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Parasitologische Untersuchungs- methoden Dieses Skript ist als kursbegleitende Unterlage für Studierende der Veterinärmedizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen bestimmt. Zusammengestellt von D. Wolf & C. Bauer ©C. Bauer - Inst. f. Parasitologie JLU Gießen – Februar 2020 Institut für Parasitologie Justus-Liebig-Universität Gießen Schubertstraße 81 35392 Gießen

Parasitologische Untersuchungs- methoden

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Page 1: Parasitologische Untersuchungs- methoden

Parasitologische Untersuchungs-

methoden

Dieses Skript ist als kursbegleitende Unterlagefür Studierende der Veterinärmedizin

an der Justus-Liebig-Universität Gießen bestimmt.

Zusammengestellt von D. Wolf & C. Bauer

©C. Bauer - Inst. f. Parasitologie JLU Gießen – Februar 2020

Institut für Parasitologie Justus-Liebig-Universität Gießen

Schubertstraße 8135392 Gießen

Page 2: Parasitologische Untersuchungs- methoden

1. Allgemeines

1.1. Aufbau eines Durchlichtmikroskops

Informatives zu Aufbau und Funktion eines Mikroskops siehe z.B. folgende Webseite:

http://www.univie.ac.at/mikroskopie/1_grundlagen/mikroskop/einleitung.htm

1.2. Einstellen von Helligkeit und Kontrast

Die Lichtstärke (Helligkeit) wird am Lichtregulator eingestellt.

Der Kontrast des Präparats wird durch Öffnen/Schließen der Aperturblende reguliert:

• Aperturblende „offen“ (linke Hebelstellung) wenig Kontrast

für gefärbte Präparate (Blutausstrich, gefärbtes Gewebspräparat).

• Aperturblende „geschlossen“ (rechte Hebelstellung) viel Kontrast

für ungefärbte Präparate (aus Flotations- oder KOH-Verfahren etc.).

Mikroskopische Diagnostik

Page 3: Parasitologische Untersuchungs- methoden

1.3. Vergrößerung

Okular (meist 10 x) x Objektiv (2,5 x oder 4 x; 10 x; 40 x; 100 x)

Verwendung:

• 25/40fach („Lupenvergößerung“) Lungenwurm-, Strongylidenlarven, Trematodeneier.

• 100fach Routineuntersuchung (Helmintheneier, Kokzidienoozysten).

• 400fach Größe abschätzen (siehe 2.), Details; Karbolfuchsin-gefärbter Ausstrich.

• 1.000fach (stets mit Immersionsöl) Protozoen in Blutausstrich/Gewebspunktat.

1.4. Mikroskopische Untersuchung eines Präparats

Den ganzen Bereich unter dem Deckglas mit o.g. Vergrößerung mäanderförmig

durchmustern.

ObjektträgerDeckglas

Mikroskopische Diagnostik

Page 4: Parasitologische Untersuchungs- methoden

2. Mikroskopische Beurteilung von Gebilden aus Kot

Helmintheneier und Protozoenstadien in Kotproben stets nach dem Schema

„G-F-S-I“ beschreiben und diagnostizieren: Größe – Form – Schale – Inhalt

• Größe Beispiele

sehr klein (5 µm) Cryptosporidium-Oozysten

klein (10-50 µm) Giardia-Zysten; Toxoplasma-, Eimeria-Oozysten

mittelgroß (70-100 µm) Strongyliden-, Askariden-, Trichuris-Eier

groß (130-200 µm) Fasciola-, Pansenegel-, Nematodirus-Eier

Abschätzen der Größe

Bei Verwendung der 400fachen Vergrößerung

(Okular 10 x, Objektiv 40 x) beträgt

der Durchmesser des Blickfelds 400 µm.

Bei 400facher Vergrößerung die Größe abschätzen:

Wie oft passt das Gebilde längs ins Blickfeld hinein?

Beispiel: Gebilde passt ca. 5mal ins Blickfeld. 400 : 5 Größe (Länge) ca. 80 µm.

• Form

rund – eiförmig/oval – längsoval/elliptisch - zitronenförmig – polygonal.

symmetrisch – asymmetrisch.

• Schale

dick – dünn; ununterbrochen - unterbrochen (Deckel, Polpfropf, Mikropyle);

glatt – rauh; farblos/grau – farbig (.z.B. gelblich, braun, rötlich).

• Inhalt

Helmintheneier: eine Eizelle – Furchungskugeln (Morula-Stadium) – Embryo (Nematoden: Erstlarve; Zestoden: Onkosphäre; Trematoden: Mirazidium).

Protozoenstadien: Oozyste unsporuliert (mit Sporont) – Ooozyste sporuliert (2 oder 4 Sporozysten jeweils mit Sporozoiten) – Zyste, Trophozoit.

Mikroskopische Diagnostik

Page 5: Parasitologische Untersuchungs- methoden

3. Makroskopische und mikroskopische Untersuchung von „Gebilden“ aus Kot oder Haarkleid

Zweck

Identifikation von „Gebilden“, die mit dem Kot ausgeschieden (z.B. Proglottiden) oder im Haarkleid (z.B. Milben, Haarlinge) gefunden wurden.

Prinzip

Einfache makroskopische und/oder mikroskopische Untersuchung.

Durchführung

1. „Gebilde“ mit bloßem Auge und/oder unter dem Auflichtmikroskop mit Lupen-vergrößerung untersuchen.

2. Falls notwendig, „Gebilde“ in einen Wassertropfen auf Objektträger legen und Deckglas auflegen. Anschließend unter dem Durchlichtmikroskop mit 40-100facher Vergrößerung untersuchen.

Parasitologische Untersuchungsmethoden

Page 6: Parasitologische Untersuchungs- methoden

4. Flotationsverfahren

Zweck

Anreicherungsverfahren für Nematodeneier und Kokzidienoozysten.

Prinzip

Parasitenstadien mit geringem spezifischen Gewicht flotieren in Lösungen mit

höherem spezifischen Gewicht.

Durchführung

1. INFEKTIONSGEFAHR! – Schutzhandschuhe anziehen.

2. Kotprobe (ca. 1 gehäufter Esslöffel) mit etwas gesättigter Kochsalz-Lösung

(spezifisches Gewicht = 1,2) in einem Becher zu einer Suspension verrühren.

3. Suspension durch Teesieb in einen anderen Becher gießen; Siebrückstand mit

gesättigter Kochsalz-Lösung (mit Druck) auswaschen bis Becher etwa zur Hälfte

gefüllt ist.

4. Ca. 30 min stehen lassen.

5. Von der Oberfläche der Suspension mit Drahtöse 2-3 Tropfen abnehmen

(Öse nicht eintauchen!), diese auf Objektträger verbringen und Deckglas auflegen.

6. Gesamtes Deckglas mit 100facher Vergrößerung bei geschlossener

Aperturblende (siehe 1.2.) durchmustern; verdächtige Gebilde mit 400facher

Vergrößerung untersuchen und dabei Größe abschätzen (siehe 2.1.).

Parasitologische Untersuchungsmethoden

Page 7: Parasitologische Untersuchungs- methoden

5. Sedimentationsverfahren (nach Benedek)

Zweck

Anreicherungsverfahren für Trematodeneier (Fasciola-, Paramphistomum-Eier) u.a.

Prinzip

Parasitenstadien mit hohem spezifischen Gewicht sedimentieren in Wasser schneller

als Kotpartikel.

Durchführung

1. INFEKTIONSGEFAHR! – Handschuhe anziehen.

2. Kotprobe (ca. 1 gehäufter Esslöffel) mit etwas Wasser in einem Becher zu einer

Suspension verrühren.

3. Suspension durch Teesieb in einen anderen Becher gießen, Siebrückstand mit

4. Wasser auswaschen bis Becher gefüllt ist.

5. Genau 3 min (Uhr!) zur Sedimentation stehen lassen, danach Überstand abgießen.

6. Becher erneut mit Wasser auffüllen und stehen lassen.

7. Schritte 5 und 6 eventuell noch einmal wiederholen bis die Flüssigkeit wässrig-

klar ist.

8. Sediment in Petrischale überführen und mit Lupenvergrößerung durchmustern.

3 min

Parasitologische Untersuchungsmethoden

Page 8: Parasitologische Untersuchungs- methoden

6. Trichterauswanderverfahren (nach Baermann)

Zweck

Anreicherungsverfahren für Lungenwurm-/Strongylidenlarven.

Prinzip

Nematodenlarven wandern aus dem Kot ins Wasser aus und sedimentieren

aufgrund ihrer Schwimmunfähigkeit.

Durchführung

1. Kotprobe (1-2 gehäufte Esslöffel) in Gaze einhüllen und auf einem dünnmaschigen

Sieb in einen mit Wasser gefüllten „Baermann-Trichter“ hängen.

2. Mindestens 12 h (über Nacht) bei Raumtemperatur stehen lassen.

3. Danach Schlauchklemme vorsichtig öffnen und die ersten 2-3 Tropfen auf einem

Objektträger auffangen und Deckglas auflegen.

4. Gesamtes Deckglas mit Lupenvergrößerung durchmustern.

Parasitologische Untersuchungsmethoden

Page 9: Parasitologische Untersuchungs- methoden

7. Karbolfuchsin-gefärbter Kotausstrich (nach Heine)

Zweck

Direktnachweis (keine Anreicherung!) von Cryptosporidium-Oozysten.

Prinzip

Cryptosporidium-Oozysten (ca. 5 µm !) färben sich kaum oder nur langsam an und

heben sich vom rot-violetten Hintergrund als runde, weißlich-funkelnde Strukturen

(bei starker Oozystenausscheidung: „Sternenhimmel“) ab.

Durchführung

1. INFEKTIONSGEFAHR! – Schutzhandschuhe anziehen.

2. Eine sehr geringe Kotmenge (1 kleiner Tropfen = kleiner als Stecknadelkopf) auf

einen entfetteten Objektträger geben.

3. Mit Pasteurpipette gleichgroße Menge Ziehl-Neelsen-Karbolfuchsin-Farblösung

(Merck no. 1.09215.0100), hinzugeben, mit Kot verrühren

und ausstreichen.

.......

Parasitologische Untersuchungsmethoden

Page 10: Parasitologische Untersuchungs- methoden

Parasitologische Untersuchungsmethoden

.......

4. Präparat liegen lassen bis Oberfläche getrocknet ist („stumpfes Aussehen“).

5. Einen Tropfen Immersionsöl direkt auf den getrockneten (!) Kotausstrich geben.

6. Deckglas direkt auf (!) Öltropfen auflegen.

7. Gesamtes Deckglas mit 400facher Vergößerung (nicht 1.000fach) bei geöffneter

Aperturblende (siehe 1.2.) durchmustern.

Page 11: Parasitologische Untersuchungs- methoden

8. Kalilauge-Verfahren

Zweck

Anreicherungsverfahren für Räudemilben.

Prinzip

Durch Kalilauge (10 %) werden Schuppen und Hautteile aufgelöst, dagegen bleibt der

Chitinpanzer von Arthropoden erhalten.

Durchführung

1. Hautgeschabsel in feuerfestes (!) Reagenzglas (Duran®-Glas) geben.

2. VERÄTZUNGSGEFAHR! – Schutzbrille aufsetzen, Schutzhandschuhe anziehen!

3. Mit 10%iger Kalilauge vorsichtig kurz aufkochen (Siedeverzug!).

4. 30 min sedimentieren lassen.

5. Überstand dekantieren, Sediment mit Pasteurpipette auf Objektträger

überführen und Deckglas auflegen.

6. Gesamtes Decklgas mit 100facher Vergrößerung bei geschlossener

Aperturblende (siehe 1.2.) durchmustern.

Parasitologische Untersuchungsmethoden

Page 12: Parasitologische Untersuchungs- methoden

9. Literaturhinweise

Informationen über weitere in der Parasitologie gebräuchliche Untersuchungs-

methoden sowie über die Morphologie parasitärer Gebilde sind u.a. in folgenden

Büchern zu finden:

• Deplazes, Eckert, Samson-Himmelstjerna & Deplazes (2013): Lehrbuch der Parasitologie für die Veterinärmedizin. Enke Stuttgart, 3. Auflage, S. 508-541

• Bauer (2006): Untersuchungsmethoden. In: Schnieder (Hrsg.): Veterinär-medizinische Parasitologie. Parey Stuttgart, 6. Auflage, S. 84-104

• Schmäschke (2014): Die koproskopische Diagnostik von Endoparasiten in der Veterinärmedizin. Schlütersche Hannover, S. 10-50

Von der ESCCAP-Homepage (www.esccap.org/109/Empfehlungen/Deutsch.htm)

kann u.a. folgendes Informationsblatt kostenlos abgerufen werden:

• ESCCAP-Diagnostik-Leitfaden „Helminthen“ Hund und Katze.

Literaturhinweise