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1 Paragliding Workbook Theorieausbildung zum Gleitschirmpiloten Paragliding Workbook Version: März 2017 Fluglehrer: Norbert Braun, Andreas Edler, Günter Gerkau, Lucien Gerkau, Ronnie Gerkau, Claire Kiwus, Dr. Peter Kreutz, Stephan Jäger, Stefan Müller Ausbildungsleiter & Diplomsportlehrer: Günter Gerkau Gleitschirmschule Frankfurt: Postadresse, ParaStore & Büro: Kontakt: An der Burg Ronneburg Am Weimarer See 10 tel. 06421/ 12345 63549 Ronneburg 35096 Weimar (Lahn) fax. 06421/ 77455 (20 km nordöstlich von FFM) (3 km südlich von Marburg) [email protected] Navi-Eingabe: Altwiedermus Navi-Eingabe: Niederweimar, Huteweg www.hotsport.de

Paragliding Workbook · 1 Paragliding Workbook Theorieausbildung zum Gleitschirmpiloten Paragliding Workbook Version: März 2017 Fluglehrer: Norbert Braun, Andreas Edler, Günter

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Paragliding Workbook Theorieausbildung zum Gleitschirmpiloten

Paragliding Workbook Version: März 2017 Fluglehrer: Norbert Braun, Andreas Edler, Günter Gerkau, Lucien Gerkau, Ronnie Gerkau, Claire Kiwus, Dr. Peter Kreutz, Stephan Jäger, Stefan Müller Ausbildungsleiter & Diplomsportlehrer: Günter Gerkau Gleitschirmschule Frankfurt: Postadresse, ParaStore & Büro: Kontakt: An der Burg Ronneburg Am Weimarer See 10 tel. 06421/ 12345 63549 Ronneburg 35096 Weimar (Lahn) fax. 06421/ 77455 (20 km nordöstlich von FFM) (3 km südlich von Marburg) [email protected] Navi-Eingabe: Altwiedermus Navi-Eingabe: Niederweimar, Huteweg www.hotsport.de

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Vorwort Dieses stichwortartig geschriebene Workbook ist eine Ergänzung zum Theorieunterricht und dient dazu, dich auf die Theorie und Praxis vorzubereiten. Die theoretische Ausbildung zum Paragliding-Piloten umfasst in der Grund- und der abschließenden Höhenflugausbildung die folgenden vier Unterrichtsbereiche:

I. Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen II. Technik III. Meteorologie IV. Luftrecht

Es behandelt außerdem in knapper Form nahezu alle Prüfungsfragen, die in der Prüfung zum Lernschein nach dem Grundkurs gestellt werden können. Als weiterführende Literatur empfehlen wir das Lehrbuch „Gleitschirmfliegen“ von Janssen, Slezak, Tänzler mit einer CD-Rom auf der viele Lehrvideos zu finden sind. Zusätzlich brauchst du zur späteren A-Schein Ausbildung im Höhenflugkurs die E-Learning Prüfungsfragen „Online-Version A-Schein Gleitschirmfliegen“. Beides ist immer im Shop und Onlineshop erhältlich. Mit der ersten bestandenen Prüfung erhältst du bei uns das Recht drei Jahre lang deinen Lernschein in Theorie und Praxis kostenlos aufzufrischen.

Herzlich Willkommen in der Hot Sport Sportschulen GmbH. Unser Ziel ist es, dich von dieser faszinierenden Sportart so zu begeistern, dass wir dich demnächst als Pilot in unserem Hot Sport Freundeskreis, dem über 500 Flieger angehören, begrüßen dürfen. Bevor du daran denkst, dich in unserer Flugschule aus-/weiterbilden zu lassen, befrage unsere Mitglieder bezüglich der vielen Möglichkeiten und Vorteile, die unsere Schule und der daran angeschlossene Freundeskreis bietet.

Jetzt zu Deinem Kurs Je besser du dich vorbereitest, je schneller kommst du zum Fliegen! Mit den neuen Gleitschirmen kommt es vor, dass viele Anfängern gleich am ersten Tag abheben. Sei trotzdem nicht traurig, wenn du etwas länger dafür brauchen solltest. Am 2. Tag sind alle in der Luft und am 3. Tag gibt es schon richtig schöne Flüge zu bewundern. Falls du bei der Vorbereitung des Kurses in Zeitnot bist, solltest du trotzdem mindestens die mit einem blauen Strich am Rand markierten Passagen dieses Wokbooks lesen!

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I. Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen Dieses Kapitel umfasst das theoretische Wissen um:

o Startvorbereitungen o Start o Geradeausflug o Kurvenflug o Besondere Windsituationen o Kappenstörungen und Extremflugzustände o Landung o Spezielle Landegefahren o Menschliche Leistungsfähigkeit

Startvorbereitung

Vorflugcheck Jeder Gleitschirmflug erfordert einen Vorflugcheck, der folgendes umfasst:

o Beurteilen der aktuellen Wetterinformationen o Überprüfen der Ausrüstung: Vollständigkeit, gültiger 2-Jahres-Check (vgl. TÜV bei KFZ),

Beschädigung insbesondere von Schirm und Gurtzeug, Packintervall der Rettung. o Informieren über das Fluggelände: Einstufung/Schwierigkeitsgrad, die rechtlichen

Verhältnisse, Besonderheiten, Gefahren, Kontaktaufnahme zur „örtlichen“ Flugschule: „Was habe ich zu beachten?“

o Besichtigen und Beurteilen des Start-, Flug- und Landegeländes mit Not und Außenlandeplätzen.

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Startcheck Unmittelbar vor dem Start erfolgt der so genannte „5-Punkte-Startcheck“: Bitte auswendig lernen, Prüfungsbestandteil zur Grund- und A-Schein-Prüfung! Bitte ausschneiden, einstecken, lernen, gegenseitig abfragen und beim Fliegen dabeihaben!

Start Vorbereitung: Der ideale Starthang ist frei von Hindernissen, der Untergrund ist so beschaffen, dass sich die Leinen nicht verhängen können. Ein Startabbruch ist ohne Gefahr möglich. Leichter, stetiger Wind weht direkt auf den Hang. Die Hangneigung beträgt ungefähr 10 Grad, wobei der obere Teil des Hanges, für die Aufzieh- und Kontrollphase etwas flacher ist und dann zum Abheben steiler wird. Der Pilot legt eine Linie fest, bei deren erreichen er den Start abbrechen wird, falls er noch nicht abgehoben hat. Der Pilot steht aufrecht, mittig vor der Hinterkante der ausgelegten Gleitschirmkappe. Seine Arme befinden sich seitlich neben dem Oberkörper. Das Ellenbogengelenk ist soweit gebeugt, dass die Tragegurte nicht von den Unterarmen rutschen. Die Handflächen zeigen nach oben. Die Steuerschlaufen werden mit den Händen umschlossen. Die A-Tragegurte liegen auf den Händen oder werden nur locker festgehalten. Die übrigen Tragegurte liegen auf den Unterarmen. Die A-Leinen hängen leicht durch. Beim Start unterscheidet man die folgenden 3 Phasen:

1. Aufziehphase 2. Kontroll-/Korrekturphase 3. Beschleunigungs-/Abhebephase

5-PUNKTE-STARTCHECK 1. PILOT

ü Beingurte zu ü Brustgurt zu ü Karabiner zu ü Helm auf und zu

2. LEINEN ü Speedsystem eingehängt, Splinte vom Retter

verschlossen ü Komplette Tragegurte über dem Arm ü Leinen frei, unverdreht und alle über dem Schirm ü Bremsleinen frei und außen frei

3. SCHIRM ü Eintrittskante geöffnet ü Pilot steht mittig vor dem Schirm

4. WIND ü Richtung und Stärke OK

5. LUFT-/START-RAUM ü zu allen Seiten frei

„Achtung, ich ziehe auf!“

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1. Aufziehphase Der Blick geht in Flugrichtung. Durch energisches Gehen mit einiger Körpervorlage wird die Kappe zum Steigen gebracht. Der Zug erfolgt über die Karabiner des Gurtzeuges. Die Arme folgen den aufsteigenden Tragegurten nach oben. Dabei sollen sie seitlich oder hinter dem Oberkörper bleiben. Falls erforderlich kann das Aufsteigen der Kappe durch Hochführen der A-Tragegurte unterstützt werden. Sie sollten aber nicht festgehalten werden. Nachdem sich die Kappe vom Boden gelöst hat, reduziert der Pilot seine Gehgeschwindigkeit und Körpervorlage. Mit nachlassenden Zug an den Tragegurten steigt die Kappe über den Piloten. Die A-Tragegurte lösen sich von den Händen , der Pilot nimmt zum Kontrollblick den Kopf in den Nacken und geht mit beiden Steuerleinen auf Fühlung. Wenn die Kappe über dem Piloten steigt ist es oft nötig sie anzubremsen und das Gehtempo zu erhöhen, damit sie ihn nicht überholt. Häufige Fehler Folgen Kappe unsauber ausgelegt Kappe steigt anders auf als erwartet Pilot steht nicht vor der Mitte des Schirms Kappe steigt seitlich hoch Zu starker Aufziehimpuls Schirm überschießt oder muß energisch

abgefangen werden, Zu schwacher Aufziehimpuls Kappe steigt nicht oder nur zögerlich A-Gurte nicht nach oben geführt Schirm bleibt hinten hängen (besonders im

flachen Gelände) A-Gurte nicht rechtzeitig gelöst Kappe überschießt oder klappt vorne ein Zug erfolgt über die Arme und nicht über die Karabiner

Ungleiches Füllen der Kappe und blaue Flecken an den Armen

Pilot dreht den Kopf um die Kappe zu beobachten

Oft führt dies zum Verdrehen des Körpers und damit zum schrägen Aufstieg der Kappe

2. Kontroll-/Korrekturphase Kontrolle: Der Pilot hat jetzt eine aufgerichtete Körperhaltung. Er stabilisiert die Kappe durch die Steuerleinen und seine Gehgeschwindigkeit und -richtung. Er muss dabei schnell genug laufen, dass die Kappe oben bleibt, aber nicht so schnell, dass er unbeabsichtig abhebt. Sobald der Druck der Tragegurte nachlässt, ist der Schirm fast über dem Piloten, dann erfolgt der Kontrollblick bei minimal möglicher Gehgeschwindigkeit. Der Blick geht von einem Stabilo, über die Hinterkante zum anderen Stabilo. Der Pilot muss sich ausreichend Zeit nehmen, um Verknotungen der Leinen oder Fremdkörper (z. B. Zweige) erkennen zu können. Eventuelle Störungen kann der Pilot auch am Zug der Tragegurte und am Geräusch der Kappe erkennen. Sobald der Pilot ein Gefühl für den aufsteigenden und „ankommenden“ Schirm bekommen hat, soll der Kontrollblick erst dann erfolgen, wenn die Kappe „aufgefangen“ über dem Piloten steht. Potentielle Fehlerquellen: Störung Korrektur Kappe steht schräg und seitlich über dem Piloten

Hängende Seite unterlaufen und hohe Seite stärker anbremsen

Kappe überschießt Mehr bremsen, schneller laufen

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Seitlicher Klapper Mit beidseitigem Bremsen „aufpumpen“ und möglichst Laufrichtung beibehalten.

Symetrische Einklappen der Eintrittskante Kurzes beidseitiges Bremsen Abweichung der Laufrichtung von der Startrichtung

Den Schirm mit der Bremse in die gewünschte Richtung steuern.

Bis zur Startentscheidung bleibt der Pilot gewillt bei jeglichem Zweifel den Start abzubrechen. Startentscheidung: Die Entscheidung zu Starten, darf der Pilot nur treffen wenn er sich überzeugt hat, dass keine Störungen (mehr) vorliegen und auch sonst (verbeibende Startstrecke, Wind , Luftraum...) nichts gegen einen Start spricht. Andernfalls muss er den Start abbrechen. Startabbruch: Es ist am sichersten und in vielen Fällen notwendig, den Startabbruch nach einer Seite durchzuführen. Welche Seite besser geeignet ist (z. B. wegen eines Zauns auf der anderen Seite) sollte sich der Pilot schon bei der Startvorbereitung überlegen. Der Schirm wird durch einseitigen vollen Steuerleinenzug auf die gewünschte Seite gelenkt. Der Pilot läuft in einem Bogen zu dieser Seite aus und legt den Schirm so ab, dass die Eintrittskante nicht beschädigt wird. Häufige Fehler in der Kontroll- /Korrekturphase

Folgen

Kontrollblick zu früh Kappe steigt unsymmetrisch. Hinterkante ist zu weit hinter dem Piloten und kann schlecht kontrolliert werden

Kontrollblick zu kurz oder nur zum Schein Störungen werden nicht erkannt Zu starker Aufziehimpuls Schirm überschießt oder muß energisch

abgefangen werden, Zu schwacher Aufziehimpuls Kappe steigt nicht oder nur zögerlich A-Gurte nicht nach oben geführt Schirm kann hinten hängen bleiben

(besonders im flachen Gelände) A-Gurte nicht rechtzeitig gelöst Kappe überschießt oder klappt vorne ein

3. Beschleunigungs-/Abhebephase Nachdem er die Startentscheidung getroffen hat, beschleunigt der Pilot mit mäßiger Körpervorlage und länger werdenden Schritten. Er blickt dabei in die Startrichtung (nicht auf den Boden). Die Bremsen sind nur so weit gezogen, dass die Kappe über dem Piloten bleibt. Die Hände werden dabei seitlich am Körper geführt. Beim Abheben werden einfach noch einige Schritte in der Luft gemacht. Danach bleibt der Pilot laufbereit. Ins Gurtzeug setzt er sich erst in sicherer Höhe. Fehler Folge / Gefahr Zu kleine Schritte, zu aufrechte Körperhaltung Abhebegeschwindigkeit wird nicht erreicht Zu viel Vorlage Verletzungsgefahr, eingeschränkte Sicht und

weniger Bewegungsfreiheit Blick auf den Boden Eingeschränkte Sicht Lauf zu unruhig, Körper geht auf und ab. Höhere Laufgeschwindigkeit zum Abheben

nötig, weil die Strömung an der Kappe gestört wird.

Bremsen zu weit gezogen Schirm bleibt hinter dem Piloten hängen Hände gehen nach vorne Kappe wird unbeabsichtigt gebremst

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Ruderbewegungen oder „Abstützbewegungen“ mit den Händen

Unkontrollierte Steuerung / Strömung an der Kappe wird gestört.

Abspringen um Abzuheben Das funktioniert nicht, weil die Kappe weich (entlastet) wird und dies gefährlich ist. Ein sog. „Durchsacker“ ist daraufhin möglich.

Ins Gurtzeug pendeln oder zu frühes Setzen Verletzungsgefahr beim evtl. „Durchsacken“ Je nach gegebenen Bedingungen kann es sinnvoll sein, das Abheben durch gesteigerten Zug an den Bremsen auszulösen. Die Entscheidung zu Starten darf nur getroffen werden, wenn der Pilot sichergestellt hat, dass nichts gegen den Start spricht. Der gesamte Start und seine Vorbereitung erfolgen ruhig und ohne Hektik.

Starten im flachen Gelände Der Aufziehimpuls muss kräftiger sein. Zum Stabilisieren der Kappe ist weniger Bremsen erforderlich. Zum Abheben muss der Pilot mit mehr Vorlage länger laufen. Die Bremsen werden soweit freigegeben, daß das Abheben mit der Geschwindigkeit des besten Gleitens erfolgt.

Starten im steilen Gelände Der Aufziehimpuls muss schwächer sein. Zum Stabilisieren ist ein deutliches Anbremsen erforderlich. Die kurze Beschleunigungsphase erfolgt mit ruhigen Schritten. Starten bei stärkerem Wind Das Aufziehen ist ähnlich wie in steilem Gelände. Du mußt dem Schirm eventuell rückwärts entgegengehen damit er nicht zu schnell steigt. Die bessere Methode des Startens bei

Geradeausflug Beim Fliegen bleiben die Arme seitlich und die Ellenbogen nahe am Körper. Außer bei der Landung, werden die Bremse nie tiefer als bis zum Karabiner gezogen. Anweisungen des Fluglehrers werden unverzüglich, aber ohne Hektik umgesetzt.

Bestes Gleiten Dein Schirm fliegt mit seiner Trimmgeschwindigkeit, wenn Du die Hände ganz nach oben führst, so dass die Steuerleinen locker sind. Bei den meisten Schirmen ist dies die Geschwindigkeit des besten Gleitens bei Windstille. In ruhiger Luft kannst Du mit dieser Geschwindigkeit, bei einem gegebenen Höhenunterschied, die größte horizontale Strecke zurücklegen.1

Geringstes Sinken Damit du die Geschwindigkeit des geringsten Sinkens erreichst, ziehst du die Steuerleinen ab dem Punkt, an dem du die Bremswirkung spürst, noch etwa 10 bis 20 cm (je nach Schirmtyp) herunter. Dein Schirm verlangsamt zwar, sinkt aber auch pro Sekunde deutlich weniger. Dein Schirm fliegt im Geschwindigkeitsbereich des geringsten Sinkens.

1 Bei Rückenwind ist die Geschwindigkeit (relativ zur Luft) des Besten Gleitens geringer als bei Windstille. Bei Gegenwind ist sie höher, Wir diskutieren das noch im Kapitel Aerodynamik.

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Kurvenflug

Kurven in Bodennähe Bei geringem Bodenabstand müssen Kurven flach und mit ruhiger Steuerleinenbewegung bzw. –zug geflogen werden. Dazu ist die Steuerleine auf der Außenbrems leicht angebremst zu halten und die Gewichtsverlagerung zur Kurveninnenseite deutlich zu verstärken. Die Steuerleine auf der Innenseite wird nun ruhig soweit gezogen wie es z.B. für 90 Grad Kurven in der Landung nötig ist.

Kurven mit genügend Bodenabstand Aus einem stabilen Geradeausflug in ruhiger Luft eine Kurve zu fliegen ist einfach möglich: Wenn du z. B. an der linken Steuerleine ziehst fliegst du nach links. Sicherer und wirkungsvoller ist aber folgende Grundtechnik: Aus der Grundhaltung (mit den Bremsen auf „Fühlung“), schaust du in die gewünschte Flugrichtung, dann verlagerst du dein Gewicht auf die Kurveninnenseite und gibst die Steuerleine auf der Aussenseite frei. Durch moderates Ziehen der Innenbremse kannst Du die Kurve steiler machen und mit der Aussenbremse die Schäglage regulieren. Die Gewichtsverlagerung ist effektiv, wenn mit Gesäß und Oberschenkel die Kurveninnenseite des Sitzbrettes belastet und die Außenseite entlastet wird. Da du bei den Flügen während Grundkurses im Gurtzeug hängst und nicht sitzt ist Deine Kurvensteuerung durch Gewichtsverlagerung eingeschränkt. Schnell eine Bremse weit durchzuziehen ist sehr gefährlich, da die Strömung an der Kappe einseitig abreissen kann – was zum schnellen Drehen und starkem Höhenververlust (Trudeln) führt.

Besondere Windsituationen

Starkwind Als unerfahrener Pilot bleibst du bei Starkwind zu deiner eigenen Sicherheit besser am Boden. Das Fliegen bei Starkwind erfordert großes Geschick und genaues Wissen um die Leistungsgrenzen und das Flugverhalten des benutzten Schirms. Auch erfahrene Piloten dürfen in Deutschland nicht fliegen, wenn die höchste Windgeschwindigkeit am Startplatz 2/3 der höchsterfliegbaren Geschwindigkeit des Gleitschirms übersteigt.

Seitenwind Bei Seitenwind kannst du starten, wenn der Startplatz breit genug ist und nur gering geneigt ist. Dazu ziehst du deinen Schirm gegen den Wind auf und steuerst den Schirm beim Beschleunigen in die Richtung, in der du abheben willst. Wenn du bei Seitenwind fliegst, so wird dein Gleitschirm permanent in Windrichtung über Grund versetzt – du driftest ab. Um dieses Abdriften auszugleichen, musst du deinen Schirm leicht in den Wind drehen.

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Rückenwind Rückenwind erhöht deine Geschwindigkeit über Grund. Fliegst du mit der Trimmgeschwindigkeit deines Schirms (z. B. mit 35 km/h) und der Rückenwind bläst mit 10 km/h, so hast du eine Geschwindigkeit über Grund von 35 + 10 = 45 km/h. Dein Gleitwinkel verbessert sich gegenüber dem Gleitwinkel bei Windstille beachtlich.

Aktiv Fliegen In turbulenter Luft bewegt sich die Kappe relativ zum Piloten vor, zurück und zur Seite. Durch die gedämpfte Pendelstabilität des Systems Gleitschirm-Pilot wird das bis zu einem gewissen Maß ausgeglichen. Bei stärkeren Turbulenzen muss dieses Pendel aber ständig kontrolliert werden, um kritische Anstellwinkelveränderungen zu unterbinden. Wird der Anstellwinkel zu klein, droht ein Klapper – wird er zu groß, kann die Strömung abreißen. Die Kontrolle der Kappe geschieht durch sog. „aktives Fliegen“. Dies ist ein ständiges Korrigieren mit beiden Steuerleinen, um die Kappe immer über dem Piloten zu halten Es wird dabei versucht den Steuerdruck, wie er in der Grundstellung in ruhiger Luft vorläge, konstant zu halten. Die Steuerbewegungen folgen dem steigenden oder nachlassenden Druck möglichst ohne Verzögerung so, dass die Druckschwankungen weitgehend ausgeglichen werden. Beim geübten Piloten erfolgt das aktive Fliegen automatisch und unterbewusst. Er schaut dabei nicht auf die Kappe, sondern zum Horizont. Dies ermöglicht ihm die Wahrnehmung seiner Fluglage und die Überwachung des Luftraumes und seines Flugweges. Das aktive Fliegen wirst du dir im Laufe deiner weiteren Ausbildung angewöhnen. Während der Grundausbildung fliegst du nur in ruhiger Luft.

Kappenstörungen und Extremflugzustände

Seitlicher Einklapper Der seitliche Einklapper ist die häufigste Störung während eines Gleitschirmfluges. In Turbulenzen kann es passieren, dass die Leinen der Kappe entlasten. Dein Schirm klappt ein. Vorbeugende Maßnahmen: Immer aktiv Fliegen Sollte der Schirm trotzdem einklappen gelten folgende Gegenmaßnahmen:

1. Gewicht zur offenen Seite 2. Ggf. Beschleuniger zurücknehmen 3. Dosiertes Stützen oder Gegenbremsen (Dreht der Schirm nicht, brauch auch nicht

gegengebremst werden. Dreht der Schirm stark, muss stark gegengebremst werden.)

Frontklapper Nach einem Frontklapper ggf. Beschleuniger freigeben, den Schirm niemals abbremsen, sondern die Arme bzw. Steuerleinen nach oben führen, damit der Schirm sofort wieder Fahrt aufnehmen kann.

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Landung Während des Grundkurses wirst Du in niedriger Höhe fliegen und noch nicht im Gurtzeug sitzen. Oft landest Du schon wieder kurz nach dem Start. Damit bist du in einer etwas anderen Situation als üblich beim Gleitschirmfliegen. Allgemein sind eine gute Landeeinteilung und ein ruhiger Endanflug die Schlüssel für eine sichere und sanfte Landung. Im Grundkurs an der Ronneburg ist die Landeeinteilung einfach. Am Anfang fliegst Du gerade aus, oder dein Fluglehrer sagt dir welchen Flugweg du am Besten nimmst. Andererseits erfolgt die Landung oft kurz nach dem Start nach nur kurzer Flugstrecke. Das gibt Dir nicht viel Zeit für die Vorbereitung der Landung. Sei deshalb nicht enttäuscht wenn die Landungen am Anfang ein wenig holprig sind. Das wird später einfacher. Wenn du nach der Grundausbildung beim Fliegen im Gurtzeug sitzt, dann mußt dich in ausreichender Höhe (allerspätestens in 5 m) aufrichten und eine laufbereite Stellung einnehmen. Dein Blick richtet sich auf den Peilpunkt (die Stelle an der du landen willst). Der Endanflug sollte möglichst lang, gerade und pendelfrei sein. Die Bremsen sind etwa in der Grundstellung (Leerweg + ca. 10 cm). Auf den letzten Metern vor dem Aufsetzen schaust du zum Horizont. So kannst du die Flugbahn und das Sinken besser einschätzen. Kurz vor dem Bodenkontakt, in etwa 1 Meter Höhe, gibst Du einen zügigen Abfangimpuls über die Steuerleinen, um parallel zum Boden auszugleiten. Du wirst mit der Zeit herausfinden wie stark der Abfangimpuls sein muss. Wie weit Du ziehen musst hängt von den Gegebenheiten (Flug- und Sinkgeschwindigkeit, Wind, Bodenneigung) ab. Fang einfach erstmal mit etwa 20 cm an. Ziehst du zu langsam oder zu wenig, dann wirst du weniger sanft aufsetzen als möglich. Ziehst du zuviel, dann steigst du nochmal ein Stück und setzt dann auch weniger weich auf. In der Ausgleitphase fliegst Du mit kleinen Bremskorrekturen nahe und parallel zum Boden. Dein Blick bleibt am Horizont. Am Ende der Ausgleitphase kannst Du spüren, dass der Gleitschirm sinken will. Unmittelbar vorher werden die Bremsen voll durchgezogen und du setzt ganz sanft auf. Du gehst mit voll durchgezogen Bremsen noch einige Schritte weiter, um die restliche Geschwindigkeit abzubauen und die Kappen hinter dich zu bringen. Zum Ablegen kannst du dich zur Kappe hindrehen. Dazu mußt Du allerdings die Arme wieder hochnehmen. Da während der Grundausbildung der Endanflug oft kurz ist und du noch nicht das Gefühl für den Einsatz der Bremsen hast, merke dir erstmal einfach:

• Abfangen in einem bis zwei Meter Höhe durch zügiges, aber nicht zu weites Ziehen der Bremsen.

• Vor dem Aufsetzen (in etwa einem Meter) voll durchbremsen.

Spezielle Landegefahren

Baumlandung Eine Baumlandung wird oft durch folgende Fehler verursacht:

o Falsches Einschätzen des Gleitwinkels o Falsches Einschätzen des Gegenwindes o Niedriges Einfliegen in großflächige Waldgebiete mit ausgedehnten Sinkgebieten

In der Regel eignen sich Nadelbäume bei einer Baumlandung besser, da sie im Gegensatz zu Laubbäumen keine starren ausladenden Äste haben. Das Verletzungsrisiko ist somit bei einem Nadelbaum erheblich geringer. Kannst Du eine Baumlandung nicht mehr vermeiden, so fliege einen möglichst niedrigen Baum oder eine Baumgruppe gezielt an!

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Bremse deinen Schirm wie bei der normalen Landung stark ab. Nehme unmittelbar vor der Baumberührung die Arme an den Oberkörper, die Beine zusammen und die Hände vors Gesicht! Bist Du im Baum gelandet, so ergreife sofort einen stabilen Ast oder den Stamm und halte dich fest, da du und dein Schirm vom Baum abrutschen können.

Akute Absturzgefahr! Unternehme keine eigenen Rettungsversuche, wenn du in einem hohen Baum gelandet bist. Bleibe stets im Gurtzeug hängen und sichere dich an stabilen Ästen. Warte auf das Eintreffen von Helfern.

Menschliche Leistungsfähigkeit Der Flug mit einem Gleitschirm stellt hohe Anforderungen an dich als Piloten. Dabei spielen weniger deine bloße Muskelkraft, sondern vielmehr deine Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit eine Rolle. Gerade bei Extremmanövern, wie der Steilspirale, wird auch dein Kreislauf auf eine harte Probe gestellt. Die größten körperlichen Belastungen wirken beim Starten, beim Landen und bei extremen Manövern auf dich ein. Bevor du dich zu einem Gleitschirmflug entschließt, musst du folgendes zu deiner eigenen Sicherheit beachten:

o Übermüdung führt zu einer deutlichen Abnahme deiner Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit. In der Folge kannst du deinen Schirm nicht mehr aktiv genug fliegen.

o Alkohol- und/oder Drogenkonsum führen ebenfalls zu einer Abnahme deiner

Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, verleiten dich aber zusätzlich zu waghalsigen, oft falsch eingeschätzten (und damit lebensgefährlichen) Manövern. Alkohol und Drogen sind vor und während eines Fluges tabu!

o Medikamente sind meist nicht so harmlos wie sie im ersten Moment zu sein scheinen. Sie

können deine Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit beeinflussen, Alkohol beinhalten und/oder können zu Übelkeit/Erbrechen führen.

o Gehe nur gesund an den Start. Bereits eine Allergie und/oder eine Erkältung reichen aus,

um den Druckausgleich in deinem Kopf empfindlich zu stören. Dabei kann unter Umständen gar dein Trommelfell Schaden nehmen.

o Wird dir bei extremen Kurvenmanövern (z.B. bei einer Steilspirale) schwarz vor Augen oder

wird dir übel, so leite das Manöver sofort aus! Du bist empfindlich gegenüber den G-Kräften, die während eines solchen Manövers auf dich einwirken. Taste dich nur langsam an Deine Grenzen vor!

Neben den genannten körperlichen Belastungen gibt es auch die weitaus gefährlicheren psychischen Belastungen. Sie führen meist zu massiven Fehleinschätzungen.

o Gehe niemals gehetzt an den Start, da du in einer solchen Situation meist nicht bei der Sache bist. Nimm dir also die Zeit für eine ausgedehnte sorgfältige Startvorbereitung und Konzentrationsphase. Lasse dich nicht zum Start drängen!

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o Lässt du dich bereits während der Startvorbereitungen zu sehr von persönlichen oder beruflichen Dingen ablenken, so wirst du mit Sicherheit auch während des Fluges ständig abgelenkt sein. Hast du vor dem Start Angst, so verringert das deine Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit enorm: Die Gefahr von Fehleinschätzungen wächst.

o Bist du stark erregt, so versuche dich auf das

sachliche Überprüfen der Situation und deine fliegerischen Aufgaben zu konzentrieren. Atme dabei tief und ruhig. Bleibt die starke Erregung, so verzichte auf einen Start!

o Folge auf keinen Fall dem riskanten Beispiel

anderer Piloten! Entscheide kritisch(!), ob du bei den gegebenen Startbedingungen sicher starten, fliegen und wieder landen kannst.

Merke Dir diesen Grundsatz! Starte nie gegen eigene Bedenken! Stark und mutig ist, wer auch einmal seinen Schirm wieder zusammenpackt – und nicht derjenige, der halsbrecherisch dennoch startet!

II. Technik Dieses Kapitel umfasst das theoretische Wissen um:

o Gleitschirm o Instandhaltung o Gurtzeug o Rettungsgerät o Aerodynamik

Gleitschirm

Bauteile Ein Gleitschirm besteht aus folgenden Bauteilen:

o Kappe o Leinen o Tragegurte o Leinenschlösser (Verbindungselemente zwischen Leinen und Tragegurten)

Kappe und Leinen sind fest miteinander verbunden und bilden somit eine Einheit.

Kappe Die Kappe eines Gleitschirms, auch Segel oder Schirm genannt, besteht aus reißfestem synthetisch hergestelltem Ripstop-Gewebe (Polyamid oder Polyester),

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das mit einer schützenden Beschichtung versehen ist. Das Ripstop-Gewebe verhindert ein Weiterreißen des Tuches, wenn es beschädigt wird. Liegt die Kappe vor dem Starten noch formlos am Boden, so bildet sich während des Startvorgangs eine halbstarre Tragfläche aus. Diese Tragfläche entsteht durch den Staudruck im Inneren der Kappe, der sich durch die anströmende Luft aufbaut. Stabilisiert wird die Kappe durch senkrecht stehende Wände, so genannte Zellwände, die Ober- und Untersegel miteinander verbinden. Durch den Zuschnitt der Zellwände erhält die Kappe ihr Profil. Durch sog. „Stäbchen“ erhält die Kappe zusätzlich Stabilität und Leistung. Die Stäbchen sind bis 80 cm im Frontbereich und als Versteifung bei einigen Geräten bis zu 40 cm im Achterliek verbaut. Die (Fang-)Leinen eines Gleitschirms sind mit den so genannten Zellwänden verbunden. Der Raum, der durch Zellwände und Segel eingeschlossen wird, wird Zelle genannt. Jede Zelle untergliedert sich in Kammern, die durch Zellzwischenwände, so genannte Rippen, getrennt sind. Damit in der gesamten Kappe stets der gleiche Staudruck herrscht, besitzen sowohl die Zellwände als auch die Zellzwischenwände Druckausgleichsöffnungen, so genannte Crossports. An den Außenseiten der Kappe befinden sich die Stabilisatoren, auch Stabilos genannt. Sie geben dem Gleitschirm Richtungsstabilität.

(Fang-)Leinen Die Fangleinen, oft nur kurz Leinen genannt, sind durch dreiecksförmige Verstärkungen, so genannten Flares, mit den Zellwänden des Gleitschirms verbunden. Diese Verstärkungen sorgen dafür, dass die Zugkräfte gleichmäßig über die gesamte Kappe verteilt werden. Der Kern der Leinen besteht meist aus Kevlar (gelber Kern) oder Dyneema (weißer Kern). Kevlar-Fasern sind zwar dehnungsstabiler als solche aus Dyneema, sind aber dafür umso knickempfindlicher. Ummantelt sind diese Fasern in der Regel mit geflochtenem Polyester. Die Gesamtlänge der Leinen beträgt mehrere Hundert Meter, weshalb sie zu einem großen Teil zum Luftwiderstand des Schirmes beitragen. Hinweis! Die Trimmung – und somit das Flugverhalten des Schirms – wird durch die Länge der Leinen bestimmt. Bemerkst du drastische Änderungen im Flugverhalten deines Schirms, so lasse die Leinen ausmessen bevor du mit dem Schirm weiterfliegst. Es wird zwischen verschiedenen Leinenebenen unterschieden: Die vorderste Leinenebene, knapp hinter der Eintrittskante, wird als A-Leinenebene, die letzte je nach Schirmtyp als D- oder E-Leinenebene bezeichnet. Die einzelnen Leinenebenen jeder Schirmhälfte laufen getrennt in den Tragegurten zusammen.

Verbindungselemente Die so genannten Leinenschlösser verbinden die Leinen mit den Tragegurten. Die Karabiner verbinden die Tragegurte mit dem Gurtzeug. Mittlerweile gibt es speziell für Gleitschirme entwickelte Arten von Karabinern:

o herkömmlichem Drehverschluss o Schnappverschluss o Kombination aus Dreh- und Schnappverschluss o Quick-Out-Karabiner

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Beschleunigungssystem Ein solches System ermöglicht dir, schneller zu fliegen, indem es in der Regel die vorderen Tragegurte verkürzt und verkleinert dadurch den Anstellwinkel deines Schirms.

Reparatur Kleinere Risse/Löcher in der Kappe kannst du, falls sie sich nicht an tragenden Stellen befinden, mit selbstklebendem Reparaturtuch, so genanntem Ripstop-Band, eigenständig flicken. Das Band muss hierbei mindestens 2 cm über dem Riss/Loch überstehen. Lasse alle anderen Beschädigungen (große Risse/Löcher, Scheuerstellen, beschädigte Leinen) nur in einer dafür autorisierten Werkstatt reparieren (z.B. im Hot Sport Luftfahrtechnischen Paragliding-Checkbetrieb im Seepark Niederweimar bei Marburg).

Nachprüfung Da sich die Flugeigenschaften im Laufe der Zeit ändern können, muss dein Gleitschirm mindestens alle zwei Jahre in einer autorisierten Werkstatt überprüft werden. Die Nachprüfung umfasst dabei Folgendes:

oÜberprüfen des Segeltuches (Luftdurchlässigkeit, Beschädigungen) oÜberprüfen der Leinen (korrekte Länge, Beschädigungen, Reißtest) oÜberprüfen der Nähte (Scheuerstellen) oÜberprüfen der Haupttragegurte (Scheuerstellen) oÜberprüfen der Leinenschlösser (Beschädigungen) oNachmessen der Kappe oÜberprüfen des Anstellwinkels der Kappe

Betriebsgrenzen Die Hersteller von Luftsportgeräten legen in der Betriebsanleitung Betriebsgrenzen fest. Für Gleitschirme sind das u. a. das empfohlene Pilotengewicht und das empfohlene Totalgewicht (Abhebegewicht) für den jeweiligen Schirm. Die Betriebsgrenzen müssen eingehalten werden. Hinweis! Die Betriebsgrenzen deines Schirms findest du in der Betriebsanleitung und teilweise auch auf der Musterprüfplakette am Schirm selbst.

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Instandhaltung

Packen Um deinen Gleit-schirm einzupacken, gehst du so vor wie in der Abbildung gezeigt. Falte deinen Schirm jeweils zur Mitte und streiche dabei die Luft vor-sichtig aus der Kappe. Das „ordentliche“ Packen der neuen Schirme mit den sog. „Stäbchen“ erfolgt in Tube Bags. Dies wird in der Schulung gezeigt. Hinweis! Achte während des Packens besonders darauf, dass sich keine Gegenstände wie Steine in oder unter der Kappe befinden sowie die Leinen und Stäbchen nicht scharf geknickt werden!

Lagerung Lagere deinen Schirm:

o nur bei normaler Luftfeuchtigkeit (40-60 %) o niemals in der Nähe von Chemikalien wie Benzin oder Lösungsmittel o lichtgeschützt o bei konstanter Temperatur; zu große Schwankungen, wie sie z.B. in einem Auto

vorkommen, schaden auf Dauer deinem Schirm o am besten (über Winter) locker im Schnellpacksack

Alterung und Pflege des Gleitschirms

o UV-Strahlung schädigt – trotz schützender Beschichtung – die Materialen der Kappe. Auf Dauer verliert die Kappe so ihre Luftundurchlässigkeit (2-Jahrescheck!).

o Entferne stärkere Schmutzflecken stets mit einem weichen Tuch und handwarmem Wasser (zur Not mit ein wenig milder Seife). Benutze aber niemals Reinigungsmittel!

o Untersuche deinen Schirm regelmäßig auf Beschädigungen. o Lasse Reparaturen generell nur von einer autorisierten Fachwerkstatt ausführen. o Bei Feuchtigkeit kann sich Länge der Leinen ändern; die Kappe kann beschädigt werden. o Sollte dein Schirm feucht geworden sein, so trockne ihn an einem lichtgeschützten,

warmen und gut gelüfteten Raum. o Salzwasser greift die Materialen der Kappe extrem stark an. Spüle deinen Schirm nach

Kontakt mit Salzwasser mit reichlich Süßwasser, um jegliches Salz zu entfernen. o Chemikalien wie Benzin oder Lösungsmittel (und deren Dämpfe) greifen die Materialien

der Kappe extrem stark an. o Schleife deinen Schirm nicht über den Boden, sondern trage ihn, indem du ihn zu einem

„Röckchen“ zusammenraffst. o Setze die Leinen keinen extremen Zugbelastungen (z.B. durch Verhängen) aus.

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W I C

H T I G

!

Gurtzeug

Bauteile Ein Gurtzeug besteht im Wesentlichen aus folgenden Teilen:

o Sitzbrett o Protektor o Beingurten o Frontgurt (ehem. Brustgurt) o Schultergurt o Integrierter Container für Rettungsgerät

(optional)

Größen Gurtzeuge gibt es in unterschiedlichen Größen. Die grobe Einteilung erfolgt dabei meist anhand der Konfektionsgrößen (S, M, L, XL). Bei der Auswahl der richtigen Größe bzw. des richtigen Gurtzeugs musst du dabei folgende Punkt beachten:

o Das Sitzbrett des Gurtzeuges muss so breit wie nötig, aber so schmal als möglich sein. o Du darfst nicht zu sehr auf dem Sitzbrett hin- und herrutschen können. o Das Gurtzeug muss einen geprüften Rückenprotektor besitzen. o Das Gurtzeug muss nach den Bauvorschriften gebaut, geprüft und zugelassen sein und

mit Gütesiegel des DHV/OeAeC versehen sein.

Einstellung Dein Gurtzeug stellst du so ein, wie es in der Betriebsanleitung zu deinem Gurtzeug beschrieben ist2. Dabei musst du aber auch folgendes beachten:

o Das Gurtzeug muss dir passen. o Das Gurtzeug darf nirgends einschneiden oder drücken. o Das Gurtzeug darf dir keine Schwierigkeiten beim Aufrichten, Laufen und beim

Hineinsetzen machen. o Die Beingurte müssen links und rechts gleich weit angezogen werden.

Rettungsgerät

Funktion Das Rettungsgerät ist ein reines Notfallgerät. Es reduziert deine Fallgeschwindigkeit je nach Typ und Zuladung auf etwa 7 m/s, was einem Sprung von einer etwa 2,5 Meter hohen Mauer gleichkommt. Die neusten Retter öffnen sensationell schnell und sind sehr pendelstabil. Sie reduzieren die Fallgeschwindigkeit auf bis zu 5 Meter pro Sekunde. Zusammen mit dem (Rücken-)Protektor verhindert ein Rettungsgerät zwar das Schlimmste, kann aber nicht 100%ig vor Verletzungen schützen.

2 Weiterführende Informationen zur Wahl und Einstellung eines Gurtzeuges findest du unter: https://www.dhv.de/web/piloteninfos/sicherheit-und-technik/flugsicherheit-artikel-und-videos/geraetetechnik/

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Auslösung Das Rettungsgerät nur im Sicherheitstraining oder in Notfällen ausgelöst! Dazu zählen z.B.:

o Zusammenstöße mit anderen Luftfahrzeugen o Defekte am Schirm, die ein sicheres Landen

unmöglich machen o Flugsituationen, in denen der Schirm nicht mehr

unter Kontrolle gebracht werden kann o Gefährliche Rotationen (Steilspirale, Trudeln)

unmittelbar über Grund Falls du in einer Notsituation noch genügend Höhe hast, solltest du zuerst versuchen, deinen Schirm unter Kontrolle zu bekommen. Ist die Höhe zu gering oder die Situation zu gefährlich, so löse das Rettungsgerät aus. Dazu gibt es zu Beginn der Höhenflugausbildung eine Unterrichtseinheit mit K-Probe und Rettungsgeräte-Einweisung. Hinweis! Um deinen Rettungsschirm zu stabilisieren, solltest du deinen Gleitschirm flugunfähig machen, indem Du die Steuerleinen einholst bzw. (ein-)wickelst.

Geräteprüfung

Tests Jeder neue Schirm muss eine Musterprüfung über sich ergehen lassen, bevor er offiziell zugelassen wird. Diese Prüfung umfasst dabei folgende Tests:

o Festigkeitstest (Schocktest und Lasttest) o Flugtest (Flugverhalten und Reaktionen des Schirms) o Bauausführung / Funktionsprüfung

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Klassifizierung

LTF Klasse

Beschreibung der Flugeigenschaften Beschreibung des erforderlichen

Pilotenkönnens

A

Gleitsegel mit einem Maximum an passiver Sicherheit und einem extrem verzeihenden Flugverhalten. Gute Widerstandsfähigkeit gegen abnormale Flugzustände.

Für alle Piloten einschließlich Piloten aller Ausbildungsstufen.

B

Gleitsegel mit guter passiver Sicherheit und verzeihendem Flugverhalten. Einigermaßen widerstandsfähig gegen abnormale Flugzustände.

Thermik- und Streckenflieger, die über regelmäßige Flugpraxis und über fortgeschrittene flugtechnische Kenntnisse, bei mindestens ca. 20-30 Flugstunden pro Jahr verfügen..

C

Gleitsegel mit mäßiger passiver Sicherheit und mit potenziell dynamischen Reaktionen auf Turbulenzen und Pilotenfehler. Die Rückkehr in den Normalflug kann präzisen Piloteneingriff erfordern.

Leistungsorientierte Streckenflieger, die über eine regelmäßige, mehrjährige Flugpraxis von mindestens ca. 50 Flugstunden pro Jahr und über fundierte flugtechnische Kenntnisse verfügen.

D

Gleitsegel mit anspruchsvollem Flugverhalten und potenziell heftigen Reaktionen auf Turbulenzen und Pilotenfehler. Die Rückkehr in den Normalflug erfordert präzisen Piloteneingriff.

Leistungspiloten mit umfassender Flugerfahrung von mindestens ca. 75 -100 Flugstunden pro Jahr, die Höchstleistungen, z.B. beim Streckenflug realisieren wollen und die die möglichen Konsequenzen des Fliegens mit einem solchen Gleitsegel akzeptieren.

Messgrundlagen Die Fläche, die dein Gleitschirm ausgelegt einnimmt, beträgt je nach Schirm zwischen 20 und 30 m2. Für den Flug relevant ist aber lediglich die so genannte projizierte Fläche. Die projizierte Fläche zeigt sich in der Draufsicht und ist durch die Krümmung deines Schirms während des Fluges kleiner als die Fläche, die dein ausgelegter Schirm einnimmt. Die Fläche deines Gleitschirms wird während des Fluges durch das Eigengewicht des Schirms, das Gewicht des Piloten und durch das Gewicht der Ausrüstung belastet. Mit Hilfe der projizierten Fläche kannst du die Flächenbelastung deines Schirmes ausrechnen:

Aerodynamik

Kräfte im stationären Gleitflug Ein Flugzustand ist stationär, wenn die Geschwindigkeit konstant ist. D. h. Richtung, vertikale und horizontale Geschwindigkeiten bleiben gleich. Es treten keine Beschleunigungen auf. Die auf das Fluggerät einwirkenden Kräfte gleichen sich gegenseitig aus. Die resultierende

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Luftkraft FTL gleicht das Gewicht des Fluggerätes FG aus, so dass es durch die Erdanziehungskraft nicht weiter beschleunigt wird. Der Gleitschirm ist so gebaut, dass er mit einer Vorwärtsfahrt im Gleitflug sinkt (und nicht wie ein Rundkappenfallschirm senkrecht niedergeht). Bezüglich des Flugweges zerlegen wir für weitere Betrachtungen die Totale Luftkraft FTL in eine Komponente senkrecht und eine Komponente parallel zum Flugweg. Die senkrechte Komponente bezeichnen wir als Widerstandskraft FW. Die Komponente parallel zum Flugweg nennen wir Auftriebskraft FA. Im Gleitflug geht es immer vorwärts und abwärts innerhalb einer Luftmasse. Durch das Absinken wird die Vortriebskraft FV erzeugt, welche die Widerstandskraft ausgleicht. Um dauerhaft „oben“ zu bleiben, müssen wir Aufwinde nutzen.

Strömung Ein Körper der sich in Luft bewegt wird von ihr umströmt. Dabei wirken Kräfte auf den Körper. Der Luft- oder Strömungswiderstand FW bewirkt ein bremsende Kraft. Ihre Richtung ist der Flugrichtung entgegengesetzt. Ist der Körper geeignet geformt, treten durch die Ablenkung der Luftteilchen auch Kräfte senkrecht zu seiner Bewegungsrichtung auf. Das wird technisch von Propellern, Tragflächen, Steuerrudern, oder Segeln genutzt. Bei Tragflächen bezeichnen wir diese Kraft als (dynamische) Auftriebskraft FA. Der Auftrieb entsteht also durch Ablenkung der Luft nach unten. Dabei entsteht auf der Unterseite des Tragflügels ein Überdruck und auf der Oberseite ein Unterdruck. Die gedachte Linie, zwischen der Vorderkante und der Hinterkante des Tragflügels wird als Profilsehne bezeichnet. Der Winkel zwischen der Profilsehne und der Anströmrichtung wird Anstellwinkel α genannt. Bei einer Tragfläche nimmt der Auftrieb zunächst mit dem Anstellwinkel zu und dann, ab dem kritischen Anstellwinkel, schnell ab.

Auftriebsbeiwert als Funktion des Anstellwinkel Wie stark der Auftrieb oder der Widerstand wirken, hängt von der Strömungsgeschwindigkeit v, der Dichte der Luft σ, und der Größe des Körpers A, seiner Form und wie er in der Stömung liegt. Die Lage und die Form des Körpers werden durch den Auftriebs- cA und Widerstandsbeiwert cW beschrieben. mathematisch lässt sich das so ausdrücken: FA = ½ cA(α) A σ v2

Fw = ½ cW(α) A σ v2 Der Auftrieb und der Widerstand hängen quadratisch (also sehr stark) von der Strömungsgeschwindigkeit ab. Der Auftriebs- und der Widerstandsbeiwert sind abhänig vom Anstellwinkel3. Um den gleichen Auftrieb bei einer geringeren Fluggeschwindigkeit zu erzeugen ist also ein höherer Anstellwinkel erforderlich (da die Größe des Gleitschirms und die Dichte der Luft gleich bleiben).

cL

α

2

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Strömungsabriss Wenn der Anstellwinkel den kritischen Anstellwinkel überschreitet, reißt die Strömung an der Oberseite der Tragfläche mehr und mehr ab. Mit weiter zunehmenden Anstellwinkel vermindert sich der Auftrieb und der Widerstand nimmt stark zu.

Strömungsabriss Ein Flugzustand mit abgerissener Strömung wird beim Gleitschirmfliegen als (Full-)Stall oder Sackflug bezeichnet. Vom Sackflug spricht man, wenn die Form der Kappe noch gegeben ist. Beim Fullstall ist die Kappe verformt und teilweise entleert. Vermindert sich die Geschwindigkeit, so muss der Anstellwinkel größer werden um den gleiche Auftrieb zu erzeugen. Die Geschwindigkeit bei der der kritische Anstellwinkel erreicht wird heißt Stallgeschwindigkeit. Im Kurvenflug ist sie höher als im Geradeausflug, da neben der Gewichtskraft im Kurvenflug auch auch die Zentrifugalkraft auftritt. Hinweis! Ein Strömungsabriss kann durch zu geringe Eigengeschwindigkeit oder bei Einflug in einen Aufwind eintreten. Geschwindigkeit Die Geschwindigkeit deines Gleitschirms kannst du, mit dem Beschleunigungs-system und durch beidseitiges symmetrisches Ziehen an den Steuerleinen regeln und dabei den Anstellwinkel und/oder die Profilform deines Schirmes ändern. Zeichnest du den Verlauf für jede Geschwindigkeit mit dem zugehörigen Sinkwert in ein Koordinatensystem ein, so erhältst du die sog. Geschwindigkeitspolare deines Gleitschirms. Die Geschwindigkeitspolare hat die Form einer Kurve. Ihr höchster Punkt, zeigt dir auf, bei welcher Geschwindigkeit dein Schirm den geringsten Sinkwert hat. Diese Geschwindigkeit wird Geschwindigkeit des geringsten Sinkens genannt.

2

Legst du vom Nullpunkt des Koordinatensystems eine Tangente an die Polare, so erhältst du die Geschwindigkeit, bei der dein Schirm seine beste Leistung (Gleitzahl) hat. Diese Geschwindigkeit wird Geschwindigkeit des besten Gleitens genannt. Anhand der Steigung der Tangenten kannst Du die Gleitzahl deines Schirmes bestimmen: Die Horizontalgeschwindigkeit beträgt in Punkt 2 etwa 33 km/h, also etwa 9,2 m/s; der Sinkwert liegt bei etwa 1,5 m/s. Teilst du die Horizontalgeschwindigkeit (in m/s) durch den Sinkwert (in m/s), so erhältst du die Gleitzahl von 6,1. Hinweis! Je größer die Gleitzahl ist, desto leistungsfähiger ist dein Schirm; d.h., bei größerer Gleitzahl kannst du längere Strecken zurücklegen. Gleitschirme haben eine Gleitzahl zwischen 6 und 11.

III. Meteorologie Dieses Kapitel umfasst das theoretische Basiswissen um:

o Wind o Turbulenzen o Gefahren o Vorhersage und Beratung o Regionales Wetter

Wind

Richtung und Stärke Der Wind wird nach der Richtung, aus der er weht, benannt. Weht ein Wind von Norden in Richtung Süden, so wird er Nordwind genannt. Als Richtungsangabe kannst du dabei zwischen den Hauptwindrichtungen (N, NO, O, SO, S, SW, W, NW) oder, wie in Flugwetterberichten üblich, zwischen Gradangaben wählen. Die Windstärke wird in Knoten, km/h oder m/s angegeben. Dabei entsprechen 1 kn etwa 1,85 km/h bzw. 1 km/h etwa 0,54 kn.

Tagesverlauf Der typische Tagesverlauf des Windes ist folgender: Winde setzen erst dann ein, wenn die Thermik zunimmt. Am frühen Nachmittag, wenn der Boden von der Sonne am stärksten aufgeheizt ist, erreichen die Winde ihre Maximalgeschwindigkeiten. Dabei erfolgt das Durchmischen der Luftschichten; der überregionale Wind kann bis zum Boden durchdringen. Abends nimmt der Wind allmählich ab.

Zusammenspiel von Hoch und Tief Ein Hoch dreht sich auf der Nordhalbkugel rechts herum, das die Luft, den kürzesten Weg zum nächsten Tief nehmen will durch die so genannte Corioliskraft nach rechts abgelenkt wird. Die Luft dreht sich in der Folge links um das Zentrum des Tiefs herum.

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Die Luft strömt bei einem Hochdruckgebiet von oben nach unten, da der Luftdruck am Boden geringer ist als im Zentrum des Hochs (Druck-gefälle). Unter dem Zentrum des Tiefs strömt die Luft von unten nach oben.

Turbulenzen

Luv und Lee Die Begriffe Luv und Lee dienen dazu, zwischen der dem Wind zugewandter und der dem Wind abgewandter Seite eines Hindernisses, z. B. eines Berges zu unterscheiden. Das Luv ist die dem Wind zugewandte Seite und das Lee die dem Wind abgewandte Seite eines Hindernisses.

Thermische Turbulenzen Bei der thermischen Turbulenz bilden sich aufgeheizte Luftblasen, die gegenüber der Umgebungsluft eine höhere Temperatur (und somit mehr Auftrieb) aufweisen und sich beim Überschreiten eines Grenzwertes vom Boden lösen.

Leeturbulenzen Trifft Luft auf ein Hindernis, so muss sie beim Umströmen des Hindernisses ihre Richtung der Form des Hindernisses anpassen. Muss die Luft dabei eine starke Richtungsänderung durchführen, so wird ihr Strömungsfluss erheblich gestört: die Luftteilchen verwirbeln. Bei großen Hindernissen kommt es im Lee zur so genannten Leeturbulenz, die sich bei scharfen Geländeabbrüchen, z. B. einem Gebirgsrücken zu den gefährlichen Leewalzen ausbilden können.

Gefahren

Kaltfront Eine Kaltfront ist für dich als Gleitschirmpiloten sehr gefährlich, weil sich die Quellwolken zu hohen Gewitterwolken, den Cumulonimbuswolken, auftürmen. Diesen Gewitterwolken eilen heftige Böenwalzen mit einer Geschwindigkeit von 30 - 60 km/h bis zu 20 Kilometern voraus! Das Gewitter, das eine Kaltfront mit sich bringt, ist nur von kurzer Dauer, bringt aber schwere Regenfälle und mitunter auch Hagel mit sich. Hinter der Kaltfront nehmen die Schauer ab und die Quellwolken verflachen. Im diesem so genannten Rückseitenwetter kannst du zwar wieder fliegen, musst aber mit Böen und Schauern rechnen.

Lebensgefahr! Nie vor einer Kaltfront fliegen! Eine Kaltfront nähert sich schneller, als du mit deinem Schirm fliegen kannst. Du kannst durch die starken Aufwinde in die Gewitterwolken gezogen werden.

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Gewitter Generell wird zwischen zwei Gewitterarten unterschieden:

o Frontgewitter o Wärmegewitter

Bei einem Frontgewitter dringt eine Kaltluftmasse in Warmluftmassen ein und kann somit höhere Schichten labilisieren. Es entwickeln sich sehr heftige Gewitter mit ausgeprägten Böenwalzen. Wärmegewitter entstehen durch Überentwicklung von Thermik. Entscheidend ist ein großer Temperaturunterschied zwischen Kaltluft und aufsteigender Warmluft.

Föhn Wenn eine starke Luftströmung durch quer zur Strömungsrichtung verlaufende Gebirgskette behindert wird, muß in deren Lee mit föhnartigen Wettererscheinungen gerechnet werden. Für die sehr langsam fliegenden Gleitschirme sind vor allem die hohen Windgeschwindigkeiten und die mitunter extremen Turbulenzen äußerst gefährlich! Vorhersage und Beratung Die Daten über den aktuellen Zustand der Atmosphäre kommen von einem Netz aus Bodenmessstationen, die Windgeschwindigkeit, Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und Niederschlagsmengen messen. In Gebieten, in denen nur wenige dieser Messstationen vorhanden sind, z. B. auf dem Meer, werden zusätzlich die Daten von Wettersatelliten herangezogen. Als Gleitschirmpilot musst du vor jedem Flug eine persönliche Wetterberatung einholen. Dazu stehen dir viele Mittel zur Verfügung. Das ist zum einen die persönliche Wetterberatung bei einem größeren Flughafen in der Nähe, der Faxabruf bei einem Dienstleister oder das so genannte Selfbriefing über das Internet. Bei einem Selfbriefing beurteilst du die Wetterkarten nach folgenden Punkten:

o Windstärke o Wetterlage o Niederschläge o zu erwartende Flugbedingungen

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IV. Luftrecht Dieses Kapitel umfasst das theoretische Wissen um:

o Rechtsvorschriften o Zuständige Stellen o Ausbildung/Pilot o Fluggerät o Flugbetrieb o Fluggelände o Haftung und Versicherung

Rechtsvorschriften Wie im Straßenverkehr gibt es auch in der Luftfahrt einen gesetzlichen Rahmen, an den du dich zur Sicherheit aller halten musst. Diesen gesetzlichen Rahmen steckt das Luftverkehrsgesetz (LuftVG) ab. Wichtige Einzelheiten für das Durchführen des LuftVG sind in den Rechts-verordnungen geregelt, die vom Bundesministerium erlassen werden. Die Rechtsverordnungen umfassen dabei folgende Bereiche:

o Luftverkehrsordnung (LuftVO) und SERA4 o Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) o Verordnung über Luftfahrtpersonal (LuftPersV) o Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (LuftBO)

Zusätzlich zu diesen Rechtsverordnungen erlässt der DHV als Beauftragter des Bundes-ministeriums für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) folgende Verordnungen und Kataloge:

o Ausbildungs- und Prüfungsordnung des DHV o Flugbetriebsordnung (FBO) des DHV o Prüfkataloge des DHV

Zuständige Stellen

BMVBW Das Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) ist die oberste Zivilluftfahrtbehörde in Deutschland. Das BMVBW hat die Verwaltung der Luftsportgeräte, wie es Hängegleiter und Gleitsegel (Gleitschirme) sind, auf die Sportverbände als Beauftragte übergeben.

Beauftragter Für den Bereich Hängegleiter und Gleitsegel (Gleitschirme) hat das BMVBW den Deutschen Hängegleiterverband e. V. (DHV) mit Sitz in Gmund am Tegernsee beauftragt, sich um (fast) alle Belange des Drachen- und Gleitschirmfliegens zu kümmern. Dazu zählen u. a.:

4 Standardised European Rules of the Air: Diese Verordnung ersetzt weitgehend die ehemalige deutsche Luftverkehrs-Ordnung. Die Luftverkehrs-Ordnung wurde zum 29.11.2015 in verkürzter Fassung angepasst.

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o Zulassung von Flugschulen o Zulassung von Flugsportgeräten o Zulassung von Fluggeländen o Unfalluntersuchungen

Ausbildung / Pilot

Mindestalter Laut LuftVZO (§ 23) beträgt das Mindestalter für den Beginn der Ausbildung 14 Jahre. Ferner beträgt das Mindestalter, mit dem eine Erlaubnis zum Führen eines Luftsportgeräts erlangt werden kann, 16 Jahre.

Ausbildungsinhalte Die theoretische Ausbildung umfasst laut LuftPersV (§ 42) folgende Sachgebiete:

o Luftrecht o Navigation o Meteorologie o Aerodynamik o Allgemeine Luftfahrzeugkenntnisse, Technik o Verhalten in besonderen Fällen o Menschliche Leistungsfähigkeit

Flugbuch Das Führen eines Flugbuches ist für Gleitschirmpiloten verpflichtend vorgeschrieben. Moderne Varios mit GPS (Tracking- bzw. Aufzeichnungsfunktion) sind unterstützend dazu möglich und empfehlenswert!

Lernausweis (Grundschein) Ein Lernausweis ist ein schriftlicher, Gelände bezogener Flugauftrag der Flugschule. Das Erteilen eines solchen Lernausweises liegt im Ermessen des Fluglehrers. Ein solcher Lernausweis gilt 36 Monate und berechtigt zu Flügen in dem Grundausbildungsgelände, in welchem die Grundausbildung erfolgt ist. Ein Lernausweis kann vom Ausbildungsleiter der Flugschule mit Auflagen versehen werden. (hier an der Ronneburg: „in Fluglehreranwesenheit und nur bis 15 km/h Windgeschwindigkeit“)

Höhenflugausweis (D-Schein) Nach der erfolgreich abgeschlossenen Grundausbildung und nach mindestens 10 Höhenflügen als Alleinflügen kann der Ausbildungsleiter die Schulungsbestätigung erteilen. Diese Bestätigung, auch D-Schein genannt, gilt 36 Monate und berechtigt mit erteiltem Flugauftrag zu Übungsflügen ohne Fluglehreraufsicht im jeweiligen Übungsgelände. (hier an der Ronneburg: „bis 15 km/h Windgeschwindigkeit“).

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Luftfahrerschein Um einen Luftfahrerschein zu erhalten, wird ein Nachweis über einen Erste-Hilfe-Kurs benötigt. In der Regel genügt das Vorlegen eines Führerscheins. Es wird zwischen zwei Luftfahrer-scheinen unterschieden: dem A-Schein und dem B-Schein.

A-Schein Der A-Schein (oder: A-Lizenz), auch beschränkter Luftfahrerschein genannt, wird erteilt, wenn der Bewerber folgende Kriterien erfüllt:

o Theoretische Prüfung o Mindestens 40 Flüge mit gültiger Schulungsbestätigung o 30 Höhenflüge als Alleinflüge mit einer Höhendifferenz von mehr als 300 Metern, davon

bei Hangstart mindestens 10 Flüge mit einer Höhendifferenz von mehr als 500 Metern auf zwei verschiedenen Fluggeländen

Die A-Lizenz berechtigt zum freien Fliegen mit der (den) eingetragenen Startart (-en) in der Umgebung des Fluggeländes (keine Streckenflüge). In Verbindung mit der IPPI-Card, ist die A-Lizenz fast weltweit anerkannt.

B-Schein Der B-Schein, auch unbeschränkter Luftfahrerschein genannt, berechtigt zum Fliegen in allen zugelassenen Fluggebieten und zum Überlandflug.

Prüfung Die Prüfungen zum Lernausweis und zur Schulungsbestätigung laufen innerhalb der Flugschule ab; die Prüfungen zum A- und B-Schein nimmt ein unabhängiger DHV-Prüfer ab.

Startarten Für Gleitsegel stehen grundsätzlich zwei unterschiedliche Startmöglichkeiten zur Auswahl: der Hang- und der Windenschleppstart. Möchte ein Pilot, durch die Eintragung in den Luftfahrerschein, zu der zweiten Startart berechtigt werden, so muss er laut APO beim Windenschleppstart mindestens 20 Starts und 10 Startleitungen bzw. beim Hangstart mindestens 20 Starts, davon 10 mit mehr als 500 Metern Höhenunterschied unter Aufsicht und Anleitung eines Fluglehrers durchführen.

Fluggerät

Musterprüfung Die Musterprüfung schützt den Piloten vor Konstruktionsfehlern. Jedes Gleitsegel unterliegt einer solchen Musterprüfung5.

5 Laut § 1 LuftVZO bestimmte Luftsportgeräte von der Musterzulassung befreit. Fur diese hat der Hersteller die Erfüllung der Lufttüchtigkeitsforderungen nach § 10a der LuftGerPV nachzuweisen. Diese unterliegen also keiner Musterzulassung, sondern nur einer Musterprüfpflicht. Die Musterprüfpflicht beinhaltet Lufttüchtigkeitsforderungen die Gleitschirme, Hangegleiter, Rettungsgerate, Gurtzeuge und Schleppgerate einhalten müssen. Diese sind in der

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Stückprüfung Die Stückprüfung schützt den Piloten vor Herstellungsmängeln. Sie soll gewährleisten, dass der Pilot ein mustergerechtes Gerät erhält (LuftGerPV §§ 10, 10a). Geräte, deren Muster der DHV geprüft hat, erhalten nach der Stückprüfung die DHV-Gütesiegelplakette.

Nachprüfung Alterung und Verschleiß können die Flugeigenschaften und die Festigkeit eines Gleitschirms entscheidend verschlechtern. Aus diesem Grund sind regelmäßige Nachprüfungen Pflicht. Der Hersteller gibt den Zeitabstand für die turnusgemäße Nachprüfung in der Betriebsanweisung vor (i.d.R. 2-Jahres-Zyklus). Der Halter, also der Besitzer des Segels, ist für das rechtzeitige und vollständige Durchführen der nötigen Prüfungen verantwortlich.

Flugbetrieb

Grundregeln Der Flugbetrieb richtet sich weitest gehend nach den Vorschriften der Luftverkehrsordnung (LuftVO), die für alle Luftfahrzeuge gleichermaßen gilt. Ergänzende Regeln für Gleitsegel und Hängegleiter sind in der Flugbetriebsordnung für Hängegleiter und Gleitsegel (FBO) festgelegt. Jeder Teilnehmer am Luftverkehr hat sich so zu verhalten, dass Sicherheit und Ordnung im Luftverkehr gewährleistet sind und kein anderer gefährdet, geschädigt oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird (LuftVO § 1).

Verantwortung Der Luftfahrzeugführer hat laut LuftBO (§ 2) das Entscheidungsrecht über das Führen des Luftfahrzeugs. Er hat die während des Fluges, bei Start und Landung aus Gründen der Sicherheit notwendigen Maßnahmen zu treffen und muss sämtliche Verordnungen und Vorschriften einhalten.

Sicherheitsausrüstung Laut LuftBO und FBO umfasst eine Sicherheitsausrüstung u. a.:

o Rückenprotektor o Rettungsgerät (ab Flughöhe von 50 m) o Kopfschutz o Notausrüstung (inklusive Rettungsschnur)

Ausweichregeln Die Ausweichregeln werden in SERA und der Flugberiebsordnung des Deutschen Hangegleiterverbandes geregelt. Sie sind für die Flugsicherheit sehr wichtig. Wir werden sie deshalb im Untericht ausführlich behandeln.

Lufttuchtigkeitsforderung „LTF NFL II-91/09“ (LTF A, B, C, D) geregelt. Die Musterprufung findet bei einer akkreditierten Stelle (z. B. DHV) statt

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Die wichtigsten Grundregeln sind, dass du deinen Gleitschirm nicht so nah an anderen Luftfahrzeugen betrieben darfst, dass die Gefahr eines Zusammenstoßes besteht. Unmittelbar vor dem Einleiten einer Kurve musst du dich davon überzeugen, dass derLuftraum im geplanten Flugweg frei ist und keine Kollisionsgefahr besteht. Weitere oft benötigte Regeln sind in der Textbox zusammengefasst6. Bitte auswendig lernen, Prüfungsbestandteil Grund- und A-Schein Prüfung!

Bitte ausschneiden, einstecken, lernen, gegenseitig abfragen und beim Fliegen dabeihaben! Wenn du nicht ausweichen musst sollst Du deine Flugrichtung und Geschwindigkeit beibehalten.

6 Beachte, dass diese Zusammenfassung nicht vollständig ist (z. B.fehlen: Manöverierbehinderter oder im Endanflug Befindlicher haben Vorrang, Kein Start wenn Luftraum nicht frei, Wer den Hang rechts von sich hat, hat Vorrang vor dem in der Thermik Kreisenden. „Gleitsegel vor Motor“ gilt nur bzgl. „Rechts vor Links““).

AUSWEICHREGELN MERKE: 4 x rechts

1. Rechts vor links 2. Rechts ausweichen 3. Rechte Hand am Berg fliegt geradeaus

MERKE: 3x Thermik

1. Der in der Thermik Kreisende hat Vorfahrt 2. Der erste in der Thermik gibt die Drehrichtung an 3. Ein langsamer steigendes Fluggerät hat einem

schneller steigendem auszuweichen. MERKE: 3x Sonstiges

1. Nicht Unterfliegen oder Überfliegen 2. Start erst dann, wenn Luftraum frei 3. Kurve erst dann ,wenn frei ist

MERKE: 2x Allgemein

1. Gleitsegel vor Motor 2. Ballon/Luftschiff vor Gleitschirm

MERKE: 2 x Landung

1. Der tiefer fliegende hat Vorfahrt 2. Der erste in der Landevolte gibt die Richtung der

Landevolte an

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Aufsicht Auf Flugplätzen, die ausschließlich dem Betrieb von Hängegleitern und Gleitsegeln dienen, führt der DHV als Beauftragter die Aufsicht. Der DHV ernennt Beauftragte für Luftaufsicht, die vor Ort die Luftaufsicht durchführen. Startleiter und Beauftragte für Luftaufsicht können sich laut der FBO des DHV die mitzuführenden Ausweise, Prüfplaketten und sonstige Nachweise auf Verlangen vorzeigen lassen.

Fluggelände

Genehmigung Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen laut LuftVG (§ 6) nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden oder befristet werden. Für Starts und Landungen außerhalb von Flugplätzen ist eine vereinfachte Erlaubnis nach § 25 des LuftVG erforderlich. Fast alle Gleitschirm- und Hängegleitergelände fallen unter den § 25; nur wenige Gelände besitzen eine Genehmigung nach § 6.

Haftung und Versicherung

Verschuldungs- und Gefährdungshaftung Wer fahrlässig oder vorsätzlich einen Schaden verursacht, muss laut BGB (§ 823) dem Geschädigten den Schaden ersetzen. Diese so genannte Verschuldungshaftung entfällt jedoch, wenn ein Verschulden fehlt. Dies kann z. B. passieren, wenn der Pilot während des Fluges ohnmächtig wird und dadurch einen Drittschaden verursacht. In diesem Fall tritt die Gefährdungshaftung an Stelle der Verschuldungshaftung. Sie sorgt dafür, dass der Geschädigte einen zweiten Ersatzanspruch hat, wenn der Schaden nicht fahrlässig oder vorsätzlich entstanden ist.

Versicherungspflicht Laut LuftVG (§ 43) ist jeder Halter eines Luftfahrzeugs dazu verpflichtet, eine Haftpflicht-versicherung abzuschließen.