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Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006 M. Kurt U. Boeken J. Litmathe P. Feindt E. Gams Oxygenierungsversagen nach herzchirurgischen Operationen Evaluierung früher Re-Intubation versus Nasen-CPAP (N-CPAP) versus nichtinvasive Überdruckventilation (NPPV) Z Herz- Thorax- Gefäßchir 20:69–74 (2006) DOI 10.1007/s00398-006-0533-5 KARDIOCHIRURGISCHE INTENSIVMEDIZIN Eingegangen: 31. März 2006 Akzeptiert: 7. April 2006 Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden be- reits in Auszügen anlässlich der 35. Jah- restagung der Deutschen Gesellschaft für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie am 19.–22. Februar 2006 in Hamburg/ Deutschland als Vortrag vorgestellt. Dr. Jens Litmathe ( ) ) M. Kurt · U. Boeken · P. Feindt · E. Gams Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie der Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf, Germany Tel.: +49-211/811 8332 Fax: +49-211/811 83 33 E-Mail: [email protected] Airway management after cardiac surgery: Non-invasive ventilation support versus early re-intubation in coronary patients " Zusammenfassung Hintergrund Aufgrund des steigenden Patientenal- ters und der zunehmenden Co-Morbidität im herzchirurgischen Patien- tenklientel wird seit geraumer Zeit eine Zunahme der respiratorischen Problematik bei extubierten Patienten in der postoperativen Phase be- obachtet. Ziel der Studie war daher die Evaluierung nichtinvasiver Ven- tilationshilfen (Nasen-CPAP und die nichtinvasive Überdruckbeatmung, NPPV) im Vergleich zur frühzeitigen Re-Intubation. Patienten und Me- thode In einem Zeitraum von 2 Jahren untersuchten wir bei allen Pa- tienten mit Oxygenierungseinbußen oder Hyperkapnie, die innerhalb der ersten 12 Stunden postoperativ nach einer herzchirurgischen Ope- ration extubiert werden konnten, das postoperative Outcome. Alle Pa- tienten zeigten die anerkannten Kriterien zur Re-Intubation. Die Grup- pen wurden nach dem applizierten Therapieregime unterschieden in: Gruppe A: sofortige Re-Intubation (n=88), Gruppe B: NCPAP-Behand- lung (n = 173), Gruppe C: NPPV (n = 18). Ergebnisse 25,4% der Gruppe B und 22,2% Patienten der Gruppe C wurden im Verlauf einer NCPAP- oder NPPV-Therapie reintubiert. Alle anderen Patienten der Gruppe B und C konnten mittels der genannten non-invasiven Beatmungshilfen wiederhergestellt werden (B: 34,3 ± 5,9 Stunden; C: 26,4 ± 4,4 Stunden; p < 0,05). In der Gruppe A sahen wir eine höhere Mortalitätsrate (7,95%) als in Gruppe B (4,04%) und Gruppe C (3,55%). Sowohl die Dauer der Intensivbehandlung als auch die Gesamtverweildauer in der Klinik waren in Gruppe A signifikant höher. Die Inzidenz von Pneumo- nien (A: 22,7%, B: 10,4%, C: 11,1%, p< 0,05) und der Bedarf an Katech- olaminen war in Gruppe A signifikant erhöht, wohingegen die NCPAP- Patienten signifikant häufiger sternale Wundheilungsstörungen aufwie- sen. Schlussfolgerung Die Ergebnisse der vorliegenden Erhebungen im- plizieren, dass nach Möglichkeit eine sofortige Re-Intubation zugunsten non-invasiver Beatmungshilfen vermieden werden sollte. In diesem Zu- sammenhang ist jedoch vor dem Hintergrund etwaiger sternaler Wund- heilungsstörungen die Atemmechanik von entscheidender Bedeutung. " Schlüsselwörter Oxygenierungsversagen nach herzchirurgischen Eingriffen – Re-Intubation – nichtinvasive Überdruckbeatmung (NPPV) – Nasen-CPAP (NCPAP)

Oxygenierungsversagen nach herzchirurgischen Operationen

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Page 1: Oxygenierungsversagen nach herzchirurgischen Operationen

Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006

M. KurtU. BoekenJ. LitmatheP. FeindtE. Gams

Oxygenierungsversagennach herzchirurgischen OperationenEvaluierung früher Re-Intubation versus Nasen-CPAP (N-CPAP)versus nichtinvasive Überdruckventilation (NPPV)

Z Herz- Thorax- Gefäßchir 20:69–74 (2006)DOI 10.1007/s00398-006-0533-5 K AR D I O C H I R U R G I S CH E I N T E N S I V M E D I Z I N

Eingegangen: 31. März 2006Akzeptiert: 7. April 2006

Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden be-reits in Auszügen anlässlich der 35. Jah-restagung der Deutschen Gesellschaft fürHerz-, Thorax- und Gefäßchirurgie am19.–22. Februar 2006 in Hamburg/Deutschland als Vortrag vorgestellt.

Dr. Jens Litmathe ())M. Kurt · U. Boeken · P. Feindt · E. GamsKlinik für Herz- und Thoraxchirurgieder Heinrich-Heine-UniversitätMoorenstraße 540225 Düsseldorf, GermanyTel.: +49-211/811 83 32Fax: +49-211/811 83 33E-Mail: [email protected]

Airway management after cardiac surgery: Non-invasive ventilation supportversus early re-intubation in coronary patients

� Zusammenfassung Hintergrund Aufgrund des steigenden Patientenal-ters und der zunehmenden Co-Morbidität im herzchirurgischen Patien-tenklientel wird seit geraumer Zeit eine Zunahme der respiratorischenProblematik bei extubierten Patienten in der postoperativen Phase be-obachtet. Ziel der Studie war daher die Evaluierung nichtinvasiver Ven-tilationshilfen (Nasen-CPAP und die nichtinvasive Überdruckbeatmung,NPPV) im Vergleich zur frühzeitigen Re-Intubation. Patienten und Me-thode In einem Zeitraum von 2 Jahren untersuchten wir bei allen Pa-tienten mit Oxygenierungseinbußen oder Hyperkapnie, die innerhalbder ersten 12 Stunden postoperativ nach einer herzchirurgischen Ope-ration extubiert werden konnten, das postoperative Outcome. Alle Pa-tienten zeigten die anerkannten Kriterien zur Re-Intubation. Die Grup-pen wurden nach dem applizierten Therapieregime unterschieden in:Gruppe A: sofortige Re-Intubation (n = 88), Gruppe B: NCPAP-Behand-lung (n = 173), Gruppe C: NPPV (n = 18). Ergebnisse 25,4% der GruppeB und 22,2% Patienten der Gruppe C wurden im Verlauf einer NCPAP-oder NPPV-Therapie reintubiert. Alle anderen Patienten der Gruppe Bund C konnten mittels der genannten non-invasiven Beatmungshilfenwiederhergestellt werden (B: 34,3 ± 5,9 Stunden; C: 26,4 ± 4,4 Stunden;p < 0,05). In der Gruppe A sahen wir eine höhere Mortalitätsrate(7,95%) als in Gruppe B (4,04%) und Gruppe C (3,55%). Sowohl dieDauer der Intensivbehandlung als auch die Gesamtverweildauer in derKlinik waren in Gruppe A signifikant höher. Die Inzidenz von Pneumo-nien (A: 22,7%, B: 10,4%, C: 11,1%, p < 0,05) und der Bedarf an Katech-olaminen war in Gruppe A signifikant erhöht, wohingegen die NCPAP-Patienten signifikant häufiger sternale Wundheilungsstörungen aufwie-sen. Schlussfolgerung Die Ergebnisse der vorliegenden Erhebungen im-plizieren, dass nach Möglichkeit eine sofortige Re-Intubation zugunstennon-invasiver Beatmungshilfen vermieden werden sollte. In diesem Zu-sammenhang ist jedoch vor dem Hintergrund etwaiger sternaler Wund-heilungsstörungen die Atemmechanik von entscheidender Bedeutung.

� Schlüsselwörter Oxygenierungsversagen nach herzchirurgischenEingriffen – Re-Intubation – nichtinvasive Überdruckbeatmung (NPPV)– Nasen-CPAP (NCPAP)

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Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006

� Summary Background Due to the older and more comorbid patientsin cardiac surgery there is an increasing incidence of respiratory failureafter primary postoperative extubation. We wanted to study whetherNCPAP may improve pulmonary oxygen transfer and may avoid reintu-bation after cardiac surgery. Additionally, we compared this protocol toa non-invasive positive pressure ventilation (NPPV). Methods For aperiod of 2 years we analyzed all patients that were extubated within 12hours after cardiac surgery, and in whom pulmonary oxygen transfer(PaO2/FIO2) deteriorated without hypercapnia so that all these patientsmet predefined criteria for reintubation. There were three groups of pa-tients: group A = immediate reintubation (n = 88), group B = NCPAP-treatment (n = 173), group C = NPPV (n = 18). Results 25.4% of group B-and 22.2% of group C-patients were also intubated after a period ofCPAP or NPPV. All other patients of groups B and C could be weanedfrom these devices (B: 34.3 ± 5.9 hours; C: 26.4 ± 4.4 h; p < 0.05) andwere well oxygenated by face mask at ambient pressure (PaO2/FIO2: B:138 ± 13, C: 140 ± 13). In group A we found a higher mortality (7.95%)than in group B (4.04%) and group C (5.55%). Stay on ICU and in-hos-pital-stay was significantly prolonged in group A. The incidence of pul-monary infections (A: 22.7%, B: 10.4%, C: 11.1%, p < 0.05) and the needfor catecholamines were significantly increased in group A, whereasNCPAP-patients significantly more often suffered from an impairedsternal wound healing (A: 4.5%, B: 8.6%, p < 0.05). Conclusion Fromour results we conclude that reintubation after cardiac operationsshould be avoided since NCPAP and NPPV are safe and effective to im-prove arterial oxygenation in the majority of patients with non-hyper-capnic oxygenation failure. However, it is of great importance to takespecial care of the sternal wound complications in these patients.

� Key words Cardiac surgery – respiratory failure – reintubation –non-invasive positive pressure ventilation (NPPV) – nasal continuouspositive airway pressure (NCPAP)

EinleitungHerzchirurgische Interventionengehören heutzutage zu den Stan-dardeingriffen im Zuge der Be-handlung von schweren koronarenHerzerkrankungen und Herzklap-penfehlern. Mehr als 95 000 Ein-griffe wurden in Deutschland imJahre 2004 durchgeführt, davon1300 in der Klinik für Herz- undThoraxchirurgie der Heinrich-Hei-ne-Universität Düsseldorf. Vorran-giges Ziel im postoperativen Ver-lauf ist die baldige Extubationeines Patienten, falls sowohl Oxy-genierung als auch Vigilanz aus-reichend sind. Eine prolongierteNachbeatmung ist i. d. R. schon

frühzeitig ein Zeichen dafür, dassder Patient kritisch krank ist. Ei-nige wenige Studien haben aufdie Inzidenz von Re-Intubationen,und mit welchen Faktoren diese as-soziiert sind, fokussiert und konn-ten zeigen, welches Outcome hier-mit verknüpft ist [1–5]. MöglicheGefahren einer Re-Intubation sindvorrangig in assoziierten Pneumo-nien zu sehen, die den Intensivauf-enthalt eines Patienten erheblichzu verlängern vermögen [6, 7].

Die vorliegende Studie reflek-tiert die Erfahrung unserer Klinikaus den letzten 2 Jahren und ver-gleicht die Ergebnisse der Patien-tenkollektive, die nach koronarchi-rurgischen Eingriffen einer unum-

gänglichen Re-Intubation unterzo-gen wurden mit denjenigen, dieeine nichtinvasive Beatmungs-unterstützung erhielten entwederin Form einer kontinuierlichenNasen-CPAP-(NCPAP) oder ineiner nichtinvasiven Überdruck-beatmung (NPPV).

Patienten und Methode

Es wurden alle Patienten ge-screent, die sich in unserer Klinikin den letzten 2 Jahren einer aor-tokoronaren Bypass-Operation(ACB) unterzogen haben. Ein-schlusskriterium war eine primärnach 12 Stunden postoperativ er-folgte Extubation bei ausreichen-der Vigilanz und Oxygenierung.

Non-koronare Eingriffe wurdenvon der Studie ausgeschlossen,genauso wie alle anderen Kombi-nationseingriffe, auch wenn dieseeine myokardiale Revaskularisa-tion mitbeinhalteten.

Insgesamt wurden 279 Patien-ten einer isolierten aortokorona-ren Bypass-Operation unterzogen.Für alle Patienten galten die zuvordefinierten Kriterien zur Extuba-tion und zur evtl. Re-Intubation.Die gesamte Kohorte wurde indrei Studiengruppen unterteilt:Gruppe A: unverzügliche Re-In-tubation (n = 88), Gruppe B: Na-sen-CPAP- (NCPAP) Behandlung(n = 173) und Gruppe C: Nichtinvasive Überdruckbeatmung(NPPV) (n = 18).

Alle relevanten klinischen Da-ten sowie auch die wichtigstenhämodynamischen Parameter wiez. B. Herzfrequenz (HF), mittlererarterieller Druck (MAP) und zen-tralvenöser Druck (ZVD) wurdendokumentiert und verglichen fer-ner auch das PaO2/FiO2-Verhält-nis.

Die perioperativen Kenndatenfür alle drei Gruppen sind in Ta-belle 1 dargestellt.

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n Operative Detailsund weiteres Procedereauf der Intensivstation

Nach Narkoseeinleitung wurde zu-nächst in allen Fällen eine media-ne Sternotomie durchgeführt.Nach Perikardiotomie wurde dieextrakorporale Zirkulation (EKZ)präpariert, um jederzeit einen not-fallmäßigen Anschluss sicherstel-len zu können. Bei stabiler Hämo-dynamik wurde dann bei fast allenPatienten die linke Arteria thoraci-ca interna (LITA) (89%) präpa-riert. Nach Applikation von 300IU/kg KG Heparin mit einer Ziel-ACT von über 400 s wurde danndie EKZ etabliert. Alle Eingriffewurden in typischer Myokardpro-tektion mittels milder Perfusions-hypothermie und in kristalloiderbzw. kolloidaler Blutkardioplegie

nach Calafiore durchgeführt. NachDekanülierung der EKZ erfolgteeine Kontrolle auf Bluttrockenheit,erst danach wurden das Sternumund die Wunde in typischer Weiseverschlossen.

Im postoperativen Gefolge wur-den alle Patienten zunächst elektivnachbeatmet. Eine Extubation er-folgte erst dann, wenn sowohl dieOxygenierung als auch die Vigi-lanz als zufriedenstellend bezeich-net werden konnten.

Als objektivierbare Standard-kriterien zur Extubation wurdendefiniert: Atemfrequenz 10–28Atemzüge/min, Tidalvolumen> 5 ml/ kg KG, Vitalkapazität> 10 ml/ kg KG und das Vorhanden-sein einer permanent ausreichen-den Oxygenation mit einer nur ge-ringfügigen Sauerstoffunterstüt-zung von nicht mehr als 40% FiO2.

n Statistische Analysen

Als deskriptive Parameter wurdenarithmetischer Mittelwert inklu-sive Standardabweichung (SEM)dargestellt. Vergleiche zwischenden einzelnen Gruppen wurdenmittels Student t-Test durchge-führt. Ein p-Wert von ≤0,05 wur-de hierbei als statistisch signifi-kant betrachtet.

Ergebnisse

Die klinischen Verläufe bis zurnotwendigen Wiederaufnahmeder respiratorischen Therapie wa-ren in etwa allen drei Gruppenvergleichbar. Signifikante Unter-schiede zeigten sich bezüglich derCO2-Retention (höher in GruppeA). Eine verlängerte Zeit bis zurprimären Extubation sowie einvergleichsweise eingeschränkterBewusstseinsstatus waren eben-falls in Gruppe A feststellbar.

25,4% aus Gruppe B und22,2% aus Gruppe C musstentrotz Anwendung von CPAP undNPPV nach einer gewissen Latenzbei unzureichender Effektivitätletztlich reintubiert werden.

Alle anderen Patienten derGruppen B und C konnten jedocherfolgreich oxygeniert und venti-liert von den nichtinvasiven Be-atmungshilfen entwöhnt werden(B: 34,3 ± 5,9 h; C: 26,4 ± 4,4 h;p < 0,05) (PaO2/FIO2: B: 138 ± 13,C: 140 ± 13 nach Beendigung).Das PaO2/FiO2-Verhältnis war inGruppe A während der ersten24 Stunden signifikant höher(Abb. 1).

In Gruppe A zeigte sich einehöhere Mortalitätsrate (7,95%),im Vergleich zu Gruppe B(4,04%) und Gruppe C (5,55%).Der Aufenthalt auf der Intensiv-station sowie die Gesamtverweil-dauer im Krankenhaus waren inGruppe A signifikant verlängert.Das Wiederauftreten pulmonalerInfektionen (A: 22,7%, B: 10,4%,C: 11,1%, p < 0,05) sowie die Not-

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Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006

Tab. 1 Perioperative Kenndaten der Patienten der Gruppe A, B und C

Gruppe A(n = 88)

Gruppe B(n = 173)

Gruppe C(n = 18)

p(A/B)

Alter (Jahre) 64,1 ± 12,3 64,5 ± 11,3 65,1 ± 12,1 > 0,05Geschlecht (% �) 78 75 76 > 0,05body mass index 25,4 ± 3,5 25,0 ± 3,3 26,2 ± 3,8 > 0,05präop. EF (%) 62 ± 8,5 61 ± 8,2 63 ± 7,8 > 0,05Notfall Op. (%) 3,4 2,9 5,5 > 0,05Operationsdauer (min) 211 ± 23 218 ± 25 209 ± 21 > 0,05Aortenabklemmzeit (min) 48 ± 6 47 ± 7 49 ± 9 > 0,05Bypass Anzahl (n) 3,7 ± 0,5 3,5 ± 0,4 3,4 ± 0,4 > 0,05LITA*-Verwendung (%) 91 88 89 > 0,05LCOS (%) 5,6 5,7 5,5 > 0,05Beatmungsdauer (h) 6,8 ± 0,9 6,5 ± 0,8 7,0 ± 1,0 > 0,05

* LITA = left internal thoracic artery

Tab. 2 Klinischer Status vor der Re-Intubation (A), NCPAP (B) und NPPV (C)

Gruppe A(n = 88)

Gruppe B(n = 173)

Gruppe C(n = 18)

p(A/B)

Bei Bewusstsein (%) 91 100 100 < 0,05PaCO2 (mmHg) 49,8 ± 7,5 45,5 ± 6,4 45,8 ± 6,2 < 0,05Katecholamine (%) 16,8 17,1 16,5 > 0,05Temperatur > 38 �C (%) 11,4 11,0 11,1 > 0,05Neurologische Probleme (%) 3,4 2,9 5,5 > 0,05Relative Nachblutung (%) 3,4 3,5 5,5 > 0,05primäre Beatmungsdauer (h) 6,8 ± 0,9 6,5 ± 0,8 7,0 ± 1,0 > 0,05Zeit bis zur prim. Extub. (h) 6,6 ± 1,4 5,1 ± 0,8 6,4 ± 1,0 < 0,05

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wendigkeit von Katecholamin-unterstützung (in der Regel alsKombination aus Dobutamin undNoradrenalin) war in der GruppeA signifikant höher, wohingegendie NCPAP-Patienten signifikanthäufiger Wundheilungsstörungenim Bereich des Sternums zeigten(A: 4,5%, B: 8,6%, p < 0,05, Abb. 2und 3).

Der zentralvenöse Druck (ZVD)und der mittlere arterielle Druck(MAP) verhielten sich umgekehrtproportional: Der ZVD war signifi-kant höher in Gruppe B im Ver-gleich zu Gruppe A jeweils nach4, 8 und 24 h postoperativ(Abb. 4), wohingegen der mittlerearterielle Druck in Gruppe A nach8 und 24 Stunden signifikanthöher war (Abb. 4 und 5). Schließ-lich waren die Herzfrequenzen inGruppe A ebenfalls signifikanthöher als in Gruppe B, nach 8, 12und 24 Stunden (Abb. 6).

Diskussion

Das Patientenkollektiv in derHerzchirurgie hat sich in denletzten 20 Jahren grundlegend ge-ändert. Die Patienten werden zu-nehmend älter und multimorbi-der, zudem haben sich die kar-diologischen Interventionen beider Behandlung der koronarenHerzerkrankung enorm verbes-sert, so dass die Patienten erstmit protrahiertem Krankheitsver-lauf dem Chirurgen vorgestelltwerden oder eine kardiologischeIntervention gar nicht mehrmöglich ist. Beide Tatsachen undgleichzeitig der klinische Statuseines Patienten bringen es auto-matisch mit sich, dass der„durchschnittliche“ Koronarpa-tient stärker alteriert ist, als manes noch vor Jahren gewohnt war.Folglich ist es enorm wichtig, fürjeden einzelnen Patienten ein in-dividuelles Konzept parat zu ha-ben, um ein optimales postopera-tives Resultat zu erzielen.

Eine frühe Extubation ist nichtnur ein probates Mittel um denAufenthalt eines Patienten auf derIntensivstation zu verkürzen unddarüber hinaus auch wirtschaft-lich effektiv, sondern vielmehrauch, um beatmungsassoziiertenKomplikationen wie z. B. einerPneumonie vorzubeugen. Insge-

samt sollte, wenn irgend möglich,eine prolongierte Respiratorthera-pie vermieden werden. Das Zieldieser Studie war es daher, dieverschiedenen konventionellenund alternativen Beatmungsmög-lichkeiten miteinander zu verglei-chen. Dabei verglichen wir die in-vasiven mit den nichtinvasiven

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Abb. 1 PaO2/FiO2-Verhältnis während der Überwachung in den ersten 24 Stunden, * = p < 0.05 GruppeA vs. B

Abb. 2 Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus in allen drei Gruppen, * = p < 0,05Gruppe A vs. B

Abb. 3 Mortalität und schwere Komplikationen in allen drei Gruppen, * = p < 0,05 Gruppe A vs. B

Page 5: Oxygenierungsversagen nach herzchirurgischen Operationen

Ventilationsformen bei Patienten,die sich einer aortokoronaren By-passoperation unterzogen haben:

Die nasale CPAP-Beatmung istein anerkanntes Verfahren bei Pa-

tienten, die eine ausreichendeSpontanatmung aufweisen. Zudemist es in der Handhabung einfachund der logistische Aufwand ist ge-ring. Anhand von prospektiven

Studien konnte nachgewiesen wer-den, dass die Nasen-CPAP-Beat-mung als effektive Beatmungsformbei einer akuten respiratorischenErschöpfung im Rahmen eineskardiogen bedingten Lungen-ödems gelten darf [9, 10], sowieauch im Rahmen einer akuten Ver-schlechterung einer chronischobstruktiven Lungenerkrankung(COPD) [10], ferner im Rahmenvon Compliance-Einbußen aufdem Boden neurologischer Er-krankungen [11]. Ebenfalls posi-tive Effekte, sind in der Therapiebei Patienten mit Hypoxie auf-grund von Atelektasen nachgewie-sen worden [13, 14]. Letztlich kor-reliert die Effizienz der NCPAP-Beatmung mit dem Vorhandenseineines ausreichenden PEEP, der fürdie zumeist zugrundeliegendenpulmonalen Dystelektasen oderAtelektasen von entscheidenderBedeutung ist.

Diesbezüglich konnte in gro-ßen Studien gezeigt werden, dassbei Patienten, die einem großenherz- und/oder thoraxchirurgi-schen Eingriff unterzogen wur-den, nur bei solchen Beatmungs-masken eine effiziente Oxygenie-rung und Ventilation erzielt wur-de, die einen Beatmungsdruckvon über 10 cm Wassersäule auf-bauen konnten.

Hiermit kann nämlich der in-trathorakale Luftdruck mit demgewünschten PEEP im gesamtenAtemzyklus (Inspiration und Ex-spiration) aufrechterhalten wer-den. Dies führt in fast allen Fällenzu einer Verbesserung der pulmo-nalen Funktion, da der vorhandenePEEP kleinste Bronchiolen und Al-veolen offenhält und somit denfunktionellen Totraum vermindert[14].

Einige wenige Studien habenauf die generelle Rolle der nicht-invasiven Beatmung als atemun-terstützende Maßnahme fokussiertund diesbezüglich insbesonderebei herz- und thoraxchirurgischenPatientenkollektiven Untersuchun-gen angestellt. In diesen Unter-

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Abb. 4 Zentralvenöser Druck (ZVD) während der Überwachung in den ersten 24 Stunden (* = p< 0,05für die Gruppe A [Re-ITN] vs. Gruppe B [nCPAP]).

Abb. 5 Durchschnittlicher arterieller Blutdruck (DAD) während der Überwachung in den ersten 24 Stun-den (* = p < 0,05 für die Gruppe A [Re-ITN] vs. Gruppe B [nCPAP])

Abb. 6 Herzfrequenz (Hf) während der Überwachung in den ersten 24 Stunden (* = p < 0,05 für dieGruppe A [Re-ITN] vs. Gruppe B [nCPAP])

Page 6: Oxygenierungsversagen nach herzchirurgischen Operationen

suchungen konnte gezeigt werden,dass die oben genannten Beat-mungsmodi einen Benifit für denPatienten darstellten, beispielswei-se belegt durch die Reduktion pul-monaler Infektionsraten oder dieVerkürzung des Aufenthaltes aufder Intensivstation bzw. des Ge-samtaufenthalts in der Klinik [15,16]. Die Arbeitsgruppe um Böhnerberichtet sogar, dass bei frühextu-bierten Patienten ein prophylak-tischer Einsatz der nichtinvasivenBeatmung genutzt werden sollte,um eine evtl. Re-Intubation zu ver-meiden [17]. Diese Ergebnissestimmen mit unseren aktuellenUntersuchungen überein: Wirkonnten zeigen, dass der zeitlicheAufenthalt dieser Patienten aufder Intensivstation signifikantverkürzt werden konnte, genausowie der Gesamtaufenthalt im Klini-kum. Auch die Gesamtmortalitätsowie ernste Komplikationen

konnten signifikant reduziert wer-den. Die einzige nennenswerteAusnahme bestand darin, dass Pa-tienten mit nichtinvasivem Ventila-tionssupport im Bereich des Ster-nums vermehrt Wundheilungs-störungen ausbildeten (GruppeB), im Vergleich zu solchen, die ei-ner frühen Re-Intubation unterzo-gen wurden (Gruppe A). Hämody-namische Veränderungen warenhauptsächlich bei denjenigen Pa-tienten zu verzeichnen, die mit ei-ner nichtinvasiven Methode pul-monal unterstützt worden waren.Es ist jedoch erstaunlich, dassnur 22% bzw. 25% der Patienten,nach einer primär unkomplizier-ten Extubation überhaupt reintu-biert werden mussten.

Zusammenfassend kann mansagen, dass der technische Auf-wand der nichtinvasiven Beat-mungsformen, NCPAP und NPPV,sehr gering ist. Das System ist

kostengünstig und wird von denPatienten gut toleriert. Es ist nachunserer Einschätzung eine guteMethode zur Wiederherstellungund sogar zur Verbesserung derLungenfunktion nach aorto-koro-naren Bypassoperationen. Folglichist eine prophylaktische und thera-peutische Nutzung dieser Gerät-schaften empfehlenswert. Vorran-gig sollte eine frühe Extubationangestrebt werden mit anschlie-ßendem eventuellem Einsatznichtinvasiver Hilfen zur Vermei-dung von Re-Intubationen. Beson-deres Augenmerk sollte in diesemZusammenhang allerdings aufmögliche Wundheilungsstörungenim Bereich des Sternums gelegtwerden, die oft in Zusammenhangmit unphysiologischen Atemex-kursionen auftreten und ihrerseitsdas Outcome eines Patienten ein-zuschränken vermögen.

Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006

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