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Traugott Scheytt, Susanne Grams, Martin Asbrand Grundwasserströmung und -beschaffenheit unter dem Einfluss 100-jähriger Rieselfeldwirtschaft Zusammenfassung Seit ihrer Inbetriebnahme 1894 wurden die Rieselfel- der Großbeeren und Sputendorf südlich Berlins mit etwa 1000-3000 mm/a Abwasser beaufschlagt. Ab 1988 wurde die Rieselfeldwirtschaft nach und nach einge- stellt und 1994 völlig aufgegeben. Im Untergrund können vier quartäre Grundwasserlei- ter abgegrenzt werden, die aufgrund geologischer Fen- ster und Glazialtektonik lokal in hydraulischem Kon- takt stehen. Das Grundwasser strömt, bedingt durch die hydrodynamischen Verhältnisse, aus dem l. in den 2. Grundwasserleiter. Das Grundwasser des obersten Grundwasserleiters ist unterhalb der Rieselfelder deut- lich durch die Rieselfeldwirtschaft beeinflusst. Neben einer erhöhten Salzfracht weisen vor allem die Phos- phor- und Stickstoffverbindungen hohe Gehalte auf, ebenso wie der gelöste organische Kohlenstoff. Schwer- metalle werden nur untergeordnet nachgewiesen. Im tieferen, 2. Grundwasserleiter treten deutlich weniger Extremwerte auf, und das Grundwasser ist im Wesentli- chen durch eine erhöhte Salzfracht gekennzeichnet. Summary Sewage irrigation at Grossbeeren and Sputendorf south of Berlin started in 1894. About 90 years later, the area irrigated by sewage effluent decreased gradually, and in 1994 application was stopped completely. Dur- ing the period of operation, the sewage farms were flooded with 1000 to 3000 mm sewage effluent annual- ly. The subsurface consists of quaternary sediments which can be subdivided into 4 aquifers. The deepest, fifth belongs to the is tertiary. The aquifers show a high number of interconnections due to geological windows and glacial tectonics. Due to the hydrodynamic situation there is an almost vertical flow beneath the sewage farms from the 1 st aquifer to the 2 nd aquifer. Groundwater of the 1 st and 2 nd aquifer is influenced by sewage irrigation. In partic- ular, phosphorus and nitrogen compounds exhibit high concentrations as well as solts and dissolved or- ganic carbon. If detected, heavy metals show general- ly low concentrations. The deeper, 2 nd aquifer is char- acterized by a much more uniform distribution of groundwater constituents with only increased values of salts. 1 Entstehung und Bewirtschaftung der Rieselfelder Großbeeren und Sputendorf Im Rahmen des Projektes „Rieselfelder südlich Berlins - Altlast, Grundwasser, Oberflächengewässer" wurden zwi- schen 1992-1996 intensive Untersuchungen zu den Auswir- kungen der Rieselfeldwirtschaft auf den Boden, auf das Grundwasser und auf Oberflächengewässer durchgeführt. In den Folgejahren wurden bei weiteren Untersuchungen die Auswirkungen der Auflassung der Rieselfelder näher bestimmt. Die Rieselfeldbezirke Großbeeren und Sputendorf lie- gen nördlich des Berliner Autobahnringes A 10 (Bild 1) am Westrand der Teltow-Platte, einer Grundmoränenplatte, die eine morphologische Hochfläche bildet. Im Bereich der Rieselfelder hat die Teltow-Platte ein relativ ebenes Relief; die durchschnittlichen Geländehöhen liegen bei 40 bis 45 m über NN. Östlich der Rieselfelder fließt der Nuthegra- ben und im Südwesten die Nuthe. Der Beginn der Rieselfeldwirtschaft im Raum Großbee- ren, Sputendorf und Schenkenhorst liegt um 1894. Die Abwasserbeaufschlagung wird für 1895 mit 17651m 3 /ha angegeben. Dies entspricht einem Abwassereintrag von 1400-1700 mm/a. Flächen mit günstigen Lagen zu den Standrohren oder günstigen Versickerungseigenschaften wurden mit Mengen bis zu 5000 mm/a beschickt. Die wasser- wirtschaftliche Nutzfläche in den Rieselfeldbezirken Groß- Bild 1 Lage der Rieselfeldbezirke Großbeeren und Sputendorf (aus Asbrand 1997) Figure 1 Location of sewage farms Großbeeren and Sputendorf (adapted from Asbrand 1997) Wasser & Boden, 52/9, 15-22 (2000) © Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0043-0951 http//www parey de 15 The effects of a century of sewage farm operations on groundwater

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Traugott Scheytt, Susanne Grams, Martin Asbrand

Grundwasserströmung und-beschaffenheit unter dem Einfluss100-jähriger Rieselfeldwirtschaft

ZusammenfassungSeit ihrer Inbetriebnahme 1894 wurden die Rieselfel-der Großbeeren und Sputendorf südlich Berlins mitetwa 1000-3000 mm/a Abwasser beaufschlagt. Ab 1988wurde die Rieselfeldwirtschaft nach und nach einge-stellt und 1994 völlig aufgegeben.Im Untergrund können vier quartäre Grundwasserlei-ter abgegrenzt werden, die aufgrund geologischer Fen-ster und Glazialtektonik lokal in hydraulischem Kon-takt stehen. Das Grundwasser strömt, bedingt durchdie hydrodynamischen Verhältnisse, aus dem l. in den2. Grundwasserleiter. Das Grundwasser des oberstenGrundwasserleiters ist unterhalb der Rieselfelder deut-lich durch die Rieselfeldwirtschaft beeinflusst. Nebeneiner erhöhten Salzfracht weisen vor allem die Phos-phor- und Stickstoffverbindungen hohe Gehalte auf,ebenso wie der gelöste organische Kohlenstoff. Schwer-metalle werden nur untergeordnet nachgewiesen. Imtieferen, 2. Grundwasserleiter treten deutlich wenigerExtremwerte auf, und das Grundwasser ist im Wesentli-chen durch eine erhöhte Salzfracht gekennzeichnet.

SummarySewage irrigation at Grossbeeren and Sputendorfsouth of Berlin started in 1894. About 90 years later, thearea irrigated by sewage effluent decreased gradually,and in 1994 application was stopped completely. Dur-ing the period of operation, the sewage farms wereflooded with 1000 to 3000 mm sewage effluent annual-ly. The subsurface consists of quaternary sedimentswhich can be subdivided into 4 aquifers. The deepest,fifth belongs to the is tertiary. The aquifers show a highnumber of interconnections due to geological windowsand glacial tectonics.Due to the hydrodynamic situation there is an almostvertical flow beneath the sewage farms from the 1st

aquifer to the 2nd aquifer. Groundwater of the 1st and2nd aquifer is influenced by sewage irrigation. In partic-ular, phosphorus and nitrogen compounds exhibithigh concentrations as well as solts and dissolved or-ganic carbon. If detected, heavy metals show general-ly low concentrations. The deeper, 2nd aquifer is char-acterized by a much more uniform distribution ofgroundwater constituents with only increased values ofsalts.

1 Entstehung und Bewirtschaftungder Rieselfelder Großbeeren und Sputendorf

Im Rahmen des Projektes „Rieselfelder südlich Berlins -Altlast, Grundwasser, Oberflächengewässer" wurden zwi-schen 1992-1996 intensive Untersuchungen zu den Auswir-kungen der Rieselfeldwirtschaft auf den Boden, auf dasGrundwasser und auf Oberflächengewässer durchgeführt.In den Folgejahren wurden bei weiteren Untersuchungendie Auswirkungen der Auflassung der Rieselfelder näherbestimmt.

Die Rieselfeldbezirke Großbeeren und Sputendorf lie-gen nördlich des Berliner Autobahnringes A 10 (Bild 1) amWestrand der Teltow-Platte, einer Grundmoränenplatte, dieeine morphologische Hochfläche bildet. Im Bereich derRieselfelder hat die Teltow-Platte ein relativ ebenes Relief;die durchschnittlichen Geländehöhen liegen bei 40 bis45 m über NN. Östlich der Rieselfelder fließt der Nuthegra-ben und im Südwesten die Nuthe.

Der Beginn der Rieselfeldwirtschaft im Raum Großbee-ren, Sputendorf und Schenkenhorst liegt um 1894. DieAbwasserbeaufschlagung wird für 1895 mit 17651m3/haangegeben. Dies entspricht einem Abwassereintrag von1400-1700 mm/a. Flächen mit günstigen Lagen zu denStandrohren oder günstigen Versickerungseigenschaftenwurden mit Mengen bis zu 5000 mm/a beschickt. Die wasser-wirtschaftliche Nutzfläche in den Rieselfeldbezirken Groß-

Bild 1 Lage der Rieselfeldbezirke Großbeeren und Sputendorf(aus Asbrand 1997)Figure 1 Location of sewage farms Großbeeren and Sputendorf(adapted from Asbrand 1997)

Wasser & Boden, 52/9, 15-22 (2000) © Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0043-0951 http//www parey de 15

The effects of a century of sewage farm operations on groundwater

Grundwasserströmung und -beschaffenheit unter dem Einfluss 100-jähriger Rieselfeldwirtschaft

Tabelle 1 Zeitliche Veränderungen der Verrieselungsfläche und der Gesamtabwassermenge (Schwarz-, Grau- und Klarwasser)in den Rieselfeldbezirken Sputendorf und Großbeeren (aus Landesumweltamt Brandenburg 1997)Table 1 Variations of irrigation area and of the total sewage input at the sewage farms Sputendorf and Großbeeren(from Brandenburg Environmental Agency1997)

Jahr

Anfang der 80er

1989

1993

1994

Rieselfeldbezirk Großbeeren

Fläche Abwassermenge(Schwarzwasser)

[ha] [%] Mio [m3] [%]

746 100 ca 20 100

190 25 12,5 62,5

28 4 1,98 9,9

ca 3 0,4 0,17 0,85

Rieselfeldbezirk Sputendorf

Fläche Abwassermenge(Klar-/Grau-/Schwarzwasser)

[ha] [%] Mio [m3] [%]

1186 100 ca 21 100(-/19/2)

612 52 15,7 74,8(-/12,5/3,2)

33 3 0,51 2,4(0,17/0,347-)

ca 2 0,2 0,26 1,2(-/0,26/-)

Summe Summe

Fläche Abwassermenge

[ha] [%] Mio [m3] [%]

1932 100 ca 41 100

802 42 28,2 68,8

61 3 2,49 6,1

5 0,3 0,43 1,05

Schwarzwasser = ungereinigtes Abwasser, Grauwasser = mechanisch gereinigtes Abwasser, Klarwasser = mechanisch-biologisch gereinigtes Abwasser,die angegebenen Verrieselungsflächen sind Bruttoflachen (inkl. Wegen, Graben, Absetzbecken und anderen Nutzflachen)

beeren und Sputendorf wurde von 1932 ha (bis Anfang der80er Jahre) auf ca. 5ha (1994) reduziert (Tabelle 1).

Von den auf den höchsten Stellen der Rieselfelder ange-ordneten, 5 bis 10m hohen Standrohren gingen mehrereunter Druck stehende Rohrleitungen in die 10 bis 50hagroßen Rieselgebiete. Dort wurde das Abwasser aus demDruckrohrnetz über die Anschlußschieber entnommen.An den hochgelegenen Geländepunkten der Rieselgebietewaren Absatzbecken vorhanden, in denen das Abwassernach kurzer Absetzzeit über offene, in Dämmen unterge-brachte Verteilerrinnen auf die einzelnen, im allgemeinen

50 x 50 m großen Rieseltafeln, geleitet wurde. Die Auflei-tung sollte etwa 15000 m3/ha pro Jahr (l500 mm/a) be-tragen. Das Abwasser versickerte auf den Rieseltafeln. ÜberDrainagesysteme und offene Entwässerungsgräben kamenin den Hauptvorflutern etwa 60 % der aufgeleiteten Was-sermenge zum Abfluß (Bjarsch 1997).

Seit 1988 wurde die Rieselfeldwirtschaft nach und nachaufgegeben und 1994 schließlich völlig eingestellt. Seitherwurden die Rieselfelder nur zum Teil zu landwirtschaftli-chen Nutzflächen umgestaltet, ein erheblicher Flächenan-teil liegt brach.

Bild 2 Übersichtskarte der Rieselfeldbezirke Großbeeren und Sputendorf (aus Scheytt et al. 1998, Copyright Springer Verlag)Figure 2 Map of sewage farms Großbeeren and Sputendorf (adapted from Scheytt et al. 1998, Copyright Springer Verlag)

16 Wasser & Boden 52 Jahrg. 9/2000

Grundwasserströmung und -beschaffenheit unter dem Einfluss 100-jähriger Rieselfeldwirtschaft

Bild 3 Hydrogeologischer N-S Schnitt durch die Rieselfelder (Lage des Profils in Bild 2) (aus Scheytt et al. 1998, Copyright Springer Verlag)Figure 3 Hydro-geological N-S profile of sewage farms (see Figure 2 for location of profile) (adapted from Scheytt et a/. 1998, CopyrightSpringer Verlag)

2 Geologie und Hydrogeologieder Rieselfelder

Das Untersuchungsgebiet (Bild 2) wird im Wesentlichendurch die oberflächennah anstehenden quartären Schich-ten geprägt. Die quartären Schichten werden aus einer Fol-ge von bindigen (Geschiebemergel, glaziolimnische Schluffeund interglaziale limnische Schluffe und Tone) und rolli-gen Sedimenten (fluviatile und glaziofluviatile Sande undKiese) aufgebaut. Die Mächtigkeit des Quartärs schwanktzwischen über 300 m in Rinnen und weniger als 50 m auf ei-ner Hochlage im zentralen Untersuchungsgebiet bei Schen-kenhorst.

Im Liegenden des Quartärs werden tertiäre Schichten an-getroffen. Meistens folgen dem Quartär Braunkohleschluffeoder aber Feinsande mit schluffigen und braunkohlehalti-gen Einlagerungen. Diese gehören zum Formsandhorizontdes Untermiozäns (Landesumweltamt Brandenburg 1997).

Die quartäre Abfolge läßt sich aufgrund der stratigraphi-schen und hydrogeologischen Gegebenheiten in vier Grund-wasserleiter (1. bis 4. Grundwasserleiter) und vier Grund-wassernichtleiter bzw. Grundwasserhemmer unterteilen. Andie quartäre Abfolge schließt sich ein tertiärer, 5. Grundwas-serleiter an. Die zumeist aus glaziofluviatilen Sanden aufge-bauten Grundwasserleiter haben Durchlässigkeitsbeiwerteim Bereich von 4*10-5 bis l*10-3m/s und sind somitdurchlässig bis stark durchlässig. Die eingeschalteten bindi-gen Schichten von Geschiebemergel und limnischen Schluf-fen haben Durchlässigkeitsbeiwerte von 9 * l0-8 bis l * 10-5

m/s und füngieren somit zumeist als Grundwasserhemmer.Gemäß Einteilung der Grundwasserleiter in Brandenburgentspricht der 1. Grundwasserleiter im Bereich der Riesel-

felder dem Grundwasserleiterkomplex 1. Der 2. und 3.Grundwasserleiter sind nach dieser Einteilung dem Grund-wasserleiterkomplex 2 zuzuordnen; alle tieferen Grundwas-serleiter gehören zum Grundwasserleiterkomplex 3.

Ein wesentliches Merkmal sind die durch Erosion undGlaziotektonik stark gestörten Lagerungsverhältnisse, wel-che durch Fensterung des Geschiebemergels sowie durchKlüfte und Störungen lokal hydraulische Verbindungenüber mehrere Grundwasserstockwerke hinweg ermögli-chen (Bild 3).

3 Grundwasserdynamik

Die Grundwassermorphologie des 1. Grundwasserleiterswird durch die Hochlage im Zentrum des Untersuchungs-gebietes mit Grundwasserständen zwischen 38 und 43 müber NN dominiert (Bild 4). Diese im Bereich der Riesel-felder liegende Grundwassererhebung wurde durch dieRieselfeldwirtschaft deutlich verstärkt, blieb aber auch nachStilllegung der Rieselfelder bestehen. Von hier aus fallendie Grundwasserstände fast radialsymmetrisch mit l bis 2 %onach Norden, Westen und Süden ab (Asbrand 1997).

Die besonders auffallende Aufwölbung der Grundwas-seroberfläche bis zu 43 m über NN im Westen der Rieselfel-der wird durch deutlich geringere hydraulische Durchläs-sigkeiten der Grundwasserleiter und das mächtige unter-lagernde Geschiebemergelpaket (Bild 3) hervorgerufen.

Im 2. und 3. Grundwasserleiter ist die Situation grund-sätzlich ähnlich, wenngleich die Morphologie gegenüberdem 1. Grundwasserleiter ruhiger und ausgeglichener ist,was sich im geringeren Druckgradienten ausdrückt (Bild 5).

Wasser & Boden • 52. Jahrg. • 9/2000 17

Grundwasserströmung und -beschaffenheit unter dem Einfluss 100-jähriger Rieselfeldwirtschaft

Bild 4 Grundwassergleichenplan des 1. Grundwasserleiters (Stichtagsmessung vom 15.11.1994)Figure 4 Map of ground water equipotentials of the 1st aquifer (15. 11. 1994)

Bild 5 Grundwassergleichenplan des 2. Grundwasserleiters (Stichtagsmessung vom 15.11.1994)Figures Map of ground water equipotentials of the 2nd aquifer (15. 11. 1994)

Wasserleiter unterströmt das Un-tersuchungsgebiet von Südostennach Nordwesten.

Während der aktiven Bewirt-schaftung der Rieselfelder über-stieg die Grundwasserneubildungaus beaufschlagtem Abwasser dienatürliche Grundwasserneubil-dung um ein Vielfaches. NachGöritz (1995) ist im Untersu-chungsgebiet für mittlere klimati-sche Verhältnisse mit einer natür-lichen Grundwasserneubildungvon 85 bis 110mm (2,7 bis 3,5 l/(s • km2)) zu rechnen.

Nach dem von Asbrand (1997)erstellten numerischen Grund-wassermodell lag die zusätzlicheGrundwasserneubildung aus Ab-wasser bei 200 mm/a auf Stand-orten mit dominierendem efflu-enten Abflußregime und 600-800mm/a im Bereich mit dominie-renden influenten Abflußbedin-gungen. Während der 80er Jahrestieg die Grundwasserneubildungin diesem Bereich bedingt durchsteigende Grundwasserentnah-men auf 800-1000 mm/a an. Dieerhöhte Grundwasserneubildungs-rate führte zu einem künstlich er-höhten Grundwasserstand.

4 Beschaffenheit desBeaufschlagungswassers

Die Angaben zur Beschaffenheitdes Beaufschlagungswassers sindgering. Insgesamt liegen neunAnalysen von Schwarzwasser (un-geklärtes Abwasser) aus der Zeitvon September 1992 bis Juli 1993vor (Tabelle 2). Die Wasserpro-ben entstammen dem StandrohrGroßbeeren bzw. dem Zuleiterzum Rieselfeld Großbeeren.

Als Merkmale der Schwarzwasser-beschaffenheit können festgehal-ten werden:

Im zentralen Bereich liegt die Grundwasserdruckflächedes 2. und 3. Grundwasserleiters 0,2 bis 0,5 m niedriger alsdie des l. Grundwasserleiters. Im Bereich der westlichen Auf-wölbung beträgt diese Grundwasserdruckdifferenz bis zu3 m. Entsprechend dem hydraulischen Gradienten kannbei unzureichender Ausbildung der stauenden Schichtenim zentralen Bereich eine Infiltration vom 1. Grundwasser-leiter in den 2. Grundwasserleiter erfolgen. Dieser Um-stand ist entscheidend für die Grundwasserbeschaffenheitim 2. Grundwasserleiter.

Niederungsgebiete und Vorfluterbereiche weisen eine po-sitive Druckspiegeldifferenz auf, hier strömt Grundwasseraufwärtsgerichtet vom 2. Grundwasserleiter über in den 1.Grundwasserleiter. Das Grundwasser im 4. und 5. Grund-

- Die Temperatur des Schwarzwassers liegt sowohl irrSommer als auch im Winter mit durchschnittlich 16,1 °Cdeutlich über den Temperaturen von natürlicherGrundwässern in Neubildungsgebieten.

- Das Redoxpotential und der Sauerstoff-Gehalt sind niedrig. Vermutlich kommt es durch den Abbau organische)Substanz zur Sauerstoffzehrung. Gleichfalls findet wahrscheinlich eine Denitrifikation von Nitrat statt, wofür dasVorkommen von Nitrit als Zwischenprodukt spricht. DasSchwarzwasser führt eine relativ hohe Nährstofffrachmit sich. Außer den Stickstoffverbindungen wurde Phosphat in erheblichen Konzentrationen gemessen.

- Das Schwarzwasser ist reich an organischer Substanz.

18 Wasser & Boden • 52. Jahrg. • 9/2000

Grundwasserströmung und -beschaffenheit unter dem Einfluss 100-jähriger Rieselfeldwirtschaft

Tabelle 2 Mittlere Beschaffenheit des BeaufschlagungswassersTable 2 Chemical parameters of sewage (mean values)

Wasser & Boden 52 Jahrg 9/2000 19

- Die Salzfracht ist insgesamt sehr hoch, die mittlere elekirische Leitfähigkeit hegt bei 1650 pS/cm Vor allem dieKonzentrationen von Natrium, Kalium, Calcium, Chloridund Hydrogenkarbonat sind deutlich hoher, als sie ineinem unbeeinflussten Grundwasser dieser Region zu erwarten waren

Die chemische Zusammensetzung des Beaufschlagungswassers wird durch die Abhängigkeit vom Niederschlag, derdurch die Mischkanalisation zur Verdünnung des haushchen Abwassers fuhrt, immer stark variiert haben Hinzukommen mittel- bis langfristige Änderungen durch denEingang neuer chemischer Substanzen in die privaten Haus-halte und die fortschreitende Industrialisierung im Laufeder 100-jährigen Geschichte der Rieselfelder

5 Auswirkungen der Rieselfeldwirtschaftauf die Grundwasserbeschaffenheit

Die Untersuchungen zur Grundwasserbeschaffenheit imBereich der Rieselfelder Großbeeren und Sputendorf zei-gen, dass eine Belastung des Grundwassers vor allem durcherhöhte Salz- und Nährstofffrachten besteht (PO43- häufig20 mg/1, bis zu 55 mg/l, NO3- häufig 150 mg/l, bis zu 500mg/l) Organische Schadstoffe wurden vereinzelt gefun-den, ließen sich aber nicht eindeutig auf die Rieselfeldwirt-schaft zurückfuhren Die Schwermetalle sind weitgehendim Oberboden gebunden und überschreiten bisher nur inwenigen Proben die Grenz- und Prüfwerte der Brandenbur-ger Liste

Die Beschaffenheit des Grundwassers im Untersuchungs-gebiet wird außer durch die Rieselfeldwirtschaft auch durchdie landwirtschaftliche Nutzung beeinflusst Daneben tre-ten eine Reihe weiterer anthropogener Einflüsse u a durchein sudlich des Eisenbahnringes bei Ludwigsfelde befindli-ches Industriegebiet und eine Hausmulideponie bei Groß-beeren auf Außerdem ist in den tieferen quartären Grund-wasserleitern eine Beeinflussung durch naturlich auftre-tendes salinares, tertiäres Grundwasser möglich

Grutzmacher (1994) stellte Untersuchungen zur Diffe-renzierung der verschiedenen Einflüsse auf die Grundwas-serbeschaffenheit an Eine erste Einteilung in unbeeinfluss-tes Grundwasser, sonstig anthropogen beeinflusstes Grundwasser und abwasser- bzw rieselfeldbeeinflusstes Grundwasser erfolgte für den l Grundwasserleiter über die Zuord-nung der Flächennutzung in der Umgebung der Grund-wassermessstellen

Das Verhältnis von Natrium und Calcium ist geeignet,auf einfache Weise die Beeinflussungen des Grundwassersentweder durch die Rieselfeldbewirtschaftung oder durchsonstige Ursachen zu unterscheiden Die Ergebnisse vonClusteranalysen zeigen, dass die gute Differenzierung derBeeinflussungsart durch das Na/Ca-Verhältnis aufgrundder charakteristischen Erhöhung der Natrium-Konzentra-tion bei Abwassereinfluss bzw der Calcium-Konzentrationbei landwirtschaftlicher Nutzung möglich ist Dabei weist

rieselfeldbeeinflusstes Grundwasser höhere Na/Ca-Verhalt-nisse auf, landwirtschaftlich beeinflusstes Grundwasser nied-rigere (Bild 6)

Bei Na/Ca-Verhältnissen von mehr als 0,4 ist eine Abwas-serbeeinflussung wahrscheinlich Allerdings ist die Unter-scheidung zu anthropogen unbeeinflussten Wassern nichtganz eindeutig, da zu dieser Gruppe auch geogen salinargeprägte Wasser gezahlt werden Diese können wesentlichhöhere Na/Ca-Verhältnisse aufweisen, sodass bei Mischungs-systemen Werte auftreten, die denen des rieselfeldgepräg-ten Grundwassers entsprechen In der Regel weisen letzterejedoch wesentlich höhere absolute Natriumgehalte auf

Durch den Eintrag der vorher klassifizierten Proben inPiper-Diagramme konnte Grutzmacher (1994) den verschie-denen Beeinflussungen Grundwassertypen zuordnen Ab-wasserbeeinflusstes Grundwasser ist ein Calcium-Hydrogen-karbonatwasser mit erhöhten Alkali-, Sulfat- und Nitratan-teilen Dagegen zeigt Grundwasser, das durch sonstigeanthropogene Einflüsse gekennzeichnet ist, einen höherenErdalkalianteil und einen geringeren Chloridanteil auf Zu-satzlich tritt der Hydrogenkarbonatanteil m den Hinter-grund, sodass diese Wasser als Calcium-Sulfat-Wasser bezeich-net werden können Anhand der Mehrstoffdiagrammekönnen rieselfeldunbeeinflusste Grundwasser als Calcium-Hydrogenkarbonatwasser mit z T erhöhten Sulfatanteilenklassifiziert werden

5.1 Vergleich der Grundwasserbeschaffenheitim 1. und 2. GrundwasserleiterIm Bereich der Rieselfeldbezirke Großbeeren und Sputendorf ist die Beschaffenheit des Grundwassers m den oberendrei Grundwasserleitern durch die Rieselfeldwirtschaft ge-

Bild 6 Natrium/ Calcium Verhältnis im 1 Grundwasserleiter(aus Grutzmacher 1994)Figure 6 Sodium/ calcium ratio in the 1st Aquifer (from Grutz-macher 1994)

Grundwasserströmung und -beschaffenheit unter dem Einfluss 100-jähriger Rieselfeldwirtschaft

Tabelle 3 Physiko-chemische Parameter und Wasserinhalts-stoffe im 1. und 2. Grundwasserleiter(n = Anzahl, m = Mittelwert)Table 3 Physico-chemical parameters and waterconstituents in the 1st and 2nd aquifer(n = number, m = mean value)

1. Grundwasserleiter 2. Grundwasserleiter

n min max m n min max m

kennzeichnet. Insbesondere bedingt durch die hydrodyna-mischen Gegebenheiten werden die tieferen Grundwässerin ihrer Beschaffenheit durch die Rieselfeldwirtschaft prak-tisch nicht beeinflusst.

Die Beschaffenheit des Grundwassers unterhalb der Rie-selfelder Großbeeren und Sputendorf wird vor allem durchihre große Variabilität gekennzeichnet. So haben die im ca.90km2 großen Untersuchungsgebiet gefundenen Spann-weiten der Wasserinhaltsstoffe eine vergleichbare Größen-ordnung wie die von Hannappel (1996) für das Monitoring-Messnetz des Landes Brandenburg vorgestellten Werte.Entsprechend hoch sind die Variationskoeffizienten mitWerten von 0,33 bis 3,89.

Die Grundwasserbeschaffenheit im 1. und 2. Grundwas-serleiter ist auffallend ähnlich (Tabelle 3). Dies kann durcheine massive Zusickerung von Wasser aus dem l. Grundwas-serleiter in den 2. Grundwasserleiter erklärt werden. Die imzentralen Bereich des Untersuchungsgebietes abwärtsge-richteten Druckgradienten und die unzureichende Ausbil-dung des Saalegeschiebemergels als Grundwassernichtlei-ter führen zu einer Grundwasserströmung aus dem 1. inden 2. Grundwasserleiter.

Insgesamt ist die Grundwasserbeschaffenheit im 2. Grund-wasserleiter homogener. Dies zeigt sich in der wesentlich ge-ringeren Anzahl an Ausreißern und Extremwerten und denkleineren Spannweiten. Die hohe Variabilität im 1. Grund-wasserleiter wird hauptsächlich durch anthropogenen Ein-trag von der Oberfläche verursacht, durch hydrodynami-sche Dispersion kommt es entlang der Strompfade zum Aus-gleich von Extremwerten.

Im 1. Grundwasserleiter findet eine Reduktion von Ni-trat statt, wobei sehr wahrscheinlich organische Substanz alsElektronendonator dient. Die Oxidation der organischenSubstanz wird begleitet von einer Zunahme an Hydrogen-karbonat und einem Anstieg des pH-Wertes. Im 2. Grund-wasserleiter findet dieser Prozess aufgrund der weitgehendim 1. Grundwasserleiter abgeschlossenen Denitrifikation

nur noch untergeordnet statt. Dafür wird im 2. Grundwas-serleiter Sulfat reduziert. In beiden Grundwasserleitern ver-ringert sich die Konzentration von Kalium und Phosphat,insbesondere aufgrund von Sorptionsvorgängen.

Die Unterschiede in der Grundwasserbeschaffenheitentstehen durch den Abbau von organischer Substanz, wo-durch der Sauerstoff-Gehalt und das Redoxpotential absin-ken und die Hydrogenkarbonat- und Sulfat-Konzentratio-nen ansteigen. Nitrat wird denitrifiziert, wobei als Zwi-schenprodukte Nitrit und Ammonium entstehen können.

5.2 ClofibrinsäureEin besonderer Fall organischer Stoffe sind Arzneimittel-wirkstoffe. Bei Untersuchungen von Grundwasser im Be-reich der Rieselfelder auf Pflanzenschutz- und -behandlungs-mittel wurde eine chemisch ähnliche Substanz identifiziert,die sich nach weiteren Untersuchungen als der Arzneimittel-wirkstoff Clofibrinsäure herausstellte (Heberer 1995). Clo-fibrinsäure ist der aktive Metabolit von blutfettsenkendenArzneimitteln wie z. B. Clofibrat und Etofibrat.

In der Folgezeit wurde der Clofibrinsäure als möglichemIndikator für Grundwasserverunreinigungen durch Abwas-ser besondere Aufmerksamkeit gezollt. Die Untersuchungs-ergebnisse zeigen, dass die in den Rieselfeldern vorhande-nen Grundwassernichtleiter (Geschiebemergel) für Clofibrin-säure keine unüberwindbaren Barrieren darstellen (As-brand1995).

Im Rahmen des Projektes „Rieselfelder südlich Berlins -Altlast, Grundwasser, Oberflächengewässer" wurden insge-samt 691 Wasserproben auf Clofibrinsäure untersucht. Be-probt wurde das Beaufschlagungswasser, Oberflächenwas-ser aus Drainagegräben im Bereich der Rieselfelder undaus diversen Vorflutern in der näheren Umgebung sowieGrundwasser aus den vier quartären und dem fünften, demTertiär zuzuordnenden Grundwasserleiter.

Zur Darstellung der Clofibrinsäureverteilung in den ver-schiedenen Wassergruppen wurden Boxplots gewählt (Bild7). Die Länge der Box wird durch das 25 % bzw. 75 % Per-zentil gebildet. Der Balken innerhalb der Box zeigt die Lage

Bild 7 Boxplots der Clofibnnsäure-Konzentrationen im Beauf-schlagungswasser (BW), Oberflachenwasser (OW) und im 1 bis 5Grundwasserleiter (GWL) (aus Scheytt et al 1998, CopyrightSpringer Verlag)Figure 7 Boxplots of the distribution of clofibric acid concentra-tion in sewage water (BW), surface water (OW) and in the 1st to 5th

aquifer (GWL) (adapted from Scheytt et al 1998, CopyrightSpringer Verlag)

20 Wasser & Boden 52 Jahrg 9/2000

T[°C]pHEh [mV]02 [mg/l]Lf [µS/cm]CSB [mg/l]DOC [mg/l]Na+ [mg/l]K+ [mg/l]Ca2+ [mg/l]Mg2+ [mg/l]Cl- [mg/l]S04

2- [mg/l]HCO3- [mg/l]NO3 [mg/l]NO2 [mg/l]NH4

+ [mg/l]PO4,3- [mg/l]Fe2+ [mg/l]Mn2+ [mg/l]

346347334262348279270348348348348348348348342337338341268268

6,95,6

10,03751,02,07

0,110,10,16,725251,0

0,050,020,150,10,05

16,89,046510,4284013253,031317242933,629193611765006,9388,954,542,55,24

10,26,92521,5

135215,77,895

14,617312,811120533483,50,261,995,482,610,55

204202199157203163160203203203203203203203199198200199162162

9,15,5

-3730,03941,02,06

0,1151,481

1141,0

0,050,020,150,10,05

14,69,74024,5

240015257,031232,625129,04304566252760,7614,5529,7536,01,7

10,27,12190,5

126512,07,2917,916912,111119437719,00,10,891,383,90,4

n min max m n min max m

1. Grundwasserleiter 2. Grundwasserleiter

Grundwasserströmung und -beschaffenheit unter dem Einfluss 100-jähriger Rieselfeldwirtschaft

des Medians. Ausreißer (durch offeneKreise markiert) liegen im Bereich zwi-schen der anderthalb bis dreifachen Box-länge oberhalb des 75 % Perzentiles. Ex-tremwerte (durch geschlossene Kreisemarkiert) liegen mehr als drei Boxlän-gen oberhalb des 75 % Perzentiles. DieEnden der Haken markieren den größ-ten Wert, der noch nicht zu den Aus-reißern zählt.

Auffällig ist der große Konzentrations-bereich, von Werten unterhalb der Nach-weisgrenze (l ng/l) bis 4500 ng/l. In al-len Beprobungsgruppen wurden Wertebis zu mehreren 1000 ng/1 Clofibrinsäu-re gemessen; eine Ausnahme bildet der4. Grundwasserleiter, wobei dort die ge-ringe Beprobungsdichte berücksichtigtwerden muss.

Tendenziell nehmen die Clofibrin-säurekonzentrationen vom Beaufschla-gungswasser über das Oberflächenwasserzum Grundwasser und dort von Stock-werk zu Stockwerk ab. So sinkt der Me-dianwert von 1300 ng/1 im Beaufschla-gungswasser über 138 ng/1 im Oberflä-chenwasser auf 50 ng/l im l. Grundwas-serleiter ab. Im Grundwasser liegt derMedianwert des 3. Grundwasserleitersmit 35 ng/1 zwar geringfügig über dendes 2. Grundwasserleiters (10 ng/l), dochliegen - der abnehmenden Tendenz fol-gend - mehr als 50 % aller Proben des4. und 5. Grundwasserleiters unterhalbder Nachweisgrenze. Das klare Bild, dersich mit der Tiefe verringernden Kon-zentrationen wiederholt sich mit derLage des 75 % Perzentiles.

Alle Grundwasserproben mit Clofibrin-säurekonzentrationen über 1000 ng/1stammen aus Grundwassermessstellen,die als abwassergeprägt klassifiziert wur-den. Eine Ausnahme ist der Wert von2675 ng/1 im tertiären 5. Grundwasser-leiter, welcher als von der Rieselfeldwirt-schaft unbeeinflusst gilt. Allerdings ha-ben 21 % der Proben aus abwasserge-prägten Messstellen eine Clofibrinsäure-konzentration unterhalb der Nachweis-grenze. Hohe Clofibrinsäurekonzentra-tionen in tieferen Grundwasserstockwer-ken sprechen für eine hohe Persistenzdieser Substanz. Für Clofibrinsäure istein Eintrag über das Abwasser eindeutignachgewiesen; damit kann das Vorkom-men dieses Stoffes als Indikator für einenAbwassereinfluss dienen (Scheytt et al.1998).

6 Auswirkungen der Einstellungder Rieselfeldwirtschaft

6.1 GrundwasserströmungDie Grundwassermorphologie hat sich inden drei Jahren vom Herbst 1994 bis zum

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Herbst 1997 vor allem dahingehend verändert, dass dieGrundwasserstände großflächig abgesunken und die abso-luten Höhendifferenzen geringer geworden sind. Im 1.Grundwasserleiter sind die Grundwasserstände im Bereichder ehemaligen Rieselfelder lokal um bis zu 2,5 m abgesun-ken, großflächig verringerten sich die Standrohrspiegel-höhen um ca. 0,5 m. Im 2. Grundwasserleiter sind die loka-len Absenkungsbeträge nicht so markant, im zentralen Teildes Gebietes sind die Grundwasserstände um 0,5 bis l ,0 mabgesunken.

Die Absenkungen der Grundwasserdruckflächen sindhoher als sie von Asbrand (1997) erwartet wurden. Dieserhatte Grundwasserganglinien über einen Zeitraum von ca.20 Jahren aus dem zentralen Bereich der Rieselfelder aus-gewertet und war zu dem Schluss gekommen, dass die seit1988 stark sinkenden Grundwasserstände seit 1993 wiedernahezu stationäre Verhältnisse erreicht haben, die nur denjahreszeitlichen Schwankungen unterworfen sind. Dassnoch keine stationären Verhältnisse erreicht worden sind,zeigen jedoch die Messwerte vom Herbst 1997 und auch dieMessungen vom Sommer 1999, bei denen die Grundwas-serstände gegenüber 1997 erneut abgesunken sind. Dabeisind aber auch die klimatischen Verhältnisse zu berücksich-tigen: Seit 1996 ist die Grundwasserneubildung insgesamtdeutlich niedriger als in den Vorjahren.

6.2 GrundwasserbeschaffenheitÜber das Gebiet verteilt sinken die mittleren Konzentratio-nen der Wasserinhaltsstoffe im l. Grundwasserleiter gering-fügig bzw. Hydrogenkarbonat deutlich ab, wahrend im 2.Grundwasserleiter die Konzentrationen weitgehend, mitAusnahme des Hydrogenkarbonats, gleich bleiben.

Gleichwohl zeigen sich Veränderungen der Grundwasser-beschaffenheit bei der Betrachtung der einzelnen Grund-wassermessstellen. Ob diese Veränderungen eine räumlicheVerteilung aufweisen, wurde durch die lagetreuen Darstel-lungen der Differenzen ermittelt. Es stellte sich heraus, dasskeine Bereiche mit zu- bzw. abnehmenden Tendenzen aus-gemacht werden konnten, es besteht kein räumlicher Zu-sammenhang zwischen den Differenzen-Werten. Es wurdeauch kein Zusammenhang mit der Flächennutzung oderden geologischen Gegebenheiten festgestellt.

Mit Ausnahme von drei flachen Messstellen im l. Grund-wasserleiter im Südwesten der Rieselfelder, in denen einedeutliche Abnahme der Konzentrationen der Wasserin-haltsstoffe zu verzeichnen war, konnte kein einheitlicherZusammenhang zwischen der Teufe der Messstellen undder Höhe der Differenzen im 1. und 2. Grundwasserleitergefunden werden. Auch Untersuchungen von Mehrfach-messstellen zeigen keinen einheitlichen Trend der Zu- oderAbnahme mit der Teufe.

Interessant ist, dass im 2. Grundwasserleiter bei einer gan-zen Reihe von physiko-chemischen Parametern und Wasser-inhaltsstoffen eine Abhängigkeit zwischen der Höhe derWerte im Herbst 1994 und der Höhe der Differenz gefun-den wurde. Beim pH-Wert, der elektrischen Leitfähigkeit,dem Sauerstoff-Gehalt, dem Redoxpotential, Natrium, Ka-lium, Hydrogenkarbonat, Nitrit und Ammonium sind vor-wiegend positive Differenzen (Erhöhung der Gehalte) beiniedrigen Werten und negative Differenzen (Verminde-rung der Gehalte) bei hohen Werten zu beobachten; unddie Differenzen sind um so größer je größer die absolutenWerte im Herbst 1994 waren. Die Abhängigkeit der Diffe-renzen von den absoluten Werten im Herbst 1994 ist einHinweis darauf, dass die Beschaffenheit im 2. Grundwasser-leiter einen Gleichgewichtszustand anstrebt.

Asbrand (1997) hat mit einem numerischen Transport-modell, beruhend auf den Messungen vom Herbst 1994, dieChlorid-Konzentrationen für das Jahr 2010 prognostiziert.Nach seinen Berechnungen würde bis 2010 die Chlorid-Konzentration im 1. Grundwasserleiter um ca. 30 mg/l ab-sinken, während im 2. Grundwasserleiter bis 2010 keine Än-derungen auftreten würden. Diese Berechnungen werdenvon den bisherigen Ergebnissen weitgehend gestützt. Mög-licherweise wird der Rückgang im l. Grundwasserleiter aberstärker ausfallen, denn die Chlorid-Konzentration ist bis1997 bereits im Mittel um 12 mg/l abgesunken.

LiteraturAsbrand, M (1995) Hydrogeologische Situation der Rieselfelder südlich

Berlins Mitteilungen des Instituts für Wasserbau und Wasserwirt-schaft, 131, Technische Universität Berlin

Asbrand, M (1997) Dreidimensional-regionalhydrodynamisches Ver-fahren zur Bewertung einer großräumigen Grundwasserbelastung -Rieselfeldbezirke Sputendorf und Großbeeren südlich BerlinsDissertation, Technische Universität Berlin

Bjarsch, B (1997) 125 Jahre Berliner Rieselfeld-Geschichte WASSER &BODEN, 49 (3), 45-48

Goritz, S (1995) Wasserhaushalt (Kap 6 2, Bd II) In Troger, U , Ader-hold, G , Asbrand, M , Goritz, S , Grutzmacher, G , Hansen, P-D ,Heberer, T, Herbert, A , Klingelhofer, D , Kroll, A , Matheis, G ,Pasteka, 0 , Rejman-Rasmski, E , Rosenfeld, M , Siad, A , Stey, W,Winkler, K und Wittekmdt, E Rieselfelder südlich Berlins - Altlast,Grundwasser, Oberflachengewasser Teilprojekt II HydrogeologieAbschlußbericht, Bd l bis V, Technische Universität Berlin, unver-öffentlicht

Grutzmacher, G (1994) Untersuchungen zur Grundwasserqualitat imBereich der Rieselfelder südlich Berlins mit einer statistischen Be-trachtung der Ergebnisse Diplomarbeit, Technische Universität Ber-lin, unveröffentlicht

Hannappel, S (1996) Die Beschaffenheit des Grundwassers in denhydrogeologischen Strukturen der neuen Bundeslander BerlinerGeowissenschaftliche Abhandlungen, Reihe A, Bd 182

Heberer, Th (1995) Identifizierung und Quantifizierung von Pestizid-rückstanden und Umweltkontaminanten in Grund- und Ober-flachenwassern mittels Kapillarchromatographie - Massenspektro-metrie Dissertation, TU Berlin, W & T Verlag

Landesumweltamt Brandenburg (1997) Rieselfelder sudlich Berlins -Altlast, Grundwasser, Oberflachengewasser - GemeinsamerAbschlußbericht 1996 Studien und Tagungsberichte Band 13/14

Scheytt, T, Grams, S , Fell, H (1998) Vorkommen und Verhalten einesArzneimittels (Clofibrinsäure) im Grundwasser Grundwasser Bd2/98, S 67-79, Springer Verlag Berlin Heidelberg

Anschriften der VerfasserDr Traugott Scheytt (E-Mail traugott scheytt@TU-Berlin de), TechnischeUniversität Berlin, Fachgebiet Hydrogeologie, Ackerstr 71-76, 13355Berlin, Dipl -Geol Susanne Grams (E-Mail [email protected]) undDr Martin Asbrand (E-Mail M Asbrand@Fugro de), FUGRO CONSULTGmbH, Wolfener Str 36K, 12681 Berlin

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