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Universität Bielefeld Fakultät für Geschichtswissenschaft und Philosophie Sommersemester 1993 Grundkurs: Die Geschichte der Seminararbeit in Mittelalter und Neuzeit VeranstalterIn: Dr. Annabella Anmerkung Die Seminararbeit. Hinweise zur formalen und inhaltlichen Gestaltung von: Paul Nolte Jahnplatz 1 33602 Bielefeld Tel. 0521/12 34 56 Email: [email protected] 16. Semester Geschichtswissenschaft/ Biologie

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  • Universitt Bielefeld Fakultt fr Geschichtswissenschaft und Philosophie Sommersemester 1993 Grundkurs: Die Geschichte der Seminararbeit in Mittelalter und Neuzeit VeranstalterIn: Dr. Annabella Anmerkung

    Die Seminararbeit.

    Hinweise zur formalen und inhaltlichen Gestaltung

    von: Paul Nolte Jahnplatz 1 33602 Bielefeld Tel. 0521/12 34 56 Email: [email protected] 16. Semester Geschichtswissenschaft/ Biologie

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    Inhalt

    1. Einleitung 2

    2. Begriff und Funktion der Seminararbeit 3

    3. Die formale Gestaltung einer Seminararbeit 4

    3.1. Die uere Gestaltung 5

    3.2. Die innere Gestaltung: Aufbau, Gliederung, Abstze 6

    4. Der wissenschaftliche Apparat: Belegen und Zitieren, Anmerkungen und

    Literaturverzeichnis 8

    5. Sprache, Gedankenfhrung und Argumentation in einer historischen

    Seminararbeit 12

    6. Schlu 14

    7. Literaturverzeichnis 16

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    1. Einleitung

    Wer schon einmal ein Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule begonnen

    hat, wei um einer der schwierigsten Probleme und eigenartigsten Merkmale eines

    solchen Studiums gerade in den Geistes- und Sozialwissenschaften: die Abfassung

    einer schriftlichen Hausarbeit, herkmmlich auch Referat (aber vom mndlichen

    Seminarreferat zu unterscheiden) und im folgenden Seminararbeit genannt. Aus

    der Schule kennt man Besinnungs- und Interpretationsaufstze, doch bei der Semi-

    nararbeit handelt es sich offensichtlich um etwas anderes; sie kommt ordentlich ge-

    tippt oder mit Computer ausgedruckt daher, sie verlangt die Einhaltung bestimmter

    formaler Regeln; sie bentigt einen wissenschaftlichen Apparat mit Anmerkungen

    und Literaturverzeichnis. Schon viele haben sich gefragt, wie soll ich das nur richtig

    machen, wenn der Dozent es nicht erklrt?, oder auch: Ist eine korrekte Seminar-

    arbeit wirklich lebensnotwendig?

    Diese Arbeit soll Antworten jedenfalls auf Fragen des ersten Typs vermitteln, indem

    sie in der Form einer korrekten Seminararbeit Hinweise zur formalen und inhaltli-

    chen Gestaltung von Seminararbeiten gibt. Sie will also gewissermaen auf zwei

    Ebenen gelesen werden: einerseits ihrem Text und Inhalt nach, andererseits ihrer

    Struktur nach, die sich so detailliert wie irgend mglich an die Mastbe einer rich-

    tigen Seminararbeit hlt.1 Das Problem der Vorbereitung einer Seminararbeit bleibt

    hier ausgeklammert; Fragen etwa nach der Eingrenzung des Themas, zur Ermittlung

    von einschlgiger Fachliteratur oder zu Lese- und Exzerpiermethoden verlangten ei-

    ne gesonderte Behandlung.2 Im folgenden soll zunchst Begriff und Funktion der

    Seminararbeit im allgemeinen geklrt werden, um in einem zweiten Schritt die for-

    male Gestaltung im ueren wie im inneren des Textes diskutieren zu knnen.

    Ein weiteres Kapitel beschftigt sich speziell mit den Techniken des Belegens und

    des Zitierens sowie der Gestaltung von Anmerkungen und Literaturverzeichnis. Zur

    Gestaltung von Anmerkungen geben aber vor allem die Anmerkungen dieser Arbeit

    selber entscheidende Hinweise. In einem letzten Kapitel wird das Problem von Spra-

    che, Gedankenfhrung und Argumentation, unter besonderer Bercksichtigung der

    Anforderungen des historischen Denkens in der Geschichtswissenschaft, behan-

    delt.

    1 Diese Arbeit ist also selbstbezglich oder, wie der Bielefelder Soziologe Niklas Luhmann sagen wrde, autopoietisch. Vgl. Niklas Luhmann, Soziale Systeme. Grundri einer allgemeinen Theorie, Frankfurt 1984. Dies war ein erstes Beispiel fr eine Anmerkung mit Literaturnachweis, in diesem Fall allgemeiner Art, ohne Angabe einer bestimmten Seitenzahl. 2 Ein Paper mit Hinweisen hierzu soll noch erarbeitet werden. Wie man hier sieht, kann es auch Anmerkungen geben, die keine Literaturangabe enthalten, sondern nur einen bestimm-ten Hinweis oder eine Ergnzung bieten, die im laufenden Text keinen richtigen Platz hat.

  • 3

    Zur Gestaltung von Seminararbeiten und von wissenschaftlichen Hausarbeiten ber-

    haupt also auch von Magister- und Examensarbeiten gibt es eine breite Literatur,

    die aber einerseits vielfach veraltet ist und andererseits von den StudentInnen sowie-

    so nicht gelesen wird. Auch die Veranstalter kennen solche Bcher heute kaum

    mehr.3 Viele der bisherigen Richtlinien an den historischen Fakultten haben sich im

    praktischen Gebrauch zuletzt nicht mehr bewhren knnen und sind ebenfalls veral-

    tet. Deshalb knnen die folgenden Hinweise hoffentlich ntzlich sein.

    Jede Seminararbeit beginnt, nach dem Inhaltsverzeichnis, mit einer Einleitung, und

    die vorliegende Einleitung enthielt bereits wesentliche allgemeine Elemente einer

    Einleitung: Sie begann, indem sie ein konkretes Problem benannte, von daher das

    Thema der Arbeit definierte und es in einen weiteren Kontext der Probleme von

    Studium und wissenschaftlicher Arbeit stellte. Danach wurde ein Ausblick auf die

    Gliederung gegeben und gesagt, was nicht behandelt wird. Schlielich kann auch die

    Diskussion von bisheriger Literatur und Forschungsstand in der Einleitung Platz fin-

    den; und man kann die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit schon einmal in Thesen-

    form zusammenfassen.

    2. Begriff und Funktion der Seminararbeit

    Die Seminararbeit ist eine wissenschaftliche Abhandlung im Kleinen, gewisserma-

    en in Embryonalform: Sie soll in ihrer ueren und inneren Gestalt mglichst weit-

    gehend einem echten wissenschaftlichen Text, einem Aufsatz oder einem Buch,

    entsprechen, und stellt insofern eine Vorbung dar, solche Texte spter selber einmal

    verfassen zu knnen. Eine Seminararbeit ist deshalb keine reine Textinterpretation,

    wie man sie aus der gymnasialen Oberstufe kennt, erst recht kein Besinnungsauf-

    satz, wie ihn unsere Eltern und Groeltern schrieben, aber auch kein Essay. An

    dieser Stelle wenden viele ein, sie wollten gar nicht in die Wissenschaft gehen und

    entsprechend gelehrte Bcher und Aufstze schreiben. Das stimmt, und zum Teil ist

    die Seminararbeit auch des spten 20. Jahrhunderts zweifellos ein Relikt spezifisch

    deutscher (geisteswissenschaftlicher) Universittstraditionen der ersten Hlfte des

    19. Jahrhunderts.4 Aber auch bei einer partiellen Ent-Wissenschaftlichung des Leh-

    rerberufs und einer weiten Auffcherung praxisnaher Berufsfelder von HistorikerIn-

    nen (Museum, Journalismus, usw.) behlt die Seminararbeit in der herkmmlichen

    3 Ein frherer Klassiker etwa: Ewald Standop, Die Form der wissenschaftlichen Arbeit, Dortmund 1965. 4 Vgl. hierzu die ausfhrliche Darstellung bei Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Seminarar-beitsgeschichte, bes. Bd.1, Mnchen 1987, S. 215-256.

  • 4

    Form und das ist keine Behauptung, sondern beruht auf Erfahrung ihren Sinn.

    Dieser Sinn liegt darin, sich in der selbstndigen Bearbeitung eines wissenschaftli-

    chen Problems und seiner schriftlichen Darstellung zu ben. Abgesehen von der all-

    gemeinen Schulung im streng-wissenschaftlichen Denken (die das einsame Brten

    ber einer Seminararbeit besser vermittelt als eine unverbindliche Seminardiskussi-

    on, an der man/frau sich im Zweifelsfall nur sporadisch beteiligt) ist das eine Fhig-

    keit, die in jedem spteren Beruf gebraucht wird, sei es als AusstellungsmacherIn, sei

    es als KursleiterIn der VHS.

    Andererseits soll hier nicht der Eindruck berhhter Ansprche an die allerersten

    Seminararbeiten des Grundstudiums erweckt werden. In der Regel geht der schriftli-

    chen Hausarbeit ja ein mndliches Seminarreferat voraus, und man kann eine Semi-

    nararbeit deshalb auch als verschriftlichte Fassung des mndlichen Referats definie-

    ren. Dieser Hinweis ist wichtig, weil viele sich unntig viel Arbeit machen, indem

    sie das Referat nach dem Vortrag erst einmal wochen- und monatelang wegpacken

    und dann irgendwann mit der Hausarbeit ganz von vorne anfangen mssen, weil das

    ja schon so lange her ist und mir auerdem nicht mehr gefllt.5 Die Definition

    Verschriftlichung des Referats gilt freilich nur unter Beachtung der in dieser Arbeit

    dargestellten Regeln! Insbesondere ist es wichtig, sich klarzumachen, da eine Semi-

    nararbeit nicht einen Text wiedergibt oder nacherzhlt, sondern immer von einem

    eigenen Problem ausgeht, das auf der Grundlage von vorliegenden Texten, seien es

    Quellen oder Sekundrliteratur eigenstndig strukturiert und bearbeitet werden soll.

    Dabei soll die Bedeutung des eigenen Spezialthemas in einem greren Zusammen-

    hang (in der Regel: das Thema des Seminars) deutlich gemacht werden. Eine Semi-

    nararbeit ist einem Puzzle nicht unhnlich: Man macht sich eine Struktur, und dann

    fgt man die einzelnen Teile (Fakten, Zusammenhnge, Argumente usw.) so zusam-

    men, da sich ein konsistentes Bild ergibt. Dieses Prinzip bleibt immer gleich; was

    sich im Fortschritt des Studiums ndert, ist nur die Art der Puzzleteile: vermehrt

    Quellen statt Literatur, und die Zahl der Texte, aus denen sie stammen: das heit, das

    Literaturverzeichnis wird immer lnger.

    3. Die formale Gestaltung einer Seminararbeit

    Ordnung ist das halbe Leben dieser Satz unserer Groeltern gilt zum Glck nicht

    mehr, doch ist Ordnung immer noch die halbe Seminararbeit, wenn man den Be-

    griff in einem etwas weiteren Sinne versteht. Dann umfat er nicht nur die Regeln

  • 5

    der ueren Gestaltung vom Papierformat ber die Breite des Randes bis zum Zei-

    lenabstand, sondern auch die innere Ordnung: eine genau berlegte Gliederung,

    korrekte Quellennachweise und Zitate und einen logischen und konsistenten Gang

    der eigenen Argumentation. Wenn man sich an diese Regeln - und eine Regel ist

    kein Gesetz, der Zeilenabstand kein Dogma hlt, hilft das sogar mit dem Inhalt

    der Arbeit weiter, weil es dessen gedankliche Strukturierung und die Prsentation

    gegenber den Lesern erleichtert. Wenn man ein Kapitel, wie hier in 3.1. und 3.2.,

    untergliedert, kann man sofort mit der ersten Zwischenberschrift anfangen, man

    kann aber auch, wie gerade geschehen, einen kurzen Einfhrungsabschnitt schreiben,

    der zeigt, wie die beiden (oder drei oder vier) Unterpunkte zusammengehren.

    3.1. Die uere Gestaltung

    Seitdem immer mehr Seminararbeiten mittels Computer geschrieben und ausge-

    druckt werden, ist es schwieriger, nach der praktischen Erfahrung aber auch notwen-

    diger geworden, allgemeine Hinweise zur formalen Gestaltung der Arbeit zu geben.

    Frher gab es die Regel: mit Schreibmaschine anderthalbzeilig zu schreiben, 38 Zei-

    len pro Seite plus Paginierung (Seitenzahl), 20 Anschlge linke Randbreite, ca. 65

    Anschlge Text. Es ist auch weiterhin erlaubt, Schreibmaschinen zu verwenden

    handschriftliche Seminararbeiten werden dagegen nicht akzeptiert -, und das nach

    den eben genannten Grundregeln entstehende Druckbild ist auch bei Computeraus-

    druck ein immer noch sinnvoller Anhaltspunkt, dem auch die Gestaltung dieser Ar-

    beit ungefhr entspricht.

    Wichtig ist vor allem, gengend Rand zu lassen, und zwar links (= Heftrand) mehr

    als rechts; auch oben und unten sollen ein paar Zentimeter frei bleiben. Der Zeilen-

    abstand sollte weder zu eng noch zu weit sein; er wird sich in der Regel zwischen 30

    und 40 Zeilen bewegen, je nachdem, wie viele Funoten auf der Seite stehen. Grund-

    stzlich sind die Seiten vollzuschreiben; in einer kurzen Grundstudiumsarbeit mit re-

    lativ kurzen Kapiteln von ein bis drei Seiten Lnge mu fr ein neues Kapitel kei-

    ne neue Seite begonnen werden, wenn das vorhergehende im oberen oder mittleren

    Teil einer Seite endet. Die Seiten mssen fortlaufend, beginnend mit dem Inhaltsver-

    zeichnis als Seite 1, paginiert, d. h. mit Seitenzahlen versehen werden; am besten

    oben in der Mitte der Seite. Auch Literaturverzeichnis und ggf. Anmerkungsteil ms-

    sen paginiert werden.

    5 Anonyme studentische uerung, mndlich berliefert. Dies war ein erstes Beispiel fr den Nachweis eines wrtlichen Zitats. Normalerweise wrde an dieser Stelle eine Literatur-angabe stehen.

  • 6

    Zu jeder Seminararbeit gehrt ein Titelblatt, das etwa so wie in diesem Beispiel ge-

    staltet werden sollte, und auf dem folgenden Blatt ein Inhaltsverzeichnis. Das In-

    haltsverzeichnis fhrt alle Gliederungspunkte der Arbeit mit ihren korrekten ber-

    schriften und mit den Seitenzahlen, auf denen der jeweilige Abschnitt beginnt, auf.

    Mit dem dritten Blatt beginnt also der Textteil, von dessen Gliederung und Gestal-

    tung das folgende Kapitel (3.2.) handelt. Darauf folgen, in dieser Reihenfolge, ggf.

    die Anmerkungen und das Literaturverzeichnis, fr die jeweils ein neues Blatt be-

    gonnen werden mu. Die Anmerkungen werden heute jedoch gewhnlich, wenn es

    das Computerprogramm zult, jeweils am Fu der Seite plaziert (Funote); dann

    folgt auf den Schluteil unmittelbar das Literaturverzeichnis.

    Es gibt auch Grundregeln fr das Tippen, die im wesentlichen den allgemeinen

    Regeln das Maschineschreibens folgen und deshalb an dieser Stelle nur kurz ange-

    sprochen werden. Es soll immer nur eine Schriftart verwendet werden. berschriften

    knnen durch eine grere Punktzahl desselben Schrifttyps oder durch Unterstrei-

    chung kenntlich gemacht werden. Andere Hervorhebungen sollten sparsam verwen-

    det werden und nur durch Unterstreichung erfolgen. Auf Satzzeichen (Punkt, Kom-

    ma, ...) folgt immer eine Leertaste. Diese und andere Grundregeln sind im Duden,

    Bd. 1 (Rechtschreibung) zusammengestellt, und das ist ja ein Buch, das man sowieso

    immer in Griffweite stehen haben sollte, auch wenn man glaubt, die deutsche Spra-

    che im Prinzip zu beherrschen.

    Grundstzlich sind Seminararbeiten auf weiem (bzw. grauem) DIN A 4-Papier, ein-

    seitig bedruckt bzw. beschrieben, abzugeben. Ob man zum Zusammenhalten der

    Bltter einen Schnellhefter oder nur einen Plastikheftstreifen oder etwas anderes

    verwendet, ist egal, aber es gilt eine wichtige dreiteilige Grundregel: Erstens drfen

    die Bltter bei der bergabe nicht ganz lose sein (das schliet auch eine einfache B-

    roklammer aus, die leicht abrutscht); zweitens mu man sie aber (zum besseren Le-

    sen/Korrigieren) mhelos in einzelne Bltter auseinandernehmen knnen (also nicht

    heften und auch nicht einbinden lassen!); drittens mu das Titelblatt sofort einsehbar

    sein; d. h. es mssen Klarsichtmappen verwendet werden. All diese Regeln hren

    sich vielleicht unntig kompliziert und einengend an, aber wenn man sie sich einmal

    richtig klargemacht hat und sie bt, sind sie sptestens mit der dritten Seminarar-

    beit selbstverstndlich geworden und erleichtern das Arbeiten dann sogar.

    3.2. Die innere Gestaltung: Aufbau, Gliederung, Abstze

    In diesem Abschnitt geht es um die Gestaltung der eigentlichen Seminararbeit: des

    Textteils, vor allem um dessen Aufbau und Gliederung. Wie man schreibt, wie man

    am besten seine Gedanken artikuliert und wie man historische Sachverhalte darstellt

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    und mit historischen Problemen argumentiert, ist dann Gegenstand von Kap. 5. Hier

    knnen nur einige Grundregeln formuliert werden Vorschlge zur Gliederung einer

    Seminararbeit ber die Anfnge der Gewerkschaftsbewegung oder das brgerliche

    Frauenbild des 18. Jahrhunderts knnen von diesen Hinweisen nicht erwartet wer-

    den.

    Zunchst einmal besteht der Textteil einer Seminararbeit aus Einleitung, Hauptteil

    und Schlu. Noch deutlicher: Jede Seminararbeit braucht eine Einleitung und einen

    Schluteil. Die Einleitung heit auch Einleitung, den Schluteil kann man

    Schlu oder auch Zusammenfassung (und Ausblick), Bilanz o. . nennen.

    Hauptteil dagegen ist niemals eine berschrift, sondern nur eine formale Bezeich-

    nung fr alles zwischen Einleitung und Schlu. In dieser Arbeit z. B. sind die Teile 2.

    bis 5. der Hauptteil. Daran sieht man schon, da der Hauptteil (in der Regel) nicht

    ein Kapitel ist, sondern aus mehreren Gliederungspunkten gleicher Hierarchie be-

    steht, die dann in sich weiter gegliedert sein knnen (wie hier 3. in 3.1. und 3.2.), a-

    ber nicht mssen. Darauf wird gleich noch nher eingegangen. Wichtig ist zunchst,

    immer zu berprfen, ob die Proportionen der einzelnen Teile der Arbeit stimmen

    und den eigenen Schwerpunktsetzungen entsprechen. Bei einer Arbeit mit zehn Sei-

    ten Text sind je drei Seiten Einleitung und Schlu offensichtlich zuviel, aber eine

    halbe Seite Einleitung ist fast immer zu wenig. Eine Faustregel ist: Die Einleitung

    sollte bei Grundstudiumsarbeiten gut eine Seite lang sein, also, das gilt auch fr sp-

    tere lngere Arbeit im Hauptstudium oder fr die Zwischenprfungsarbeit, minde-

    stens 10 % des Textteils beanspruchen. Fr den Schlu gilt ungefhr dasselbe, mit

    Tendenz nach unten; er kann also etwas knapper sein. Der groe Rest steht fr den

    Hauptteil zur Verfgung.

    Es gibt verschiedene formale Gliederungssysteme, von denen sich zwei besonders

    bewhrt haben. Es verwendet ausschlielich arabische Ziffern (mit Punkt abge-

    trennt). 3.1. und 3.2. sind also Unterkapitel von 3.; wenn man 3.1. weiter unter-

    teilen wollte, ergbe sich 3.1.1., 3.1.2., 3.1.3. usw. Man kann dieses System leicht

    bertreiben (Kap. 3.1.1.3.5.); in einer Seminararbeit sollte man auf keinen Fall

    weiter als bis auf eine dreistellige Gliederung heruntergehen, zwei Stellen (wie hier)

    werden fast immer gengen, oft (und zumal im Grundstudium) auch eine Stelle. Man

    mu nicht fr jeden Absatz, fr jeden winzigen Gedankenschritt ein neues Kapitel

    mit berschrift machen; wiederum eine Faustregel: ein mit berschrift versehenes

    Kapitel oder Unterkapitel sollte nicht krzer als eine Seite sein. Das zweite verbrei-

    tete System verwendet rmische Ziffern fr die Kapitel, arabische Ziffern zur ersten

    und Kleinbuchstaben mit Klammer zur zweiten Untergliederung. Dieses Kapitel hie-

    e dann also III.2., und man knnte es in III.2.a) und III.2.b) weiter unterteilen.

    Welches System man verwendet, ist Geschmackssache der historische Trend

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    spricht fr das Dezimalsystem -, aber man mu jedes System konsequent und konsi-

    stent anwenden, darf also nicht zwischen verschiedenen Systemen wechseln und mu

    die innere Logik des Systems beachten. Damit kann einer der beliebtesten Fehler

    vermieden werden: Wenn man eine neue, feinere Hierarchieebene der Gliederung

    einfhrt, mu man mindestens zwei Punkte auf dieser Ebene bilden. Konkret: Es gibt

    kein 3.1. als Unterpunkt von 3. ohne (mindestens) ein 3.2. Der Schlu wird b-

    rigens nie, die Einleitung in aller Regel nicht (auer bei greren Arbeiten) weiter

    unterteilt.

    Wie viele Kapitel und Unterkapitel man bildet, wird sich erst jeweils aus der Art, wie

    man das Thema behandelt und das Problem strukturiert, entscheiden. Man sollte aber

    darauf achten, die Einschnitte bewut zu setzen, also der inhaltlichen und argumenta-

    tiven Logik entsprechend, und nicht, weil nach drei Seiten ein neues Kapitel einfach

    mal wieder dran ist. Ein Kapitel (das heit hier: jede Texteinheit mit eigener ber-

    schrift) fat eine grere gedankliche Einheit zusammen, ein Absatz eine kleinere.

    Besonders die Gestaltung von Abstzen macht anfangs vielen Schwierigkeiten. Ein

    Absatz (also die Texteinheit, die mit neuer Zeile und einer Einrckung bzw. (wie

    hier) mit einer Leerzeile beginnt und, computermig gesprochen, ebenfalls mit re-

    turn abgeschlossen wird) ist kein Satz, sondern die kleinste Einheit mehrerer Stze;

    er kann ganz unterschiedlich lang sein, sollte aber nicht nur durchschnittlich sechs

    Zeilen umfassen. Die Faustregel hierfr ist: zwei bis vier Abstze pro Seite. Hier,

    wie brigens in vielerlei Hinsicht, was das wissenschaftliche Schreiben angeht, sollte

    man sich an Beispielen von Autoren orientieren, deren Proseminar schon lnger zu-

    rckliegt, also einmal bewut auf die Textgestaltung in wissenschaftlichen Bchern

    und Aufstzen achten.

    4. Der wissenschaftliche Apparat: Belegen und Zitieren, Anmerkungen und

    Literaturverzeichnis

    Eine wissenschaftliche Arbeit, das wurde bereits angedeutet, ist weder eine Besin-

    nungs- noch ein Interpretationsaufsatz, und Wissenschaftlichkeit bedeutet u. a.

    berprfbarkeit und die Achtung des geistigen Eigentums anderer. Daraus folgt ei-

    nes der schwierigsten Anfngerprobleme mit Seminararbeiten: das Belegen, Zitieren

    und Schreiben von Anmerkungen. Von auen gesehen, folgen diese Techniken, be-

    sonders die Anmerkungen, in der Tat einer Art ritualisiertem Geheimcode des vgl.,

    ebd., anders aber, siehe auch, usw., der mhsam erlernt werden mu. Gerade

    was diesen Bereich angeht, sind hier nur erste Hinweise mglich, nicht eine umfas-

    sende Abhandlung des Themas, die Antworten auf alle mglichen Anfngerfragen

  • 9

    gibt. Auch hier gilt: Von anderen abschauen ist wichtig und sehr hilfreich; so sollte

    man sich z. B. im ersten Semester einmal einige Aufstze in Fachzeitschriften nicht

    inhaltlich, sondern nur im Hinblick auf Zitiertechniken, Belege, Anmerkungen

    grndlich ansehen.

    Grundstzlich gilt, da jedes wrtliche Zitat und jede sinngeme bernahme von

    Daten, Fakten, Argumenten belegt werden mu. Dazu schreibt man eine hochgestell-

    te Ziffer unmittelbar hinter das wrtliche Zitat oder an das Ende des Satzes so wie

    hier.6 Diese Ziffer verweist auf die Anmerkung am Ende der Arbeit oder am Fu der

    Seite. Mit wrtlichen Zitaten sollte man sparsam umgehen. Es ist in der Regel besser,

    mit eigenen Worten zusammenzufassen (zu paraphrasieren). Eine Seminararbeit ist

    keine Reihung von Zitaten, die durch gelegentliche berleitungsstze halbwegs mit-

    einander verbunden werden! Wie viel man zitiert, hngt wesentlich vom Thema der

    Arbeit mit ab. In einer Arbeit ber Marx Begriff der Bourgeoisie, die Texte von

    Marx interpretiert, wird man hufiger wrtlich zitieren als in einer Arbeit ber sozi-

    alstrukturelle Voraussetzungen der Formierung des Brgertums als Klasse. Das heit

    zugleich: Bevorzugt sollen zeitgenssische Quellen wrtlich zitiert werden; Sekun-

    drliteratur dagegen so wenig wie mglich und nur dann, wenn es um eine pointierte

    Formulierung oder eine umstrittene Forschungsmeinung geht, zu der in der Arbeit

    kritisch Stellung genommen werden soll. Fakten, Daten, Ereignisse werden dagegen

    nie wrtlich zitiert. Deswegen zitiert man auch nicht aus allgemeinen Nachschlage-

    werken (Brockhaus, Duden)7 und kaum aus historischen Handbchern wie dem

    Gebhardt. Sehr wichtig ist es, wrtlichen Zitate nicht einfach einzustreuen, son-

    dern sie formal und inhaltlich in den eigenen Text einzubinden: formal dadurch, da

    man sie so wie hier mglichst in eigene Stze einbaut,8 anstatt einfach den Satz zu

    bernehmen: Es ist wichtig, da man Zitate mglichst in eigene Stze einbaut. In-

    haltlich mu man darauf achten, da Zitate durch den vorhergehenden und den nach-

    folgenden Satz in den Gang der eigenen Argumentation eingepat sein, sonst sind sie

    berflssig oder irrefhrend.

    6 An diese Stelle schreibt man dann den entsprechenden Beleg, d. h. die Angabe des Litera-turtitels, dem man das Zitat oder die Sachinformation entnommen hat, einschlielich der Sei-tenangabe. Z. B.: Klaus Tenfelde, Arbeitersekretre. Zur Geschichte eines Mbelstcks in der proletarischen Wohnkultur. In: ders., Vom Ptt zum Lehrstuhl, Bonn 1991, S. 485-533, das Zitat S. 502. 7 Diese Art Nachschlagewerke sind sogar berhaupt nicht wissenschaftlich zitierfhig, d. h., sie werden auch nicht indirekt nachgewiesen und drfen nicht im Literaturverzeichnis aufge-fhrt werden. Der wissenschaftliche Komment setzt gewissenmaen voraus, da sie zur Allgemeinbildung gehren, auch wenn jeder wei, da jeder solche Nachschlagewerke ge-legentlich benutzt. 8 Paul Nolte, Der Einbau von Zitaten in eigene Stze, Gttingen 1992, S. 788. Beim Nach-weis eines wrtlichen Zitats, so wie hier, steht am Anfang der Anmerkung kein vgl., und die Seitenzahl, auf der sich das Zitat findet, mu hier unbedingt genannt werden.

  • 10

    Fast noch schwieriger ist das indirekte Belegen von sinngemen bernahmen. Hier

    sind auch die individuellen Spielrume grer, aber man kann wiederum einige all-

    gemeine Regeln als ersten Anhaltspunkt formulieren. Es sollte nicht jeder Satz oder

    Halbsatz, der eine minimale neue Informationseinheit enthlt, mit einer neuen An-

    merkung versehen werden, vor allem dann nicht, wenn immer die gleiche Quelle zu-

    grundeliegt, so da sich Anmerkungen nach dem Muster: Ebd., S.110., Ebd., S.

    110f., Ebd., S. 111. ergeben. In diesem Fall kann man Belege und Anmerkungen

    abschnittweise zusammenfassen.9 Andererseits darf man nicht zu wenig belegen. Je-

    des Unterkapitel, besser noch jeder Absatz sollte, im Zweifelsfall an seinem Ende,

    eine Anmerkung haben. Ausnahmen sind Passagen oder Kapitel, in denen man zu-

    sammenfat oder eigene Gedanken entwickelt, die man nicht aus der Literatur ent-

    nommen hat.10 Indirekte Belege und allgemeine Verweise auf einschlgige (und ge-

    lesene) Literatur zum behandelten Thema beginnen in den Anmerkungen mit Vgl.

    oder auch mit Siehe11 Anmerkungen sollte man brigens in der Regel fortlaufend

    durch die gesamte Arbeit durchnumerieren; nur bei greren Arbeiten mit mehr als

    100 Anmerkungen empfiehlt es sich, kapitelweise zu numerieren.12

    Wie der Anmerkungsteil selber, ob nun am Ende der Arbeit oder am Fu der Seiten

    gedruckt, aussehen sollte, ist am besten dem Anmerkungsteil dieser Arbeit zu ent-

    nehmen. Es gibt verwirrenderweise sehr viele wissenschaftliche Zitierweisen. Na-

    turwissenschaftler und auch Soziologen verwenden ganz andere Systeme als Histori-

    ker, und wer zwei Fcher mit unterschiedlicher Zitiersprache studiert, kommt nicht

    umhin, beide Sprachen zu lernen und richtig anzuwenden. Der Hinweis Der Sozio-

    logie-Dozent hat mir aber erklrt ... fhrt in Historiker-Referatsbesprechungen re-

    gelmig nicht zu Absolution. Aber auch die Zitiersysteme von Historikern unter-

    9 Man kann auch zwei oder mehr Literaturtitel in einer Anmerkung nachweisen; die Titel werden dann fortlaufend hintereinander geschrieben; fr einen neuen Titel beginnt keine neue Zeile! So wie im folgenden: Vgl. Fachschaft Geschichte (Hg.), Dokumentation zur ge-scheiterten Studienreform 1971 bis 1993, Bielefeld 1993, S.12-15; Heinrich von Treitschke, Mein erstes Thesenpapier und was der Dozent dazu sagte, in: Horst Walter Blanke (Hg.), Re-ferat, Thesenpapier, Hausarbeit. Quellen zu ihrer Geschichte seit der Aufklrungshistorie, Bd. 1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1989, S. 445-450. 10Auf spteren Hhen wissenschaftlicher Laufbahn bieten solche Stellen dann freilich die be-ste Gelegenheit zur ausfhrlichen Selbstzitation. Vgl. erneut das ungeheuer grundlegende Standardwerk von Nolte, Einbau, bes. S. 1 800. Dies war zugleich ein Beispiel fr den Be-leg eines Titels, der schon einmal genannt war (nmlich in Anm. 8). Bei allen folgenden An-gaben reicht dann die Angabe des Autorennachnamens und eines sogenannten Kurztitels, in der Regel das erste Substantiv des vollen Titels. 11 Vgl. Werner Freitag, Seminararbeit und Frmmigkeit in Spenge in der Frhen Neuzeit, in: Heinrich Rthing und Klaus Schreiner (Hg.), Kloster Seminar - Damenstift. Lebensformen religiser Einsamkeit in der Vormoderne, Bielefeld 1988, S. 125 147. 12 Vgl. ebd., S. 126 ff. Wenn man in einer Anmerkung auf den in der unmittelbar vorange-gangenen Anmerkung zuletzt genannten Titel nochmals verweisen will, schreibt man ebd. (bei wrtlichem Zitat ohne vgl.); wenn man sogar auf dieselbe(n) Seite(n) verweisen will, entfllt auch die Seitenangabe nach ebd..

  • 11

    scheiden sich in Einzelheiten.13 Wichtig ist, da man sich fr ein System entscheidet

    und dieses dann einheitlich handhabt: einheitlich auf jeden Fall innerhalb einer Se-

    minararbeit, sinnvollerweise aber auch innerhalb des ganzen Studiums. Fast die

    wichtigste Regel, die jedoch vielen auch im Hauptstudium noch nicht klar ist, lautet:

    Eine Anmerkung ist ein (grammatischer) Satz oder wird wie ein solcher behandelt.

    Das heit, sie beginnt immer mit einem Grobuchstaben auch wenn die Anmer-

    kung mit vgl., ebd. o. . beginnt und endet mit einem Punkt (oder ggf. Frage-

    zeichen, Ausrufezeichen).

    Das Literaturverzeichnis stellt die benutzte und zitierte/belegte Literatur in alphabeti-

    scher Reihenfolge zusammen. Hier wird jeder Titel mit den vollstndigen bibliogra-

    phischen Angaben aufgefhrt, also bei Aufstzen einschlielich der Seitenzahl. Da-

    gegen kommt es hier nicht auf die Seiten an, die man zufllig fr die eigene Arbeit

    aus einem Buch oder Aufsatz gelesen hat; diese Seitenangaben sind nur fr die An-

    merkungen wichtig und gehren nicht ins Literaturverzeichnis. Ganz wichtig ist, da

    sich die in den Anmerkungen und im Literaturverzeichnis genannten Titel hundert-

    prozentig entsprechen mssen. Das heit, jeder in den Anmerkungen genannte Titel

    mu im Literaturverzeichnis auftauchen; und umgekehrt: Jeder Titel im Literaturver-

    zeichnis sollte in der Regel auch in den Anmerkungen irgendwann einmal genannt

    sein, und wenn es nur mittels eines indirekten Verweises nach dem Muster vgl.

    hierzu auch N. N. ist. Auch in der Zitierweise mssen sich Anmerkungen und Lite-

    raturverzeichnis entsprechen. (Ausnahme: Die Reihenfolge Autorenvorname/-

    nachname kann umgestellt werden.) Titel im Literaturverzeichnis werden nicht

    durchnumeriert und auch nicht mit Spiegelstrichen versehen. Um die Titel optisch

    voneinander abzusetzen, verwendet man Einrckungen oder Leerzeilen. Eine Tren-

    nung von Quellenverzeichnis und Literaturverzeichnis ist bei greren Arbeiten

    (Magister, Examen, grere Seminararbeiten im Hauptstudium) notwendig, im

    Grundstudium aber in aller Regel weder ntig noch empfehlenswert.

    Zum Schlu noch ein wichtiger Hinweis: Bis auf die Bcher von Borowsky u. a.,

    Luhmann und Standop ist alle in dieser Arbeit genannte Literatur frei erfunden und

    dient nur der Demonstration bestimmter formaler Merkmale des Zitierens und der

    13 Man kann z. B. die Autorenvornamen ausschreiben (so wie hier; besonders auch von Frau-en empfohlen, damit man das Geschlecht der AutorIn erkennen kann) oder abkrzen; die Vornamen dem Nachnamen voranstellen (so wie hier) oder sie nachstellen (das ist besonders im Literaturverzeichnis empfehlenswert, damit die alphabetische Ordnung auf den ersten Blick sichtbar wird). Man kann fr Herausgeber Hg. Schreiben oder (Hg.); man kann v. a. Zeitschriften unterschiedlich zitieren: So wie in diesem Beispiel: HZ 230 (1980), s. 1 30; oder HZ 230. 1980, S. 1 30; oder HZ 230, 1980, S. 1 30; das S. fr Seite kann man auch weglassen. Wie gesagt: Hier hat man ausnahmsweise mal freie Auswahl nur einheitlich mu es unbedingt sein!

  • 12

    bibliographischen Erfassung unterschiedlicher Gattungen von wissenschaftlicher Li-

    teratur wie Monographie, Aufsatz usw.

    5. Sprache, Gedankenfhrung und Argumentation in einer historischen Semi-

    nararbeit

    Je eher man die formalen Regeln einer Seminararbeit erlernt, desto schneller kann

    man sich auf die Verbesserung von sprachlichem Ausdruck, Gedankenfhrung und

    Argumentation konzentrieren. Das ist letztlich wichtiger als Zeilenabstand und Zi-

    tierkonventionen, denn auf den Inhalt und seine gelungene sprachliche Darbietung

    kommt es am meisten an; es ist aber auch am schwierigsten zu lernen und in kurze

    Regeln zu fassen. Trotz der Verwissenschaftlichung der Historie durch den Historis-

    mus im 19. Jahrhundert und die verschiedenen Varianten einer historischen Sozial-

    wissenschaft im 20. Jahrhundert ist ein wissenschaftlicher Text auch eine Semi-

    nararbeit! immer auch eine sthetische Leistung. Geschichte mit ihren For-

    schungsergebnissen konstituiert sich immer noch sehr stark in der Geschichtsschrei-

    bung, strker, als das in der Soziologie, Politikwissenschaft, erst recht in den Natur-

    wissenschaften der Fall ist. Das mu ErstsemesterInnen noch nicht besonders irritie-

    ren, erst recht nicht verzweifeln lassen, aber es erklrt ihnen vielleicht, warum die

    Dozenten immer wieder so viel Wert auf Sprache, Darstellung und Komposition le-

    gen, bevor sie zur inhaltlichen Kritik kommen. Immerhin: Wenn man merkt, da

    man etwas gut geschrieben hat, macht das auch Spa und hinterlt ein befriedigtes

    Gefhl.

    Es ist von kaum zu berschtzender Bedeutung, einen Text richtig zu strukturieren

    und die Struktur auch den Lesern deutlich werden zu lassen. Was wir oben ber Ka-

    pitel, Abstze und Stze gesagt haben, hat also auch eine mehr inhaltliche Dimensi-

    on. Die Struktur, die Hauptideen, -argumente und -gedankengnge mssen, in ihrer

    Reihenfolge, vor dem eigentlichen Schreiben halbwegs klar sein, und beim Formu-

    lieren mu man sich immer wieder fragen: Ist der rote Faden noch erkennbar (fr

    jemand, der nicht in das Thema eingeweiht ist)? Ist das Thema dieses oder jenes Ka-

    pitels einheitlich, so da es z. B. auch immer noch mit der berschrift berein-

    stimmt; oder hat sich whrend des Schreibens ein Gedanke so verselbstndigt, da

    man die Gliederung ndern sollte? Schlieen die einzelnen Stze gut und logisch an-

    einander an, ist die Argumentation stringent? Man sollte in der Lage sein, den Ge-

    genstand jeden Absatzes und jeden Kapitels (in Gedanken; aber warum zur bung

    nicht einmal auch auf dem Papier?) in einem thesenartigen Satz zu formulieren.

    Nicht nur die Seminararbeit insgesamt, sondern idealerweise auch jedes Kapitel, ja

  • 13

    jeder Absatz soll in sich strukturiert sein und gewissermaen einen Spannungsbo-

    gen schlagen. So ist es oft sinnvoll, ein Kapitel und einen Absatz mit einem Leit-

    satz zu beginnen, der den Lesern sofort anzeigt, worum es im folgenden gehen soll.

    Beispiele dafr sind der erste Satz dieses Kapitels 5. und der erste Satz dieses Absat-

    zes. Wie der erste Satz dieses Kapitels zeigt, ist es auerdem oft sinnvoll, mit einem

    solchen Leitsatz eine Brcke zum vorangegangenen Gedanken zu schlagen. Das

    hebt den roten Faden deutlicher hervor. Das gleiche gilt, wenn auch weniger strikt,

    fr letzte Stze von Abschnitten und Kapiteln. Ein Abschnitt sollte jedenfalls nicht

    abgebrochen wirken. Auch akademisch gebildete LeserInnen wollen stilistisch an die

    Hand genommen und durch den Text hindurchgefhrt werden.

    Aber auch in einem engeren Sinne ist richtige Sprache wichtig und erfahrungsgem

    eines der Hauptprobleme in Seminararbeiten. Das fngt schon bei der richtigen

    Kommasetzung an. Wer damit Probleme hat, soll sich nicht schmen denn solche

    Probleme hat erfahrungsgem rund jede/r zweite -, sondern daran arbeiten, sich die

    Regeln vergegenwrtigen, die Arbeit von anderen lesen lassen. Grundstzlich sind

    Seminararbeiten dieser Hinweis ist ernst gemeint! in Schriftsprache zu verfassen

    und nicht in gesprochener Sprache oder Umgangssprache. Das gilt fr das Vokabu-

    lar: Ausdrcke wie sich besaufen oder nichtsdestotrotz werden nicht akzeptiert;

    aber auch fr Stil und Satzbau. Eine sehr einfache, aber enorm wichtige Regel nein,

    das ist sogar ein Gesetz lautet: Jeder Satz hat ein Verb! Das Tempus sollte nicht

    stndig gewechselt werden; auch hierfr gibt es gerade in historischen Arbeiten eine

    gute Grundregel: immer im Imperfekt zu schreiben, auer in rsonnierenden und re-

    flektierenden Passagen. Fr Seminararbeiten in Geschichte ist es auerdem wichtig,

    Konjunktiv und indirekte Rede zu kennen und richtig einsetzen zu knnen. Das

    braucht man hufig, wenn man nicht wrtlich zitiert, sondern Stellungnahmen ande-

    rer sinngem darstellt. Schlielich gibt es einige Wrter, die in (geschichts-

    )wissenschaftlichen Arbeiten absolut tabu sind. Dazu zhlen vor allem natrlich

    und selbstverstndlich.14 In der Geschichte ist nichts natrlich und alles histo-

    risch und deshalb erklrungsbedrftig.

    Diese Regeln kann man relativ leicht einhalten, aber es gibt auch allgemeinere Pro-

    bleme historischer Darstellung und historischen Schreibens, die nur durch bung im

    Laufe der Zeit erlernt werden knnen. Es ist jedoch hilfreich, um solche Probleme

    von Anfang an zu wissen. Ganz wichtig ist die mglichst przise zeitliche Einord-

    nung dessen, worber man gerade schreibt; deshalb sollte man, zumal am Anfang der

    Arbeit, auch Jahreszahlen (im Jahre 1789, in der ersten Hlfte des 16. Jahrhun-

    14 Ein Beispiel: Bismarck fhrte das allgemeine Wahlrecht ein. Frauen waren natrlich da-von noch ausgeschlossen. Dieser Ausschlu lag aber in niemandes Natur, sondern war die Folge bestimmter gesellschaftlicher Umstnde, die benannt werden mssen.

  • 14

    derts) oder indirekte Zeitangaben (zur Zeit der Franzsischen Revolution, in der

    Hochphase der deutschen Industrialisierung) immer wieder mit einflieen lassen.

    Viele Anfngerseminararbeiten hinterlassen den Eindruck, sie knnten genausogut

    vom 16. oder 18. oder 20. Jahrhundert handeln.

    Auf ein ausgewogenes Verhltnis von Beschreibung und Reflexion, von Ereignisdar-

    stellung und Interpretation zu achten, ist ebenfalls von groer Bedeutung. Eine pure

    Fakten- und Ereignisgeschichte ist nicht das Ziel der Geschichtswissenschaft, son-

    dern es kommt darauf an, Strukturen, Kausalitten, Zusammenhnge deutlich her-

    auszuarbeiten und die Bedeutung der konkreten Ereignisse in einem greren Kon-

    text klarzumachen. Andererseits stellt die Geschichtswissenschaft keine Gesetze

    auf und historische Darstellung soll sich nicht in der Beliebigkeit luftiger Theorien

    verlieren. Die Darstellung konkreter Ereignisse (in einem weiten Sinne, der nicht

    nur eine Kriegserklrung, sondern auch Prozesse wie z. B. die Entstehung der Arbei-

    terklasse einschliet) mu in jeder Seminararbeit ihren Platz haben und mit der Ebe-

    ne der Interpretation mglichst eng verbunden werden.

    6. Schlu

    Der Schlu ist, wie schon erwhnt, ein unumgnglich notwendiger Bestandteil jeder

    Seminararbeit. Er dient dazu, die Arbeit in formaler und inhaltlicher Hinsicht abzu-

    runden. Nachdem die verschiedenen Kapitel des Hauptteils sich mit relativ detail-

    lierten Einzelproblemen beschftigt haben, kann hier noch einmal der Zusammen-

    hang des Ganzen verdeutlicht werden. Dazu gehrt eine Zusammenfassung der wich-

    tigsten Ergebnisse der Arbeit, die auf die Themenstellung und die konkreten Fragen,

    wie sie in der Einleitung entworfen wurden, wieder Bezug nimmt. Whrend die Ein-

    leitung versucht hat, aus einem greren Problemzusammenhang auf die Behandlung

    eines Spezialthemas hinzufhren, geht der Schlu den umgekehrten Weg; er fhrt

    das Spezialthema noch einmal in seinen greren Kontext zurck. Wenn es sich an-

    bietet, kann man hier auch zur (politischen, gesellschaftlichen) Aktualitt des The-

    mas Stellung nehmen. Der Schlu hat auf diese Weise zugleich die Funktion eines

    Ausblickes; er deutet an, welche Fragen noch unbeantwortet geblieben (oder durch

    die Ergebnisse der Arbeit neu aufgeworfen worden) sind und in welche Richtung

    sich zustzliche oder ausfhrlichere Bearbeitungen des Themas bewegen knnten.

    Jetzt scheint das Ende endlich erreicht: Sobald sie mit hngender Zunge die letzten

    Buchstaben der Seminararbeit in den Computer gehmmert haben, schalten viele nur

    noch den Drucker an und das Gehirn ab, und schon liegt die Arbeit im Postfach der

  • 15

    DozentIn. Dabei kann man mit ein wenig Sorgfalt bei der notwendigen Endredaktion

    viele gestrenge Blicke in der Sprechstunde vermeiden. Vor allem mssen Tippfehler

    korrigiert werden, und dazu mu die ganze Arbeit mindestens einmal grndlich gele-

    sen werden, am besten von Freund/Freundin o. ., weil man eigene Fehler leicht

    bersieht. Eine Lesedurchgang sollte auch einer eher inhaltlichen Kontrolle gewid-

    met sein: Macht es halbwegs Sinn, was ich geschrieben habe? Sind die Anschlsse,

    die bergnge zwischen den einzelnen Teilen nachvollziehbar? Stimmen die ber-

    schriften, stimmt der Titel der Arbeit noch mit dem berein, was ich geschrieben ha-

    be, oder ist hier etwas umzuformulieren?15 Stimmen die berschriften und die Sei-

    tenzahlen im Inhaltsverzeichnis und im Text genau berein? Nachdem alles ohnehin

    schon lnger gedauert hat als ursprnglich geplant, kann man sich die Stunden fr

    diese Arbeit ruhig auch noch nehmen. Nach der Korrektur folgt der Endausdruck,

    dann kann die Seminararbeit in der Regel als Kopie, das hat sich so eingebrgert

    abgegeben werden.

    Wenn man sich etwas Mhe gibt, den hier (oder anderswo) gegebenen Hinweisen zu

    folgen, kann man der Rckgabe der Arbeit gelassen entgegensehen. Erste Seminar-

    arbeiten sind, so viele Texte ber das richtige Anfertigen von Seminararbeiten man

    auch lesen mag, fast nie perfekt, und erst die wiederholte bung mit anschlieen-

    der Besprechung in der Sprechstunde fhrt zu wirklichen Fortschritten. Diese Hin-

    weise sollten nur eine erste Orientierung zu den wichtigsten AnfngerInnenfragen

    ermglichen: Wozu soll eine Seminararbeit berhaupt gut sein, wie soll sie uerlich

    aussehen, und worauf soll man beim Schreiben und bei der Formulierung achten?

    Vieles htte noch detaillierter geklrt werden knnen, und viele Probleme des wis-

    senschaftlichen Arbeitens, die mittelbar auch mit Seminararbeiten zusammenhngen,

    konnten gar nicht angesprochen werden: die Beschaffung und Auswahl von Fachlite-

    ratur etwa oder Techniken des Lesens und der Auswertung von Literatur.16 Aber

    wenn man sich an diese ersten Hinweise hlt, kann die erste Seminararbeit eigentlich

    nicht mehr vllig verunglcken.

    15 Ein hufiger Fehler ist der folgende: Man bernimmt als Titel der Arbeit die Formulierung der Referatsliste, auch wenn sich das eigene Thema inzwischen verschoben hat. Eine sol-che Verschiebung ist vllig legitim, aber dann mu manauch den Titel der Arbeit so ndern, da er wieder mit dem Inhalt bereinstimmt. 16 Diese und weitere Fragen werden auf sehr gute Art und Weise behandelt in: Peter Bo-rowsky u. a. (Hg.), Einfhrung in die Geschichtswissenschaft I: Grundprobleme, Arbeitsor-ganisation, Hilfsmittel, Opladen 19895. Dieses Taschenbuch ist allen ErstsemesterInnen in Geschichte unbedingt zur Anschaffung zu empfehlen.

  • 16

    7. Literaturverzeichnis

    Blanke, Horst Walter (Hg.), Referat, Thesenpapier, Hausarbeit. Quellen zu ihrer

    Geschichte seit der Aufklrungshistorie, 2 Bde., Stuttgart-Bad Cannstatt 1989

    Borowsky, Peter u. a., Einfhrung in die Geschichtswissenschaft I: Grundprobleme,

    Arbeitsorganisation, Hilfsmittel, Opladen 1989

    Fachschaft Geschichte (Hg.), Dokumentation zur gescheiterten Studienreform 1971

    bis 1993, Bielefeld 1993

    Freitag, Werner, Seminararbeit und Frmmigkeit in Spenge in der Frhen Neuzeit,

    in: Heinrich Rthing u. Klaus Schreiner (Hg.), Kloster Seminar Damenstift. Le-

    bensformen religiser Einsamkeit in der Vormoderne, Bielefeld 1988, S. 125 147

    Luhmann, Niklas, Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie, Frankfurt

    1984

    Nolte, Paul, Der Einbau von Zitaten in eigene Stze, Gttingen 1992

    Schwerhoff, Gerd, Die Zeilenabstand-Ausrede in der Klner Gesellschaft des Spt-

    mittelalters. Zur Geschichte studentischer Kleinkriminalitt in einer freien Reichs-

    stadt, in: Rheinische Vierteljahresbltter 23 (1990), S. 17 36

    Standop, Ewald, Die Form der wissenschaftlichen Arbeit, Dortmund 19653

    Tenfelde, Klaus, Arbeitersekretre. Zur Geschichte eines Mbelstcks in der proleta-

    rischen Kultur, in: ders., Vom Ptt zum Lehrstuhl. Gesammelte Aufstze, Bonn 1991,

    S. 485 533

    Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Seminararbeitsgeschichte, Bd. 1: Von den Anfngen

    bis zu Theodor Schieder, Mnchen 1987; Bd. 2: Von Theodor Schieder bis heute,

    Mnchen 1993