufs einer schlecht laufenden Strecke,
werden meist direkt zwischen dem Revenue Management und dem Marketing diskutiert.
Im B2B-Bereich kommt es hingegen zu sehr regelmässigen Interaktionen zwischen den
beiden untersuchten Funktionsbereichen. So müssen zum Beispiel Revenue-
Management-Massnahmen, die auch für die Firmenkunden und Fremdvertriebspartner
eine Bedeutung haben, diesen durch den B2B-Vertrieb mitgeteilt werden. Weiter arbeiten
die beiden Funktionsbereiche beim Aushandeln, beim Überwachen und bei der
Anpassung der Verträge intensiv mit den Geschäftskunden zusammen. Das Revenue
Management unterstützt den Vertrieb dabei insbesondere in der Preisbildung. Dasselbe
trifft auch auf die oben angesprochene Entwicklung neuer Produktalternativen durch den
B2B-Vertrieb zu. Auch hier nimmt das Revenue Management wieder eine beratende
Funktion bei der Preisbildung ein. Bei der Ausarbeitung von Vertragsentwürfen für
Firmenkunden und Fremdvertriebspartner vertreten die beiden Abteilungen
unterschiedliche Perspektiven. Während der B2B-Vertrieb daran interessiert ist, ein
möglichst attraktives Angebot zusammenzustellen, um die Erfolgschancen des
Vertragsentwurfs zu erhöhen, ist der Revenue-Management-Abteilung in erster Linie an
einem möglichst hohen Umsatz pro Passagier gelegen. In der resultierenden, internen
Verhandlung um einen für beide Seiten möglichst guten Vertragsvorschlag sind beide
Abteilungen aufeinander angewiesen. Zum einen obliegt es dem Vertrieb, die Wünsche
Forschungsergebnisse 195
und Anforderungen des potenziellen Firmenkunden adäquat wiederzugeben, und zum
anderen verfügt das Revenue Management über die Entscheidungskompetenz
hinsichtlich der Preissetzung.
Neben den angesprochenen, direkt umsatzrelevanten Interaktionspunkten sind
verschiedene Informationsflüsse zwischen den beiden Funktionsbereichen von zentraler
Bedeutung. Zum einen ist es die Aufgabe des Vertriebs, das Revenue Management über
relevante Entwicklungen am Markt laufend zu informieren. Dabei geht es in erster Linie
um die Bedürfnisse der wichtigen Kundengruppen sowie um das Verhalten relevanter
Wettbewerber. Im Gegenzug muss das Revenue Management den Vertrieb regelmässig
darüber informieren, welche Strecken bei den Fremdvertriebspartnern aufgrund eines
schlechten Buchungseingangs aktiv zu bewerben sind. Analog dazu muss das Revenue
Management dem Vertrieb auch mitteilen, welche Kontingente den Vertriebspartnern im
Last-Minute-Geschäft angeboten werden.
Die Zusammenarbeit zwischen den Funktionsbereichen zeichnet sich durch ein hohes
Mass an Informalität aus. Die Mitarbeiter des B2B-Vertriebs und des Revenue
Management sind in der Lage, sich laufend informell zu treffen und hinsichtlich
aufkommender Fragen auszutauschen.
6.5.3 Charakterisierung der Schnittstelle gemäss Analyseraster
6.5.3.1 Strukturelle Aspekte
Formalisierungsgrad: Wie eben erwähnt, ist die Zusammenarbeit zwischen Revenue
Management und Vertrieb informeller Natur. Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten
sind zwar klar verteilt, jedoch existieren keine Richtlinien, die die Kooperationsprozesse
bindend regeln. Vielmehr handelt es sich um eine bedarfsorientierte Kooperation, bei der
beide Seiten stets die Möglichkeit haben, auf die jeweils andere Partei zuzugehen.
Standardisierungsgrad: Der gering ausgeprägte Formalisierungsgrad lässt einen
ebenfalls gering ausgeprägten Standardisierungsgrad vermuten. Tatsächlich folgt die
Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb nicht einem
standardisierten Vorgehen. Zwar verändert sich die Kooperation über die Zeit nicht
grundlegend, da die gemeinsam zu bewältigenden Aufgaben die gleichen bleiben, die
einzelnen Arbeitssituationen unterscheiden sich jedoch stark voneinander. Im
Konfliktfall steht zudem ein standardisierter Eskalationsprozess zur Verfügung, um die
Meinungsverschiedenheiten auszugleichen.
196 Forschungsergebnisse
Zentralisierungsgrad: Aufgrund der kleinen Grösse der beiden Funktionsbereiche
Revenue Management und Vertrieb kommt es abteilungsintern zu regelmässigen,
informellen Abstimmungen bei Entscheidungssituationen. Vor diesem Hintergrund
scheint der Zentralisierungsgrad der beiden Abteilungen relativ stark ausgeprägt zu sein.
Aufgrund der kurzen Abstimmungswege beeinflusst dies die Interaktion zwischen den
beiden Funktionsbereichen jedoch nicht sehr stark.
Räumliche und organisatorische Nähe: Wie erwähnt, ist die Firma D relativ klein. Der
Grossteil der Mitarbeiter arbeitet direkt am Hauptsitz. Dies führt zu einer ausgeprägten
räumlichen Nähe zwischen Revenue Management und Vertrieb. Auch organisatorisch
stehen sich die beiden Funktionsbereiche sehr nahe. Nachdem sie zunächst an
unterschiedliche Vorstandsbereiche berichteten, wurden sie vor kurzem einer
gemeinsamen Führung zugeordnet. Zum anderen sind die beiden Funktionsbereiche
organisatorisch auf der gleichen Ebene angesiedelt.
Gemeinsame Planung: Die Netzplanung und die Entwicklung der zugehörigen
Preisstruktur erfolgt in enger Abstimmung zwischen der Revenue-Management-
Abteilung und der Netzplanungsabteilung. Dabei werden sowohl langfristige als auch
kurzfristige Themen adressiert. Der Vertrieb ist an diesem Prozess nicht beteiligt. Auch
die abteilungsspezifischen Zielvorgaben werden nicht gemeinsam entwickelt. Durch die
Einbringung beider Abteilungen im gleichen Vorstandsbereich konnte aber erreicht
werden, dass die Zielvorgaben der beiden Funktionsbereiche weitgehend harmonisiert
sind.
Teamwork: Hierbei ist zu unterscheiden zwischen B2B-Vertrieb und B2C-Vertrieb.
Während der B2C-Vertrieb ohne intensive Interaktionen mit dem Revenue Management
auskommt, arbeiten der B2B-Vertrieb und das Revenue Management sehr eng
miteinander zusammen. Dies trifft insbesondere auf die Planung und Durchführung von
Massnahmen und Initiativen zur kurz- wie auch langfristigen Marktbearbeitung zu. Auch
aktuelle Probleme in der Marktbearbeitung, z. B. ein Nachfrageeinbruch für eine
Destination infolge einer Umweltkatastrophe, werden von den beiden Abteilungen
gemeinsam adressiert und gelöst.
6.5.3.2 Verhaltensnormen
Flexibilität: Die schlanke Organisationsstruktur der Firma D wirkt sich sehr positiv auf
die Flexibilität der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb aus.
Die Abteilungen sind sehr gut in der Lage, ihre Interaktion den Veränderungen in der
Forschungsergebnisse 197
Umwelt anzupassen. Doch nicht nur gegenüber externen Veränderungen sind die
Abteilungen offen, sondern auch gegenüber internen Veränderungswünschen.
Nachvollziehbarerweise ist hierbei wichtig, dass eine Anpassung in der Interaktion
zwischen den beiden Abteilungen keinem der beiden Funktionsbereiche zum Nachteil
gereicht.
Informationsaustausch: In Abschnitt 6.5.2 wurden die einzelnen Elemente des
Informationsaustausches zwischen den beiden Abteilungen bereits inhaltlich erläutert.
Hinsichtlich des Schnittstellenmerkmals des Informationsaustausches ist zu ergänzen,
dass sich die Abteilungen laufend aktiv über relevante Entwicklungen informieren.
Dieser Informationsaustausch erfolgt informell und nicht nur gemäss vorangegangenen
Vereinbarungen. Weiter werden gegenseitige Informationsanfragen jeweils schnell und
zuverlässig bearbeitet.
Solidarität: Analog zu den zuvor analysierten Firmen zeichnet sich die Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb auch bei der Firma D grundsätzlich durch
ein hohes Mass an Solidarität aus. Dies bezieht sich in erster Linie auf die Lösung
unerwarteter Probleme, mit denen sich eine Abteilung konfrontiert sehen könnte. Bei der
Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeit kommt es hingegen zu Situationen, in denen
die Abteilungen primär ihren individuellen Leistungsauftrag verfolgen und die
Konsequenzen für die jeweils andere Abteilung vernachlässigen. Ein Beispiel hierfür ist
die Erschliessung neuer Vertriebskanäle durch den B2B-Vertrieb, deren Betreuung für
das Revenue Management einen erheblichen Zusatzaufwand bedeutet.
Konfliktverhalten: Durch die Zusammenführung der beiden Funktionsbereiche unter
einer gemeinsamen Führung und die damit verbundene Zielharmonierung konnte die
Häufigkeit von Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Abteilungen deutlich
reduziert werden. Kommt es doch zu Konfliktsituationen, wird beidseitig auf das
Erreichen eines Konsenses hingearbeitet.
6.5.3.3 Machtverhältnisse
Das Revenue Management von Firma D ist sehr weit entwickelt und hat eine grosse
Wirkung auf den Unternehmenserfolg. Die Vermutung liegt nahe, dass sich dieser
Umstand in der Ausprägung der Machtverhältnisse zwischen den Abteilungen
widerspiegelt. Entgegen dieser Erwartung zeichnet sich Firma D jedoch durch eine
relativ gleichmässige Verteilung der Entscheidungsmacht zwischen Revenue
Management und Vertrieb aus. Zwar trägt das Revenue Management bei der
198 Forschungsergebnisse
Ausarbeitung von Vertragsentwürfen letztlich die Verantwortung für die Höhe des
angebotenen Preises. Aufgrund der häufigen und informellen Interaktion gelingt es den
beiden Abteilungen jedoch, ihre unterschiedlichen Perspektiven in die jeweilige
Entscheidungsfindung gleichwertig einfliessen zu lassen.
6.5.3.4 Mitarbeiterbezogene Aspekte
Produktkenntnis: Gemäss der Einschätzung eines Abteilungsleiters bestehen hinsichtlich
der Produktkenntnis der Mitarbeiter keine Unterschiede zwischen den beiden
untersuchten Funktionsbereichen. Den Mitarbeitern beider Abteilungen werden sehr gute
Produktkenntnisse bescheinigt. Dieser Umstand fördert die gegenseitige Anerkennung
zwischen den Abteilungen. Dies wiederum trägt massgeblich zu einer ausgeglichenen
Berücksichtigung der unterschiedlichen Perspektiven in Entscheidungssituationen bei.
Marktkenntnis: Das Kundenwissen wird bei beiden Abteilungen gleich gut eingeschätzt.
Weil ausschliesslich der Vertrieb im Kontakt zum Kunden steht, lässt dies auf einen sehr
guten Informationsfluss vom Vertrieb zum Revenue Management schliessen.
Hinsichtlich der Wettbewerbskenntnis werden die Revenue-Manager etwas besser
eingestuft. Dies wiederum ist darauf zurückzuführen, dass sie aufgrund ihres
Aufgabenprofils besser in der Lage sind, sich ein Gesamtbild der Wettbewerber
aufzubauen, während die einzelnen Vertriebsmitarbeiter jeweils lediglich diejenigen
Wettbewerber verfolgen können, die auch bei ihren Kunden präsent sind.
Kurzfristige vs. langfristige Orientierung: Erwartungsgemäss verfolgt das Revenue
Management einen sehr systematischen und analytischen Arbeitsansatz. Analog dazu
weist auch der Vertrieb eine systematische und analytische Handlungsorientierung auf.
Dementsprechend verfolgen beide Abteilungen einen langfristigen Ansatz. Dies ist
darauf zurückzuführen, dass es sich bei der Vertriebsabteilung in erster Linie um den
B2B-Vertrieb handelt, der jeweils möglichst langfristig orientierte Firmenverträge
ausarbeitet und betreut. Vor diesem Hintergrund ist auch die Vertriebsarbeit grösstenteils
analytisch und langfristig orientiert.
6.5.4 Vor- und Nachteile dieser Aufgabenteilung
6.5.4.1 Vorteile
Firma D zeichnet sich, wie bereits erwähnt, durch Schlankheit aus, sowohl im Bezug auf
ihr Leistungsangebot als auch hinsichtlich der Organisationsstruktur und der
Forschungsergebnisse 199
Arbeitsprozesse. Die schlanke Struktur spiegelt sich auch in der Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb wieder. Die Zusammenarbeit fokussiert sich auf
zentrale Elemente der Leistungserbringung und kommt weitestgehend ohne unnötige
Arbeitsschritte aus, was mit geringen Transaktionskosten resp. einem hohen
Effizienzgrad gleichzusetzen ist. Weiter führt die Schlankheit dazu, dass Firma D in der
Lage ist, sich schnell und flexibel an Veränderungen im Marktumfeld anzupassen. Dabei
kann es sich sowohl um Veränderungen im Kunden- oder Wettbewerberverhalten als
auch um unerwartete Situationen in den Abflug- oder Zielgebieten handeln.
Zwischen den beiden Abteilungen herrscht darüber hinaus eine hohe
Informationstransparenz. Die beiden Abteilungen informieren sich gegenseitig über
laufende Entwicklungen im Markt. Trotzdem stellt der laufende Informationsaustausch
eine grosse Herausforderung dar, weil die beiden Abteilungen aus der Fülle der
verfügbaren Informationen diejenigen identifizieren müssen, die für die jeweils andere
Funktion am wichtigsten sind. Hier führen die ausgeprägte räumliche und
organisatorische Nähe sowie das gegenseitige Verständnis für die Aufgaben der anderen
Abteilung zu dem Vorteil, dass trotz der angesprochenen notwendigen Fokussierung
keine wichtigen Informationen vergessen werden.
Abschliessend sind die klaren Zuständigkeiten zwischen Revenue Management und
Vertrieb ein Vorteil dieser Schnittstellenausprägung. Sowohl innerhalb der Abteilungen
als auch zwischen den Abteilungen sind die Verantwortlichkeiten für die verschiedenen
Aufträge aus Tages- und Projektgeschäft sehr klar geregelt. Dies führt dazu, dass die
Mitarbeiter in kritischen Situationen sehr schnell in der Lage sind, die verantwortliche
Person zu identifizieren, unabhängig davon, ob diese Person in der gleichen Abteilung
oder in einer anderen Abteilung arbeitet. Analog zur oben erwähnten Schlankheit der
Organisation von Firma D, die sich auch auf die Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb übertragen lässt, hat auch die eben angesprochene klare
Definition von Zuständigkeiten den positiven Effekt geringer Transaktionskosten resp.
einer hohen Effizienz.
6.5.4.2 Nachteile
Firma D lässt ihren Abteilungen grossen Spielraum in der Erweiterung und Verbesserung
der Geschäftstätigkeit. So ist der Vertrieb z. B. regelmässig damit beschäftigt, neue
Vertriebskanäle zu erschliessen. Der Nachteil dieser Situation besteht darin, dass sowohl
bei der Selektion als auch bei der Durchführung von Projekten zur Entwicklung der
200 Forschungsergebnisse
Geschäftstätigkeit jeweils die einzelnen Interessen der initiierenden Abteilung im
Zentrum stehen. So ist es denkbar, dass die Erschliessung weiterer Vertriebskanäle zwar
aus Perspektive der Vertriebsabteilung oberste Priorität hat, aus Perspektive der
Gesamtfirma jedoch zunächst die Vereinfachung der Bearbeitung der eingehenden
Buchungen im Vordergrund stehen sollte. Weiter besteht auch die Möglichkeit, dass die
Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeit zwar auch aus Perspektive der Gesamtfirma
Priorität hat, die Umsetzung hingegen zu stark auf die Interessen der federführenden
Abteilung gestützt ist.
Als weiterer Nachteil ist anzuführen, dass die aktuelle Form der Interaktion zwischen
Revenue Management und Vertrieb nicht beliebig skalierbar ist. Die Zusammenarbeit
zwischen den beiden Funktionsbereichen gestaltet sich sehr informell und beruht stark
auf einem Ad-hoc-Austausch. Je grösser der Umsatz mit den bestehenden
Kundengruppen und dem bestehenden Leistungsangebot ist, resp. je mehr neue
Kundengruppen, Angebotskategorien oder Vertriebskanäle hinzukommen, desto
umfangreicher wird der Abstimmungsaufwand zwischen Revenue Management und
Vertrieb. Vor dem Hintergrund des angestrebten Unternehmenswachstums ist daher
davon auszugehen, dass Firma D bald veranlasst sein wird, die Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb strukturell an die Unternehmensentwicklung
anzupassen, z. B. mithilfe eines höheren Formalisierungsgrades.
6.5.5 Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten
Bei der Identifikation von Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gilt es
zunächst, die unmittelbar zurückliegenden, strukturellen Veränderungen zu verstehen.
Die beiden untersuchten Funktionsbereiche gehörten ursprünglich zu unterschiedlichen
Vorstandsbereichen. Während das Revenue Management dem Bereich Netzmanagement
und Pricing zugerechnet wurde, berichtete der Vertrieb an den Vorstand für Marketing
und Vertrieb. Ausgehend von dieser Situation wurden beide Abteilungen unter eine
gemeinsame Führung gestellt, den neu geschaffenen Posten des Leiters Netzwerk und
Vertrieb. Diese Veränderung führte dazu, dass sich die Zusammenarbeit zwischen den
beiden Abteilungen intensivierte. Dies hatte zur Konsequenz, dass sich Firma D der
hohen Relevanz einer guten Zusammenarbeit zwischen diesen beiden
Funktionsbereichen bewusst wurde. Aufgrund des anhaltenden Firmenwachstums
wurden die beiden Abteilungen wieder unter eine getrennte Führung gestellt. Die
Einsicht, dass sich das Revenue Management und der Vertrieb aktiv um eine hohe
Forschungsergebnisse 201
Qualität der Zusammenarbeit zwischen ihnen bemühen muss, ist aber nach der
Übergangsphase auch unter gemeinsamer Führung erhalten geblieben.
6.5.5.1 Stärkere Institutionalisierung der Interaktion
Wie oben ausgeführt, wird zwischen den beiden Abteilungen eine sehr regelmässige,
informelle Interaktion gepflegt. Im Status quo resultiert aus dieser Form der
Zusammenarbeit wenig Verbesserungspotenzial hinsichtlich einer Veränderung der
Kernprozesse. Die strukturellen Schnittstellenmerkmale sind so ausgestaltet, dass geringe
Transaktionskosten entstehen, resp. eine hohe Effizienz erreicht wird. Zugleich kann
durch die intensive Zusammenarbeit eine hohe Entscheidungsqualität erreicht werden.
Aus zwei Gründen scheint eine stärkere Institutionalisierung der Zusammenarbeit in
naher Zukunft trotzdem sinnvoll. Zum einen ist angesichts des steten Wachstums der
Geschäftstätigkeit der Firma D davon auszugehen, dass die Zusammenarbeit zwischen
Revenue Management und Vertrieb in Zukunft umfangreicher sein wird, mit anderen
Worten mehr Transaktionen bearbeitet werden. Dadurch besteht das Risiko steigender
Komplexität. Es scheint daher sinnvoll, die Zusammenarbeit zwischen den beiden
Funktionsbereichen schrittweise zu institutionalisieren, um diesem Risiko zu begegnen
und die Komplexität der Interaktion so tief wie möglich zu halten. Zum anderen sind
informelle Prozesse stark an die jeweiligen Personen gebunden. Personelle Wechsel
können sich dementsprechend stark auf die Form der Zusammenarbeit zwischen den
beiden Funktionsbereichen auswirken. Vor dem Hintergrund der aktuell guten
Interaktion empfiehlt es sich, die zugrunde liegenden Kernprozesse institutionalisiert
festzuhalten und dadurch zu konservieren.
Zu diesem Zweck muss zunächst festgelegt werden, welches die Kernprozesse der
Interaktion der beiden Funktionsbereiche sind. Diese Kernprozesse gilt es hinsichtlich
ihrer Skalierbarkeit zu untersuchen und gegebenenfalls anzupassen. Das Resultat dieser
Analysen und Anpassungen ist so zu dokumentieren, dass es auch von einem
Aussenstehenden entsprechend nachvollzogen werden kann.
6.5.5.2 Demokratischere Entwicklung der Geschäftstätigkeit
Die Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeit der Firma D ist stark durch die Initiativen
einzelner Abteilungen getrieben. So wird zum Beispiel die Erschliessung neuer
Vertriebskanäle in erster Linie durch die Vertriebsabteilung gesteuert. Dies hat zur Folge,
dass die Perspektive einer Abteilung bei Projekten zur Erweiterung oder Verbesserung
202 Forschungsergebnisse
der Geschäftstätigkeit jeweils im Vordergrund steht, während die Konsequenzen für die
anderen Abteilungen nur untergeordnet berücksichtigt werden.
Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, bei Initiativen zur Geschäftsentwicklung
jeweils unterschiedliche Perspektiven in die Projektarbeit zu integrieren. Dies kann z. B.
durch regelmässige Evaluation der Entwicklungsprojekte durch andere Abteilungen
geschehen oder aber durch die Beauftragung gemischter Projektteams für die Planung
und Durchführung von Initiativen zur Weiterentwicklung und Verbesserung der
Geschäftstätigkeit. Diese Formalisierung des Austausches zwischen den Abteilungen im
Rahmen der Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeit ist insbesondere bei steigender
Firmengrösse relevant. Hintergrund dieser Einschätzung ist die Überlegung, dass das
Risiko, eine Implikation der Entwicklungsinitiative zu vernachlässigen, mit dem
Wachstum des Unternehmens zunimmt.
6.5.5.3 Übersicht über die Verbesserungspotenziale
Abbildung 41 fasst die identifizierten Verbesserungspotenziale in einer Übersicht
zusammen.
Abbildung 41: Verbesserungspotenziale Firma D Quelle: Fallstudieninterviews Firma D; eigene Darstellung.
6.5.6 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungsmöglichkeiten
6.5.6.1 Gegenseitige Glaubwürdigkeit
Auch bei der Diskussion der Erfolgsfaktoren der Implementierung geht der Blick
zunächst zurück auf eine bereits vollzogene organisatorische Veränderung. Wie oben
ausgeführt, hat man die ursprünglich organisatorisch getrennten Funktionsbereiche
Revenue Management und Vertrieb unter eine gemeinsame Führung gestellt, um eine
Verbesserungspotenzial Massnahme
Stärkere Institutionalisierung der Interaktion Definition der Kernprozesse der aktuellen Interaktion; Analyse dieser Kernprozesse hinsichtlich ihrer Skalierbarkeit und ggf. Anpassung an grössere Umsatzvolumina
Demokratischere Entwicklung der Geschäftstätigkeit
Bildung gemischter Projektteams zur Planung und Umsetzung von Initiativen zur Erweiterung oder Verbesserung der Geschäftstätigkeit
Forschungsergebnisse 203
bessere Harmonisierung der unterschiedlichen Handlungsperspektiven gewährleisten zu
können. Entscheidend für den Erfolg dieser organisatorischen Veränderung war die
gegenseitige Glaubwürdigkeit der Mitarbeiter der beiden Abteilungen. Den Abteilungen
lasteten in Firma D zahlreiche Vorurteile an. Während die Revenue-Manager
ausschliesslich als zahlenfokussiert galten, eilte den Vertriebsmitarbeitern der Ruf einer
stark durch Intuition geleiteten Arbeitsweise voraus. Um trotz dieser Voraussetzungen
eine konstruktive Zusammenarbeit gewährleisten zu können, musste die gegenseitige
Glaubwürdigkeit der beiden Abteilungen sichergestellt werden. Heute wird z. B. bei der
Einstellung von Vertriebsmitarbeitern darauf geachtet, dass ein Verständnis für die
Arbeit der Revenue-Management-Abteilung gegeben ist.
6.5.6.2 Vermeidung zusätzlicher Komplexität
Firma D zeichnet sich sowohl hinsichtlich ihres Leistungsangebots als auch hinsichtlich
ihrer Organisationsstruktur und ihrer internen Prozesse durch eine bewusst gewählte
Schlankheit aus. Dies erlaubt ihr zum einen, ihr Leistungsangebot aufgrund
verhältnismässig geringer internen Kosten zu einem konkurrenzfähigen Preis anzubieten.
Zum anderen ist die Firma D dadurch in der Lage, sowohl ihr Leistungsangebot als auch
ihre Organisation und ihre Prozesse schnell an Veränderungen im Marktumfeld
anzupassen.
Bei einer Veränderung der organisatorischen Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb ist daher grosser Wert darauf zu legen, dass dadurch keine
zusätzliche Komplexität geschaffen wird. Zum einen ist die organisatorische Schlankheit
ein Wettbewerbsfaktor, den es aufrechtzuerhalten gilt, und zum anderen haben sich auch
die Mitarbeiter an dieses Charakteristikum ihres Unternehmens gewöhnt. Es ist davon
auszugehen, dass eine Erhöhung der Komplexität durch neue Strukturen oder Prozesse
bei den Mitarbeitern wenig Rückhalt finden wird.
6.6 Aggregation der Fallstudien
Die vier Fallstudien dokumentierten unterschiedliche Entwicklungsstände des Revenue
Management und unterschiedliche Ausprägungen der Schnittstelle zwischen den
Funktionsbereichen Revenue Management und Vertrieb. Trotz dieser offensichtlichen
Differenzen bestehen zwischen den untersuchten Unternehmen grosse Ähnlichkeiten
hinsichtlich der Herausforderungen bei der Organisation der Zusammenarbeit von
Revenue Management und Vertrieb. Sämtliche Interviewpartner haben bestätigt, dass das
204 Forschungsergebnisse
Zusammenspiel zwischen diesen beiden Abteilungen für einen erfolgreichen
Geschäftsgang von zentraler Bedeutung ist. Die folgende Aggregation der Fallstudien
fasst deren zentrale Erkenntnisse zusammen. Zunächst werden die einzelnen
Dimensionen des Analyserasters aggregiert betrachtet. Anschliessend folgt eine
Übersicht über gemeinsame Schwierigkeiten und Verbesserungspotenziale, bevor dann
zum Schluss die Erkenntnisse zu einer erfolgreichen Implementierung von
Verbesserungs- und Erweiterungsmassnahmen zusammengefasst werden.
6.6.1 Vergleich der Schnittstellenmerkmale
6.6.1.1 Strukturelle Aspekte
Formalisierungsgrad: Die Formalisierungsgrade der Zusammenarbeit zwischen Revenue
Management und Vertrieb bei den untersuchten Firmen waren sehr unterschiedlich
ausgeprägt. Keines der untersuchten Unternehmen schreibt zwar sämtliche Interaktionen
mit expliziten, schriftlichen Regeln oder Prozesshandbüchern vor. Jedoch haben zum
Beispiel die beiden untersuchten Reiseveranstalter (Fallbeispiele A und B) fest
vorgeschriebene, regelmässige Meetings zur Diskussion aktueller Themen in der
Marktbearbeitung und zur gemeinsamen Entwicklung von passenden Massnahmen in
ihrer Zusammenarbeit implementiert. Auch bei Firma C bestehen institutionalisierte
Möglichkeiten für den Austausch zwischen den Abteilungen. Firma D hat im Gegensatz
dazu kein fest vorgeschriebenes Forum für diesen Austausch etabliert. Die beiden
Abteilungen orientieren Umfang, Inhalt und Häufigkeit ihrer Zusammenarbeit
ausschliesslich am aktuellen Bedarf.
Diese unterschiedlichen Ausprägungen des Formalisierungsgrades dokumentieren
letztlich den Umstand, dass sich die Unternehmen bezüglich der Ausgestaltung der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb in einem Zielkonflikt
zwischen Institutionalisierung und unternehmerischer Freiheit befinden. Zum einen
erscheint es sinnvoll, den Mitarbeiter mithilfe institutionalisierter Prozesse zu einer
effizienten und effektiven Arbeitsweise zu verhelfen. Dies würde für einen möglichst
hohen Formalisierungsgrad sprechen. Zum anderen kann durch die Gewährung eines
grossen Entscheidungsspielraums die unternehmerische Selbstverantwortung der
Mitarbeiter gefördert werden. Dies hat zur Folge, dass sich die Mitarbeiter selbständig so
verhalten, wie es aus ihrer Perspektive für die Firma am besten ist. Diese Erkenntnis wird
zusätzlich gestützt durch die Stewardship-Theorie (vgl. Davis, Schoorman und
Donaldson, 1997; Donaldson und Davis, 1991). Dieser Ansatz zur Erklärung von
Forschungsergebnisse 205
Mitarbeiterverhalten geht davon aus, dass die Mitarbeiter überzeugt sind, ihre eigenen
Ziele am besten erreichen zu können, wenn sie sich im Sinne der Organisation verhalten.
Stehen sich persönliche und organisatorische Ziele entgegen, entscheidet sich der
Mitarbeiter gemäss der Stewardship-Theorie zu Gunsten der organisationalen Ziele.
Damit widerspricht die Stewardship-Theorie in Teilen der häufig zitierten Prinzipal-
Agent-Theorie (vgl. z. B.Jensen und Meckling, 1976), wonach sich ein Mitarbeiter ohne
Kontrolle resp. Incentivierung stets zu seinen Gunsten verhält. Ein zentraler Grund für
diese Differenz sind die unterschiedlichen Motivationskonzepte, die diesen beiden
Theorien zugrunde liegen. Während die Prinzipal-Agent-Theorie von einer extrinsischen
Arbeitsmotivation ausgeht, die sich aus ökonomischen Bedürfnissen ergibt, legt die
Stewardship-Theorie eine intrinsische Arbeitsmotivation zugrunde, die auf Aspekten wie
persönlichem Wachstum und Anerkennung beruht (vgl. Davis et al., 1997, S. 37). Die
Arbeitsmotivation ist somit gemäss der Stewardship-Theorie stark von psychologischen
und situationsbedingten Faktoren abhängig.
Der Stewardship-Theorie folgend ist es erstrebenswert, den Mitarbeitern möglichst viel
Autonomie zu bieten, weil sich übermässige Kontrolle negativ auf die Arbeitsmotivation
auswirken kann. Die Aussagen der Stewardship-Theorie werden weiter gestützt durch die
Theorie der "Self-Leadership" (vgl. Manz, 1986, 1990, zit. in Davis et al., 1997, S. 28),
wonach die Motivation eines Mitarbeiters massgeblich durch sein Selbstvertrauen, seine
Selbstbestimmung sowie durch das Gefühl des "Gebrauchtwerdens" bestimmt ist. Es
lässt sich also für die Führung der Mitarbeiter ableiten, dass ein möglichst hohes Mass an
Autonomie anzustreben ist, resp. auf eine starke Institutionalisierung nach Möglichkeit
verzichtet werden sollte. Es scheint naheliegend, dass sich dieser Zielkonflikt zwischen
Institutionalisierung und unternehmerischer Freiheit auch auf andere
Unternehmensbereiche übertragen lässt. Er stellt somit einen Anknüpfungspunkt für
zahlreiche interessante Forschungsfragen dar.
Grundsätzlich gilt hinsichtlich des Formalisierungsgrades, dass dieser mit zunehmender
Firmengrösse resp. mit steigender Komplexität des Leistungsangebots ansteigen sollte.
Diese Erkenntnis aus den Fallstudienuntersuchungen wird durch den "Multiple-
Contingencies-Ansatz" von Baligh, Burton und Obel (1996) bestätigt. Die Autoren
integrieren in ihrem Ansatz zahlreiche Erkenntnisse aus verschiedenen Strömungen der
Kontingenzforschung zu einem Gerüst normativer Aussagen. Unter anderem halten sie
fest, dass bei grosser Firmengrösse ein hoher Formalisierungsgrad anzustreben ist
(Baligh et al., 1996, S. 1652). Den Fallstudien zufolge ist der Hintergrund dieser
206 Forschungsergebnisse
Aussage, dass der Koordination der Einzelaktivitäten der Mitarbeiter bei zunehmender
Firmengrösse resp. steigender Angebotskomplexität laufend mehr Bedeutung zukommt,
weil ein einzelner Mitarbeiter einen immer kleiner werdenden Teil der Wertschöpfung
selbst bearbeiten kann. Insbesondere bei der Ausgestaltung von organisatorischen
Schnittstellen wird die explizite Koordination der Arbeitsschritte durch verbindliche
Prozessvorgaben wichtiger. In den Fallstudien manifestierte sich dies dahingehend, dass
Firma D als umsatz- und mitarbeiterbezogen kleinste Firma den geringsten
Formalisierungsgrad aufweist, während Firma B als grösstes Unternehmen wesentlich
stärker formalisierte Interaktionsprozesse hat. Interessant ist, dass bei Firma C ein im
Verhältnis zur Angebotskomplexität geringer Formalisierungsgrad vorherrscht, dieser
jedoch aktuell im Rahmen mehrerer Initiativen erhöht wird. Dies bestätigt den oben
ausgeführten positiven Zusammenhang zwischen Angebotskomplexität und
Formalisierungsgrad zusätzlich.
Sämtliche untersuchten Unternehmen, bis auf Firma A, verwiesen mehrfach auf eine
explizite Wachstumsstrategie. Dadurch steigt für diese Unternehmen der ideale
Formalisierungsgrad an. Es ist also davon auszugehen, dass die skizzierten Fallstudien
insbesondere hinsichtlich des Formalisierungsgrades eine Momentaufnahme darstellen,
die sich in naher Zukunft entsprechend der veränderten Firmengrösse und
Angebotskomplexität anpassen wird.
Standardisierungsgrad: Der im Rahmen der Fallstudien identifizierte
Standardisierungsgrad unterscheidet sich am stärksten zwischen den betrachteten
Industrien. Die Fallstudien über die Reiseveranstalter, Firma A und Firma B, zeigen klar,
dass beide Firmen einen hohen Standardisierungsgrad in der Interaktion zwischen
Revenue Management und Vertrieb aufweisen. Demgegenüber war bei den untersuchten
Airlines lediglich ein gering ausgeprägter Standardisierungsgrad zu ermitteln. Dies ist
insbesondere auf die Personalintensität des Vertriebsmodells zurückzuführen. Beide
analysierten Reiseveranstalter verfügen über einen personalintensiven Direktvertrieb,
zusätzlich zur Betreuung von Firmenkunden und Fremdvertriebspartnern. Dies führt
dazu, dass die Vertriebsabteilungen bei den Firmen A und B (Reiseveranstalter) im
Vergleich zu den Firmen C und D (Airlines) wesentlich grösser ausfallen. Bei steigenden
Mitarbeiterzahlen ist eine höhere Standardisierung der Kooperationsprozesse zur
Gewährleistung eines einheitlichen Qualitätsstandards sinnvoll. Bei den beiden
untersuchten Airlines haben die internen Vertriebsabteilungen demgegenüber eine starke
Fokussierung auf die Betreuung von Firmenkunden und Fremdvertriebspartnern wie
Forschungsergebnisse 207
Reiseveranstalter oder Reisebüros. Der Direktvertrieb beschränkt sich, abgesehen von
Last-Minute-Schaltern an den wichtigsten Flughäfen, auf die jeweilige Internet-Seite.
Weiter ist im Hinblick auf die beiden Reiseveranstalter zu ergänzen, dass sich die beiden
Abteilungen Revenue Management und Vertrieb aufgrund der eben skizzierten
Unterschiede in den Vertriebsmodellen hinsichtlich ihrer Grösse stark unterscheiden.
Während das Revenue Management eine relativ kleine Abteilung darstellt, verfügt die
Vertriebsabteilung über eine hohe Mitarbeiteranzahl. Bei den beiden untersuchten
Airlines ist diese Differenz nicht so stark ausgeprägt. Bei einer grossen Differenz in der
Personalstärke der beiden Abteilungen ist ein hoher Standardisierungsgrad für die
Interaktion erforderlich, um die Handlungsfähigkeit der kleineren Abteilung, in diesem
Fall des Revenue Management, sicherzustellen. Liegen keine standardisierten Prozesse
vor, kann die Situation eintreten, dass viele unterschiedliche Anfragen an die kleinere
Abteilung herangebracht werden, so dass diese nicht mehr in der Lage ist, eine
qualifizierte Reaktion zu entwickeln.
Die Umsetzung der explizit verfolgten Wachstumsstrategien ist entweder mit der
Erweiterung des Aufgabenspektrums der bestehenden Mitarbeiter oder mit der
Einstellung neuer Mitarbeiter verbunden. Beide Alternativen haben Auswirkungen auf
die Interaktion zwischen den beiden Funktionsbereichen. Bei Firmen mit einer
Wachstumsstrategie fällt auch der Standardisierungsgrad der Zusammenarbeit geringer
aus, weil diese laufenden Veränderungen und Anpassungen unterworfen sind.
Abschliessend ist festzuhalten, dass abgesehen von der Firma A keine Firma über einen
standardisierten Eskalationsprozess verfügt, den die Mitarbeiter bei
Meinungsverschiedenheiten beschreiten können.
Zentralisierungsgrad: Die Mitarbeiter sämtlicher Funktionsbereiche mit Revenue-
Management-Aufgaben in den untersuchten Firmen verfügen über eine hohe
Entscheidungsautonomie, was mit einem geringen Zentralisierungsgrad der
Entscheidungsgewalt einhergeht. Beim Vertrieb zeigt sich hingegen ein heterogenes
Bild. Auf der einen Seite weisen die Vertriebsabteilungen der Airlines analog zu den
Revenue-Management-Abteilungen einen geringen Zentralisierungsgrad auf, während
auf der anderen Seite der Vertrieb bei den Reiseveranstaltern deutlich stärker zentralisiert
ist und die Mitarbeiter dementsprechend über weniger Entscheidungsautonomie
verfügen. Eine gute Illustration dieses hohen Zentralisierungsgrades ist z. B. die im
Zusammenhang mit Firma A skizzierte Situation, bei der ein Kunde um eine
Preisermässigung bittet. Hier kann der einzelne Vertriebsmitarbeiter nicht autonom
208 Forschungsergebnisse
entscheiden, sondern muss diese Situation mit seinem direkten Vorgesetzten sowie mit
Vertretern aus dem Capacity Management (Teilbereich des Revenue Management)
abstimmen.
Analog zum Standardisierungsgrad lässt sich auch im Bezug auf den
Zentralisierungsgrad aus diesen Beobachtungen ableiten, dass einer steigenden
Abteilungsgrösse mit einem höheren Zentralisierungsgrad zu begegnen ist. Erneut geht
es dabei in erster Linie um die Sicherstellung einer möglichst hohen Kontinuität des
Entscheidungsverhaltens. Bei kleinen Abteilungen ist der einzelne Mitarbeiter in der
Lage, das Verhalten seiner Teamkollegen zu beobachten und sein eigenes Verhalten
danach auszurichten. Bei grossen Abteilungen gestaltet sich dies erheblich schwieriger
und es ist sinnvoll, die Konsistenz der Entscheidungsfindung mithilfe eines höheren
Zentralisierungsgrads sicherzustellen. Dadurch kann auch der Koordinationsaufwand
innerhalb der Abteilung sowie in der Interaktion mit anderen Abteilungen trotz
steigender Mitarbeiterzahlen gering gehalten werden.
Räumliche und organisatorische Nähe: Bei sämtlichen untersuchten Firmen haben die
Mitarbeiter der beiden Funktionsbereiche die Möglichkeit, die Kollegen der jeweils
anderen Abteilung regelmässig informell zu treffen, um aktuelle Themen und Probleme
zu diskutieren. Bei der Firma A und D arbeiten die beiden Abteilungen auch räumlich
nahe zusammen, so dass ein informeller Austausch ohne grossen Aufwand möglich ist.
Die Firmen B und C bestätigen jedoch, dass räumliche Nähe für den angesprochenen,
regelmässigen Informationsaustausch nicht von zentraler Bedeutung ist. Bei diesen
Firmen liegen die Abteilungen räumlich relativ weit auseinander; trotzdem findet ein
laufender, informeller Austausch statt.
Hinsichtlich der organisatorischen Nähe weicht lediglich Firma B von der Konstellation
ab, dass die Funktionsbereiche Revenue Management und Vertrieb zum gleichen
Vorstandsbereich gehören. Bei sämtlichen anderen untersuchten Firmen berichten das
Revenue Management und der Vertrieb an den gleichen Vorstand. Bei Firma D ist diese
Struktur erst vor kurzem eingeführt worden, nachdem die Zugehörigkeit zu
unterschiedlichen Vorstandsbereichen vermehrt zu Problemen bei der
Zielharmonisierung geführt hatte. Unabhängig von Firmengrösse und Vertriebsmodell ist
es demzufolge sinnvoll, die beiden Funktionsbereiche Revenue Management und
Vertrieb dem identischen Vorstandsbereich zuzuordnen, um eine ausreichende
Harmonisierung der Zielvorgaben sicherstellen zu können.
Forschungsergebnisse 209
Sämtliche untersuchten Firmen haben die beiden Funktionsbereiche auf der gleichen
organisatorischen Ebene angesiedelt, d. h. ihre jeweiligen Leiter sind einander
hierarchisch gleichgestellt. Dies trägt zusätzlich dazu bei, dass die Interaktion zwischen
den Abteilungen auf gleicher Augenhöhe stattfindet und von den Mitarbeitern ernst
genommen wird. Der Aspekt der organisatorischen Nähe steht somit im direkten
Zusammenhang mit der Ausprägung der Machtverhältnisse zwischen den
Funktionsbereichen (vgl. Kapitel 6.6.1.3).
Gemeinsame Planung: Bei der Analyse von Planungsprozessen ist zwischen eher
langfristiger Festlegung von Zielvorgaben und eher kurzfristiger Definition von
konkreten Massnahmen zur Erreichung dieser Zielvorgaben zu unterscheiden. Die
untersuchten Firmen streben zwar bei beiden Aspekten der Planung eine möglichst
weitgehende Harmonisierung an. Jedoch kommt es bei der kurzfristigen
Massnahmenplanung zu einer wesentlich engeren Abstimmung als bei der Definition der
langfristigen Zielvorgaben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Interaktion
zwischen den Funktionsbereichen Revenue Management und Vertrieb häufig auf die
Entwicklung kurzfristiger Massnahmen zum Abverkauf von Überkapazitäten bezieht.
Grundsätzlich zeigten die Fallstudien einheitlich, dass sowohl hinsichtlich langfristiger
Zielvorgaben als auch bezüglich kurzfristiger Massnahmen eine möglichst grosse
Harmonisierung der Planung anzustreben ist. Dies bestätigt zudem eine Untersuchung
von Homburg, Jensen und Klarmann (2005) über die Zusammenarbeit zwischen
Marketing und Vertrieb. Die Autoren halten hinsichtlich der Planung und Festlegung von
Zielvorgaben fest, "man solle miteinander planen, nicht nebeneinander" (S. 34). Dabei
verweisen sie insbesondere auf den Bedarf zur Harmonisierung der Annahmen, die der
Planung zugrunde liegen. Damit eine gemeinsame Planung überhaupt möglich ist, muss
zunächst ein Fundament aus gegenseitig akzeptierten Annahmen bestehen.
Teamwork: Analog zur eben beschriebenen gemeinsamen Planung zeigen die
untersuchten Firmen auch hinsichtlich des Teamworks ein einheitliches Bild. Bei
sämtlichen Firmen findet eine stark ausgeprägtes Teamarbeit zwischen Revenue
Management und Vertrieb statt. Dies bezieht sich sowohl auf die Planung als auch auf
die Durchführung von Projekten und Initiativen zur Marktbearbeitung. Weiter zeigten
sämtliche Firmen auch eine intensive Teamarbeit bei der Lösung aktueller Probleme in
der Marktbearbeitung. Dies unterstreicht den häufig eher kurzfristigen Fokus der
Interaktion zwischen den Funktionsbereichen auf Abverkaufsmassnahmen.
210 Forschungsergebnisse
Grundsätzlich ist hinsichtlich des Teamworks festzuhalten, dass es in jedem Fall sinnvoll
ist, eine intensive Teamarbeit zwischen den beiden untersuchten Abteilungen zu
etablieren. Dem steht jedoch die Gefahr steigender Ineffizienz aufgrund umfangreicher
Meetings und Abstimmungsprozesse gegenüber. Beim Ausbau des Teamworks zwischen
den Abteilungen ist jedoch stets der Mehraufwand im Auge zu behalten, der dadurch
verursacht wird. Dieses Spannungsfeld bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für
interessante Forschungsfragen. So lässt sich zum Beispiel aus dem Konzept des "Cross-
Understanding" von Huber und Lewis (2010) ableiten, dass eine intensive Teamarbeit
das gegenseitige Verständnis für die Sichtweise der anderen Abteilung stärkt. Dies
wiederum wirkt sich positiv auf die Performance der Interaktion zwischen den beiden
Abteilungen aus. Es wäre nun interessant herauszuarbeiten, in welchem Verhältnis diese
Performance-Steigerung zum zusätzlichen Koordinationsaufwand des intensiveren
Teamworks steht.
6.6.1.2 Verhaltensnormen
Flexibilität: Beide Industrien, sowohl die Airline-Industrie als auch die
Reiseveranstalterindustrie, müssen oft auf unerwartete Veränderungen ihrer Umwelt
reagieren. So kann z. B. eine Umweltkatastrophe oder eine unsichere politische Lage in
einem Zielgebiet die Nachfrage nach Reisen zu dieser Destination stark negativ
beeinflussen oder ein Konjunkturtief im Heimatmarkt kann die gesamte Nachfrage
negativ beeinflussen. Vor diesem Hintergrund muss eine Firma ihr Leistungsangebot
sehr flexibel an die aktuellen Marktbedingungen anpassen können.
Auch die Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb muss der Flexibilität
des Produktangebots gerecht werden können. Dementsprechend müssen die beiden
untersuchten Abteilungen ihre Zusammenarbeit sehr flexibel an relevante Veränderungen
in ihrer Umwelt anpassen können. Sämtliche untersuchten Firmen weisen ein hohes
Mass an Flexibilität aus. Dies bezieht sich sowohl auf die Flexibilität bei
Veränderungswünschen einer Abteilung als auch auf den Umgang mit unerwarteten
Situationen.
Abschliessend ist festzuhalten, dass die gegenseitige Flexibilität eine grundsätzliche
Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Revenue Management
und Vertrieb darstellt. Ansonsten wären die beiden Abteilungen nicht in der Lage, das
Leistungsangebot schnell genug den laufenden Veränderungen im Markt anzupassen.
Forschungsergebnisse 211
Informationsaustausch: Für beide Abteilungen ist die laufende Verfügbarkeit von
aktuellen Informationen von zentraler Bedeutung für das Tagesgeschäft. Dies bezieht
sich auf relevante Informationen sowohl über das Verhalten von Kunden und
Wettbewerbern als auch über sonstige Veränderungen in der Umwelt sowie über den
eigenen Buchungsverlauf. Homburg, Jensen und Klarmann (2005, S. 30) halten bei ihrer
Analyse der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb fest, dass
Informationsmonopole grundsätzlich zu unterbinden sind und dass Informationen als
Bringschuld zu behandeln sind.
Alle untersuchten Firmen betonen, dass zwischen den beiden Abteilungen ein
regelmässiger, informeller Informationsaustausch stattfindet und dass die relevanten
Informationen aktiv und nicht nur auf Anfrage weitergegeben werden. Trotzdem sehen
die meisten untersuchten Firmen Verbesserungspotenzial in der Handhabung des
Informationsaustausches zwischen den Abteilungen. Dies ist insbesondere dadurch
begründet, dass die Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
hinsichtlich des Informationsaustausches sehr anspruchsvoll ist. Zum einen sind sehr
viele Informationen verfügbar und zum anderen verändern sich diese Informationen sehr
schnell. Eine laufende Verbreitung sämtlicher Informationen würde sowohl bei den
Revenue-Managern als auch bei den Vertriebsmitarbeitern sehr schnell zu einer
Informationsüberflutung führen. Die Weitergabe der jeweils aus Perspektive des
Empfängers relevanten Informationen für die Zusammenarbeit zwischen Revenue
Management und Vertrieb stellt eine der grössten Herausforderungen im Management
dieser organisatorischen Schnittstelle dar.
Solidarität: Hinsichtlich des Aspekts der Solidarität sind zwischen den untersuchten
Firmen keine nennenswerten Unterschiede auszumachen. Bei allen Firmen scheinen
Probleme, die in der Zusammenarbeit entstehen, gemeinsam gelöst zu werden, und die
Mitarbeiter sind gerne bereit, sich gegenseitig einen Gefallen zu tun. Es ist für die
Mitarbeiter auch gut nachvollziehbar, dass ein opportunistisches Verhalten zwischen den
beiden Abteilungen für den Geschäftserfolg nicht sehr förderlich ist.
Konfliktverhalten: In Kapitel 6.1 wurde gezeigt, dass ein konsensorientiertes
Kooperationsverhalten einem konfliktorientierten Verhalten vorzuziehen ist. Dies konnte
im Rahmen der Fallstudienuntersuchungen zusätzlich bestätigt werden. Ein
konsensorientiertes Verhalten ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer vollständigen
Elimination sämtlicher Zielkonflikte zwischen den beiden Abteilungen. Vielmehr geht es
darum, ausgehend von einer harmonisierten Planungsbasis, konstruktiv
212 Forschungsergebnisse
zusammenzuarbeiten. Eine komplette Elimination der Zielkonflikte zwischen Revenue
Management und Vertrieb ist aus Perspektive aller untersuchten Firmen wenig sinnvoll,
weil dadurch mindestens ein Funktionsbereich in seinen Aufgaben stark eingeschränkt
werden müsste.
Die untersuchten Firmen weisen eine hohe Übereinstimmung hinsichtlich des Bestrebens
ihrer Revenue-Manager und Vertriebsleute auf, im Falle eines interdepartementalen
Konflikts einen Konsens zu erreichen. Lediglich Firma D weicht leicht von der
angesprochenen Konsensorientierung ab, weil aufkommende Konflikte manchmal durch
die Intervention eines Vorgesetzten gelöst werden müssen. Dies ist insbesondere darauf
zurückzuführen, dass Firma D die kleinste der untersuchten Firmen ist. Aus diesem
Grund verantwortet ein einzelner Mitarbeiter einen relativ grossen Anteil des
Gesamtumsatzes. Dies führt dazu, dass der Druck, der auf den Revenue-Managern und
Vertriebsmitarbeitern lastet, höher ist als bei den anderen untersuchten Firmen. Dies hat
zur Konsequenz, dass sich die Konsensbereitschaft der Mitarbeiter reduziert und im
Konfliktfall häufig auf das Urteil eines Vorgesetzten abgestützt werden muss.17
Hinsichtlich des Konfliktverhaltens lässt sich somit festhalten, dass ein
konsensorientiertes Kooperations-verhalten vorteilhaft ist. Mit steigender Verantwortung
nimmt die Konsensbereitschaft des einzelnen Mitarbeiters aufgrund des zunehmenden
Erwartungsdrucks zur Erreichung der gesetzten Ziele jedoch ab. Dies hat letztlich das
vermehrte Involvieren von Vorgesetzten in Konfliktsituationen zur Folge.
6.6.1.3 Machtverhältnisse
In Kapitel 6.1 konnte gezeigt werden, dass eine gleichberechtigte Zusammenarbeit einer
einseitigen Dominanz vorzuziehen ist. In den Fallstudieninterviews konnte diese
Erkenntnis zusätzlich gefestigt werden. Sowohl Revenue-Manager als auch
Vertriebsmitarbeiter bestätigten, dass im Rahmen einer gleichberechtigten
Zusammenarbeit die qualitativ besten Entscheide zustandekommen. Auch Homburg,
Jensen und Klarmann (2005, S. 32) kommen bei ihrer Analyse der Schnittstelle zwischen
Marketing und Vertrieb zu einem ähnlichen Ergebnis.
17 Die Ausprägung des Schnittstellenmerkmals "Konfliktverhalten" kann als Determinante der Organisationskultur betrachtet werden. Wie aus der Modellspezifikation in Kapitel 4 hervorgeht, wird der Aspekt der Organisationskultur in dieser Arbeit jedoch nicht berücksichtigt. Das Schnittstellenmerkmal "Konfliktverhalten" wird deshalb als eigenständiges Kriterium betrachtet.
Forschungsergebnisse 213
Trotzdem zeigt von den untersuchten Firmen lediglich Firma C eine vollständige
Gleichberechtigung der beiden analysierten Funktionsbereiche. Bei den anderen Firmen
verfügt das Revenue Management über einen höheren Einfluss. Dies hat mehrere
mögliche Ursachen. Zum einen trägt das Revenue Management eine höhere
Ergebnisverantwortung als der Vertrieb. Da die Revenue-Manager in der Lage sind,
Preise und Kapazitätsverfügbarkeiten laufend anzupassen, hat ihre Arbeit einen sehr
grossen Einfluss auf den Gewinn oder den Verlust, den eine Firma erwirtschaftet. Die
Vertriebsmitarbeiter können hingegen höchstens im Rahmen ihrer Vertriebsmarge auf
die Preise Einfluss nehmen. Hinzu kommt, dass das Revenue Management gegenüber
dem Vertrieb oftmals über einen Informationsvorsprung hinsichtlich des
Buchungsverlaufs und des allgemeinen Geschäftsganges verfügt. Zwar sind die
Vertriebsmitarbeiter aufgrund ihrer täglichen Arbeit näher am Marktgeschehen. Sie sind
also in der Lage, Veränderungen im Verhalten von Kunden und Wettbewerbern schneller
zu erkennen als die Revenue-Manager. Den Vertriebsmitarbeitern fehlt jedoch bspw. die
Perspektive für die Gesamtentwicklung einer Destination in einer Saison. Sie sind
dadurch nicht immer in der Lage, mögliche Problemfelder zu identifizieren und zu
priorisieren. Vor diesem Hintergrund sind die Vertriebsmitarbeiter bei der Definition von
kurz- und langfristigen Verkaufsschwerpunkten auf die Einschätzung der Revenue-
Manager angewiesen.
Die Fallstudien haben gezeigt, dass eine Gleichberechtigung der beiden
Funktionsbereiche zwar angestrebt wird, jedoch schwierig zu erreichen ist. Insbesondere
bei Informationsasymmetrien wird eine theoretische Gleichstellung faktisch ausgehebelt.
Ansätze zur Verbesserung des Informationsaustausches zwischen den beiden
Abteilungen werden in Kapitel 6.6.2.2 entwickelt.
6.6.1.4 Mitarbeiterbezogene Aspekte
Produktkenntnis: Sämtliche untersuchten Firmen attestierten sowohl Revenue-Managern
als auch Vertriebsmitarbeitern sehr gute Produktkenntnisse. Bei den Reiseveranstaltern
ist davon auszugehen, dass das Revenue Management und der Vertrieb hinsichtlich ihrer
Produktkenntnisse jeweils einen etwas anderen Fokus haben. Während die Revenue-
Manager über eine profunde Kenntnis der Preisstruktur und der korrespondierenden
Buchungsalternativen verfügen, haben die Vertriebsmitarbeiter ein breites Wissen über
die einzelnen Hotels in den Zielgebieten. Bei den beiden untersuchten Airlines ist
aufgrund des vergleichsweise einfacheren Leistungsangebots hinsichtlich der
214 Forschungsergebnisse
Produktkenntnis kein Unterschied zwischen Revenue Management und Vertrieb
auszumachen.
Wie bei der Diskussion der Machtverhältnisse ausgeführt, können
Informationsasymmetrien zu einer einseitigen Verteilung der Entscheidungsmacht
führen. Dies lässt sich auch auf den Aspekt der Produktkenntnisse übertragen. Verfügt
eine Abteilung über eine wesentlich profundere Kenntnis des Leistungsangebots, kann
dies in Kooperationssituationen zu einer einseitig dominierten Entscheidungsbildung
führen.
Für beide Funktionsbereiche ist somit ein möglichst hohes und ein möglichst gleich
hohes Niveau von Produktkenntnissen anzustreben. Die angesprochene Nivellierung des
Produktwissens kann z. B. durch regelmässige Produktpräsentationen sowohl für
Revenue-Manager als auch für Vertriebsmitarbeitern erreicht werden.
Marktkenntnis: Analog zum Aspekt der Produktkenntnis attestieren die betrachteten
Unternehmen ihren Mitarbeitern im Revenue Management und im Vertrieb grundsätzlich
sehr gute Marktkenntnisse. Beim Aspekt der Marktkenntnisse werden, wie oben erwähnt,
sowohl Kundenwissen als auch Wettbewerbskenntnisse berücksichtigt. Werden diese
beiden Aspekte isoliert betrachtet, verfügen die Revenue-Manager tendenziell über
bessere Wettbewerbskenntnisse, während die Vertriebsmitarbeiter hinsichtlich des
Kundenwissens im Vorteil sind. Dies kann zusätzlich durch einen Vergleich der
Ergebnisse im umfragebasierten Forschungsteil bestätigt werden. Auf einer Skala von 1
(geringe Kenntnisse) bis 5 (hohe Kenntnisse) erzielten die Revenue-Manager beim
Kundenwissen eine durchschnittliche Bewertung von 3.30, während die
Vertriebsmitarbeiter durchschnittlich mit 4.13 bewertet wurden. Demgegenüber erzielten
die Revenue-Manager bei der Wettbewerbskenntnis eine durchschnittliche Bewertung
von 4.06, während die Vertriebsmitarbeiter durchschnittlich mit 3.72 eingestuft
wurden.18
Diese Unterschiede zwischen den Abteilungen stammen aus den unterschiedlichen
Aufgabenbereichen von Revenue Management und Vertrieb. Während es für die
Revenue-Manager von zentraler Bedeutung ist, das Verhalten der Wettbewerber
möglichst genau zu kennen, fokussieren die Vertriebsmitarbeiter in erster Linie darauf,
den Kunden mit seinen Wünschen und Bedürfnissen möglichst gut einzuschätzen. Vor
18 Die Fragebogen wurden jeweils von Personen in leitenden Funktionen, entweder im Vertrieb oder im Revenue Management, ausgefüllt.
Forschungsergebnisse 215
diesem Hintergrund ist es unrealistisch, dieses Ungleichgewicht zwischen Revenue
Management und Vertrieb bzgl. des Marktwissens vollständig ausgleichen zu wollen.
Vielmehr geht es darum, dass die beiden Aspekte des Marktwissens in der Kooperation
zwischen Revenue Management und Vertrieb gleichsam Beachtung finden.
Kurzfristige resp. langfristige Orientierung: Erneut werden hinsichtlich der Orientierung
zwei unterschiedliche Aspekte berücksichtigt. Zum einen wird die Frage aufgeworfen, ob
ein eher analytischer oder ein eher intuitiver Ansatz verfolgt wird. Zum anderen wird
berücksichtigt, ob der Planungshorizont der Abteilungen eher lang- oder eher kurzfristig
ist. Hinsichtlich der grundsätzlichen Herangehensweise zeigten die Fallstudien, mit
Ausnahme von Firma D, dass das Revenue Management eher analytisch vorgeht,
während der Vertrieb eher intuitiv arbeitet. Bezüglich des lang- oder kurzfristigen
Planungshorizonts waren die Unterschiede nicht mehr so deutlich. Lediglich bei Firma B
hat das Revenue Management einen längeren Planungshorizont als der Vertrieb.
Diese Ergebnisse stimmen mit denjenigen des umfragebasierten Forschungsteils überein.
Dem Revenue Management wurde bezüglich des Ansatzes auf einer Skala von 1
(analytisch) und 5 (intuitiv) mit einer durchschnittlichen Bewertung von 2.48 ein
analytisches Vorgehen bescheinigt, während der Vertrieb mit einer durchschnittlichen
Bewertung von 3.70 eher einem intuitiven Vorgehen folgt. Diese Differenz ist bezüglich
des Planungshorizontes weniger deutlich. Auf einer Skala von 1 (langfristig) bis 5
(kurzfristig) erhielt das Revenue Management eine durchschnittliche Bewertung von
2.58, der Vertrieb von 2.84.
Somit lässt sich festhalten, dass zwischen den beiden untersuchten Abteilungen zwar
deutliche Unterschiede in der grundsätzlichen Arbeitsweise bestehen. Hinsichtlich des
Planungshorizontes unterscheiden sich die beiden Abteilungen jedoch nicht stark. In der
direkten Interaktion führen diese unterschiedlichen Arbeitsweisen mit Sicherheit
regelmässig zu Spannungen und Reibungsverlusten. Trotzdem scheint es aufgrund der
unterschiedlichen Aufgaben nicht realistisch, diese Differenzen zu eliminieren. Vielmehr
ist darauf zu achten, dass ein gegenseitiges Verständnis für die Aufgaben und die
korrespondierenden Herangehensweisen der jeweils anderen Abteilung gegeben ist.
6.6.1.5 Vergleich der Schnittstellenmerkmale: Zusammenfassung
Der Vergleich der einzelnen Schnittstellenmerkmale wird in Abbildung 42 in einer
Übersicht zusammengefasst.
216 Forschungsergebnisse
Abbildung 42: Vergleich der Schnittstellenmerkmale
Je grösser die Firma und je komplexer das Angebotsspektrum, desto höher sollte der Formalisierungsgrad ausfallen.
Formalisie-rungsgrad
Je grösser die Firma, je komplexer das Angebotsspektrum und je ausgeprägter der Grössenunterschied zwischen Revenue Management und Vertrieb, desto höher sollte der Standardisierungsgrad ausfallen.
Standardisie-rungsgrad
Je grösser eine Abteilung, desto höher sollte ihr Zentralisierungsgrad sein. Zentralisie-rungsgrad
Je grösser die räumliche und organisatorische Nähe, desto besser erfolgt die Interaktion zwischen den Funktionsbereichen.
Räuml. und organisato-rische Nähe
Je besser die Harmonisierung der Planung sowie der Annahmen, die der Planung zugrunde liegen, desto besser erfolgt die Zusammenarbeit zwischen den Funktionsbereichen.
Gemeinsame Planung
Je stärker das Teamwork ausgeprägt ist, desto besser erfolgt die Interaktion zwischen den Funktionsbereichen. Durch intensives Teamwork entsteht jedoch entscheidender Mehraufwand durch laufende Abstimmungen.
Teamwork
Strukturelle Aspekte:
Gegenseitige Flexibilität ist aufgrund der hohen Marktdynamik Grundvoraus-setzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Funktionsbereichen.
Flexibilität
Der Informationsaustausch erfolgt in einem Zielkonflikt zwischen laufend aktuali-sierten Informationen und einer Informationsüberflutung (vgl. Kapitel 6.6.2.2)
Informations-austausch
Je höher die Solidarität zwischen den Funktionsbereichen ausgeprägt ist, desto besser erfolgt die Interaktion zwischen ihnen.
Solidarität
Hohe Konsensorientierung wirkt positiv auf die Interaktion zwischen den Funktionsbereichen. Je mehr Verantwortung ein Mitarbeiter hat, desto geringer ist seine Konsensorientierung.
Konflikt-verhalten
Verhaltensnormen:
Je gleichmässiger die Entscheidungsmacht zwischen den Funktionsbereichen verteilt ist, desto besser erfolgt die Interaktion zwischen ihnen.
Macht-verhältnisse
Machtverhältnisse:
Die Funktionsbereiche sollten über ein möglichst hohes und ein möglichst gleich hohes Niveau an Produktkenntnissen verfügen.
Produkt-kenntnisse
Die Funktionsbereiche sollten über ein möglichst hohes und ein möglichst gleich hohes Niveau an Marktkenntnissen verfügen. Durch untersch. Aufgabenbereiche entstehenden Differenzen muss in der Interaktion Rechnung getragen werden.
Markt-kenntnisse
Das Revenue Management arbeitet eher mit langfristigem Fokus, der Vertrieb arbeitet eher intuitiv mit kurzfristigem Fokus. Das gegenseitige Verständnis für die unterschiedlichen Arbeitsweisen sollte gefördert werden.
Kurz- vs. langfristige Orientierung
Mitarbeiterbezogene Aspekte:
Forschungsergebnisse 217
Quelle: eigene Darstellung.
6.6.2 Gemeinsame Verbesserungspotenziale
Der Vergleich der Schnittstellenmerkmale zwischen den untersuchten Firmen hat
gezeigt, dass die Unternehmen entscheidende Gemeinsamkeiten in der Ausgestaltung der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb aufweisen. Analoges gilt auch
für die identifizierten Verbesserungspotenziale. Im Folgenden werden Aspekte
aufgezeigt, bei denen mehrere der untersuchten Unternehmen Schwierigkeiten
bekundeten und bei denen Verbesserungspotenziale bestehen. Der Fokus liegt dabei
insbesondere auf konkreten Massnahmen, mit welchen diesen Schwierigkeiten begegnet
werden kann.
6.6.2.1 Intensivierung der Diskussionen in Entscheidungssituationen
Die vergleichende Analyse des Schnittstellenmerkmals Machtverhältnisse hat gezeigt,
dass bei allen untersuchten Firmen, mit Ausnahme der Firma C, die Funktionsbereiche
Revenue Management und Vertrieb in der direkten Interaktion nicht vollständig
gleichberechtigt sind. In spezifischen Entscheidungssituationen sind die
Kooperationsverhältnisse meist so ausgestaltet, dass eine Abteilung über deutlich mehr
Entscheidungsmacht verfügt als die andere. Je nach Entscheidungssituation kann dies
sowohl das Revenue Management als auch der Vertrieb sein.
Die Umfrageergebnisse legen den Schluss nahe, dass sich eine gleichmässige Verteilung
des Stimmengewichts in Entscheidungssituationen positiv auf die Qualität der
Zusammenarbeit zwischen den Funktionsbereichen auswirkt und damit letztlich auch für
die Performance des Unternehmens positiv ist. Diverse wissenschaftliche
Untersuchungen zu anderen organisatorischen Schnittstellen bestätigen diese
Schlussfolgerung (vgl. 6.1.2.2). Es ist daher erstrebenswert, wenn in
Entscheidungssituationen die interdepartementale Diskussion intensiviert wird, was
letztlich eine gleichmässigere Machtverteilung voraussetzt.
Zur Identifikation möglicher Hebel, um die Diskussionen in Entscheidungssituationen zu
intensvieren, ist es erforderlich, die Ursachen von Machtpositionen zu verstehen. In
Kapitel 2.3.1 wurden die zentralen Theorien zur Erklärung von Machtpositionen, der
Ressourcenabhängigkeitsansatz sowie der strategische Kontingenzansatz, beschrieben.
218 Forschungsergebnisse
Abbildung 43 zeigt die beiden Ansätze und die daraus abgeleiteten Anhaltspunkte zum
Ausgleich des Machtverhältnisses zwischen Revenue Management und Vertrieb.
Abbildung 43: Ausgleich des Machtverhältnisses zwischen den Funktionsbereichen Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Hickson et al. (1971), Salancik und Pfeffer (1974), Mintzberg (1983) und Jo (2008).
Ausgehend von den beiden theoretischen Ansätzen werden im Folgenden die konkreten
Hebel zum Machtausgleich zwischen Revenue Management und Vertrieb diskutiert.
1. Gleichwertige Beurteilung der Relevanz von Revenue Management und Vertrieb: Dem
Kontingenzansatz folgend ist die Einstufung der Relevanz einer Abteilung für die
Gesamtorganisation bei der Begründung von Machtpositionen von hoher Bedeutung.
Wird eine Abteilung resp. deren Leistungsauftrag von Mitarbeitern und vom Top-
Management als zentral für den Leistungserstellungsprozess der Firma betrachtet, hat
dies einen positiven Einfluss auf die relative Machtposition dieser Abteilung innerhalb
der Firma. Dem Top-Management kommt bei dieser Einschätzung aufgrund seiner
hierarchisch übergeordneten Position eine besonders prägende Bedeutung zu. Mit Blick
auf das Ziel einer gleichberechtigten Interaktion zwischen Revenue Management und
Vertrieb ist es demzufolge erforderlich, dass beide Funktionsbereiche innerhalb der
Organisation das gleiche Ansehen geniessen, d. h. dass beide Leistungsaufträge als
gleich wichtig betrachtet werden. Dies kann z. B. dadurch unterstützt werden, dass beide
Funktionsbereiche organisatorisch auf gleicher Ebene angesiedelt sind. Weiter kann das
Top-Management beiden Abteilungen die gleiche Aufmerksamkeit zukommen lassen
1.Gleichwertige Beurteilung der Relevanz von Revenue Management und Vertrieb insb. durch das Top-Management
2.Vergleichbarmachen der unter-schiedlichen Leistungsbeiträge der Funktionsbereiche
Ausgangs-punkt
Strategischer Kontingenzansatz Ressourcenabhängigkeitsansatz
Je stärker die Organisation von einem Funktionsbereich abhängt, desto grösser ist dessen Einfluss
Je mehr kritische Ressourcen ein Funktionsbereich kontrolliert, desto grösser ist sein Einfluss
Ursachen für Macht-positionen
• Schutz vor Unsicherheit
• Substituierbarkeit der Leistung
• Relevanz der Leistung für die gesamte Firma (Wichtigkeit)
• Ressourcen
• Fähigkeiten
• Wissen
• Vorrechte/ Privilegien
Wichtigkeitder
Ress
ource
Verfügungsgewalt
über die R
ess
ource
Konzentrationder
Ress
ource
nkontrolle
Hebel zum Macht-ausgleich zw. RM und Vertrieb
3.Hohe Transparenz relevanter Informationen
4.Beidseitige Fähigkeit zur Informations-verarbeitung und –interpretation
Forschungsergebnisse 219
und durch explizite Äusserungen die Gleichwertigkeit der Aufgaben von Revenue
Management und Vertrieb unterstreichen.
Dies hat zwar noch keine direkte Implikation auf die Zusammenarbeit zwischen den
beiden Funktionsbereichen, doch dem strategischen Kontingenzansatz folgend wird
dadurch eine wichtige Quelle einseitiger departementaler Macht eliminiert.
2. Vergleichbarmachen der unterschiedlichen Leistungsbeiträge der Funktionsbereiche:
Revenue Management und Vertrieb haben unterschiedliche Leistungsaufträge. Während
das Revenue Management primär auf die Maximierung des Umsatzes bedacht ist,
fokussiert sich der Vertrieb z. B. auf einen möglichst hohen Marktanteil, auf die
Erreichung eines Wachstumsziels oder auf die Gewinnung einer neuen
Zielkundengruppe. Hinzu kommt, dass die beiden Abteilungen häufig unterschiedlich in
die Wertschöpfung der Firma eingebettet sind. Während der Vertrieb oft ein eigenes
Profit-Center darstellt, also über eine eigene Gewinn- und Verlustrechnung verfügt, ist
das Revenue Management meist ein ausschliessliches Cost-Center, dem keine direkten
Einnahmen entgegenstehen.
Daraus resultieren unterschiedliche Interessen, die sich in Entscheidungssituationen
teilweise entgegenstehen. Eine gleichberechtigte Kooperation ist nur dann möglich, wenn
die entgegenstehenden Interessen objektiv gegeneinander abgewogen werden können.
Dazu müssen sie vergleichbar sein. Wenn z. B. der Vertrieb zur Gewinnung einer neuen
Zielkundengruppe ein besonders günstiges Produkt auf den Markt bringen möchte, hat
das Revenue Management in erster Linie die Profitabilität der einzelnen Strecken im
Fokus. Es gilt also, die Interessen "Neukundengewinnung" und "Streckenprofitabilität"
gegeneinander abzuwiegen. Um dies zu ermöglichen, kann z. B. ein einheitliches
Bewertungsraster für beide Anliegen eingeführt werden, das sowohl monetäre als auch
nichtmonetäre Aspekte einer Alternative berücksichtigt.
3. Hohe Transparenz relevanter Informationen: Für die meisten Dienstleister zählen
laufend aktuelle Informationen über Kunden- und Wettbewerberverhalten zu den
kritischen Ressourcen im Kampf um Margen und Marktanteile. Dies trifft insbesondere
auf die Industrien der im Rahmen der Fallstudien untersuchten Firmen, der Airline- und
Reiseveranstaltungsindustrie, zu. Darüber hinaus sind auch firmeninterne Informationen
zum aktuellen Geschäftsgang sowie über interne Entwicklungen von grosser Bedeutung.
Sowohl Revenue Management als auch Vertrieb werden bei ihrer täglichen Arbeit
laufend mit neuen, relevanten Informationen konfrontiert. Um die Ausbildung oder
Verstärkung einseitiger Machtpositionen zu verhindern, sollten sämtliche relevanten
220 Forschungsergebnisse
Informationen für die ganze Organisation möglichst transparent gemacht werden. In
Kapitel 6.6.2.2 werden spezifische Vorschläge zur Verbesserung des Informationsflusses
zwischen Revenue Management und Vertrieb ausgearbeitet.
4. Beidseitige Fähigkeit zur Informationsverarbeitung und –interpretation: Neben den
eben angesprochenen, relevanten Informationen, die die Ausbildung einseitiger
Machtpositionen begründen können, ist auch die Fähigkeit zur Informationsverarbeitung
und –interpretation als kritische Ressource zu betrachten. Wenn z. B. nur das Revenue
Management in der Lage ist, Informationen zum aktuellen Buchungsverlauf
aussagekräftig zu interpretieren, dann kann aus dieser Information eine einseitige
Machtposition resultieren, auch wenn der Vertrieb ebenfalls über die Information
verfügt, diese jedoch nicht interpretieren kann. Analog dazu kann z. B. die Information
zum Buchungsverhalten einer wichtigen Kundengruppe für den Vertrieb eine relevante
Information darstellen, während das Revenue Management nicht in der Lage ist, diese
Information aussagekräftig zu interpretieren. Wiederum kann dadurch eine einseitige
Machtposition begründet werden.
Aus diesem Grund ist es für eine gleichberechtigte Interaktion zwischen Revenue
Management und Vertrieb erstrebenswert, dass für möglichst viele relevante
Informationen die Fähigkeit zur Informationsverarbeitung und –interpretation beidseitig
vorhanden ist. Dies kann z. B. dadurch erreicht werden, dass den Mitarbeitern
regelmässig die Möglichkeit eines kurzen Abteilungswechsels geboten wird. Auf diese
Weise sind die Mitarbeiter in der Lage, die wichtigsten Grundsätze der
Informationsverarbeitung und –interpretation der jeweils anderen Abteilung persönlich
zu erlernen. Alternativ können wechselseitige Seminare zur Informationsverarbeitung
und –interpretation schwerwiegende Ungleichgewichte in den Fähigkeiten der beiden
Funktionsbereiche reduzieren.
6.6.2.2 Verbesserung des Informationsflusses zwischen den Abteilungen
Bei der zusammenfassenden Diskussion des Schnittstellenmerkmals
"Informationsaustausch" in Kapitel 6.6.1.1 wurde ausgeführt, dass der Informationsfluss
zwischen den beiden Abteilungen Revenue Management und Vertrieb in einem
Zielkonflikt zwischen laufender Aktualität und einem Informationsüberfluss steht. Auf
der einen Seite sind beide Abteilungen bei ihrer täglichen Arbeit darauf angewiesen, über
laufend aktuelle Informationen zu verfügen. Auf der anderen Seite führt eine
kontinuierliche Weiterleitung sämtlicher relevanter Informationen schnell zu einem
Forschungsergebnisse 221
Informationsüberfluss beim Empfänger resp. zu einem sehr grossen
Kommunikationsaufwand beim Sender (vgl. Abbildung 44).
Abbildung 44: Zielkonflikt beim Informationsaustausch zwischen Revenue Management und Vertrieb Quelle: eigene Darstellung.
Im Sinne eines Best-Practice-Ansatzes werden im Folgenden vier Punkte präsentiert, die
einen optimalen Informationsaustausch zwischen Revenue Management und Vertrieb
unterstützen.
Die Abteilungen benötigen sowohl institutionalisierte Gefässe als auch informelle Wege
für den Informationsaustausch: Informationen über die relevanten Entwicklungen am
Markt sind zum einen sehr umfangreich und zum anderen sehr kurzlebig. Wie beim
Aspekt des Marktwissens in Kapitel 6.6.1.4 bereits ausgeführt, verfügen die beiden
Abteilungen zudem über unterschiedliche Informationsschwerpunkte. Es ist somit von
zentraler Bedeutung, dass die beiden Funktionsbereiche sich laufend informell über
relevante Veränderungen am Markt austauschen können. Diese informelle
Kommunikation kann dadurch gefördert werden, dass die Mitarbeiter beider Abteilungen
regelmässig die Möglichkeit haben, sich gegenseitig kennenzulernen oder zu treffen.
Diese informelle Kommunikation beschränkt sich auf aktuelle Veränderungen mit meist
unmittelbaren Implikationen. Längerfristige Themen werden jedoch tendenziell
vernachlässigt. Dementsprechend ist es erforderlich, neben den Wegen für die informelle
Kommunikation auch institutionalisierte Gefässe für einen regelmässigen,
umfassenderen Informationsaustausch zu schaffen. Das kann z. B. ein alle zwei Wochen
• Revenue Management und Vertrieb sind auf aktuelle Informationen über relevante Marktentwicklungen angewiesen wie z. B.
• Kundenbedürfnisse
• Wettbewerberverhalten
• Buchungsverlauf
Laufende Aktualität
• Laufende Weitergabe sämtlicher Informationen birgt Risiko steigender Ineffizienz
• Empfänger sind nicht mehr in der Lage, Informationen richtig zu priorisieren
• Sender müssen viel Zeit für die Weitergabe von Informationen aufwenden
Informationsüberfluss
222 Forschungsergebnisse
stattfindendes Meeting sein, bei dem jeweils ausgesuchte Themen zur Marktsituation
intensiv diskutiert werden.
Die Abteilungen müssen wissen, was die jeweils andere für Informationsbedürfnisse hat:
Wie bereits erwähnt, ist die Menge der verfügbaren Informationen zu relevanten
Marktentwicklungen sehr gross. Es ist weder für Sender noch Empfänger mit einem
tragbaren Aufwand verbunden, laufend sämtliche Informationen weiterzuleiten oder zu
verarbeiten. Vor diesem Hintergrund ist es von zentraler Bedeutung, dass die beiden
Abteilungen wissen, welches die primären Wissensbedarfe der jeweils anderen Abteilung
sind, um entsprechend zu priorisieren. So kann erreicht werden, dass sich der Umfang
des Informationsflusses reduziert, ohne dass dabei zentrale Informationen untergehen.
Grundvoraussetzung dafür ist ein Verständnis des Aufgabenspektrums des jeweils
anderen Funktionsbereichs. Analog zur oben vorgeschlagenen Intensivierung der
Diskussionen in Entscheidungssituationen kann dies z. B. dadurch erreicht werden, dass
die Mitarbeiter regelmässig für einen beschränkten Zeitraum im jeweils anderen
Funktionsbereich eingesetzt werden. Auf diese Weise sind sie in der Lage, sich ein
eigenes Bild der Arbeitsweise und der resultierenden Informationsbedarfe der anderen
Abteilung zu machen. Der bei der Diskussion des Schnittstellenmerkmals "Teamwork"
in Kapitel 6.6.1.1 bereits vorgestellte "Cross-Understanding"-Ansatz von Huber und
Lewis (2010) unterstützt diese Vorschläge. Die Autoren halten fest, dass das Verständnis
für die Sichtweise der anderen Abteilung durch gemeinsame Arbeitserfahrung sowie
durch gegenseitiges Beobachten gefördert werden kann (S. 7).
Die Mitarbeiter der Abteilungen müssen ihren Fähigkeiten gegenseitig vertrauen
können: Wenn sich der Informationsfluss auf diejenigen Elemente beschränkt, bei denen
der Sender davon ausgeht, dass sie für den Empfänger eine hohe Priorität haben, setzt
dies ein hohes Vertrauen in die Fähigkeiten der jeweils anderen Abteilung zur Selektion
und Interpretation von Informationen voraus (vgl. dazu auch Gupta und Wilemon, 1988).
Wenn z. B. ein Revenue-Manager davon ausgeht, dass sein Kollege im Vertrieb stets nur
unzureichende Informationen weiterleitet, wird er viel Zeit in die eigene
Informationsrecherche investieren müssen. Die angestrebte Reduktion des
Informationsaufwandes wird auf diese Weise nicht erreicht.
Eine Möglichkeit, das gegenseitige Vertrauen zu stärken, ist z. B. die Veranstaltung
gemeinsamer Workshops. Dadurch können sich die Mitarbeiter beider Abteilungen von
den Fähigkeiten und Qualitäten ihrer Kollegen bei der Selektion und Interpretation von
Informationen in der jeweils anderen Abteilung überzeugen.
Forschungsergebnisse 223
Die Informationsweitergabe muss explizit von den Mitarbeitern gefordert werden: Aus
Perspektive des einzelnen Mitarbeiters ist die Weitergabe von Informationen zunächst
ein Aufwand, dem kein direkter Ertrag entgegensteht. Mittel- und langfristig profitieren
zwar sämtliche Mitarbeiter von einem offenen Informationsaustausch. Dies ändert jedoch
nichts daran, dass die eigentliche Informationsweitergabe meist ohne direkte
Gegenleistung erfolgt. Barua und Ravindran (1996, S. 263 ff.) bezeichnen dies in ihrer
Analyse der Hindernisse im intraorganisationalen Informationsaustausch mit einer
kurzsichtigen Perspektive der Mitarbeiter. Weiter führen die beiden Autoren aus, dass
neben dem Ausbleiben einer direkten Gegenleistung auch der Verlust von privatem
Wissen die Weitergabe von Informationen einschränkt. Unter Berufung auf Olson (1965)
argumentieren sie, dass ein privates Gut für den Besitzer mehr Wert hat als ein
öffentliches Gut. Durch die Weitergabe einer Information verliert diese somit für den
Besitzer an Wert. Mesmer-Magnus und DeChurch (2009, S. 543) halten zusätzlich fest,
dass der Informationsaustausch dadurch begünstigt wird, dass die Mitarbeiter einander
sehr ähnlich sind. Wie die Untersuchungen zur Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb gezeigt haben, ist davon auszugehen, dass diese Ähnlichkeit
der Mitarbeiter nicht gegeben ist. Die unterschiedlichen Leistungsaufträge und die damit
verbundenen, divergierenden Stellenprofile der beiden Abteilungen haben zur
Konsequenz, dass Revenue-Manager und Vertriebsmitarbeiter unterschiedliche
Kompetenzen aufweisen. Daher muss der Informationsaustausch explizit von den
Mitarbeitern beider Abteilungen gefordert werden. Dies kann z. B. dadurch erreicht
werden, dass die Informationsweitergabe an die jeweils andere Abteilung Bestandteil der
Stellenbeschreibung der Mitarbeiter ist.
Die Untersuchung von Mesmer-Magnus und DeChurch (2009) bietet zusätzliche
Anhaltspunkte zur Förderung des Informationsaustausches. Die Autoren untersuchen
zwar den Informationsaustausch innerhalb eines Teams, einige Erkenntnisse lassen sich
jedoch gut auf einen interdepartementalen Kontext übertragen. Die Autoren
unterscheiden zunächst zwei Arten von Entscheidungssituationen, überlegungsbasierte
(intellective tasks) und einschätzungsbasierte (judgemental tasks). Bei ersteren geht es
darum, basierend auf möglichst vielen Fakten die richtige Entscheidung zu treffen, bei
letzteren hingegen besteht die Aufgabe darin, als Gruppe zu einem Konsens zu gelangen.
Mesmer-Magnus und DeChurch halten fest, dass der Informationsaustausch in
überlegungsbasierten Entscheidungssituationen wesentlich besser funktioniert als bei
einschätzungsbasierten Entscheiden. Es ist daher sinnvoll, die Aufgaben der beiden
Abteilungen Revenue Management und Vertrieb als sog. "intellective tasks" zu
224 Forschungsergebnisse
formulieren. Weiter halten die Autoren fest, dass ein klar strukturierter Dialog einem
freien Interaktionsverlauf hinsichtlich des Informationsaustausches überlegen ist.
Dementsprechend empfiehlt sich im Hinblick auf die Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb eine klare Strukturierung des Dialogs zwischen den beiden
Abteilungen. Schliesslich führen die Autoren auch aus, dass ein kooperationsorientiertes
Unternehmensklima einem aktiven Informationsaustausch sehr förderlich ist.
6.6.2.3 Erweiterung des zeitlichen Fokus der Zusammenarbeit
Sämtliche Fallstudien dokumentierten eine starke Fokussierung der Interaktionen
zwischen Revenue Management und Vertrieb auf kurzfristige Massnahmen.
Dementsprechend adressieren die beiden Abteilungen gemeinsam in erster Linie
Problemsituationen im Abverkauf von Risikokapazitäten und definieren
Massnahmenpakete zum Verkauf dieser Kapazitäten. Dadurch wird der Aspekt der
aktiven Steuerung von stark nachgefragten Leistungsangeboten vernachlässigt, der
eigentlich ein wichtiges Ziel des Revenue Management darstellt.19 So kann z. B. ein
Reiseveranstalter für eine stark nachgefragte Destination den Vertriebsfokus auf eine
höhere Zimmerkategorie legen, um auf diese Weise zusätzlich von der hohen Nachfrage
profitieren zu können. Das Revenue Management kann dazu eine neue Buchungsklasse
öffnen, die es erlaubt, die höhere Zimmerkategorie zu einem attraktiven Preis zu buchen.
Gleichsam kann eine Fluggesellschaft bei einer stark nachgefragten Destination durch ein
attraktives Business-Class-Angebot zusätzliche Passagiere für diese höhere Preisklasse
gewinnen. Sowohl für die Identifikation dieser Potenziale als auch für die Ausarbeitung
und Umsetzung konkreter Massnahmen ist die Zusammenarbeit zwischen den beiden
Funktionsbereichen von zentraler Bedeutung.
Eine Möglichkeit, die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb auf
mittel- und langfristige Themen zu erweitern, besteht in der fixen Einräumung von
Diskussionszeiten im Rahmen der institutionalisierten Interaktionspunkte. Das Wissen
um das Potenzial dieses Aspekts des Revenue Management war bei allen untersuchten
Unternehmen vorhanden. Meistens fehlt jedoch die Zeit, neben dringenden
Abverkaufsthemen noch mittel- oder gar langfristige Potenziale zu diskutieren. Durch die
fixe Reservierung eines Zeitfensters für solche Themen kann diesem Umstand
entgegengewirkt werden.
19 Vgl. dazu die Definition des Revenue-Management-Begriffs in Kapitel 2.1.1.
Forschungsergebnisse 225
6.6.2.4 Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Überblick
Die eben vorgestellten Alternativen zur Optimierung der untersuchten, organisationalen
Schnittstelle werden in Abbildung 45 in einer Übersicht dargestellt.
Abbildung 45: Zusammenfassung der Verbesserungs- und Entwicklungspotenziale Quelle: eigene Darstellung.
6.6.3 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung der Verbesserungspotenziale
Die wissenschaftliche Literatur zur Implementierung von strategischen Initiativen lässt
sich grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen. Zum einen gibt es Studien, die mithilfe
eines Konzepts sämtliche relevanten Aspekte einer erfolgreichen Implementierung zu
erfassen versuchen. Dazu zählt zum Beispiel das bekannte Sieben-"S"-Konzept von
Waterman, Peters und Phillips (1980), wonach die Implementierung einer strategischen
Initiative aus dem Zusammenspiel der Faktoren Strategie, Struktur, Systeme (Prozesse),
(Führungs-) Stil, Mitarbeiter, Fähigkeiten sowie übergeordnete Ziele der Organisation
besteht. Zum anderen gibt es Arbeiten, die die Strategieimplementierung als Prozess
untersuchen und mehrstufige, sequentielle Implementierungsmodelle herleiten. Als
Beispiel sei hier der zehnstufige Implementierungsprozess von Vasconcellos e Sa (1990,
zit. in Okumus, 2003, S. 874) genannt.
Ist-Situation Ziel Massnahmen
Viele Entscheidun-gen werden durch eine Abteilung ohne Abstimmung getroffen
Intensivierung
der Diskussion in
Entscheidungs-
situationen
• Gleichwertige Beurteilung der Relevanz von Revenue Management und Vertrieb insb. durch das Top-Management
• Vergleichbarmachen der unterschiedlichen Leistungsbeiträge der Funktionsbereiche
• Hohe Transparenz relevanter Informationen• Beidseitige Fähigkeit zur Informationsverarbeitung resp. -interpretation
Der Austausch von Informationen steht im Zielkonflikt zwischen laufender Aktualität & Infor-mationsüberfluss
Verbesserung
des Informa-
tionsflusses
zwischen den
Abteilungen
• Schaffung institutionalisierter Gefässe und informeller Wege zum Informationsaustausch
• Gegenseitige Kommunikation der Informationsbedarfe• Förderung des gegenseitigen Vertrauens• Explizite Aufforderung zur Infrormationsweitergabe
Die Interaktion zw. den Abteilungen fokussiert auf kurzfristige Massnahmen
Erweiterung des
zeitlichen Fokus
der Zusammen-
arbeit
• Schaffung eines fixen Zeitfensters zur Diskussion mittel-und langfristiger Themen
226 Forschungsergebnisse
Da die aufgeworfene Frage nach Erfolgsfaktoren in der Implementierung eher
grundsätzlicher Natur ist, orientiert sich die Diskussion dieses Aspekts nicht an einem
Modell eines konkreten Implementierungsprozesses, sondern an einem Konzept mit
mehreren, sich gegenseitig beeinflussenden Dimensionen. Das Modell wurde von
Okumus (2003) entwickelt und besteht aus 5 grundsätzlichen Dimensionen: externes
Umfeld, internes Umfeld, Inhalt der strategischen Initiative, Implementierungsprozess im
engeren Sinne sowie Ergebnisse. Abbildung 46 zeigt diese Dimensionen mit den
jeweiligen Unterpunkten in einer Übersicht.
Forschungsergebnisse 227
Abbildung 46: Konzept zur Implementierung von strategischen Initiativen Quelle: Okumus (2003); eigene Übersetzung.
Inhalt: Ausgangspunkt des Modells von Okumus ist die Frage, warum eine strategische
Initiative initiiert wird und was sie beinhaltet. Er hält unter anderem fest, dass die
Massnahmen mit der übergeordneten Unternehmensstrategie übereinstimmen müssen,
dass die Ziele der Initiative klar formuliert sein müssen sowie dass ihre Auswirkungen
auf andere strategische Projekte (aktuelle und künftige) bedacht werden müssen.
Externes Wettbewerbsumfeld: Okumus wertet Veränderungen und Unsicherheiten im
externen Umfeld zum einen als Auslöser für strategische Veränderungen. Zum anderen
muss eine Firma zu antizipieren versuchen, wie das externe Umfeld auf die strategische
Initiative reagieren wird. Sowohl Reaktionen von Kunden als auch von Wettbewerbern
können dazu führen, dass sich die angestrebte strategische Veränderung negativ auf den
Erfolg der Firma auswirken. Bei der Umsetzung müssen sowohl das aktuelle externe
Umfeld als auch potenzielle Veränderungen berücksichtigt werden.
Internes, organisatorisches Umfeld: Analog zum externen Wettbewerbsumfeld kann
auch das interne, organisatorische Umfeld Auslöser für eine strategische Veränderung
sein. Und ebenfalls analog zum externen Umfeld spielt der interne Kontext eine zentrale
Rolle bei der erfolgreichen Implementierung von strategischen Initiativen. Zum einen
geht es darum, dass die Veränderung sowohl der formellen als auch der informellen
Organisationsstruktur der Firma Rechnung trägt. Weiter gilt es, die Organisationskultur
zu berücksichtigen. Unter diesem Begriff versteht Okumus "das gemeinsame Verständnis
der Mitarbeiter, wie Dinge innerhalb einer Organisation gemacht werden sollten" (S.
Externes Wettbewerbsumfeld• Erwartete Reaktion von Kunden und Wettbewerbern
Internes, organisatorisches Umfeld• Organisationsstruktur (Zuständigkeiten, Entscheidungsprozesse)• Organisationskultur (Werte, Traditionen und Standards)• Leadership (Involvierung des Top-Managements)
Implementierungsprozess• Umsetzungsplanung (Abschätzung Zeit- u. Ressourcenbedarf)• Ressourcenallokation (personelle und finanzielle Ressourcen)• Kommunikation (Information über Veränderungen)• Mitarbeiter (Entwicklung von Bereitschaft und Fähigkeiten)• Umsetzungscontrolling
InhaltAusgestaltung einerInitiative; konsistent mit der Gesamt-entwicklung
ErgebnisBeabsichtigte u. unbeabsichtigteErgebnisse
228 Forschungsergebnisse
876, eigene Übersetzung). Bei der Implementierung einer strategischen Veränderung gilt
es, deren Auswirkungen auf die Organisationskultur zu beachten. Abschliessend hält
Okumus fest, dass hinsichtlich des internen Umfelds die Unterstützung des Top-
Managements bei strategischen Veränderungsprozessen von zentraler Bedeutung ist.
Implementierungsprozess: Mit dieser Dimension adressiert Okumus in seinem Konzept
zur Strategieimplementierung den eigentlichen Implementierungsprozess im engeren
Sinne. Er fordert Firmen zunächst auf, eine sorgfältige Umsetzungsplanung
durchzuführen. Ausgehend davon ist eine adäquate Allokation von personellen und
finanziellen Ressourcen, eine laufende, offene Kommunikation hinsichtlich der
Veränderungen sowie die Entwicklung der Mitarbeiter hinsichtlich Fähigkeit und
Bereitschaft, mit der veränderten Situation während und nach Abschluss der
Implementierung umzugehen, von zentraler Bedeutung. Abschliessend ist es für eine
erfolgreiche Implementierung wichtig, ein laufendes Umsetzungscontrolling zu
etablieren. Analog zum Aspekt der Organisationskultur gilt es Okumus folgend, sowohl
formelle als auch informelle Ausprägungen des Controllings zu berücksichtigen.
Ergebnis: Okumus rundet sein Konzept mit einer Betrachtung des Ergebnisses des
Implementierungsprozesses ab. Dabei ist es wichtig, sowohl beabsichtigte als auch
unbeabsichtigte Ergebnisse zu evaluieren. Gegebenenfalls bildet diese Analyse den
Ausgangspunkt für weitere strategische Veränderungen, zur Ergänzung oder zur
Verbesserung der bereits erzielten Ergebnisse.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Fallstudien hinsichtlich der Erfolgsfaktoren für
die Implementierung von Verbesserungen der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb ausgewertet. Das Konzept von Okumus (2003) dient dabei als
Orientierungsraster. Es wurde in den Gesprächen zwar als Strukturierungshilfe
verwendet, jedoch nicht Punkt für Punkt abgefragt. Dementsprechend finden sich in den
Fallstudien nicht zu allen Dimensionen und Unterpunkten entsprechende Kommentare.
6.6.3.1 Externes Wettbewerbsumfeld
Die im Rahmen der Fallstudien untersuchten Firmen dokumentierten übereinstimmend,
dass bei der Implementierung von strategischen Veränderungen hinsichtlich der
Funktionsbereiche Revenue Management und Vertrieb meist grosse Eile geboten ist.
Dies ist zum einen auf die hohe Dynamik zurückzuführen, mit der sich die Airline- resp.
die Reiseveranstaltungsindustrie weiterentwickelt, z. B. bezogen auf die zur Verfügung
stehenden Vertriebskanäle. So bieten beispielsweise viele Reiseveranstalter ihren
Forschungsergebnisse 229
Kunden seit kurzem die Möglichkeit an, ihre Reisen auch für klassische
Pauschalreisedestination selbst zusammenzustellen (sog. Dynamic Packaging). Nach
erfolgter Einführung durch wenige Veranstalter sahen sich die restlichen Veranstalter
aufgrund der hohen Kundenakzeptanz veranlasst, ihren Kunden möglichst schnell eine
vergleichbare Buchungsalternative zur Verfügung zu stellen. Je länger mit der
Implementierung des sog. Dynamic Packaging gewartet wurde, desto höher war das
Risiko, Kunden an Konkurrenzunternehmen zu verlieren. Zum anderen stellen
Implementierungsprozesse für Unternehmen jeweils einen hohen Kostenblock dar. Je
mehr Ressourcen dadurch gebunden werden, desto stärker wirken sich diese Kosten als
nicht aktivierbarer Aufwand negativ auf den Unternehmensgewinn aus. Vor diesem
Hintergrund bleibt den Unternehmen oft wenig Zeit, sich mit den langfristigen
Auswirkungen dieser Veränderung auf das externe Umfeld auseinanderzusetzen.
Trotzdem ist es hinsichtlich des langfristigen Erfolgs einer Veränderung der Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb von zentraler Bedeutung, dass die Firma
sich ein möglichst genaues Verständnis möglicher Entwicklungen des
Wettbewerbsumfeldes erarbeitet. Dabei geht es sowohl um exogene Veränderungen, also
solche, die nicht durch die angestrebte Initiative beeinflusst werden, als auch um
endogene Veränderungen, die durch die Initiative selbst bedingt werden. Hinsichtlich
exogener Entwicklungen empfiehlt es sich, regelmässige Marktanalysen durchzuführen.
So kann z. B. mithilfe einer detaillierten Analyse des Verhaltens relevanter
Wettbewerber, kombiniert mit einer Befragung wichtiger Kundengruppen, ein
realistisches Bild möglicher Entwicklungsszenarien für Kunden- und
Wettbewerbsverhalten erarbeitet werden. Demgegenüber geht es bei endogenen
Veränderungen in erster Linie darum, die langfristigen Implikationen der angestrebten
Veränderung kunden- und wettbewerbsseitig herauszuarbeiten. Basis hierfür können z.
B. spieltheoretische Überlegungen sein, wie sie unter anderem im Rahmen des sog.
Wargaming eingesetzt werden (vgl. u. a. Oriesek und Schwarz, 2009; Schwarz, 2009).
Bei dieser strategischen Planungstechnik wird versucht, im Rahmen eines über mehrere
Runden andauernden Spiels, die strategischen Entscheidungen der eigenen Firma, der
relevanten Wettbewerber sowie der Kunden zu simulieren.
Weder eine umfangreiche regelmässige Marktanalyse zur Identifikation exogener
Entwicklungen noch ein Wargaming zur Simulation endogener Veränderungen von
Kunden und Wettbewerbern liefern ein exaktes Bild der künftigen Entwicklungen.
230 Forschungsergebnisse
Vielmehr erarbeiten die Firmen mehrere mögliche Szenarien, um sich darauf
vorzubereiten.
6.6.3.2 Internes, organisationales Umfeld
Organisationsstruktur: Eine Veränderung der Zusammenarbeit zwischen Revenue
Management und Vertrieb betrifft in den meisten Fällen die Verteilung der
Zuständigkeiten zwischen den beiden Funktionsbereichen. So hat z. B. die oben
angesprochene Intensivierung der Diskussion bei Entscheidungssituationen zur Folge,
dass die Zuständigkeiten hinsichtlich der zu klärenden Frage nicht mehr ausschliesslich
bei der einen oder anderen Abteilung liegen. Dieser Vorschlag kann nur dann erfolgreich
eingeführt werden, wenn die neuen Verantwortlichkeiten eindeutig zugeordnet sind.
Trifft dies nicht zu, besteht die grosse Gefahr, dass sich entweder die ursprünglichen
Prozesse wieder einstellen oder die Prozesse unvollständig ausgeführt werden. Dies lässt
sich auch auf die meisten anderen Veränderungen der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb übertragen. Die eindeutige Zuordnung der
Verantwortlichkeiten ist ein zentraler Erfolgsfaktor in der Implementierung der oben
genannten Verbesserungspotenziale.
Damit die vorgeschlagene, gleichmässigere Verteilung des Einflusses bei
Entscheidungssituationen nicht zu lähmenden Konflikten führt, ist es erforderlich, dass
die beiden Abteilungen einer einheitlichen Handlungsmotivation folgen. Wie bereits in
der Einleitung zu dieser Arbeit erwähnt, ist es unproblematisch und sogar teilweise
erstrebenswert, dass die beiden Funktionsbereiche unterschiedliche Perspektiven auf das
operative Geschäft vertreten. Hinsichtlich der grundsätzlichen Handlungs- und
Entwicklungsrichtung der Firma sollten die beiden Abteilungen jedoch einer Meinung
sein. Verfolgt die Firma zum Beispiel eine Wachstumsstrategie in einem bestimmten
Kundensegment, dann müssen sowohl das Revenue Management als auch der Vertrieb
darüber informiert sein und dies in ihren Entscheidungen hinsichtlich des Tagesgeschäfts
berücksichtigen.
Schliesslich ist ein weiterer Erfolgsfaktor bei der Implementierung mit Blick auf die
Organisationsstruktur die Vermeidung von zusätzlicher Komplexität für das
Tagesgeschäft durch die organisatorische Veränderung. Sämtliche der untersuchten
Firmen sehen sich aufgrund einer steigenden Angebotsbreite, laufend neu
hinzukommender Vertriebskanäle und eines steigenden Wettbewerbsdrucks mit einer
stetig steigenden Komplexität des operativen Geschäfts konfrontiert. Ein zusätzlicher
Forschungsergebnisse 231
Komplexitätsanstieg durch die Implementierung der Verbesserungsvorschläge würde
dazu führen, dass diese bei den Mitarbeitern wenig Rückhalt finden würden.
Eine häufige Konsequenz des von allen untersuchten Firmen angestrebten Wachstums
der Passagierzahlen und des Umsatzes und der damit verbundenen Vergrösserung des
Leistungsangebots und der Vertriebsstruktur ist die Tendenz zur steigenden
Institutionalisierung sämtlicher Prozesse. Dies trifft auch auf die Schnittstelle zwischen
Revenue Management und Vertrieb zu. Zum einen ist eine höhere Institutionalisierung
der Prozesse eine Möglichkeit, um mit dem angesprochenen Komplexitätsanstieg in der
Leistungserstellung und –distribution umzugehen. Zum anderen haben mehrere Autoren
die mit der steigenden Institutionalisierung verbundenen Formalisierung der
Arbeitsprozesse als integrierenden, konfliktreduzierenden Faktor identifiziert (vgl. u. a.
A. Griffin und Hauser, 1996; Maltz und Kohli, 2000). Diesem positiven Aspekt der
Institutionalisierung steht die Einsicht entgegen, dass dadurch die unternehmerische
Freiheit der Mitarbeiter eingeschränkt wird. Bei einem geringen
Institutionalisierungsgrad der operativen Prozesse hat jeder Mitarbeiter mehr
Möglichkeiten, entsprechend seines eigenen Ermessens zu handeln. Dadurch wird auch
die informelle Interaktion zwischen einzelnen Funktionsbereichen positiv beeinflusst.
Wiederum trifft diese Beschreibung sehr gut auf die Interaktion zwischen den beiden
Funktionsbereichen Revenue Management und Vertrieb zu. Bei Veränderungen an der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb sehen sich Firmen demnach
häufig mit einem Zielkonflikt zwischen der gewünschten Erhöhung des
Institutionalisierungsgrades und dem Erhalt einer möglichst hohen unternehmerischen
Freiheit der Mitarbeiter konfrontiert. Ziel einer erfolgreichen Implementierung von
Anpassungen an der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb sollte es
sein, eine möglichst passende Balance zwischen diesen beiden entgegenstehenden
Interessen zu finden. Ein möglicher Ausgangspunkt zur Identifikation des idealen
Mittelmasses in diesem Zielkonflikt ist eine Analyse der aktuellen Ausprägung der
unternehmerischen Freiheit, die die Mitarbeiter für sich in Anspruch nehmen können.
Während der aktuelle Institutionalisierungsgrad sehr gut eruiert werden kann, stellt die
unternehmerische Freiheit kein klar identifizierbares Konstrukt dar. Erst eine
entsprechende Befragung der betroffenen Mitarbeiter kann die nötigen Anhaltspunkte
liefern.
Insbesondere im Zusammenhang mit der Verbesserung des Informationsaustausches
besteht die Gefahr, dass Unternehmen einen starken Fokus auf die
232 Forschungsergebnisse
Informationsgenerierung und –bereitstellung legen, ohne dabei die
Informationsaufnahme und –verarbeitung zu bedenken. Wenn z. B. ein neues Tool
eingeführt wird, das den Mitarbeitern laufend die aktuellen Buchungsstände aufzeigt,
dann heisst das nicht automatisch, dass die entsprechenden Informationen bei den
Adressaten tatsächlich ankommen. Dadurch entsteht die Gefahr, dass relevante
Informationen zwar aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden, jedoch trotzdem nicht
in die laufende Marktbearbeitung mit einfliessen. Bei einer allfälligen Anpassung des
Informationsflusses zwischen den Funktionsbereichen gilt es demnach, der menschlichen
Interaktion im ganzen Prozess genügend Bedeutung zu schenken. Dies lässt sich als
eigentlicher Erfolgsfaktor auch auf andere Aspekte der Weiterentwicklung der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb übertragen: Trotz immer
weiter reichender technischer Möglichkeiten ist die menschliche Interaktion an der
Schnittstelle zwischen den beiden Abteilungen nicht zu vernachlässigen.
6.6.3.3 Implementierungsprozess im engeren Sinne
Die Kommentare zum Implementierungsprozess im engeren Sinne beziehen sich auf die
Mitarbeiter, die vom Veränderungsprozess direkt betroffen sind. Wie Okumus (2003) in
seinem Modell festhält, gilt es darauf zu achten, dass bei den Mitarbeitern die
Bereitschaft zur Annahme der entsprechenden organisationalen Veränderung vorhanden
sein resp. geschaffen werden muss. Ein wirksames Mittel, um diese Bereitschaft zu
fördern, ist die Ausgestaltung der Massnahmen zum gegenseitigen Vorteil. Wenn sowohl
die Revenue-Manager, als auch die Vertriebsmitarbeiter klar erkennen können, dass die
organisationale Veränderung für sie positive Konsequenzen hat, wird die Anpassung mit
einer höheren Wahrscheinlichkeit umgesetzt.
Von einer organisationalen Veränderung der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb sind häufig die Interaktionen zwischen den Mitarbeitern
betroffen. Durch die oben vorgeschlagene Intensivierung der Diskussionen bei
Entscheidungssituationen kommt es z. B. zu regelmässigeren Interaktionen zwischen den
Mitarbeitern der beiden Abteilungen. Ein anderes Beispiel ist die stärkere Strukturierung
des Informationsflusses zwischen Revenue Management und Vertrieb, die dazu führt,
dass die Mitarbeiter bei der Informationsbeschaffung stärker voneinander abhängig sind.
Eine Grundvoraussetzung für die Implementierung beider Veränderungen ist, dass die
Mitarbeiter sich gegenseitig für glaubwürdig halten. Wie bei der Diskussion der
Fallstudien bereits ausgeführt, lasten beiden Funktionsbereichen zahlreiche Vorurteile
an, die sich negativ auf die gegenseitige Glaubwürdigkeit auswirken. So gelten
Forschungsergebnisse 233
Vertriebsmitarbeiter meist als stark intuitiv arbeitende Personen, während den Revenue-
Managern der Ruf der Zahlenfokussierung vorauseilt. Dem kann entgegengewirkt
werden, indem z. B. den Mitarbeitern der Abteilungen regelmässig die Möglichkeit
geboten wird, z. B. im Rahmen von gemeinsamen Workshops Vertrauen in die
Fähigkeiten der Kollegen aus der jeweils anderen Abteilung aufzubauen.
6.6.3.4 Erfolgsfaktoren der Implementierung im Überblick
Abbildung 47 fasst die identifizierten Erfolgsfaktoren in einer Übersicht zusammen.
Abbildung 47: Übersicht Erfolgsfaktoren der Implementierung Quelle: Fallstudien A-D; eigene Darstellung.
6.6.4 Zusammenfassung
Die im Rahmen der Fallstudien untersuchten Firmen weisen unterschiedliche
Entwicklungsstände im Revenue Management aus. Erwartungsgemäss ist das Revenue
Management bei den beiden Fluggesellschaften funktionell und systemtechnisch weiter
fortgeschritten als bei den Reiseveranstaltern. Trotzdem stehen die Unternehmen
hinsichtlich der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb vor ähnlichen
Herausforderungen. Die vergleichende Analyse der Fallstudien hat klare Ansätze zur
Verbesserung und Entwicklung dieser organisationalen Schnittstelle gezeigt. Zum einen
kann der Prozess der Entscheidungsfindung dahingehend verbessert werden, dass eine
intensivere Abstimmung zwischen den beiden Funktionsbereichen erfolgt. Dies bezieht
Dimension nach Okumus (2003) Erfolgsfaktor
Externes Umfeld Entwicklung möglicher Szenarien exogener und endogener Veränderungen im Wettbewerbsumfeld
Internes Umfeld Eindeutige und explizite Zuordnung der Verantwortlichkeiten nach der organisationalen VeränderungOrganisationsstruktur
Sicherstellung einer einheitlichen, grundsätzlichen Handlungsmotivation zwischen den Abteilungen
Vermeidung zusätzlicher, organisationaler Komplexität durch die angestrebte Veränderung
Balance im Zielkonflikt zwischen steigender Institutionalisierung und unternehmerischer Freiheit
Keine Vernachlässigung der menschlichen Interaktion zwischen den Abteilungen
Ausgestaltung der Massnahmen zum gegenseitigen VorteilImplementierungsprozess im engeren Sinne
Förderung der gegenseitigen Glaubwürdigkeit der Mitarbeiter
234 Forschungsergebnisse
sich sowohl auf marktbezogene Entscheidungen als auch auf Fragen zu internen
Veränderungen. Weiter bietet der Informationsaustausch zwischen den beiden
Abteilungen kontinuierliches Verbesserungspotenzial. Hier gilt es, eine adäquate Balance
zwischen laufend aktualisierten Informationen und einer drohenden
Informationsüberflutung zu finden. Schliesslich sollte der zeitliche Fokus der
Zusammenarbeit auch auf mittel- und langfristige Themen ausgeweitet werden. Aktuell
beschränkt sich die Interaktion zwischen Revenue Management und Vertrieb oft auf die
Ausarbeitung kurzfristiger Massnahmen zur Beseitigung aktueller Probleme.
Hinsichtlich der Implementierung dieser Verbesserungspotenziale konnten im externen
Umfeld, im internen Kontext sowie beim Implementierungsprozess im engeren Sinne
Erfolgsfaktoren identifiziert werden.
Abschliessend ist festzuhalten, dass alle Fallstudien Momentaufnahmen darstellen, die
sich insbesondere aufgrund des angestrebten Wachstums stark verändern können.
Schlussbetrachtung 235
7 Schlussbetrachtung
In diesem abschliessenden Kapitel werden die zentralen Erkenntnisse dieser Arbeit
zusammengefasst (Kapitel 7.1) und hinsichtlich ihrer Implikationen für die
wissenschaftliche Forschung und die unternehmerische Praxis untersucht (Kapitel 7.2).
Schliesslich werden auch die Limitierungen dieser Arbeit aufgezeigt und daraus wird
weiterer Forschungsbedarf abgeleitet (Kapitel 7.3).
7.1 Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse
Der zentrale Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist die organisatorische
Verankerung von Revenue-Management-Systemen. Konkret wird die organisationale
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb hinsichtlich möglicher
Ausgestaltungen sowie ihrer Performance-Relevanz untersucht. Im Zentrum der
Untersuchung stehen Dienstleistungsunternehmen, die bereits über ein
institutionalisiertes Revenue Management verfügen. Dementsprechend wurden bei der
Erhebung empirischer Daten vorrangig Unternehmen aus der Airline-, Hotel- und
Reiseveranstaltungsindustrie berücksichtigt.
Den Ausgangspunkt dieses Forschungsprojekts bildete eine Reihe explorativer
Interviews mit Experten aus der unternehmerischen Praxis über aktuelle Management-
Herausforderungen im Bereich des Revenue Management. Die Gesprächspartner nannten
die organisationale Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
übereinstimmend als schwierigen, wenngleich relevanten Aspekt der organisatorischen
Verankerung von Revenue-Management-Systemen. Die Aufarbeitung der relevanten
Literatur zum Revenue Management zeigt, dass noch keine wissenschaftlichen
Erkenntnisse zur Ausgestaltung dieser organisationalen Schnittstelle besteht. Die Arbeit
orientiert sich an den folgenden Forschungsfragen:
1. Welches sind die entscheidenden Merkmale oder Charakteristika der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb?
2. Wie können diese Charakteristika zu typischen Ausgestaltungen
(Kategorien) der Schnittstelle zusammengefasst werden?
3. Hat die Ausgestaltung der Schnittstelle einen Einfluss auf den Erfolg des
Revenue-Management-Systems?
236 Schlussbetrachtung
4. Welche Kontextfaktoren beeinflussen den Erfolg des Revenue-Management-
Systems?
5. Welche Verbesserungspotenziale lassen sich aus diesen Erkenntnissen für
die aktuelle Situation in Unternehmen ableiten?
Ausgehend von einem breiten theoretischen Fundament wurden vier Gruppen von
Merkmalen zur Charakterisierung der Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb gebildet. Es wurde zwischen (1) strukturellen Aspekten, (2) Verhaltensnormen,
(3) Machtverhältnissen und (4) mitarbeiterbezogenen Aspekten unterschieden. Basierend
auf den Umfrageergebnissen wurden mit den herausgearbeiteten
Schnittstellenmerkmalen vier unterschiedliche Schnittstellenkategorien gebildet und
analysiert. Entscheidend für die Kategorisierung waren zum einen die Ausgestaltung der
Machtverhältnisse sowie die Ausprägung des Konfliktverhaltens zwischen den beiden
Funktionsbereichen.
Es konnte gezeigt werden, dass sich eine gleichmässige Machtverteilung20 sowie ein
konsensorientiertes Konfliktverhalten positiv auf die Qualität der Zusammenarbeit
zwischen den beiden Funktionsbereichen auswirkt. Diese Ergebnisse decken sich mit
bestehenden Erkenntnissen aus Untersuchungen zu organisatorischen Schnittstellen,
allerdings unter Berücksichtigung anderer Funktionsbereiche. Damit konnte die Wirkung
der Kategoriewahl auf die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den beiden
Funktionsbereichen belegt werden. In einem zweiten Schritt konnte darüber hinaus
gezeigt werden, dass sich eine hohe Qualität der Zusammenarbeit gleichsam positiv auf
den Revenue-Management-Erfolg wie auch auf den Vertriebserfolg auswirkt.
Ausgehend von vier qualitativen Fallstudien wurden diese Ergebnisse verifiziert und
ergänzt. Es wurden konkrete Massnahmen entwickelt, die die Ausprägung von einseitig
dominierten Machtverhältnissen verhindern, resp. bestehende Ungleichgewichte
abbauen. So ist es z. B. wichtig, dass die Leistungsbeiträge beider Abteilungen direkt
miteinander vergleichbar sind, damit eine gleichberechtigte Diskussion unterschiedlicher
Perspektiven möglich ist.
20 Die positive Wirkung einer gleichmässigen Machtverteilung auf die Qualität der Zusammenarbeit konnte bei der statistischen Auswertung ausgehend von der gängig geforderten Vertrauenswahrscheinlichkeit von 95% knapp nicht bestätigt werden. Quervergleiche mit bestehenden Untersuchungen aus anderen Industrien legen eine solche Wirkung trotzdem nahe (vgl. dazu auch Kapitel 7.3).
Schlussbetrachtung 237
Als weitere grosse Herausforderung im Management der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb konnte der Aspekt des Informationsaustausches identifiziert
werden. Konkret sehen sich die Unternehmen mit einem Zielkonflikt zwischen laufender
Aktualität und Informationsüberflutung konfrontiert. Es wurden wiederum konkrete
Massnahmen vorgeschlagen, um mit diesem Zielkonflikt umzugehen. Z. B. ist es
erforderlich, dass die Abteilungen die Informationsbedürfnisse der jeweils anderen
Abteilung gut kennen, um die Informationsweitergabe auf die relevanten Aspekte zu
beschränken.
Schliesslich konnte gezeigt werden, dass der zeitliche Fokus der Zusammenarbeit
zwischen Revenue Management und Vertrieb ausgeweitet werden sollte. Durch eine
ausschliessliche Fokussierung auf die kurzfristige Lösung von aktuell auftretenden
Problemen entgeht den Firmen bedeutendes Umsatzpotenzial.
Bei der Implementierung dieser Verbesserungspotenziale muss ein Unternehmen sowohl
externe als auch interne Kontextfaktoren berücksichtigen. Weiter ist es förderlich für die
Implementierung, wenn die Verbesserungsmassnahmen zum gegenseitigen Vorteil
ausgestaltet sind und wenn in den Abteilungen eine grosse Vertrauensbasis gegenüber
den Mitarbeitern der anderen Abteilung besteht.
7.2 Implikationen für Wissenschaft und Praxis
Zunächst werden die Forschungsergebnisse auf ihre Implikationen für die
wissenschaftliche Forschung untersucht, anschliessend folgt eine Analyse der
resultierenden Implikationen für die unternehmerische Praxis.
7.2.1 Implikationen für die wissenschaftliche Forschung
Die Aufarbeitung der relevanten Literatur gliederte sich in zwei Blöcke. Zum einen
wurden die aktuellen Beiträge im Bereich der Revenue-Management-Forschung
untersucht und zum anderen die aktuellen Forschungsergebnisse zu inter- und
intraorganisationalen Schnittstellen. Dieser Zweiteilung folgt auch die Diskussion der
Implikationen dieser Arbeit für die wissenschaftliche Forschung.
238 Schlussbetrachtung
Implikationen für die Revenue-Management-Forschung: Diese Arbeit hat gezeigt, dass
der Forschung zu Managementproblemen rund um das Revenue Management21 eine hohe
Bedeutung zukommt bei der Erklärung des Erfolges von Revenue-Management-
Systemen. Lieberman (2003, S. 103) folgend ist dieser Teil der Revenue-Management-
Forschung nach wie vor ungenügend entwickelt. Es muss dementsprechend das Ziel der
künftigen Revenue-Management-Forschung sein, nebst der inhaltlichen und technischen
Weiterentwicklung einen aktiven wissenschaftlichen Dialog zu den unternehmerischen
Herausforderungen rund um das Thema des Revenue Management zu führen.
Untersuchungen zu Managementproblemen rund um das Revenue Management wählen
daher idealerweise ein exploratives Vorgehen, um die Gefahr, nicht antizipierte
Zusammenhänge zu übersehen, zu minimieren. Eine qualitative Forschungsmethodik
oder eine Kombination von qualitativen und quantitativen Forschungskomponenten
scheint vor diesem Hintergrund sinnvoll.
Das Feedback auf den umfragebasierten Forschungsteil dieser Arbeit lässt den
Rückschluss zu, dass in vielen Unternehmen das Revenue Management noch nicht stark
institutionalisiert ist, sondern von Produktmanagern oder Vertriebsmitarbeitern als
Zusatzaufgabe zu ihren eigentlichen Aufgabengebieten erledigt wird. Zahlreiche
Unternehmen äusserten jedoch die Absicht, die Revenue-Management-Funktion stärker
zu institutionalisieren. Es ist also davon auszugehen, dass die Bedeutung der Revenue-
Management-Forschung im Allgemeinen und der deskriptiven Revenue-Management-
Forschung im Speziellen in Zukunft weiter steigen wird. Relevante Aspekte der
deskriptiven Revenue-Management-Forschung sind dieser Arbeit zufolge insbesondere
die Ausgestaltung der Machtverhältnisse zwischen dem Revenue Management und
anderen Abteilungen sowie das Management der Informationsflüsse von anderen
Abteilungen zum Revenue Management und vice versa.
Implikationen für die Forschung zu organisatorischen Schnittstellen: Ein wesentlicher
Teil dieser Arbeit besteht in der Konzeptionalisierung dieser organisationalen
Schnittstelle. Aufbauend auf einer breiten theoretischen Fundierung wurde ein
umfassendes Konzept zur Charakterisierung der organisationalen Schnittstelle
entwickelt. Dieses kann auch bei der Analyse der Interaktion des Revenue Management
mit anderen Funktionsbereichen eingesetzt werden.
21 In Abbildung 1 wurde dieser Teil der Revenue-Management-Forschung als "deskriptive Revenue-Management-Forschung" bezeichnet.
Schlussbetrachtung 239
Weiter wurden die Ausgestaltung der Machtverhältnisse (einseitig dominiert vs.
gleichberechtigt) sowie die Ausprägung des Konfliktverhaltens (konsensorientiert vs.
konfliktorientiert) als signifikante Prädiktoren für die Qualität der Zusammenarbeit
zwischen zwei Funktionsbereichen identifiziert. Untersuchungen mit dem Ziel, die
Qualität von intraorganisationaler Zusammenarbeit zu erforschen, können diese
Studienergebnisse als Ausgangspunkt für die Identifikation von Determinanten der
Zusammenarbeitsqualität nehmen.
Die qualitativen Untersuchungen im Rahmen der Fallstudien haben gezeigt, dass die
Ausgestaltung organisationaler Schnittstellen stark durch die spezifische Situation im
jeweiligen Unternehmen geprägt ist. Dies stellt für die Forschung zu organisationalen
Schnittstellen eine grosse Herausforderung hinsichtlich der Generalisierbarkeit der
Ergebnisse dar. Im Rahmen von qualitativen Untersuchungen ist dementsprechend
erforderlich, dass in unterschiedlichen Industrien jeweils mehrere Unternehmen
untersucht werden.
7.2.2 Implikationen für die unternehmerische Praxis
Mit dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass der organisatorischen Verankerung von
Revenue-Management-Systemen zentrale Bedeutung zukommt, wenn es darum geht, die
Vorteile eines Revenue-Management-Systems voll auszuschöpfen. Eine hohe Qualität
der Zusammenarbeit zwischen den Funktionsbereichen Revenue Management und
Vertrieb hat positive Wirkung auf den spezifischen Erfolg der beiden Abteilungen.
Eine hohe Zusammenarbeitsqualität zwischen Revenue Management und Vertrieb
entsteht nicht zufällig, sondern kann durch aktive Gestaltung der Schnittstelle zwischen
den beiden Funktionsbereichen stark beeinflusst werden. Diese organisationale
Schnittstelle kann durch vier Kategorien von Schnittstellenmerkmalen charakterisiert
werden (vgl. Abbildung 48). Diese charakteristischen Merkmale können als Stellgrössen
betrachtet werden, durch die die Ausgestaltung der Schnittstelle beeinflusst werden kann.
240 Schlussbetrachtung
Abbildung 48: Übersicht Schnittstellenmerkmale Quelle: eigene Darstellung.
Die gleichmässige Verteilung von Entscheidungsmacht sowie eine ausgeprägte
Konsensorientierung tragen zu einer hohen Qualität der Zusammenarbeit der beiden
Funktionsbereiche bei. Unternehmen sollten vor diesem Hintergrund darauf achten, dass
keine einseitigen Machtpositionen entstehen können, resp. dass bestehende
Ungleichgewichte abgebaut werden. Folgende vier Faktoren tragen zu einer
ausgeglichenen Verteilung der Machtverhältnisse bei:
1. Die Relevanz von Revenue Management und Vertrieb sollte innerhalb des
Unternehmens gleichwertig beurteilt werden. Den Einschätzungen des Top-
Managements kommt hierbei aufgrund ihrer hohen Signalwirkung eine
besonders hohe Bedeutung zu.
2. Die unterschiedlichen Leistungsbeiträge von Revenue Management und
Vertrieb sollten miteinander vergleichbar sein. Dadurch kann erreicht
werden, dass unterschiedliche Perspektiven in einer Diskussion
gleichwertige Berücksichtigung finden.
3. Sämtliche relevanten Informationen zur Ausgestaltung des eigenen
Leistungsangebots sowie über das Verhalten von Wettbewerbern und
Kunden müssen für beide Funktionsbereiche gleichermassen verfügbar sein.
Revenue Management
Vertrieb
Strukturelle Aspekte• Formalisierungsgrad• Standardisierungsgrad• Zentralisierungsgrad
• Physische und organisatorische Nähe• Gemeinsame Planung• Teamwork
Verhaltensnormen• Flexibilität• Informationsaustausch• Solidarität
Machtverhältnisse
Mitarbeiterbezogene Aspekte• Produktkenntnis• Marktkenntnis
• Kurzfristige vs. langfristigeOrientierung
• Konfliktverhalten
Schlussbetrachtung 241
4. Beide Funktionsbereiche sollten die Fähigkeit besitzen, diese relevanten
Informationen sowohl zu verarbeiten als auch zu interpretieren.
Des Weiteren stellt der Informationsaustausch zwischen den beiden Funktionsbereichen
eine grosse Herausforderung dar. Zum einen ist es erforderlich, dass sowohl die
Revenue-Manager als auch die Vertriebsmitarbeiter laufend über aktuelle Informationen
verfügen, damit sie ihre Leistungsaufträge optimal erfüllen können. Zum anderen steht
dieser laufenden Aktualisierung das Problem des Informationsübflusses entgegen.
Aufgrund der grossen Informationsfülle müssen beide Funktionsbereiche die
Informationsweitergabe auf die relevantesten Aspekte beschränken. Folgende
Massnahmen helfen, den Informationsaustausch zwischen den beiden Abteilungen zu
verbessern:
1. Für den Informationsaustausch müssen sowohl institutionalisierte Gefässe
als auch informelle Wege geschaffen werden.
2. Die beiden Funktionsbereiche müssen darin gefördert werden, ihre
gegenseitigen Informationsbedürfnisse möglichst genau zu kennen und zu
verstehen.
3. Das gegenseitige Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter der anderen
Abteilung soll gefördert werden.
4. Die Mitarbeiter der beiden Abteilungen müssen explizit zur aktiven
Weitergabe von relevanten Informationen aufgefordert sein.
Bei der Implementierung dieser Verbesserungsmassnahmen sowie von anderen
strukturellen und prozessualen Veränderungen der Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb muss sowohl dem externen Umfeld als auch dem internen
Kontext Rechnung getragen werden. Extern geht es in erster Linie darum, sowohl
exogene als auch endogene Veränderungen im Verhalten von Kunden und
Wettbewerbern zu antizipieren. Als exogene Veränderungen werden diejenigen
bezeichnet, die sich unabhängig vom Verhalten der eigenen Firma ergeben. Hierbei sind
insbesondere Markt- und Wettbewerbsanalysen eine aussagekräftige Informationsquelle.
Mit endogenen Veränderungen werden die Reaktionen von Kunden und Wettbewerbern
auf das Verhalten des eigenen Unternehmens bezeichnet. Hier sind unter anderem
spieltheoretische Analysen eine wichtige Informationsquelle.
Hinsichtlich des internen Kontexts muss sichergestellt werden, dass während und nach
Abschluss der strukturellen und prozessualen Veränderungen sämtliche
242 Schlussbetrachtung
Verantwortlichkeiten klar verteilt sind und dass eine einheitliche grundsätzliche
Handlungsmotivation besteht. Darüber hinaus sollte die Massnahme so ausgestaltet sein,
dass zusätzliche organisationale Komplexität so gut wie möglich vermieden wird. Es
geht vor diesem Hintergrund darum, eine möglichst adäquate Balance zwischen
steigender Institutionalisierung und unternehmerischer Freiheit zu finden. Dabei ist
darauf zu achten, dass die menschliche Interaktion zu keinem Zeitpunkt zu Gunsten
automatisierter Prozesse vernachlässigt wird.
Die Implementierung der Verbesserungsmassnahmen kann zusätzlich vereinfacht
werden, wenn beide Funktionsbereiche in der Veränderung einen spezifischen Vorteil für
ihren Tätigkeitsbereich erkennen können.
7.3 Limitierungen und weitergehender Forschungsbedarf
Diese Arbeit unterliegt zahlreichen Limitierungen im Untersuchungsfokus. Da die
deskriptive Revenue-Management-Forschung noch nicht sehr weit fortgeschritten ist,
konnten die Untersuchungen im Rahmen dieser Studie nicht auf ein breites Vorwissen
abgestützt werden. Des Weiteren hinaus unterliegt diese Arbeit auch Limitierungen bei
den empirischen Daten. Im Folgenden werden zunächst die Limitierungen im
Untersuchungsfokus diskutiert (Kapitel 7.3.1), anschliessend die Limitierungen bei den
empirischen Daten (Kapitel 7.3.2). Aus den angesprochenen Limitierungen wird jeweils
weiterer Forschungsbedarf abgeleitet.
7.3.1 Limitierungen im Untersuchungsfokus
Diese Arbeit fokussiert auf die Schnittstelle zwischen Revenue Management und
Vertrieb als einen zentralen Aspekt der organisatorischen Verankerung von Revenue-
Management-Systemen. Um ein vollständigeres Bild der organisatorischen Verankerung
zeichnen zu können, müssen jedoch weitere Schnittstellen des Revenue Management in
einer Organisation untersucht werden. In den Unternehmen sämtlicher berücksichtigter
Industrien ist z. B. die Schnittstelle zwischen dem Revenue Management und dem
Marketing von grosser Bedeutung. Doch auch industriespezifische Schnittstellen des
Revenue Management müssen berücksichtigt werden. Bei einer Airline handelt es sich
hierbei z. B. um die Schnittstelle zur Flugplanungsabteilung, bei einem Reiseveranstalter
z. B. um diejenige zu den einzelnen Produktabteilungen. Es besteht demzufolge weiterer
Forschungsbedarf in der Analyse weiterer Schnittstellen des Revenue Management. Das
Schlussbetrachtung 243
in dieser Arbeit entwickelte Modell kann dabei als Ausgangspunkt genommen werden,
um die angesprochenen Schnittstellen zu charakterisieren.
Eine weitere Limitierung im Untersuchungsfokus steht im Zusammenhang mit den
Kontextfaktoren. Bei der Formulierung der Modellspezifikation wurde eine Reihe von
Kontextfaktoren berücksichtigt, die die Zusammenarbeit von Revenue Management und
Vertrieb beeinflussen. Zur Reduktion der Komplexität der Analyse wurde beim
umfragebasierten Forschungsteil auf eine Berücksichtigung der Kontextfaktoren
verzichtet. Im Rahmen der Fallstudieninterviews wurden die Kontextfaktoren zwar
häufig implizit angesprochen. Auf eine ausführliche Diskussion sämtlicher
Kontextfaktoren und ihrer spezifischen Wirkung auf die Schnittstelle zwischen Revenue
Management und Vertrieb musste jedoch in den Fallstudieninterviews zu Gunsten der
adressierten Verbesserungspotenziale verzichtet werden. Weiterer Forschungsbedarf
besteht dementsprechend in der detaillierten Analyse der identifizierten Kontextfaktoren
und ihrer Wirkung auf die Zusammenarbeit zwischen den beiden Funktionsbereichen.
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf ausgewählten strukturellen und prozessualen Aspekten
der organisatorischen Verankerung von Revenue-Management-Systemen. Auf eine
vollständige Prozessanalyse des Revenue Management wurde bewusst verzichtet. Mit
dem Ziel, die Forschungsergebnisse besser in die unternehmerische Praxis einordnen zu
können, scheint eine detaillierte Betrachtung der Kernprozesse des Revenue
Managements jedoch sinnvoll. Konkret besteht der Bedarf, die identifizierten
Verbesserungs- und Entwicklungspotenziale der untersuchten Ausgestaltungen der
Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb für jeden Kernprozess des
Revenue Management zu diskutieren.
Die Art und Weise, wie die Mitarbeiter einer Firma miteinander zusammenarbeiten, ist
sehr stark geprägt durch die Unternehmenskultur. Der Definition von Deshpandé und
Webster (1989) folgend ist die Organisationskultur das "Muster gemeinsamer Werte und
Überzeugungen, das den Individuen erlaubt, das Funktionieren einer Organisation zu
verstehen, und dementsprechend Normen für das Verhalten in der Organisation
bereithält" (S. 4, eigene Übersetzung). Der Aspekt der Unternehmenskultur beeinflusst
dementsprechend zahlreiche der identifizierten Schnittstellenmerkmale, wie z. B. die
Ausgestaltung des Konfliktverhaltens. Um den praktischen Nachvollzug der
Modellspezifikation und der resultierenden Erkenntnisse nicht zu erschweren, wurde
darauf verzichtet, den Aspekt der Unternehmenskultur in die Modellspezifikation mit
aufzunehmen. Weitergehende Forschungsprojekte zum Thema der organisatorischen
244 Schlussbetrachtung
Verankerung von Revenue-Management-Systemen können demzufolge die Frage nach
der Wirkung verschiedener Ausprägungen der Unternehmenskultur auf die
Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb als Ausgangspunkt
nehmen.
Schliesslich ist als weitere Limitierung im Untersuchungsfokus anzuführen, dass sich
sowohl der umfragebasierte Forschungsteil als auch die Fallstudien auf Unternehmen
beschränkten, die über einen relativ hohen Institutionalisierungsgrad des Revenue
Management verfügen. Viele Firmen, verfügen jedoch, obwohl sie aktiv Revenue
Management betreiben, nicht über dedizierte Revenue-Manager. Die mit dem Revenue
Management verbundenen Aufgaben werden in diesen Fällen von Mitarbeitern in
anderen Abteilungen wie z. B. Marketing oder Vertrieb zusätzlich zu ihrem eigentlichen
Leistungsauftrag erfüllt. Es wäre interessant herauszuarbeiten, wie sich die Interaktion
zwischen den mit dem Revenue Management beauftragten Mitarbeitern und ihren
Kollegen aus anderen Funktionsbereichen in einem solchen Umfeld gestaltet. Ein
weitergehendes Forschungsprojekt kann die Erkenntnisse dieser Arbeit hinsichtlich
Machtverhältnissen, Konfliktverhalten und Informationsaustausch als Ausgangspunkt
nehmen und diese Aspekte im Kontext weniger institutionalisierter Revenue-
Management-Systeme untersuchen.
7.3.2 Limitierungen bei den empirischen Daten
Die Erhebung der empirischen Daten im Rahmen dieser Arbeit erfolgte sequentiell.
Zunächst wurden die quantitativen, umfragebasierten Daten erhoben, anschliessend
erfolgten die Fallstudienuntersuchungen. Dadurch war es möglich, die zentralen
Ergebnisse der Umfrageauswertung in den Fallstudieninterviews kritisch zu hinterfragen
und dadurch empirisch zu erhärten. Trotzdem ist der Stichprobenumfang des
umfragebasierten Forschungsteils mit n = 31 relativ klein. Dadurch entfällt die
Möglichkeit, die in den Kapiteln 6.1.1.1 bis 6.1.1.4 vorgenommene Differenzierung der
Schnittstellenkategorien mittels inferezstatistischer Analyse zu fundieren. Auch die
statistische Überprüfung der Performance Wirkung der Schnittstellenkategorien wird
durch die Stichprobengrösse eingeschränkt. Zum einen erlauben die Testergebnisse die
Ablehnung der Nullhypothese, die Ausgestaltung von Machtverhältnissen hat keinen
Einfluss auf die Qualität der Zusammenarbeit, lediglich auf einem Signifikanzniveau von
0.052. Dies ist vor dem Hintergrund der gängig geforderten
Vertrauenswahrscheinlichkeit von 95% kritisch zu sehen. Zum anderen manifestiert sich
Schlussbetrachtung 245
der geringe Stichprobenumfang in der ausgewiesenen Teststärke für die Bestätigung der
Hypothesen 2 und 3, welche mit 0.66 unter dem angestrebten Wert von 0.8 liegt. Darüber
hinaus besteht, wie in Kapitel 6.1.2.5 dokumentiert, die Möglichkeit, dass die unterstellte
Wirkungsrichtung zwischen der wahrgenommenen Zusammenarbeitsqualität und den
erhobenen Performance-Grössen in die entgegengesetzte Richtung verläuft. Vor diesem
Hintergrund erscheint es sinnvoll, insbesondere die aus der Umfrage gewonnenen
Erkenntnisse z. B. mithilfe einer Replikationsstudie zusätzlich empirisch zu untermauern.
Weiter stellen die in den Fallstudienuntersuchungen berücksichtigten Industrien eine
Limitierung dar. Die Fallstudien behandeln ausschliesslich die Airline- und die
Reiseveranstaltungsindustrie. Zwar werden pro Industrie zwei Unternehmen analysiert.
Dadurch kann sichergestellt werden, dass ein identifizierter Sachverhalt nicht einen
Ausnahmefall darstellt, sondern bei mehreren Unternehmen vorzufinden ist. Es ist jedoch
nicht auszuschliessen, dass in einer nicht berücksichtigten Industrie die Schnittstelle
zwischen Revenue Management und Vertrieb durch einen Aspekt charakterisiert wird,
der in den Fallstudien nicht angesprochen wird. Dementsprechend ist es notwendig, die
Fallstudienuntersuchungen auf weitere Industrien wie z. B. die Hotelindustrie
auszudehnen.
Schliesslich beschränkte sich die Erhebung der empirischen Daten geografisch auf das
deutschsprachige Europa. Dadurch konnte eine direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse
des umfragebasierten Forschungsteil sowie der Fallstudien sichergestellt werden. Auf der
anderen Seite kann dadurch die Frage nach der internationalen Anwendbarkeit der
Studienergebnisse nicht fundiert beantwortet werden. Die Verifikation der
Studienergebnisse sollte einen grösseren geografischen Fokus haben, um diese Frage
beantworten zu können.
7.3.3 Limitierungen und weitergehender Forschungsbedarf: Übersicht
Abschliessend werden die oben ausgeführten Aspekte des weitergehenden
Forschungsbedarfs in Abbildung 49 in einer Übersicht zusammengefasst.
246 Schlussbetrachtung
Abbildung 49: Zusammenfassung weitergehenden Forschungsbedarfs Quelle: eigene Darstellung.
Abschliessend ist hinsichtlich des weitergehenden Forschungsbedarfes nochmals
Folgendes festzuhalten: Die organisatorische Verankerung eines Revenue-Management-
Systems stellt das Management eines Unternehmens vor grosse Herausforderungen. Dies
trifft sowohl auf die Einführung als auch auf die Weiterentwicklung von Revenue-
Management-Systemen zu. Trotzdem hält die deskriptive Revenue-Management-
Forschung erst wenige Lösungsansätze für die angesprochenen Managementprobleme
bereit. Zahlreiche spontane Reaktionen auf dieses Forschungsprojekt haben gezeigt, dass
in der unternehmerischen Praxis ein grosses Interesse an Forschungsergebnissen zu
managementbezogenen Fragestellungen rund um das Revenue Management besteht.
Weitergehender Forschungsbedarf
Limitierung im Unter-suchungs-fokus
Analyse zusätzlicher Schnittstellen des Revenue Management zur vollständigeren Diskussion der organisatorischen Verankerung von Revenue-Management-Systemen
Analyse der identifizierten Kontextfaktoren hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb
Diskussion der identifizierten Verbesserungs- und Entwicklungspotenziale vor dem Hintergrund der Kernprozesse des Revenue Management
Durchführung einer Replikationsstudie zur Bestätigung der umfragebasierten Forschungsergebnisse
Limitierung bei den empirischen Daten Durchführung weiterer Fallstudien zur Berücksichtigung zusätzlicher Industrien,
resp. zur Verifikation der Fallstudienergebnisse
Ausweitung des geografischen Fokus der Untersuchungen zur fundierten Verifikation der internationalen Anwendbarkeit der Studienergebnisse
Berücksichtigung des Aspekts der Unternehmenskultur bei der Charakterisierung der Schnittstellenkategorie
Anhang 247
Anhang
A. 1 Details zu Preisbeispielen (Kapitel 1.1)
Im Folgenden werden die Details zu den Preis- und Mengenbeispielen im ersten Kapitel
dokumentiert. Sämtliche Beispiele wurden am 28.04.2009 recherchiert.
Beispiel Quelle Parameter
Theater Basel: Anzahl Sitzplätze im grossen Saal (rd. 1000); Spezialangebote für Studierende (19/26 CHF)
www.theaterbasel.ch
1 Woche Hotel Cala Llenya Club, Ibiza, 4 Sterne, all inclusive (271 EUR)
www.expedia.de
Abflughafen: Nürnberg
Reisedaten: 2.5.2009-9.5.2009
City-Trip Hamburg-Venedig-Hamburg (49 EUR)
www.tuifly.com
Outbound: 24.05.2009, 18.45 Uhr
Return: 29.05.2009, 12.50 Uhr
City-Trip Hamburg-Venedig-Hamburg (476 EUR)
www.tuifly.com
Outbound: 29.04.2009, 10.20 Uhr
Return: 03.05.2009, 21.20 Uhr
Swiss Airbus A320-214 (136-168 Sitze)
www.swiss.com
Hotel Cala Llenya Club, Ibiza (70 Zimmer)
www.tripadvisor.de
Tabelle 18: Details zu den Preis- und Mengenbeispielen Quelle: eigene Recherche.
248 Anhang
A. 2 Übersicht Gesprächspartner explorative Vorstudie
# Unternehmen Funktion Interview Dokumentation
1 Luftfahrt (NWC) Leiter Revenue Management
Telefon Notizen
2 Luftfahrt (LCC) Managing Director Telefon Notizen
3 Reiseveranstalter Leiter Revenue Management
Telefon Aufzeichnung
4 Luftfahrt (NWC) Teamleiter Revenue Management
Telefon Aufzeichnung
5 Luftfahrt (LCC) Leiter Revenue Management
Telefon Aufzeichnung
6 Luftfahrt (NWC) Technischer Leiter Revenue Management
Telefon Aufzeichnung
7 Luftfahrt (NWC) Fachgebietsleiter Revenue-Management-Systeme
Telefon Aufzeichnung
8 Luftfahrt (NWC) Teamleiter IT-Management
Telefon Notizen
9 Unternehmensberatung Partner; ehem. EVP-Netzwerk-management NWC
Meeting Notizen
10 Unternehmensberatung Principal; ehem. Leiter Revenue Management Reiseveranstalter
Meeting Notizen
Tabelle 19: Übersicht Gesprächspartner explorative Vorstudie Quelle: eigene Darstellung.
Anhang 249
A. 3 Interviewleitfaden explorative Vorstudie
Einführung von Revenue Management Systemen: Interviewleitfaden
Autor: Matthias Hodel
Externer Doktorand
Universität St. Gallen Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus
Senior Consultant
Roland Berger Strategy Consultants AG Züricher Office
Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr
Vielen herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft, Ihre Erfahrungen im Bereich des Revenue Management mit mir zu teilen. Im Rahmen meiner Dissertation untersuche ich die Einführung von Revenue-Management-Systemen. Konkret geht es um die Identifikation kritischer Aspekte des Implementierungsprozesses und der Erarbeitung einer konkreten Handlungsanweisung, wie mit diesen Aspekten umzugehen ist.
Dieses Gespräch fokussiert auf den Status quo der Revenue-Management-Praxis in Ihrer Unternehmung und den daraus resultierenden kritischen Implikationen für die Implementierung von Revenue-Management-Systemen.
Revenue-Management-Praxis in Ihrer Organisation
• Was wird in Ihrer Organisation unter dem Begriff "Revenue Management" oder "Yield Management" verstanden?
• Wie ist das Revenue-Management-System ausgestaltet?
o Sind alle Dienstleistungen gleichermassen vom Revenue Management betroffen?
o Wie regelmässig werden die Preise angepasst?
o Wie stark können die Preise schwanken?
• Wer zeichnet für das Revenue Management verantwortlich?
o Wie viele Personen sind mit Revenue Management beauftragt?
o Wo ist das Revenue Management in der Organisation angesiedelt?
o Über wie viel Entscheidungsautonomie verfügen die Revenue-Manager?
• Wie wird der Erfolg des Revenue Management gemessen?
• Welches sind die grössten Herausforderungen für Ihre Organisation im Bereich des Revenue Management?
250 Anhang
Implementierung von Revenue-Management-Systemen
• Wie beurteilen Sie die folgenden Aspekte bei der Implementierung von Revenue-Management-Systemen? (Was ist jeweils kritisch? Wie schätzen Sie die jeweilige Erfolgsrelevanz ein?)
o Externes Umfeld (Kunden, Wettbewerber)?
o Interner Kontext (Organisationsstruktur, -kultur, Leadership)?
o Einführungsprozess (Planung, Ressourcen, Kommunikation, Controlling)?
• Welche dieser Aspekte stufen Sie persönlich als besonders kritisch ein?
Weiterentwicklung des Revenue Management
• Welche Entwicklungen erwarten Sie für das Revenue Management generell?
• Wie wird sich das Revenue Management in Ihrer Organisation weiterentwickeln?
St. Gallen/Februar 2009
Matthias Hodel
Anhang 251
A. 4 Übersicht Gesprächspartner Verifikation Modellspezifikation
# Unternehmen Funktion Interview Dokumentation
1 Luftfahrt (NWC) Leiter Revenue Management
Telefon Notizen
2 Reiseveranstalter Leiter Revenue Management
Telefon Notizen
3 Luftfahrt (NWC) Teamleiter Revenue Management
Telefon Notizen
4 Luftfahrt (LCC) Leiter Revenue Management
Telefon Notizen
5 Unternehmensberatung Partner; ehem. EVP-Netzwerk-management NWC
Meeting Notizen
6 Unternehmensberatung Principal; ehem. Leiter Revenue Management Reiseveranstalter
Meeting Notizen
252 Anhang
A. 5 Interviewleitfaden Verifikation Modellspezifikation
Dissertation "Organisatorische Verankerung von Revenue-Management-Systemen": Gesprächsunterlage
Autor: Matthias Hodel
Externer Doktorand
Universität St. Gallen Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus
Senior Consultant
Roland Berger Strategy Consultants AG Office Zürich
Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr
Vielen herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft, Ihre Erfahrungen im Bereich des Revenue Managements mit mir zu teilen. Im Rahmen meiner Dissertation untersuche ich die organisatorische Verankerung von Revenue-Management-Systemen. Konkret geht es um die Analyse der Schnittstelle zwischen Revenue Management und dem Vertrieb. Das Ziel meiner Dissertation ist die Identifikation typischer Ausprägungen dieser Schnittstelle und die Analyse möglicher Performance-Implikationen unter der Berücksichtigung von relevanten Kontextfaktoren.
Dieses Gespräch fokussiert auf die Modellspezifikation, die das Untersuchungsobjekt – die Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb inkl. relevanter Kontextfaktoren – möglichst adäquat abbilden soll. Ziel dieses Gesprächs ist die Verifikation der Modellspezifikation aus praktischer Perspektive:
• Ist die Modellspezifikation grundsätzlich nachvollziehbar?
• Ist die Modellspezifikation vollständig?
• Sind sämtliche Elemente des Modells (Schnittstellenmerkmale, Kontextfaktoren und Performance-Grössen) relevant?
• Ist der angestrebte Erklärungsbeitrag aus praktischer Perspektive relevant?
• Welche zusätzlichen/alternativen Erklärungsbeiträge sind bezüglich der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb von Interesse?
Nachfolgend wird die Modellspezifikation vorgestellt. Zunächst in einer Gesamtübersicht (1), anschliessend mit einer Detailsicht auf die Schnittstellenmerkmale (2), die Kontextfaktoren (3) sowie die Performance-Grössen.
Anhang 253
(1) Gesamtübersicht Modellspezifikation
Performance
Archetyp n
Performance
Archetyp 2
Performance
Archetyp 1
Archetyp n
Archetyp 2
Archetyp 1
Qualität der Zusammenarbeit
Revenue-Management-Erfolgsgrössen
Kontextfaktoren:• Marktpositionierung• Automatisierungsgrad des Revenue Management• Spezialisierungsgrad der Revenue-Manager• Motivationssystem• Unternehmensgrösse• Revenue-Management-Erfahrung• Technische Unterstützung• Wettbewerbsumfeld
Revenue
Strukturelle Aspekte
Verhaltensnormen
Machtverhältnisse
MitarbeiterbezogeneAspekte
Vertrieb
Management
Revenue
Management
Die zentralen Aussagen dieser Modellspezifikation lassen sich folgendermassen zusammenfassen:
• Die Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb wird charakterisiert durch (1) strukturelle Aspekte, (2) Verhaltensnormen, (3) Machtverhältnisse und (4) mitarbeiterbezogene Aspekte
• Die Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen diesen beiden Abteilungen hat Auswirkungen auf die Revenue-Management-Performance einer Unternehmung
• Die Revenue-Management-Performance wird anhand von zwei unterschiedlichen Kriterien festgemacht – (1) der Qualität der Zusammenarbeit und (2) mehrerer spezifischer Revenue-Management-Erfolgsgrössen
• Die Performance-Wirkung der Schnittstellenausprägung wird beeinflusst durch acht Kontextfaktoren – (1) Marktpositionierung, (2) Automatisierungsgrad des Revenue Management, (3) Spezialisierungsgrad der Revenue-Manager, (4) Motivationssystem, (5) Unternehmensgrösse, (6) Revenue-Management-Erfahrung des Unternehmens, (7) technische Unterstützung von Revenue-Management-Initiativen und (8) Wettbewerbsumfeld
254 Anhang
(2) Details Schnittstellenmerkmale
Die Definition dieser Merkmale verfolgt das Ziel, die spezifische Ausprägung der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb möglichst genau zu beschreiben. Die Selektion der Merkmale soll so umfassend sein, dass sämtliche wichtigen Unterschiede zwischen verschiedenen Unternehmen ersichtlich werden. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass durch die Berücksichtigung wenig aussagekräftiger Merkmale unnötige Komplexität erzeugt wird.
Strukturelle Aspekte Zentrale Fragen
FormalisierungsgradErfolgt Zusammenarbeit anhand schriftlich vorgegebener
Prozesse?
StandardisierungsgradErfolgt Zusammenarbeit intuitiv oder standardisiert? Gibt es
einen standardisierten Eskalationsprozess?
ZentralisierungsgradWie gross ist die dezentrale Entscheidungsautonomie der
Abteilungen?
Physische und organisatorische NäheArbeiten Revenue-Manager und Vertriebsleute räumlich nahe?
Berichten sie an die gleichen Vorgesetzten?
Gemeinsame Planung Erfolgt Festlegung von Zielgrössen gemeinsam?
TeamworkGibt es institutionalisiertes Teamwork zur
Entscheidungsfindung?
Verhaltensnormen
FlexibilitätWie gross ist die gegenseitige Flexibiltät bei unerwarteten
Veränderungen?
InformationsaustauschWerden relevante Informationen schnell und aktiv
weitergegeben?
SolidaritätWie gross ist die Unterstützungsbereitschaft, wenn eine
Abteilung Probleme hat?
KonfliktverhaltenWird bei Konflikten immer ein Konsens angestrebt, oder bleiben
die Abteilungen bei ihren Ansichten?
Machtverhältnisse Wer dominiert bei Meinungsverschiedenheiten?
Mitarbeiterbezogene AspekteProduktkenntnis Wie gut sind die Produktkenntnisse der Mitarbeiter?
Marktkenntnis Wie gut sind die Marktkenntnisse der Mitarbeiter?
Kurzfristige vs. langfristige Orientierung Wie lange ist der Planungshorizont der beiden Abteilungen?
AusbildungshintergrundHaben die Mitarbeiter praktische oder akademische
Ausbildung?
Dienstalter Wie lange arbeiten die Mitarbeiter bereits in der Firma?
Anhang 255
(3) Details Kontextfaktoren
Die Kontextfaktoren fassen diejenigen Umwelteinflüsse zusammen, welche sich auf die spezifische Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb auswirken. Wiederum soll ein möglichst umfassendes Bild abgegeben werden, ohne unnötige Komplexität zu erzeugen.
Kontextfaktor Zentrale Fragen
MarktpositionierungWie ist die Value Proposition des Unternehmens
ausgestaltet (z. B. Hoch- vs. Tiefpreisanbieter)?
Automatisierungsgrad Revenue-Management-System
Welcher Teil des Revenue-Management-Prozesses
läuft computergestützt, was wird manuell gemacht?
Spezialisierungsgrad Revenue-Manager
Haben Revenue-Manager weitere Funktionen im
Unternehmen?
MotivationssystemIst die Incentivierung von Revenue Management und
Vertrieb kongruent?
Unternehmensgrösse Wie viele Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen?
Revenue-Management-ErfahrungWie lange betreibt das Unternehmen bereits Revenue
Management?
Technische Unterstützung
Wird die Implementierung von Revenue-Management-
Inititativen ausserhalb des Revenue Management
unterstützt?
WettbewerbsumfeldWie weit sind die relevanten Wettbewerber in ihrer
Revenue-Management-Praxis fortgeschritten?
(4) Details Performance-Grössen
Mit den Performance-Grössen sollen spezifische Unterschiede in der Revenue-Management-Performance zwischen Unternehmen identifiziert werden können. Es werden sowohl weiche Erfolgskriterien (wahrgenommene Qualität der Zusammenarbeit) als auch harte Grössen (Revenue-Management-Kennzahlen) berücksichtigt.
Performance Grösse Zentrale FragenQualität der Zusammenarbeit Erfolgt Zusammenarbeit konstruktiv
Werden gegenseitige Abmachungen (Termine, Fristen
etc.) eingehalten?
Erlaubt die Zusammenarbeit zwischen Revenue
Management und Vertrieb ein schnelles Reagieren auf
Marktentwicklungen?
Erfolgsgrössen Wie gut wurden die gesetzten inhaltlichen Revenue-
Management-Ziele erreicht (Umsetzung der
Unternehmensstrategie)?
Wie gut wurden die gesetzten umsatzbezogenen Revenue-
Management-Ziele erreicht (z. B. Sitzladefaktor)?
Wie gut wurden die gesetzten spezifischen Revenue-
Management-Ziele erreicht (z. B. Prognosequalität)?Wie ist die eigene Revenue-Management-Performance
relativ zu derjenigen relevanter Wettbewerber
einzustufen?
256 Anhang
A. 6 Literaturreview Schnittstellencharakteristika
Autor/en Jahr FundierungStufe 1 Stufe 2
Homburg, Christian 2008 Nicht explizit erläutert Information sharing Information provision by marketingJensen, Ove Information provision by salesKrohmer, Harley Structural linkage Formalization
Joint planningTeam work
Power over market-related activitiesOrientations Customer vs. Product
Short term vs. long termKnowledge Market knowledge
Product knowledge
Rouzies, Dominique 2005 Nicht explizit erläutert Structure DecentralizationAnderson, Erin Cross-functional teamsKohli, Ajay K. IntegratorsMichaels, Ronald E. Process/System CommunicationsWeitz, Barton A. Job RotationsZoltners, Andris A. Integrated goals
Incentive, reward or recognition systemsOrganizational culturePeople
Dewsnap, Belinda 2002 Realistic group conflict theory Intergroup differentiation Goal conflictJobber, David Social identity theory Strength of in-group identity
Contingency theory
De Ruyter, Ko 2000 Relational exchange theory Resource dependenceWetzels, Martin Communications
FairnessInterfunctional rivalryInterfunctional distance
Dewsnap, Belinda 2000 Interaction and collaboration analysis Structural factors FormalizationJobber, David Decentralization
ParticipationPhysical proximityMethods of organizing
Senior management Values integrationProvides opportunitiesBackground of personnelJoint rewards
Operating characteristics Give-and-takeEarly involvementConflict resolution
Cannon, Joseph P. 1999 Social psychology Information exchangePerreault, William D. Jr Social exchange theory Operational linkages Systems
Theories of power and dependence ProceduresTransaction cost analysis RoutinesInteraction model Legal bonds
Cooperative normsMutual adaptations Process
ProductProcedures
Adaptations by buyers ProcessProductProcedures
Griffin, Abbie 1996 Nicht explizit erläutert Relocation and facilitiesHauser, John R. Personnel movement
Social systems and cultureOrganizational structureIncentives and rewardsFormal integrative process
Dess, Gregory G. 1993 Meta-Analyse bestehender Structure ComplexityNewport, Stephanie Konfigurationsstudien DynamismRasheed, Abdul M. A. Integration
DifferentiationFormalizationCentralization
Schnittstellencharakteristika
Tabelle 20: Gesamtübersicht Modellspezifikationen (Teil 1) Quelle: eigene Recherche.
Anhang 257
Autor/en Jahr Fundierung SchnittstellencharakteristikaStufe 1 Stufe 2
Heide, Jan B. 1990 Transaktionskostentheorie Joint actionJohn, George Continuity
Verification efforts
Ruekert, Robert W. 1987 System structural view Internal environment conditions Resource dependenceWalker, Orville C. Jr. Domain similarity
Strategic imperativesExternal environment conditions Complexity
TurbulenceTransactions between departments Work
ResourcesAssistance
Communication flows between departments Amount DifficultyFormal vs. informal
Coordination patterns between departments Formal rules and proceduresInformal influenceConflict resolution mechanisms
Gupta, A. K. 1986 Nicht explizit erläutert Structural factors FormalizationRaj, S. P. CentralizationWilemon, D. Participative
Method of organizing new product activityPhysical proximity
Senior management Values integrationEncourages risk-takingEstablishes joint reward systemTolerates failure
Operating characteristics between departmentsSociocultural differences between staff Professional vs. bureaucratic orientation
Tolerance of ambiguityTime orientationTypes of products/projects preferred
Sells, S. B. 1964 Nicht explizit erläutert Personnel characters AbilitiesMotivational traitsStylistic personality traitsBiologic and constitutional factorsSocial and demographic factorsMotivations related to participation in the situationRelationships among participants
Group and organizational characters Characteristics of group task or problem, situation and settingGroup structureFormal structure
Environmental characters Physical aspects of the environmentSocial aspects of the environment
Tabelle 21: Gesamtübersicht Modellspezifikationen (Teil 2) Quelle: eigene Recherche.
258 Anhang
A. 7 Fragebogen des umfragebasierten Forschungsteils
Dissertation "Organisatorische Verankerung von Revenue-Management-Systemen": Fragebogen
Autor: Matthias Hodel
Externer Doktorand
Universität St. Gallen Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus
Senior Consultant Roland Berger Strategy Consultants AG Office Zürich
Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr
Revenue Management hat sich in zahlreichen Industrien längst als Standardtechnik zur Preis- und Kapazitätssteuerung etabliert. Laufend entdecken neue Unternehmen die Vorzüge des Revenue Management für sich. Doch unabhängig davon, wie lange sie bereits Revenue Management betreiben, stellt die organisatorische Verankerung des Revenue Management die Unternehmen stets vor grosse Herausforderungen. Besonders die Koordination der Aktivitäten von Revenue Management und Vertrieb erweist sich aufgrund von unterschiedlichen Handlungsperspektiven als schwierig.
Im Rahmen meiner Doktorarbeit untersuche ich mögliche Ausgestaltungsformen der Schnitt-stelle zwischen Revenue Management und Vertrieb. Ziel dieser Arbeit ist die Identifikation erfolgreicher Koordinationsformen unter Berücksichtigung relevanter Kontextfaktoren.
Der vorliegende Fragebogen adressiert zentrale Merkmale der organisationalen Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb sowie relevante Kontextfaktoren und spezifische Performance Grössen. Ziel dieses Fragebogens ist es, ein Verständnis für die Kooperation zwischen den beiden Funktionen in ihrem Unternehmen und die korrespondierende Revenue-Management-Performance zu erlangen.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Sich kurz Zeit nehmen würden - das Ausfüllen dauert ca. 15 min. Sämtliche Angaben werden absolut vertraulich behandelt. Selbstverständlich würde ich Ihnen die Studienergebnisse nach Abschluss der Arbeit gerne zur Verfügung stellen.
Bei Fragen rund um den Fragebogen sowie zu meinem Dissertationsprojekt stehe ich Ihnen sehr gerne telefonisch unter +41 76 478 57 72 zur Verfügung. Der Fragebogen resultiert ausschliesslich aus meinem Forschungsprojekt und steht nicht mit einem aktuellen Projekt der Firma Roland Berger Strategy Consultants in Verbindung.
Ich sehe Ihrer Antwort mit sehr grossem Interesse entgegen.
Freundliche Grüsse
Matthias Hodel
St. Gallen/12/2009
Anhang 259
A. Merkmale der Schnittstelle zwischen Revenue Management und Vertrieb
A1. Strukturelle Aspekte
1 Formalisierungsgrad (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
1.1 Die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb beruht auf einem klar definierten Koordinationsprozess
3 4 521
1.2 Die Koordinationsprozesse sind in schriftlicher Form festgehalten
3 4 521
1.3 In die Erarbeitung und Weiterentwicklung von Richtlinien für die Zusammenarbeit wurde viel Zeit investiert
3 4 521
1.4 Die erarbeiteten Richtlinien für die Zusammenarbeit werden strikt eingehalten
3 4 521
2 Standardisierungsgrad (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
2.1 Die Kooperation zwischen Revenue Management und Vertrieb folgt einem standardisierten Vorgehen
3 4 521
2.2 Die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb verändert sich über die Zeit nicht
3 4 521
2.3 Bei Konflikten steht den Abteilungen ein standardisierter Eskalationsprozess zur Verfügung
3 4 521
3 Zentralisierungsgrad (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
3.1 Die meisten Entscheidungen der Revenue-Manager bedürfen der Zustimmung durch die Vorgesetzten
3 4 521
3.2 Revenue-Manager müssen selbst Kleinigkeiten mit ihren Vorgesetzten abstimmen
3 4 521
3.3 Die meisten Entscheidungen der Vertriebsmitarbeiter bedürfen der Zustimmung durch die Vorgesetzten
3 4 521
3.4 Vertriebsmitarbeiter müssen selbst Kleinigkeiten mit ihren Vorgesetzten abstimmen
3 4 521
4 Räumliche und organisatorische Nähe (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
4.1 Revenue-Manager und Vertriebsmitarbeiter arbeiten räumlich nahe zusammen
3 4 521
4.2 Mitarbeiter der beiden Abteilungen haben die Möglichkeit, sich während der Arbeit regelmässig informell zu treffen
3 4 521
4.3 Revenue Management und Vertrieb gehören zum selben Vorstandsbereich
3 4 521
4.4 Revenue Management und Vertrieb sind organisatorisch auf gleicher Ebene angesiedelt
3 4 521
260 Anhang
5 Gemeinsame Planung (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
5.1 Bei Planungsprozessen und beim Festlegen von Zielgrössen sind beide Abteilungen gleichermassen beteiligt
3 4 521
5.2 Bei Planungsprozessen und beim Festlegen von Zielgrössen werden Vorgaben für Revenue Management und Vertrieb harmonisiert
3 4 521
5.3 Revenue Management und Vertrieb legen sich gemeinsame Ziele fest
3 4 521
5.4 Bei der Umsetzung der Zielvorgaben in konkrete Massnahmen arbeiten Revenue Management und Vertrieb zusammen
3 4 521
6 Teamwork (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
6.1 Projekte und Initiativen zur Marktbearbeitung werden oft gemeinsam in Teams geplant
3 4 521
6.2 Entscheidungen bezüglich Projekten und Initiativen zur Marktbearbeitung werden oft gemeinsam in Teams getroffen
3 4 521
6.3 Projekte und Initiativen zur Marktbearbeitung werden oft gemeinsam in Teams durchgeführt
3 4 521
6.4 Aktuelle Probleme in der Marktbearbeitung werden oft gemeinsam in Teams gelöst
3 4 521
A2. Verhaltensnormen
7 Flexibilität (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
7.1 Die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb ist charakterisiert durch gegenseitige Flexibilität bei Veränderungswünschen
3 4 521
7.2 Die Abteilungen sind in der Lage, ihre Zusammenarbeit an Veränderungen der Umwelt anzupassen
3 4 521
7.3 Wenn unerwartete Situationen auftreten, arbeiten die Abteilungen gemeinsam an einer neuen Lösung, ohne auf ihren alten Standpunkten zu beharren
3 4 521
8 Informationsaustausch (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
8.1 Der Informationsaustausch zwischen Revenue Management und Vertrieb erfolgt regelmässig, informell und nicht nur gemäss vorgängiger Vereinbarung
3 4 521
8.2 Die Abteilungen informieren sich gegenseitig aktiv über Veränderungen, die für die jeweils andere Abteilung relevant sein könnten
3 4 521
8.3 Informationsanfragen des Revenue Management an den Vertrieb werden schnell und zuverlässig bearbeitet
3 4 521
8.4 Informationsanfragen des Vertriebs an das Revenue Management werden schnell und zuverlässig bearbeitet
3 4 521
Anhang 261
9 Solidarität (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
9.1 Probleme, die in der Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb entstehen, werden gemeinsam gelöst
3 4 521
9.2 Die Abteilungen sind bestrebt, prozessuale Verbesserungen nicht nur auf individuellen Benefit auszurichten, sondern auf gegenseitigen Vorteil
3 4 521
9.3 Die beiden Abteilungen sind bereit, sich gegenseitig den einen oder anderen Gefallen zu tun
3 4 521
10 Konfliktverhalten (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
10.1 Die beiden Abteilungen streben im Konfliktfall die Erreichung eines Konsens an
3 4 521
10.2 Wenn es zwischen den beiden Abteilungen zu Konflikten kommt, muss dieser meist durch einen Vorgesetzten gelöst werden
3 4 521
A 3. Machtverhältnisse
11 Machtverhältnisse (Skala: 1 = vorwiegend Vertrieb, 3 = ausgeglichen, 5 = vorwiegend Revenue Management)
11.1 Welche Abteilung dominiert bei Meinungsverschiedenheiten, die nicht durch eine übergeordnete Instanz gelöst werden?
3 4 521
11.2 Welche der beiden Abteilungen gilt intern grundsätzlich als einflussreicher?
3 4 521
11.3 Die Aufgaben welcher der beiden Abteilung betrachtet das Top-Management als wichtiger?
3 4 521
11.4 Die Aufgaben welcher der beiden Abteilung werden im Unternehmen generell als wichtiger betrachtet?
3 4 521
A 4. Mitarbeiterbezogene Aspekte
12 Produktkenntnis (Skala: 1 = gering, 5 = hoch)
12.1 Wie stufen Sie die Produktkenntnis eines typischen Revenue-Managers in Ihrem Unternehmen ein?
3 4 521
12.2 Wie stufen Sie die Produktkenntnis eines typischen Vertriebsmitarbeiters in Ihrem Unternehmen ein?
3 4 521
12.3 Wie stufen Sie das Wissen über leistungsrelevante interne Prozesse eines typischen Revenue-Managers in Ihrem Unternehmen ein?
3 4 521
12.4 Wie stufen Sie das Wissen über leistungsrelevante interne Prozesse eines typischen Vertriebsangestellten in Ihrem Unternehmen ein?
3 4 521
262 Anhang
13 Marktkenntnis (Skala: 1 = gering, 5 = hoch)
13.1 Wie stufen Sie das Kundenwissen eines typischen Revenue-Managers in Ihrem Unternehmen ein?
3 4 521
13.2 Wie stufen Sie das Kundenwissen eines typischen Vertriebsmitarbeiters in Ihrem Unternehmen ein?
3 4 521
13.3 Wie stufen Sie die Wettbewerbskentnis eines typischen Revenue-Managers in Ihrem Unternehmen ein?
3 4 521
13.4 Wie stufen Sie die Wettbewerbskenntnis eines typischen Vertriebsmitarbeiters in Ihrem Unternehmen ein?
3 4 521
14 Kurzfristige vs. langfristige Orientierung (individuelle Skalen)
14.1 Verfolgt die Revenue-Management-Abteilung eher einen systematischen/analytischen Ansatz (= 1) oder eher einen pragmatischen/intuitiven Ansatz (= 5)?
3 4 521
14.2 Verfolgt die Vertriebsabteilung eher einen systematischen/ analytischen Ansatz (= 1) oder eher einen pragmatischen/ intuitiven Ansatz (= 5)?
3 4 521
14.3 Ist der Planungshorizont der Revenue-Management-Abteilung eher langfristig (= 1) oder eher kurzfristig (= 5)?
3 4 521
14.4 Ist der Planungshorizont der Vertriebsabteilung eher langfristig (= 1) oder eher kurzfristig (= 5)?
3 4 521
Anhang 263
B. Kontextfaktoren
16 Automatisierungsgrad (Skala: 1 = tief, 5 = hoch)
16.1 Wie stufen Sie den Entwicklungsstand Ihres Revenue-Management-Systems relativ zu Ihren Wettbewerbern ein?
3 4 521
16.2 Wie hoch ist der Anteil der Preis- und Kapazitätssteuerung, der vollständig automatisch erfolgt, d. h. ohne die Intervention eines Revenue-Managers?
3 4 521
17 Spezialisierungsgrad der Revenue-Manager (Skala: 1 = ja, 2 = teilweise, 3 = nein)
17.1 Haben Revenue-Manager auch Aufgaben ausserhalb der Revenue-Management-Abteilung zu erfüllen?
321
17.2 Wurden die Revenue-Manager explizit zur Ausübung dieser Funktion eingestellt (d. h. sie wurden nicht intern rekrutiert)?
321
18 Motivationssystem (Skala: 1 = tief, 5 = hoch)
18.1 Wie hoch ist der Anteil erfolgsbezogener, variabler Entlohnung der Revenue-Manager relativ zu deren Fixgehalt?
3 4 521
18.2 Wie hoch ist der Anteil erfolgsbezogener, variabler Entlohnung der Vertriebsmitarbeiter relativ zu deren Fixgehalt?
3 4 521
18.3 Wie beurteilen Sie die Harmonisierung der Incentivierungssyteme zwischen Revenue Management und Vertrieb?
3 4 521
19 Unternehmensgrösse (Skala: 1 = 0-100, 2 = 101-500, 3 = 501-3000, 4 = 3001+)
19.1 Wie viele Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen, um die Marktleistung zu produzieren?
3 421
20 Technische Unterstützung (individuelle Skalen)
20.1
Wie häufig initiiert die Revenue-Management-Abteilung Veränderungen in der Marktbearbeitung, welche die Tätigkeit des Vertriebs beeinflussen (z. B. Einführung eines neuen Kundensegments, oder einer neuen Strategie für Events wie Olympiade) (1 = nie, 3 = manchmal, 5 = häufig)
3 4 521
20.2 Verursachen Revenue-Management-Initiativen für den Vertrieb zusätzlichen Aufwand (1 = nie, 3 = manchmal, 5 = immer)
3 4 521
20.3 Wie wird der Vertrieb bei der technischen Umsetzung von Initiativen des Revenue Management unterstützt? (1 = gar nicht, 5 = sehr gut)
3 4 521
15 Marktpositionierung (Skala: 1 = Preisdifferenzierung, 5 = Produktdifferenzierung)
15.1 Welches ist das primäre Differenzierungsmerkmal des Marktauftritts Ihres Unternehmens?
3 4 521
264 Anhang
21 Revenue-Management-Erfahrung (Skala: 1 = 0-2, 2 = 2-5, 3 = 5-10, 4 = 10+)
21.1 Wie viele Jahre betreibt Ihr Unternehmen bereits Revenue Management?
3 421
22 Wettbewerbsumfeld (Skala: 1 = weniger weit, 3 = gleich weit, 5 = weiter)
22.1 Wie beurteilen Sie den technischen Fortschritt Ihres Revenue Management im Vergleich zu demjenigen Ihrer relevanten Wettbewerber?
3 4 521
23 Kapazitätsmanagement (Skala: 1 = ja, 2 = teilweise, 3 = nein)
23.1 Hat Ihr Unternehmen die Möglichkeit, die angebotene Kapazität an bekannte, regelmässige Nachfrageschwankungen anzupassen?
321
23.2 Nimmt Ihr Unternehmen die Möglichkeit wahr, die angebotene Kapazität an bekannte, regelmässige Nachfrageschwankungen anzupassen?
321
Anhang 265
C. Performance-Grössen
24 Qualität der Zusammenarbeit (Skala: 1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu)
24.1 Die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb erfolgt effizient, das heisst ohne unnötige Arbeitsschritte und Verzögerungen
3 4 521
24.2 Gegenseitige Abmachungen (Fristen, Termine etc.) werden eingehalten
3 4 521
24.3 Die Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Vertrieb erlaubt schnelles Reagieren auf Marktentwicklungen
3 4 521
25 Revenue-Management-Erfolgsgrössen (individuelle Skalen)
25.1
In welchem Ausmass wurden in den letzten drei Jahren die inhaltlichen Revenue-Management-Ziele erreicht (inhaltliche Umsetzung der Marktbearbeitungsstrategie)? (1 = 0-20%, 2 = 21-40%, 3 = 41-60%, 4 = 61-80%, 5 = 81-100%)
3 4 521
25.2
In welchem Ausmass wurden in den letzten drei Jahren die umsatzbezogenen Revenue-Management-Ziele erreicht (z. B. RASK; Umsatz pro Bettnacht; Umsatz pro Fahrzeugkilometer)? (1 = 0-20%, 2 = 21-40%, 3 = 41-60%, 4 = 61-80%, 5 = 81-100%)
3 4 521
25.3
In welchem Ausmass wurden in den letzten drei Jahren die spezifischen Revenue-Management-Ziele erreicht (z. B. Qualität der Nachfrageprognose)? (1 = 0-20%, 2 = 21-40%, 3 = 41-60%, 4 = 61-80%, 5 = 81-100%)
3 4 521
25.4 Wie stufen Sie die Revenue-Management-Performance Ihres Unternehmens relativ zu derjenigen relevanter Wettbewerber ein? (1 = viel schlechter, 3 = vergleichbar, 5 = viel besser)
3 4 521
26 Vertriebs-Erfolgsgrössen (individuelle Skalen)
26.1 In welchem Ausmass wurden in den letzten drei Jahren die umsatzbezogenen Vertriebsziele erreicht? (1 = 0-20%, 2 = 21-40%, 3 = 41-60%, 4 = 61-80%, 5 = 81-100%)
3 4 521
26.2 In welchem Ausmass konnte in den letzten drei Jahren der angestrebte Marktanteil erreicht oder gehalten werden? (1 = 0-20%, 2 = 21-40%, 3 = 41-60%, 4 = 61-80%, 5 = 81-100%)
3 4 521
26.3 In welchem Ausmass wurden in den letzten drei Jahren die Ziele in der Akquisition neuer Kunden erreicht? (1 = 0-20%, 2 = 21-40%, 3 = 41-60%, 4 = 61-80%, 5 = 81-100%)
3 4 521
26.4 In welchem Ausmass wurden in den letzten drei Jahren die Ziele in der Retention bestehender Kunden erreicht? (1 = 0-20%, 2 = 21-40%, 3 = 41-60%, 4 = 61-80%, 5 = 81-100%)
3 4 521
26.5 Wie stufen Sie die Vertriebsperformance Ihres Unternehmens relativ zu derjenigen relevanter Wettbewerber ein? (1 = viel schlechter, 3 = vergleichbar, 5 = viel besser)
3 4 521
266 Anhang
D. Administrative Informationen
D1. Unternehmensangaben
Name Ihrer Firma: ……………………………………………………………………………
In welcher Branche ist Ihre Firma tätig? (Zutreffendes bitte ankreuzen)
Reiseveranstaltung Autovermietung
Hotellerie Schifffahrt
Luftfahrt ………………………………………
D2. Persönliche Angaben
Name: ………………………………………… Vorname: …………………………………………..
E-Mail-Adresse: …………………………………………………………………………………………..
Telefonnummer: ………………………………………………………………………………………….
Welches ist Ihr Tätigkeitsbereich? (Zutreffendes bitte ankreuzen)
Revenue Management Vertrieb
Was ist Ihre Funktion? (Zutreffendes bitte ankreuzen)
Mitglied der Geschäftsleitung Teamleiter
Abteilungsleiter Mitarbeiter
Bereichsleiter ………………………………………
Möchten Sie über die Studienergebnisse informiert werden (kostenlos)? (Zutreffendes bitte ankreuzen)
Ja Nein
Anhang 267
A. 8 Legende zu den Dimensionen der Schnittstellenmerkmale und Performance-Grössen
Dimension Ausprägung (1) Ausprägung (5)
Formalisierungsgrad gering hoch
Standardisierungsgrad gering hoch
Zentralisierungsgrad gering hoch
Räumliche und organisatorische Nähe gering hoch
Gemeinsame Planung beschränkt umfassend
Teamwork schwach ausgeprägt stark ausgeprägt
Flexibilität gering hoch
Informationsaustausch schwach ausgeprägt stark ausgeprägt
Solidarität gering hoch
Konfliktverhalten konfliktorientiert konsensorientiert
Machtverhältnisse Vertrieb dominiert RM dominiert
Produktkenntnis Revenue
Management
gering hoch
Produktkenntnis Vertrieb gering hoch
Marktkenntnis Revenue Management gering hoch
Marktkenntnis Vertrieb gering hoch
Zeitliche Orientierung Revenue
Management
langfristig kurzfristig
Zeitliche Orientierung Vertrieb langfristig kurzfristig
Qualität der Zusammenarbeit schlecht gut
Revenue-Management-Erfolg gering hoch
Vertriebserfolg gering hoch
Tabelle 22: Dimensionen der Schnittstellenmerkmale und Performance-Grössen Quelle: eigene Darstellung.
268 Anhang
A. 9 Legende zu den Kontextfakoren
Dimension Mögliche Ausprägungen
Marktpositionierung 1 = Preisdifferenzierung; 5 =
Produktdifferenzierung
Automatisierungsgrad 1 = gering; 5 = hoch
Spezialisierungsgrad der RM 1 = gering; 5 = hoch
Motivationssystem 1 = geringer Anteil variable
Entlohnung/geringe Harmonisierung der
Incentivierungsssyteme
5 = hoher Anteil variabler
Entlohnung/weitreichende Harmonisierung der
Incentivierungssysteme
Unternehmensgrösse 1 = 0-100 Mitarbeiter
2 = 101-500 Mitarbeiter
3 = 501-3000 Mitarbeiter
4 = >3000 Mitarbeiter
Technische Unterstützung 1 = gering; 5 = hoch
Revenue-Management-Erfahrung 1 = 0-2 Jahre
2 = 2-5 Jahre
3 = 5-10 Jahre
4 = >10 Jahre
Wettbewerbsumfeld 1 = weniger weit fortgeschritten im Revenue
Management
5 = weiter fortgeschritten im Revenue
Management
Tabelle 23: Legende zu den Kontextfaktoren Quelle: eigene Darstellung.
Anhang 269
A. 10 Durchschnittswerte sämtlicher Kategorien
Dimension Kat. 1 Kat. 2 Kat. 3 Kat. 4
Formalisierungsgrad 2.89 3.59 3.32 3.40
Standardisierungsgrad 2.05 3.08 2.70 3.00
Zentralisierungsgrad 3.50 2.88 1.86 2.80
Räumliche und organisatorische Nähe 3.71 3.09 4.11 3.70
Gemeinsame Planung 3.32 3.16 4.00 3.70
Teamwork 3.18 3.47 3.91 3.35
Flexibilität 3.90 4.13 4.27 3.27
Informationsaustausch 3.32 3.88 4.23 3.00
Solidarität 3.33 3.92 4.21 3.27
Konfliktverhalten 3.79 3.75 4.18 2.60
Machtverhältnisse 1.71 4.00 3.00 3.20
Produktkenntnis Revenue Management 4.29 3.94 3.91 3.80
Produktkenntnis Vertrieb 4.00 3.69 3.86 3.40
Marktkenntnis Revenue Management 3.64 3.63 3.91 3.30
Marktkenntnis Vertrieb 4.14 3.81 4.05 3.40
Zeitl. Orientierung Revenue Management 2.93 2.81 2.55 1.50
Zeitl. Orientierung Vertrieb 3.57 3.31 3.09 3.20
Marktpositionierung 3.29 3.25 3.27 4.20
Automatisierungsgrad 2.64 3.50 2.64 2.80
Spezialisierungsgrad der RM 2.00 2.19 2.18 2.00
Motivationssystem 1.82 2.50 2.20 2.20
Unternehmensgrösse 1.86 2.13 2.55 2.00
Technische Unterstützung 2.90 3.50 3.21 3.53
Revenue-Management-Erfahrung 2.43 3.50 2.73 3.00
Wettbewerbsumfeld 2.57 3.63 2.91 3.00
Kapazitätsmanagement 1.43 1.75 1.32 1.70
Tabelle 24: Durchschnittswerte der Kategorien Quelle: eigene Berechnungen.
270 Anhang
A. 11 Reliabilität der Schnittstellenmerkmale
Dimension Cronbachs Alpha
Formalisierungsgrad 0.853
Standardisierungsgrad 0.476
Zentralisierungsgrad 0.821
Räumliche und organisatorische Nähe 0.557
Gemeinsame Planung 0.853
Teamwork 0.907
Flexibilität 0.865
Informationsaustausch 0.897
Solidarität 0.885
Konfliktverhalten 0.469
Machtverhältnisse 0.858
Produktkenntnis Revenue Management 0.683
Produktkenntnis Vertrieb 0.814
Marktkenntnis Revenue Management 0.640
Marktkenntnis Vertrieb 0.666
Zeitliche Orientierung Revenue Management 0.614
Zeitliche Orientierung Vertrieb 0.188
Qualität der Zusammenarbeit 0.785
Revenue-Management-Erfolg 0.851
Vertriebserfolg 0.894
Tabelle 25: Reliabilitätsmasse der Schnittstellenmerkmale Quelle: eigene Berechnung.
Literaturverzeichnis 271
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Curriculum Vitae
Persönliche Angaben
Name: Matthias Franz Hodel
Geburtsdatum: 04. März 1980
Geburtsort: Basel (CH)
Ausbildung
2008 – 2011 Universität St. Gallen, Schweiz
Doktorandenstudium; Dr. oec. HSG
2000 – 2005 Universität St. Gallen, Schweiz
Lizenziatsstudium der Volkswirtschaftslehre mit Vertiefung
Finanz- und Kapitalmärkte; lic. oec. HSG
2002 – 2005 Community of European Management Schools (CEMS)
Master of International Management (MIM)
2003 Escuela Superior de Administración y Dirección de Empresas
(ESADE), Barcelona, Spanien
Austauschsemester
Berufserfahrung
seit 2005 Roland Berger Strategy Consultants AG, Zürich, Schweiz
Consultant, seit 2011 Project Manager mit Schwerpunkt
Aviation und Tourismus
2004 Barclays Capital, London, UK
Summer Analyst, Fixed Income Derivatives Team
2002 ABB Schweiz AG, Baden, Schweiz
Praktikant, Accounting and Payroll Services