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Partizipation organisieren – Potenziale heben Erfolgreiches Energiemanagement gelingt nur mit dem Bewusst- sein und Wissen aller. Ein effektives und effizientes Energiema- nagementsystem bedarf des Bewusst- seins aller Mitarbeiter fçr das Thema. Je- der Mitarbeiter ist Experte an seinem Ar- beitsplatz und in seiner Rolle und hat daher individuelle Erfahrungen und Ideen, das Energiemanagement zu verbessern. Der einzelne Mitarbeiter stellt sein Wissen jedoch nur zur Verfçgung, wenn er sich als Experte wahrgenommen und ernst ge- nommen fçhlt. Es bedarf daher eines Pro- zesses, der das Potenzial des kollektiven Wissens erschließt und fçr operative Maßnahmen zugånglich macht. Der von uns vorgeschlagene DELIVEr-Pro- zess begegnet mittels eines IT-gestçtzten Dialogwerkzeugs der Herausforderung, je- den Mitarbeiter in Echtzeit partizipieren zu lassen, und ermæglicht es dadurch, die Wissenspotenziale der Organisation zu heben. Autoren: Stefani Dokupil-Haubold Stephan Haubold E-Mail: [email protected] [email protected] 1 Einleitung Viele Menschen im Unternehmen kænnen etwas zu einem effizienten Energiemanagement (EnM) beitragen. Jeder ist an seinem Arbeitsplatz Experte und hat damit ein ganz eigenes, individuelles Wissen und Ideen zum Thema. Dieses Potenzial an kollektiver Intelligenz und gemeinsamem Wissen gilt es zu heben. Wer ein effizientes und nachhaltiges Energiemanagement in seinem Unternehmen einfçhren will, benennt zunåchst einen Managementbeauftragten und bildet ein Energiemanage- mentteam. Hier entstehen nach entsprechender Analyse zen- trale Energiemanagementkonzepte und Maßnahmen, fçr de- Partizipation organisieren – Potenziale heben 06105 Seite 1 12. Aktualisierung E Praxis Energiemanagement

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Partizipation organisieren – Potenziale hebenErfolgreiches Energiemanagement gelingt nur mit dem Bewusst-sein und Wissen aller.

Ein effektives und effizientes Energiema-nagementsystem bedarf des Bewusst-seins aller Mitarbeiter f!r das Thema. Je-der Mitarbeiter ist Experte an seinem Ar-beitsplatz und in seiner Rolle und hat daherindividuelle Erfahrungen und Ideen, dasEnergiemanagement zu verbessern.

Der einzelne Mitarbeiter stellt sein Wissenjedoch nur zur Verf!gung, wenn er sich alsExperte wahrgenommen und ernst ge-nommen f!hlt. Es bedarf daher eines Pro-zesses, der das Potenzial des kollektivenWissens erschließt und f!r operativeMaßnahmen zug"nglich macht.

Der von uns vorgeschlagene DELIVEr-Pro-zess begegnet mittels eines IT-gest!tztenDialogwerkzeugs der Herausforderung, je-den Mitarbeiter in Echtzeit partizipieren zulassen, und erm#glicht es dadurch, dieWissenspotenziale der Organisation zuheben.

Autoren: Stefani Dokupil-HauboldStephan Haubold

E-Mail: [email protected]@sdh-consult.de

1 Einleitung

Viele Menschen im Unternehmen k!nnen etwas zu einemeffizienten Energiemanagement (EnM) beitragen. Jeder ist anseinem Arbeitsplatz Experte und hat damit ein ganz eigenes,individuelles Wissen und Ideen zum Thema. Dieses Potenzialan kollektiver Intelligenz und gemeinsamem Wissen gilt es zuheben.

Wer ein effizientes und nachhaltiges Energiemanagement inseinem Unternehmen einf"hren will, benennt zun#chst einenManagementbeauftragten und bildet ein Energiemanage-mentteam. Hier entstehen nach entsprechender Analyse zen-trale Energiemanagementkonzepte und Maßnahmen, f"r de-

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ren nachhaltige und detaillierte Umsetzung vor Ort das EnM-Team Sorge tr#gt [1].

F"r die Nutzung des kollektiven Wissens und der damit ver-bundenen Ideen bedarf es jedoch der Mitwirkung aller Mit-arbeiter, damit diese ihr Wissen und ihre Ideen proaktiv zurVerf"gung stellen.

Abb. 1: Das fr"her h#ufig pyramidal verteilte Wissen, bei dem wenigeviel wussten, hat sich in den meisten Organisationeninzwischen auf viele K!pfe verteilt. Das kollektive Wissen istdem pyramidalen Wissen "berlegen, muss jedoch andersorganisiert werden, um wirksam werden zu k!nnen.

Damit dieses Potenzial gehoben werden kann, m"ssen dreiBedingungen erf"llt sein:

1. Die einzelnen Mitarbeiter und Know-how-Tr#ger sind sichihres Wissens bewusst.

2. Die einzelnen Mitarbeiter wollen ihr Wissen zur Verf"-gung stellen.

3. Die Organisation hat eine Unternehmensstruktur, die dieSchaffung eines entsprechenden Bewusstseins unterst"tzt,eine Kultur der Wissensteilung f!rdert und das kollektiveWissen einfach und regelm#ßig abfragt.

KollektivesWissen organi-sieren

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Wir schlagen daher im Folgenden einen Gestaltungsprozessf"r ein gelebtes Energiemanagement vor, der die Mitarbeiterzur Partizipation animiert und das Potenzial des kollektivenWissens f"r ein optimales Energiemanagement zug#nglichmacht. Dieser von uns DELIVEr (Development of LivingExcellence, s. Abb. 3) [2] genannte Prozess schafft eineQualit#tskultur, die ausgerichtet auf das Energiemanagementden Dialog, die Information und die Partizipation aller Mit-arbeiter zu diesem Thema im Unternehmen sicherstellt.

DELIVEr erf"llt damit wesentliche Forderungen der ISO50001. [3]

2 Qualit!tskultur: das Streben, die Dinge gut zutun

Qualit#tskultur ist intrinsisch, und jede Organisation hat sie,auch wenn sie sich in ihrer Auspr#gung von Organisation zuOrganisation stark unterscheiden kann. Sie ist weniger einZustand als eine Haltung oder ein dynamischer Prozess, derdanach strebt, die Dinge gut zu tun, und der dem Chaos ent-gegenwirkt. Dabei ist Qualit#tskultur nie Selbstzweck, son-dern dient immer den Zielen der Organisation, in diesem Falldem Energiemanagementsystem (EnMS). Sie ist somit dasHerz einer flexiblen, kreativen und adaptiven Organisation.

Qualit#tskultur kann nach unserer Definition nicht hergestelltwerden, sondern muss st#ndig gestaltet und trainiert werden.Sich selbst "berlassen, verselbstst#ndigt sie sich und zerf#lltin viele kleine Gruppen, die sehr unterschiedlich danachstreben, die Dinge gut zu tun. Dabei k!nnen „die Dinge“ unddas Verst#ndnis von „gut“ zwischen den Interessengruppenweit auseinandergehen. Eine solche Entwicklung ist kritisch,

Allgemeineszur Qualit!ts-kultur

Warum Quali-t!tskulturgestalten?

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und kann zu Stillstand und dem Verlust von Flexibilit#t,Kreativit#t und Anpassungsf#higkeit f"hren.

Qualit#tskultur bzw. jegliche Unternehmenskultur beschrei-ben wir als bestehend aus drei Dimensionen, die durch dreiAktionsr#ume verbunden sind (s. Abb. 2).

Abb. 2: Darstellung des Qualit#tskulturmodells nach Haubold undDokupil-Haubold [4] [5]

Die Dimensionen sind

1. Artefakte

2. Werte

3. Annahmen

Qualit!tskul-tur: eine Defi-nition

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Die Aktionsr#ume sind

1. Dialog

2. Information

3. Partizipation

2.1 Dimensionen

Als Artefakte bezeichnen wir materielle und organisatorischeAuspr#gungen einer Organisation. Das k!nnen Geb#ude,Energiesysteme, Abfall- und Abwassersysteme, das Energie-team, das QMS bzw. EnMS, aber auch Kleiderordnung undandere sein.

Als Werte bezeichnen wir !ffentlich deklarierte Aussagen, dieden Handlungsrahmen der Menschen in einer Organisationfestlegen sollen. Aussagen wie „Wir stellen unsere Produkteunter Ber"cksichtigung der Interessen nachfolgender Gene-rationen her“ oder „Wir achten auf den nachhaltigen Einsatzvon Ressourcen zum Wohle von Mensch und Umwelt“ oder„Wir m!chten die Energieeffizienz unseres UnternehmensSchritt f"r Schritt verbessern“ sind Aussagen, die !ffentlichf"r Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und gesellschaftlicheRepr#sentanten zug#nglich sind und als Grundlage f"r dasallt#gliche Handeln und strategische Entscheidungen dienensollen.

Als Annahmen bezeichnen wir Bewertungen und Aussagen,die im Verborgenen liegen und bewusst oder unbewusst dasHandeln im Alltag pr#gen. Die Wertaussage „Wir stellen un-sere Produkte unter Ber"cksichtigung der Interessen nach-folgender Generationen her“ kann dabei zu „Dieser Wert wirdnicht gelebt, denn wir setzen immer noch nicht die energie-

Artefakte

Werte

Annahmen

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effizientesten Maschinen ein“ werden oder die Aussage „Wirachten auf den nachhaltigen Einsatz von Ressourcen zumWohle von Mensch und Umwelt“ zu „Das ist doch im Alltaggar nicht zu realisieren. Wenn wir dieses Produkt herstellen,ist das eben eine dreckige und energieintensive Angelegen-heit“ und die Aussage „Wir m!chten die Energieeffizienzunseres Unternehmens Schritt f"r Schritt verbessern“ zu „Dasist ja nur formal so. In Wirklichkeit haben wir einfach wenigerproduziert“.

Sind die Dimensionen Artefakte, Werte und Annahmen zumThema Energiemanagement nicht in Deckung, empfinden dieMitarbeiter das EnMS als unecht. Das f"hrt zu Frustration undAusweichreaktionen und im Ergebnis wird Wissen, wie dasSystem und die Energieeffizienz verbessert werden kann,zur"ckgehalten.

2.2 Aktionsr!ume

Dialog meint nicht nur das Gespr#ch zwischen zwei Indivi-duen, sondern auch den Austausch von Argumenten in einerebenb"rtigen Gruppe und "ber hierarchische Grenzen hin-weg. Dialog ist entgegen der landl#ufigen Meinung keineSelbstverst#ndlichkeit. Im Dialog wird nicht einfach eineAnweisung gegeben, sondern zugeh!rt, ausgetauscht und aufeine gemeinsame Entscheidung hingearbeitet.

Mit Information meinen wir die zielgerichtete Weitergabe vonFakten und Entscheidungen durch eine Gruppe an eine ande-re, der diese Information nicht automatisch zug#nglich ist.Informationen sind besonders wertvoll, wenn sie zeitnah, of-fen und im korrekten Kontext weitergegeben werden.

Partizipation meint hier die Beteiligung der Mitglieder aneinem Energiemanagement und damit an den Entscheidun-

Konsistenz derdrei Kultur-dimensionen

Dialog

Information

Partizipation

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gen, die sie direkt oder indirekt diesbez"glich betreffen. Es istnicht leicht zu definieren, bei welcher Entscheidung ein Mit-arbeiter eine Beteiligung erwartet und bei welcher nicht.F"hlen sich Mitarbeiter jedoch "bergangen, werden die Ent-scheidungen als Bevormundung und Beschneidung der eige-nen Freiheit empfunden. Das Ergebnis ist Widerstand und dieVerweigerung, das Wissen um Verbesserungen zu teilen.

3 Qualit!tskultur gestalten: eine Anleitung

Als Qualit#tskultur beschreiben wir das Streben danach, dieDinge gut zu machen. Was aber heißt es, die Dinge gut zumachen? Was ist notwendig, um dieses Streben in allen Or-ganisationseinheiten bez"glich des Energiemanagementsys-tems in gerichtete und gemeinsame Bahnen zu lenken? Dasdaf"r notwendige Vorgehen nennen wir

DELIVEr: Development of Living Excellence. DELIVEr istdabei ein von der SDH-Consult in Bonn angebotener Prozess,der mittels eines IT-gest"tzten Dialogwerkzeugs alle Mit-glieder einer Organisation in die Lage versetzt, an sogenann-ten DIP-Zyklen (Dialog, Information, Partizipation) zumThema Energiemanagement teilzunehmen und erste Verbes-serungsmaßnahmen direkt und eigenverantwortlich umzu-setzen.

In einem ersten Schritt muss sich die F"hrung der Organisa-tion dar"ber klar werden, was es bedeutet, Energiemanage-ment „gut zu machen“. [6] [7]

Die folgenden Themen k!nnen dabei relevant sein:

DELIVEr

Gut ist, waszum Ziel f"hrt?

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• Regularien des Gesetzgebers,• Entwicklungen in Energietechnik und verwandten Gebie-

ten,• Entwicklungen in der lokalen und "berregionalen Politik,• gesellschaftliche Entwicklungen,• Ziele der Eigent"mer,• Ziele des Unternehmens,• Mitarbeiter,• Umwelt,• nachhaltiger Ressourceneinsatz,• etc.

Da sich diese komplexe Umwelt permanent in Bewegungbefindet, muss in regelm#ßigen Abst#nden diskutiert undentschieden werden, was ein gutes Energiemanagement ist.

Abb. 3: Der DELIVEr-Zyklus mit den dazugeh!rigen DIP-Zyklen. DIPsteht f"r Dialog, Information und Partizipation.

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Hier ist die oberste F"hrung verpflichtet, untereinander undmit Repr#sentanten aller Organisationseinheiten in einenDialog zu treten, der unter Ber"cksichtigung der zum jewei-ligen Zeitpunkt relevanten Einfl"sse zu einer Entscheidungdar"ber f"hrt, was ein gutes Energiemanagement f"r die Or-ganisation ist.

3.1 Definieren der „Leitplanken“

In der t#glichen Praxis des operativen Gesch#fts ist seltenZeit, eine philosophische $berlegung anzustellen, ob eineanstehende Entscheidung mit den Werten des Unternehmens"bereinstimmt. Dieser Abgleich muss den Mitgliedern einerOrganisation im Laufe der Zeit ins Blut "bergehen. Sie d"rfenin kritischen Situationen nicht dar"ber nachdenken m"ssen,was im Rahmen des EnMS eine gute Entscheidung ist. Dahersetzt jede Organisation Leitplanken. Die Leitplanken beste-hen dabei aus zwei Teilen: allgemein g"ltigen Energiefakto-ren und den individuellen Energiezielen der Organisation so-wie den daraus gegebenenfalls resultierenden Subzielen aufTeamebene.

Die allgemeinen Energiefaktoren sind m!glichst allgemeingehaltene Aussagen, die zu Beginn des Prozesses vom Ma-nagement entwickelt werden. Sie ber"cksichtigen alle Ein-flussfaktoren, die einem effizienten und effektiven Energie-management entgegenstehen k!nnen. Die unten beispielhaftaufgef"hrten Faktoren sind in Anlehnung an die ganzheitlicheBetrachtungsweise der EFQM (European Foundation forQuality Management) entwickelt worden und dienen derOrientierung. Im Rahmen von DELIVEr werden alle Mitar-beiter gebeten, auszuw#hlen, welche der unten genanntenFaktoren in Bezug auf das von der obersten Leitung ausge-gebenen Energieziel wichtig und optimierungsbed"rftig sind.

Energie-faktoren

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Tabelle 1: Liste der standardm#ßig angebotenen allgemeinen Energiefaktoren

1. F"hrung

1 Meine F"hrungskraft hat f"r mich Vorbildcharakter.

2 Meine F"hrungskraft sorgt daf"r, dass wir unsere Energieziele erreichen.

3 Meine F"hrungskraft verantwortet unsere Energieziele pers!nlich gegen"ber exter-nen Interessengruppen.

4 Meine F"hrungskraft best#rkt uns darin, ein Bewusstsein f"r unseren Energiever-brauch und unsere Energieziele aufzubauen.

5 Meine F"hrungskraft setzt erforderliche Ver#nderungen in Bezug auf den Einsatzvon Energie und Ressourcen effektiv um.

2. Strategie

6 Wir kennen den Einfluss unseres Handelns auf unsere Energieziele.

7 Wir kennen die Energieziele unseres Unternehmens.

8 Wir kennen die Ergebnisse unserer Arbeit in Bezug auf Energie- und Ressourcen-verbrauch.

9 Unsere Regeln passen zu unseren Aufgaben und Energiezielen.

10 Wir halten uns an unsere Regeln.

3. Mitarbeiter & Mitarbeiterinnen

11 Unser Wissen und unsere F#higkeiten passen zu unseren Energiezielen.

12 Unser Wissen und unsere F#higkeiten in Bezug auf das EnMS werden entwickelt.

13 Unsere Ideen zur Verbesserung des EnMS werden ber"cksichtigt.

14 Wir werden zu selbstst#ndigem Handeln ermutigt.

15 Unsere Kommunikation passt zu unseren Energiezielen.

16 Unsere Leistungen werden anerkannt und belohnt.

4. Partnerschaften und Ressourcen

17 Unsere Partner und Lieferanten passen zu unseren Aufgaben und Energiezielen.

18 Die finanziellen Ressourcen werden sorgf#ltig f"r unsere Aufgaben und Energie-ziele eingesetzt.

19 Unser Umgang mit unseren materiellen Ressourcen passt zu unseren Aufgaben undEnergiezielen.

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20 Die von uns eingesetzten technischen Hilfsmittel passen zu unseren Aufgaben undEnergiezielen.

21 Unser Umgang mit Informationen und Wissen passt zu unseren Aufgaben undEnergiezielen.

5. Prozesse, Dienstleistungen und Produkte

22 Unsere Prozesse passen zu unseren Aufgaben und Energiezielen.

23 Unsere Prozesse werden hinsichtlich ihrer Wirkung auf das EnM stetig optimiert.

24 Unser Leistungsangebot passt zu unseren Aufgaben und Energiezielen.

25 Unser Leistungsangebot wird bez"glich unseres EnMS stetig optimiert.

26 Gemessen an unseren Energiezielen vermarkten wir unsere Leistungen effektiv.

27 Wir achten auf das EnM unserer Lieferanten.

3.2 Ziele vorgeben

Qualit#tskultur dient immer den Zielen und in diesem Fall denEnergiezielen der Organisation. Sie ist niemals Selbstzweck.Sie tr#gt positiv zum Erfolg des EnMS bei, wenn alle Mitar-beiter sich denselben Energiefaktoren und Werten verpflichtetf"hlen und die Organisationsmitglieder bei der Entschei-dungsfindung im Alltag unterst"tzen. Damit kommt es bei derUmsetzung der gleichen Energieziele, je nach Team, zu ge-wollten Varianzen in den vorgeschlagenen Verbesserungen.

3.3 Raum und Zeit zur Verf"gung stellen

Wenn Ziele und Energiefaktoren der Organisation bestimmtsind, werden Zeit und Raum f"r alle Organisationsmitgliederben!tigt. Wer m!chte, dass die Mitglieder einer Organisationmit Herz und Verstand ihr Wissen zur Verf"gung stellen, dermuss ihnen Gelegenheit und physischen Raum zur Reflexiongeben. Die Form der Umsetzung ist dabei ausschließlich Sa-che der jeweiligen Organisation [8].

Qualit!tskul-tur ist keinSelbstzweck

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3.4 Die DIP-Zyklen

Sind die Ziele der Organisation und der Teams sowie dieEnergiefaktoren definiert und sind Zeit und Raum zur Ver-f"gung gestellt, dann ist der DIP-Zyklus (DIP: Dialog, Infor-mation, Partizipation) auf Managementebene abgeschlossenund die Vorbereitungen sind beendet. Nun folgen die DIP-Zyklen auf Teamebene (s. Abb. 4 und Abb. 5).

Abb. 4: DIP-Zyklus auf Managementebene. Das Ergebnis, die Ener-giefaktoren und die Ziele f"r die Organisation bis zurTeamebene bilden die Basis f"r die DIP-Zyklen aufTeamebene.

3.4.1 Schritt 1: Was ist wichtig?

Mit dem Ziel des Teams vor Augen werden die Teammit-glieder nun anonym befragt, welche der Energiefaktoren f"rdie Erreichung des Teamziels wichtig sind. Dabei d"rfen proThemenblock maximal drei Faktoren ausgew#hlt werden.Mindestens jedoch einer.

Abschluss derVorbereitun-gen

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Im Anschluss daran werden die Teammitglieder wieder an-onym gefragt, welche der wichtigen Faktoren sie im Hinblickauf das Ziel als optimierungsbed"rftig ansehen.

Die Auswertung liefert die drei Faktoren, die das Team f"r dieZielerreichung als wichtig und optimierungsbed"rftig an-sieht. Die Reduktion auf drei Faktoren ist deshalb so wichtig,weil sich die Teams nicht "berfordern sollen. Nat"rlich sindandere Faktoren ebenfalls wichtig und sind vielleicht opti-mierungsbed"rftig. Entscheidend ist jedoch, dass die Teamssich in der Lage sehen, das jeweilige Ziel erreichen und Vor-schl#ge diesbez"glich auch wirklich umsetzen zu k!nnen.

3.4.2 Was sollten wir besser machen?

Anschließend werden die Teammitglieder anonym gefragt,was sie tun w"rden, um die gew#hlten drei Energiefaktorenbesser zu machen. Jedes Teammitglied soll an dieser Stellezielgerichtete Verbesserungsvorschl#ge formulieren.

Abb. 5: DIP-Zyklus auf Teamebene. Dieser Zyklus sollte fr"hestensnach zwei Monaten neu gestartet werden.

Schritt 1.1:Was ist drin-gend?

Ergebnis:3 aus 27

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Anonymit#t f!rdert die Chancengleichheit der Teammitglie-der, etwas zum Thema beizusteuern. Vor allem homogeneGruppen neigen zum sogenannten „Groupthink“-Ph#nomen.Die Gruppe "bersch#tzt dabei ihr Wissen und ihre F#higkeitenund blendet unangenehme Wahrheiten aus. AndersdenkendeGruppenmitglieder werden mundtot gemacht oder ausge-grenzt. „Laute“ und meinungsbildende Pers!nlichkeiten set-zen sich daher in Teams in der Regel durch. Auch wenn siesich in der Minderheit befinden und ihre Argumente nicht densachlichen Gegebenheiten entsprechen sollten [9].

„Leise“ Pers!nlichkeiten bekommen schnell das Gef"hl, nichtgeh!rt zu werden und nicht teilnehmen zu k!nnen an einemGestaltungsprozess, der sie jedoch im Alltag betreffen wird.In der Folge entwickeln sich Frustration und innere Distan-zierung gegen"ber der Gruppe und gegebenenfalls der Orga-nisation. Den dadurch verursachten Verlust von Know-howund Innovationsf#higkeit sowie fachlicher Expertise durch dieVerweigerung, das eigene Wissen zu teilen, gilt es zu ver-meiden [10].

3.4.3 Schritt 3: Lasst uns dar"ber sprechen!

Anschließend trifft sich das Team von Angesicht zu Ange-sicht, um die vorgeschlagenen Verbesserungen zu besprechen.Am Ende werden die Vorschl#ge ausgew#hlt, die innerhalbder n#chsten zwei bis drei Monate umgesetzt werden sollen.Die Entscheidungen hierzu trifft allein das Team. DemTeamleiter kommt dabei die Aufgabe zu, das Treffen zu or-ganisieren und daf"r zu sorgen, dass es zu einem Dialog in-nerhalb der Gruppe kommt [11].

Hinweis zurAnonymit!t

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3.4.4 Schritt 4: Lasst es uns umsetzen!

Hinweise f"r den Teamleiter

Teamleiter sollten die folgenden Dinge beachten:• Sie sind der Moderator.• Machen Sie sich mit den Grundlagen zwischenmenschlicher

Kommunikation vertraut.• Alle Vorschl#ge werden besprochen.• Niemand muss sich zu einem Vorschlag bekennen. Die Anony-

mit#t bleibt gewahrt.• Jeder Vorschlag kann zur Umsetzung kommen. Beachten Sie die

„leisen“ und „lauten“ Pers!nlichkeiten in Ihrem Team.

Nun ist alles bereit, die Vorschl#ge in die Tat umzusetzen.Dazu bedient sich jede Organisation ihres Projektmanage-ments und der vorhandenen Managementstrukturen.

3.5 Ergebnisse monitoren und managen

3.5.1 Schritt 5: Der Livingfaktor

Nach ca. drei Monaten, in denen an der Umsetzung der be-schlossenen Maßnahmen gearbeitet wird, wird erstmals an-hand einer numerischen Skala anonym erhoben, wie zufrie-den die Teammitglieder mit den erreichten Ver#nderungenbez"glich der von ihnen gew#hlten drei Energiefaktoren sind.Der Mittelwert aus den Bewertungen ergibt den sogenanntenLivingfaktor. Der Livingfaktor ist eine Kennzahl, die Auf-schluss dar"ber gibt, wie zufrieden die Mitarbeiter mit derUmsetzung bzw. dem Grad der Ver#nderung sind.

Mittels Livingfaktor kann der Teamleiter bewerten, wie po-sitiv der eingeschlagene Weg wahrgenommen wird.

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Hinweise f"r den Teamleiter

Ist der Livingfaktor negativ, heißt das noch nicht, dass die eingeleite-ten Maßnahmen in G#nze als falsch wahrgenommen werden. DieGr"nde k!nnen mannigfaltig sein, z. B. eine Verz!gerung in der Um-setzung oder eine von außen kommende Blockade, auf die das Teamkeinen Einfluss hat. Hier lohnt es sich, gelassen zu bleiben, das Ge-spr#ch mit dem Team in der n#chsten Teamsitzung zu suchen und ineinem n#chsten Zyklus einen weiteren Livingfaktor abzuwarten.Bleibt er allerdings auch dann negativ, gibt es eventuell grunds#tzlicheSchwierigkeiten, mit den eingeleiteten Maßnahmen oder auch inner-halb des Teams selbst.

Hinweise f"r die F"hrung

Im Rahmen des Kulturgestaltungsprozesses werden die folgendenKennzahlen generiert und machen diesen zug#nglich f"r Steuerungund Bewertung:• Anzahl der erreichten Ziele• Aktueller Livingfaktor• Durchdringung des Prozesses in der Organisation (Teilnehmer-

quote)• Die derzeit wichtigsten Energiefaktoren und deren Optimie-

rungsbedarf• Zahl der gemachten Vorschl#ge• Zahl der vom jeweiligen Teamleiter eingeleiteten DIP-Zyklen

Hinweise zum Livingfaktor

Die in den unterschiedlichen Teams erfassten Livingfaktorenk!nnen bereichsweise zusammengefasst und der jeweiligenF"hrungsebene zur Verf"gung gestellt werden. Der Fortschrittinnerhalb der Gestaltung eines Bewusstseins f"r das EnMS

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kann so mittels einer zentralen und f"r alle Unternehmens-bereiche einheitlichen Kennzahl bewertet werden.

Mit der Erhebung des Livingfaktors ist der erste DIP-Zyklusauf Teamebene abgeschlossen und der n#chste kann beginnen.Die Teams bzw. Teamleiter sollten in die Lage versetzt wer-den, selbst zu entscheiden, ob und wann sie in einen neuenZyklus eintreten wollen. Die F"hrung sieht anhand der Ge-schwindigkeit und Qualit#t, mit der ein Ziel erreicht wird, wieeffektiv und effizient ein Team arbeitet. Mittels Kontrolle desLivingfaktors kann die F"hrung fr"hzeitig eingreifen undVer#nderungen anmahnen oder auch direkt umsetzen. Teamsmit einem positiven Livingfaktor bed"rfen keiner Einmi-schung durch die F"hrung. Somit wird mit DELIVEr denF"hrungskr#ften ein weiteres Steuerungsinstrument an dieHand gegeben.

[1] Vgl. DIN EN ISO 50001; 4.2.1b[2] S. Dokupil-Haubold, S. Haubold, Qualit#tskultur gestal-

ten – Ein Leitfaden, Qualit#tsmanagement im Gesund-heitswesen, 39. Aktualisierung

[3] Vgl. DIN EN ISO 50001; 4.5.2 und 4.5.3[4] Vgl. E. H. Schein, Organisationskultur – The Ed Schein

Corporate Cultural Survival Guide, EHP – Organisation,2010, 3. Auflage, S. 31 ff. ISBN 978-3-8249-0714-4

[5] Vgl. Ulf-Daniel Ehlers, Understanding Quality Culture,International Journal for Quality Assurance in Educa-tion, Emerald, 2009, S. 13

[6] Vgl. D. Frey, L. Schmalzried, Philosophie der F"hrung –Gute F"hrung lernen von Kant, Aristoteles, Popper &Co., Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2013, S. 77 ff.

[7] Vgl. Sonja. A. Sackmann, Erfolgsfaktor Unternehmens-kultur – Mit kulturbewusstem Management Unterneh-mensziele erreichen und Identifikation schaffen – 6 Best

Quellen

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Practice-Beispiele, Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr.Th. Gabler, Wiesbaden 2004, S. 223

[8] Vgl. Katherine C. Kellog, Challenging Operations –Medical Reform and Resistance in Surgery, The Uni-versity of Chicago Press, Chicago 2011, S. 118 ff.

[9] Vgl. D. Frey, L. Schmalzried, Philosophie der F"hrung –Gute F"hrung lernen von Kant, Aristoteles, Popper &Co., Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2013, S. 23

[10] Vgl. Katherine C. Kellog, Challenging Operations –Medical Reform and Resistance in Surgery, The Uni-versity of Chicago Press, Chicago 2011, S. 183 ff.

[11] E. H. Schein, Prozessberatung f"r die Organisation derZukunft – Der Aufbau einer helfenden Beziehung, EHPOrganisation, Bergisch Gladbach 2003, 3. Auflage,S. 115–156

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