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Orte, Territorien, Körperschaften – Perspektiven sozialdiagnostischer Raumforschung oder „Wie mache ich Feldstudien?“ Manuela Brandstetter Tagung Soziale Diagnostik 16.09.2016

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Orte, Territorien, Körperschaften –Perspektiven sozialdiagnostischer

Raumforschung oder

„Wie mache ich Feldstudien?“

Manuela Brandstetter

Tagung Soziale Diagnostik

16.09.2016

Begriff der Feldforschung nach Renate Mayntz 1969

Programm des Vortrags bzw. der ausgewählten Perspektive:

• 3 konzeptuelle Anregungen zum Design von Feldstudien anhand einer idealtypischen Feldstudie:

„Praxis des >versteckten Feminismus‘<

infolge eines Mangels an Arbeitsplätzen für

Frauen und Mädchen“

• Rolle der Ethnographie im Fach

• Feldspezifische Abwandlung der NWK

• Zusammenfassung und Ausblick

Feldforschungs-Tradition in der Sozialen Arbeit

Bourdieus (2009:193)Begriff des Feldes:

• „Felder sind Spielräume, autonome Sphären,

in denen nach jeweils besonderen Regeln

gespielt wird.“ (Bourdieu 2009:134).

1. Anregung: Wählen Sie ein Feld als jeweils typisch aus …

• … für Ihren Forschungsgegenstand!

• als „charakteristisch“ geltende Eigenschaften als Hinweise für öffentliche Meinungsbildung

• Gemeinde und/oder das Feld bildet (wenn auch nur vorläufig) den Idealtypus für das interessende Merkmal.

• Beispiele:

– Marienthal (1933) – Das Erleben von Arbeitslosigkeit

– Permanently Failing Institutions Pennsylvania– Scott 1978

– Darmstadt (1949) –• Demokratisierungsprozesse

• bzw. –hindernisse

Feldstudie „lebmit“ (2009) zu:

„Die Praxis des >versteckten Feminismus‘< - Die Arbeitslosigkeit von Frauen in ländlich-

peripheren Räumen“ -- eine „gute Strategie“?

• Oberes Waldviertels als „Armenhaus Europas“ (Immervoll 2012)

• http://www.geyrhalterfilm.com/ueber_die_jahre

• Bei Auftragsvergabe: • „Wer braucht scho

die Frauen?“ (Auftragsvergabesitzung, 2.2.2009)

• „de Frauen miassen sie do organisiern weil

sunst gehen sie unta “ (ebd.)

Feldstudie Lebmit –Interview Februar 2009, FördergeberFoto: Monika Koch

• Interview FördergeberIn: „i sog jetzt zynisch die Frog=so wer von unsere Betriebe do, so wies bei uns do im

Woldviertel is, vor allem von de (-) na generell wer braucht schon die Frauen? Außa zum Zaumrama, zum Putzen oder vielleicht als Verkäuferin? Die Frauen sind die stille Reserve am Arbeitsmarkt=do net? Und jetzt

wo’s knopp is und ma bsunders bei uns so viele Orbeitslosehoben (3) äh und wauns um technische Berufe geht z.B.=

do hoben die Männer die Nosen vorn (..) do san magenau wieder bei dem Punkt wo i sog, do müss ma

gesamtgesellschaftlich orbeiten um do a Bewußtsein zu schoffen. Ober jetzt net nur geschlechtsspezifisch

2. Anregung: Machen Sie sich „Verdinglichungen“ von komplexen …

• … sozialen Phänomenen zu Nutze!

• Lokalisierungen helfen SprecherInnen dabei, vagen Einsichten ein Mehr an Aufmerksamkeit zu verleihen (Bsp.: vermeintlich „Frauen als stille Reserve im

Oberen Woldviertel“ )

• Lokalisierungen sind Vehikel

für die Beförderungen

von besonderem Sinn.

Exkurs: Harvey Sacks‘ „Localization of utterance“ (Sacks 1992, Schegloff 1972) als Verfahren der Feldforschung

Untersuchungspersonen in der Feldstudie lebmit waren …

VerantwortungsträgerInnen & HelferInnen

8 ExpertInnen aus – Verwaltung/Politik

– dem regionalen Förderwesen

– aus dem Netzwerk selbst

– aus den prof. Sozialen Diensten

– aus Gewerbe und Handel

– aus dem Schul- und Bildungsbereich

Frauen aus Lebensweltperspektive5 Frauen von insg. 20 Personen in narrativen Interviews und in einer Fokusgruppe

• 1 Netzwerkkarte

• 17 Ad Hoc Befragungen

• 7 Stadteilbegehungen

• 2 Gruppendiskussionen mit Frauen

(vorher/nachher)

• 1 Gruppendiskussionen mit den „trainierenden projektleitenden Frauen“

3. Anregung: seien Sie kreativ bei der Wahl Ihrer Verfahren!

Lebmit zum Nachlesen ..

Zusammenfassung: 3 Anregungen zu „Wie mache ich Feldstudien?“

1. Feldstudien bieten breites thematisches Spektrum für Forschung zu sozialen Prozessen allgemein

2. Die (vorläufige) Auswahl des für das interessierende Merkmal typischen Feldes

3. Bedeutung von kreativen Verfahren -Rückmeldungsschleifen

Literatur:

• Bourdieu, P. (1997). Ortseffekte. In: Bourdieu, P. (Hg.). Das Elend der Welt. Zeugnisse und Diagnosen alltäglichen Leidens an der Gesellschaft (pp. 117-127). Konstanz: UVK.

• Bohnisch, L. / Funk, H. (1991). Grundprobleme sozialer Hilfe im ländlichen Raum. In: Bohnisch, Lothar (Hg.). Ländliche Lebenswelten. Fallstudien zur Landjugend (pp. 29-39). Weinheim: Deutsches Jugendinstitut.

• Brüggemann, B. / Riehle, R. (1986). Das Dorf. Uber die Modernisierung einer Idylle. Frankfurt/Main: Campus.

• Böhnisch, L.; / Funk, H. (1991): Grundprobleme sozialer Hilfe im ländlichen Raum. In: Böhnisch, L. / Funk, H. / Huber, J / Stein, G. (Hrsg.): Ländliche Lebenswelten. Fallstudien zur Landjugend. Weinheim und München. S. 29-39.

• Böhnisch, L. (1992): Sozialpädadogik des Kindes- und Jugendalters. Weinheim und München.

• Böhnisch, L. (1996): Pädagogische Soziologie. Eine Einführung. Weinheim/München: Juventa.

• Brandstetter, M. / Stemberger, V. (2011): Von der Armut auf dem Land: Die Diskurs- und Hilfepraxen in einer ländlichen Kleinstadt. In: Verwiebe, R. (Hrsg.): Armut in Österreich. Bestandsaufnahme, Trends, Risikogruppen. Wien: Braumüller. S. 308-328.

• Brandstetter, M. (2014): Sozialplanung als Teil gemeindespezifischer Ideologien – Stand der Analyse und Forschung zu einer Meta-Studie „lokale Hilfe Praxen in ländlichen Gemeinden NÖ“. Linz: Pro Mente Verlag. Im Erscheinen.

• Brauer, K. (2005): Bowling together. Clan, Clique, Community und die Strukturprinzipien des Sozialkapitals. Wiesbaden: VS Verlag.

• Christaller, W. (1933): Die zentralen Orte in Süddeutschland. Jena.

• Geertz, C.. (1983). Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Literatur:

• Geertz, C. (1994): Primordial Loyalities and Standing Entities. Anthropological Reflections on the Politics of Identity. Public Lectures N. 7. Collegium Budapest/Institute of Advanced Study.

• der empirischen Sozialforschung. 4. Auflage, Opladen: Westdeutscher Verlag. S. 12-25.

• Reutlinger, C. (2009): Vom Sozialraum als Ding zu den subjektiven Raumdeutungen. URL: http://www.sozialraum.de/reutlinger-vom-sozialraum-als-ding.php, Datum des Zugriffs: 27.03.2014

• Rudolph, M. (2001): Ländliche Region. In: Schröer, W. / Struck, N. / Wolff, M. (Hrsg.): Handbuch Kinder-und Jugendhilfe. Weinheim/München: Juventa. S. 273-291.

• Sacks, H. (1992): Lectures on Conversation. Vol I. ed. Jefferson, G. Oxford

• Sacks, H. (1992): Lectures on Conversation. Ed. By Gail J. Cambridge, Mass: Blackwell. 1. Publ. 1992.

• Schegloff, E. (1972): Notes on an conversational Practice: Formulating Place. In: Sudnow, D. (Eds.): Studies Silverman, D. (2006): Interpreting Qualitative Data. Third Edition, London/Thousand Oaks/New Delhi: SAGE Publications.

• Warren, R. L. (1970): Soziologie der amerikanischen Gemeinde. Köln/Opladen: Westdeutscher Verlag.

• Wolff, S. (2004): Clifford Geertz. In: Flick, U. / vonKardorff, E. / Steinke, I. (Hrsg.): Qualitative Sozialforschung. Ein Handbuch. Rohwohlt. S. 84-96.

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