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Peer to Peer – integriert und vernetzt Das Potenzial einer positiven Peerkultur

Peer to Peer - integriert und vernetzt

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Die Begleitpublikation zum Fachtag der Jugendstiftung Baden-Württemberg am 17.11.2010 in Ulm informiert über die Möglichkeiten und Chancen, die in peerorientierten Konzepten liegen. Neben den grundlagen für projektorientierte Jugendarbeit, die den Peer-Ansatz nutzt, finden sich viele erfolgreiche Praxisbeispiele und Kontaktadressen.

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Peer to Peer – integriert und vernetzt Das Potenzial einer positiven Peerkultur

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Impressum

Herausgeber: Jugendstiftung Baden-WürttembergPostfach 11 62, 74370 Sersheim

Redaktion: Daniela Jakob, Hanna PantherLektorat und Korrektorat: Gisela Faller, Stuttgart Grafik und Layout: Marek EggemannDruck: Druckhaus Sprenger, Vaihingen/EnzFotos: Projektfotos der Jugendstiftung Baden-Württemberg und der ModellprojekteFoto Cover: AllzweckJack / photocase.com

Sersheim 2010 © Alle Rechte vorbehaltenJugendstiftung Baden-Württemberg.

Diese Broschüre ist im Zusammenhang des gleichnamigen Fachkongressesam 17.11.2010 in Ulm entstanden. Der Fachtag wurde im Rahmen desProgramms KommLern! veranstaltet, in dem neue jugendgerechte Wege fürden Übergang von der Schule in den Beruf entwickelt und erprobt werden. KommLern! wird vom Land Baden-Württemberg und dem Europäischen Sozialfonds gefördert.

An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei allen bedanken, die den Fach-kongress mitgestaltet haben. Ein besonderer Dank gilt unseren Referentenfür die fachlichen Impulse. Die Offenheit und Kreativität der zahlreichen Mo-dellprojekte zeigt die Vielfalt der Thematik. Auch dafür ganz herzlichen Dank!

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Potenziale nutzen

Neben der Familie und neuen Medien ist für Jugendliche die Gruppe der Gleichaltrigen der entscheidende Orientierungspunkt. Es ist deshalb nötig, das Potenzial der Peergroup für die Arbeit mit Jugendlichen zu nutzen und sie mit ihrem Kapital ernst zu nehmen.

Über die Möglichkeiten und Chancen, die in peerorientierten Konzepten liegen, möchten wir Sie in der Publikation „Peer to Peer – integriert und vernetzt“ informieren. Neben den Grundlagen für projektorientierte Jugendarbeit, die den Peer-Ansatz nutzt (ab S. 6), finden Sie viele erfolgreiche Praxisbeispiele und Kontaktadressen, bei denen Sie sich Anregungen für die Praxis holen können.

Die zahlreichen Beiträge zeigen: Das Potenzial einer positiven Peerkultur kann für alle jugendrelevanten Themenfelder genutzt werden. Es entfaltet sich in der Suchtprävention (S. 51), in der Unterstützung bei Lebenskrisen (S. 64) oder im Übergang von der Schule in den Beruf (S. 70).

Ein wichtiger Effekt für die jugendlichen Peerberaterinnen und -berater1 ist dabei ihre ei-gene Weiterentwicklung: Sie erwerben berufsrelevante Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Kommunikationskompetenz, Durchhaltevermögen, Selbstorganisation und Zuverlässig-keit, weil sie aus eigener Begeisterung heraus aktiv werden und sich engagieren.

1 Auf die weibliche Form wird in der vorliegenden Publikation zu Gunsten besserer Lesbarkeit künftig verzichtet.

Wolfgang Antes

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Inhalt

Grundlegende Gedanken zum Thema Positive Peerkultur Opp, Teichmann 6

Zur Rolle erwachsener Multiplikatoren in Peerprojekten Steinebach, Steinebach 17

Orientierungspunkte für Peer-Education-Projekte Kahr 25

Peers wissen, wo was geht 37

Mitmachen Ehrensache 40

Qualipass 42

Selbstvertrauen ist ansteckend 44

Redax – das Redaktionssystem 46

Praxisbeispiele

Redax – ein Programm revolutioniert unsere Schülerzeitung 49

„Jung, mobil & KLAR“ Peerprojekt an Fahrschulen 51

Weiterentwicklung und Ergänzung des Qualipasses 54

PG-Trainer und interkulturelles Lernen 56

Selbstwirksamkeit und Teilhabe 58

KLEVER – ExTeBeNa 62

Die Online Jugendberatung Youth-Life-Line 64

Schüler für Schüler 67

InTeam, Basel 70

Jugend-Welten in Baden-Württemberg – Kickfair 72

Berufe im Portrait 74

Die Ameisen von S-Ost 76

Vom schwierigen Umgang mit herausfordernden Kindern und Jugendlichen 78

Drei Mädels auf dem Weg nach oben – „Unique touch“ 80

Bildungsprojekt „Jung und Alt“ 82

Cool am Computer 84

Modellprojekt SeGeL 86

KommLern! im Landkreis Lörrach 88

Selbstvertrauen gewinnen – voneinander profitieren 91

Jugendbegleiter – ein Job, bei dem ich dazulernen kann 93

Auch beim Hausaufgaben machen können wir viel lachen 93

„…fünf, sechs, sieben, acht“ 94

Helfen bewegt 94

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Liebe Leserinnen und Leser,Kinder und Jugendliche sind auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden vielerlei Einflüssen ausgesetzt. Mit zunehmendem Alter gewinnt dabei die Gruppe der Gleichaltrigen immer mehr an Bedeutung. Kindern und Jugendlichen wird die Meinung Gleichaltriger - der PeerGroup - immer wichtiger. Dies birgt Gefahren, aber auch Chancen. Die Jugendstif-tung Baden-Württemberg hat erkannt, dass die Jugendarbeit hier ansetzen kann.

Ich freue mich deshalb sehr, dass es uns gelungen ist, die Jugendstiftung im Rahmen des Programms AKKU II aus ESF-Mitteln und Landesmitteln zu fördern. Sie hat das Projekt „KommLern!“aufgelegt, dessen Ziel es ist, benachteiligte Jugendliche und junge Men-schen zu befähigen, ein eigenverantwortliches Leben zu führen, zum Beispiel durch Ver-besserung der Ausbildungs- und Gemeinschaftfähigkeit. Insbesondere soll die Ausgren-zung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund vermieden werden.

Ein Baustein des Projekts wird Ihnen mit dieser Broschüre vorgestellt. In Theorie und Praxis und in verschiedensten Projekten wird aufgezeigt, wie die Potenziale unserer Ju-gendlichen durch eine positive Peerkultur genutzt werden können.

Dabei erwerben die Jugendlichen Kompetenzen, die für das soziale Zusammenleben, aber natürlich auch für ihr späteres Berufsleben von elementarer Bedeutung sind. Verlässlich-keit, Pünktlichkeit, Kommunikationsfähigkeit, Rücksichtnahme oder auch die Übernahme von Verantwortung sind Stärken, die in der Freizeit und im Berufsleben geschätzt werden.Hierfür danke ich der Jugendstiftung und ihren Kooperationspartnern sehr herzlich.

Dr. Monika Stolz MdL Ministerin für Arbeit und Sozialordnung,Familien und Senioren Baden-Württemberg

Elementare Kompetenzen erwerben

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Die folgende Szene könnte eine Standardsituation in ganz unterschiedlichen pädagogi-schen Handlungsfeldern sein. Frank, ein fünfzehnjähriger Jugendlicher, beschwert sich bei Ihnen, seiner Erzieherin, dass Andy ihm eine Musik-CD gestohlen hat. In der Regel würden Sie als verantwortungsbewusste und engagierte Erzieherin zu Andy gehen und fragen, was es mit der CD auf sich hat. Andy wird möglicherweise sehr überrascht sein, keine Ahnung haben, wovon Frank spricht (…). Nun ist der Erzieher in der Pflicht, nach Möglichkeit den Vorwurf zu widerlegen oder zu bestätigen. Dies kann sehr schnell zu quasi kriminalistischen Verhören und detektivischen Untersuchungen führen, zu denen andere Jugendliche je nach Sympathie viel Sachliches und Unsachliches beitragen wer-den und eventuell Pro- und Kontraparteien bilden. Der Erzieher hat die Kontrolle über diesen Konflikt längst verloren. Er tanzt im Rhythmus eines Konfliktgeschehens, das von den Jugendlichen durch Vorwürfe und Gegenvorwürfe bestimmt und kontrolliert wird. Ge-nau diese Situationen des Kontrollverlustes sind es, von denen Erzieherinnen und Lehrer sprechen, wenn sie klagen, dass ihr Arbeitsalltag kaum mehr zu meistern ist.

Lassen Sie an dieser Stelle Ihrer Phantasie einmal freien Lauf. Stellen Sie sich vor, Frank hätte Ihnen von seinem Verdacht einer entwendeten CD erzählt. Sie verstehen das Pro-blem als ein Problem der Gruppe. Sie würden die Gruppe der Jugendlichen, für die Sie Verantwortung tragen, zusammenrufen. Der Gruppe sagen Sie, dass es ein Problem gibt, das die Gruppe lösen muss. Sie belassen das Problem bei den Jugendlichen und mode-rieren das Gespräch, das die Jugendlichen über diesen Vorwurf des Diebstahls miteinan-der führen, um eine Lösung des Problems zu suchen. Wichtig ist an dieser Stelle nicht, was Ihre Meinung ist. Entscheidend sind die Diskussion der Jugendlichen und deren Suche nach einer Lösung.

Sie werden einwenden, dass das nicht geht, dass die Jugendlichen gar nicht dazu in der Lage sind, einen solchen Konflikt zu lösen. Sie werden eventuell befürchten, dass es zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Jugendlichen kommen könnte. Nun, Sie haben natürlich nicht ganz unrecht mit Ihren Befürchtungen. Andererseits, unter-schätzen Sie damit nicht die Fähigkeiten der Jugendlichen, ihre Konflikte miteinander zu Lösungen zu bringen? Und: Ist es nicht das eigentliche Ziel Ihrer Pädagogik, dass die Ju-gendlichen die Fähigkeiten erwerben, Alltagsprobleme und -konflikte selbständig mitein-ander zu lösen? Wenn das das Ziel ist, müssen Jugendliche diese Fähigkeiten dann nicht in alltäglichen Aushandlungsprozessen lernen und erwerben können? Sollten Konflikte und Krisen nicht willkommene pädagogische Lernanlässe und Lerngegenstände sein? Wenn die Gruppe der Gleichaltrigen, der Peers, lernen soll, die alltäglichen Problemstel-lungen und Konflikte, die Ängste, Sorgen und Nöte der Gruppenakteure wahrzunehmen,

Grundlegende Gedanken zum Thema Positive Peerkultur

Günther Opp und Jana Teichmann

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zu diskutieren und, wo das möglich ist, zu lösen, dann sprechen wir von Positiver Peer-kultur. Dabei erfahren die Jugendlichen nicht nur, dass sie ganz ähnliche Probleme und Sorgen haben wie die anderen Jugendlichen. Sie erleben auch, dass sie von anderen Jugendlichen Hilfe bekommen. Noch viel wichtiger ist, dass sie erleben werden, dass sie selbst anderen Jugendlichen helfen können. Im Rahmen Positiver Peerkultur können die Jugendlichen die Fassade der Coolness ablegen, ihre eigenen Probleme und Schwierig-keiten anerkennen, Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Sie lernen, Hilfen zu geben, Hilfen einzuwerben und Hilfen anzunehmen, und nützen die Chance, ein Vertrauen in andere Menschen wiederzufassen, das von verantwortungslosen Erwachsenen bei vielen Kindern und Jugendlichen so gründlich verspielt wurde.

Welche Rolle spielt die Erzieherin, der Erzieher in den Prozessen Positiver Peerkultur? Es ist sicher nicht die Rolle einer allumfassenden Verantwortung für die Alltagsgestaltung und die Probleme der Jugendlichen, die die Pädagogen übernehmen können oder sollen. Wie im oben genannten Beispiel sichtbar wird, ist es eher so, dass der Professionelle ein Stück Verantwortung an die Jugendlichen zurückgibt, eine verantwortungsvolle Mitspra-che einfordert und notwendige Hilfestellungen bereitstellt, damit die Jugendlichen die ihnen zugemutete Verantwortung ausfüllen können. Professionelle Verantwortung verän-dert sich dahin, dass die Professionellen sich dafür zuständig fühlen, Rahmenbedingun-gen oder eine Kultur zu schaffen, die es den Jugendlichen ermöglicht, ihre Probleme in gemeinsamer Anstrengung produktiven Lösungen zuzuführen. Die Aufgabe für die Pro-fessionellen wird damit nicht leichter. Im Gegenteil, sie müssen ein realistisches Vertrauen in die Fähigkeiten der Jugendlichen entwickeln, notwendige soziale Unterstützung bereit-stellen und eine Kultur oder einen Rahmen schaffen, in dem Jugendliche für sich selbst, ihr Leben, ihre Lebensplanung und für die Menschen, mit denen sie leben, Verantwortung übernehmen können.

Positive Peerkultur ist ein Stärkenansatz, er basiert auf verstärkter Partizipation und auf unterstützter Selbstverantwortung der Kinder und Jugendlichen. Es geht um hohe Er-wartungen, die an die Kinder und Jugendlichen gestellt werden, um Respekt, der ihnen entgegengebracht wird und den sie gleichermaßen ihren Peers und den Erwachsenen entgegenbringen müssen. Es geht auch um Vertrauen in die Kraft der Kinder und Ju-gendlichen, ihr Leben zu meistern. Nicht zuletzt erfordert die Praxis Positiver Peerkultur veränderte professionelle Selbstbeschreibungen der Pädagogen. Dies sind grundlegende pädagogische Fragestellungen, die im Folgenden unter den Stichworten

– Stärkenansatz– Die Bedeutung der Peergruppe– Kultur des Respekts– Kooperation und Partizipation– Professionalität

einer vertieften Diskussion unterzogen werden sollen.

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1. StärkenansatzAls Emmy Werner und Ruth Smith Mitte der fünfziger Jahre mit der Planung einer Längs-schnittstudie auf einer Insel der hawaiianischen Inselgruppe begannen, konnten sie nicht ahnen, welche Bedeutung diese Kauaistudie einmal gewinnen sollte. Die beiden Forsche-rinnen erfassten die gesamte Geburtskohorte der Insel im Jahr 1955. Aus dieser Geburts-kohorte wurde eine Gruppe von Hochrisikokindern herausgefiltert, die mindestens vier si-gnifikanten Entwicklungsrisiken ausgesetzt waren (geburtliche Komplikationen, elterliche Armut, Drogenprobleme, Arbeitslosigkeit, psychische Erkrankungen der Eltern u. a.). Die Entwicklung dieser Kinder wurde mit Kindern einer Kontrollgruppe verglichen. Man hatte erwartet, dass die Kinder der Risikogruppe entsprechend der Kumulation biographischer Risiken Entwicklungsauffälligkeiten und -verzögerungen zeigen würden. Dies wurde be-stätigt. Viel interessanter und völlig unerwartet waren jedoch die Entwicklungsunterschie-de, die sich innerhalb der gesamten Hochrisikogruppe zeigten. Während sich bei zwei Dritteln der Risikokinder die erwarteten Entwicklungsprobleme eingestellt hatten, blieb ein Drittel der Kinder, die in vergleichbaren Risikokonstellationen aufwuchsen, bis ins mittlere Lebensalter hinein unauffällig (Werner & Smith 1982; 2001). Dies wurde mit dem Begriff der Resilienz bezeichnet. Die deutsche Übersetzung als Widerstandskraft ist aller-dings unglücklich, denn es handelt sich um mehr als um einen Widerstand gegen etwas. Es ist vielmehr die gelingende Annahme und aktive Bewältigung solcher Risiken, die die resilienten Individuen in ihrer Lebenspraxis auszeichnet. Die wesentlichen Ergebnisse der frühen Resilienzforschung wurden inzwischen bei unterschiedlichen Risikopopulationen kulturübergreifend in über 20 großen Längsschnittstudien international bestätigt (Werner 2007). Dabei zeigte sich insbesondere die Bedeutung gelingender früher Bindungspro-zesse für die weitere Entwicklung der Kinder zu Erwachsenen (Grossmann & Grossmann 2007).

Unschlagbare Kinder, wie es die überraschten Forscherinnen im Titel eines früheren Bu-ches formulierten hatten (Vulnerable but Invincible; Werner & Smith 1982) gibt es nicht. Abhängig von der Intensität, der Kumulation von Risikokonstellationen im Zusammenspiel mit individuellen Voraussetzungen ist jedes Kind in unterschiedlichem Maße verwundbar. Aber es gibt offensichtlich ein interessantes Wechselspiel zwischen Risikoeinflüssen und schützenden Faktoren oder Prozessen. Dabei gibt es sowohl Risiko- wie auch Schutz-faktoren im Kind und in seiner Umwelt. Entwicklungsschützende Faktoren im Kind sind zum Beispiel die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit fokussieren zu können, gute Impulskon-trolle, Interessen und Hobbys, gute Lesefähigkeit am Ende der Grundschulzeit und ein positives Selbstkonzept. Schützende Einflüsse in den Lebenswelten waren unter anderen umfassende Aufmerksamkeit durch eine zentrale Fürsorgeperson im frühen Lebensalter, verlässliche soziale und emotionale Unterstützung und das Gefühl der Zugehörigkeit.

In diesen Forschungsergebnissen liegt ein gutes Stück Hoffnung für die pädagogische Praxis. Schützende Faktoren können nicht nur im Sinne von Kompetenzen erworben wer-den. Es wurde auch deutlich, dass die Qualitäten der Lebenswelten, die wir Kindern zur Verfügung stellen, erhebliche Bedeutung haben, wenn die gestellten Entwicklungsaufga-ben gemeistert werden sollen. Resilienz ist keine individuelle Eigenschaft, sondern das Ergebnis gelingender Lebenspraxis (Fingerle 2007).

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Im Spiegel der Resilienzforschung basiert ein Stärkenansatz in der pädagogischen Arbeit nicht darauf, die Defizite von Kindern und Jugendlichen möglichst genau zu erfassen, um sie dann zu kompensieren. Ein pädagogischer Stärkenansatz basiert auf dem Vertrauen in die Fähigkeiten und in die Kraft des Individuums, die Lösungen für seine Probleme selbst zu finden. Der Weg dahin ist eine Lebenspraxis, in der Kinder und Jugendliche not-wendige Kompetenzen lernen und Fähigkeiten erwerben können. Das geschieht vor allem durch Erfahrungen von Erfolg, Bestätigung, Anerkennung und Respekt. Mit aller Vorsicht formuliert, das ist etwas anderes als ein Trai-ningsprogramm. Wie sehr uns die Kinder dabei den Ball zuspielen, hatte schon Pestalozzi erkannt:

2. Die Bedeutung der PeergruppeNeben der grundlegenden Bedeutung, die frühe Bin-dungserfahrungen für das weitere Leben spielen, kommen mit zunehmendem Alter neue Einflüsse dazu. Das sind andere, vor allem signifikante Erwachsene, die manchmal ein-flussreiche Mentorenfunktionen übernehmen können. Das ist aber natürlich auch die Qualität der Lebens- und Lernumgebungen, in denen Kinder aufwachsen. Der mächtige Einfluss, den die Peergruppe auf kindliche Entwicklung ausübt, wird immer noch unter-schätzt. Mit der einsetzenden Pubertät wird die Peergruppe zu einer Art „zweiter Familie“ für die Kinder (Adler & Adler 2001). Die Peers übernehmen dann soziale Unterstützungs-aufgaben, die zuvor die Erwachsenen innehatten. Gleichzeitig werden vor allem auch in Freundschafts- und Peerbeziehungen grundlegende soziale Fähigkeiten und Regeln sozialer Beziehungen gelernt.

Der abnehmende Einfluss der Herkunftsfamilie und der gleichzeitig zunehmende Einfluss der Gleichaltrigen wecken bei den Erwachsenen Ängste vor negativen Peereinflüssen. Das zeigt sich nicht zuletzt auch in der Fokussierung der wissenschaftlichen Literatur auf negative Effekte von Peergruppen. Fend (2005) spricht in diesem Zusammenhang von der Adoleszenz als einem „Einstiegsfenster in Problemverhalten“ (436). Leistungsdistanz, Schulprobleme, oppositionelles Verhalten, Vandalismus gegen Sachen und Aggressionen nehmen in diesem Lebensabschnitt zu.

Dabei kann es gar keinen Zweifel geben, dass die Peergruppe, insbesondere Freunde mit einer Geschichte devianten und delinquenten Verhaltens, negativen Einfluss ausüben können. Peerbeziehungen können nicht nur starken Einfluss haben auf die Entwicklung von sozial deviantem Verhalten, sie sind häufig auch die Ursache von Viktimisierungs- und Ausbeutungsprozessen (Lösel & Bliesener 2003). Es ist wohl wahr, dass man „von den Gleichaltrigen nicht nur Gutes lernt“ (Oswald 2006, 236). Zusätzliche Einflüsse, wie zum Beispiel früh einsetzende Pubertät oder schulische Probleme können dabei eine beschleunigende und risikoverschärfende Wirkung negativer Peereinflüsse haben (Fer-gusson et al. 2007).

Die Bildung von Peergruppen vollzieht sich vor allem über Vergleichbarkeit. Die Grup-pen entwickeln Normen und Verhaltensähnlichkeiten, die die sozialen Normen von Schu-len oder Familien sowohl unterstützen wie auch mit ihnen in Konflikt geraten können. In Peergruppen entstehen Intimität und persönliche Identität, „sie sind Mittel und Ausdruck individueller Aggression und Kontrolle“ (Cairns & Cairns 1994, 128). Gruppen von Ju-

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„Der Mensch will so gern das Gute, das Kind hat so gerne ein offenes Ohr dafür; aber es will es nicht für dich, Lehrer, es will es nicht für dich, Erzieher, es will es für sich selbst. ... Alles, was es lieb macht, das will es. Alles, was ihm Ehre bringt, das will es. Al-les, was große Erwartungen in ihm rege macht, das will es. Alles, was in ihm Kräfte erzeugt, was es aussprechen macht, ich kann es, das will es." (Pestalozzi 1799–1801, 8)

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gendlichen zeichnen sich vor allem durch wechselnde Koalitionen und Neidereien nach außen und nach innen aus. Dies erfordert permanente Synchronisierungsleistungen zur Sicherung von Gruppenkonformität und -balance. Umgekehrt stärkt es Kinder in ihrer

alltäglichen Lebenspraxis ungemein, wenn sie auf die Unterstützung von Freunden vertrauen können. Krapp-mann (2006) hat dies für den schulischen Zusammen-hang eindrucksvoll beschrieben. Es ist eben ein großer Unterschied für die Kinder,

In ihrem Buch „Nature And Nurture“, das auf Deutsch mit dem reißerischen Titel „Ist Erziehung sinnlos?“ (2000) erschienen ist, stellte die amerikanische Psychologin Ju-dith Rich Harris die Frage, welche Bedeutung die elter-liche Erziehung im Vergleich zum Einfluss der Peers hat. Auf der Grundlage umfangreicher Quellenauswertungen

kommt Harris zu der provokanten Schlussfolgerung, dass die Gleichaltrigen einen wich-tigeren Sozialisationseinfluss darstellen als die Eltern. Das ist spitz argumentiert. Der mächtige Einfluss der Eltern in der frühen Kindheit sollte dabei nicht übersehen werden. Er bildet eine Art Resonanzboden für spätere biographische Erfahrungen. In der Familie und am Modell der Eltern und Geschwister entwickeln Kinder die prosozialen Fähigkei-ten, die nicht nur die Voraussetzungen für schulische Erfolge sind, sondern sie zugleich zu attraktiven und begehrten Spielkameraden unter den Gleichaltrigen machen (Parke et al. 1994). Die schulischen Leistungen haben einen durchaus prädestinierenden Effekt auf die Auswahl von Freunden. Auch innerhalb von Cliquen erzielen die einzelnen Akteure längerfristig vergleichbare Entwicklungsergebnisse (Cairns & Cairns 1994, 113). Neben der Familie und den Gleichaltrigen hat auch das Lebensumfeld prägende Kraft. Über die Lebenswelten, in die ein Kind hineingeboren wird, durch das soziale Kapital, über das eine Familie verfügt, wird bereits eine Vorselektion des wählbaren oder verfügbaren Freundeskreises vollzogen. Die Eltern bestimmen durch die Nachbarschaft, in der die Fa-milie wohnt, durch organisierte Aktivitäten (zum Beispiel Sportverein), die Schulwahl und durch die Kontakte im weiteren familiären Bekanntenkreis zu einem erheblichen Maße die Peerkontakte mit (Parke et al. 1994, 131ff). Spätestens mit dem Einsetzen der Pubertät wächst mit dem Lebenskreis der Jugendlichen auch die Chance, Freundeskreise selbst auszuwählen und Freundschaften mit Gleichaltrigen zu entwickeln, zu denen sie sich hingezogen fühlen. In dieser Zeit der Ablösung von der eigenen Familie übernimmt die Peergruppe eine bedeutsame Orientierungsfunktion bei der Ausgestaltung der persönli-chen Identität und der eigenen Autonomieansprüche. Dies zeigt sich in der Kleidung, dem Musikgeschmack bis hin zur Gestik und Mimik. Das Recht auf Selbstbestimmung, das ge-genüber den Eltern manchmal mit großem Aplomb behauptet wird, kann dann unvermittelt von einer völlig unkritischen Anpassung an die Normen der Peergruppe abgelöst werden.

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„… ob sie die Schule für einen guten, für ihr Leben wichtigen Ort betrachten oder einen, den sie lieber meiden würden, ob sie entspannt im Unterricht sitzen oder ständig auf der Hut sind, weil sie Attacken und Demütigungen erwarten, ob sie dort mit der Sicherung ihrer sozialen Existenz beschäftigt sind oder Aufmerk-samkeit für andere Themen frei haben. Folglich beeinflusst die Qualität des Miteinander in der Schulklasse ihre Beziehungswelt und die Stellung eines Kindes in ihr sämtliche Aktivitäten und auch das Lernen der Kinder.“ (Krappmann 2006, 219f.)

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Dabei werden die Erwachsenen, was sie leicht übersehen können, nicht unwichtig. Wäh-rend man in Stilfragen auf Gleichaltrige setzt, um damit die eigene Individualität zu kontu-rieren, suchen Jugendliche den elterlichen Rat zum Beispiel in den wichtigen Fragen der Bildung und Ausbildung oder auch in Konfliktsituationen mit Autoritäten. Die Betonung des Einflusses der Peergruppe kann und soll die Notwendigkeit der Erfahrung fürsorgli-cher Erwachsener nicht desavouieren:

Das Dilemma vieler Kinder und Jugendlicher besteht ge-rade darin, dass sie Erwachsene, die sich um sie sor-gen, die bereit sind, ihnen zuzuhören, sich ihren Fragen und Problemen zu stellen, allzu häufig nicht mehr finden. Mehr als die Hälfte aller deutschen 15-Jährigen klagten nach einer neueren Unicef-Studie, dass ihre Eltern sich kaum mit ihnen unterhalten (Unicef 2007, Fig. 4.2b). Viele Eltern sind mit beruflichen Belastungen oder auch mit eigenen Problemen beschäftigt. In den Erziehungseinrichtungen haben die Erzieher so viele Kinder zu betreuen, dass sie sich für einzelne Kinder keine Zeit nehmen können, und in der Schule dominiert der Unterricht. Die aktive pädagogische Gestaltung Positiver Peerkulturen ist in all diesen Einrichtungen auch unter Ressourcenaspekten überlegenswert. Klar ist dabei: Positive Peerkultur kann gute und tragfähige Beziehungen zu Erwachsenen und zur Familie nicht ersetzen. Trotz der vielfältigen Konflikte, die es in den Familien geben kann, können auch Freundschaften mit Gleichaltrigen die Familie als Ressource für Jugendliche in Stress-situationen nicht ersetzen (Muller & Schonert-Reichl 1996. 710). Es braucht beides für eine gute kindliche Entwicklung: stützende Peerbeziehungen und fürsorgliche Erwach-sene, die die Fortschritte des Kindes aufmerksam und unterstützend begleiten. Positive Peerkultur — und darauf sei an dieser Stelle eindrücklich hingewiesen – ersetzt auch nicht die therapeutischen Maßnahmen, die im Einzelfall notwendig sind. Erwachsenwer-den vollzieht sich nicht individuell, sondern kollektiv in einem Netz von Peerbeziehungen, die unterschiedliche Beziehungsarten insbesondere auch zwischen jüngeren und älteren Kindern mit einschließen (Corsaro 1997. 70). Dabei könnte es sein, dass gerade in ge-sellschaftlichen Krisenzeiten der normative Rückgriff auf die Peergruppe besondere Be-deutung gewinnt, insofern er Normen zum Erziehungsprozess beisteuern muss, die das gesellschaftliche Erziehungsumfeld aus sich heraus nicht bereitstellt.

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„Kinder würden nicht – könnten nicht – zu Mitgliedern einer zivi-lisierten Kultur heranwachsen, wenn sie bloß Verhaltensvorbildern ihrer Peers überlassen wären. Tatsächlich sind Eltern gerade dann besonders wichtig, wenn die Peers besonders destruktive Vorbilder abgeben. In Abwesenheit glaubwürdiger Eltern oder anderer Er-wachsener wären die meisten Kinder nicht in der Lage, erfolgreich mit ihrem Leben zurechtzukommen.“ (Gardner o. J., 37)

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3. Kultur des RespektsSigmund Freud verstand Kultur als

Bedeutsam ist in unserem Zusammenhang vor allem die Feststellung, dass Kultur die Be-ziehungen der Menschen untereinander regelt, denn sie schützt den Schwächeren davor, sich der Willkür des physisch Stärkeren unterwerfen zu müssen.

„Das menschliche Zusammenleben wird erst ermöglicht, wenn sich eine Mehrheit zusam-menfindet, die stärker ist als jeder einzelne und gegen jeden einzelnen zusammenhält. Die Macht dieser Gemeinschaft stellt sich nun als ‚Recht’ der Macht des einzelnen, die als ‚rohe Gewalt’ verurteilt wird, entgegen. Diese Ersetzung der Macht des einzelnen durch die der Gemeinschaft ist der entscheidende kulturelle Schritt.“ (Freud 1938, 129f.)

Die Regelung der Beziehung der Menschen untereinander vollzieht sich danach als kultureller Prozess über die Mitgliedschaft zu schützenden Gemeinschaften. In Zeiten wuchernder Individualisierung dürfen wir die Bedeutung der Zugehörigkeit zu Gemein-schaften (connectedness) als wesentlichen Bestandteil psychischen und physischen Wohlbefindens und als Grundlage guter menschlicher Entwicklung nicht aus den Augen verlieren. Kultur in diesem Verständnis bedeutet zugleich aber auch immer die Einschrän-kung eigener Triebbedürfnisse zu Gunsten gelingender Gemeinschaftsbeziehungen. Freud war sich der Glückseinschränkungen, die damit Hand in Hand gingen, wohl be-wusst, wenn er vom „Unbehagen in der Kultur“ sprach. Das entbindet uns nicht von der Notwendigkeit, Kultur immer weiterzuentwickeln, um ein gutes und sicheres Leben führen zu können. Kultur in einem modernen Verständnis ist die Bezeichnung instabiler Aus-handlungsprozesse von Bedeutungen (Wimmer 1996). Durch gelingende Konsensfindung werden Bedeutungshorizonte stabilisiert. Kultur, prozesshaft betrachtet, drückt sich in der gelingenden und routinisierten Bearbeitung von unterschiedlichen kulturellen Ansprü-

chen, Interessen und Konflikten aus. Dabei geht es nicht nur um Auseinandersetzung, sondern vor allem auch um Partizipation, um Kooperation und um eine Zuwendung zum anderen mit seiner Sichtweise, seinen Erfahrungen und biografisch begründeten Ansprüchen.

Es geht nicht nur darum, was sich die Akteure mitteilen, sondern auch darum, was sie miteinander teilen und was ihnen gemeinsam ist. Über das, was man miteinander teilt und sich mit-teilt, konstituiert sich Gemeinschaft. Kultur ist vor allem ein Prozess der Koope-ration und der Partizipation.

Damit sind wesentliche Aufgaben Positiver Peerkultur umrissen. Es geht darum, Gemein-schaften zu bilden, die Sicherheit und ein Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln. Gemein-schaft in diesem Diskussionszusammenhang zeichnet sich nicht durch in sich ruhende

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„die ganze Summe der Leistungen und Einrichtungen ..., in denen sich unser Leben von dem unserer tierischen Ahnen entfernt und die zwei Zwecken dienen: dem Schutz des Menschen gegen die Natur und der Regelung der Beziehungen der Menschen unterein-ander.“ (Freud 1938, 122 f.)

„Im Antlitz des anderen Menschen begegnet uns unser eigenes Menschsein. Erst indem wir uns gegenseitig als Menschen er-kennen und anerkennen, werden wir zum Mitmenschen, und erst dadurch erleben wir uns als Menschen.“ (Bauer 2006a, 115)

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Harmonie aus, sondern durch die von Erwachsenen angeleitete Suche nach Kooperation und nach Konsenslösungen zwischen widersprüchlichen und konfligierenden Lebensan-sprüchen. Dazu müssen Routinen gelingender Konfliktaushandlung zwischen den Peers entwickelt werden, die die Erwachsenen nach Bedarf moderieren.

4. Kooperation und PartizipationEin Kind als Wesen mit genuinen Rechten zu akzeptieren, heißt nicht, dass man dem Mythos des autonomen und unabhängigen Kindes folgen muss. Kindliche Entwicklung erfolgt von Geburt an immer in komplexen Netzwerken gegenseitiger Abhängigkeiten, die sich im Lebensverlauf stärker in Richtung Kooperation entwickeln. Autonomie und Abhängigkeit sind im menschlichen Leben kein Widerspruch, sondern Ausdruck notwen-diger Interdependenzen, die durch Respekt gerahmt werden. In Anlehnung an Sennett schreibt Reiser (2006,127) dazu:„Respekt betont nicht die Nähe in der Bindung, sondern die durch Distanz ermöglich-te Freiheit in der Bindung. Respekt bestätigt die Autonomie des anderen“, indem sie das Nichtverstehbare im Kind akzeptiert, der Fremdheit des Kindes Raum gibt. Res-pekt vor dem Kind heißt für den Erzieher, den eigenen Erklärungen und Überzeugungen gegenüber „ironische“ Distanz zu wahren (Rorty 1993), die eigene Weltsicht als soziale und veränderliche Kons-truktion zu verstehen, das Kind nach seinen Deutungen zu fragen, soziale Resonanz zurückhaltend aufzubauen. Respekt drückt sich aus

Die Kooperationsprozesse, die durch Erfahrung von Respekt und im Sinne des Gelingens zwischenmenschlicher Beziehungen ausgelöst werden, basieren nach Ansicht des Neu-robiologen Jürgen Bauer (2006 b, 190) auf

1. Sehen und Gesehenwerden,2. gemeinsame Aufmerksamkeit gegenüber etwas Drittem,3. emotionaler Resonanz,4. gemeinsamem Handeln und5. dem wechselseitigen Verstehen von Motiven und Absichten.

Dies sind zugleich grundlegende Prozesse Positiver Peerkultur. Sie fordern nicht nur den Respekt der Kinder und Jugendlichen vor sich selbst, sondern auch den Respekt gegen-über den Sichtweisen, Sorgen und Nöten der anderen. Dieser Respekt wird auch durch die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen an ihrer Erziehung (Wolff & Hartig 2006) und durch die Mitspracherechte der Gruppe ausgedrückt. Dahinter steckt nicht nur die Vorstellung, dass die Sichtweise der Betroffenen Berücksichtigung finden soll, sondern viel weitgehender, dass die Kommunikation und Aushandlung dieser Sichtweisen in den Mittelpunkt des erzieherischen Prozesses rücken. Dazu müssen die Kinder und Jugend-lichen mit Mitbestimmungsrechten ausgestattet sein, die sich notwendig mit Verantwor-tung koppeln. Die um sich greifende Diskussion über Kinderrechte und Partizipation ver-fehlt ohne die Berücksichtigung der zentralen Funktion der Peergruppe in pädagogischen Partizipationsprozessen ihr Ziel.

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„... durch das Ansprechen der Erfahrungen des Kindes, das Mitre-den- und Mitgestaltenlassen, durch die Sorgfalt in der Gestaltung von Interaktions- und Arbeitsformen, durch die Transparenz der Zielsetzungen und Beurteilungsmaßstäbe und durch die Wert-schätzung individueller Leistung.“ (Reiser 2006, 130)

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5. ProfessionalitätPositive Peerkultur, darauf wurde eingangs hingewiesen, geht Hand in Hand mit grund-legend veränderten pädagogischen professionellen Selbstbeschreibungen. In einer Eva-luation der Arbeitsansätze amerikanischer Jugendhilfeeinrichtungen für Kinder mit Ge-fühls- und Verhaltensstörungen stellten Knitzer, Steinberg und Flesch (1990) fest, dass in fast allen evaluierten Einrichtungen ein Kontrollcurriculum („curriculum of control“) vorherrscht. Bezieht sich dies nur auf „amerikanische Verhältnisse“? Eher nicht! Auch wir sind auf die Devianz, Dissozialität, Störung und Dysfunktionalität dieser Kinder und Jugendlichen fixiert und reagieren vorwiegend strafend auf diese Verhaltensweisen. An-gesichts des ausagierenden Verhaltens dieser Kinder und Jugendlichen wurde Kontrolle zur wichtigsten pädagogischen Aufgabe im Umgang mit ihnen. Es ist die größte Befürch-tung unter Pädagogen, eine Autorität und Kontrolle zu verlieren, die sie gegenüber Kin-dern, die ihre Autonomie nützen, um sich gegenüber Ansprüchen von außen zu wehren, meist gar nicht mehr in Händen halten. Auf die oft fehlgeleiteten Versuche ausgegrenzter Kinder, Respekt einzufordern und ihr ramponiertes Ich zu behaupten, reagieren wir häufig mit erneuter Strafe, mit Schulausschluss und anderem. Damit beschleunigen wir den Kreislauf eines negativen Konflikt-Zirkels, in dem diese Kinder und Jugendlichen genauso wie wir selbst gefangen sind. Andererseits kann natürlich nicht übersehen werden, dass ein Mindestmaß an Kontrolle und die Aufrechterhaltung sozialer Ordnung nicht nur die Voraussetzungen des Erziehungsalltags sind, sondern auch eine wichtige Aufgabe der Erzieher darstellen. Nur Kontrolle ist zu wenig – nur Liebe auch.

Was ist gefordert? „Schwierige“ Kinder brauchen „schwierige“ Erzieher forderte die Leh-rerin Annette Lauer (1998) und meinte damit Professionelle,

– die auf schwieriges Verhalten nicht nur mit konventionellen Sanktionen reagieren,– die sich auf die Suche der Kinder und Jugendlichen nach Grenzen einlassen und sich in diesem Prozess mit ihren eigenen Grenzen auseinandersetzen,– die schwieriges Verhalten nicht nur als Bedrohung und Verletzung einer gegebenen oder geforderten Ordnung verstehen, sondern als Aufforderung, organisatorische und insti- tutionelle Vorgaben kreativ auf die vorhandenen Bedürfnisse hin zu verändern,– die schwieriges Verhalten als Herausforderung für eigene Lernprozesse verstehen und sich auf gegenseitige Lernprozesse mit den Kinder einlassen.

Was schwierige Kinder und Jugendliche brauchen, ist die Erfahrung des Respektiertwer-dens und einer Fürsorge, die sich in Anlehnung an Fromm (1956, 25 ff.) in fünf Dimensi-onen beschreiben lässt.

– Fürsorge: die Sorge um das Leben und das Wachstum einer Person in einer Beziehung– Verantwortung: die Bereitschaft zu handeln, um die formulierten oder auch nicht ausge- drückten Bedürfnisse eines anderen Menschen einzulösen– Respekt: die Fähigkeit, eine andere Person so zu sehen, dass sie sich entwickeln kann, ohne ausgebeutet zu werden– Wissen: die Suche nach dem Verständnis der Gefühle des anderen, auch wenn sie nicht offen zu Tage liegen– affektive Zuwendung – Grenzen: gemeinsame Vereinbarungen von Grenzen und Normen als Rahmensetzung für Erwartungen, Verhaltensspielräume und Ausdruck gegenseitigen Respekts.

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Dies sind die Qualitäten, die Positive Peerkultur perspektivisch einlösen soll, wenn sie ihrem Anspruch gerecht werden will. Der Clou dabei ist, dass der Erzieher, der sich die-sem modernen Erziehungskonzept verschrieben hat, diese Aufgabe vor allem auch zur Aufgabe der Peergruppe macht. Insofern kann er sich ein Stück weit von einer indivi-duellen Verantwortung lösen, die er ohnehin kaum ausfüllen kann. Er teilt seine Verant-wortung mit den partizipierenden Kindern und Jugendlichen und sieht seine kollegiale Verantwortung in der Zusammenarbeit mit anderen Professionellen beim Aufbau Halt ge-bender Strukturen für positive Peerkulturprozesse. Damit wird gleichzeitig die Forderung nach lebensweltorientierten Assessmentstrategien in lebensweltorientierte Maßnahmen weiterentwickelt. Im Rahmen Positiver Peerkulturen sind dies Möglichkeiten einer neu-en sozialen Strukturierung des Pädagogischen. Dazu gehören veränderte professionelle Selbstbeschreibungen der Pädagogen und Pädagoginnen und erweiterte Partizipations-chancen der Kinder und Jugendlichen, die Hand in Hand gehen mit neuen Verantwor-tungszuschreibungen.

6. SchlussgedankenWie endete die Geschichte von Frank und Andy? Die Gruppe hatte Erfahrung mit den in diesem Buch geschilderten Formen des Peer Counseling. Moderiert von der Pädagogin diskutierte die Gruppe den Diebstahlsvorwurf, den Frank erhoben hatte. Andy blieb fest bei seiner Aussage, dass er die CD nicht entwendet habe. Die Gruppe sagte Frank, dass er einen sehr schwerwiegenden Vorwurf erhoben habe, den er nicht beweisen kann. Ke-vin konnte für Andy eine Brücke bauen, als er ihm sagte, dass jeder Fehler macht, dass man dazu aber auch stehen muss. Andy wurde unsicher und kämpfte mit den Tränen. Er berichtete von seinen Problemen zu Hause. Er hatte seit längerem kaum noch Taschen-geld bekommen. Was er an sich genommen hatte, war eine CD seiner Lieblingsgruppe, die er sich schon lange gewünscht hatte. Die Gruppe zeigte Verständnis für die schwieri-ge Lage Andys, verlangte von ihm aber, dass Frank die CD zurückbekommt. Andy musste sich bei Frank entschuldigen und einen zusätzlichen Gruppendienst übernehmen. Die Gruppe diskutierte, welche positiven Verhaltensmöglichkeiten Andy hat, wenn er in eine vergleichbare Situation kommt. Die Moderatorin lobt die Gruppe für die sachliche Diskus-sion des Problems und die Hilfe, die sie Andy gab, um zu seinem Fehlverhalten zu stehen. Sie verwies auf die Erwartung der Gruppe, dass das Eigentum der anderen respektiert wird, und lobte Andy dafür, dass er für sein unreifes Verhalten Verantwortung übernom-men hatte. Wenige Tage später sah man Andy strahlend mit seinem Walkman. Frank hatte ihm die CD geliehen.

Es geht nicht immer so gut aus! Die pädagogische Arbeit im Rahmen Positiver Peerkultur ist weder ein Selbstläufer noch eine Patentlösung. Über eigene Probleme zu sprechen fällt schwer. Es erweckt Ängste in den Jugendlichen, anderen Einblick zu geben in die eigenen Sorgen und Nöte, den biographischen Schmerz zu zeigen, den man sich selbst kaum ein-gestehen kann. All dies scheint unter Jugendlichen leichter zu fallen, wenn man von den anderen weiß, dass sie von ganz ähnlichen Problemen umgetrieben werden. Positive Grup-penprozesse gelingen nur, wenn die Gruppe sich so weit gefunden hat, dass man darauf vertrauen kann, dass die Inhalte dieser Gruppengespräche im Rahmen der Gruppe ernst genommen werden und vertraulich bleiben. Aber auch hier gilt, dass das Schutz- und Ver-traulichkeitsbedürfnis des anderen das eigene Schutz- und Vertraulichkeitsbedürfnis ist. Zu dieser miteinander geteilten Erkenntnis eines gegenseitigen Schutzbedürfnisses muss eine

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Gruppe erst kommen. Das ist ein Prozess, der in verschiedenen Gruppen sehr unterschied-lich verlaufen und Zeit brauchen kann. Geduld ist auch hier eine bedeutsame pädagogi-sche Qualität. Die Entstehung einer positiven Gruppenidentität setzt Professionelle voraus, die eine Gruppe leiten können, ohne sie zu dominieren. Das ist der Kern des Konzeptes Positiver Peerkultur. Die Pädagoginnen und Pädagogen teilen Verantwortung mit den Ju-gendlichen. Sie zeigen den Jugendlichen damit Respekt und ihre Überzeugung, dass die Jugendlichen diese Verantwortung auch ausfüllen werden. Die Pädagogen strukturieren den sozialen Kontext, der dies ermöglicht, begleiten die Kinder und Jugendlichen bei der Suche nach guten Lösungen für alltägliche Konflikte und Probleme. Sie unterstützen sie bei der Bewältigung der Herausforderungen ihrer Entwicklungsaufgaben und sie glauben an die Kraft der Kinder und Jugendlichen, diese Aufgabe meistern zu können.

Literatur

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Dieser Beitrag erschien in dem Band „Positive Peerkultur. Best Practices in Deutschland“ (Hrsg.: Günther Opp, Jana Teichmann). Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Klinkhardt-Verlages.

Professor Dr. Günther Opp forscht und lehrt an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu den Themen Kin-der- und Jugendhilfe, Resilienzforschung und Positive Peerkultur und leitet das Institut für Positive Peerkultur. Jana Teichmann ist Diplom-Pädagogin und Mitarbeiterin am Fachbereich Verhaltensgestörtenpädagogik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

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Z u r R o l l e e r w a c h s e n e r M u l t i p l i k a t o r e n i n P e e r p r o j e k t e n

Zur Rolle erwachsener Multiplikatoren in Peerprojekten

a

Ursula Steinebach, Christoph Steinebach

Die Klagen über Jugendliche nehmen nicht ab. Dabei hatte das Jugendalter bereits in der Antike einen schlechten Stand. Bei den flegelhaften Manieren und dem fehlenden Respekt der Jugendlichen (Sokrates) und ihrem mangelnden Verantwortungsbewusstsein (Aristoteles) sah man bereits in der Antike den Untergang der Welt aufziehen.

Sorgenvoll richtet sich da der Blick natürlich auch auf die Eltern, Lehrer, die Erwachsenen, egal ob Laien oder Fachkräfte. An ihnen wird Desinteresse, Überforderung oder schlicht Inkompetenz bemängelt. Kritisiert wird damit nicht nur, was die Erwachsenen machen, sondern auch, wie sie es machen. Wenn Jugendliche in Schwierigkeiten sind, ver-suchen Erwachsene entweder Mitgefühl zu zeigen und zu trösten, abzulehnen und zu bestrafen, oder aber auch zu konfrontieren bzw. Gleichaltrige dazu zu bringen, die Jugendlichen zu konfrontieren. Erwachsene sollen eine aktive Rolle übernehmen und Jugendliche beeinflussen. Aber wie sollen sie diese Rolle ausgestalten? Wie können wir den Jugendlichen angemessen begegnen? Was sind die richtigen Antworten auf die sich stellenden Fragen im Erzie-hungsalltag?

Nach den enttäuschenden Erfahrungen mit dem autoritären Modell, der unkontrollier-baren Eskalation im antiautoritären Modell und den lerntheoretisch fundierten Therapie-ansätzen der Verhaltensoptimierung sind wir nun auf der Suche nach einem kind- und jugendorientierten Modell. Es gilt, eine Praxis zu entwickeln, die nicht auf Defizitanalyse und Therapie, sondern auf den Stärken und den Selbstgestaltungskräften der Jugend-lichen basiert1. Es gilt eine Praxis zu entwickeln, die den ganzen Jugendlichen einfängt, nicht nur seine Schwächen, sondern auch seine Stärken.

Dass „schwierige“ Jugendliche mit ihren Stärken andere Jugendliche positiv beeinflus-sen können, wird oft bezweifelt. Auch in der Forschung finden sich viele Hinweise, dass von Gleichaltrigen im Jugendalter eher Gefahren ausgehen. Die Rede ist von Cliquen und Banden, weniger vom Freundeskreis oder Netzwerk. Gerade bei gewalttätigen Jun-gengruppen werden Parallelen zu den kulturellen Anfängen der Menschheit gezogen, in denen die Macht des körperlich Stärkeren und sehr einfache moralische Vorstellungen für eine Gruppe ausschlaggebend waren. Damit die Kultur einer Gruppe eine positive Prä-gung erhält, muss der Erwachsene – und bei professionellen pädagogischen Angeboten die Fachkraft – eine besondere Rolle einnehmen und Einfluss auf die Kultur einer Gruppe ausüben. Zur Förderung einer positiven Peerkultur ist aus unserer Sicht eine Haltung hilfreich, in der der Erwachsene die Rolle eines Multiplikators einnimmt. Im Folgenden

a Überarbeitete Fassung des Vortrags von Ursula Steinebach „Zur Rolle erwachsener

Multiplikatoren in Peerprojekten“, Fachtag „Peer to Peer – integriert und vernetzt. Das

Potential der positiven Peerkultur“, Ulm, 17. November 2010, s. auch Steinebach, U. &

Steinebach, C. (2010). Stärken gezielt fördern. Care Management; 3(1), S. 13–18

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werden wir aufzeigen, welche Argumente uns dahin geführt haben und wie wir die Rolle der Erwachsenen verstehen. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass Erwachsene bereit sind, überhaupt eine Rolle zu übernehmen, wenn es um die Bildung oder Veränderung einer Peerkultur geht.

Im Rahmen einer Studie begleiteten wir vier Jahre lang Jugendliche, die wegen Verhal-tensproblemen und sozialer Benachteiligung in einem Heim untergebracht waren und dort einem besonderen Angebot begegneten: Positive Peer Culture (PPC) ist ein An-gebot, das in der Heimpädagogik entwickelt wurde und nun auch in außerschulischen und schulischen Angeboten umgesetzt wird. Dieser Ansatz, entwickelt in den 1960er Jahren von Harry Vorrath und Larry Bendtro, nutzt die Kraft der Peer Group konstruktiv. Inzwischen gibt es auch im deutschsprachigen Raum mehrere Einrichtungen, die die-sem Ansatz folgen. Erfahrungen gibt es inzwischen mit entsprechenden schulischen und Freizeitangeboten oder im Bereich der beruflichen Bildung und Rehabilitation2. Wie die

Studie zeigt, unterstützt PPC (Positive Peer Culture) den Aufbau eines positiven Selbstwerts, die Bereitschaft zu helfen, das Zulassen von Gefühlen, mindert Gewalt und Streit und verhilft zu kommunikativen Kompetenzen für Konfliktsituationen.

Gegenseitige UnterstützungEs fehlt nicht an Argumenten, warum, wo und wie sich Jugendliche gegenseitig unterstüt-zen sollten. Denn die Bedeutung Gleichaltriger nimmt in der Jugend zu. Peers werden für Jugendliche wichtiger als die Familie. In dem Ringen um eine tragfähige Identität tragen Peergruppen zu einer positiven und stabilen Selbstdefinition bei. In sozialen Beziehungen mit Gleichaltrigen werden neue Rollen gelernt. Da geht es um das eigene Geschlecht, die künftige Berufsrolle oder die neue Autonomie des jungen Erwachsenen. Hier sind die anderen Jugendlichen wichtige Rollenmodelle und Vorbilder3. Es werden neue Positionen bezogen, neue Überlegungen verdichten sich zu Einstellungen und Haltungen. Dabei gel-ten Gleichaltrige als glaubwürdig. In der sozialen Einbindung wird die Gemeinschaft mit den Peers geschätzt und verteidigt. Formelle und informelle Jugendgruppen werden zu Orten sozialen Lernens. Die Gruppe wird zum Übungsfeld, in dem die Jugendlichen selbst Erfahrungen sammeln, sich selbst ausprobieren, sich Erfolge zuschreiben können.

Was braucht es, damit Menschen wirklich positiv handeln? In ihrer Selbstbestimmungs-theorie gehen Edward Decy und Richard Ryan davon aus, dass Handlungen dann mo-tivierend sind, wenn sie grundlegende angeborene Bedürfnisse erfüllen: Das Bedürfnis, nach Kompetenzerleben, das Bedürfnis nach Autonomieerleben und das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit4. Auf der Grundlage kulturvergleichender Analysen zeigen Mar-tin Brokenleg und Larry Brendtro, dass ein weiteres Bedürfnis wichtig ist: Das Bedürfnis anderen zu helfen, etwas beizutragen zum Leben anderer, das für diese von Bedeutung ist (Generosity). Nach Brendtro gibt es zu wenige Situationen, Anlässe und Orte, an de-nen Jugendliche eben genau diese „Generosity“ verwirklichen können5. Dabei ist die Er-fahrung, für andere hilfreich zu sein und einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Probleme der anderen leisten zu können, eine gute Möglichkeit, positiven Selbstwert und

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Jugendlicher, t4: „Also durch die Peer-Group. Also lern ich auch irgendwie mit meinen Problemen klarzukommen, irgendwie auch. Am Anfang war das so, dass ich immer überreagiert hab. Wenn die neuen, irgendwelche neue Jugendliche gekommen sind, dann noch irgendwie zusammengerasselt sind, um zu zeigen, wer hier was zu sagen hat, und ich haute immer nur so.“

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positive Identität zu entwickeln. Und dies unabhängig davon, ob ich mit meinen eigenen Problemen zurechtkomme oder nicht. Harry Vorrath und Larry Brendtro, die Begründer des Ansatzes PPC [6, S.19], sagen dazu: „Viel mehr, als Gehorsam zu verlangen, erwartet PPC, dass junge Menschen sich reif verhalten und produktive Mitglieder der Gemein-schaft werden. Leider glauben nicht alle Erwachsenen daran, dass Jugendliche eine Qua-lität von Größe besitzen. Das ist insofern vielleicht nicht überraschend, als Jugendlichen viel zu selten Möglichkeiten geboten werden, in denen sie ihr wirkliches menschliches Potential zeigen können.“6

In diesem stärkenorientierten Ansatz werden den Jugendlichen viele Kompetenzen zuge-schrieben. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Jugendliche in ernsthaften Gesprä-chen in ungestörten Settings ihre Probleme ernst nehmen und bereit sind, sich gegen-seitig zu helfen. Jugendlichen die Möglichkeit dazu zu geben, ist ein Schwerpunkt dieses Ansatzes. Dahinter steht auch die Erkenntnis, dass Jugendliche viel eher auf Jugendliche hören als auf Erwachsene. Ein Jugendlicher, der einem anderen erzählt, wie er mit ähnli-chen Problemen umzugehen gelernt hat, findet in der Regel einen viel besseren Zugang zu ihm als eine erwachsene Fachkraft.

Was heißt das nun für die erwachsenen Helfer? Für viele Erwachsene wird die Achse Jugendlicher – Erwachsener als die Achse mit der wichtigsten Einflussnahme gesehen. Die Beziehungsgestaltung zu einzelnen Jugendlichen ist wichtig, auch wenn Erwachsene mit einer ganzen Gruppe Jugendlicher zu tun haben. Bei Problemen wird in der Regel das Einzelgespräch gesucht. PPC setzt nun darauf, die Achse der Jugendlichen untereinan-der zu stärken, diese Achse positiv zu beeinflussen und Verantwortung zu übertragen. Damit tritt die Achse Jugendlicher – erwachsener Helfer zugunsten der Achse Jugend-liche – Jugendliche in den Hintergrund. Das macht erwachsenen Helfern in der Regel einige Probleme. Verstehen, erklären, beraten, Lösungen finden wird oft als eine Domäne Erwachsener gesehen. Sich selbst zurückzuziehen auf die Beobachterrolle und Jugend-lichen untereinander Raum zu geben, fällt daher vielen Erwachsenen schwer, wiegt doch aus ihrer Perspektive in diesem Bereich ihre eigene Lebenserfahrung oder ihre professio-nelle Kompetenz viel schwerer als die Kompetenzen der Jugendlichen. Erste wesentliche Bausteine zur Rolle der Erwachsenen in Peerprojekten sind hier zu finden: Verstärkt sind Fachkräfte gefordert, nicht nur Einzelbeziehungen zu ihren Jugendlichen zu gestalten, ver-stärkt gilt es, die Gruppenkultur zu fördern. Dabei müssen die Fachkräfte lernen, weniger selbst aktiv einzugreifen, sondern in der Beobachterrolle Jugendlichen Raum zu geben.

Jugendliche nicht als Hilfsempfänger wahrzunehmen, sondern als kompetente Helfer, be-deutet oft eine Einstellungs- und Verhaltensänderung für die betroffenen Erwachsenen. Bei der Evaluation des PPC-Ansatzes ergaben sich im Bezug auf die Kompetenzen der Jugendlichen interessante Unterschiede in den Perspektiven von Jugendlichen und pro-fessionellen Begleitern. So schätzen die Erwachsenen das gegenseitige Zuhören in den Gruppentreffen schlechter ein, als es die Jugendlichen tun, ebenso wie die Bereitschaft zu helfen oder die Bereitschaft, sich mitzuteilen.

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Kompetenzen Jugendlicher müssen aufgewertet werden. Dies muss nicht nur in der Ein-stellung der Erwachsenen passieren, sondern Kompetenzen Jugendlicher müssen be-nannt werden und zur Sprache kommen: Was genau war dein wichtiger Beitrag, mit dem du die Gruppe vorangebracht hast? Die Fokussierung auf die Stärken Jugendlicher ist ein weiterer wesentlicher Baustein zur Rolle der Erwachsenen in Peerprojekten.

Begleitete Gruppentreffen zur KulturentwicklungWas ist der Kern des Angebots? Die Jugendlichen werden angeleitet und aufgefordert, über ihre Alltagsprobleme zu sprechen und sich innerhalb ihrer Gruppe gegenseitig zu helfen. Oder wie ein Jugendlicher aus einem Projekt sagt: „Dann weiß das jemand und denkt, ey komm, wir helfen dem jetzt einfach – weil bei uns ist es einfach, wenn bei uns in der Gruppe jemand Hilfe braucht, dann sind wir da, unseren Leuten helfen wir halt.“7

Im Wesentlichen geht es also nicht darum, Hilfe zu erhalten und zu lernen, auf Erwach-sene zu hören. Wichtiger ist es, anderen zu helfen. So machen die Jugendlichen die Erfahrung, dass sie für andere wichtig sind, eine Erfahrung, die den eigenen Selbstwert positiv und nachhaltig stützt.

Die ca. 90-minutigen Gruppentreffen im PPC-Ansatz folgen bestimmten Regeln: Jedes Treffen beginnt damit, dass jeder Jugendliche ein aktuelles Problem benennt, das ihn gegenwärtig beschäftigt. In einem weiteren Schritt einigen sich alle Gruppenmitglieder anhand der Dringlichkeit der Probleme und der Motivation der Einzelnen einstimmig darü-ber, wer das Treffen bekommen soll. Im dritten Schritt, der den zeitlich größten Anteil des Treffens ausmacht, arbeitet die Gruppe intensiv an den Problemen und Verhaltenszielen des ausgewählten Jugendlichen, sie versucht ihn zu verstehen und bei der Problem-bewältigung und Zielerreichung maximal zu unterstützen. Zuletzt fasst der erwachsene Gruppenleiter oder die erwachsene Gruppenleiterin den inhaltlichen Verlauf der Sitzung und ihrer Ergebnisse, vor allem aber den Gruppenprozess für alle Gruppenteilnehmer zusammen. Damit erhalten wir einen weiteren wichtigen Baustein für die Rolle der Er-wachsenen in Peerprojekten: Die Erwachsenen beobachten und geben Rückmeldung, sie helfen zu fokussieren, ohne vorzuschreiben, zu bewerten oder gar zu entwerten.

Bei der Evaluation dieses Ansatzes ergab sich im Bezug auf die Rolle der Erwachsenen ein interessantes Bild: Die Fachkräfte schätzen ihren eigenen Beitrag zum Gelingen der PPC-Gruppen wesentlich höher und wertvoller ein, als die Jugendlichen den Beitrag der Erwachsenen sehen. Dies scheint ein Hinweis darauf zu sein, dass die eigene Rolle für Fachkräfte nicht einfach ist, wenn es um die Begleitung von Peergruppen geht.

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Abbildung 1: Unterschiede in den Sichtweisen von Jugendlichen und Fachkräften (46<n<58)

Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen sind eine wichtige Hilfe

Grad

der

Zus

timm

ung

Regeln werden eingehalten

5.00

4.50

4.00

3.50

3.00

2.50

2.00

1.50

1.00

Mitarbeiter/-innen Mitarbeiter/-innenJugendliche Jugendliche

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Einige Aussagen deuten darauf hin, dass es Mitarbeitern nicht immer leicht fällt, sich selbst zurückzunehmen:

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Jugendlicher, t6: „Dass auch die Erzieher irgendwie – nicht so oft irgendwie, also versuchen sich mehr rauszuhalten und zu gucken, dass es die Jugendlichen machen, auch wenn die Jugendlichen irgendwie grad keinen Bock haben, also dass die Erzieher mal gucken sollten, dass die Jugendlichen auch ohne sie klarkommen. Also es gibt schon manche Themen, da denken die Erzieher, oh, das bringt auch nichts, also nehmen wir den eh mal nicht dran. Dass sie versuchen mal auszuhalten, das heißt ja Auseinanderset-zung unter Gleichaltrigen, ist das Thema und nicht über Erzieher und Jugendliche.“

Mitarbeiter(in), t6: „… ich würd sagen, ich red immer noch zu viel. Also ich tret zu viel in der Vordergrund, einfach um das Ganze so ein bisschen – ja, mehr die Balance zu geben, weil die Schüler an sich sind natürlich sehr hitzköpfig und gehen aufeinander los und da mache ich wahrscheinlich zu viel noch, aber da bin ich natürlich in den Anfängen, muss mich noch – wenn die Gruppe länger bestehen würde, könnte ich da als Moderator auch immer mehr zurücktreten…“

Es bestehen auch deutliche Unterschiede zwischen Jugendlichen und Fachkräften, was die Einschätzung des eigenen Einflusses auf das Gruppengeschehen angeht. Die befrag-ten Mitarbeiter waren der Meinung, dass ihr Einfluss auf das Gruppengeschehen größer ist als der Einfluss der anderen.

Die Jugendlichen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen die Gruppenstruktu-ren ihrer PPC-Gruppen durchaus ähnlich wahr. Dies betrifft so unterschiedliche Aspekte wie den Zusammenhalt, Subsysteme, den eigenen Einfluss oder den Einfluss der ande-ren. Allerdings haben die Jugendlichen und die Fachkräfte unterschiedliche Kriterien, die sie zur Bewertung der Gruppenstrukturen heranziehen. Geht es den Fachkräften eher um die allgemeine Bewertung der Gruppen, das Wir-Gefühl und den Zusammenhalt, ist für die Jugendlichen bei der Bewertung der Gruppen die Unterstützung in der Entwicklung des Selbstbewusstseins entscheidend.

Abbildung 2: Einfluss aus Sicht der Jugendlichen und der Fachkräfte (11<n<52)

eigener Einfluss

Grad

des

Ein

fluss

es

Einfluss der anderen

3.00

2.80

2.60

2.40

2.20

2.00

1.80

1.60

1.40

1.20

1.00

Mitarbeiter/-innen Mitarbeiter/-innenJugendliche Jugendliche

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Wichtig scheint also für die Jugendlichen zu sein, dass sie sich in diesen Gruppen als selbstwirksam erleben können. Diese erfahrene Selbstwirksamkeit wird dann von den Jugendlichen nicht unbedingt in einen Zusammenhang mit der Gruppe gebracht:

Nachhaltige VeränderungenDurch die Möglichkeit, anderen zu helfen, kann Wertschätzung erfahren und ein positi-ves Selbstbild aufgebaut und stabilisiert werden. Wenn ein Jugendlicher sein problema-tisches Verhalten einstellt und stattdessen anderen hilft, gewinnt er an positiver Bedeu-tung für die anderen. Indem sie von ihren Freunden positiv erlebt werden, gelangen die Jugendlichen so selbst zu einem positiven Selbstbild.

Die Gruppentreffen verlangen viel von den Jugendlichen. Gemeinsam mit den erwach-senen Moderatoren treffen sie sich, um über ein Alltagsproblem eines Gruppenmitglieds zu sprechen. Sie überlegen, welche Hilfen sie sich gegenseitig geben können. In den Gruppen hat keiner das Recht, eine Person zu ignorieren, die Hilfe braucht. Vertrauen und Offenheit sind wichtig. Probleme sind normal, und es ist richtig, sie zu zeigen. Ver-trauen, Hilfsbereitschaft, Verantwortung untereinander und soziale Kompetenz wachsen. Akzeptanz, Verstehen, Toleranz untereinander nehmen zu. Die Jugendlichen sprechen über eigene Probleme, Schwächen und Stärken. Konflikte und Krisen werden angespro-chen. Zuhören wird gelernt. Und selbst manche Eltern spüren Veränderungen: „Also das letzte Mal war, also da war es ein bisschen problematisch mit ihm, und dann nach einer gewissen Zeit kam er dann plötzlich, also ich kam zu ihm ins Zimmer und dann sagt er zu mir: Wollen wir reden? Und das, schon allein das, Reden, also das ist was ganz Neues.“7

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Mitarbeiter, t6: „Aber – man merkt so im Täglichen, dass die Jungs auf manche Sachen doch anders reagieren, die reagie-ren, nicht bewusst, ne, au, das haben wir in Peer-Group gelernt, sondern man merkt, dass sie unbewusst doch öfters mal den Mund aufmachen und mal anderen Jugendlichen sagen, hör auf mit deinem Scheiß, das wollen wir einfach nicht mehr hören, so, das machen sie eigentlich doch, einige, ne, manchen gar nichts ist klar, aber einige haben da doch schon vieles rausgezogen, die reagieren dann. Sicher, wenn man die fragt, machst du das wegen der Peer-Gruppe, dann sagen die: Was? Nein, das war einfach so mein Bedürfnis, ne und das haben wir mitgekriegt, ja.“

Tabelle 1: Unterschiedliche Bedeutung des Zusammenhalts bei Jugendlichen und Fachkräften

Gefallen mir gut (6. Befragung)

Halten wir wirklich gut zusammen (6. Befragung)

Korrelation nach Pearson

Signifikanz (2-seitig)

n

Korrelation nach Pearson

Signifikanz (2-seitig)

n

Kohäsion(6. Befragung)

.04

.79

53

.09

.53

53

* p <.05; ** p<.01

Gefallen mir gut(6. Befragung)

-.01

.97

57

Jugendliche (n=57) Fachkräfte (n=47)

Kohäsion(6. Befragung)

.36*

.05

31

.46**

.01

31

Gefallen mir gut(6. Befragung)

.55**

.001

47

Page 23: Peer to Peer - integriert und vernetzt

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Damit kommen wir zu einem weiteren wichtigen Baustein in dem, was richtiges Rollenver-halten der Erwachsenen angeht: Neben der Sicherung des Gelernten durch Beobachtung und Rückmeldung geht es auch um die Förderung des Transfers. Es gilt, das Gelernte auf andere Alltagssituationen zu übertragen. Einerseits regt der Erwachsene mit seinen Botschaften über die Stärken Jugendlicher den Transfer an, andererseits greift er erste Ansätze auf.

Die Kultur der OrganisationAm Ende geht es aber nicht nur um das Lernen der Jugendlichen und den Transfer der neuen Kompetenzen in den Alltag außerhalb der Gruppe oder Einrichtung. Und damit kommen wir zu einem weiteren Baustein im Rollenverständnis der Erwachsenen: Die Ge-staltung der Kultur der Einrichtung. Wie die folgende Abbildung zeigt, wird es im Verlauf der pädagogischen Arbeit mit PPC den Jugendlichen immer wichtiger, einander zu hel-fen. Und das prägt natürlich die Kultur der Einrichtung.

Eine unterstützende Kultur zu prägen ist auch Aufgabe der Fachkräfte. Zwar stellt sich die Aufgabe einer positiven stabilen Identität, eines positiven Selbstwerts für Jugendliche in besonderer Weise. Aber die Sicherung und Entwicklung der Identität ist gewiss eine Aufgabe über den ganzen Lebenslauf. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Modera-torinnen und Moderatoren in den Gruppen sind oft beeindruckt von den Kompetenzen der Jugendlichen, von ihren Argumenten, die die Stärken in den Blick nehmen und Op-timismus verbreiten. Zeigen die Jugendlichen da nicht etwas, was auch im Miteinander der Fachkräfte wichtig wäre? Müssten die Erwachsenen nicht auch Generosity pflegen, Hilfe bereitstellen, wann immer sie benötigt wird, und damit eine Kultur des Wachsens in der Einrichtung fördern? In vielen Einrichtungen, die mit PPC arbeiten, werden deshalb ergänzend vergleichbare Gesprächskreise für die Fachkräfte angeboten. Diese Teamge-spräche leisten einen weiteren Beitrag zu einer resilienten Organisation, in der Partner-schaftlichkeit, gegenseitige Unterstützung, Dialog und Hilfe kulturtragend sind8.

Z u r R o l l e e r w a c h s e n e r M u l t i p l i k a t o r e n i n P e e r p r o j e k t e n

3.8

3.6

3.4

3.2

3.0

2.8

2.6

2.4

2.2

2.0

Befragung 5 Befragung 6

hilfsbereit gegenüber anderen Jugendlichen

nicht von anderen Jugendlichen beeinflussen lassen

nicht von Mitarbeitern beeinflussen lassen

Abbildung 3: Wünsche und Erwartungen an das Leben im Heim (n<53)

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Eine Unternehmensberatung wirbt auf ihrer Website mit dem Aufmacher „Multiplikatoren / ‚Change Agents’: Wanderprediger der Veränderung“9. Damit fügt sich in unser Rollen-konzept ein weiter Baustein ein. Es geht darum, zu informieren, zu werben, zu ermutigen. Eine Fachkraft als „Change Agent“ fördert eine positive und unterstützende Kultur unter den Jugendlichen. Dafür muss geworben werden. Und dies zum einen bei Jugendlichen, aber auch in ihrem Umfeld, bei ihren gleichaltrigen Freunden, bei Familienangehörigen, im Quartier oder in der Einrichtung. Wer werben will, muss glaubwürdig sein. Am besten gelingt dies, wenn der Multiplikator das lebt, was er von anderen erwartet.

Aus dem Konzept der Gruppengespräche wird so ein Angebot, das für die Jugendlichen in Gruppen, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einem besonderen Modell der kollegialen Fall- und Praxisberatung umgesetzt wird. So werden die erwachsenen Mo-deratoren zu Multiplikatoren einer umfassenden Peerkultur, die vor allem von der Frage getragen wird: Wie kann ich dir helfen?

Literatur1 Lerner, R.M. (2009). The positive youth development perspective: Theoretical and empirical bases of a strengths-based approach to adole-

scent development. In: Snyder, C. R. & Lopez, S. J. (eds.): Oxford handbook of positive psychology, Oxford: Oxford University Press, S. 149–1632 Steinebach, Ch. & Steinebach, U. (2008). Best practice prüfen. Zur Evaluation von PPC-Projekten. In: Opp, G. & Teichmann, J. (Hrsg.): PPC

in der Praxis. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 157–1733 Steinebach, U. & Steinebach, Ch. (2006). Jugendberatung. In: Steinebach, Ch. (Hrsg.): Handbuch Psychologische Beratung. Stuttgart:

Klett-Cotta, S. 355–3734 Ryan, R. M. & Deci, E. L. (2000). Self-Determination Theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being.

American Psychologist, 55(1), S. 68–785 Brendtro, L., Brokenleg, M. & Van Bockern, S. (2002). Reclaiming youth at risk: Our hope for the future. Blommington: Solution Tress6 Vorrath, H. H. & Brendtro, L. K. (2007). Positive Peer Culture. 2. Auflage. New Brunswick: Aldine7 Steinebach, Ch. & Steinebach, U. (2009). Positive Peer Culture with German Youth. Reclaiming Children and Youth, 18(2), S. 27–338 Steinebach, Ch. & Steinebach, U. (2010). Resilienzförderung im Jugendalter. Die Stärken der Peerbeziehungen nutzen.

In: Hackauf, H. & Ohlbrecht, H. (Hrsg.): Jugend und Gesundheit. München: Juventa, S. 304–3209 http://www.umsetzungsberatung.de/methoden/multiplikatoren.php

AutorenDipl.-Päd. Ursula Steinebach, Marianum Hegne, Konradistr. 16, D-78476 Allensbach-Hegne; Prof. Dr. Christoph Steinebach, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Angewandte Psychologie, Minervastraße 30, CH-8032 Zürich

Ursula Steinebach ist Diplom-Pädagogin und Dozentin an der Fachschule für Sozialpädagogik in Allensbach.

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Ideen und VisionenIn diesem Beitrag sollen basierend auf den Erfahrungen von Peer-Education-Projekten im Rahmen des europäisches Netzwerkes für praktische Suchtprävention „euro net“ und des in diesem Kontext stattgefundenen internationalen Praxisprojekt zur Peer-Group-Education „euro peers“ (vgl. Landschaftsverband Westfalen-Lippe o. J.; Kahr 1999) sowie meiner persönlichen Erfahrung in der Ausbildung und Begleitung von Jugendlichen im Rahmen des SAS-Projektes (vgl. den Beitrag von Zeyringer in diesem Buch) Orientie-rungspunkte für zukünftige Peer-Education-Projekte dargestellt werden.

Diese Orientierungspunkte und Ideen sollen Anhaltspunkte und Hilfe für die Planung von Peer-Education-Projekten bieten. Sie können und sollen diskutiert, ergänzt, erweitert und umformuliert werden.

Als Basis für die folgenden Orientierungspunkte möchte ich diesem Beitrag eine 10-Punk-te-Liste für Peer-Education-Projekte voranstellen – das Ergebnis einer Fachtagung zur Peer-Group-Education, die im Rahmen der Europäischen Woche der Suchtprävention im November 1998 in Dänemark veranstaltet wurde.

10 zu beachtende Punkte für peer-group-education-Projekte

Peer Education muss1. Jugendliche als wertvolle Ressource erkennen2. demokratische Entwicklung fördern3. die Kompetenz Jugendlicher fördern4. freiwillig sein und persönliche Verantwortung akzeptieren sollte5. alle Beteiligten in die Planung einbinden und eine gemeinsame Projektträgerschaft fördern6. Rollen und Ziele offenlegen7. unterstützt und evaluiert werden8. erweiterte Motivationsstrukturen und9. eine Fülle an Aktivitäten10. auf Information basierende persönliche Entscheidungen aufbauen

Lasse Gardsoe / Ib Hansen /Kristian Kristoft /Sven Morch; zitiert aus der Dokumentation der Fachtagung „peer group education – eine

Methode in der primären Suchtprävention“, 18.–20.11.1998

Orientierungspunkte für Peer-Education-Projekte

Claudia Kahr

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Die ersten vier Punkte dieser Liste beschäftigen sich mit Themen, die für alle Peer-Educa-tion-Projekte Voraussetzung sein sollten. Als Projektkoordinatorin bzw. -koordinator soll-te man die Jugendlichen, die man erreichen will, als Ressource betrachten (1). Sie sind die Expertinnen und Experten für ihr Leben. Wenn man ein Projekt nach dem Peer-Edu-cation-Ansatz durchführen will, muss man das berücksichtigen. Ebenso wichtig ist, dass eine wirkliche Demokratie im Projekt zugelassen wird. Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Peer-Projekten fühlen sich nur dann in ihren Kompetenzen und Fähigkeiten akzeptiert und ernst genommen, wenn sie als Expertinnen und Experten ihre Erfahrungen, Wünsche und Forderungen als in einem demokratischen Diskurs respektiert wahrgenommen se-hen. Man muss zudem den Jugendlichen den „Weg“ im Projekt erleichtern, so dass sie ihre Kompetenzen erkennen und zeigen (3). Das ist nicht möglich, wenn die Jugendlichen nicht freiwillig am Projekt teilnehmen (4).

Die nächsten drei Punkte beschäftigen sich mit Themen, wie ein Projekt entsteht. Für ein wirklich demokratisches Projekt müssen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Pro-jektplanung eingebunden werden. Dies ist ebenso eine grundlegende Bedingung, wenn jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer das Projekt als ihres bzw. seines ansehen soll, was notwendig ist, wenn sie weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreichen sollen (5). Doch gemeinsame Zuständigkeit für ein Projekt soll nicht heißen, dass professionelle Rollen verborgen bleiben sollen. Aus diesem Grund ist es wichtig, Rollen und Ziele des Projektes offenzulegen (6). Die Unterstützung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wäh-rend des gesamten Projektes ist immens wichtig. Ebenso wichtig ist es, dass das Projekt als Ganzes unterstützt und evaluiert wird, so dass Ergebnisse und Erfahrungen mit Teil-nehmerinnen und Teilnehmern anderer Projekte geteilt werden können (7).

Die letzten drei Punkte beschäftigen sich mit den Zielen des Projektes in Bezug auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmern und allen anderen, die erreicht werden sollen. Die Schaffung einer Wissensgrundlage und neuer Erfahrungen soll die Jugendlichen für ihr Leben motivieren (8). Das Projekt selbst soll unterschiedliche Erfahrungen und Handlungs-alternativen anbieten (9). Zuletzt ist es unerlässlich, dass ein Projekt seinen Teilnehmerin-nen und Teilnehmern ermöglicht, freie Entscheidungen bezüglich Drogenkonsum zu treffen.

Respekt vor und Achtung der Jugendlichen und ihrer Peer-Group – oder: Reden wir über ethische Grundhaltungen?Jugendliche als Partner/innen, ihr Wissen und Denken als wichtige Ressource zu res-pektieren, um auch von ihnen zu lernen, ist eine notwendige Voraussetzung für Peer-Group-Education.

Dieser Respekt basiert auf einer Haltung, die ein Gegenüber in seiner konkreten Lebens-situation akzeptiert, dessen persönliche Autonomie nicht in Frage stellt und Rahmenbe-dingungen schafft, die ein eigenverantwortliches und selbstständiges Handeln ermög-lichen. Wenn die Peer-Group, ihre Kommunikationsstrukturen, Werte und Normen mit Respekt betrachtet werden, sind Bedingungen geschaffen, die einem missbräuchlichen Eingriff und einer Manipulation vorbeugen.

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Dazu ist es wichtig, von Beginn an dem Projekt zu Grunde liegende Werte und Ziele of-fenzulegen, so dass die Jugendlichen frei und nach ihren Interessenlagen entscheiden, ob sie an diesem Projekt teilnehmen wollen, in dem Bewusstsein, was auf sie zukommen wird. So können auch übertrieben ausgeprägte Helferwünsche von Seiten der Jugendli-chen frühzeitig diskutiert und relativiert werden.

Maßnahmen und Auswirkungen im Rahmen der Projekte sind im eigenen Team, mit ande-ren Projektleiterinnen und -leitern und letztlich mit allen Beteiligten laufend zu reflektieren und auch zu hinterfragen. Eine starke Einbindung der Zielgruppe in die Planung und auch in die Reflexion des Projektes ist hilfreich. Der wirkliche Bedarf der Zielgruppe kann so abgeklärt, Ziele können hinterfragt und Inhalte aktiv mitbestimmt werden. Aus einer mög-lichen Manipulation wird somit Beteiligung. Von gegenseitigem Respekt getragene Zu-sammenarbeit zwischen Jugendlichen und Erwachsenen wird erlebbar. Gary R. Svenson zitiert in seinem Leitfaden zu Aids-Peer-Education für Jugendliche die Beteiligungsleiter von Hart (vgl. Svenson 1998), die dazu einen wesentlichen Rahmen bietet (vgl. S. 345).

Beziehung Trainerin bzw. Trainer und Peer-Leader – oder: Vertrauen schafft Orientierung auf beiden SeitenPeer-Education lebt von Beziehungen – Beziehungen der Jugendlichen untereinander, Beziehungen zu Erwachsenen, unterschiedlichen Rollen …Die Beziehungen der Jugendlichen untereinander sind zu respektieren, und es ist wichtig, dort so wenig wie möglich einzugreifen (z. B. durch Präsentations- oder Kontrollaufträge). Ich möchte an dieser Stelle das Bild einer Karte nehmen: Peer-Education bedeutet, ge-meinsam mit Jugendlichen einen Weg auf einer Karte einzuzeichnen, wie man von einem Punkt zum einem anderen Punkt gelangt. Ihren Weg, den sie tatsächlich gehen, wählen die Peer-Leader aber in der konkreten Praxis selbst, und die anderen Jugendlichen ent-scheiden, ob sie ihnen folgen. Es braucht dazu keine besonderen Hinweise oder Präsen-tationen der Jugendlichen untereinander.

Ein Ziel im Rahmen der Projekte kann und sollte auch das Treffen von eigenverantwortli-chen Entscheidungen sein, wofür ein Übungsfeld geboten wird. Erwachsene Trainerinnen und Trainer machen Angebote, zeigen ihrer Meinung nach „gesunde Strategien“ auf, ma-chen transparent, wie sie dazu kommen, und „antworten“ auch auf jugendliches Experi-mentieren – ohne Verbote oder Gleichgültigkeit.

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Die BeteiligungsleiterDer Leitfaden zu Aids-Peer-Education bezieht sich im Folgenden häufig auf die sog. Beteiligungsleiter von Hart. Sie wurde nebenan abgebildet. Hart hat sie als Typologie entwickelt, um das Nachden-ken über die Beteiligung von Kindern zu erleichtern.

1. Manipulation: Wenn ein Kind keine Ahnung von einer Sache hat und deshalb sein Handeln auch nicht verstehen kann, ist das Manipulation.

2. Vorzeigeobjekt: Dies wird als eine Stufe über der Manipulation stehend beschrieben, da die Erwachsenen hier nicht vorgeben, dass die Handlung vom Kind ausging. Sie benutzen Kinder indirekt zum eigenen Vorteil.

3. Scheinbeteiligung: Dem Kind wird zwar erlaubt zu sprechen, es hat aber in Wirklichkeit keinen Einfluss auf Thema oder Stil des Gesagten und wenig oder keine Möglichkeit, seine eigene Meinung zu formulieren. Ein gutes Beispiel ist die Scheinbeteiligung von Kindern an Gremien bei Konferenzen.

4. Zugewiesen, aber informiert: Diese Stufe markiert den Anfang wahrer Beteiligung.– Das Kind versteht die Ziele des Projektes.– Es weiß, wer die Entscheidung über seine Beteiligung getroffen hat und warum.– Es spielt eine bedeutsame Rolle.– Es macht freiwillig bei dem Projekt mit, nachdem ihm das Projekt erklärt wurde.

5. Befragt und informiert: Das Projekt wurde von Erwachsenen initiiert und umgesetzt, doch das Kind versteht den Prozess und wird in seinen Ansichten ernst genommen.

6. Erwachsenen-initiierte Entscheidung mit Kindbeteiligung: Obwohl das Projekt von Erwachsenen initiiert wurde, wird das Kind an den Entscheidungen beteiligt.

7. Kind-initiiert und bestimmt: Wenn das Umfeld unterstützend wirkt können auch kleine Kinder in größeren Gruppen miteinander kooperieren.

8. Kind-initiierte Entscheidung mit Erwachsenenbeteiligung: Pro-jekte wie diese gibt es leider viel zu selten. Und zwar nicht etwa, weil Teenager kein Verlangen hätten, Nützliches zu tun. Es gibt eher wenige Erwachsene, die sich für die besonderen Belange von jungen Menschen interessieren.

Frei übersetzt nach: Hart, R.: Children's Participation – From Tokenism to Citizenship.

Innocenti Essays, No. 4. New York 1992.

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Kind-initiierte Entscheidungen mit Beteiligung Erwachsener

Kind-initiiert und bestimmt

Erwachsenen-initiierte Entscheidungen mit Beteiligung des Kindes

Kind wird befragt und informiert

Dem Kind wird die Beteiligung zuge-wiesen, es wird jedoch informiert

Keine Beteiligung

Vorzeigeobjekt

Manipulation

Grad der Beteiligung

Scheinbeteiligung

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Die Beziehung Trainerin bzw. Trainer zu Peer-Leader und umgekehrt bietet viele Möglich-keiten der Begegnung und gegenseitigen Lernerfahrung. Sie ist bewusst und aktiv von beiden Seiten zu gestalten, Rollen und Erwartungen sind zu klären (Bin ich dein Kumpel oder einer Lehrerin bzw. einem Lehrer gleichgesetzt? Wie viel an Unterstützung wird er-wartet und gebraucht, wie viel bin ich bereit zu geben? …). Jugendliche prüfen sehr ge-nau, mit wem sie eine Beziehung eingehen, wem sie vertrauen können, ob dieser Mensch lebt, was sie bzw. er erzählt …

Es geht nicht darum, so zu tun, als ob man auch als Erwachsener im selben Boot säße, Jugendliche sind mehr an den Wirbelstürmen an Land interessiert, die Erwachsene zu bewältigen haben, als an den Wellen vor Jahrzehnten und den Umgang damit. Lebensein-stellungen und Haltungen (auch gegenüber dem Konsum bestimmter Substanzen) sind offenzulegen und auszutauschen, dann kann Begegnung passieren, die nicht auf Beleh-rung aufgebaut wird. Von großer Bedeutung erscheinen hier die Erfahrungen zwischen den methodisch aufbereiteten Ausbildungsblöcken – die direkte zwischenmenschliche Auseinandersetzung, die lange über irgendwelche Projektaufträge hinauswirkt.

Einstimmig wird von den Projektleiterinnen und -leitern die Bedeutung einer regelmäßigen Begleitung der Jugendlichen hervorgehoben – weniger im Sinne einer Kontrolle des Wei-tergegebenen als mit dem Ziel einer persönlichen Unterstützung.

Das Zitat eines belgischen Projektleiters drückt dies treffend aus und soll deshalb an die-ser Stelle noch einmal angeführt werden: „Peer-Group-Education-Projekte kosten viel-leicht weniger Geld, aber mehr Zeit. Es ist wichtig, für die Jugendlichen da zu sein.“Wie verantwortlich ist es, Jugendliche zu bestimmten Themen zu sensibilisieren, ihnen Themen und Probleme bewusst zu machen, und sie schließlich alleine zu lassen?

Die Erreichbarkeit auch außerhalb der „offiziellen“ Projektzeiten ist wichtig, ein offenes Ohr für persönliche Anliegen. So kann Lebenskompetenz wachsen. Diese Begleitung ist gut möglich, wenn die Rollen klar sind. Sollten Lehrerinnen und Lehrer auch Trainerinnen und Trainer in Peer-Education-Projekten sein, so ist an dieser Stelle eine Rollendiffusion zu diskutieren bzw. sollten nie Lehrerinnen und Lehrer dieser Klasse oder sogar dieser Schule gleichzeitig in einer (durch Schulnoten) bewertenden Rolle und einer begleitenden Trainerinnen- bzw. Trainerrolle auftreten.

Die Begleitung braucht weiter klare Grenzen zur Beratung und eine rechtzeitige Überwei-sung zu entsprechenden Institutionen.

Zusammenfassend kann Unterstützung der Peer-Leader durch Trainerinnen und Trainer so-wie Projektkoordinatorinnen und -koordinatoren folgendermaßen beschrieben werden:

– Mehrtägige Seminare, die sich in ihren Inhalten und Methoden an den Bedürfnissen und Erfahrungen der Zielgruppe orientieren– Regelmäßige Reflexionstreffen, in deren Rahmen auch aktuelle Information zur Verfü- gung gestellt wird– Begleitung und Unterstützung in der Entwicklung und Umsetzung eigener Ideen zum Thema

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– Schaffung von Kommunikationsforen zum Austausch und zur Auseinandersetzung mit allen Beteiligten (sowohl Jugendliche als auch Erwachsene) zum Thema– Moderation dieser Foren und Vermittlung bei Konflikten und Problemen im Rahmen des Projektes– Rückmeldung, Ermutigung und emotionaler Beistand im Hinblick auf Aktivitäten im Rahmen des Projektes– Motivation der Peer-Leaders bei gleichzeitiger freier Entscheidung, ob und wie viel sie zum Projekt beitragen wollen– Begleitung und Unterstützung bei persönlichen Fragestellungen und Problemlagen im Bedarfsfall– Vermittlung und Überweisung an geeignete Fachinstitutionen im Bedarfsfall

Die Arbeit in einem gemischtgeschlechtlichen Trainerinnen- und Trainerteam zur Erfüllung dieser Aufgaben hat sich als günstig erwiesen.

Für Projekte verschiedenster Art sind im Vorhinein finanzielle und personelle Ressourcen abzuklären. An dieser Stelle muss unter Berücksichtigung der oben genannten Unter-stützungsaufgaben die Frage nach Beziehungskapazitäten der Trainerinnen und Trainer sowie der Projektkoordinatorinnen und -koordinatoren gestellt werden. Mit wie vielen Ju-gendlichen kann ich eine derartige Beziehung eingehen? Wie tragfähig sind diese Bezie-hungen, wie regelmäßig und aktiv sind sie gestaltbar, und wie und wann können sie auch verantwortungsvoll wieder beendet werden?

Ablauf von Peer-Education-Projekten – oder: Wer trägt die Verantwortung wofür? Suchtprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und soll und darf nicht als Auf-gabe einiger weniger Jugendlicher gesehen werden. Peer-Education ist darüber hinaus ein eigener Ansatz, der die Besonderheiten des Jugendalters beachtet, und sollte nicht lediglich als Multiplikation von Inhalten und Methoden verstanden werden. Es ist ein spe-zieller Ansatz, eine Strategie der Suchtvorbeugung, die bestimmte Rahmenbedingungen und parallel andere suchtpräventive Strategien benötigt. So ist es wichtig, dass Peer-Education-Projekte, die im schulischen Rahmen stattfinden, dort gut verankert sind, als ein Schulprojekt gesehen werden und die Aktivitäten der Jugendlichen ein Teil der sucht-präventiven Maßnahmen an einer Schule sind.

„Ein weiterer Königsweg in der Suchtprävention“ wird der Peer-Education-Ansatz manch-mal begeistert oder auch kritisch genannt – problematisch wird es, wenn dieser Ansatz als der einzige Weg gesehen wird und einseitig Verantwortung für eine gesamtgesell-schaftliche Aufgabe auf eine kleine Gruppe von Jugendlichen abgeschoben wird.

Klare Vereinbarungen von Beginn an, die Offenlegung von Verantwortlichkeiten, die For-mulierung von Erwartungen, Rollen und Aufgaben wirken sich sehr positiv aus und ver-hindert, dass Peer-Leader instrumentalisiert werden, um als „Problemlöserinnen und Pro-blemlöser“ missbraucht zu werden.

Hilfreich ist neben der Begleitung durch eine Fachkraft die Übernahme der Projektkoor-dination durch eine Person aus dem System, in dem das Projekt stattfindet (eine Lehrerin bzw. ein Lehrer in der Schule, eine Jugendarbeiterin bzw. ein Jugendarbeiter in einem Ju-

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gendhaus ...). Als günstig haben sich außerdem regelmäßige Treffen einer Projektgruppe erwiesen, die aus Vertreterinnen und Vertretern aller Beteiligten (z. B. Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Elternvertreterinnen und -vertreter, Schulleitung, Schul-ärztin bzw. Schularzt …) besteht.

In diesem Gremium wird das Projekt geplant, regelmäßig reflektiert, werden aktuelle In-formationen ausgetauscht, weitere Aktivitäten entwickelt, und die Verteilung von Verant-wortlichkeiten kann offen angesprochen werden.

Für die begleitende Suchtpräventionsfachkraft ergeben sich hohe Ansprüche hinsichtlich einer Moderation, die eine ehrliche Kommunikation zwischen Jugendlichen und Erwach-senen ermöglicht. Jugendliche brauchen Freiräume, ihr Ideen wollen ernst genommen werden, was gerade Lehrpersonen nicht immer ganz leicht fällt. Das Zitat einer beteiligten Lehrperson bringt dies sehr gut zum Ausdruck: „Hier müssen Lehrende erkennen, dass Lernende etwas besser können.“

Nichtbeachten der Kompetenzen von Jugendlichen oder im Gegenteil eine Überforde-rung an erwartenden Aufgaben kann zu Desinteresse auf Seiten der Jugendlichen führen (siehe Beteiligungsleiter).

Die Motivation von Jugendlichen verändert sich, diese „Natur“ des Jugendalters sollte ihren Platz im Projekt haben. Erwachsene tragen die Hauptverantwortung für die kon-tinuierliche Fortsetzung des Projektes, was nicht heißen soll, dass Jugendliche absolut willkürlich mit ihren Verantwortungen und Aufgaben umgehen können. Peer-Education-Projekte können in dieser Hinsicht eine Vorbereitung für gelebte Demokratie mit Rechten und Pflichten sein.

Wichtig ist, dass die Verantwortung für Rückschläge und Probleme im Projekt nicht auf die Jugendlichen abgeschoben werden. Jegliche Form der Bewertung des Projektes – vor allem durch Außenstehende – sollte nicht zu einer einseitigen Bewertung der Jugendlichen führen. Wird ein Projekt von mehreren Verantwortlichen gemeinsam getragen, sind auch Lob und Kritik sowie die Verantwortung für Erfolge und Misserfolge gemeinsam zu tragen.

Häufig bestehen unausgesprochene Erwartungen und Aufträge an die Jugendlichen. Die-se unausgesprochen Erwartungen bewusst zu machen, klarzustellen und Verantwortlich-keiten korrekt zu verteilen wird als eine der wesentlichsten Aufgaben von Trainerinnen und Trainern sowie Projektkoordinatorinnen und -koordinatoren in der weiteren Beglei-tung von Projekten gesehen.

Einbindung von Lehrerinnen und Lehrern, Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeitern und Eltern – oder: Peer-Education braucht viele Partnerinnen und PartnerDer Blick auf viele Praxisprojekte im Kontext von „euro peers“ macht deutlich, dass bei der Hälfte der Projekte Lehrerinnen und Lehrer bzw. Jugendarbeiterinnen und Jugendar-beiter aktiv in die Projekte miteingebunden werden. Diese Einbindung reicht von schriftli-cher oder persönlicher Information über Fortbildungsangebote bis zu sehr klar definierten Rollen im Projekt, die die Übernahme bestimmter Aufgaben vorsehen. Diese Aufgaben wiederum reichen von Begleitung und persönlicher Unterstützung der Jugendlichen im Bedarfsfall über die Auswahl der Jugendlichen bis zur Mitarbeit bei den Trainings.

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Auffallend ist, dass gerade die verstärkte Einbindung von Lehrerinnen und Lehrern in Zu-kunft bei geplanten Veränderungen der Projekte besonders oft genannt wurde.

Lehrerinnen und Lehrer sind entscheidend für die Begleitung vor Ort, da sie in einem ständigen Kontakt mit den Jugendlichen stehen, gleichzeitig können sich aber Schwie-rigkeiten durch ihre Rolle ergeben, einerseits zu begleiten und dann auch wieder zu be-urteilen.

Gute Erfahrungen wurden gemacht, je klarer diese Rolle ausgesprochen und reflektiert wird und wenn Lehrerinnen und Lehrer wirklich schon in der Ausbildung einen Teil über-nehmen können (z. B. Abenddienste bei den Trainings als Bezugspersonen oder gemein-same Einheiten am letzten Tag vor der Rückkehr in die Schule).

Eine Vision dazu ist, dass – vor allem auf Grund der Langfristigkeit der Projekte und der sich daraus ergebenden begrenzten Beziehungskapazität von Fachkräften der Suchtprä-vention – Projekte Teil der Schulstruktur werden können und Trainings z. B. von Lehrerin-nen und Lehrern anderer Schulen, jedoch desselben Bezirkes nach einer entsprechen-den eigenen Ausbildung durchgeführt werden. Diese Lehrerinnen und Lehrer könnten die Projekte an den Schulen begleiten und werden von den Facheinrichtungen supervidiert.

Eltern als Zielgruppe der Suchtprävention sind besonders schwierig zu erreichen. Peer-Education-Projekte in Schulen (in der offenen Jugendarbeit ist dies weniger ein Thema) bieten eine weitere Möglichkeit, über die Jugendlichen auch Eltern für das Thema zu sensibilisieren. Es gibt für Eltern Verantwortungsbereiche zum Thema, Ziel sollte sein, dass Eltern diese Verantwortung sehen und übernehmen. Probleme können sich erge-ben, wenn sich die Einbindung von Eltern auf Präsentationen der Jugendlichen für Eltern beschränken.

Interessant sind dazu die Erfahrungen des niederländischen Projektes, wo Elternpeers aus-gebildet wurden, die in sozialen Netzwerken engagiert sind. Das eigene Konsum- sowie das Vorbildverhalten wurden reflektiert, und Erziehungsfragen wurden diskutiert. Dies wäre eine gute Möglichkeit, Eltern in Peer-Education-Projekte einzubinden.

Die Auswahl der Jugendlichen – oder: Manche Lampen leuchten hellerBezug nehmend auf die Erfahrungen der Praxisprojekte zum Auswahlprozess der Ju-gendlichen sollen folgende Empfehlungen hinsichtlich des Auswahlverfahrens und der Auswahlkriterien abgegeben werden:

Die Einbindung der Peer-Group in den Auswahlprozess durch eine genaue Information über das Projekt, die Entscheidung, ob das Projekt stattfinden soll, sowie Mitbestim-mung in der Festlegung von Auswahlkriterien ist empfehlenswert. Die Berücksichtigung weiterer Projektpartnerinnen und -partner (Lehrerinnen und Lehrer, Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter …) in zweiter Linie ist möglich. Die Zustimmung der Eltern ist – unter anderem zur rechtlichen Absicherung – erforderlich.

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Folgende Kriterien wurden von den Projektleiterinnen und -leitern am häufigsten genannt und können als grundlegende Merkmale zur Auswahl der Opinion-Leaders gesehen werden:

– Freiwilligkeit– Interesse– anerkannter Platz in der Peer-Group– rhetorische Fähigkeiten– gleichwertige Verteilung männlich/weiblich– zuhören können– Durchsetzungsvermögen

Weitere spezielle Kriterien können mit der Peer-Group festgelegt werden. Diese Einbin-dung kann Neid und einer möglich Außenseiterinnen- und Außenseiterrolle auf Grund von Expertentum vorbeugen.

Rolle und Auftrag der Peer-Leader – oder: Gleich und gleich gesellt sich gerneEine klare Abgrenzung im Auftrag der Opinion-Leaders hinsichtlich einer beratenden Funktion zu verschiedenen Problemstellungen in der Peer-Group ist notwendig.

Besonders diskutiert, manchmal sehr umstritten, sind Aufträge an die Jugendlichen, In-formationen für ihre Peer-Group aufzubereiten, Präsentationen durchzuführen oder Work-shops anzuleiten.

An dieser Stelle soll eine Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen derartiger Bestand-teile in Peer-Education-Projekten versucht werden:

Trainings ohne Präsentationsauftrag

VorteileLassen den Jugendlichen die freie Entscheidung über Form, Inhalt und Ausmaß der bewussten Weitergabe ihrer Erfahrungen an die Peer-Group.

Die Trainings sind stark erlebnis- und erfahrungsorientiert aufge-baut. Das eigene Erleben steht im Vordergrund, es müssen keine Methoden verwendet werden, die anschließend auch von den Jugendlichen umgesetzt werden können.

Die Trainings, die Gruppe, die einzelnen Jugendlichen werden etwas Besonderes sowohl im eigenen Erleben als auch in der Beobachtung durch andere. „Sie haben etwas miteinander erlebt, das sie mit niemand anderem teilen.“

Keine Manipulation von Jugendlichen durch Weitergabe von Erwachsenen-Botschaften.

Positive Beurteilung des Projektes durch die beteiligten Jugendli-chen, da kein Auftrag im Anschluss.

NachteileOft unklare Rollendefinition der ausgebildeten Jugendlichen, Unsicherheit auf Seiten der beteiligten Erwachsenen und eventuell der anderen Jugendlichen.

Für die Jugendlichen ist es manchmal schwieriger, die Inhalte und Ziele der Trainings gegenüber beteiligten Erwachsenen zu „rechtfertigen“.

Verunsicherung und Skepsis der anderen Projektbeteiligten: „Was passiert wirklich während dieser Trainings?“

Transfer der Botschaften und Erfahrungen in die Peer-Group erfolgt nicht.

Gefahr der Überforderung, wenn kein klarer Auftrag erfolgt und Jugendliche selbst ihre Zuständigkeit definieren (z. B. Ich mache jetzt Suchtberatung für alle, die mich brauchen).

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Trainings mit Präsentationsauftrag

VorteileKlare Aufgabendefinition für die Jugendlichen im Rahmen des Projektes.

Der Auftrag der Jugendlichen ist für alle am Projekt Beteiligten offensichtlich.

Positive Rückmeldungen von anderen und die Erfahrung, selbstän-dig zu planen und diese Pläne umzusetzen, fördern das Selbstbe-wusstsein der Jugendlichen.

Die „offizielle“ Weitergabe der Information und der gemachten Er-fahrungen kann ein geheimes „Experten- und Elitetum“ verhindern („Ich weiß etwas, das du nicht weißt!“).

Jugendliche werden mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen ernst genommen. Sie wissen, was Thema in ihrer Peer-Group ist, und wählen danach Inhalte und Methoden aus.

Entdecken neuer Fähigkeiten hinsichtlich Rhetorik, Moderation, Kommunikation…

Erlernen von Teamfähigkeit durch Zusammenarbeit mit anderen Jugendlichen in der Vorbereitung und Umsetzung von Präsentatio-nen oder Workshops.

Annähernd gleicher Informationsstand aller beteiligten Jugendlichen.

NachteileDie Rolle der ausgebildeten Jugendlichen wird vor allem über den Präsentationsauftrag definiert.

Versteckte und unausgesprochene Erwartungen von Seiten der Erwachsenen hinsichtlich Dauer und Häufigkeit der Aktivitäten, Ab-gabe von Verantwortung für das Thema an die Jugendlichen oder Bedrohung für die Lehrerinnen und Lehrer – Konkurrenzgefühle …Negatives Feedback und Ablehnung können zu Enttäuschung und Entmutigung führen.

Hohe Anforderung an die Jugendlichen, nicht in Experten- oder Lehrerrollen zu verfallen.

Es besteht die Gefahr einer Überforderung, wenn aktuelle Themen der Peer-Group angesprochen werden und ein Anspruch besteht, diese Prozesse zu moderieren (Jugendliche sind Teil dieser Peer-Group und können folglich nicht die für eine Moderation notwendi-ge außenstehende Position einnehmen).

Unreflektierte Übernahme von Methoden, ohne Zielsetzungen zu erkennen, Einbettung zu beachten …

Überforderung und zusätzliche Belastung neben den schulischen Aufgaben (Vorbereitung in der Freizeit, Versäumen von Unterrichts-stunden …).

Transfer erfolgt lediglich auf der Informationsebene.

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Sind Präsentationen und Workshops Teil eines Peer-Education-Projektes, sollten in je-dem Fall Form, Inhalt und Dauer von den Jugendlichen selbst bestimmt werden, Unter-stützung in der Vorbereitung und in der Reflexion durch Erwachsene muss angeboten werden.Präsentationen außerhalb der eigenen Peer-Group (z. B. in anderen Klassen) machen die Jugendlichen eindeutig zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.

Nicht zu vergessen ist, dass es auch noch einen Bereich zwischen Präsentation und Trainings ohne jeglichen Auftrag gibt. In manchen Projekten steht es den Jugendlichen frei, ob sie über Gespräche, Polder, Aktionen… sehr wohl Inhalte und Erfahrungen der Trainings weitergeben.

Evaluation – oder: Was wirkt in Peer-Education-Projekten?Peer-Education – ein Ansatz, der sich ohne große Beweise für seine Wirksamkeit in ver-schiedensten Präventionsbereichen sehr rasch durchgesetzt und eine weite Verbreitung gefunden hat. Erst in jüngster Zeit werden kritische Stimmen laut, Vergleichsstudien, Wirksamkeitsnachweise gefordert.

Die Fragestellungen sind unterschiedlich und reichen von Wirksamkeitsüberprüfung über Veränderung der Rollen der Jugendlichen bis hin zur Prozessevaluation.

Schwierigkeiten, die Wirkung präventiver Maßnahmen zu überprüfen, gelten natürlich auch für Peer-Education-Projekte.

Dennoch ist es wichtig, dass mehr Peer-Education-Projekte wissenschaftlich begleitet werden. Die Ergebnisse stellen wichtige Rückmeldungen für Praktikerinnen und Praktiker dar und sind bedeutende Hinweise für eine mögliche Entwicklung gemeinsamer Quali-tätskriterien für diesen Ansatz. Hier besteht sicher noch ein großer Bedarf an Kooperation der einzelnen Projekte – vor allem auch auf europäischer Ebene.

Klare und transparente Begriffs- sowie Zieldefinitionen sind Voraussetzung, herrscht doch gerade diesbezüglich noch eine große Vielfalt der unterschiedlichsten Verwendung ähnlicher Begriffe. Gemeinsame Definitionen sind Voraussetzung für einen Vergleich der angestrebten Ziele und der zur Erreichung dieser Ziele eingesetzten Strategien.

Der Faktor Zeit muss in einer wissenschaftlichen Begleitung besonders beachtet werden. Peer-Education ist eine langfristig angelegte präventive Maßnahme und lässt sich meist nicht in die Einjahreszyklen der Wirksamkeitsüberprüfung mancher Auftraggeberinnen und Auftraggeber einordnen.

Folgende Fragestellungen von Praktikerinnen und Praktiker sollten auch für die Evaluati-on von Bedeutung sein und in der Wahl der Evaluationsmethode Beachtung finden:

– Welche Botschaften sollen transportiert werden?– Wer definiert diese?– Wie erfolgt ein Transfer in die Peer-Group? Wie lange dauert ein möglicher Transfer in die Peer-Group?

O r i e n t i e r u n g s p u n k t e f ü r P e e r - E d u c a t i o n - P r o j e k t e

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– Wann und wie kann dieser nachgewiesen werden?– Welche Zielgruppen werden in welcher Form eingebunden?– Welche Systemebenen sind zu beachten?– Die Rolle der Jugendlichen unterliegt ebenso wie das gesamte Projekt einer ständigen Wandlung – wie kann dies beachtet werden? etc.

Rahmenbedingungen für Peer-Education-Projekte – oder: Ein neuer Ansatz setzt sich durchDer Ansatz der Peer-Education geht von bestimmten Gegebenheiten in sozialen Gruppen aus, nutzt deren Entwicklung und Wirkung und kann aus diesem Grund nicht abgelöst von einem kulturellen Kontext, der Zielgruppe, ihrem Lebensraum… gesehen werden.Auf Grund dieser kontextuellen Einbindung wird an dieser Stelle auch kein Leitfaden für Peer-Education-Projekte geboten, sondern Orientierungspunkte werden aufgezeigt, die auf die jeweiligen Bedingungen vor Ort (andere Länder – andere Sitten und andere Bedin-gungen!) übertragen werden sollen und vielleicht dadurch ihre Bedeutung verändern.

Diese Flexibilität dieser Orientierungspunkte sollte auch für die Implementierung von Peer-Education-Projekten ein durchgängiger Faktor sein, will man wirklich die Zielgruppe mit einbinden. Wie bei anderen Projekten ist es auch für diesen Ansatz wichtig, den Auf-trag und die Motivation der Beteiligten abzuklären. Wer will dieses Projekt und warum?Gerade ein derartig innovativer Ansatz führt rasch dazu, dass er ohne lange zu überlegen erwünscht ist und durchgeführt wird. Erst später wird entdeckt, was es heißt, ein derar-tiges Projekt umzusetzen. So eignet sich doch gerade dieser Ansatz auf Grund seiner intensiven Begleitung nicht für eine flächendeckende Umsetzung. Dies ist sowohl Auf-traggeberinnen als auch potenziellen Projektpartnerinnen und -partnern offenzulegen.

Eine intensive und regelmäßige Vernetzung, ein kritischer Austausch und eine gegen-seitige Bereicherung der Praktikerinnen und Praktiker untereinander kann wesentliche Beiträge zu einer Qualitätssicherung und einer Weiterentwicklung der Peer-Education in Europa mit ihren unterschiedlichsten Zielsetzungen leisten.

AusblickDie Erfahrungen mit Peer-Education-Projekten in der Suchtprävention sind in den ver-schiedenen europäischen Ländern sehr vielfältig. Die große Verbreitung des Ansat-zes und die unterschiedlichen Konzepte sprechen für diese Form der Umsetzung von Suchtvorbeugung. Es fehlt jedoch an fundierter und dem Ansatz entsprechender wis-senschaftlicher Begleitung der Projekte sowie einem regelmäßigen Austausch auf Ebene von Praktikerinnen und Praktikern zur Weiterentwicklung der Konzepte und letztlich zur Qualitätssicherung.

Literaturverzeichnis

Kahr, C.: Peer group education. Manipulation oder Partizipation? Ein Erfahrungsband zur peer group education in der europäischen Sucht-

prävention. Landschaftsverband Westfalen Lippe (Hg.), Münster 1999.

Landschaftsverband Westfalen Lippe (Hg.): euro peers. Ein internationales Praxisprojekt zur peer-group-education. Münster o. J.

Svenson, G.: Europäischer Leitfaden zu Aids-Peer Education für Jugendliche, www. europeer.lu.se/hrml/guidelines_german01.html.ll.09.1998.

Dieser Beitrag erschien in dem Band „Peer Education. Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen durch Gleichaltrige“

(Hrsg.: Martin Nörber). Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des juventa-Verlages.

Claudia Kahr, DSA, ist Geschäftsführerin von VIVID – Fachstelle für Suchtprävention Steiermark.

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Die Online-Welt zeigt, was offline passiertIn der virtuellen Welt des Internet gewinnen besonders die Inhalte an Bedeutung, die direkt mit der Lebens-welt offline zu tun haben. Wenn sich die reale Lebens-welt Jugendlicher online widerspiegelt, eröffnet sich die Möglichkeit, diese virtuelle Lebenswelt für eine positive Peerkultur zu nutzen. Vor allem zahlreiche niederschwel-lige Web-2.0-Anwendungen zeigen, welch enormen Stellenwert die inhaltliche Mitgestaltung des Internets bei den Usern einnimmt. Junge Blogger teilen ihre Er-lebnisse, Beobachtung und Erfahrungen in Blitzlicht-berichten, Audio- und Videofiles werden als Podcasts oder auf Media-Sharing-Plattformen veröffentlicht, Wikis spiegeln das riesige kollektive Wissen der User wider. Soziale Netzwerke und virtuelle Welten sind Persönlich-

Peers wissen, wo was geht: Das Freizeitwiki Baden-Württemberg

keits- und Lifestyle-Plattformen, die die User gezielt zu ihrer öffentlichen Identitäts- und Imagebildung nutzen. Die Handhabung und Vernetzung all dieser Dienste wird durch Social Bookmarks erleichtert und personalisiert. Gemein ist all diesen Anwendungen: Jede/r kann mitge-stalten.

Das Freizeitwiki Baden-Württemberg ist eine offene Ein-ladung für alle Jugendlichen in Baden-Württemberg, ihr spezifisches Wissen über Freizeitmöglichkeiten in ihrer Region zu teilen. Jugendliche wissen selbst am besten über ihre Lieblingsorte und tatsächlich attraktive Ange-bote Bescheid. Durch das Teilen im Wiki entsteht eine Wissenssammlung, die von Jugendlichen für andere Ju-gendliche erstellt und aktualisiert wird.

Peers teilen Wissen im Web 2.0Wissen teilen, Tipps austauschen, Rat geben, Gemeinsamkeiten entdecken – diese Aspekte spielen in der Peerkultur eine wesentliche Rolle. Wo sich Jugendliche ohne eine Vorgabe durch Erwachsene austauschen können, entsteht ein selbst gestalteter Raum für jugendliche Belange. Auch im Internet gibt es solche Räume. Überall, wo User gleichberechtigt selbst Inhalte produzieren und publizieren, gibt es die Chance für eine positive Peerkultur.

P e e r s w i s s e n , w o w a s g e h t

Inhaltliche Verteilung der Internutzung 2009

0 10050

Gesamt

Mädchen

Jungen

12–13 Jahre

14–15 Jahre

16–17 Jahre

18–19 Jahre

Hauptschule

Realschule

Gymnasium

Kommunikation Spiele Informationen Unterhaltung (z. B. Musik, Videos, Bilder)

Quelle: JIM 2009, Angaben in Prozent Basis: Internet-Nutzer, n=1.173

47

52

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45

47

47

47

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38

Aber: Kann wirklich jeder ein Wiki benutzen? Wie sieht es bei Jugendlichen aus, die Web-2.0-Angebote nur aus dem passiven Konsumgebrauch kennen? Auch wenn niemand HTML können muss, um Inhalte zu veröffent-lichen – kommt tatsächlich jeder mit den Anwendungen zurecht?

Studien zeigen, dass der Schritt von der passiven Nut-zung zur aktiven Mitgestaltung für bildungsbenachteilig-te Jugendliche schwer ist. Jugendliche aus Haupt- und Realschulen verfügen über weniger Computer im per-sönlichen Besitz und verbringen weniger Zeit im Internet als Gymnasiasten. Die inhaltliche Nutzung differiert je-doch nur gering: Der größte Teil der Jugendlichen nutzt das Internet hauptsächlich für Kommunikation (v. a. über Instant Messengers und Communities), weitere abgeru-fene Inhalte sind Spiele, Informationen und Unterhaltung (z. B. Video, Musik).

Klammert man die Communities aus, lässt sich schnell erkennen, dass Web-2.0-Applikationen von Jugendlichen eher in geringem Maße verwendet werden. Der Unterschied zwischen der Gestaltung des eigenen Profils in der Com-munity und einem redaktionell erarbeiteten Beitrag für Pod-casts, Wikis, Foren und Blogs liegt auf der Hand: Letztere erfordern einen substanziellen „user generated content“, der über die Darstellung der eigenen Person hinausgeht.

Diese Herausforderung müssen sich medienpädagogi-sche Projekte zu Nutzen machen: Das Web 2.0 verlangt von Multiplikatoren geradezu, die Jugendlichen in die Konzeption und Durchführung eines Projektes mit einzu-beziehen – zumal das technische Know-how bei vielen Jugendlichen aufgrund ihrer Vertrautheit mit dem Internet ausgeprägter ist als bei so manchem Erwachsenen. Das Freizeitwiki Baden-Württemberg kann von Schulklas-sen und Jugendgruppen für ein solches medienpädagogi-sches Web-2.0-Projekt genutzt werden. Das Angebot der Online-Plattform selbst wird ergänzt durch einen jugend-gerecht gestalteten Hilfebereich, das Print-Schülerheft „Wikis erklärt für alle“ und kostenlose Workshops durch regional tätige Wikireferenten für Jugendliche und Multi-plikatoren. Jeder Projektträger kann sich damit genau die Unterstützung auswählen, die er braucht.

Die Workshops der Jugendstiftung zum Freizeitwiki Ba-den-Württemberg zeigen, dass sich die Jugendlichen in der Regel schnell im Freizeitwiki zurechtfinden. Sie ent-wickeln einen intuitiv geprägten Weg ins Wiki, und die Unterstützung der Wikireferenten verlagert sich von klei-nen Hinweisen zu den technischen Möglichkeiten meist schon nach kurzer Zeit zu den Themen Bild- und Urhe-berrechte und Datenschutz.

P e e r s w i s s e n , w o w a s g e h t

Aktivitäten im Internet – Schwerpunkt 2.0

0 10050

In Newsgroups / Foren schreiben

Web 2.0 Nettozählung (ohne Communitys)

Mache ich täglich /mehrmals pro Woche: 24 %

Mache ich mindestens 1x pro Woche: 37 %

Mache ich überhaupt: 74 %

Fotos / Videos einstellen

Musik / Sounddateien einstellen

Twittern

Weblogs verfassen

Etwas in Wikipedia o. ä. schreiben

Podcasts erstellen

täglich /mehrmals pro Woche

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6

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4

1

1

8

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5

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1

1

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7

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1

1

Gesamt

Jungen

Mädchen

Quelle: JIM 2009, Angaben in Prozent Basis: alle Befragten, n=1.200

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Verleihung des ‚Comenius-EduMedia-Siegels‘ für das Web-2.0-Angebot „Wikis erklärt für alle“ Das anerkannte ‚Comenius-EduMedia-Siegel‘, das den Autoren und Verlegern „besondere didaktische und mediale Qualität bescheinigt“, wurde der Jugendstiftung für das pädagogische An-gebot rund ums Freizeitwiki Baden-Württemberg in der Kategorie „IKT-, Kommunikations- und Medienbildung“ verliehen.

Die Auszeichnung umfasst die Online-Plattform www.freizeitwiki.jugendnetz.de, das Schülerheft „Wikis erklärt für alle“ und die Workshops für Jugendliche und Multiplikatoren durch unsere Wikireferenten.Der wichtigste Aspekt des Freizeitwikis ist, dass die Ju-

gendlichen selbst die Inhalte recherchieren und über de-ren Darstellung entscheiden – die Inhalte werden Peer to Peer erarbeitet und geteilt.

Auf diese Weise haben seit dem Start im Juni 2009 über 600 Benutzer zusammengearbeitet und ein Wissensnetz mit über 500 Seiten und über 700 hochgeladenen Dateien aufgebaut. Die Seiten informieren über Klassiker wie z. B. das lokale Schwimmbad genauso wie über die im Wald versteckte Grillstelle oder einen überregionalen Rad- und Skateweg. Diese Ergebnisse zeigen: Jugendliche verfü-gen über das technische Können, die Anwendungen des Web 2.0 zu bedienen. Sie wissen nur oft nicht, dass sie über Wissen verfügen, das es wert ist, veröffentlicht und mit anderen geteilt zu werden. In der Arbeit am Freizeit-wiki werden sie im Hinblick auf ihr eigenes Können von Peers und Multiplikatoren sensibilisiert.

Die Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten und die Erkenntnis des eigenen Könnens stärken Jugendliche langfristig und basal und wirken sich sehr positiv auf das Selbstbewusstsein und -verständnis aus. Sie nehmen solche Erfahrungen mit in zahlreiche andere Lebensfel-der wie z. B. Bewerbungs- und Berufsalltag, Konfliktsi-tuationen und die Schritte in die Selbstständigkeit. Das Freizeitwiki Baden-Württemberg bietet damit die Mög-lichkeit zu zahlreichen Lerneffekten im und außerhalb des Web 2.0.

Kontakt: Daniela JakobServicestelle Jugend und Schule der Jugendstiftung Baden-WürttembergSchloßstraße 23, 74372 SersheimTel.: 070 42 / 83 17-15E-Mail: [email protected]

P e e r s w i s s e n , w o w a s g e h t

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M i t m a c h e n E h r e n s a c h e

Worum geht es? Besonders engagierte Jugendliche werden zu „Bot-schafter/innen“ ausgebildet, bewerben die Aktion Peer to Peer und beteiligen sich an der Organisation vor Ort.Die Erfahrungen der zehnjährigen Erfolgsgeschichte zei-gen: Dort, wo Jugendliche als Botschafter/innen andere Jugendliche ansprechen und Mitmachen Ehrensache vorstellen, ist die Aktion erfolgreich. Jugendliche bewer-ben die Aktion authentisch, motivieren zum Mitmachen und machen die Aktion so zu „ihrem“ Event.

Jugendliches Engagement zahlt sich bei Mitmachen Eh-rensache aus – und zwar mehr als monetär! Die Jugend-lichen machen mit, weil sie aktiv etwas Sinnvolles tun können. Statt Geld verdienen sie ein gutes Gefühl. Viele motiviert es, einen Job zu finden. Sie üben spielerisch für ihre Zeit nach der Schule. Und: Sie stärken ihr Selbstwert-gefühl. Schließlich ist es eine wertvolle Erfahrung, wenn Arbeitgeber sich überzeugen lassen, einen Tag lang Ar-beit anzubieten. Sie entwickeln Fähigkeiten, die für den erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf ent-scheidend sind. Unterstützend dazu können Life-Kom-petenz-Module genutzt werden, die es für Jugendliche interaktiv im Internet gibt, zum Beispiel auf www.jobfit-bw.de. Für interessierte Lehrerinnen und Lehrer steht ein Handbuch für die Gruppenarbeit zur Verfügung.

Der Tag des Ehrenamts wird damit ein engagierter Bil-dungstag für junge Bürgerinnen und Bürger, die sich für ihr Gemeinwesen engagieren, erste berufliche Kontakte knüpfen und Projekterfahrung sammeln.

2009 haben 7.860 Schülerinnen und Schüler aus 21 Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs 154.049 Euro er-arbeitet – und das trotz Wirtschaftskrise. Mit dem Erlös dieses einzigen Arbeitstages konnten viele verschiedene lokale Projekte gefördert werden. Vor Ort haben 320 en-gagierte Botschafterinnen und Botschafter für Mitmachen Ehrensache bei Arbeitgebern, Schulleitungen und in den Medien geworben.

Botschafter/innen werden darüber hinaus mit den Me-dienpartnern von Mitmachen Ehrensache vernetzt, am Aktionstag als Begleiter auf Pressetouren eingesetzt und dokumentieren den Aktionstag auf vielfältige Weise.

Und: Sie entscheiden in den regionalen Aktionsbüros maßgeblich mit, für welche gemeinnützigen Zwecke am Aktionstag gejobbt wird.

Mitmachen Ehrensache: Ein Bildungsangebot für Baden-Württemberg

Worum geht es?Jugendliche arbeiten im Vorfeld oder am Internationalen Tag des Ehrenamts, dem 5. Dezember, bei Arbeit-gebern ihrer Wahl und spenden das Geld jeweils regional festgelegten „guten Zwecken“. Das können Pro-jekte der Jugendarbeit oder andere gemeinnützige Zwecke sein, die von Jugendlichen selbst ausgewählt werden. Schulen und Träger der Jugendarbeit können sich an der Aktion beteiligen und führen die Aktion gemeinsam mit engagierten Schülerinnen und Schülern durch.

Botschafter/innen sind das Gesicht von Mitmachen Ehrensache! Foto: Doradzillo

Page 41: Peer to Peer - integriert und vernetzt

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Landesweit gibt es für Botschafter/innen die Möglich-keit, noch mehr bei Mitmachen Ehrensache mitzuwirken: in der AG „Landesweite Botschafter/innen“ treffen sich engagierte Jugendliche aus allen Aktionsbüros. Bei der Neugestaltung von Flyern, der Weiterentwicklung der Homepage www.mitmachen-ehrensache.de, der Fan-seite in der Facebook-Community1 und bei landesweiten Veranstaltungen beteiligen sich interessierte und enga-gierte Jugendliche.

QualifikationBotschafter/in zu sein bedeutet, in vielfältig zusammen-gesetzten Teams mit vielen verschiedenen Menschen neue Erfahrungen machen zu können und Spaß an un-terschiedlichsten Aufgaben zu haben. Zugleich bedeutet dies auch, dass sich die engagierten Jugendlichen mit neuen Rollen auseinandersetzen und eine Reihe neuer Fähigkeiten erwerben müssen.

Damit sie den neuen Anforderungen gewachsen sind und in den Monaten vor dem Aktionstag2 ihre Aufgaben kompetent erfüllen können, wird in zahlreichen regiona-len Botschaftertreffs und im überregionalen Botschafter-seminar eingeübt, wie sie in der Öffentlichkeit und vor unterschiedlichen Menschen auftreten, wie sie sich auf ihren Einsatz vor Schulklassen oder auch bei Pressekon-ferenzen vorbereiten können. Dafür steht allen Aktions-büros ein Arbeitsordner zur Botschafterqualifizierung zur Verfügung.

In alters- und schulformgemischten Teams erlernen die Botschafter/innen Methoden zur Selbstdarstellung oder Hintergründe zur regionalen Aktion: In jedem teilneh-menden Kreis gibt es einen eigenen Schirmherrn und einen eigenen Zweck, für den gejobbt wird.

Das landesweite Botschafterseminar, das jedes Jahr kurz nach den Sommerferien in der Evangelischen Aka-demie Bad Boll stattfindet, dient auch dem Austausch der Botschafter/innen über die eigenen Kreisgrenzen hi-naus – und vernetzt die Einzelaktionen der regionalen Aktionsbüros auch auf dieser Ebene zu einer großen lan-desweiten Aktion.

M i t m a c h e n E h r e n s a c h e

Kontakt: Günter Bressau, Leitung Mitmachen Ehrensache, Servicestelle Jugend der Jugendstiftung Baden-Württemberg Tel.: 0 77 41 / 68 77 -34Fax: 0 77 41 / 68 77-35E-Mail: [email protected]

1 www.facebook.com/mitmachen.ehrensache2 In der Regel findet der Aktionstag rund um den 5. Dezember statt, dem Internationalen

Tag des Ehrenamts. Es gibt aber auch regionale Abweichungen und Kreise, in denen die

Aktion ganzjährig durchgeführt wird.

Freude und Spaß bei den Botschafter/innen von Mitmachen Ehrensache:

Jugendliche motivieren Jugendliche, sich bei der Aktion zu beteiligen. Foto: Doradzillo

Page 42: Peer to Peer - integriert und vernetzt

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Der Qualipass zeigt Engagement und Können und schafft Anerkennung

Seit 2002 nutzen über 350.000 Jugend liche den Quali pass. Neben dem Qualipass für Baden-Württemberg gibt es seit 2008 eine bundesweite Auflage und seit 2009 zusätzlich noch den Qualipass – Bildungspass für Erwachsene. Der Qualipass ist damit das erfolg reichste Instrument zur Erfassung außerhalb des Unter-richts erworbener Kompetenzen bundesweit.

Q u a l i p a s s

Der Qualipass hält Engagement und Können fest und drückt Anerkennung und Wertschätzung aus. Das ist für jugendliche Peer-to-Peer-Trainer sehr wichtig. Hier wird schwarz auf weiß festgehalten, was sie geleistet haben und können. Und es wird deutlich: Engagement lohnt sich – nicht nur persönlich, sondern auch im Hinblick auf die eigene Bildungsbiografie. Das macht stolz, hilft bei der eigenen Berufsorientierung und beim Eintritt in die Arbeitswelt.

Platz ist im Qualipass für ganz Unterschiedliches, was Jugendliche außerhalb des Unterrichts machen. Beson-deres Engagement in der Schule wie SMV, Streitschlich-ter oder Schülermentoren, Praktika, Sprachkurse, Aus-landsaufenthalte, Übungs- oder Jugendleiter im Verein oder die Mithilfe in sozialen Einrichtungen und Projekten sind nur einige Beispiele. Hier werden vielfältige Quali-fikationen vermittelt und erlernt. Der Quali pass hält mit Brief und Siegel das Engagement der Jugendlichen und die persön lichen und fachlichen Stärken fest. Das moti-viert und ermutigt die Jugendlichen, aktiv zu werden und sich zu erproben. Gleichzeitig wird deutlich, wie wichtig Engagement in Vereinen, Verbänden oder Projekten ist.

Der Qualipass als BewerbungsplusDer Qualipass enthält Formblätter, in die Tätigkeits-schwerpunkte und besondere Fähigkei ten der Jugend-lichen eingetragen werden. Wahlweise können diese Form blät ter auch unter www.qualipass.info herunterge-laden und bearbeitet werden. Mit diesem unkomplizierten Instrument wird das Enga-gement von Jugendlichen dokumen tiert und beurteilt.

„Katharina half ein Jahr lang zwei Grundschulkindern libane-sischer Herkunft einmal pro Woche bei den Hausauf gaben. Der Unterricht fand zu Hause bei der Familie statt. Sie hat gelernt, sich auf die sprachlichen Voraussetzungen der Kinder einzustellen und auch komplizierte Sachverhalte ent spre chend zu vermitteln.“

Bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz oder die erste Stelle kann der Qualipass zur entscheidenden Trumpfkarte werden. Denn ein guter Tätigkeitsnachweis aus dem Quali pass beeindruckt potenzielle Arbeitgeber oft mehr als das Zeugnis.

Der Qualipass macht selbstständigKatharina hat nicht nur den beiden Kindern geholfen, sondern auch für sich selber viele wichtige Erfahrungen gesammelt und Fertigkeiten ausgebaut. Neben einer ge-nauen Tätig keitsbeschreibung werden der 15-jährigen im Qualipass „interkulturelle Sensibilität, Zuver läs sigkeit, Ausdauer und Verantwortungsbewusstsein“ bescheinigt.

Page 43: Peer to Peer - integriert und vernetzt

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Solche und andere Beurteilungen im Qualipass haben Katharina geholfen, sich über ihre Stärken und Inter-essen bewusst zu werden, so dass sie ihre Berufswahl besser und selbst bewusster treffen kann.

Ein Coach hilft weiterFür die Jugendlichen ist der Qualipass eine Art Tagebuch der eigenen Aktivitäten und Stärken. Das setzt allerdings voraus, dass der Pass gepflegt und genutzt wird, wofür die Jugendlichen selbst verantwortlich sind, ohne aber damit alleine gelassen zu werden. Neben einer sorgfälti-gen Einführung durch die regiona len Jugendagenturen, Schulen, Jugendprojekte oder Vereine, die den Quali-pass ausge ben, werden sie ermuntert, sich persönliche Coaches zu suchen, die sie ein Stück durch den Dschun-gel der Berufs- und Lebenswegplanung begleiten. Ein Coach kann beispielsweise die Sozialarbeiterin vom Ju-gendhaus, der Sporttrainer, die ehrenamtlich Aktive, die Jugendbegleiterin oder ein Freund oder Bekannter aus dem Umfeld des Elternhauses sein. Gemeinsam reden sie über die Eintragungen im Qualipass, über Stärken und Neigungen und über Wünsche und Pläne für den späteren Berufsweg. Wichtigste Hilfsmittel sind dabei die eigene Berufs- und Lebenserfahrung, der gute Draht zueinander, ein offenes und kritisches Ohr für den Ju-gendlichen und der Qualipass als Gesprächsgrundlage.

Diese Gespräche führen die Jugendlichen auch unterei-nander und tauschen sich über ihre Stärken und gesam-melten Erfahrungen aus. So trägt der Qualipass dazu bei, dass die Stärken der Jugendlichen und die Möglich-keiten in der Berufswahl auch Peer to Peer besprochen und thematisiert werden.

Kontakt: Birgit SchiffersTel.: 070 42 / 83 17 32 E-Mail: [email protected]

Der Qualipass wird herausgegeben von der Jugendstiftung Baden-Württemberg. Ent wickelt wurde die Dokumentenmappe zusammen mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg von der Freudenberg Stiftung in Wein heim. Weitere Informationen, regionale Bezugs- und Kontaktadres sen, Begleit materialien, Aktuelles und mehr über den Qualipass erhal-ten Sie unter www.qualipass.info.

Q u a l i p a s s

Page 44: Peer to Peer - integriert und vernetzt

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Selbstvertrauen ist ansteckend:Junior-Jugendbegleiter im Einsatz

Beginn Februar 2006 Teilnehmer 1.272 Schulen in Baden-Württemberg Kooperationen Über 80 Verbän-de und Organisationen haben im Februar 2006 die Rahmenvereinbarung zum Jugendbegleiter-Programm unterzeichnet. Ergebnisse Mittlerweile engagieren sich über 15.000 Jugendbegleiterinnen und Jugend-begleiter an 1.272 Schulen aller Schularten, die wöchentlich über 25.000 Stunden Bildungs- und Betreu-ungsangebote anbieten. Projektphasen Die Förderjahre sind identisch mit den Schuljahren und dauern jeweils vom 1. September bis zum 31. August des Folgejahres.

Durch das Jugendbegleiter-Programm lässt sich nicht nur das Schulprofil stärken. Vor allem durch die Einbin-dung von außerschulischen Partnern wie beispielsweise Unternehmen, Vereinen oder engagierten Einzelperso-nen in das Schulleben wird ein hoher Kompetenzgewinn für Schülerinnen und Schüler organisiert.

Im Jugendbegleiter-Programm des Landes Baden-Würt-temberg haben Schulen seit 2006 die Möglichkeit, auße-runterrichtliche Angebote im Rahmen der Ganztagsbe-treuung zu erproben. Über 1.250 Schulen nehmen seit dem Schuljahr 2010/2011 teil. Die vierte Evaluation der Schulen (Herbst 2009) ergab, dass über 15.000 Jugend-begleiter wöchentlich fast 26.000 Stunden Bildungs- und Betreuungsangebote in den Schulen durchführen.

Jugendliche profitieren im Rahmen des Jugendbeglei-ter-Programms nicht nur durch das von außerschuli-schen Partnern vermittelte Know-how, sondern auch noch in ganz anderer Hinsicht: Im Rahmen des Ausbaus der außerunterrichtlichen Angebote werden ältere Ju-gendliche selbst als sogenannte Junior-Jugendbegleiter in Betreuungs- oder Bildungsangeboten eingesetzt. Ju-nior-Jugendbegleiter sind Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren, die entweder an ihrer eigenen oder an einer benachbarten Schule ein Angebot übernehmen. 38 % der Jugendbegleiter in Baden-Württemberg sind 18 Jahre oder jünger, so dass insgesamt 5.772 enga-gierte Jugendliche als Junior-Jugendbegleiter an 1.003 Jugendbegleiter-Schulen in Baden-Württemberg aktiv sind. Sie verteilen sich auf alle Schularten. Die meisten Junior-Jugendbegleiter finden sich an Gymnasien, was

im Vergleich zu den anderen Schulformen vor allem auf die längere Verweildauer im Schulsystem zurückzufüh-ren ist. Bemerkenswert ist umso mehr, dass sich auch an Grund-, Haupt-, Werkrealschulen und Realschulen zusammengenommen 12 % der Junior-Jugendbegleiter engagieren.

S e l b s t v e r t r a u e n i s t a n s t e c k e n d

Schulart Anzahl Junior-Jugendbegleiter 14–18 Jahre (5.772) Prozent

Gymnasium 4.142 72

Grund-, Haupt-, Werkrealschule 4509 79

Realschule 4456 78

Grundschule 4219 74

Grund- und Hauptschule 4154 72,5

Sonderschule 4188 71,5

Verbundschule 4177 71

Hauptschule 4126 70,5

Sonstiges 4101 71,5

Page 45: Peer to Peer - integriert und vernetzt

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Die Junior-Jugendbegleiter übernehmen zum Beispiel die Hausaufgabenbetreuung in bestimmten Fächern an der Schule, bieten jüngeren Schülern ein Sportangebot an, das sie schon aus ihrem Sportverein kennen, oder vermitteln ihren Mitschülern etwas, in dem sie einfach richtig gut sind, wie z. B. Armbänder knüpfen, Hip-Hop, Judo, Jazz-Dance und noch vieles mehr. „Ich bringe ih-nen was anderes bei als die Lehrer, das Hip-Hop-Tan-zen“, sagt Eddie, 16 Jahre und Junior-Jugendbegleiter an der Oststadtschule I in Ludwigsburg. Die Jugendli-chen können in ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit als Junior-Jugendbegleiter und im Umgang mit den jünge-ren Schülern ihre sozialen Kompetenzen ausbilden, ihr Selbstbewusstsein stärken und ihr praktisches und the-oretisches Wissen zu einem Thema, das ihnen gut liegt, an andere weitergeben. „Die Schüler erwerben durch ihr Engagement (als Junior-Jugendbegleiter) wichtige Kompetenzen, etwa Zuverlässigkeit, Verantwortungsbe-wusstsein, Kommunikations- und Kooperationsbereit-schaft“, bestätigt auch Ursula Bauer, Schulleiterin am Eduard-Spranger-Gymnasium in Bernhausen.

Einige Junior-Jugendbegleiter üben ihre Tätigkeit in Teams aus, das heißt, sie sind Bestandteil einer Klein-gruppe, die für eine Gruppe von Schülern verantwortlich ist. Entweder führen sie ihr Angebot dann wöchentlich gemeinsam durch, oder sie wechseln sich wochenweise ab. In jedem Fall bedarf es klarer Absprachen, gegen-seitiger Rücksichtnahme, Verlässlichkeit und Verant-wortungsbewusstsein. Wenn Schwierigkeiten auftreten, können sie sich gegenseitig unterstützen und gemein-sam Lösungen finden. Hierfür werden nur im Notfall Erwachsene benötigt, denn meistens wissen sich die Jugendlichen nach einem Austauschgespräch und Rat-schlägen der anderen Junior-Jugendbegleiter selbst zu helfen. Schulvertreter von Jugendbegleiter-Schulen mit vielen Junior-Jugendbegleitern berichten, dass sich die Teams der Junior-Jugendbegleiter weitestgehend selbstständig organisieren, für ihre Angebote sehr gute eigene Ideen haben, mögliche soziale Konflikte selbst lösen können und nur in seltenen Fällen, wie z. B. wenn sie materielle Unterstützung benötigen, auf ihre zustän-digen Lehrer zugehen. Die Entwicklungen und Erfahrun-gen von Jugendbegleiter-Schulen zeigen, dass sich an vielen Schulen mit engagierten Junior-Jugendbegleitern eine positive Peerkultur herausgebildet hat.

Gleichzeitig lernen natürlich auch die jüngeren teilneh-menden Jugendlichen vieles durch diese Angebote, die in ihrer Umsetzung dem Peer-to-Peer-Gedanken entsprechen. Sie nehmen das vermittelte Wissen der Junior-Jugendbegleiter anders auf als zum Beispiel von Erwachsenen. Spaß und Freude dürfen dabei natürlich nicht fehlen, was das Lernen zusätzlich fördert. „Wir Jugendbegleiter vom Judo wollen Kindern spielerisch Disziplin und faires Verhalten beibringen, und ich finde es toll, dass es solche Aktionen gibt und dass man ih-nen etwas beibringen kann“, sagt Selin, 17 Jahre, Ju-nior-Jugendbegleiterin an der Ludwig-Uhland-Schule in Birkenfeld. Auch das Klima hat sich an einigen Schulen mit Junior-Jugendbegleitern verändert, und der Umgang von Schülern untereinander hat sich in ein positives Mit-einander verwandelt. „Junior-Jugendbegleiter sind sozi-ale Vorbilder für sehr viele Schüler“, meint Herr Krause, Schulleiter des Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasiums in Leinfelden. Wichtig ist z. B. für die Junior-Jugendbeglei-terin Natalie, 9. Klasse, Mörike-Realschule in Mühlacker, dass die Jüngeren auch außerhalb der Betreuungszeiten auf sie zukommen und ihren Rat suchen.

Beide Seiten – Junior-Jugendbegleiter und Schüler – profitieren enorm von den Angeboten, bestätigt auch Eddie: „Da ich das Hip-Hop-Tanzen unterrichte, ist es wie ein Training für mich. Ich lerne, wie ich mit Kindern und Jugendlichen umgehen kann, ich lerne auch von den Kindern, das ist gut für mich.“

Wenn Sie mehr über das Engagement von Jugendlichen im Jugendbegleiter-Programm und weitere interessante Aspekte erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen eine kostenlose Bestel-lung des Jugendbegleiter-Films bei der Jugendstiftung Baden-Württemberg.

Kontakt: Jugendstiftung Baden-WürttembergSchloßstraße 23, 74372 SersheimFax: 070 42 / 83 17 -40 E-Mail: [email protected]

S e l b s t v e r t r a u e n i s t a n s t e c k e n d

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R e d a x – d a s R e d a k t i o n s s y s t e m

Redax – Das Redaktionssystem

Worum geht es? Redax, das Redaktionssystem des Jugendnetzes Baden-Württemberg, bietet Schüler- und Jugendgruppen die Möglichkeit, auf einfachem Wege eine eigene Online-Schülerzeitung herauszugeben.

Es bedarf dabei keinerlei Programmierkenntnisse. Mit ein paar Klicks lässt sich ein eigenes Magazin erstellen, das auf dem Server des Jugendnetzes gehostet wird und dort unter einer Subdomain http://magazinname.jnbw.de abrufbar ist.

Rollen und RechteRedax erlaubt es, einen echten Redaktionsalltag zu erle-ben. Das System unterscheidet die Rollen Autor, Redak-teur und Chefredakteur, die jeweils mit unterschiedlichen Rechten ausgestattet sind. Der Autor darf beispielswei-se Artikel erstellen und sie bei der Redaktion einreichen, der Redakteur darf Artikel von Autoren bearbeiten und den Autoren Feedback geben, der Chefredakteur ko-ordiniert das gesamte Magazin, d. h. er bestimmt die Magazingestaltung und entscheidet darüber, welcher Artikel wann online gehen kann.

LayoutFür die Magazine stehen verschiedene Layouts zur Ver-fügung, aus denen man sich eines aussuchen kann. Diese Skins lassen sich in Schriftart, Schriftgröße und -farbe nachgestalten. Alles nach dem Baukastenprinzip. Schnell sind neue Rubriken angelegt oder interne Doku-mente erstellt, wie ein Impressum, ein Text über die Re-daktion oder ein Hinweis, wie man sich beteiligen kann. Und schon kann das Magazin ans Netz gehen.

Einfache ArtikelerstellungJeder angemeldete User des Jugendnetzes kann über sein Login auf die Funktion „Artikel verfassen“ klicken, auf einfachstem Wege einen Artikel erstellen und bei der Redaktion einreichen. Wer Word oder ein anderes Text-verarbeitungsprogramm beherrscht, kommt auch mit Redax zurecht. Bilder können in jeder Größe direkt von

der Festplatte hochgeladen werden und werden auto-matisch im Magazin in der richtigen Größe dargestellt. Es bedarf es keiner weiteren Bildbearbeitungskenntnis-se oder gar Software, um die Bilder „web-tauglich“ zu bekommen.

VernetztDer Clou: Die verschiedenen Magazine sind untereinan-der vernetzt.

Ein Autor kann seinen Artikel nur bei seinem Schulma-gazin einreichen oder auch bei jeder anderen an Redax angeschlossenen Redaktion.

So können Artikel ausgetauscht werden, und Autoren können eine weitaus größere Öffentlichkeit für ihre Ar-tikel erlangen – über die eigene Schülerzeitung hinaus. Auf diese Weise entstehen schul- und gegebenenfalls auch schulartenübergreifende Schüler- und Redaktions-netzwerke.

Verschiedene Layouts zur Auswahl. Foto: Fabian Markus Sommer/Jugendpresse BW

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Darstellung in der eigenen WebsiteBetreibt eine Schule oder ein Jugendhaus bereits eine eigene Homepage und möchte die Artikel aus dem Ma-gazin dort integrieren, so geht das bequem per RSS- oder Atom-Feeds. Sie wählt, wie viele Artikel sie jeweils anzeigen möchte, mit Bildern oder ohne, nach einzelnen Rubriken sortiert oder jeweils die aktuellsten Artikel al-ler Rubriken. Das Jugendhaus oder die Schule gestaltet auch hier nach den eigenen Vorstellungen.

Das Redax-System steht jeder Gruppierung der Jugend-bildung offen.

Beispiele– f79.jnbw.de – Schülermagazin für Freiburg und Umgebung– rso-news.jnbw.de – Schülerzeitung an der Realschule Obrigheim– ghr-magazine.jnbw.de – Schülerzeitung der Gerhart-Hauptmann-Realschule Leonberg

Weitere Magazine sind geplant.

Wo kann ich mir Redax anschauen?Klicke auf den Button „Login“ auf der Startseite des Ju-gendnetzes oben rechts und registriere dich als User (im Feld „Service“ auf „Noch ohne Zugangsdaten? Gleich hier registrieren“). Wenn du eingeloggt bist, wähle die Option „Artikel verfassen“, und schon bist du Autor in Redax. Achtung: Die Oberflächen eines Redakteurs oder Chef-redakteurs sehen natürlich nur diejenigen, die mit den entsprechenden Rechten ausgestattet wurden.

Ihr habt Interesse, an eurer Schule, in eurem Verein oder eurer Jugendgruppe eine eigene Online-Schülerzeitung auf Basis von Redax zu erstellen? Wir unterstützen euch beim Aufbau.

Spannende Artikel schreiben – gewusst, wie!Zur Einführung von Redax erhält die zukünftige Re-daktion vom Redax-Team Tipps und praktische Hilfen, wie man es schafft, seine Artikel für die Leser zu einer spannenden Lektüre zu machen, und wie man knackige Überschriften und fesselnde Einstiege textet.

Was macht einen guten Text aus, und worin unterschei-den sich die unterschiedlichen Stilformen? Wie führt man ein Interview, und wie wird der Bericht zur Repor-tage? Dies alles wird an einem Schulvormittag in prakti-schen Übungen erarbeitet und nachher in unterschiedli-chen Textformen umgesetzt. An einem zweiten Tag wird anhand der erarbeiteten Inhalte Redax erprobt, und das eigene Magazin steht am Ende online im Netz.

Kontakt: Eva RothfußTel.: 071 41/ 507 23 05 E-Mail: [email protected]

Wie Redax in Jugendredaktionen eingesetzt werden kann, zeigt ab Seite 49 der Beitrag aus der Gerhart-Hauptmann-Realschule in Leonberg.

R e d a x – d a s R e d a k t i o n s s y s t e m

Foto: international-youth-forum/Freie Waldorfschule Bodensee

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Praxisbeispiele

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R e d a x – e i n P r o g r a m m r e v o l u t i o n i e r t u n s e r e S c h ü l e r z e i t u n g

Redax – ein Programm revolutioniert unsere Schülerzeitung

Dank des Redaktionssystems Redax des Jugendnetzes Baden-Württemberg hat sich das GHR-Magazine der Gerhart-Hauptmann-Realschule in Leonberg innerhalb weniger Wochen zu einer erfolgreichen Online-Schülerzeitung gemausert. Ein Erfahrungsbericht von Tina Mack.

Mitten in Leonberg. Es ist Donnerstag, 14 Uhr: An der Gerhart-Hauptmann-Realschule ist seit wenigen Minu-ten Schulschluss. Kein Schüler würde sich jetzt noch freiwillig in den Gängen oder Sälen des Schulgebäudes aufhalten. Kein Schüler? Nein! In einem von eifrigen und engagierten Jungjournalisten besetzten Raum hört man nicht auf, an den PCs nach interessanten Themen zu recherchieren, Texte zu schreiben, fremde Artikel zu re-digieren, Bilder zu bearbeiten und das Layout zu gestal-ten. Die Redaktion der Schülerzeitung GHR-Magazine hat gerade Sitzung. Wir ziehen heute unser erstes Re-sümee mit dem Redaktionssystem Redax des Jugend-netzes Baden-Württemberg. Unser Schritt weg von der klassischen Schülerzeitung hin zum modernen Online-Magazin ist getan.

Das GHR-Magazine hatte seit seiner Gründung 2008 mit vielen, aber für Schülerzeitungen nicht unüblichen Problemen zu kämpfen. Insbesondere die Finanzierung bereitete uns Kopfzerbrechen. Immerhin mussten wir schauen, dass wir vor allem Papier und Tinte für unser kostenloses Magazin bezahlt bekamen. Das war bei je-der Ausgabe ein hartes Stück Arbeit, mussten doch im-mer wieder neue Sponsoren gefunden werden. Das In-teresse der Schulgemeinschaft an einer eigenen Zeitung stieg zwar, die Bereitschaft, für dieses Extra auch etwas zu bezahlen, hielt sich allerdings in Grenzen. Schließlich ging uns auch der letzte Gönner verloren und wir muss-ten radikal umdenken, um nicht nach so kurzer Zeit wie-der in der Versenkung zu verschwinden. Eine Diskussion im Deutschunterricht brachte uns auf die richtige Spur: ein Vergleich zwischen klassischen Print- und moder-nen Online-Medien. Das Ergebnis war eindeutig: „Wenn ich mich informieren möchte, dann gehe ich selbstver-ständlich ins Internet“, erklärte ein Schüler und sprach

damit den meisten Schülerinnen und Schülern aus dem Herzen. Das Medium sei schneller als TV und Hörfunk und sei informativer als jede Tageszeitung. „Da man au-ßerdem auf Papier und Tinte komplett verzichtet, ist es wahrscheinlich auch noch günstiger“, überlegte eine an-dere Schülerin. Wahre Worte. Somit entschieden auch wir uns als Redaktion, das GHR-Magazine in Zukunft ausschließlich online zu präsentieren. Über das "Wie" herrschte freilich zunächst noch Unklarheit.

Für den Anfang war eine PDF-Ausgabe unseres Maga-zins mit Verlinkung auf der Schul-Homepage die prak-tikabelste Lösung. Doch dann kam die Einladung vom Jugendnetz Baden-Württemberg zum Workshop im Stadtmedienzentrum Stuttgart zum Thema „Schüler-zeitung online gestalten mit Redax“. Unser Redaktions-Team war von Beginn an völlig begeistert von der Idee eines richtigen Online-Magazins. Eine Euphorie, die durch den Workshop weiter ausgebaut wurde. An die-sem Tag erfuhren die Schüler, wie einfach Artikel mit dem Redaktionssystem Redax erstellt und durch Bilder

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oder Videos ergänzt werden können. „So entstehen im Handumdrehen professionelle Interviews oder sogar ganze Fotostorys“, betonte Eva Rothfuß, die Referentin des Jugendnetzes. Das alles funktionierte in einer ein-zigen Bedienungsmaske, teilweise selbsterklärend war und mit der die Schüler gleich umgehen konnten. Mar-cella, eine der Schülerzeitungsredakteurinnen, meinte in der abschließenden Besprechung: „Ich hätte nicht ge-dacht, dass es so einfach sein kann, ein Online-Maga-zin zu gestalten. Wir setzen die Texte und Bilder in die Eingabemaske, und Redax macht den Rest von selbst.“

Auch Tage nach dem Workshop riss die Begeisterung der jungen Journalisten nicht ab. Redax überzeugte die Redaktion so, dass sich das Team schon eine Stunde vor AG-Beginn zusammen an die Computer begab und an der Online-Zeitung arbeitete. In weiteren Redaktions-meetings wurden die Schülerinnen und Schüler immer vertrauter mit Redax, und das Online-GHR-Magazine nahm sehr schnell Formen an. Nun besteht das Magazi-ne nicht mehr nur aus Artikeln und Berichten mit einigen Fotos, sondern zeigt zusätzlich Fotostorys, Videos oder Links zu interessanten Seiten. Vanessa erfasste dies so: „Durch die verschiedenen Fotos und vor allem die Vi-deos ist unsere Schülerzeitung lebendiger als jede klassi-sche Zeitung, die ich kenne.“ Laura dagegen überzeugten besonders die Möglichkeiten, die Magazine im Internet so bieten: „In der Zeitung sind gerade die interessanten Artikel immer so kurz und oftmals wenig illustriert. Im In-ternet kann man mehr schreiben, Bildfolgen einarbeiten und falls nötig auch auf weiterführende Texte verlinken.“

Mittlerweile sind fast drei Monate vergangen, in denen wir immer interessantere Seiten an Redax erfahren konnten. Mich wundert es daher nicht, dass mein Redaktionsteam in diesem Schuljahr sein Wissen und seine Begeisterung für das Redaktionssystem selbstständig an die nächste Generation der GHR-Magazine-Zeitungsredakteure wei-tergeben möchte. Als Lehrerin werde ich natürlich be-ratend zur Seite stehen, auch wenn ich sicher bin, dass meine Hilfe nicht benötigt werden wird: Die Begeiste-rung der Redakteure, die vielfältigen Möglichkeiten einer Online-Zeitung und die leichte Bedienung von Redax werden dabei helfen, mit Leichtigkeit und jeder Menge Spaß weitere Redakteure und Autoren für unsere Schü-lerzeitung auszubilden.

Tina Mack ist Lehrerin an der Gerhart-Hauptmann-Realschule in Leonberg und Projektleiterin der AG Schülerzeitung. Das GHR-Magazine wurde 2008 gegründet. Der Redaktion gehören derzeit Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 7, 8 und 9 an. Seit Juni 2010 arbeitet das GHR-Magazine mit dem Redaktionssystem Redax. Im Internet ist Schülerzeitung unter folgender Adresse zu finden: www.ghr-magazine.jnbw.de

R e d a x – e i n P r o g r a m m r e v o l u t i o n i e r t u n s e r e S c h ü l e r z e i t u n g

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„Alkohol /Drogen und Straßenverkehr passen nicht zusammen!“Junge Fahrer sind besonders häufig an Verkehrsunfäl-len mit der Unfallursache Alkohol- oder Drogeneinfluss beteiligt. Die sogenannten „Diskounfälle“ verdeutlichen, dass gerade an Wochenenden zwischen Alkohol- oder Drogenkonsum und Autofahren nicht immer zuverlässig getrennt wird. Diese Unfälle haben oft schwere gesund-heitliche Folgen für alle Beteiligten – für die Verursacher, aber auch für die unschuldigen Opfer.

Das Peerprojekt „Jung, mobil & KLAR“ wurde vom Sozialministerium Baden-Württemberg als Modellpro-jekt 2004 in Kooperation mit den Landkreisen Göppin-gen und Esslingen initiiert und wird seither regelmäßig durchgeführt.

Peers, d. h. gleichaltrige Schüler und Schülerinnen, Auszubildende, Studierende etc., werden ausgebildet, um an Fahrschulen eine Einheit rund um das Thema

„Jung, mobil & KLAR“Peerprojekt an Fahrschulen

„Alkohol und Drogen im Straßenverkehr“ zu gestalten. In diesen „Peer–Einheiten“, die zusätzlich zum Theorie-unterricht durchgeführt werden, entwickeln die Peers gemeinsam mit den Fahrschülern Strategien, wie man feiern kann und trotzdem gut nach Hause kommt. Ziel der Einheiten ist es, junge Menschen zu sensibilisieren und Alternativen zu diskutieren – und das Peer to Peer auf Augenhöhe.

Die Peers werden für den Einsatz an Fahrschulen in ei-ner zweitägigen Schulung ausgebildet. Fachleute von Polizei und Beratungsstellen geben aktuelle und inter-essante Informationen. Gemeinsam sammeln die Peers Ideen für die Einsätze an Fahrschulen und bilden Tan-dems. Jedes Tandem entwickelt eine individuelle Einheit und präsentiert sie der gesamten Gruppe. Erst danach gehen sie an die Fahrschulen. In regelmäßigen Treffen (alle 6–8 Wochen) tauschen sich die Peers über ihre Erfahrungen aus. Alle Austauschtreffen und die Ausbil-dung werden ehrenamtlich absolviert. Die Peers erhalten für jeden Einsatz 20 Euro und Fahrtkostenersatz.

Im Februar 2009 haben 31 „neue“ Peers an der Ausbil-dung teilgenommen. Damit hat sich die Zahl der aktiven Tandems auf 18 erhöht (= 36 Peers). Insgesamt wurden im Jahr 2009 66 Einsätze in Fahrschulen in den Land-kreisen Esslingen und Göppingen durchgeführt.

Und die Peers selber sind hochmotiviert:

Laufzeit / Beginn 2004 Teilnehmer junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren mit Führerschein Kooperationen Beauftragte für Suchtprophylaxe der Landkreise Göppingen und Esslingen Projektphasen Werbung und Ausbildung von Peers, Erarbeiten einer eigenen Einheit und Präsentation, Durchführung von Einsätzen in Fahrschulen, regelmäßige Austauschtreffen und Begleitung

„ J u n g , m o b i l & K L A R “ P e e r p r o j e k t a n F a h r s c h u l e n

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„Da ich durch Alkoholkonsum im Straßenverkehr schon einen Bekannten verloren habe, liegt es mir am Herzen, dieses Thema den jungen Fahrschülern nahezubringen. Außerdem habe ich schon viele neue Leute kennengelernt, Erfahrungen gesammelt im Vortragen vor fremden Menschen, und das Beste ist, dass ich die Landkreise Göppingen und Esslingen besser kennenlerne. Zudem sind natürlich die Einsätze oftmals mit viel Spaß verbunden. Ich bin überzeugt davon, dass ich durch das Peer-Projekt etwas ver-ändern kann, und stehe deswegen hinter dem Projekt.“ Linda, 19 Jahre, Azubi

„ J u n g , m o b i l & K L A R “ P e e r p r o j e k t a n F a h r s c h u l e n

„Als ich vom Projekt gehört habe, wollte ich wissen, wie es ist, wenn man als ‚Peer’ in die Fahrschulen geht. Ist das wirklich so, dass es leichter ist, zur Diskussion und zum Nachdenken anzuregen, wenn man ein Peer ist? Außerdem stehe ich zu 100 % zu der Aussage, dass Alkohol und Drogen nicht in den Straßen-verkehr passen, Don't drink & drive ist meine Meinung. Egal ob nun 0,0-Promille-Grenze oder 0,5: Wenn dir ein kleines Kind ins Auto rennt, oder du das Auto nachts gegen einen Baum lenkst, wenn du die Kontrolle übers Auto verloren hast, da denkst du doch bestimmt nicht: ‚Ach ja blöd gelaufen, aber ich darf ja 0,5 Promille haben...‘ Ich möchte gerne mit Hilfe des Peer-Projektes vor allem Fahranfängern die Möglichkeit geben, durch meine Erfahrung sich für den ‚richtigen’ Weg zu entscheiden.“ Annika, 23 Jahre, Medizinische Fachangestellte

„Ich mache beim Peer-Projekt mit, weil man nach jedem Einsatz das Gefühl hat, etwas Gutes getan zu haben, und zudem macht es auch noch Spaß! Ich finde es außerdem sehr interessant, wenn verschiedene Persönlichkeiten mit den unterschiedlichsten Mei-nungen aufeinandertreffen. Sie kommen schnell zu Diskussionen und auf jeden Fall zum Nachdenken, was der eigentliche Sinn der ganzen Geschichte ist. Jeder einzelne Gedanke ist schon viel wert und kann einiges ändern!“ Carina, 19 Jahre, Schülerin

„… Außerdem bin ich der Meinung, dass die angesproche-nen Themen (Alkohol, Drogen, Autofahren) nicht tabuisiert werden dürfen, sondern offen angesprochen werden müssen, denn nur so kann eine Aufklärung stattfinden. Ich freue mich, ein Teil vom Peer-Projekt zu sein und diese verantwortungsvolle Aufgabe über-nehmen zu können/dürfen.“ Elisa, 23 Jahre, Studentin

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Raus aus dem Fahrschul-Alltag – rein in die VernunftBericht einer Peereinheit„Jedermann kennt die Standardsituation in der Fahrschule: Die Stimmung ist leicht einschläfernd, ganz nach dem Motto ‚Einer re-det, der Rest schläft‘. Doch dies ist eigentlich nicht gerade sinnvoll oder effektiv, vor allem, wenn es um so ein wichtiges Thema geht wie ‚Alkohol und Drogen im Straßenverkehr‘.Da ist es doch recht praktisch, wenn die Peers aus dem Projekt ‚Jung, mobil & KLAR’ die Bude ein bisschen aufmischen. Der erste Blick der Fahrschüler ist immer eher skeptisch: ‚Was wollen die denn jetzt von uns?’ oder ‚Oh nee, das sieht ja ganz nach Arbeit aus‘. Doch auch solche kritischen Gedanken verflüchtigen sich recht schnell. Spätestens nach dem sogenannten ‚Ampelspiel‘, welches jeden nach seiner Meinung fragt, in dem er eine der drei Farben Rot (Nein), Gelb (Vielleicht) oder Grün (Ja) wählt, ist die Masse voll dabei. Viele sind auf einmal richtig scharf darauf, ihre Meinung zu äußern, und es entstehen Diskussionen, welche sogar die Fahrschüler nachdenklich stimmen. Solche, welche am Anfang noch Gedanken hatten wie z. B. ‚Ach, was sind schon drei Bier, da fahr ich locker noch heim‘ oder ‚Ist doch nur mein Problem, wenn ich besoffen fahr‘, ändern ihr Denken oftmals in ‚Mhm, ist viel-leicht nicht richtig, was ich mache, und es könnten auch Leute, die nichts mit mir zu tun haben, in Mitleidenschaft gezogen werden‘.Der so erfolgreiche Effekt ist die Mischung aus ein bisschen Input und viel Interaktion, dazu gehören auch die sogenannten Promil-lebrillen, welche sich bei genauem Hinsehen als Klopapierrollen outen, aber dafür spektakulär die Beeinträchtigung des Sehens unter Alkoholeinfluss simulieren können. Auch die Tipps, welche die Peers den Fahrschülern über das sichere Heimkommen nach einer Party geben, sind für viele Gold wert. Der wichtigste Grund ist aber, ohne die ältere Generation anzugreifen, dass in manchen Situationen einfach Gleichaltrige die bessere Durchschlagskraft haben, wenn es um solche Themen geht.“Peter, 21 Jahre, Student

Kontakt: Tanja HoffmannBeauftragte für SuchtprophylaxeLandratsamt Göppingen, Kreisjugendamt Lorcher Straße 6, 73033 GöppingenTel.: 07 161 /202-652E-Mail: [email protected]

Kontakt: Christiane Heinze Koordination Suchtprophylaxe, Landratsamt EsslingenMarktstraße 48, 73230 Kirchheim unter TeckTel.: 070 21 /970 43-28E-Mail: [email protected]

„ J u n g , m o b i l & K L A R “ P e e r p r o j e k t a n F a h r s c h u l e n

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Weiterentwicklung und Ergänzung des Qualipasses – Materialien der Jugendstif-tung und des CJD Bodensee-Oberschwaben

Laufzeit: 1. September 2008 bis 31. Dezember 2010 TeilnehmerInnen: VAB-Klasse der Claude-Dornier-Schule in Friedrichshafen, 500 Jugendliche, die in der Berufsorientierung begleitet und beraten wurden Kooperationen: Berufliche Schulen im Bodenseekreis Ergebnisse: Entwicklung von Materialien zur Kompetenzanalyse durch die Jugendstiftung, Entwicklung des Ordners „Qualipass + Berufswahl“ und Erprobung an 9 allgemeinbildenden Pilotschulen sowie durch das CJD Bodensee-Oberschwaben mit ei-ner VAB-Klasse, Überarbeitung und Erweiterung der „Materialsammlung zur Berufsvorbereitung“ des CJD Bodensee-Oberschwaben Projektphasen: Materialentwicklung, Erprobung, Evaluation

Die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Qualipasses und Rückmeldungen aus der Praxis sind immer wieder Anregung und Aufforderung, die Dokumentenmappe durch begleitendes Material zu ergänzen. So entstanden während der Projektlaufzeit Materialien zur Kompetenz-analyse sowie der Ordner „Qualipass + Berufswahl“. Letzterer wurde von Sarah Müller (CJD Bodensee-Ober-schwaben) mit einer VAB-Klasse (Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf) erprobt. Er erwies sich als eine gute Arbeitsgrundlage für Jugendliche beim Einstieg in die Berufswelt, die flexibel mit weiteren Materialien zur Be-rufsvorbereitung kombiniert werden kann.

Die von der Jugendstiftung entwickelten Materialien zur Kompetenzanalyse regen ausgehend von den im Qua-lipass gesammelten Zertifikaten zur Reflexion über die eigenen Stärken und Fähigkeiten an. Sie bieten eine Ba-

sis zur Auseinandersetzung mit dem bisherigen Lebens-weg, um der Bedeutung von prägenden Erfahrungen und Begegnungen für Neigungen und Interessen nach-zuspüren. Schließlich fordern sie auf, die anstehenden Schritte der Berufsorientierung aktiv anzugehen und be-wusst zu planen. Die Übungen können von Jugendlichen in Eigenarbeit oder im Unterricht durchgeführt werden, eignen sich aber ganz besonders als Grundlage für Ge-spräche mit dem persönlichen Qualipass-Coach bzw. den Erwachsenen, die den Jugendlichen beim Übergang von der Schule in den Beruf begleiten.

Der Ordner „Qualipass + Berufswahl“ der Jugendstiftung wurde während der Erprobungsphase durch das CJD Bodensee-Oberschwaben gemeinsam mit der „Material-sammlung zur Berufsvorbereitung“ des CJD Bodensee-Oberschwaben eingesetzt. Die Materialsammlung ist

W e i t e r e n t w i c k l u n g u n d E r g ä n z u n g d e s Q u a l i p a s s e s

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W e i t e r e n t w i c k l u n g u n d E r g ä n z u n g d e s Q u a l i p a s s e s

Die Materialien zur Kompetenzanalyse sind auf www.qualipass.info im Erwachsenenbereich unter „Begleitmaterialien“ downloadbar.

Die ca. 400 Seiten umfassende „Materialsammlung zur Berufsvor-bereitung“ des CJD Bodensee-Oberschwaben kann unter 07 541 /20 750 oder [email protected] bestellt werden.

Kontakt: Birgit Schiffers Jugendstiftung Baden-WürttembergFachbereich Bildungsangebote und Bildungsnachweise

Sarah Müller CJD Bodensee-OberschwabenKonstantin-Schmäh-Straße 31, 88045 FriedrichshafenTel.: 07 541 / 7003 334Mobil: 0178 / 93 07 656E-Mail: sarah.mueller@cjd-bodensee-oberschwaben.dewww.cjd-bodensee-oberschwaben.de

eine Sammlung aus Theoriegrundlagen, Übungen und vielen Arbeitsblättern für alle Personen, die im Feld der beruflichen Orientierung beratend tätig sind oder unter-richten. Anhand der Erfahrungen mit der Projektklasse und den anderen Teilnehmenden konnten die CJD-Mit-arbeitenden weiteres Material sammeln oder entwickeln, welches in die überarbeitete Auflage eingeflossen ist.Da Gruppenzusammensetzungen selten homogen sind, sondern von verschiedenen Nationalitäten geprägt wer-den, entstand ein neues Kapitel mit Übungen für inter-kulturelles Training. Diese zielen darauf ab, andere Kul-turen besser kennenzulernen, Vorurteile abzubauen und eine Grundlage für die gemeinsame Arbeit zu schaffen.

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PG-Trainer heißt Peer-Group-Trainer und bedeutet „von gleich zu gleich“ (Peergroup), sowie Anleitung, Ansprache, Hilfe (Trainer).

Am Anfang stand die Idee, junge Erwachsene zu ge-winnen, die aufgrund eigener Erfahrungen auf diejeni-gen Jugendlichen zugehen können, die mit den übli-chen pädagogischen Angeboten nicht erreicht werden können. Aufgrund langjähriger Kontakte aus seiner Zeit als Streetworker hatte der Stadtjugendpfleger Thomas Häußler aus Mössingen auch gleich einen engagierten Kreis von interessierten und verantwortungsbewussten jungen Erwachsenen, die sich ebenfalls für diese Idee begeistern konnten. Viele von ihnen sind mittlerweile El-tern und sehen als PG-Trainer/inihre Aufgabe darin, ih-ren Kindern und anderen Kindern aus dem Stadtteil eine gelingende gemeinsame Zukunft zu ermöglichen.

Die besondere Stärke der PG-Trainer liegt u. a. darin, dass sie Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht nur muttersprachlich, sondern vor allem mit besonde-rem Verständnis für ihre jeweiligen Problemlagen an-sprechen können. Gleichzeitig sind sie wertvolle Mittler zu Jugendarbeit, hauptamtlichen Fachkräften, Vereinen, Stadtteilen und Gemeinden und zu deutschen Mitbür-ger/innen.

Die PG-Trainer haben türkische, kroatische, serbische, kosovarische, italienische, russische, eritreische und deutsche Wurzeln und unterschiedliche religiöse Hinter-gründe. Sie sind Facharbeiter, Angestellte, Selbststän-dige, Auszubildende, Arbeitssuchende, Student/innen und Schüler/innen. Sie wissen, wie es ist, als junger Mensch mit Migrationshintergrund aufzuwachsen, und kennen die damit verbundenen gegenseitigen Vorurtei-

PG-Trainer und interkulturelles Lernen

le. Das Leben zwischen zwei Welten hat ihnen gezeigt, wie wichtig es ist, Verständnis, Unterstützung und ge-zielte Hilfen in Zeiten der persönlichen Entwicklung zu finden. Ein starkes Motiv für ihr jetziges Engagement ist aber auch Dankbarkeit gegenüber den Helfern von frü-her. Oya ist heute Mutter von zwei kleinen Kindern und kann sich noch gut erinnern, wie wichtig es war, als jun-ge Migrantin Unterstützung beim Hineinfinden in die Ge-sellschaft zu finden: „Für uns gab es damals Menschen, die uns auf diesem Weg begleitet haben. Heute tragen wir dazu bei, dass Kinder, Jugendliche und Familien ein harmonisches Miteinander der verschiedenen Kulturen leben können. Mehmet und Hamza finden es besonders wichtig, „Jugendliche an ein gewaltfreies Miteinander heranzuführen und für Integration zu werben. Wir wollen unsere Erfahrungen und unsere positiven Energien an diese Jugendlichen weitergeben.“

Das Projekt läuft seit 3 Jahren, alle PG-Trainer/innen haben mittlerweile eine Ausbildung als JES-Bürgermen-

Laufzeit /Beginn Herbst 2008 bis Ende 2010 (Verlängerung wird angestrebt) Teilnehmer Junge Erwach-sene mit und ohne Migrationshintergrund, die sich ehrenamtlich in und mit Integrationsprojekten im Be-reich außerschulischer Jugendbildung engagieren Kooperationen Stadtjugendpflege Mössingen, Ortsju-gendpflege Steinlach-Wiesaz, Kreisjugendreferat Tübingen

P G - T r a i n e r u n d i n t e r k u l t u r e l l e s L e r n e n

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P G - T r a i n e r u n d i n t e r k u l t u r e l l e s L e r n e n

toren, manche auch mit zusätzlichen Qualifikationen als Jugendleiter/innen, Gewaltpräventions-Trainer und Konfliktmoderator/innen. Landkreisweit veranstalten die PG-Trainer den HipHop-Jam mit Rap, Breakdance und Graffitiworkshop und bieten sich als Deeskalationsbera-ter für Jugendhäuser, Vereine und Schulen an. Gemein-sam mit professionellen Streetworkern kümmern sie sich vor allem in kleineren Gemeinden um Jugendliche und haben dabei bereits bei so manchem den Einsatz von Kraft und Energien weg von der Straße in den Sport gelenkt - Wettkampf und Regeln statt sinnloser Gewalt. Weitere Angebote sind Musikmachen und Videokurse.

Das Kreisjugendreferat Tübingen berät und begleitet das Projekt von Anfang an, überwacht die Finanzen und stellt Förderanträge für Sachmittel, Material und Fort-bildung der PG-Trainer. Eine Besonderheit liegt in der Aufwandsentschädigung für aktive PG-Trainer von der-zeit 10 € pro Stunde für die direkte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Damit geben wir auch denjenigen die Möglichkeit der Mitwirkung, die andernfalls am Abend oder am Wochenende jobben gehen und sich zwischen Engagement oder Familienunterhalt entscheiden müss-ten. Nach unserer Erfahrung bedeutet diese Aufwands-entschädigung durchaus Entlastung, die entscheidende Motivation liegt jedoch bei allen PG-Trainern im Gestal-tungs- und Mitwirkungsbereich. Zur Finanzierung der Aufwandsentschädigungen trägt derzeit übrigens auch eine großzügige Spende des Rotary Clubs Reutlingen-Tübingen-Nord bei, der die Arbeit der PG-Trainer mit großem Interesse begleitet.

Nach zweijähriger Projektzeit steht fest, dass PG-Trainer eine wichtige Mittlerfunktion für Integrationsan-gebote haben und dabei ergänzend die Strukturen pro-fessioneller Jugendarbeit stützen und weiterentwickeln können. Derzeit findet eine Auswertung mit den PG-Trai-nern statt, und es wird untersucht, inwieweit die bisheri-gen Erfahrungen auch anderen Städten und Gemeinden zur Verfügung gestellt werden und das Konzept weiter verbreitet werden können.

Zu den anstehenden Aktionen rund um die PG-Trainer gehört ein Fachtag am 28. Januar 2011 im Landratsamt Tübingen, der gemeinsam mit dem KVJS gestaltet wird. Eine eigene Ausschrei-bung erfolgt. Interessierte können sich aber bereits vorab beim Kreisjugendreferat Tübingen melden.

Kontakt: Frau Christa HintermairKreisjugendreferat /Jugendagentur Tübingen Wilhelm-Keil-Straße 50, 72072 TübingenTel.: 070 71 / 207 -2107E-Mail: jugend@kreis-tuebingen.dewww.jugendagentur-tuebingen.dewww.pg-trainer.de

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Selbstwirksamkeit und Teilhabe Positive Peer Culture und Peer Group Counseling im St. Augustinusheim Ettlingen

Beginn 2002 Teilnehmer Jugendliche des St. Augustinusheimes Kooperationen PPC Germany ® Ergebnisse Auftreten von Gewalt im Erhebungszeitraum deutlich zurückgegangen, erkennbare Verände-rung der Kommunikation

Positive Peer Culture und Peer Group CounselingJugendliche verfügen, unabhängig von eigenen Prob-lemen und Auffälligkeiten, grundsätzlich über das Po-tenzial, andere Jugendliche dabei zu unterstützen, sich sozial weiterzuentwickeln, ein positives Selbstbild auf-zubauen und in größerem Maße eigenverantwortlich und selbstständig zu werden, um dadurch eigene Probleme zu überwinden.

Positive Peer Culture erwartet, dass der junge Mensch beides tut – das eigene sozial inadäquate Verhalten zu verändern und einen Beitrag für andere bzw. für das Ge-meinwesen zu leisten. Methodisch intendiert und gesi-

chert sollen diese Ressourcen und Potenziale der jun-gen Menschen unter anderem durch die Methode Peer Group Counseling aktiviert werden.

Peer Group Counseling stellt das Herzstück des Ansat-zes Positive Peer Culture und gleichzeitig sein stärkstes Instrument dar. Es ist die Bezeichnung für ein regelmä-ßig stattfindendes Treffen von Jugendlichen, begleitet durch einen Erwachsenen, der das Treffen moderiert. Diese Treffen helfen den Jugendlichen dabei, sich ge-genseitig bei der Bearbeitung ihrer Probleme und bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen. „Es ist einfach so, dass man mit 14, 15 von Erwachsenen nichts annimmt. Das ist einfach Erziehergelaber. Aber wenn andere Jugendliche einem was sagen, wenn die auch mal in so einer Situation waren, dann hört man eher zu und nimmt das an. Die haben die gleichen Probleme – vor allem die auf dem Berg hier.“ Ein Jugendlicher im Interview.

What we see in them … … they will come to see in themselves.

Markus ist ein beeindruckend

raffinierter Lügner und Betrüger.

Seine Noten sind nicht gut und

sein geringes Selbstwertgefühl

nimmt zunehmend für andere

gefährliche Ausmaße an.

Bei seinen schlechten Anlagen und

seinem unmöglichen Verhalten sehe

ich eine enorme schwierige

Zukunft auf diesen jungen Mann

zukommen.

S e l b s t w i r k s a m k e i t u n d Te i l h a b e – P o s i t i v e P e e r C u l t u r e – P e e r G r o u p C o u n s e l i n g

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Peer-Group-Counseling-Treffen finden im St. Augus-tinusheim je einmal pro Woche in allen Wohngruppen und in den Schul- und Ausbildungsklassen für eine Dauer von mindestens 60, meist 90 Minuten statt. Die Moderation erfolgt durch einen oder ein Team von zwei Pädagog(inn)en. Die personelle Besetzung ist fest über lange Zeiträume, um die Entstehung eines Vertrauens-verhältnisses zwischen Moderator(inn)en und Jugendli-chen zu ermöglichen.

Die Treffen haben hohe Priorität und finden jede Woche zur gleichen Zeit und am gleichen Ort statt. Potenziel-le externe Störungsquellen werden weitgehend ausge-schaltet. Die Jugendlichen sitzen auf Stühlen in einem Kreis, die Moderator(inn)en hinter einem kleinen Tisch. Die Teilnahme sowie die konstruktive Mitarbeit an den Treffen ist für die Jugendlichen Pflicht. Kein Jugendlicher wird gezwungen, sich zu öffnen und sein Problem zum zentralen Thema des Treffens zu machen, aber es wird von jedem erwartet, dass er ernsthaft und fair auf die Beiträge anderer eingeht und es auch „aushält“, dass aktuelle Verhaltensprobleme seinerseits von anderen Gruppenmitgliedern in der Einführungsrunde angespro-chen werden. „Blödsinn“ machen, andere abwerten, nicht mitarbeiten etc. wird vom Moderator unmittelbar gestoppt bzw. problematisiert.

Anders als übliche Besprechungen hat dieses Treffen eine ritualisierte Form. Die Inhalte des Treffens sind die Probleme der Jugendlichen, die ihnen ihre Integration erschweren und sie daran hindern, ihre persönlichen Ziele zu erreichen.

Dem Gedanken folgend, dass Sozialisation sich in der Adoleszenz mehr über die Peer Group als über erwachse-ne Vorbilder vollzieht, ist es das Ziel der Gruppentreffen, Jugendliche dazu zu befähigen, sich bei der Bearbeitung von Problemen und der Erreichung von Verhaltenszielen gegenseitig zu beraten und zu unterstützen. Im weites-ten Sinne stellt PGC eine Art Selbsthilfegruppe dar, die an den prosozialen Ressourcen Jugendlicher anknüpft und versucht, diese für den Einzelnen und die Gruppe als Ganzes intensiv zu nutzen sowie soziale Kompeten-zen der Jugendlichen zu fördern und zu erweitern.

Die Treffen werden nach Vorrath und Brendtro (2008) durchgeführt und folgen einem konkreten Ablauf, der sich wie folgt gestaltet.

1. Eingangsrunde: Probleme benennen: Jeder Jugendli-che benennt aus dem Zeitraum seit der letzten Sitzung eine konkrete Situation, in der ein für ihn typisches Problemverhalten aufgetreten ist. Danach können die anderen Gruppenmitglieder Probleme ergänzen, die ihnen noch in Erinnerung sind und die der Betroffene noch nicht selbst benannt hat.

2. Entscheidungsrunde: Das Treffen jemandem zuspre-chen: Nachdem alle Jugendlichen ihre Probleme benannt haben, muss die Gruppe entscheiden, wer das Treffen „bekommt“, wem die Gruppe in dieser Sitzung ihre Aufmerksamkeit und Hilfe widmet. Diese Entscheidung muss einstimmig sein, es wird nicht ab-gestimmt oder jemand „überstimmt“.

3. Hauptteil: Problemlösungsrunde/Konfliktzyklus: Hier konzentrieren sich die Gruppenmitglieder darauf, das Problem eines Einzelnen zu verstehen und Lösungs-ideen zu erarbeiten. Die Problemanalyse konzentriert sich auf das konkrete Verhalten, seine Intentionen und tatsächlichen Wirkungen und seine Rückwirkun-gen auf das Selbstbild des Betroffenen.

4. Abschlussrunde: Zusammenfassung des Moderators: Der Moderator fasst die inhaltlichen und gruppendy-namischen Ereignisse des Treffens zusammen und gibt den Teilnehmern sowie der Gruppe als Ganzes Rückmeldungen. Seine Zusammenfassung soll der Gruppe helfen, zunehmend effektiver zu arbeiten (vgl. Breuker et al. 2008).

„Wenn wir mitmachen, geht die Zeit schneller rum, die Moderato-ren reden weniger, und wir können unser Ding machen.“Ein Jugendlicher im Interview.

Auf die Frage, wie die Jungs das Peer Group Counseling denn so fänden, antwortete einer, dass es eine tolle Sa-che sei. Es sei prima, weil man sich da gegenseitig hel-fen würde, und das würde ja auch echt voll viel bringen und … Da wurde er unterbrochen von einem anderen Jugendlichen. Er solle jetzt doch nicht so „rummachen“ und doch mal sagen, wie es wirklich sei. Darauf erklärte der Junge sinngemäß, dass das Peer Group Counseling eine wirklich anstrengende und schwierige Angelegen-heit sei, aber „irgendwie schon gut“.

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Unsere Teilnehmer machen in den Treffen wertvolle Er-fahrungen:– Die Gruppe ist für mich da und unterstützt mich.– Andere setzen sich für mich ein, ich bin anderen nicht egal.– Andere Jugendliche haben ähnliche und gleiche Pro- bleme wie ich.– Ich bin in der Lage, andere Jugendliche zu unterstützen.– Es lohnt sich, mitzumachen.– Ich kann gemeinsam mit anderen Jugendlichen Pro- bleme in angemessener Art und Weise lösen.– Wenn ich mich für andere Jugendliche interessiere und mich um sie bemühe, tun diese das ebenso für mich.– Der Rat der anderen Jugendlichen ist mir wichtig.

Da diese Treffen regelmäßig und dauerhaft durchgeführt werden und die Jugendlichen diese Erfahrungen immer wieder machen können, verbessern sich ihr Selbstwert-gefühl und ihre soziale Kompetenz. Die Jugendlichen lernen, selbstständig zu denken. Sie entwickeln mit der Zeit ihr eigenes sozial adäquates Wertesystem bzw. ler-nen, es zu verändern, zu formulieren und zu vermitteln.

Wirkungen/NachhaltigkeitIn der Untersuchung von Steinebach und Steinebach (vgl. Steinebach und Steinebach 2007, 2008), durchge-führt 2004 bis 2006 im St. Augustinusheim in Ettlingen, werden die Effekte von Positive Peer Culture in der Heim- erziehung untersucht.

Im Ergebnis wird offensichtlich, dass das Auftreten von Gewalt im Erhebungszeitraum deutlich zurückgegangen ist und einhergeht mit einer erkennbaren Veränderung der Kommunikation. Konkret danach gefragt, was sich durch Peer Group Counseling aus ihrer Sicht verändert habe, berichten Jugendliche, dass es weniger Gewalt gebe. Die Betreuer/innen bestätigen dies und bringen ihre Wahrnehmung, dass durch den Kompetenzzuwachs der Jugendlichen bzgl. Konfliktlösungsstrategien die At-mosphäre in der Einrichtung sich stark verbessert habe, klar mit Positive Peer Culture in Verbindung. Eltern be-richten, dass ihr Sohn deutlich Selbstbewusstsein ent-wickelt habe und bei Auseinandersetzungen zu Hause neuerdings derjenige sei, der einfordere, dass miteinan-der geredet werde.

Im Lehrerzimmer unserer eigenen Schule ist eingebrochen worden. Ein Rechner ist verschwunden. Zwei Jugendliche unserer Einrichtung sind dringend verdächtigt, quasi überführt. Auf Leitungsebene wird darüber nachgedacht, die beiden sofort zu entlassen und die Maßnahmen zu beenden. Im Plenum beraten die Jugendlichen darüber. Sie machen den Vorschlag, die beiden zunächst nicht zu entlassen. Sie wollen mit den Tätern reden und sie dazu bewegen, den Computer unverzüglich und unbeschädigt wieder zurückzubringen, sich offiziell vor allen im Speisesaal zu entschuldigen und damit für ihr Fehlverhalten die Verantwortung zu übernehmen. Darüber hinaus sollen sie eigene (sehr ernsthafte) Vorschläge zur Wiedergutmachung für den entstandenen Schaden und die Aufregung vorlegen. Der Vorschlag wird so angenommen und umgesetzt. Die beiden Diebe werden nicht angezeigt und nicht entlassen.

Einige Auszubildende der Gärtnerei mähen ein Rasenstück auf dem Einrichtungsgelände. Ein Jugendlicher schafft es nicht, sei-nen Rasenmäher wieder zu starten. Matthias, ein älterer Jugend-licher, sieht das, nähert sich dem Jungen, zeigt ihm, wie es geht, und startet den Mäher. Das Ganze geschieht völlig unauffällig und praktisch im Vorbeigehen.

Die in diesem Beitrag unkommentiert aufgeführten Beispiele von Positive Peer Culture sind teilweise dem Abschlussbericht der Evaluation (vgl. Steinebach/Stei-nebach 2007) entnommen, wurden im Heimalltag des St. Augustinusheimes dokumentiert oder konnten vom Au-tor im Rahmen eines Studienaufenthaltes im Starr Com-monwealth, einer Jugendhilfeeinrichtung in Michigan, USA, beobachtet werden.

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Ansprechpartner: Dr. Andreas SchrenkSchöllbronnerstraße 78, St. AugustinusheimTel.: 07 243 / 77 400E-Mail: [email protected]

Literaturverzeichnis

Breuker, K., Bächle-Hahn, U., Schrenk, A. (2008): Positive Peerkultur im Heimkontext.

In: Opp, G., Teichmann, J. (2008): Positive Peerkultur. Best Practices in Deutschland.

Klinkhardt Verlag.

Schrenk, A. (2009): Wie wirkt Heimerziehung? Empirische Untersuchung zur sozialen

Konstruktion von Wirkungsvorstellungen von Jugendlichen im Heim.

http://kola.opus.hbz-nrw.de/frontdoor.php?source_opus=457&la=de, 04.08.2010.

Schrenk, A. (2010): Konfrontative Pädagogik und Positive Peer Culture im Heim. In: Weid-

ner, J./Kilb, R. (Hrsg.) (2010): Handbuch Konfrontative Pädagogik in Sozialer Arbeit und

Erziehungswissenschaft (im Druck).

Steinebach Ch., Steinebach U. (2007): Positive Peer Culture. Evaluation eines Bera-

tungsmodells für Jugendliche. Abschlussbericht, unveröffentlichtes Manuskript.

Steinebach, Ch., Steinebach U. (2008): Hilfsbereitschaft statt Gewalt. Wirkungen von

Positive Peer Culture (PPC) in der stationären Jugendhilfe. In: Unsere Jugend. Heft Juli

und August 2008.

Vorrath, H. H., Brendtro, L.K. (2008): Positive Peer Culture. New York, 2. Auflage

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K L E V E R – E x Te B e N a

KLEVER – ExTeBeNaExperimente mit Technik, Bewegung und Natur im Karlsruher Lernverbund

Laufzeit /Beginn Aktionstage „ExTeBeNa“ seit 3 Jahren als Ferienprojekt in Kooperation mit BUKO, Bun-deskongress der Wirtschaftsjunioren Teilnehmer Kinder von 6 bis 12 Jahre, Schüler von 14 bis 18 Jahre, Studenten und Auszubildende Kooperationen Schülerakademie Karlsruhe, Karlsruher Schulen, Karlsruher Betriebe, Pädagogische Hochschule Karlsruhe Ergebnisse Experimente und Versuche, wie z. B. „Accu-racer“, „Magnetschwebebahn“ und „DNA-Analyse mit Gummibärchen“ Projektphasen 1. Planung und Vorbereitung mit den Partnern 2. Durchführung 3. Auswertung

Die Jugendagentur Karlsruhe als Bildungsnetzwerk am Beispiel des KLEVER Netzwerkes – ExTeBeNaDie Jugendagentur Karlsruhe ist ein komplexes und viel-fältiges Bildungsnetzwerk für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Da niemand alles kann, aber jede/r etwas, ist es das Ziel der JAKA (Jugendagentur Karls-ruhe), den Partnern und Akteuren mit ihren jeweiligen Kompetenzen eine Plattform zu bieten, damit sie ihre Fähigkeiten, ihr Wissen und ihre Talente zum Einsatz bringen können.

Anhand der KLEVER ExTeBeNa lässt sich exemplarischdarstellen, wie unser Bildungsnetzwerk funktioniert. Drei praktische Projekte, die Schüler und Auszubildende mit Kindern umgesetzt haben, beschreiben die Erfahrungen, die die Kinder und Jugendlichen dabei gemacht haben. Die Beispiele zeigen: Lernen kann allen Beteiligten auch Spaß machen!

Der „Accuracer“Der „Accuracer“ ist eine Seifenkiste, die mit dem Motor eines Boschakkubohrers zum Fahren gebracht wurde. Der „Accuracer“ wurde in einem BEO-Projekt von Sie-mensAZUBIS und Schülern gemeinsam geplant und ge-baut. Natürlich hatten sie fachliche Unterstützung, wenn sie nicht mehr weiterwussten, aber das meiste haben sie in Eigenregie entwickelt. Was hat allen am meisten Spaß gemacht bei der Aktion?

„Dass es was Praktisches ist und dass man damit lernt, wie der Antrieb funktioniert und wie Energie umgesetzt wird. Er ist noch etwas langsam, weil der Motor zu schwach ist. Aber am meisten Spaß gemacht hat, dass man den ‚Accuracer‘ auch ausprobieren kann“, so fasst ein Teilnehmer seine Erfahrungen zusammen. Der „Ac-curacer“ wurde im Frühjahr gebaut und kam dann bei der KLEVER – ExTeBeNa zum Einsatz. Die Bauer des „Accuracers“ erklärten den Kindern das Prinzip des „Ac-curacers“. Durch das eigene Tun hatten sie den Sinn und die Zusammenhänge begriffen, und das konnten sie an die Kinder weitergeben. Nachdem die Fragen der Kin-der beantwortet waren, kam der praktische Teil: Nach der sicherheitstechnischen Belehrung ging die Fahrt mit dem „Accuracer“ los. Im Zusammenspiel der Mitwirken-den funktioniert ein Rädchen nicht ohne das andere. He-rauszufinden, wie etwas geht, erscheint hier zwar eher als ein Nebenprodukt, aber das kompetente Auftreten der jugendlichen Multiplikatoren gegenüber den jünge-ren Kindern zeigte: Das Gelernte sitzt!

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Das Prinzip der MagnetschwebebahnEine Gruppe von vier Abiturienten sollte ein Referat über die Entwicklung und das Prinzip der Magnetschwebe-bahn in München schreiben. Dafür war die Projektgrup-pe auf der Suche nach finanzieller Unterstützung für die Fahrtkosten nach München. Im Gespräch mit den Ju-gendlichen entstand die Idee, nicht nur ein theoretisches Referat zu schreiben, sondern auch zu überlegen, wie das Prinzip der Magnetschwebebahn in einem prakti-schen Versuch mit Kindern umgesetzt werden könnte, zum Beispiel bei der KLEVER – ExTeBeNa.

Dies war natürlich eine große Herausforderung für die Gruppe, weil nicht nur die physikalischen und techni-schen Details überlegt werden mussten, sondern auch, wie das Prinzip des Magnetismus kindgerecht und prak-tisch in einem Experiment gestaltet und vermittelt wer-den konnte. Dies war schwieriger als das Referat, da auch pädagogische und methodisch-didaktische Über-legungen notwendig waren. Nach drei Anläufen war die Projektgruppe dann soweit – sie hatten ein einfaches Magnetexperiment als Spiel „getarnt“ und konnten so den Kindern das Prinzip des Magnetismus und die Er-weiterung der Magnetschwebebahn erklären. Die Pro-jektgruppe erklärte den Kindern mit einfachen Sätzen und Begriffen physikalische und technische Zusammen-hänge. Die Kinder konnten ausprobieren und spielend verstehen.

Die Projektgruppe machte die Erfahrung, dass es zwar schwieriger ist, ein praktisches Projekt für Kinder um-zusetzen, dafür aber umso spannender, weil von ihnen mehr Kompetenzen abverlangt wurden als nur „theoreti-sches Wissen“. Sie haben auch gelernt, dass es Freude bereiten kann, anderen etwas zu erklären und Wissen weiterzugeben.

DNA-Analyse mit GummibärchenDNA-Analyse mit Gummibärchen ist einfach und geni-al zugleich. Die Idee dazu hatte die Schülerakademie Karlsruhe. Man braucht dazu nicht mehr als Holzstäb-chen, die als Verbindung dienen, und bunte Gummibär-chen, welche die DNA-Moleküle für die unterschiedli-chen Gen-Verknüpfungen darstellen.

Das Modell ist so anschaulich, dass auch Grundschüler den Zusammenhang verstehen können. Voraussetzung

ist wie bei den zuvor beschriebenen Beispielen, dass diejenigen SchülerInnen, die das Projekt anbieten, Zu-sammenhänge, Möglichkeiten und Unterschiede von DNA Analysen nicht nur wissen, sondern auch mit einfa-chen Worten erklären und anleiten können.

Dabei wird schnell klar, dass Wissen zu haben und Wis-sen weiterzugeben zwei Paar Stiefel sind – eine wichtige Einsicht für Lehramtsstudierende: „Jetzt weiß ich, dass ich mich für das richtige Studium entschieden habe“ oder „Das mit den Kindern habe ich mir doch anders vorgestellt, vielleicht sollte ich doch einen anderen Stu-diengang wählen“ waren Aussagen von zukünftigen Stu-dentInnen.

Für Kinder – gerade auch aus bildungsferneren Famili-en – sind diese spielerischen und praktischen Lern- und Wissenserfahrungen deshalb so wichtig, weil sie Zu-sammenhänge auch anders als im (leider) immer noch häufig theorielastigen Unterricht verstehen und begrei-fen können.

Einen Film über KLEVER gibt es auf http://www.klever-ka.de/klever-news/filme/klever-2009.html

Weitere Infos auf den Homepages: www.jaka-ka.dewww.schuelerakademie-ka.dewww.beonetzwerk.de

K L E V E R – E x Te B e N a

Kontakt: Susanne Günther Stadtjugendausschuss e. V.Jugendagentur KarlsruheMoltkestrasse 22, 76133 KarlsruheTel.: 0721 / 133-56 21E-Mail: [email protected]

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„Hallo, mein Name ist Nico, und ich bin 16 Jahre alt.Ich habe seit ca. einem Jahr den Gedanken, Selbstmord zu bege-hen! Ich habe Stress in der Schule, bin verliebt, ohne dass diese Gefühle erwidert werden, meine Eltern leben getrennt, und ich habe wenige Personen, denen ich mich anvertrauen kann. Ich weiß ein-fach nicht mehr weiter. Deshalb habe ich mich hier angemeldet!“

Ähnlich wie Nico (Name und Inhalt wurden aus Grün-den des Datenschutzes leicht verändert) melden sich täglich verzweifelte Jugendliche per Mail bei Youth-Life-Line. Hier können sie anonym über einen gesicher-ten Zugang, einfach und kostenfrei über ihre Proble-me schreiben und bekommen von einem jugendlichen Peerberater Unterstützung.

Die Peerberater engagieren sich bei Youth-Life-Line eh-renamtlich jede Woche mindestens drei Stunden und ab-solvieren vor Beginn ihrer Tätigkeit eine ca. 70-stündige Ausbildung, bei der sie sich mit den Themen Lebenskri-sen und Suizidalität sowie Möglichkeiten der Hilfe be-schäftigen. Bei der Beratungsarbeit werden sie immer von pädagogisch-therapeutischen Fachkräften begleitet und unterstützt. Gleichzeitig sind auch der Austausch und der Rückhalt in der Gemeinschaft der Peerberater von großer Bedeutung.

Die Online Jugendberatung Youth-Life-Line Jugendliche helfen Jugendlichen in Krisen

Dass die Beratung durch Gleichaltrige und im geschütz-ten Raum der Anonymität geschieht, kann lebensret-tend sein. Suizid ist bei jungen Menschen unter 25 nach Verkehrsunfällen die zweithäufigste Todesursache, aber gerade Jugendliche vertrauen sich selten in Krisensitu-ationen Erwachsenen oder professionellen Helfern an. Am ehesten wenden sie sich an Gleichaltrige, denn die sprechen „dieselbe Sprache“ und teilen die gleiche Le-benswelt.

Die Peerberater werden häufig gefragt, warum sie sich freiwillig so intensiv mit den Problemen von anderen auseinandersetzen. Sie antworten auf diese Frage bei-spielsweise folgendes:

Laufzeit /Beginn Seit 2002: Modellprojekt; seit 2007: Online Jugendberatung des Arbeitskreises Leben e. V. (AKL) Tübingen/Reutlingen Teilnehmer Derzeit 35 PeerberaterInnen (SchülerInnen) im Alter zwischen 15 und 22 Jahren aus der Region Tübingen/Reutlingen Kooperationen Arbeitskreis Leben e. V. (AKL) Tü-bingen/Reutlingen; Netzwerke mit anderen Onlineberatungsstellen sowie regionalen Beratungsstellen im Kreis Tübingen/Reutlingen und der Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie in Tübingen Ergebnisse Nachdem die Finanzierung von Youth-Life-Line als Modellprojekt 2007 auslief, wurde die Online Jugendberatung fester Arbeitsbereich des AKLs. Als niederschwelliges und anonymes Hilfsangebot für Jugendliche in Kri-sen und bei Suizidgefahr wurden durch Youth-Life-Line mittlerweile fast 3.000 ratsuchende junge Men-schen unterstützt und mehr als 100 Jugendliche als PeerberaterInnen ausgebildet.

D i e O n l i n e J u g e n d b e r a t u n g Yo u t h - L i f e - L i n e

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Luna: „Für mich ist es wichtig, Jugendliche in Krisen zu unterstüt-zen, da ich aus eigener Erfahrung weiß, dass es viel helfen kann, seine Probleme mit anderen, gerade mit Gleichaltrigen, zu teilen. Ich hoffe, dass ich bei YLL helfen kann, Menschen neue Wege zu zeigen und sie die ‚Lebensfreude‘ wieder spüren zu lassen.“

Daniel: „Ich hätte mir früher oft selbst jemanden gewünscht, mit dem ich über meine Probleme reden kann, darum ist es mir jetzt wichtig, für andere da zu sein.“

Juline: „Ich glaube, dass jeder Höhen, aber auch Tiefen erlebt. Und in Zeiten, in denen man jemanden braucht, der einem zuhört, möchte ich dieser ‚jemand‘ sein. Ich will versuchen, Kraft zu geben, wo keine mehr ist, und Jugendlichen durch die Beratung helfen, wieder die schönen Seiten des Lebens zu sehen.“

Nela: „In einer Krise stecken, das bedeutet für mich, vor vielen verschlossenen Toren zu stehen und keinen Ausweg zu finden. Ich möchte anderen helfen, ihre Tore zu überwinden, um dahinter neue Wege und Möglichkeiten zu entdecken.“

Rebekka: „In schwierigen Zeiten brauchen Menschen Ansprech-partner, denen sie vertrauen können. Als Jugendliche möchte ich versuchen, Jugendlichen in Krisen zu helfen, indem ich ihnen zuhöre und mit ihnen gemeinsam einen Ausweg aus der Situation suche.“

D i e O n l i n e J u g e n d b e r a t u n g Yo u t h - L i f e - L i n e

Auf diese Weise für andere da zu sein, bedeutet den Peerberatern bei Youth-Life-Line viel. Nicht nur, weil sie dadurch Erfahrungen sammeln und Kompetenzen erlan-gen, die für ihre eigene Persönlichkeitsentwicklung und auch im Hinblick auf ihre Berufswahl unterstützend und wegweisend sein können, sondern auch wegen der in-tensiven Freundschaften, die sich während des Ehren-amts unter den Peerberatern vielfach ergeben. Von gro-ßem Wert sind außerdem die direkten Rückmeldungen von Ratsuchenden in Mails oder Gästebucheinträgen, wie den folgenden:

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Unsere Peerberater bieten derzeit auch Präventionsveranstaltun-gen an Schulen in der Region Tübingen/Reutlingen an (in Zusam-menarbeit mit einer Fachkraft). Dies ist möglich über das Projekt „Jugend informiert“ – von der Jugendstiftung und im Rahmen des Bundesprogramms „Vielfalt tut gut“ gefördert.

Interessierte Fach- und Lehrkräfte können sich per Mail an uns wenden: [email protected]

Youth-Life-Line finanziert sich zu ca. 40 % über öffentliche Zuschüsse, die übrigen ca. 60 % müssen durch Eigenmittel erwirt-schaften werden. Deshalb sind wir dringend auf Stiftungszuwen-dungen und Spenden angewiesen.

Spendenkonto:Volksbank TübingenKonto-Nr.: 70 976 007BLZ: 641 901 10Verwendungszweck: Spende Youth-Life-Line

D i e O n l i n e J u g e n d b e r a t u n g Yo u t h - L i f e - L i n e

20.08.2010 von „engel3112“ „Hallo, es ist schön, dass es euch gibt,durch euch habe ich mich endlich verstanden gefühlt und genau über meine Probleme geredet!!! (…)“

02.08.2010 von „alter Bekannter“ „hallo zusammen, es ist lange her, dass ich hier auf der Seite war und das Angebot genutzt habe. Bin zufällig wieder hier vorbei-gekommen, wollte jetzt einfach Danke sagen, damals wurde ich super beraten, es hat womöglich Schlimmeres verhindert, (…) ihr macht ne super Arbeit, vielen Dank.“

Kontakt: Online Jugendberatung Youth-Life-Line des Arbeitskreises Leben e. V. (AKL) Tübingen/ReutlingenÖsterbergstraße 9, 72074 TübingenTel.: 070 71 / 254 281E-Mail: [email protected]

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Schüler für SchülerGemeinsames schulartübergreifendes Lernen zwischen Hauptschulen und Gymnasien

S c h ü l e r f ü r S c h ü l e r

Beginn April 2009 Teilnehmer 40 Hauptschüler und 29 Gymnasiasten Kooperationen Hauptschulen und Gymnasien aus Donzdorf, Herrenberg und Hohenhaslach/Sachsenheim, begleitet durch die PH Ludwigsburg Ergebnisse Konzeptionen zum gemeinsamen Lernen nach unterschiedlichen Modellen Projektphasen Vorbereitungen/Aufbau der Projektstruktur durch die PH Ludwigsburg Phase 1: Gemein-sames Lernen nach drei unterschiedlichen Modellen (Schuljahr 09/10) Phase 2: Gemeinsames Lernen mit erweiterten Fragestellungen (Schuljahr 10/11)

„Also, die gehen ganz anders ran als wir, also die überlegen erst mal, wie sie es machen, und wir gehen gleich ran und basteln irgendwas rum.“ So äußerte sich ein 15-jähriger Hauptschüler über die unterschiedlichen Herangehensweisen beim gemeinsa-men Lernen. Die zu lösende Aufgabe war die Speichen-montage bei einem Fahrrad. Was passiert, wenn Gym-nasiasten und Hauptschüler gemeinsam lernen? Gibt es da Vorurteile, und können die abgebaut werden? Um diese und andere Fragen geht es im Projekt „Schüler für Schüler“. Als der Hauptschüler bei seinem gymnasialen Mitschüler eine gewisse Unsicherheit ausmachte, be-merkte er ganz trocken: „Jetzt bleib cool.“ Gemeinsam lösten sie das Problem. Das Rad wurde eingespeicht.

Das Projekt „Schüler für Schüler“ wird an drei Schul-standorten durchgeführt: in Donzdorf, Herrenberg und Hohenhaslach/Sachsenheim. Dort wurden jeweils Lern-arrangements mit unterschiedlichen pädagogischen Schwerpunkten eingerichtet, um gemeinsames Lernen von Hauptschülern und Gymnasiasten zu ermöglichen. Die heterogenen Lerngruppen lernten bislang über ein Schuljahr hinweg wöchentlich in der Regel zwei Schul-stunden gemeinsam, wobei die verantwortlichen Lehrer eher die Rollen des Organisators, Moderators oder Be-raters einnahmen.

Die Rolle der Instruktoren nahmen am Standort Donz-dorf (Rechberg-Gymnasium, Messelbergschule) die Gymnasiasten ein. In Lerntandems oder Kleingruppen bereiteten sie Hauptschüler auf die Abschlussprüfung vor. Die Gymnasiasten wurden von den betreuenden Lehrerinnen und Lehrern gezielt fit gemacht. Grundlage der didaktischen und methodischen Schulung war ein von den Lehrern verfasstes Arbeitsheft.

Eine der Fragestellungen der wissenschaftlichen Unter-suchung war, wie die Hauptschüler über die Gymnasi-asten denken und umgekehrt. Überraschend war, dass die Einstellung der Hauptschüler zu den Gymnasiasten insgesamt eher positiv war, während die Gymnasiasten doch erhebliche Vorurteile artikulierten. „Es gibt ja doch viele Vorurteile, die man von Hauptschülern hat (…), ja, dass sie, ich sage jetzt mal nicht so klug sind wie andere oder so. Und dass Gewalt, ja spielt da eine Rolle. Die schlägern sich auch öfter mal“ (Gymnasiast, 17 Jahre). „Also, man hat schon Vorurteile, das muss ich zugeben“.(Gymnasiast, 16 Jahre).

Bei einer Zwischenmessung konnte jedoch gezeigt wer-den, dass sich Vorurteile und Einstellungen bei Schülern beider Schularten positiv veränderten.

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S c h ü l e r f ü r S c h ü l e r

In Herrenberg (Vogt-Hess-Schule, Andreae-Gymnasium) wurden mit erlebnispädagogischen Lernkonzepten, Theaterpädagogik und kooperativen Lernformen ande-re Schwerpunkte des gemeinsamen Lernens umgesetzt. In ihrem selbst konzipierten (Liebes-)Kurzfilm setzte die Lerngruppe eine Geschichte nach eigenem Drehbuch in Szene, die letztendlich die Geschichte der eigenen Lern-gruppe war: zwei unterschiedliche Gruppen, die sich mit Vorurteilen begegnen …

„Am Anfang war es so, dass ich nur mit unseren Schü-lern gesprochen habe, die wo auf unserer Schule sind. Und ja danach hat sich es, ah, haben wir dann auch mit den anderen so geredet und dann konnte ich am Schluss besser frei sprechen und so, vor der ganzen Klasse (…), und so hat auch niemand über mich gelacht. Ich musste mich nicht schämen“ (Hauptschüler, 13 Jahre). Diese Tendenz konnte auch statistisch nachgewiesen werden: Hauptschülern fiel es nach ein paar Monaten

bereits leichter, auf Menschen zuzugehen. In der glei-chen Zeit blieben jedoch die entsprechenden Kennwerte der Gymnasiasten konstant. Verantwortung für andere zu übernehmen war sowohl für die Gymnasiasten als auch für die Hauptschüler wichtig, jedoch zeigte sich im Verlauf der Lerneinheiten ein zunehmend realistischeres und konkreteres Bild, was dies bedeutet und wie schwer dies auch ist. „Ich kann auf andere mehr Rücksicht neh-men, weil früher da war ich immer so, da habe ich was gemacht und alle anderen mussten das auch machen und jetzt gucke ich halt auch eher auf die anderen, was die wollen“ (Gymnasiast, 16 Jahre).

So zeigt sich, dass bereits vorliegende Forschungser-gebnisse auch hier überwiegend bestätigt und validiert werden können: Erlebnispädagogische Maßnahmen und kooperatives Lernen sind geeignet, die Entwicklung des Selbstkonzepts und der sozialen Kompetenz zu fördern.

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S c h ü l e r f ü r S c h ü l e r

Am Standort 3 (Lichtenstern-Gymnasium Sachsenheim, Kirbachschule Hohenhaslach) stand Lernen mit techni-schen Inhalten im Zentrum. Beim Thema „Fahrradkon-struktion“ baute die Lerngruppe ein Fahrrad, wobei mit Einspeichen, dem Einsetzen von Kugellagern und dem Montieren von Bremsen anspruchsvolle Aufgaben ge-stellt waren. Beim Thema „Robotik“ wurden mit Hilfe von Baukästen Roboter gebaut und per Laptop program-miert. Nach Anfangsschwierigkeiten wuchs die Gruppe gut zusammen. Die Schüler planen nun die Organisation einer großen Radrundfahrt für viele hundert Teilnehmer und sind stolz auf das Produkt „Schulfahrrad“. „Wir hat-ten ja alle verschiedene Ideen, und dann hat man ver-sucht, die irgendwie zusammenzusetzen, und dann ging das dann auch. Wichtig ist, dass man einander zuhört und dass man die Meinung des anderen dann berück-sichtigt“ (Gymnasiast, 16 Jahre).

Eine Fragestellung der Begleituntersuchung betraf auch die beteiligten Lehrer. Auch da hat es Veränderungen gegeben:„Also für mich ist es sicherlich schon gut, diese Horizon-terweiterung da mitzunehmen, wie lernen die Schüler jetzt an der Hauptschule, welche Interaktionen gibt es hier in der Gruppe. Das ist schon etwas anders als bei uns. (…) Von daher lernt man auch daraus immer wieder Neues dazu (...) Und ich profitiere insgesamt dann auch von meinem Kollegen, weil er einfach andere Ideen hat als die, die ich habe. (…) ist es ja immer gut, wenn man Impulse von außen bekommt. (…) und von daher gibt es mir auch neue Impulse für Dinge.“ (Gymnasiallehrer)Aber auch im Bereich Schulentwicklung und Organi-sation haben beide Schulen voneinander profitiert und möchten die Kooperation ausbauen.

Die didaktisch-methodische Hilfestellung für Gymnasiasten ist über den Projektleiter Dr. Hermann Scheiring erhältlich.Die ausführliche Evaluation des Projekts wird voraussichtlich Ende 2011/Anfang 2012 veröffentlicht.

Kontakt: Dr. Hermann Scheiring Akademischer Oberrat, Erziehungswissenschaft Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Postfach 220, 71602 Ludwigsburg Tel.: 07 141 /140 -231 Zimmer: 1.215 E-Mail: [email protected]

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Stellenlose Jugendliche arbeiten in der PräventionAls Motivationssemester ist die Aufgabe von InTeam, Jugendliche in der Berufsorientierung und Lehrstellen-suche zu begleiten und ihnen eine Tagesstruktur mit Bildungsinhalten anzubieten. InTeam bietet 14 Jugend-lichen Arbeit als Peer-Educators in der Prävention für Schulklassen und Jugendgruppen und verschiedene Bil-dungsinhalte wie Ausbildung zu Peer-Educators, Bewer-bungstraining, Deutsch-, Mathematik-, PC-Kurse und Teamentwicklung. Seit 1996 gibt es bei InTeam Veran-staltungen in der Aidsprävention zu den Themen Liebe, Sexualität und HIV/Aids. 2005 wurde das Angebot durch Schuldenprävention mit den Themen Geld, Konsum, Schulden erweitert. Die Rahmenbedingungen von Peer-Education mit stellenlosen Jugendlichen unterscheiden sich wesentlich von denen anderer klassischer Peer-Education-Projekte. Die folgenden Punkte beschreiben die Besonderheiten der Peer-Education im InTeam:

InTeam, BaselStellenlose Jugendliche arbeiten als Peer-Educators in der Aids- und Schul-denprävention mit Schulklassen

– Peer-Education findet nicht schulintern oder in der offenen Jugendarbeit statt, sondern in einer Instituti-on im Kontext von Arbeitsamt, Berufsorientierung und Lehrstellensuche. Die Jugendlichen im InTeam sind stellenlos, haben oft einen Migrationshintergrund, fi-nanzielle Probleme, „Stress“ in der Familie und unge-nügende Schulnoten.

– Im InTeam arbeiten keine „peer-leaders“, die von Klas-senkamerad/innen aufgrund herausragender Ei-genschaften für diese Aufgabe ausgewählt wer-den, sondern eher Arbeitsmarkt-„losers“. Sie arbeiten im InTeam auch aus der Not heraus, kei-ne Lehrstelle gefunden zu haben. Sie sind moti-viert, haben Entwicklungspotenzial und wirken auf „gleich gesinnte“ Jugendliche absolut glaubwürdig.

Laufzeit /Beginn InTeam wurde 1996 gegründet. Die Ausbildung beginnt jeweils Ende August. Jugendliche können max. 12 Monate teilnehmen. Teilnehmer Max. 14 stellenlose Jugendliche im Alter zwischen 16 und 23 Jahren. Hauptsächlich sprechen wir lehrstellenlose Schulabgänger/innen an. Kooperationen InTeam ist ein Motivationssemester des Amtes für Wirtschaft und Arbeit (AWA), Basel, welches auch zusammen mit der Christoph Merian Stiftung, Basel, die Trägerschaft des Vereins bildet. Motivationssemester  sind Programme für stellenlose Jugendliche (v. a. lehrstellenlose Schulabgänger/innen)  ohne abgeschlosse-ne berufliche Grundbildung, die von der Schweizer Arbeitslosenversicherung finanziert werden. Fachlich arbeiten wir eng mit der Aidshilfe beider Basel (Basel Stadt und Basel Landschaft) sowie der Budget- und Schuldenberatungsstelle Plusminus, Basel, zusammen. Ergebnisse InTeam verbindet von Beginn an erfolgreich die Methode der Peer-Education mit der Lehrstellensuche. Bis zu 70 Schulklassen aus der Nordwestschweiz besuchen uns jährlich zum Thema Aids- resp. Schuldenprävention. Zudem vermitteln wir die jugendlichen Peer-Educators in eine Lehr- oder Arbeitsstelle als Anschlusslösung nach InTeam. Pro-jektphasen Die Jugendlichen werden in einer ersten Phase in der Aidsprävention ausgebildet. Nach der Erlangung eines Zertifikats führen sie in Teams erste Präventionsveranstaltungen mit Schulklassen durch. In einer zweiten Ausbildungsphase werden die Peer-Educators in der Schuldenprävention ausgebildet. Dabei dreht sich alles um das Themenfeld Geld, Konsum und Schulden. Nach Abschluss dieser Ausbildung bieten wir zu beiden Themen parallel Präventionsveranstaltungen für Schulklassen und Jugendgruppen an.

I n Te a m , B a s e l

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I n T e a m , B a s e l

– Durch die Anbindung von InTeam an das Arbeitsamt ist die Freiwilligkeit nur bedingt gegeben. Haben die Jugendlichen einmal zugesagt, verpflichten sie sich, fünf Tage pro Woche gegen Bezahlung mitzuarbei-ten. Wer diese Tagesstruktur nicht einhalten kann/will, muss mit Konsequenzen wie Lohnabzug oder Kündi-gung rechnen.

– Ein- und Austritte sind laufend möglich. Das bringt eine besondere Gruppendynamik mit sich, die die teil-nehmenden Jugendlichen auffordert, flexibel zu sein, neue Teilnehmende zu integrieren und bisherige, die sich zu Leaderfiguren hin entwickelt haben, zu verab-schieden. Desgleichen ist die Leitung gefordert, ihre Teambildungs-, Lern- und Ausbildungsprozesse lau-fend den Veränderungen anzupassen.

– Die Jugendlichen werden in ihrer Arbeit als Peer-Edu-cators intensiv begleitet und können an Organisations-abläufen partizipieren.

– Grundidee von InTeam ist, dass die Jugendlichendurch die Ausbildung und Tätigkeit als Peer-Educators Sozial-, Fach-, Methoden- und Selbstkompetenzen gewinnen und Empowe ehrt soll ihnen der Erwerb von Fähigkeiten bei der Berufsorientierung und in Bewer-

bungsverfahren um Lehrstellen Vorteile bringen. Etwa 60 bis 70 Prozent der Jugendlichen finden während der Zeit im InTeam eine Anschlusslösung, unter ande-rem deshalb, weil sich ihr Auftreten durch die Arbeit als Peer-Educators positiv verändert hat.

Ein Radiobeitrag über InTeam von Radio Basilisk kann auf der Homepage von InTeam www.inteam-basel.ch heruntergeladen werden.

InTeam ist heute bei den Schulen in Basel und Umge-bung als Präventionsinstitution bekannt und etabliert. Pro Jahr besuchen bis zu 1.000 Schüler/innen eine Prä-ventions-veranstaltung im InTeam. Diese dauern zwei bis drei Stunden und werden von vier bis sieben Peers durchgeführt, welche durchschnittlich in 25 Veranstal-tungen mitwirken. Die Feedbacks der Klassen fallen po-sitiv aus, die Kritik ist konstruktiv. Schüler/innen schät-zen besonders, dass keine Erwachsenen dabei sind und dass sie ungezwungen und frei in ihrer Sprache über Liebe und Sexualität diskutieren können. Das motiviert die Jugendlichen, ihre Veranstaltungen zu überarbeiten und weiterzuentwickeln. Eine kontinuierliche Prozessbe-gleitung durch Erwachsene in der Vor- und Nachbereitung von Präventionsveranstaltungen sowie das Erkennen von Grenzen zum Schutz der Jugendlichen sind dabei wich-tige Voraussetzungen, um eine kontinuierliche Qualität gegenüber der Kundschaft (Schulen, Jugendinstitutio-nen) zu gewähren. Ebenso braucht es die kontinuierliche Begleitung durch Fachpersonen im Berufsorientierungs- und Bewerbungsprozess und bei persönlichen Fragen.

Kontakt: Marco Dalcher InTeam, Motivation, Lehrstellensuche, Arbeit in der PräventionDornacherstrasse 101, CH-4053 BaselTel.: 0041 61 361 88 77E-Mail: [email protected]

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Jugend-Welten in Baden-WürttembergEin Medienprojekt von KICKFAIR

Im Medienprojekt „Jugend-Welten in Baden-Württem-berg“ beschreiben Jugendliche aus verschiedenen Projektstandorten in Baden-Württemberg ihre Lebens-welten und ihr Engagement in den lokalen Straßenfuß-ball-Projekten. Sie wollen der Öffentlichkeit zeigen, wie sie in ihren Projekten über Fußball Dinge bewegen und wie sie Positives bewirken. Über die Medien Film und Foto sollen diese positiven Erfahrungen aus den Projek-ten emotional und echt dargestellt werden.

Im Rahmen des Medienprojektes entstehen am Ende mehrere Film- und Foto-Porträts über Jugendliche aus dem Baden-Württemberg-weiten Straßenfußball-Projekt KICKFORMORE. Die Ideen für das Medienprojekt wur-den von Beginn an gemeinsam mit den Jugendlichen entwickelt. Ein wichtiges Anliegen der Jugendlichen war es, zu zeigen, was sie alles genau in ihren Straßen-fußball-Projekten bewirken: wie sich ihr Lebensumfeld verändert, wie sie über Fußball konstruktive Formen der Konfliktlösung entwickeln, in welcher Form sie sich in den Projekten engagieren und wie sie sich dabei als Person entwickeln. Darüber hinaus wollten sich die Jugendlichen mit dem Thema kulturelle Vielfalt aus-einandersetzen, da ein Großteil der Jugendlichen aus den KICKFORMORE-Standorten einen Migrationshin-

Laufzeit 1 Jahr, Beginn im November 2009 Teilnehmer 80 Jugendliche aus ganz Baden-Württemberg, viele davon mit Migrationshintergrund. Die Kerngruppe des Projektes besteht aus 10 Jugendlichen. Kooperationen KICKFORMORE-Standorte in Baden-Württemberg, Laureus Sports for Good Stiftung Deutschland, SONY Deutschland Ergebnisse Die Projektgruppe erarbeitet mehrere Filmclips und Fami-lienporträts über Jugendliche und ihr Engagement im Straßenfußball. Projektphasen November 2009 bis Februar 2010: Qualifizierung mit mehreren Medienworkshops, Ausarbeitung der Inhalte und Ideen, Ausarbeitung von Interviewfragen März 2010 –Juli 2010: Drehtermine und Foto-Shootings vor Ort in den KICKFORMORE-Standorten Juli– Oktober: Analyse des Materials, Medienworkshops, Film- und Fotobear-beitung Ab Oktober: Präsentation der Projektergebnisse

J u g e n d - W e l t e n i n B a d e n - W ü r t t e m b e r g

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J u g e n d - W e l t e n i n B a d e n - W ü r t t e m b e r g

tergrund hat. Die Jugendlichen wollten dabei nicht nur kulturelle Vielfalt darstellen, sondern auch zu zeigen, wie sich diese in ihren Projekten wiederfindet und welches Potenzial dabei entstehen kann. In die Film- und Fotopor-träts wurden daher auch die Familien der Jugendlichen und die Geschichten ihrer Zuwanderung einbezogen.

In verschiedenen Medienworkshops haben die Jugend-lichen sich zunächst intensiv mit dem Thema Film und Foto beschäftigt. Dabei lernten sie, wie es ist, eine Ka-mera zu bedienen, eine „Story“ zu entwickeln, den Ton zu regeln, Regie zu führen und nach den richtigen Licht-verhältnissen zu schauen. Sie haben sich mit Begrifflich-keiten wie „Totale“, „Halbtotale“ und „Amerikanische“ verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten des Mediums Film und Fernsehen vertraut zu machen. Mit ersten eige-nen Drehversuchen wurde dieses Wissen von Beginn an auch gleich in der Praxis ausprobiert und anschließend gemeinsam analysiert. Erstes gemeinsames Ergebnis war ein kurzer Spielfilm, der gemeinsam entwickelt, ge-dreht und geschnitten wurde.

Mit diesem Wissen ausgerüstet, ging es dann ab März 2010 los mit verschiedenen Dreh- und Foto-Terminen. Ein Workshop-Wochenende mit allen Jugendlichen aus den verschiedenen KICKFORMORE-Standorten (Ostfil-dern, Offenburg, Mössingen-Bästenhardt, Schwäbisch Gmünd) wurde genutzt, um das Projekt vorzustellen und erste Bilder und Aussagen einzufangen.

Über mehrere Wochen hinweg waren Kamera-Teams bei den Jugendlichen und ihren Familien und mehre-ren Straßenfußball-Veranstaltungen in ganz Baden-Württemberg unterwegs und führten die Interviews und Dreharbeiten durch.

Aktuell sind die Jugendlichen dabei, das gedrehte Ma-terial zu sichten und auszuwerten. Ab September folgen weitere Medienworkshops, in denen Filmschnitt und Fotobearbeitung im Mittelpunkt stehen, bevor dann die endgültigen Porträts und Filmclips produziert und prä-sentiert werden.

Ansprechpartner David BreimerSenefelderstraße 19, 73760 OstfildernTel.: 0711 / 47 07 69 75E-Mail: [email protected]

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Berufe im PortraitVideoprojekt ermutigt Hauptschüler/innen auf ihrem Lebensweg

B e r u f e i m P o r t r a i t

Im Herbst 2009 startete die Jugendagentur Heidelberg in Kooperation mit der Gerbersruhschule ein Pilotpro-jekt: Zum ersten Mal wurde das Medium Video in zwei 8. Klassen eingesetzt – und das mit großem Erfolg!

Das Medium Video (lat. ich sehe) bietet den Schüler/in-nen vielfältige gestalterische Möglichkeiten, den eigenen „Blickwinkel“ auf ein gewähltes Thema zu verdeutlichen, und in ihrer eigens gewählten Bildsprache den Zuschau-ern ihre Erlebniswelt mitzuteilen.

Wie in den anderen KommLern!-Projekten stand auch hier die Auseinandersetzung der Schüler/innen mit verschie-denen Aspekten ihrer Berufsorientierung im Mittelpunkt.

Durch das pädagogisch begleitete Gestalten eines ei-genen Videos sollten die Jugendlichen ermutigt werden, sich mit der eigenen Lebenssituation, ihren Interessen und Fähigkeiten und ihren auf die Zukunft gerichteten Ängsten und Hoffnungen auseinanderzusetzen. Durch die offene Fragestellung entstand eine reichhaltige Pa-lette an Themenschwerpunkten, zu denen die Schüler/innen je nach Interesse Kleingruppen bildeten, in denen sie ihr Video umsetzten. Es wurden zum Teil konkrete Berufsprofile erstellt, wie z. B. zur Erzieherin oder zum KFZ-Mechatroniker. Ein weiteres Thema war das Abwä-gen von verschiedenen Meinungen und Ratschlägen von Erwachsenen zum eigenen Bildungsweg, um dabei zur „richtigen eigenen“ Entscheidung zu kommen. Andere Kleingruppen beschäftigten sich z.B. mit dem Konkur-renzkampf unter Freunden bei der Bewerbung um den gleichen Ausbildungsplatz oder mit dem Spannungsfeld zwischen Traumberuf und lebbaren beruflichen Möglich-

keiten. Die Offenheit und Phantasie der Schüler bei der Bearbeitung der Fragestellung war beeindruckend!Nach einer Einführung zur technischen Handhabung der Kameras erarbeiteten die Kleingruppen die Storyboards zu ihren Videoclips, stellten Kontakt zu den Betrieben und Interviewpartnern her und organisierten die Dreh-tage. Die Rollen wie Kameraführung, Interviewführung oder Darsteller wurden je nach Fähigkeiten und Inter-essen in den Kleingruppen aufgeteilt. Jede Kleingruppe wurde in ihren Arbeitsschritten von einzelnen Pädagog/innen begleitet.

Die Erfahrungen der Schüler/innen in dieser Projektar-beit wirkten sich positiv auf mehreren Ebenen aus: Durch das gemeinsame Erarbeiten und Gestalten ihrer Videoclips lernten sie neben der individuellen inhaltli-chen Auseinandersetzung Teamfähigkeiten wie Kommu-nikations- und Kritikfähigkeit, Eigeninitiative und Verant-wortung für das gemeinsame Werk zu übernehmen.

Beginn Juli 2009 Teilnehmer Achtklässler der Gerbersruhschule Wiesloch (Haupt- mit Werkrealschule )Kooperation Jugendagentur Heidelberg und Haupt- und Werkrealschule Wiesloch Ergebnisse Videoclips rund um Themen der Berufsorientierung Projektphasen: Vorbereitung durch die Jugendagentur Heidelberg 1. Runde Durchführung während des Schuljahrs 2009/2010 2. Runde als Kompaktprojekt Schuljahr 2010/2011

Schüler beim Videodreh im Autohaus

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B e r u f e i m P o r t r a i t

Die offene Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten und Hoffnungen bei der Suche nach dem individuellen Lebensweg kann zu Lösungsansätzen führen. Die eingeholten Informationen in den Betrieben zu Aus-bildung und Berufsbild sind durch die eigene Recher-che wesentlich authentischer als durch die Information durch Dritte.

Durch die direkte Begegnung und die Gespräche mit Menschen im Berufsleben, die „ihren Weg“ schon er-folgreich gegangen sind, wurden die Jugendlichen be-stärkt und ermutigt, ihren eigenen Weg zu suchen und zu gehen.

Durch die Besuche und die Gespräche in den Betrieben wurden sie sicherer und selbstbewusster im Umgang mit Erwachsenen. Somit wurden vorhandene Hemmungen abgebaut, wie sich z. B. bei der anschließenden persön-lichen Suche nach Praktikumsstellen gezeigt hat.

Die entstandenen Videoclips wurden bei einer schulin-ternen Präsentation von allen Beteiligten stolz vorge-stellt und von den Zuschauern begeistert verfolgt. Die erfolgreiche Teilnahme der Schüler/innen wurde mit einem Eintrag in ihren Qualipass und dem Erhalt eines Zertifikats bestätigt.

Die Videos können im Jobfit-Magazin auf der Jugendnetz-Platt-form „Fit für den Job“ http://jobfit.jugendnetz.de/ angeschaut werden.

Kontakt: Gerd SchaufelbergerJugendagentur HeidelbergBildung, Kultur und Qualifizierung für junge Menschen eGRömerstraße 23, 69115 Heidelberg Tel.: 06 221 /600 620 Fax: 06 221 / 1800 99 E-Mail: [email protected]

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Die Ameisen von S-Ost

Projektinhalte und Umsetzung1. Projektakquise. In dieser Zeit befasste sich die Gruppe mit Marktanalyse, Umfragen in Stadtteilen Ost und Mitte und Konsultationen mit den Handels- und Gewerbever-einen Stuttgart-Ostheim und Gablenberg.

Die Akquise wird während der ganzen Projektlaufzeit fortgeführt, um die Arbeitsfelder und -formen den sich wandelnden Gegebenheiten anzupassen.

2. Auftragsorientierung, Berufsorientierung, Qualifizierung. Neben der Nachbarschaftshilfe werden Stadtteilprojek-te wie z. B. verkaufsoffene Sonntage oder die Lange Ostnacht 2010 sowie der Verein Muse-O und seine Maßnahmen logistisch unterstützt. Die Jugendlichen können sich dabei in verschiedenen Tätigkeitsfeldern – Fahrzeug/Kfz-Technik, Verkauf/Kundenberatung, Planung/Organisation, Marketing/Werbung/Gestaltung – versuchen und dadurch auch eigene Fertigkeiten und Neigungen besser einschätzen. 3. Nutzung der Plattform einer „Juniorfirma“ zur Konkreti-sierung und Weiterentwicklung der Ideen der Jugendlichen. Diese aktive Form der Beschäftigung ermöglicht es den Teilnehmern, das „Unternehmersein“ auszuprobieren. Bei der Umsetzung jeder Idee und jedes Auftrags müs-sen die Jugendlichen die ganze logistische Vorberei-tungsarbeit (Planung, Personal, Terminierung) und die Ausführung selbst gewährleisten. Das ist für viele eine

gute Möglichkeit, zu lernen, Verantwortung zu überneh-men und die angefangene Arbeit durchzuziehen.

Mit dem Projekt „Ameisen von S-Ost“ werden verschie-dene Ziele verfolgt. Die wichtigsten aber sind:

a) Aktivierung des zivilgesellschaftlichen Engagements in Stuttgart-Ost durch das Zusammenbringen unterschiedli-cher Akteure aus Handel und Gewerbe, Kommunalpolitik (Stadtteil) und Bürgerschaft (z. B. Bezirksbeirat) mit Ju-gendlichen unterschiedlicher Sozialisation, Interessen und Lebenslagen. Durch diese Begegnungen entstehen neue Mikro-Netzwerke sowie zahlreiche nicht-verdienstorientier-te Hilfsangebote. Beispiele dafür sind die Bereiche „Jung hilft Alt“ und „Unsere Gruppe unterstützt eure Gruppe“.

Laufzeit 1. Mai 2010–31. Dezember 2010 Teilnehmer An dem Projekt des Vereins Deutsche Jugend aus Russland e. V. in Stuttgart nehmen insgesamt 30 Jugendliche im Alter von 16 bis 21 Jahren teil, zum Kernteam des Projektes gehören dabei 12 junge Leute. Die meisten Teilnehmer haben einen Migrationshin-tergrund. Projektziel: Das wichtigste Ziel des Projektes ist die Organisation und Umsetzung der Selbsthilfe in verschiedenen Formen: von einer Gruppe von Jugendlichen, die selbst gefestigt sind, für eine andere Gruppe von Jugendlichen, die Hilfestellung benötigen; von Jugendlichen für Erwachsene, Alleinerziehende, ältere Menschen. Diese Hilfestellung beinhaltet in erster Linie auch die Entwicklung von verschiedenen produktorientierten Beschäftigungs- und Arbeitsformen, die kein lebensferner Zeitvertreib, sondern auf konkrete Hilfshandlungen und Unterstützung ausgerichtet sind.

D i e A m e i s e n v o n S - O s t

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D i e A m e i s e n v o n S - O s t

b) Entwicklung von sozialen Kompetenzen. Im prakti-schen Handeln können sich die Jugendlichen z. B. ver-gewissern, wie wichtig es ist, die richtigen Umgangsfor-men in der Gruppe zu finden und sie zu pflegen.

Kooperationen und Arbeitsfelder:Im Rahmen des Projektes arbeiten die Jugendlichen mit zahlreichen Kooperationspartnern in den vielfältigsten Bereichen. Beispiele dafür sind

– „Muse-O“. Hausmeisterhilfe, Hilfe im Haus und im Hof,Hilfe beim Transport von Gegenständen, Auf- und Ab-bau von verschiedenen Ausstellungen, Vorbereitung der Räumlichkeiten zu den Veranstaltungen (Stühle, Bän-ke, Vitrinen) etc.

– Lange Ost-Nacht 2010: Aufbau, organisatorische Fra-gen, Ordnungsdienst, verschiedene Maßnahmen bei LON und ein mehrstündiges Konzert verschiedener Gruppen, Abbau und Reinigung der Straßen nach dem Fest.

– HGV Gablenberg und HGV Ostheim. Veranstaltungenund Maßnahmen. Zusammenarbeit mit Firmen, Ge-schäften und Handwerkern – HGV-Mitgliedern.

– Unterstützung von zahlreichen Privatpersonen in denStadtteilen: ältere Menschen oder Alleinerziehende.

– Unterstützung und Hilfe sozialschwachen Familien vonjungen Leuten, die bei der DJR in Betreuung sind.

– Versorgung des Jugendhauses in der Landhausstraße 5: Technik und Gesamtleitung – Ilja Fedoseev Versorgung und Reparaturen – Alexander Umanskij Gestaltung, Werbung und Reinigung – Rudolf Schäfer Einkauf – Ilja Zhus Kundenbetreuung – Andrej Aman und Yaroslav Polskyy Personalführung und Personaleinteilung – Anton Sycev

– Umzugshilfe für ältere Personen und Alleinerziehende.

– Wartung, Reparatur und Pflege des Firmenbusses.Eine wichtige Grundlage in vielen Arbeitsfeldern ist der 9-Sitzer der Juniorfirma. Die Gruppe Mobil sorgt für einwandfreien Zustand des Fahrzeugs. Unter der Anleitung von Fachkräften werden Reparaturarbeiten durchgeführt. Auch die Pflege des Autos wird von Jugendlichen selbst gewährleistet.

Eine enorme Bedeutung für das Peer-Projekt hat die Tat-sache, dass die Jugendlichen nicht nur die Arbeit über-nehmen, sondern selbst für die Organisation und Logistik sorgen und sich um das Personal kümmern, das aus un-terschiedlichen Kreisen der Jugendlichen selbst kommt. Sie übernehmen Verantwortung für die Ausführung der Aufträge und werden auch in das Abrechnungswesen wie Finanz- und Steuerfragen eingeführt. Einige von ih-nen sind in diesen Fragen sehr fit geworden und könnten mit der Zeit diese Bereiche voll übernehmen.

Begleitend zu dem Peer-to-Peer-Engagement der Ju-gendlichen erfolgt eine aufsuchende Jugendberatung, die Beratungs-, Informations- und Unterstützungsan-gebote der Regeleinrichtungen, Sozialunternehmen und der Freien Träger der Stadt Stuttgart einschließt.

Kontakt: Deutsche Jugend aus Russland e. V.Ernst StrohmaierLandhausstraße 5, 70182 Stuttgart Tel.: 0711 / 28 494 80 E-Mail: [email protected]

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Vom schwierigen Umgang mit heraus-fordernden Kindern und Jugendlichen

Laufzeit Oktober 2009 – Dezember 2010 TeilnehmerInnen 500 JugendleiterInnen Kooperationen Jugendverbände, Jugendringe und die kommunale Jugendarbeit in Baden-Württemberg Ergebnisse Schulung für Ehrenamtliche, Erstellung einer Arbeitshilfe und eines Bausteins für die JugendleiterInnen-Ausbildung, Fortbildung und fachlicher Austausch für Hauptamtliche in der Jugendarbeit Projektphasen 1. Sondierung mit den Mitgliedsverbänden des LJR 2. Bildungsphase für Ehrenamtliche 3. Expertenschu-lung für hauptamtliche MitarbeiterInnen

Das Modellprojekt „Vom schwierigen Umgang mit her-ausfordernden Kindern und Jugendlichen“ bildet Multi-plikatorInnen in der Jugendarbeit aus Baden-Württem-berg fort. Ehrenamtliche werden dabei unterstützt, einen positiven Umgang mit Herausforderungen zu entwickeln, die in der Arbeit mit Jugendlichen bestehen.

Immer wieder sind Ehrenamtliche in der Jugendarbeit mit Kindern und Jugendlichen konfrontiert, deren Ver-halten zur Herausforderung oder Überforderung wird. Sie treffen zum Beispiel auf Probleme wie Aggression, Alkohol oder Drogen, extreme Ideologien, kulturelle Hürden oder Ausgrenzung. Trotz dieser Probleme arbei-ten ehrenamtliche JugendleiterInnen gerne in der ver-bandlichen Jugendarbeit mit Kindern und Jugendlichen, fahren auf Ferienfreizeiten und gestalten Gruppenstun-den. Die Tätigkeit macht ihnen Spaß, sie wollen einen Beitrag für die Gesellschaft leisten, und sie profitieren

zudem persönlich von ihrem Engagement. Dennoch dür-fen die Herausforderungen für die Ehrenamtlichen nicht vernachlässigt werden. Wer Kinder und Jugendliche be-treut, soll nicht allein gelassen werden, sondern hierfür die bestmögliche Unterstützung erhalten.

Der Landesjugendring Baden-Württemberg hat in Ko-operation mit den Jugendverbänden, Jugendringen und kommunalen Jugendreferaten das Modellprojekt „Vom schwierigen Umgang mit herausfordernden Kindern und Jugendlichen“ erarbeitet. Darin schult er landesweit eh-renamtliche JugendleiterInnen, wie sie auf Herausforde-rungen in der Arbeit mit Kinder und Jugendlichen reagie-ren können.Das Themenspektrum reicht weit: Von klassischen The-men wie dem Umgang mit ADS/ADHS oder Autoaggres-sion bis hin zu neuen Strategien, wie MigrantInnen vor Ort in die Strukturen der Jugendarbeit involviert werden

V o m s c h w i e r i g e n U m g a n g m i t h e r a u s f o r d e r n d e n K i n d e r n u n d J u g e n d l i c h e n

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V o m s c h w i e r i g e n U m g a n g m i t h e r a u s f o r d e r n d e n K i n d e r n u n d J u g e n d l i c h e n

können, kann das Projekt viele drängende Fragen abde-cken. Hierbei steht stets im Vordergrund der Grundge-danke des Projektes: Ehrenamtliche JugendleiterInnen sollen im Umgang mit herausfordernden Kindern und Jugendlichen gestärkt werden und die bestmögliche Unterstützung erhalten, aber auch die eigenen Grenzen erkennen und zum richtigen Zeitpunkt nach Hilfe rufen. Denn nicht jede Herausforderung kann und muss von Ehrenamtlichen gemeistert werden. Das Projekt sensi-bilisiert dafür, dass manche Herausforderung zu groß ist und es keine Schande ist, die eigenen Verbandsreferen-tInnen, die Eltern, Polizei oder das Jugendamt um Hilfe zu bitten.

Das Modellprojekt fördert das lösungsorientierte Arbei-ten mit scheinbar schwierigen Kindern und Jugendlichen und stellt deren spezifische Stärken in den Vordergrund, anstatt sich ausschließlich auf Problemlagen zu konzen-trieren. Der konstruktive Umgang mit Herausforderun-gen ist ein Kernanliegen der Schulungen und wird von den MultiplikatorInnen als sehr positiv bewertet. Um über den Projektzeitraum hinaus Wirkung zu entfal-ten, entstehen im Rahmen des Projektes zwei Publikatio-nen, die die im Projektverlauf entstandenen Konzepte für die Bildungsarbeit der verbandlichen Jugendarbeit aufbe-reiten: fertig vorbereitete Bausteine für die JugendleiterIn-nen-Ausbildung und ein interaktives Spiel für Schulungen von FreizeitleiterInnen. Beide Materialien sind ab Dezem-ber 2010 beim Landesjugendring erhältlich.

Beispiel einer Methode: Zum konstruktiven Umgang mit ADS/ADHSIm Vordergrund dieser Methode steht der konstruktive Umgang mit dem aktuell vermehrt auftretenden Phänomen ADS/ADHS. Nicht nur negative Effekte sollen beachtet werden, sondern auch Chancen und Potenziale der entsprechenden TeilnehmerInnen (TN) offengelegt werden.

1. Die Gesamtgruppe wird gefragt, welche besonderen The-men ihr zu ADS/ADHS einfallen (Sammeln auf Flipchart)– meistgenannt: anstrengend, aufgedreht, aggressiv, hyperaktiv, gewalttätig, Ritalin, konstruiertes Phänomen, nervig, kreativ, Ressourcen bindend

2. Verdeutlichen, dass die Negativkonnotation nicht weiter-hilft. Umdrehen des Flipcharts und positive Eigenschaften von ADS/ADHS-TN sammeln– meistgenannt: kreativ, aufgeschlossen, begeisterungsfähig, andere mitreißen, offen, empathisch, verkuschelt, energiegeladen

3. Wie können diese Talente zum Wohle der Gruppe eingesetzt werden? – Sammeln von konstruktiven Rollen und Aufgaben für solche Kinder – Diskussion: Welche Rollen tun der Gruppe gut, welche limitieren diese?(Bsp.: Den Hyperaktiven wird ein Spiel separat erklärt, sie erhalten die Aufgabe, dieses Spiel den anderen TN zu erklären. Die Hyper-aktiven sind beschäftigt und können nicht stören.)

4. Verdeutlichen der vorliegenden Mechanismen: ADS/ADHS-SpielÜber ein Bewegungsspiel, durch das die Funktionsweise von elektrischen Impulsen, Botenstoffen und Rezeptoren in der Ner-venzelle simuliert wird, empfinden die Schulungs-TeilnehmerInnen ADS/ADHS-Vorgänge im Gehirn nach.– Bei ADS/ADHS kommt es zu schlechten Datenübertragungen in Nervenzellen. Die TN bekommen daher einiges nicht mit. Deshalb müssen Botschaften grundsätzlich auf verschiedenen Leveln formuliert werden (verbal, visuell, haptisch usw).

Arbeitshilfen zur Qualifizierung, die ab Dez. 2010 beim Landesju-gendring bestellt werden können:

Bausteine für Juleica-SchulungenArbeitshilfe zur Qualifizierung Ehrenamtlicher im Umgang mit herausfordernden Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Juleica-Ausbildung.

Die Anregungen für insgesamt 16 Stunden Kursarbeit basieren auf den Erfahrungen in den MultiplikatorInnenschulungen des Modellprojektes.

Quests – Das Spiel für FreizeitleiterInnenschulungenDas interaktive Spiel „Quests“ für FreizeitleiterInnenschulun-gen gibt Anregungen zum prozess- und ressourcenorientierten Arbeiten mit herausfordernden Kindern und Jugendlichen auf Ferienfreizeiten.

Kontakt: Udo Wenzl Landesjugendring Baden-Württemberg Siemensstraße 11, 70469 StuttgartE-Mail: [email protected]; [email protected]

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Die Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft initialisierte in sechs Stuttgarter Jugendhäusern technische Werkstät-ten, die Jugendlichen einen niederschwelligen Einstieg in verschiedene Technikangebote ermöglichen. Das An-gebot beinhaltete Forschungslabore zu Grundthemen der Physik mit kreativen Experimenten und deren Be-obachtung und Analyse sowie konkrete Anleitung und Bedienung von computergestützten Lasergeräten und Plottern. Besonderes Ziel war es, mit den Angeboten Ju-gendliche zu erreichen, die bislang noch nicht mit diesen Themen in Berührung gekommen waren. Die Jugendli-chen konnten hier ihren kreativen Ideen freien Raum lassen und sich über einen längeren Projektzeitraum mit den technischen Geräten, deren Bedienung und unter-schiedlichen Berufsbildern vertraut machen.

Ellen:„Für mich persönlich heißt das Arbeiten in der Mädchenfirma, kreativ zu sein, die technische Welt ein Stück weit zu erkunden und andere Kinder und Jugendliche mit unseren Produkten zu erfreuen. Dank unserer erworbenen Kenntnisse können wir diese Produkte alle selbstständig herstellen. Es freut mich sehr, zu sehen, dass immer mehr Mädchen Interesse zeigen und merken, dass das Arbeiten in der Technikwerkstatt nicht nur reine ‚Jungs-sache‘ ist, sondern die Möglichkeit bietet, seine eigenen kreativen Ideen zu verwirklichen.“

Vanessa:„Seit wir ‚Unique Touch‘ gegründet haben, habe ich endlich ein tolles Hobby gefunden. Es bedeutet mir sehr viel, in der Mädchen-firma zu arbeiten, da man viel Spaß hat und viel lernen kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass mein späterer Beruf auch mit moder-nen Maschinen und Technik zu haben wird. Das gefällt mir.“

Drei Mädels auf dem Weg nach oben Kreative Köpfe gründen eigene Firma „Unique touch“

„Selbermachen“ ist in den Werkstätten angesagt – im Austausch mit anderen. Die Jugendlichen bestimmen das Tempo. Die Werkstätten haben modernste Technik im Einsatz. Tippgeber und Experten helfen bei kniffligen Aufgaben. Drei Mädchen haben das Projekt KommLern! optimal genutzt und ihre Träume Realität werden lassen.

Eine eigene Firma mit kreativen Designideen und Taschen-geld nicht nur von Mama und Papa – so sah der Traum der drei Mädchen aus dem Jugendhaus im Stuttgarter Stadtteil Giebel aus. Sie hatten in den Werkstätten alles rund um das Thema Plotten und Lasertechnik kennenge-lernt und konnten nach relativ kurzer Zeit eigenständig alle Maschinen bedienen und ihre Ideen in T-Shirt- und Taschendesign umsetzen. Nach einem Jahr gründeten sie ihre eigene Firma „Unique touch“ und begeistern mitt-lerweile nicht nur Freunde und Bekannte, sondern freuen sich vielfach auch über Aufträge von außen. Die Sozialpä-dagogin Julia Steffen, die die Schülergruppen betreut, ist von dem Konzept der Werkstätten überzeugt: „Nach nun einjähriger Laufzeit kann ich auf ein sehr gelungenes Pro-jekt der Werkstätten zurückblicken. Die Eigendynamik, die die Jugendlichen angestoßen haben und die sie vor-

Laufzeit /Beginn 1. September 2008 – 31 Dezember 2010 Teilnehmer 500 Schülerinnen und Schüler in Stuttgart Kooperation Stuttgarter Schulen und Stuttgarter Jugendhaus gGmbH Ergebnisse Vermittlung technischen Know-hows an Schülergruppen; Gründung eigener Firmen

D r e i M ä d e l s a u f d e m W e g n a c h o b e n – „ U n i q u e t o u c h “

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D r e i M ä d e l s a u f d e m W e g n a c h o b e n – „ U n i q u e t o u c h “

antreibt, ist wunderbares Ergebnis der Bemühungen. Die professionelle Ausstattung mit unterschiedlichsten Gerä-ten in den Werkstätten bedingt diesen Erfolg. Besonders freue ich mich, dass es uns gelingt, Jugendliche nach ih-ren individuellen Bedürfnissen mit Angeboten abholen zu können. Das Projekt KommLern! eröffnet neue Blickwin-kel in Berufe, die die Jugendlichen davor nicht kannten, oder mit denen sie kein konkretes Berufsbild verbunden haben. „Unique touch“ ist ein gelungenes Bespiel dafür, dass Jugendliche nicht nur Flausen im Kopf haben, son-dern fähig sind, einiges zu bewegen, und sich mutig neu-en Herausforderungen stellen können.“

Kontakt: Tim Velinsky Stuttgarter Jugendhaus gGmbH Schloßstraße 56, 70176 Stuttgart Tel.: 0711 / 907 16 93 E-Mail: [email protected]

Unter http://www.uniquetouch.de/ kann man weitere Informatio-nen über das Projekt und die Mädchenfirma abrufen.

Die Teilnehmer der Technikkurse im Rahmen des Projekts KommLern! haben viele Versuche und Experimente mit der Kamera begleitet und kleine Lehrfilme gedreht. In der Rubrik „Technik&Wissenschaft“ auf der Jugendnetz-Plattform http://jobfit.jugendnetz.de kann man sie anschauen und zum Nachbauen nutzen.

Mary:„Ich finde es toll, bei Unique Touch ein Mitglied zu sein. Es ist super zu sehen, wie viel wir hinkriegen und was wir alles gelernt haben. Das Schönste ist aber, wenn dich Leute auf der Straße ansprechen und fragen, woher man dieses oder jenes hat, und man ganz stolz sagen kann: ‚Das habe ich selbst gemacht‘. Nach so einem Kompli-ment fühlt man sich immer so, wie ein kleiner Designer.“

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Bildungsprojekt „Jung und Alt“Persönlichkeitsentwicklung und Generationendialog

Laufzeit März 2009– März 2011 Teilnehmer Jugendliche aus Förder-, Haupt- und Realschulen, Auszu-bildende unterschiedlichster Ausbildungsbetriebe Kooperationen Mit Schulen, Vereinen, Ausbildungsbe-trieben, Firmen, Jugendorganisationen Ergebnisse Bildungsbenachteiligte Jugendliche profitieren in den begleiteten Projekten besonders für ihre Persönlichkeitsentwicklung und Berufsorientierung

Das Bildungsprojekt „Jung und Alt“ der Samariterstif-tung hat zum Ziel, Jugendlichen dauerhaft die Möglich-keit zu geben, sich bürgerschaftlich sozial zu engagie-ren. Dafür kooperiert die Samariterstiftung mit Schulen, Unternehmen und Vereinen.

Bei ihrem Einsatz im Projekt entsteht ein Generationen-dialog zwischen Alt und Jung, der die Persönlichkeits-bildung und soziale Verantwortung der Jugendlichen fördert und stärkt.

In drei Altenpflegeheimen der Samariterstiftung, einem großen Träger der Altenhilfe, Behindertenhilfe und Sozi-alpsychiatrie der Diakonie Württemberg, wird seit März 2009 exemplarisch das zweijährige Bildungsprojekt „Jung und Alt“ durchgeführt.

Kinder und Jugendliche, vorwiegend aus den unteren Bildungsschichten, sowie Auszubildende verschiede-ner Wirtschaftsbetriebe bekommen in pädagogisch gut vorbereiteten und begleiteten Projekten über mehrere Wochen hinweg Aktionsspielräume für soziales Engage-ment und die Begegnung zwischen den Generationen. Dabei werden Hemmschwellen und Vorurteile abgebaut, die Jugendlichen erproben sich in ganz neuen Zusam-menhängen und bekommen somit Impulse für ihre Per-sönlichkeitsentwicklung und Berufsorientierung.

„Ich dachte von den älteren Menschen, dass sie langweilig sind und nur schlafen oder so. Aber die meisten hier sind noch sehr aktiv, nett und witzig.“, zeigt sich Marco völlig überrascht. Der Hauptschüler besuchte zwölf Wochen lang regelmä-ßig eine ältere Dame im Pflegeheim und machte ganz neue Erfahrungen. Bereits in der Schule wurden seine

Mitschüler und er auf die Begegnungen zwischen Jung und Alt vorbereitet. Beim ersten Treffen im Samariter-stift Pfullingen wurden die Schüler informiert über Mög-lichkeiten, mit den teilweise auch demenziell erkrankten Bewohner/innen in Kontakt zu kommen und deren Erin-nerungen wachzurufen.

Auf dem „Alters-Parcours“ haben die Schüler erfahren, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen, und durch Einbinden wurde die Erfahrung simuliert, dass die Hände nicht mehr das machen, was der Kopf will.

Die Begegnungen zwischen Jung und Alt sind zwar zeit-lich begrenzt, aber diese wichtige Erfahrung verändert einiges im Denken und in der Haltung der Jugendlichen. „Dass es mir im Pflegeheim so Spaß macht, hätte ich nicht gedacht, es ist schön, den alten Menschen eine Freude zu bereiten“, freut sich auch die 15-jährige Yas-mina und ist froh, dass sie sich trotz anfänglicher Be-denken darauf eingelassen hat. Sie und ihre Freundin

B i l d u n g s p r o j e k t „ J u n g u n d A l t “

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B i l d u n g s p r o j e k t „ J u n g u n d A l t “

haben herausgefunden, dass „ihre Bewohnerin“, die kaum mehr etwas redet, früher viele Tiere und Blumen hatte. So konnten die beiden Mädchen ihr mit Fotobü-chern aus der Stadtbücherei eine große Freude bereiten. Ihre Lehrerin hat während der Zeit im Pflegeheim Stär-ken an ihren Schülern entdeckt, die sie nie erwartet hät-te. Hedda Wurm, eine Bewohnerin freut sich, wenn die Jungen kommen: „Durch die Jungen wird unser Tages-ablauf abwechslungsreicher!“

Um die Ergebnisse aus dem Modellprojekt nachhaltig zu sichern, wird es am Ende des Projektes dauerhafte Kooperationen mit den Partnern geben. Die Schüler prä-sentieren als Botschafter ihre persönlichen Erfahrungen den Nachfolgenden, und manche kommen immer wie-der, um „ihre alte Dame“ zu besuchen.

Im Rahmen des Projektes sind viele neue Kooperationen mit Schulen, Jugendorganisationen, Gemeinden und Ausbildungsbetrieben entstanden, die alle dasselbe Ziel haben: Lernen durch „Freundschaft auf Zeit“ zwischen Jung und Alt.

Diesen Titel wird auch der Film haben, der über die Pro-jekte gedreht wurde, um Jugendlichen Lust zu machen auf solche Sozialprojekte. Der Film ist ab Oktober 2010 bei der Samariterstiftung erhältlich.

Kontakt: Gabriele Blum-EisenhardtSamariterstiftungSchlossweg 1, 72622 NürtingenTel.: 070 22 /50 52 65E-Mail: gabriele.blum-eisenhardt@samariterstiftung.dewww.samariterstiftung.dewww.zeit-fuer-menschen.de

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Cool am Computer Junge Tutor/innen für Senior/innen (CACTUS)

Laufzeit Oktober 2009 bis Dezember 2010 Teilnehmer/-innen 62 Schüler/-innen zwischen 11 und 16 Jahren aus 5 Schulen in Baden-Württemberg sowie 54 internetunkundige ältere Erwachsene Kooperationen Europäische Lernpartnerschaft „Grandparents & Grandchildren“ (G&G), Ulmer Lernnetz-werk KOJALA, Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW) der Universität Ulm und die beteiligten Schulen Ergebnisse 5 Projektstandorte in Baden-Württemberg, Handbuch für die jungen Tutoren/-innen, Handbuch für die Senioren/-innen

Mit Cactus wird an den bereits vorhandenen Internetkom-petenzen von Jugendlichen angeknüpft, um sie so in einer neuen Form des sozialen Engagements zu stärken und zu bestätigen: Als „Junior-Internet-Helfer/-in“ machen sie eigenverantwortlich ältere, bisher internetunkundige Er-wachsene mit Computer und Internet vertraut.

Durch das gemeinsame Interesse an der Thematik „Computer und Internet“ kommen sich Alt und Jung nä-her, stereotype Altersbilder verändern sich und Gemein-samkeiten treten zutage.,

Das Projekt „Cool am Computer – junge Tutor/-innen für Senior/-innen“ (CACTUS) greift eine Idee der euro-päischen Lernpartnerschaft „Grandparents & Grand-children“ (G&G) auf und setzt diese mit einer eigenen Akzentuierung zur Ausbildung von „Junior-Internet-Helfern/-innen“ an fünf Schulstandorten in Baden-Würt-temberg um.

Bei der europäischen Lernpartnerschaft G&G bringen junge Menschen (grandchildren) älteren Menschen (grandparents) die Nutzung von Computer und Internet bei, um sie vor der Ausgrenzung aus der digitalen Ge-sellschaft zu bewahren. Ausgangspunkt sind dabei die bereits vorhandenen Stärken und Kompetenzen von Schüler/-innen zwischen 11 und 16 Jahren im Umgang mit den neuen Medien und die dabei aus dem Dialog zwischen Jung und Alt entstehende kritische und reflek-tierende Auseinandersetzung mit dem Computer und In-ternet. Gleichzeitig werden die Schüler/-innen aber auch an eine neue Form des sozialen Engagements herange-

führt. In dem Projekt wurden bisher 62 Schüler/-innen der 6. bis 10. Klasse aus insgesamt 5 Modellschulen verschiedener Schularten in ihren Medien- und sozialen Kompetenzen durch eine außerschulische Ausbildung zum/zur „Junior-Internet-Helfer/-in“ gefördert und ge-stärkt, um eigenverantwortlich 54 älteren, bisher inter-netunkundigen Erwachsenen den Umgang mit Compu-ter und Internet näherzubringen.

Durch die generationenübergreifende Auseinanderset-zung mit der Thematik „Computer und Internet“ wird der Umgang mit diesen Medien auf eine spannende Art dialogisch thematisiert: Das Internet wird von Jugend-lichen vorwiegend als Unterhaltungs- und Kommunika-tionsmedium genutzt und kaum als Informations- und Kommunikationsmedium reflektiert. In ihrer Rolle als „Junior-Internet-Helfer/-in“ sind die Schüler/-innen ge-zwungen, einen Perspektivwechsel zu vollziehen. In der

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Vorbereitung versetzen sie sich in die Rolle der Senior/-innen und müssen antizipieren, was diese an den neuen Medien interessiert, wo Bedarfe und Hemmschwellen bestehen und wie diese die neuen Medien gerne nutzen wollen. Durch diese intensive Auseinandersetzung mit dem Medium Internet kann das eigene Verhalten verän-dert werden: Die Schüler/-innen lernen ganz nebenbei, dass man mit dem Internet mehr machen kann als E-Mails schreiben, chatten oder Spiele spielen.

Zusätzlich liegt ein besonderer Ansatzpunkt des Projek-tes in der Verbesserung des Verständnisses zwischen Alt und Jung: Durch das gemeinsame Interesse an der Thematik „Computer und Internet“ können sich die Ge-nerationen näher kommen. Gemeinsames Tun verän-dert stereotype Altersbilder und lässt Gemeinsamkeiten deutlich werden.

Die notwendige Interaktion bei der Wissensvermittlung im Bereich „Computer und Internet“ fördert besonders Jugendliche mit Migrationshintergrund. Sie erhalten durch die notwendige Anwendung ihrer sozialen Kom-petenzen im „Unterrichten“ der neuen Medien und in der Interaktion mit den älteren Erwachsenen die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Als „Gegenleis-tung“ für die Wissensvermittlung im Bereich „Computer und Internet“ werden die älteren Erwachsenen dazu ani-miert, die Junior-Internet-Helfer/-innen bei Problemen in der Schule zu unterstützen.

Im Rahmen der Vorbereitung bzw. Qualifizierung zum Junior-Internet-Helfer/-in stehen weniger technische als eher methodische und pädagogische Fragen im Vorder-grund. Altersbilder werden thematisiert, didaktische Fra-gen (Wie lernt man im Alter?) aufgeworfen und das Medi-enverhalten, die Interessen, aber auch Hemmschwellen von Älteren gegenüber dem Computer und Internet be-sprochen. Geklärt werden aber auch die Aufgaben der Schüler/-innen während des Projektes durch Rollenspie-le sowie Tricks und Tipps zum Umgang mit den Älteren. Die Schüler/-innen bringen „ihren“ Senior/-innen dann die ersten Schritte im Umgang mit dem Computer nahe, erklären, was das Internet ist, wie man im Internet na-vigiert, welche Suchmaschinen und Informationsseiten es gibt und was man sonst so im Internet machen kann (z. B. Wikipedia, Einkaufen im Internet und E-Mail). Das Projekt CACTUS führt Jugendliche an die Erwachsenen-welt heran und leistet somit auch einen wichtigen Bei-trag für den Übergang von der Schule zum Beruf.

Materialien wie z. B. ein Handbuch für die Junior-Internet-Helfer/-innen und ein Handbuch für die teilnehmenden Senioren/-innen sowie weitere Infos findet man unter www.ileu.net/index.php?CACTUS

Kontakt: CACTUSMonika Schmid, Markus MarquardInstitut ILEU c/o ZAWiW der Universität UlmAlbert-Einstein-Allee 47, 89081 UlmTel.: 07 31 /50 -23 200Fax: 07 31 / 50 12 -23 200E-Mail: [email protected]

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Modellprojekt SeGelJugendbegleiter für generationen- übergreifendes Arbeiten schulen

Laufzeit 2008 bis 2011 Teilnehmer/-innen: Jugendbegleiter/-innen, andere außerschulische Partner/-in-nen ( z. B. Senior/-innen, Berufswahl- und Lesepaten), Lehrkräfte Kooperationen Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW) der Universität Ulm Jung+Alt=Zukunft zusammen (JAZz) e. V. Arbeitsgemeinschaft des Bürgerlichen Engagements (ARBES) Baden-Württemberg Stadt Ulm, Koordinie-rungsstelle für Ulmer Schulen und außerschulische Partner Ulmer Lernnetzwerk KOJALA sowie verschie-dene Schulen (alle Schularten) in Baden-Württemberg Ergebnisse 22 Fortbildungen für Jugendbegleiter/außerschulische Partner/innen und Lehrkräfte Initiierung und Begleitung generationenübergreifender Ar-beit an mehreren Schulstandorten, vielfältige Arbeitsmaterialien für Projekte und Fortbildungen zur gene-rationenübergreifenden Arbeit.

SeGeL, die Servicestelle für generationenübergreifende Lernpartnerschaften, hat den Auftrag, die Idee des inter-generationellen Lernens zu verbreiten. SeGeL berät und qualifiziert außerschulische Partner/-innen, v. a. Senior/-innen und Multiplikator/-innen, aber auch Lehrkräfte für intergenerationelle Lernprojekte. SeGeL ist ein Modell-projekt des Zentrums für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW www.zawiw.de) der Universität Ulm und wird von der Heidehof-Stiftung gefördert. Mo-dule des Fortbildungsangebotes werden im Rahmen von KommLern! angeboten, um außerschulische Partner/-in-nen, v. a. Jugendbegleiter/-innen, aber auch Lehrkräfte bei ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu unter-stützen.

Um einen guten Einstieg und einen gelingenden Verlauf von Alt-Jung-Aktivitäten zu fördern, bietet SeGeL für au-ßerschulische Partner/-innen fünf Fortbildungsmodule an:

1. Schule und doch nicht Schule: das Besondere am interge-nerationellen Lernen2. Best Practice: Vorstellung erprobter Projektideen und Aktionen3. Motivieren und Aktivieren: Hilfestellung aus Sozialpsy-chologie, Lernpsychologie und Didaktik4. Probleme und Konfliktsituationen meistern; mit Spielregeln arbeiten5. Patenschaften, individuelles Coaching und Arbeiten in Klein-gruppen

Die Fortbildungen sind praxisorientiert ausgelegt und beziehen die Erfahrungsräume der jeweils Beteiligten mit ein. Die Module können als Komplettpaket (5 Tage) belegt werden, sodass eine grundlegende Qualifizie-rung erworben wird. Alle Module und Modulbestandteile können aber auch nach Bedarf kombiniert werden, z. B. als Tages- oder Halbtagesseminare. Dies hat sich v. a. bei Schulungen von Jugendbegleiter/-innen bewährt, die mit konkreten Fragestellungen und Problemen in die Veranstaltungen kommen. Wichtig ist, dass dem Er-fahrungsaustausch bei diesen Schulungen ausreichend Raum gegeben wird, ohne dass der rote Faden verloren geht. Im Kontext von KommLern! führt SeGeL jährlich zwischen 8 und 10 Fortbildungsveranstaltungen durch.

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Die Arbeit mit außerschulischen Partner/-innen und Multiplikator/-innen hat gezeigt, dass diese sehr von einem „Werkzeugkoffer“ für die Projektplanung von in-tergenerationellen Aktivitäten profitieren würden. Ge-meinsam mit Senior/-innen, die Erfahrungen in Alt-Jung-Projekten haben, und Jugendbegleiter/-innen wird derzeit ein entsprechendes Fortbildungsangebot entwi-ckelt, das ab Dezember 2010 angeboten wird. Dieser „Werkzeugkoffer“ soll geeignete Multiplikator/-innen und Jugendbegleitermanager/-innen in die Lage versetzen, vor Ort die Projektplanung zu verbessern und eigenstän-dig Schulungen z. B. bzgl. der Aufgaben- und Rollen-findung für Jugendbegleiter/-innen und außerschulische Partner/-innen durchzuführen. Das Seminarangebot er-gänzt vorhandene Projektplanungsangebote mit Arbeits-einheiten, die gezielt auf die Aufgabenstellung intergene-rationeller Projekte ausgerichtet sind.

Neben den Fortbildungen für außerschulische Partner/ -innen und Multiplikator/-innen bietet SeGeL Workshops für Lehrkräfte an, da die angemessene Betreuung au-ßerschulischer Partner durch Schule und Lehrkräfte wesentlich zum Erfolg der Aktivitäten beiträgt. Schwer-punkt dieser Fortbildungen ist die Herausarbeitung der Hilfestellungen, die von Schulen und Lehrkräften für Senior/-innen und außerschulische Partner/-innen auf-gebracht werden sollte, um ein Gelingen intergeneratio-neller Lernprojekte zu unterstützen.

Ergänzend veröffentlicht SeGeL erprobte Projektideen mit zugehö-rigen Arbeitsmaterialien in einer „Ideenbörse“ auf der Homepagewww.segel-bw.de.

Marquard, Markus; Schabacker-Bock, Marlis; Stadelhofer, Carmen: Alt und Jung im Lernaustausch. Eine Arbeitshilfe für intergenerationelle Lernprojekte. Juventa Verlag Weinheim und München 2008.

Schabacker-Bock, Marlis; Marquard, Markus: Von der Schule in den Beruf. Trainingsmaterial zur Berufsvorbereitung von Haupt-schülerInnen. AG SPAK Bücher 2005.

Zu beziehen über SeGeL/ZAWiW:Schabacker-Bock, Marlis/SeGeL: Beispiele für Lernprojekte mit Alt und Jung.

Schabacker-Bock, Marlis/SeGeL: Qualifizierungsbausteine für intergenerationelles Lernen – Information zu den Fortbildungen.

DVD Alt und Jung gemeinsam – wir bewegen was – in Ulm. Eine Video-Dokumentation aus der Projektpraxis des „Ulmer Lernnetz-werkes KOJALA“ und der Servicestelle für generationenübergrei-fende Lernpartnerschaften.

Kontakt: Marlis Schabacker-BockSeGeLInstitut ILEU/ZAWiW der Universität Ulm Albert-Einstein-Allee 47, 89081 UlmTel.: 07 31 /502 -32 01Fax: 07 31 / 502 -31 97E-Mail: [email protected]

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KommLern! im Landkreis LörrachJugendliche gehen in der Berufsorientierung neue Wege

Laufzeit /Beginn Das Projekt startete im Januar 2009 und hat eine Laufzeit von 2 Jahren. Teilnehmende Schülerinnen und Schüler an 7., 8. sowie 9. Klassen an Haupt-, Förder-, Gewerbe- und Realschulen Kooperationen Freies Theater Tempus fugit

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Seit Januar 2009 ist das Projekt KommLern! im Kreisju-gendreferat Lörrach angesiedelt. Die Schwerpunkte des Projektes liegen unter anderem in der Vorstellung und Bewerbung des Qualipasses an Schulen, in Berufsorien-tierung und Berufswahl und im Ausbau der Vernetzungs-strukturen durch www.jugendagenturen.de.

Ein Projekt-Baustein zur Berufsorientierung ist die Ko-operation mit dem freien Theater Tempus fugit, das mit den Jugendlichen ein Mitmachtheaterstück zum Thema Berufsorientierung erarbeitete.

„Nur Mut aktiv“ Bei „Nur Mut aktiv“ handelt es sich um ein sogenanntes Forumtheaterstück für SchülerInnen, die ca. ein Jahr vor den Abschlussprüfungen stehen und somit Entschei-dungen für ihren weiteren Lebens- und Berufsweg fällen müssen.

Dieses Stück richtet sich alsoan 7., 8. sowie 9. Klassen an Hauptschulen,an Realschüler, die kurz vor ihrem Abschluss stehen sowiean Klassen im Berufsvorbereitungsjahr

Das sogenannte Forumtheater ist eine bestimmte Form des „Mitmachtheaters“. Es geht zurück auf den brasiliani-schen Regisseur, Theaterautor und Theatertheoretiker Au-gusto Boal. Dieser entwickelte das Forumtheater als The-atermethode, in der die Zuschauer nicht mehr nur passiv rezipieren, sondern aktiv mitgestalten (siehe Exkurs).

Diese Grundlagen nutzt auch „Nur Mut aktiv“: Nach ei-nem ca. 45-minütigen Theaterstück folgt direkt ein zwei-ter Teil, der von einer Moderatorin oder einem Moderator von Tempus fugit angeleitet wird. In diesem interaktiven

Teil können die Zuschauer und Zuschauerinnen selbst initiativ werden, indem sie sich in den Handlungsablauf bewusst einmischen, zum Beispiel, indem sie spontan Kritik an den Verhaltensweisen der Personen äußern und gleichzeitig eigene Spielverläufe oder Lösungsvor-schläge vorstellen. Durch diese Einbeziehung werden die Ursachen für Konflikte, Auseinandersetzungen und Versagen in den jeweiligen Szenen unmittelbar verge-genwärtigt. Die angesprochenen Szenen werden dar-aufhin von den Schauspielern und Schauspielerinnen neu gespielt, wobei die Wünsche und Vorschläge der Zuschauer und Zuschauerinnen eingebunden werden. Diese können auch weiterhin aktiv in die Szene ein-greifen, indem sie durch Stopp-Rufe den Protagonisten andere Reaktionen vorschlagen oder sich selber in eine der Rollen einwechseln, um in der Szene mitzuwirken. Die Jugendlichen können dadurch erfahren, wie sie die Szene beeinflussen und möglicherweise in eine andere Richtung lenken können.

Foto: Thomas Quartier

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Zentral in der angewandten Methode ist die wertschät-zende Begegnung auf Augenhöhe: Die Mitwirkenden unterscheiden sich nicht dadurch, ob sie auf der Büh-ne oder im Zuschauerraum sind, und es gibt keine Ent-scheidungsinstanz wie die herkömmliche Regie. Die Jugendlichen gestalten ebenso mit wie auch die Schau-spielerinnen und Schauspieler und identifizieren sich tiefgreifend und nachhaltig mit den Inhalten.

Die ProjektzieleViele Jugendliche wissen heute nicht, was sie nach der Schule mit ihrem Leben anfangen sollen oder wie sie in beruflicher Hinsicht ihre Zukunft gestalten können. Durch das Projekt „Nur Mut aktiv“

– können Schüler und Schülerinnen der unterschied-lichen Schultypen über ihre Berufswünsche und Zu-kunftsperspektiven miteinander ins Gespräch kommen. Dadurch findet Berufsorientierung Peer to Peer und auf kreative Weise statt.

– fassen Jugendliche Mut, sich bewusst zu informieren und sich für ihre eigenen Interessen zu engagieren. Sie erleben, dass konsequentes Vorgehen und ihr Wissens-drang eine Chance für sie sind.

– erhalten Jugendliche die Möglichkeit, ihr Selbstbe-wusstsein zu stärken. Sie lernen, sich und ihr Potenzi-al selbst kritisch einzuschätzen, und auch Schüler und Schülerinnen, die über ein schwächer ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügen, werden gefördert, um ihre Zukunftsabsichten nach außen klar zu vertreten.

– bekommen Jugendliche Impulse, die ihren beruflichen Ehrgeiz und ihre Neugier anstacheln. So bekommen sie die Motivation, frühzeitig über berufliche Qualitäten und die damit verbundenen Ausbildungsmöglichkeiten nach-zudenken, und entwickeln Interesse an gesellschaftli-chem und sozialem Engagement.

Über die Methode Forumtheater von Augusto Boal (Quelle: Wikipedia.de)In der ursprünglichen Form stellt die Methode des Forumtheaters dem Publikum auf der Bühne eine Szene vor, die schlecht und unbefriedigend endet. Ein sogenannter ‚Joker‘ ermutigt dann das Publikum, diese Szenen im Dialog zu einem besseren Ende zu bringen, und fordert auf diese Weise die Zuschauer zur kreativen Mitgestaltung der Situation auf. Boals Ziel war, mit dieser Methode unterdrückte und benachteiligte Menschen in Aktivität zu bringen und ihnen ihr kreatives, gestalterisches Vermögen bewusst zu machen.

Seine Methode nahm einen zentralen Platz im ‚Theater der Unterdrückten‘ ein, einer Methodenreihe, die vor allem Eingang in die politische Bildung gefunden hat. Sie wird inzwischen in etwa 70 Ländern weltweit praktiziert. Die Methoden kombinieren Kunst und Selbsterfahrung mit politischem Probehandeln und bieten viele Möglichkeiten der Aktivierung von im Alltag oft unterdrückten oder vernachlässigten sozialen und kommunikativen Ressourcen in der spielerischen, ästhetischen und theatralen Begegnung von Menschen. Augusto Boals Theater der Unterdrückten geht von zwei Grundsätzen aus: Der Zuschauer als passives Wesen und Objekt soll zum Aktivisten der Handlung werden. Das Theater soll sich nicht nur mit der Vergangenheit beschäftigen, sondern ebenso mit der Zukunft und deren Möglichkeiten.

Dabei ist der Dialog im Zusammenspiel zwischen Trainern und Regisseuren und den Teilnehmenden zentraler Bestandteil. Nicht der Regisseur bestimmt die Inhalte der Szenen und Theaterstücke, sondern die Teilnehmenden setzen die thematischen Schwerpunkte. Befreiung aus Alltagszwängen, Einsicht in eigenes Handeln, Infrage-stellung von gesellschaftlichen Unterdrückungs-Spielregeln etc. sind wichtige Zielsetzungen in der Arbeit und fließen in die Techniken und Formen dieses Theaters ein.

Foto: Karin Quartier

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Mittwoch, den 21. Juli 2010

Tempus fugit geht mit dem Thea-terstück "Nur Mut aktiv" landes-weit auf Tournee / Aufführung in der Schillerschule.

RHEINFELDEN. Das Theater Tempus fugit verfolgt seit 2003 einen erfolgversprechenden Weg, um Schülern den Berufseinstieg zu erleichtern. Im Stile des Forumtheaters versucht Karin Maßen mit ihrem Team junger Schauspieler und dem Stück "Nur Mut aktiv" Hemmnisse vor dem The-ma Berufswahl abzubauen. Bis 2011 ist Tempus fugit damit landesweit unterwegs und will eine Methode entwickeln, die es anderen erlaubt das Stück zu adaptieren. Die vorerst letzte Aufführung von "Nur Mut aktiv" in Rheinfelden fand vergangenen Freitag in der Schillerschule statt. "Wir haben sofort zugegriffen", sagte Karlfrieder Schmidt, Leiter der Schillerschule, nach der Aufführung im Musiksaal. "Wir kannten das Stück schon, es spricht die Jugendlichen ein-fach an." Bei "Nur Mut aktiv" stehen junge Schauspieler vor einer Klasse. Die Schüler analysieren später das Gesehene und die Rollen der Schauspieler. "Indem sie über die Leu-te im Stück reden", so Maßen, "reden sie über sich selbst." So öffne es die jungen Menschen für das ungeliebte The-ma "Was mache ich nach dem Schulabschluss?" Denn im Freundeskreis wird selten darüber geredet. Das ist ein Stim-mungskiller, sagt Maßen, und im Elternhaus wird dieses Thema oft mit Druck verbunden.

Quelle: Badische Zeitung

Tempus fugit mit ihrem Stück „Nur Mut aktiv“ in der Schillerschule. Foto: Valentin Ade

K o m m L e r n ! i m L a n d k r e i s L ö r r a c h

Kontakt: Margarita ProiosProjekt KommLern!Kreisjugendreferat LörrachLuisenstraße 35Tel.: 07 621/410 52 92E-Mail: [email protected] www.jugendagenturen.de

Theater Tempus fugit e. V. Ötlinger Straße 13, 79539 Lörrach Tel.: 07 621 /167 54 76 Fax: 07 621 / 163 55 97 E-Mail: [email protected]

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Selbstvertrauen gewinnen – voneinander profitieren Qualifizierung von Junior-Jugendbegleiter/innen

S e l b s t v e r t r a u e n g e w i n n e n – v o n e i n a n d e r p r o f i t i e r e n

Laufzeit /Beginn seit 2006 Teilnehmer Bislang 250 Schüler/innen der Klassen 10 –12 Kooperationen Gesamtschule Bodnegg Gymnasien Isny und Ravensburg Ergebnisse Erfolgreicher Abschluss einer Junior-Jugendbegleiter-Qualifizierung fast aller Teilnehmer/innen und Engagement in der Ganztagsbetreu-ung Projektphasen Die Schulungseinheiten mit 48 Unterrichtseinheiten verteilen sich auf ein Schuljahr und bieten so die Möglichkeit, Erfahrungen aus der Praxis als Junior-Jugendbegleiter/innen zu reflektieren, das Selbstvertrauen zu stärken und voneinander zu profitieren.

Unter dem Motto „Jugendarbeit ist Bildung“ hat sich der Kreisjugendring Ravensburg e. V. in den letzten Jahren verstärkt mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung, der Kooperation von Schule und Jugendarbeit sowie der Umsetzung des Jugendbegleiter-Programms beschäftigt und sich den 18 Modellschulen im Landkreis Ravensburg als kompetenter Partner für die Jugendbegleiter-Qualifi-zierung angeboten. Inzwischen wurden zahlreiche Qua-lifizierungsmaßnahmen mit unterschiedlichen Zielgrup-pen, Partnerschulen und Konzepten durchgeführt. Über die Beteiligung am KommLern!-Projekt der Jugendstif-tung Baden-Württemberg liegt seit 2 Jahren verstärkt der Schwerpunkt im Bereich der Junioren-Ausbildung an derzeit vier Gymnasien in Ravensburg und Isny.

Philipp, 15 Jahre, ist als Jugendbegleiter am Gymnasium in Isny tätig. Im Jugendbegleiter-Magazin erzählt er, war-um er die Ausbildung zum Jugendbegleiter gemacht hat und was er für sich daraus mitgenommen hat: „Es macht mir Spaß, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten und jüngeren Mitschülern zu helfen. Ich lerne viel über den Umgang mit anderen Menschen und kann Tipps, die ich während meiner Jugendbegleiter-Ausbildung gelernt habe, anwenden.“

Zusammen mit 22 anderen Schülern und Schülerinnen beteiligte er sich parallel zu seinem Engagement in der Hausaufgabenbetreuung an der vom Kreisjugendring Ravensburg angebotenen Qualifizierung zum Junior-Jugendbegleiter. Das auf ein Schuljahr angelegte Aus-bildungskonzept im Umfang von 48 Unterrichtseinheiten orientiert sich an den im Jugendbegleiterprogramm des Landes Baden-Württemberg vorgegebenen Themenfel-dern Schule, Pädagogik und Praxis.

„Wir profitieren dabei von unserer langjährigen Erfah-rung in der Bildungsarbeit mit attraktiven und zielgrup-penorientierten Methoden“, berichtet Joachim Sautter, Geschäftsführer des Kreisjugendrings Ravensburg e. V. Entsprechend wurde das Qualifizierungskonzept so entwickelt und umgesetzt, dass es methodisch und in-haltlich der Zielgruppe von Schülern und Schülerinnen der Klassenstufen 9–12, teilweise mit Migrationshin-tergrund, entspricht, diese motiviert werden, sich im Rahmen der Ganztagesbetreuung zu engagieren und ansprechende Angebote für andere Schüler zu entwi-ckeln, die Teilnehmer/innen befähigt werden, Gruppen zu leiten, mit Konflikten umzugehen, die Arbeit im Team zu reflektieren und die Bereitschaft entwickeln, die er-worbenen Kompetenzen auch in anderen Handlungsfel-dern (Betreuungsangebote an anderen Schulen, in der Jugendverbandsarbeit usw.) einzusetzen.

Die nach diesen Kriterien konzipierten Schulungsein-heiten umfassen inzwischen ein breites, an den Pra-

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xiserfahrungen anknüpfendes Themenspektrum. Die-ses reicht von einer Zukunftswerkstatt „Schule 2020“, Gruppen leiten, Angebote entwickeln, Moderieren und Präsentieren, Öffentlichkeitsarbeit, Rechtsfragen und Aufsichtspflicht, Umgang mit Konflikten über Spielide-en mit Gruppen, Teamarbeit und -entwicklung bis hin zu methodischen Fragen der Hausaufgabenbetreuung, Lernstrategien oder der Gestaltung musisch-kultureller Angebote in der Nachmittagsbetreuung.

Im Vordergrund steht dabei nicht die „Vermittlung von Expertenwissen“, sondern das aktive Mitwirken der Ju-gendlichen am Lernprozess selbst. Sie sind in vielen Fragen die eigentlichen „Experten“, kennen den Schul-alltag, die Bedürfnisse, Wünsche, Motivationslagen ihrer Mitschüler, verfügen über ganz vielfältige Kompetenzen in den Bereichen Sport, Medien, Wissensmanagement, informelle Systeme und können so voneinander profi-tieren. Diese Stärken von Peer-to-Peer-Ansätzen sind damit wesentlicher Bestandteil des Qualifizierungskon-zeptes und sollen zukünftig weiter intensiviert werden, etwa durch das Mitwirken ausgebildeter Junior-Jugend-begleiter bei weiteren Schulungsangeboten.

Positiv bewerten die Schüler und Schülerinnen auch die umfangreichen Handouts zu den verschiedenen The-menfeldern, die neben fachlichen Anregungen viele kon-krete Tipps und Hilfestellungen für das Engagement in der Ganztagesbetreuung und darüber hinaus enthalten.

Bei der Entwicklung eines solchen Lernverbundes spie-len erlebnispädagogisch orientierte Einheiten zu Beginn der Qualifizierung mit ausgebildeten Trainern in den Hochseilgärten „Topel Robes“ bei Ravensburg bzw. „Überruh“ bei Isny eine entscheidende Rolle. Über die-se jeweils ganztägigen Einheiten können Motivation und Zusammenhalt innerhalb der Gruppe erheblich gestärkt und damit eine gute Grundlage für die weiteren Schu-lungseinheiten gelegt werden. Auch hier wird viel Wert gelegt auf vielseitige, den Gruppenzusammenhalt för-dernde Methoden wie Rollenspiel, Kleingruppenarbeit, Projektvorstellungen oder Exkursionen wie z. B. einem Stadtrundgang mit dem Streetworker von Isny.

Über die einjährige Ausbildungsdauer mit jeweils einer Schulungseinheit pro Monat wird eine wichtige Voraus-setzung dafür geschaffen, dass die alltäglichen Erfah-rungen der Jugendbegleiter, schwierige Situationen und Konflikte mit den zu betreuenden Schülern, die Arbeit

erschwerende Rahmenbedingungen, mangelnde Un-terstützung seitens der Schulleitung u. a. in den Aus-bildungsprozess mit einfließen können. So werden die Entwicklung von Lösungsstrategien, Handlungsansät-zen und der persönliche Zuwachs an Wissen, Fähigkei-ten und Kompetenzen gemeinsam erlebt und die eigene Rolle als Jugendbegleiter gestärkt. Ein wichtiger Erfolgs-faktor ist dabei die Bereitschaft der Schulleitung bzw. der für die Junior-Jugendbegleiter zuständigen Lehrer, sich in diesen Erfahrungsaustausch einbinden zu lassen.

Dass davon beide Seiten profitieren können, betont Jochen Müller, Schulleiter des Gymnasiums Isny, für den vielseitige Formen der Wertschätzung und der echten Beteiligung bei der Ausgestaltung der Ganz-tagesbetreuung wesentliche Erfolgsfaktoren sind: „Das aktive Mitwirken, die vielen Vorschläge und Ideen aus diesem Kreis für unsere weitere Schulentwicklung sind beeindruckend. Das Zusammenwachsen über die einjährige Ausbildung und das engagierte Mitwirken des Kreisjugendrings zeigen eine tolle Wirkung.“

Über das Engagement in der Jugendbegleiter-Qualifizie-rung werden der Kreisjugendring und die Jugendarbeit im Landkreis Ravensburg als kompetente Partner in der Weiterentwicklung der Ganztagesbetreuung/-bildung an Schulen wahrgenommen. Fazit von Joachim Saut-ter: „Mit unseren Angeboten gelingt eine Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe, und über den Kontakt zu den Jugendbegleitern nehmen wir aktiv teil an den aktuellen Veränderungsprozessen in Sachen Schule und Bildung.“

Kontakt: Kreisjugendring Ravensburg e. V.Kuppelnaustraße 3688212 RavensburgTel.: 07 51 /210 781E-Mail: [email protected]

Die Qualifizierung von Jugendbegleitern an Schulen orientiert sich an dem im Jugendbegleiter-Programm des Landes Baden-Württemberg vorgegebenen Ausbildungskonzept mit vielseitigen inhaltlichen Themen in den Modulen Schule, Pädagogik und Praxis. Informationen dazu und zu den Anbietern solcher Qualifizierungs-maßnahmen finden Sie unter www.jugendbegleiter.de > Qualifizierung

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Jugendbegleiter –

ein Job, bei dem ich dazulernen kann

Auch beim Haus-aufgabenmachen können wir viel lachen

Philipp Blessing ist als Jugendbegleiter am Gymnasium in Isny tätig. In thema erzählt er, warum er die Ausbildung zum Jugendbegleiter gemacht und was er für sich daraus mitgenommen hat.

Name: Philipp Blessing Alter: 15 Hobbys: Kochen, Fußball, Schwimmen Warum ich Jugendleiter werden wollte: Ich arbeite sehr gerne mit anderen Menschen zusammen und helfe ihnen auch. Was hat dich dazu bewegt, eine Jugendbegleiteraus-bildung zu machen? Es macht mir Spaß, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten und jüngeren Mitschülern zu helfen. Ich konnte auch schon vor dem Angebot der Schule Erfahrungen als Jugendbegleiter sammeln und habe gemerkt, dass ich einiges dazulernen konnte. Worin besteht deine momentane Aufgabe als Jugendbegleiter? Zur Zeit betreue ich jüngere Schüler, die die Zeit der Mittagspause in der Schule nutzen, um ihre Hausaufgaben zu machen. In den Fächern, in denen die Schüler, die ich betreue, Probleme haben, kann ich ihnen sogar manchmal weiterhelfen, sodass sie die Hausaufgaben ohne weiteres erledigen können.Wurden deine Erwartungen in Bezug auf deinen „Job“ erfüllt? Und was hat dich positiv oder negativ überrascht? Positiv überrascht hat mich, dass das Verhältnis zu den Schülern so angenehm und gut ist und sie immer gut mitarbeiten. Allerdings wird die Arbeit nach einer Zeit eintönig, zumal ich selbst teilwei-se nichts zu tun habe. Dann ist es aber immer wieder interes-sant, sich mit den Schülern zu unterhalten, um mehr über ihren Schulalltag zu erfahren. Am Anfang sagtest du, dass du für dich selbst auch etwas dabei lernen kannst? Was genau nimmst du mit? Ich lerne viel über den Umgang mit anderen Menschen und kann Tipps, die ich während meiner Jugendbegleiter-Ausbildung gelernt habe, anwenden. Außerdem ist es ab und zu ganz nützlich, den Schulstoff zu wiederholen, weil auch in den höheren Klassen immer wieder das Grundwissen abgefragt wird.

Dieser Artikel entstand im Rahmen der Junior-Jugendbegleiter-Ausbildung am Gymnasium in Isny. thema war mit einem Schreib-workshop vor Ort.

In der Hausaufgabenbetreuung werden nicht nur Schul-aufgaben erledigt, sondern auch viele Witze gemacht oder Spiele gespielt.

Name: Sophia Egger Alter: 15 Hobbys: Filme schauen, Freunde treffen, kreativ arbeiten z. B. Zeichnen, Klavier spielen Welche Aufgabe übernimmst du als Jugendbegleiter an deiner Schule (Gymnasium Isny)? Nach der Jugendbegleiterausbildung arbeite ich in der gebundenen Hausaufgabenbetreuung, d. h. Schüler können in Ruhe und mit genügend Unterstützung ihre Hausaufga-ben erledigen und sich für den Unterricht vorbereiten bzw. lernen. Außerdem helfe ich Schülern als Nachhilfementor, ihre schulischen Leistungen zu verbessern. Das klingt zwar sehr gut, aber lässt sich auch eine gute Atmosphäre in der Hausaufgabenbetreu-ung schaffen? Ja, ich betreue beispielsweise nur eine kleine Gruppe von Schülern, und wir haben immer eine gute Lernatmo-sphäre. Die Schüler können entspannt und ohne Druck arbeiten und helfen sich bei Problemen auch gern gegenseitig, wenn dies aber nicht der Fall sein sollte, stehe ich ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Oft haben sie ihre Hausaufgaben schon schnell erledigt, und wir können noch witzige Spiele zusammen spielen. Welche neuen Erfahrungen hast du für dich aus dieser Arbeit mitgenommen? Ich war überrascht, wie locker und lustig wir zusammen arbeiten können, und die Schüler versuchen, sich zu konzentrieren, wenn sie ohne Druck arbeiten können. Außerdem bringen sie sich mit eigenen Ideen ein, z. B. am Ende einer Stunde spielten sie Unter-richt nach und erklärten ihre Aufgaben als Lehrer an der Tafel. Wir konnten viel lachen, und am Ende hatte jeder viel daraus gelernt. Ich bin sicherer geworden, anderen Aufgaben leicht verständlich zu machen und ihnen Sicherheit beim Lernen zu geben, aber auch sie zu beschäftigen, ohne dass es ihnen langweilig wird.

Dieser Artikel entstand im Rahmen der Junior-Jugendbegleiter-Ausbildung am Gymnasium in Isny. thema war mit einem Schreib-workshop vor Ort.

Von Philipp Blessing Von Sophia Egger

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„… fünf, sechs, sieben, acht“

Die Musik beginnt, und acht Mädchen fangen an zu tan-zen. Es ist Mittagspause am Gymnasium Isny im Allgäu. Um den Schülern diese angenehm zu gestalten, gibt es verschiedene Freizeitangebote. Laura Herrmann (15) und ihre zwei Freundinnen Sarah Thanner (15) und Luise Alber (16) bieten hierbei eine Tanz AG an, da sie selbst gerne tanzen. Für Schüler der Klassen 5 –7 ist das eine gute Möglichkeit, einmal in der Woche dem oft eintönigen Schulalltag zu entkommen.

Sarah&Marina: Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Tanz AG anzubieten? Laura: Ich wollte mit zwei Freundinnen ein Angebot für die jün-geren Schüler anbieten. Da wir alle sehr gerne tanzen und Musik hören, haben wir uns im Anschluss der ersten Jugendbegleiter-ausbildung dazu entschlossen, eine Tanz AG ins Leben zu rufen. Außerdem haben wir uns überlegt, dass es für uns im gleichen Alter schön gewesen wäre, wenn es eine solche AG gegeben hätte, und dass uns das Spaß gemacht hätte. Sarah&Marina: Was wird in der Gruppe gemacht? Laura: Normalerweise beginnen wir mit einem kurzen Aufwärm-training. Anschließend bringen wir den Mädchen einen vorbereite-ten Tanz bei. Da wir alle Hip-Hop tanzen und zum Teil auch Ballett und Jazz, können wir verschiedene Tanzstile in unserer Choreo-graphie vereinen. Sarah&Marina: Entspricht die Art, wie die AG zur Zeit angenom-men wird und gestaltet ist, deinen anfänglichen Vorstellungen? Laura: Am Anfang hatten wir alle die Sorge, dass die Tanz AG nicht von den Schülern wahrgenommen wird und wir deshalb eine sehr geringe Teilnehmerzahl haben würden. Wie sich aber mittlerweile herausgestellt hat, ist dies nicht der Fall. Wir haben zur Zeit eine konstante Teilnehmerzahl von acht Leuten. Das hört sich für einen Außenstehenden wenig an, aber da wir eine feststehende Choreo-graphie haben, ist es gut, wenn wir mit Wenigen arbeiten und so auf Einzelne eingehen können. Sarah&Marina: Was machst dir an der Arbeit besonders Spaß? Laura: Ich finde es toll, wenn ich mitbekomme, dass es den Schü-lern Spaß macht und dass sie auch außerhalb, z. B vor Mitschü-lern, von unserer AG erzählen. Zudem gefällt mir die Möglichkeit zwei meiner Interessen miteinander zu verknüpfen: Tanzen und die

Zusammenarbeit mit den Schülern. Sarah&Marina: Plant ihr in der Zukunft irgendwelche größeren Aktionen? Laura: An unserer Schule gibt es jedes zweite Jahr sogenann-te Projekttage. Dabei können sich auch Schüler mit Angeboten einbringen. Das möchten wir tun, da die Mitglieder unserer AG ge-äußert haben, dass sie gerne ein Projekt machen würden, bei dem sie Dinge lernen können, die in der einen Stunde pro Woche, die uns zur Verfügung steht, aufgrund von Zeitmangel nicht möglich sind. Außerdem möchten sie Gelerntes natürlich gerne vor Eltern, Mitschülern usw. präsentieren und zeigen, was sie können. Also werden wir wahrscheinlich beim nächsten Schulfest auftreten.

Dieser Artikel entstand im Rahmen der Junior-Jugendbegleiter-Ausbildung am Gymnasium in Isny. thema war mit einem Schreib-workshop vor Ort.

Von Marina, Laura, Sarah

Helfen bewegt

In der Schule mithelfen, sie „schöner“ machen, etwas bewegen können – darum geht es unter anderem in der Ausbildung zum Jugendbegleiter

Name: Regina Kimmerle Alter: 16 Hobbys: dancen, mit Freunden was unternehmen, Pizza essen Jugendbegleiter zu sein bedeu-tet für mich: Schülern zu helfen, die Hausaufgaben zu lösen.Was hat dich dazu bewegt, Jugendbegleiter zu werden?Ich wollte selbst in der Schule etwas bewegen und mithelfen, und da schien es mir sinnvoll, als Schülermentor tätig zu sein und eigene AGs zu leiten oder Schüler bei den Hausaufgaben zu unterstützen. Was sind konkret deine Aufgaben? Ich betreue Schülerinnen in der fünften Klasse bei ihren Hausaufgaben und versuche sie zu motivieren, wenn sie einen schlechten Tag hatten. Nach 6 Stunden Unterricht sind sie oft zu demotiviert, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Hat die Jugendbegleiter-Ausbildung dein Leben verändert? Ich denke, im Großen und Ganzen nicht, jedoch hab ich viele positiven Erfahrungen gemacht, die man auch wirklich im echten Leben anwenden kann! Dieser Artikel entstand im Rahmen der Junior-Jugendbegleiter-Ausbildung am Gymnasium in Isny. thema war mit einem Schreib-workshop vor Ort.

Von Regina K., Felix B.

Page 95: Peer to Peer - integriert und vernetzt

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Prall gefüllt mit harten Infos, Checklisten, Tricks & Tipps – Auf den Jungen Seiten gibt’s alltagspraktisches Wissen, das jeder braucht. www.junge-seiten.de

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Diese und weitere Materialien der Jugendstiftung kön-nen Sie bestellen: www.jugendstiftung.de

Im Rahmen des Projekts KommLern! stehen Jugendli-chen eine Vielzahl an Online-Plattformen, Publikationen und Arbeitsmaterialien zur Verfügung, die sie im Über-gang von der Schule in den Beruf begleiten:

Bei Fit für den Job gibt es alle wichtigen Informationen für einen gelungenen Übergang ins Berufsleben. www.jobfit-bw.de

Das Freizeitwiki Baden-Württemberg ist ein freies Wissensportal rund um Freizeitangebote, Freizeitaktivitäten und Locations in Baden-Württemberg. Jeder kann mitschreiben, das Freizeitwiki mitgestalten und wachsen lassen. www.freizeitwiki.jugendnetz.de

Im Schülerheft „Wikis erklärt für alle“ werden Begriffe des Web 2.0 und die Grundlagen eines Wikis erklärt. Anschließend werden die Jugendlichen Schritt für Schritt selbst zur Autorin oder zum Autor des Freizeitwikis.

Im Jugendhaus-Wiki könnt ihr euer Wissen zur Jugendhaus-Arbeit veröffentlichen und mit anderen teilen. www.jugendhaus.jugendnetz.de

Impressum

Herausgeber: Jugendstiftung Baden-WürttembergPostfach 11 62, 74370 Sersheim

Redaktion: Daniela Jakob, Hanna PantherLektorat und Korrektorat: Gisela Faller, Stuttgart Grafik und Layout: Marek EggemannDruck: Druckhaus Sprenger, Vaihingen/EnzFotos: Projektfotos der Jugendstiftung Baden-Württemberg und der ModellprojekteFoto Cover: AllzweckJack / photocase.com

Sersheim 2010 © Alle Rechte vorbehaltenJugendstiftung Baden-Württemberg.

Diese Broschüre ist im Zusammenhang des gleichnamigen Fachkongressesam 17.11.2010 in Ulm entstanden. Der Fachtag wurde im Rahmen desProgramms KommLern! veranstaltet, in dem neue jugendgerechte Wege fürden Übergang von der Schule in den Beruf entwickelt und erprobt werden. KommLern! wird vom Land Baden-Württemberg und dem Europäischen Sozialfonds gefördert.

An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei allen bedanken, die den Fach-kongress mitgestaltet haben. Ein besonderer Dank gilt unseren Referentenfür die fachlichen Impulse. Die Offenheit und Kreativität der zahlreichen Mo-dellprojekte zeigt die Vielfalt der Thematik. Auch dafür ganz herzlichen Dank!

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Peer to Peer – integriert und vernetzt Das Potenzial einer positiven Peerkultur

www.redax-bw.de

Deine eigene „Redaxion“!

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Mit ein paar Klicks und ohne Programmierkenntnisse die eigene Jugendzeitung erstellen.Redax, das Redaktionssystem des Jugendnetzes Baden-Württemberg, bietet Schüler- und Jugendgruppen die

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Programmierkenntnisse. Mit ein paar Klicks lässt sich ein eigenes Magazin erstellen, das auf dem Server des

Jugendnetzes gehostet wird und dort unter einer Subdomain http://magazinname.jnbw.de abrufbar ist.

Du hast Interesse an Redax oder weitere Fragen?Dann kontaktiere uns gerne.

Deine Ansprechpartnerin: Eva Rothfuß

Tel.: 0 71 41 / 507 23 05 E-Mail: [email protected]

Foto: Fabian Markus Sommer / Jugendpresse BW