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E. Märker-Hermann E. Frauendorf H. Zeidler J. Sieper Pathogenese der ankylosierenden Spondylitis – Mechanismen der Krankheitsentstehung und Chronifizierung Z Rheumatol 63:187–192 (2004) DOI 10.1007/s00393-004-0628-x ZfRh 628 BEITRAG ZUM SCHWERPUNKTTHEMA Eingegangen: 6. April 2004 Akzeptiert: 11. Mai 2004 Prof. Dr. med. Elisabeth Märker-Hermann ( ) ) Klinik Innere Medizin IV Dr. Horst-Schmidt-Kliniken GmbH Klinikum der Landeshauptstadt Wiesbaden Aukammallee 39 65191 Wiesbaden, Germany Tel.: 06 11/43 64 45 Fax: 06 11/43 64 64 E-Mail: Elisabeth.maerker-hermann@hsk- wiesbaden.de Dr. rer. nat. Elke Frauendorf I. Medizinische Klinik und Poliklinik der Johannes-Gutenberg-Universität 55101 Mainz, Germany Prof. Dr. med. Henning Zeidler Abteilung Rheumatologie Zentrum Innere Medizin Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover, Germany Prof. Dr. med. Joachim Sieper Medizinische Klinik I Rheumatologie, Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30 12200 Berlin, Germany Pathogenesis of ankylosing spondylitis – mechanisms of disease manifestation and chronicity n Zusammenfassung Trotz inten- siver Forschungsanstrengungen der letzten 3 Jahrzehnte ist es derzeit noch immer ungeklärt, welche genauen Mechanismen der Interaktionen zwischen Wirtsfak- toren (HLA-B27, andere Gene, Zytokinmilieu, T-Zellen) und mi- krobiellen Faktoren zur Entwick- lung und Chronifizierung einer ankylosierende Spondylitis (AS) führen. Neben der Entschlüsse- lung immunologischer Prozesse ist es vor allem die Aufklärung von Knocheneubildung und An- kylose, welche Rheumatologen und Histopathologen beschäftigt. Von großen genomweiten Analy- sen und Kandiatengen-Studien wird erwartet, dass neue, mit AS vergesellschaftete Gene und vor allem auch prognostisch interes- sante Allele (Aussagen über Chro- nifizierung, Spontanverlauf, ex- traskelettale Manifestationen, Schweregrad des AS) gefunden werden. n Summary Despite intensive re- search during the last three de- cades, it is still not clear which precise mechanisms determine the interactions between host factors (HLA-B27 and other genes, cyto- kines, T lymphocytes) and micro- bial factors leading to the mani- festation and chronicity of anky- losing spondylitis (AS). Rheuma- tologists and histopathologists have focused their interest on de- coding the immune-mediated in- flammatory processes and on studying new bone formation and ankylosis. Concerning the genetic basis of AS, there is considerable effort in large genome-wide and candidate gene analyses to dis- cover new genes that are asso- ciated with AS. Moreover, such genetic studies could identify genomic regions that determine clinical manifestations and the course of disease. n Schlüsselwörter Ankylosierende Spondylitis – Pathogenese – Genetik – Immunologie n Key words Ankylosing spondylitis – pathogenesis – genetics – immunology

Pathogenese der ankylosierenden Spondylitis—Mechanismen der Krankheitsentstehung und Chronifizierung

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E. Märker-HermannE. FrauendorfH. ZeidlerJ. Sieper

Pathogenese der ankylosierenden Spondylitis– Mechanismen der Krankheitsentstehungund Chronifizierung

Z Rheumatol 63:187–192 (2004)DOI 10.1007/s00393-004-0628-x

ZfR

h628

BEITRAG ZUM SCHWERPUNKT THEMA

Eingegangen: 6. April 2004Akzeptiert: 11. Mai 2004

Prof. Dr. med. ElisabethMärker-Hermann ())Klinik Innere Medizin IVDr. Horst-Schmidt-Kliniken GmbHKlinikum der LandeshauptstadtWiesbadenAukammallee 3965191 Wiesbaden, GermanyTel.: 06 11/43 64 45Fax: 06 11/43 64 64E-Mail: [email protected]

Dr. rer. nat. Elke FrauendorfI. Medizinische Klinik und Poliklinikder Johannes-Gutenberg-Universität55101 Mainz, Germany

Prof. Dr. med. Henning ZeidlerAbteilung RheumatologieZentrum Innere MedizinMedizinische Hochschule HannoverCarl-Neuberg-Str. 130625 Hannover, Germany

Prof. Dr. med. Joachim SieperMedizinische Klinik IRheumatologie, CharitéUniversitätsmedizin BerlinCampus Benjamin FranklinHindenburgdamm 3012200 Berlin, Germany

Pathogenesis of ankylosingspondylitis – mechanismsof disease manifestationand chronicity

n Zusammenfassung Trotz inten-siver Forschungsanstrengungender letzten 3 Jahrzehnte ist esderzeit noch immer ungeklärt,welche genauen Mechanismen derInteraktionen zwischen Wirtsfak-toren (HLA-B27, andere Gene,Zytokinmilieu, T-Zellen) und mi-krobiellen Faktoren zur Entwick-lung und Chronifizierung einerankylosierende Spondylitis (AS)führen. Neben der Entschlüsse-lung immunologischer Prozesseist es vor allem die Aufklärungvon Knocheneubildung und An-kylose, welche Rheumatologenund Histopathologen beschäftigt.Von großen genomweiten Analy-sen und Kandiatengen-Studienwird erwartet, dass neue, mit ASvergesellschaftete Gene und vorallem auch prognostisch interes-sante Allele (Aussagen über Chro-nifizierung, Spontanverlauf, ex-traskelettale Manifestationen,Schweregrad des AS) gefundenwerden.

n Summary Despite intensive re-search during the last three de-cades, it is still not clear whichprecise mechanisms determine theinteractions between host factors(HLA-B27 and other genes, cyto-kines, T lymphocytes) and micro-bial factors leading to the mani-festation and chronicity of anky-losing spondylitis (AS). Rheuma-tologists and histopathologistshave focused their interest on de-coding the immune-mediated in-flammatory processes and onstudying new bone formation andankylosis. Concerning the geneticbasis of AS, there is considerableeffort in large genome-wide andcandidate gene analyses to dis-cover new genes that are asso-ciated with AS. Moreover, suchgenetic studies could identifygenomic regions that determineclinical manifestations and thecourse of disease.

n SchlüsselwörterAnkylosierende Spondylitis –Pathogenese – Genetik –Immunologie

n Key words Ankylosingspondylitis – pathogenesis –genetics – immunology

Einleitung

Die Spondyloarthritiden (SpA) weisen als Krank-heitsgruppe eine Reihe klinischer und pathogeneti-scher Gemeinsamkeiten auf. Als spezifisch undkrankheitsdefinierend für die SpA gelten demnachfolgende Merkmale: a) Manifestationsorte der SpAsind nicht nur synoviale Strukturen, sondern auchdie Enthese und der umgebende Knochen; b) das es-sentielle prädisponierende Gen ist HLA-B27; c) meh-rere weitere Gene sind notwendig, damit sich eineSpA entwickeln und chronifizieren kann; d) be-stimmte fakultativ intrazelluläre Gram-negative Bak-terien können eine reaktive Arthritis, eine akuteForm der SpA auslösen; e) ein Teil der chronischenSpA, namentlich auch die ankylosierende Spondylitis(AS) beginnt wahrscheinlich als bakteriell induzierte„reaktive“ Spondyloarthritis [12]. Nach aktuellenätiopathogenetischen Vorstellungen stehen daher dieInteraktionen zwischen Bakterien, der Mucosa desMagen-Darm- oder Urogenital-Traktes, zelluläremImmunsystem und genetischen Faktoren (u.a.HLA-B27) in der Krankheitsentstehung einer AS imFocus des Interesses.

Interaktionen zwischen bakteriellen Erregern,Makrophagen und T-Zellen

Die Bedeutung vorangegangener Infektionen mitgram-negativen, obligat oder fakultativ intrazellulä-ren Bakterien für die Manifestation einer Spondylo-arthritis ließ sich bislang lediglich für die reaktiven(Spondylo)-Arthritiden sichern. Zahlreiche epi-demiologische Beobachtungen legen jedoch denSchluss nahe, dass bestimmte bakterielle Infektionenin der Lage sind, Schübe einer vorbekannten AS aus-zulösen oder der ersten Krankheitsmanifestation vo-rauszugehen. So weiß man aus prospektiven fin-nischen Untersuchungen, dass die reaktive Arthritisnicht wie lange angenommen eine selbst limitiertakute Krankheit ist, sondern dass es nach 15–20 Jah-ren bei HLA-B27-positiven Patienten zur Entwick-lung einer typischen AS oder auch zu chronischenerosiven Arthritiden kommen kann [23]. Die typi-schen Arthritis–induzierenden Erreger wie Chlamy-dien, Yersinien, Shigellen und Salmonellen zeichnensich durch ihre Fähigkeit aus, der Wirts-Immun-antwort teilweise zu entgehen, zu persistieren undeine chronische Entzündungsreaktion zu induzieren.In Abhängigkeit von genetischen Faktoren des in-fizierten Individuums, seiner Zytokinantwort undder Entstehung sekundärer Autoimmunphänomenekommt es zur definitiven Erregerelimination undAusheilung der Arthritis oder aber zur Entwicklung

einer chronischen SpA bzw. zum Vollbild einer AS.Chlamydien, Yersinien und Salmonellen können Ma-krophagen infizieren. Für den am besten untersuch-ten Erreger C. trachomatis weiß man, dass er in Ma-krophagen des subsynovialen Gewebes in metabo-lisch aktiver Form persistiert [11]. Synoviale Wirts-Lymphozyten vom CD4+ und CD8+ Phänotyp wer-den von den Arthritis-induzierenden Erregern spezi-fisch aktiviert, können Zytokine wie TNF-� undIFN-� sezernieren und infizierte Makrophagen lysie-ren (Übersicht bei [27]), sind aber dennoch nicht inder Lage, die persistierende bakterielle Infektion ef-fektiv zu kontrollieren. Ein wesentlicher Mechanis-mus könnte in der Eigenschaft von C. trachomatisliegen, Makrophagen-abhängig eine T-Zell-Apoptosezu induzieren, damit der anti-chlamydialen Lympho-zytenantwort zu entgehen und intrazellulär zu über-leben [16]. Andererseits ist auch denkbar, dass syno-viale T-Zell-Klone mit autoreaktiven u. o. kreuzre-aktiven Eigenschaften proliferieren, eine chronischeArthritis unterhalten und körpereigenes Gewebe at-tackieren [13]. Auch bei Patienten mit länger beste-hender, aktiver AS fanden sich gehäuft Hinweise aufpersistierende Infektionen mit C. trachomatis [21]und Klebsiella pneumoniae [14, 25, 35].

Rolle des HLA-B27 in der Pathogeneseder Spondyloarthritiden

Die AS ist wie die anderen SpAs mit dem Histokom-patibilitätsantigen HLA-B27 assoziiert. Die genauenMechanismen, die der Assoziation zwischen SpAund HLA-B27 zugrunde liegen, sind auch heute, 30Jahre nach ihrer Erstbeschreibung [5] noch nicht si-cher aufgeklärt. Die wichtigsten Arbeitshypothesenzur Rolle des HLA-B27-Moleküls in der Pathogeneseder SpA betreffen seine Rolle als Antigen-präsentie-rendes Molekül mit Induktion einer CD8+ T-Zell-vermittelten Autoimmunität und seine Eigenschaft,andere nicht-klassische Immunreaktionen auszu-lösen; weiterhin wird HLA-B27 eine Bedeutung inder Modulation von Wirts-Erreger-Interaktion zuge-schrieben.

Molekulares Mimikry zwischen bakteriellen Pepti-den und Selbst-Peptiden, die von HLA-B27 an CD8+zytotoxische T-Lymphozyten präsentiert werden (Hy-pothese des „arthritogenen Peptids“): Dieses Modellbasiert auf der Erkennung von Peptiden durch HLA-B27-restringierte zytotoxische T-Zellen. Eine SpAwäre nach dieser Hypothese Folgekrankheit einerdurch T-Lymphozyten vermittelten Reaktion gegen„arthritogene“ Peptide. Solche Peptide müssten inden befallenen Geweben (Gelenke, Wirbelsäule,Uvea) vorkommen oder dort überexprimiert sein

188 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 63, Heft 3 (2004)© Steinkopff Verlag 2004

und gleichzeitig spezifisch durch das HLA-B27-Mo-lekül gebunden und an CD8+ T-Zellen präsentiertwerden. Diese Hypothese wird unterstützt durch dieTatsache, dass zwei HLA-B27-Subtypen, HLA-B*2706und HLA-B*2709, nicht oder nur gering mit demAuftreten einer ankylosierenden Spondylitis assozi-iert sind [18]. Die genannten Subtypen unterschei-den sich nur in einer bzw. zwei Aminosäuren amBoden der Peptid-bindenden Grube von den mit derKrankheit assoziierten HLA-B27-Typen, so dass inder Tat ein möglicherweise „arthritogenes Peptid“von diesen HLA-B27-Typen nicht präsentiert werdenkann. Im Falle der reaktiven Arthritis konnte gezeigtwerden, dass CD8+ T-Zellen mit Spezifität für dasauslösende Bakterium (Yersinia oder Salmonella)und autoreaktive T-Zellen in der Synovia detektier-bar sind [13]. Weiterführende Studien unserer Ar-beitsgruppen identifizierten verschiedene Peptideaus C. trachomatis [19] und Y. enterocolitica [38] so-wie ein autoantigenes B27-Peptid [10], welche in zel-lulären Immunreaktionen von erkrankten Patientenim Zusammenhang mit dem HLA-B27 erkannt wer-den. Das aus der schweren Kette des HLA-B27-Mo-leküls abgeleitete nonamere Peptid LRRYLENGKweist Aminosäurehomologien mit Enterobakterienauf, wird zudem durch HLA-B27 gebunden [36] undan CD8+ T-Lymphozyten präsentiert [10]. Dieses au-toreaktive Peptid war in einer ex vivo Studie daseinzige von verschiedenen HLA-B27-bindenden Pep-tiden, das signifikant häufiger von AS-Patienten er-kannt wurde als von HLA-B27-positiven gesundenIndividuen [10]. Andere Peptide aus der Sequenzdes HLA-B27-Moleküls sind in der Lage, gamma-del-ta-T-Zellen HLA-B27-positiver Bechterew-Patientenzu stimulieren [26]. Interessante Autoantigenedürften zudem aus dem Knorpel stammen. Hierkommen neben Kollagenen vorwiegend die Proteo-glykane in Frage. Eine kanadische Arbeitsgruppekonnte zeigen, dass in der Balb/c-Maus das Aggre-can, speziell die G1-Domaine des Aggrecans eineSpondylitis mit peripherer Arthritis auslösen kann,die sowohl der menschlichen AS als auch der rheu-matoiden Arthritis ähnelt [33, 39]. In der Tat lässtsich in der Mehrzahl der Patienten mit AS sowohlauf CD4- als auch auf CD8-T-Zellebene eine deutli-che Antwort auf das Aggrecan G1-Protein nachwei-sen [40].

Das HLA-B27-Molekül neigt zur „Fehlfaltung“ sei-ner schweren Kette (HC) mit der Folge einer intrazel-lulären Akkumulation schwerer Ketten und der Bil-dung ungewöhnlicher Homodimere: In jüngster Zeitmehren sich experimentelle Daten, die dem HLA-B27weitere komplexe Eigenschaften in der Krankheits-entstehung zuschreiben, die über seine antigenprä-sentierende Funktion (Abb. 1 a) hinausgehen. Schwe-re Ketten (heavy chains, HC) des HLA-B27-Moleküls

(B27-HC) weisen die Besonderheit auf, dass sie imGegensatz zu anderen HLA-B-Molekülen häufig fehl-gefaltet werden, im endoplasmatischen Retikulumakkumulieren und im Zytosol degradiert werden[31]. Diese Eigenschaft von HLA-B27 könnte patho-genetische Relevanz haben, da eine Protein-Fehlfal-tung intrazelluläre Signaltransduktionswege beein-flussen kann [6]. Eine Fehlfaltung und intrazelluläreÜberladung freier Ketten des HLA-B27-Molekülswürde in der Folge eine Stress-Antwort („endoplas-mic reticulum overload response“) und Aktivierungvon NF-�B auslösen (Abb. 1 b). Dies wiederum ini-tiiert die Synthese pro-inflammatorischer Zytokinein Monozyten und Makrophagen. Zudem können jezwei schwere Ketten des HLA-B27-Homodimere bil-den, die nicht mit �2-Mikroglobulin assoziiert sind.HLA-B27 besitzt einen unpaaren Cystein-Rest(Cys67) in der extrazellulären �-1-Domäne, und freieB27-HC bilden über Disulfidbrücken in Abhängig-keit von diesem Cys67-Rest stabile Homodimere aus,die auch an der Zelloberfläche – neben freienB27-HC – exprimiert werden [1, 7] (Abb. 1 c). DieseHC-Dimerisierung eines HLA-Moleküls scheint ein-zigartig für das HLA-B27 zu sein und könnte mit„unkonventionellen“ T-Zell- und NK-Zell-Stimulatio-nen vergesellschaftet sein (Übersicht bei [37]). Sowerden z. B. zytotoxische CD4+CD28-T-Zellen mitfunktionellen NK-Eigenschaften als Liganden fürB27-HC-Dimere diskutiert [8].

HLA-B27 moduliert die Erreger-Wirts-Interaktionund begünstigt das Überleben gram-negativer Arthri-tis-auslösender Bakterien: HLA-B27 beeinflusst dieintrazelluläre Signalübertragung und die Aktivierung

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Abb. 1 a Physiologischer Prozess der Synthese und Faltung einer schwerenKette (heavy chain, HC) eines HLA-Klasse I-Moleküls im endoplasmatischenRetikulum (ER). Nach non-kovalenter Bindung eines �2-Mikroglobulin-Mo-leküls (�2M) im Lumen des ER werden korrespondierende Nonapeptide, dieüber das Proteasom-/TAP-System prozessiert wurden, in der Antigen-binden-den Grube des HLA-Moleküls gebunden und über den Golgi-Apparat schließ-lich stabil an der Zelloberfläche exprimiert

früher Gene in Epithelzellen [12]. Zudem produzie-ren HLA-B27-transfizierte Zellen signifikant wenigerStickoxid (NO) als Kontrolltransfektanten [20], sodass das Überleben und die intrazelluläre Persistenzintrazellulärer Bakterien verlängert wird.

Andere genetische Faktoren neben HLA-B27

Durch Zwillingsstudien konnten wichtige Erkennt-nisse zur Rolle von Genen in der Pathogenese derAS gewonnen werden. So beträgt die Konkordanzratefür monozygote Zwillinge bezüglich des Auftretenseiner AS 63%, für dizygote 12,5% und für HLA-B27-positive dizygote Zwillinge ebenfalls nur 23%.

Aufgrund dieser Befunde nimmt man an, dass dergenetische Anteil an der Pathogenese der AS bis zu90% beträgt und der Anteil des HLA-B27 an demgesamten genetischen Einfluss nur bei ca. einemDrittel liegt [3].

Genomweite Untersuchungen stehen für die ASund andere SpA noch am Anfang und werden der-zeit in Europa (England und Frankreich) sowie inNordamerika (USA/Kanada) durchgeführt. Die Ma-jor Histocompatibility Region (MHC/HLA)-Regionauf Chromosom 6 wurde einheitlich als wichtigerprädisponierender Faktor bestätigt, wobei ein Mar-ker in der Nähe der TNF-�-Gene am stärksten ge-koppelt war. In dem britischen Kollektiv von AS-Pa-tienten wurden mit der AS gekoppelte DNA-Regio-nen auf Chromosom 2q in der Nachbarschaft des In-terleukin-1 (IL-1)- und des IL-1-Rezeptorantagonis-ten (IL-1RA)-Gens und auf den Chromosomen 10,16 und 19 identifiziert, wohingegen die französischeArbeitsgruppe die stärkste genetische Kopplung aufChromosom 14 lokalisierte (Übersicht bei [12]).Brown und Mitarbeiter beschrieben kürzlich, dasseine umschriebene Anzahl von Genen, die nicht imMHC lokalisiert sind, bestimmte Formen des Krank-heitsverlaufs und der Krankheitsmanifestation derAS kontrolliert. Das Alter bei Erstmanifestation warin dieser Studie mit einem Genabschnitt auf Chro-mosom 11p assoziiert und eine hohe Krankheits-aktivtät mit einer Region auf Chromosom 18p [4].

Andere methodische Ansätze zur Identifikation„neuer“, mit AS assoziierter Gene bedienen sich derTechnik der Kandidatengen-Analyse. Der Kandida-tengen-Analyse liegt ein pathogenetisches Konzeptzugrunde, welches einem bestimmten Genprodukt(z. B. einem Zytokin oder einem Hormon) eine Be-deutung in der Krankheitsentstehung zuschreibt. Einsolches Genprodukt ist TNF-�, welches eine bedeu-tende Rolle in der Pathogenese der SpA spielt. ZweiStudien an deutschen und schottischen Patientenmit AS fanden übereinstimmend eine deutliche Re-duktion der Häufigkeit des TNF308A-Polymorphis-mus unter SpA-Patienten im Vergleich zu HLA-B27positiven, gesunden Kontrollen [19, 29]. Genotyp-Phänotyp-Korrelationen aus einer anderen deut-schen Studie kamen zu dem Schluss, dass die Pro-motorvariante TNF308A oder ein anderes assoziier-tes Gen mit erhöhter TNF-Produktion vergesellschaf-tet ist und als ein „protektiver“ Haplotyp anzusehensei [34]. Durch Analyse von Mikrosatelliten- undPromotorpolymorphismen des IL-10-Gens konntenzudem Mikrosatelliten-Allele identifiziert werden,die in einem prospektiv beobachteten finnischenKollektiv von Patienten mit reaktiver Arthritis ent-weder mit Schutz vor Erkrankung oder mit Chronifi-zierung einer ehemals akuten SpA assoziiert waren[17].

190 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 63, Heft 3 (2004)© Steinkopff Verlag 2004

Abb. 1 b, c Die schwere Kette des HLA-B27-Moleküls (B27-HC) neigt zurFehlfaltung, was zur Folge hat, dass �2M und Peptide im Lumen des ERnicht gebunden werden können und fehlgefaltete HC im ER akkumulieren(„Misfolding ER overload“). Eine solche Überladung des ER kann eine Stress-Antwort mit Stimulation pro-inflammatorischer Zytokine wie TNF-� induzie-ren b. Darüber hinaus kommt es zur stabilen Expression freier HC an derZelloberfläche und unter Ausbildung einer Disulfidbrücke zur Entstehung vonHC-Homodimeren, die ebenfalls an der Zelloberfläche exprimiert und nach-gewiesen werden können c

b

c

Entzündliche Darmveränderungenund Spondyloarthritiden

Ein Zusammenhang zwischen entzündlichen Darm-schleimhautveränderungen und der Entstehung vonSpA lässt sich nicht allein im Falle der akuten reak-tiven Arthritis (Yersinia, Salmonella, Shigella, Cam-pylobacter) oder extraintestinaler Manifestationenvon M. Crohn und Colitis ulcerosa nachweisen. Viel-mehr zeigten wiederholte Ileokolonoskopien bei Pa-tienten mit anfangs undifferenzierten SpA, dass per-sistierende chronische Entzündungen des terminalenIleums (histologisch M. Crohn-artige Läsionen undT-Zellinfiltrate) eng mit der Entwicklung einer typi-schen Spondylitis ankylosans und chronischer peri-pherer Arthritiden assoziiert waren [32]. Die ent-zündliche Darmerkrankung hingegen war bei diesenPatienten mit chronischen SpA nur in den wenigstenFällen klinisch manifest [22]. Hinsichtlich der Patho-genese der Gelenkentzündung wird vermutet, dassdie Integrität der entzündeten Darmmucosa gestörtist und eine Antigenämie von Fremdantigenen be-günstigt wird. Zudem könnten T-Zellen in derDarmmukosa nach antigenspezifischer Stimulationenklonal expandieren, in den Peyerschen Plaques zuMemory-T-Zellen differenzieren, dabei spezifischeAdhäsionsmoleküle akquirieren und zwischen Darmund Synovium rezirkulieren. In der Tat lassen meh-rere aktuelle Studien den Schluss zu, dass eine sol-che Darm-Synovium-Migration aktivierter T-Zellenauch in vivo existiert. Kürzlich gelang die direkteIsolation identischer, d. h. aus einem Klon abstam-

mender T-Lymphozyten sowohl im Darm als auchim entzündeten Gelenk eines Patienten mit SpA [28].

Enthesitis, Knochenneubildungund Ankylose

Enthesitiden, also Entzündungsreaktionen an den In-sertionen von Bändern, Sehnen und Gelenkkapseln,die in vielen Fällen in einen Prozeß der Knochen-neubildung einmünden, sind pathognomonisch fürdie Krankheitsgruppe der SpA [30]. Es wird ver-mutet, dass Zytokine wie TNF-� [2], TGF-� und Bo-ne morphogenetic proteins (BMPs) eine wichtige pa-thogenetische Rolle im Prozess der Knochenneubil-dung bei AS spielen. Erste Untersuchungen zur Ex-pression von TGF�, verschiedenen BMPs und ihrerRezeptoren durch humane Synoviofibroblasten las-sen die Vermutung zu, dass proinflammatorische Zy-tokine in unterschiedlicher Weise TGF� und BMPshoch- oder herunterregulieren, welches differentiellzu vermehrter Apoptose, Chondrogenese oder Kno-chenneubildung führen kann. BMPs haben im Ver-gleich zu TGF� eine nur geringe chondrogene Po-tenz, wirken aber osteogen in humanen Synoviozy-ten [24]. Es muss diskutiert werden, ob Knochen-neubildung, metaplastische Ossifikationen und An-kylose der AS an vorhergehende Entzündungen ge-bunden sind oder ob Inflammation und Knochen-neubildung voneinander unabhängige Prozesse beider AS darstellen [9].

191E. Märker-Hermann et al.Pathogenese der ankylosierende Spondylitis

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