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KOSTENk ZEITSCH.FTFU'!:P C_o_ntrolling & Management ACCOUNTING &SYSTEM-ANWENDUNGEN Performance Measurement in Marketing und Verkauf Einsatz von Marketingkennzahlen in den USA und in Kontinentaleuropa Sven Reinecke/David J. Reibstein Marketing gerat in vielen Un- ternehmen unter Rechtferti- gungsdruck: Der Wert- und Erfolgsbeitrag des Marketing muss "messbar" gemacht wer- den. Eine solche Operationali- sierung kann nur iiber Kenn- zahlen erfolgen. Empirische Ergebnisse bele- gen, dass Unternehmen in den USA andere Marketingspitzen- kennzahlen einsetzen als in Kontinentaleuropa. Ferner in- tegrieren Unternehmen diese Kennzahlen sehr unterschied- lich in die Budgetierungs- und Planungsprozesse sowie in et- waige Management by Objec- tive-Systeme. Insgesamt wird deutlich, dass in vielen Unternehmen noch ein gro8er Nachholbedarf be- ziiglich der Definition und des Einsatzes von Marketing- schliisselkennzahlen ("Marke- ting Metrics") besteht. Dr. Sven Reinecke Dozent fur Betriebswirt- schaftslehre an der Universitllt St. Gallen (Schweiz) und Leiter des Kompetenzzentrums "Marketingplanung und -controlling" am dortigen Institut fur Marketing undHandel. E-Mail: [email protected]. Notwendigkeit eines Marketing Performance Measurement Das Schaffen von Werten flir Anspruchs- gruppen von Untemehmen steht zuneh- mend im Mittelpunkt der Betriebswirt- schaftslehre. Wertorientierte Ansiitze for- dem eine klare Quantifizierung des Wert- beitrags aller Bereiche und Funktionen. Somit wird auch yom Marketing ein mes- sbarer Wertbeitrag eingefordert, zumal dieser Bereich in vielen Untemehmen zu einem der groBten Kostenblocke gewor- den ist. Das Marketing hat sich diesen Forderungen bisher hliufig dadurch ent- zogen, dass eine klare Quantifizierung ei- ner marktorientierten Untemehmens- flihrung aufgrund vieler "weicher" Fakto- ren und unklarer Ursache-Wirkungsbe- ziehungen nicht moglich oder zumindest wenig sinnvoll sei. Aufgrund neuerer Forschungsentwick- lungen im Bereich des Performance Mea- surement, die auch die Operationalisie- rung weicher Variablen umfassen (Stich- wort: Scorecard-Anslitze), einer verstlirk- ten Ausrichtung der Controllingpraxis auf Prof. David J. Reibstein, Ph.D. Professor fur Marketing an der Wharton School, University ofPennsyl- vania, USA. den Untemehmenswert (Stichworte: Share- holder Value, EVA, Discounted Cash flow) sowie modemen Marketingcontrolling- anslitzen (vgl. Weber/Schliffer 2001) wird die Forderung nach einem messbaren Wertbeitrag des Marketing wieder ak- tuell. Ein wichtiges Hilfsmittel, urn einen solchen Wertbeitrag herauszuarbeiten, sind Marketingkennzahlen (vgl. hierzu Reinecke 2001). Dabei handelt es sich ei- gentlich nicht urn ein neues, sondem viel- mehr urn ein sehr traditionelles Thema der Betriebswirtschaftslehre (vgl. Staehle 1967). Auch das Thema, wie man Marke- tingerfolg messen sollte, beschliftigt Mar- ketingwissenschaftler bereits seit langem (vgl. zum Beispiel Feder 1965). Dennoch waren die bisherigen kennzahlenorientier- ten Forschungsbemiihungen schwerpunkt- mliBig auf finanzwirtschaftliche Kennzah- len ausgerichtet. Foigende auf GroBbritan- nien bezogene Feststellung von Ambler (2000, S. I) belegt, dass dies auch in der Praxis der Fall ist: ,,[ ... ] boards devote nine times more attention to spending and counting cash flow than to wondering where it comes from and how it could be increased" (Ambler 2000, S. I). Einige Forschungsprojekte unterstrei- chen die Aktualitlit und Relevanz des Themas. So analysierte Davidson (1999), welches die wichtigsten Marketingkenn- zahlen sein sollten, die im Rahmen von Untemehmensberichten veroffentlicht wer- den sollten. Clark (1999, S. 712 ff.) arbei- tete auf der Basis einer umfangreichen Literaturanalyse drei Entwicklungstrends beziiglich Marketingkennzahlen heraus: Erstens erfolgt eine Entwicklung von fi- nanzwirtschaftlichen zu nichtfmanzwirt- schaftlichen Kennzahlen, zweitens von finanzwirtschaftlichen OutputgroBen zu 18 krp-Kostenrechnungspraxis, 46. Jg., 2002, H. I

Performance Measurement in Marketing und Verkauf

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KOSTENkRECH~= ZEITSCH.FTFU'!:P ~ C_o_ntrolling & Management

ACCOUNTING &SYSTEM-ANWENDUNGEN

Performance Measurement in Marketingund VerkaufEinsatz von Marketingkennzahlen in den USAund in Kontinentaleuropa

Sven Reinecke/David J. Reibstein

~ Marketing gerat in vielen Un­ternehmen unter Rechtferti­gungsdruck: Der Wert- undErfolgsbeitrag des Marketingmuss "messbar" gemacht wer­den. Eine solche Operationali­sierung kann nur iiber Kenn­zahlen erfolgen.

~ Empirische Ergebnisse bele­gen, dass Unternehmen in denUSA andere Marketingspitzen­kennzahlen einsetzen als inKontinentaleuropa. Ferner in­tegrieren Unternehmen dieseKennzahlen sehr unterschied­lich in die Budgetierungs- undPlanungsprozesse sowie in et­waige Management by Objec­tive-Systeme.

~ Insgesamt wird deutlich, dassin vielen Unternehmen nochein gro8er Nachholbedarf be­ziiglich der Definition und desEinsatzes von Marketing­schliisselkennzahlen ("Marke­ting Metrics") besteht.

Dr. Sven ReineckeDozent fur Betriebswirt­schaftslehre an derUniversitllt St. Gallen(Schweiz) und Leiter desKompetenzzentrums"Marketingplanung und-controlling" am dortigenInstitut fur MarketingundHandel.E-Mail:[email protected].

Notwendigkeit einesMarketing PerformanceMeasurement

Das Schaffen von Werten flir Anspruchs­gruppen von Untemehmen steht zuneh­mend im Mittelpunkt der Betriebswirt­schaftslehre. Wertorientierte Ansiitze for­dem eine klare Quantifizierung des Wert­beitrags aller Bereiche und Funktionen.Somit wird auch yom Marketing ein mes­sbarer Wertbeitrag eingefordert, zumaldieser Bereich in vielen Untemehmen zueinem der groBten Kostenblocke gewor­den ist. Das Marketing hat sich diesenForderungen bisher hliufig dadurch ent­zogen, dass eine klare Quantifizierung ei­ner marktorientierten Untemehmens­flihrung aufgrund vieler "weicher" Fakto­ren und unklarer Ursache-Wirkungsbe­ziehungen nicht moglich oder zumindestwenig sinnvoll sei.

Aufgrund neuerer Forschungsentwick­lungen im Bereich des Performance Mea­surement, die auch die Operationalisie­rung weicher Variablen umfassen (Stich­wort: Scorecard-Anslitze), einer verstlirk­ten Ausrichtung der Controllingpraxis auf

Prof. David J. Reibstein,Ph.D.Professor fur Marketingan der Wharton School,University ofPennsyl­vania, USA.

den Untemehmenswert (Stichworte: Share­holder Value, EVA, Discounted Cash flow)sowie modemen Marketingcontrolling­anslitzen (vgl. Weber/Schliffer 2001) wirddie Forderung nach einem messbarenWertbeitrag des Marketing wieder ak­tuell.

Ein wichtiges Hilfsmittel, urn einensolchen Wertbeitrag herauszuarbeiten,sind Marketingkennzahlen (vgl. hierzuReinecke 2001). Dabei handelt es sich ei­gentlich nicht urn ein neues, sondem viel­mehr urn ein sehr traditionelles Thema derBetriebswirtschaftslehre (vgl. Staehle1967). Auch das Thema, wie man Marke­tingerfolg messen sollte, beschliftigt Mar­ketingwissenschaftler bereits seit langem(vgl. zum Beispiel Feder 1965). Dennochwaren die bisherigen kennzahlenorientier­ten Forschungsbemiihungen schwerpunkt­mliBig auf finanzwirtschaftliche Kennzah­len ausgerichtet. Foigende auf GroBbritan­nien bezogene Feststellung von Ambler(2000, S. I) belegt, dass dies auch in derPraxis der Fall ist: ,,[ ... ] boards devotenine times more attention to spending andcounting cash flow than to wonderingwhere it comes from and how it could beincreased" (Ambler 2000, S. I).

Einige Forschungsprojekte unterstrei­chen die Aktualitlit und Relevanz desThemas. So analysierte Davidson (1999),welches die wichtigsten Marketingkenn­zahlen sein sollten, die im Rahmen vonUntemehmensberichten veroffentlicht wer­den sollten. Clark (1999, S. 712 ff.) arbei­tete auf der Basis einer umfangreichenLiteraturanalyse drei Entwicklungstrendsbeziiglich Marketingkennzahlen heraus:Erstens erfolgt eine Entwicklung von fi­nanzwirtschaftlichen zu nichtfmanzwirt­schaftlichen Kennzahlen, zweitens vonfinanzwirtschaftlichen OutputgroBen zu

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Performance Measurement in Marketing und Verkauf

Abbildung 1: Anlage der empirischen Studie

Erhebungszeitraum April - August 2000

Art der Studie standardisierte schriftliche Befragung

Uinder deutschsprachige Schweiz, Deutschland, USA

Branchen branchenObergreifend (ohne staatliche Unternehmen und Non-Profit-Organisationen)

Zielgruppe Mitglieder der Geschafts(bereichs)leitung, die fOr Marketingundfoder Verkauf gr6sserer Unternehmen zustiindig sind

Befragte Schweiz: Zufallsauswahl aus Top 2000 (Handelszeitung)Unternehmen Deutschland: Zufallsauswahl aus Top 2000 (Hoppenstedt)

USA: Zufallsauswahl, Unternehmen bzw. selbstiindigeGeschiiftsbereiche > 1000 Mitarbeiter (Info USA)

Aile Adressen wurden vorgiingig telefonisch OberprOft und per-sonalisiert.

Methodik standardisierte schriftliche Befragung mit einfacher (USA) bzw.doppelter Mahnwelle (CH, D)

ROcklauf(-quote) Schweiz: n = 236 21 ProzentDeutschland: n = 182 12 ProzentUSA: n = 234 10 Prozent

Total: n = 652 15 Prozent

VorsteuergroBen (insbesondere Kunden­zufriedenheit, Kundenloyalitat und BrandEquity) und drittens zu einer mehrdimen­sionalen Messung von Effizienz und Ef­fektivitat. Besonders intensiv setzte sichAmbler mit dem Thema Marketingkenn­zahlen auseinander (vgl. Ambler 2000und KokkinakilAmbler 1999).

Der Bedarf an empirischer Forschungin diesem aktuellen Feld ist allerdingsnach wie vor sehr groB. Dies wird bei­spielsweise auch dadurch deutlich, dassdie Partneruntemehmen des renommier­ten amerikanischen Marketing ScienceInstitute (Cambridge, MA) das Thema"Marketing Metrics" bereits zum zweitenMal hintereinander auf Rang 1 der For­schungsprioritaten setzten (vgl. Marke­ting Science Institute 1998, 2000). AuchGleich (2001, S. 408) regte einen intema­tionalen Vergleich der Anwendung nicht­finanzieller Kennzahlen und der darausfolgenden Ergebniskonsequenzen an.

Nachfolgend werden ausgewahlte Er­gebnisse eines intemationalen Forschungs­projekts prasentiert. 1m Rahmen einer em­pirischen Studie wurden wesentliche In­formationen zum Stand von Marketing­planung und -controlling, eines wertorien­tierten Marketing Performance Measure­ments sowie der Arbeit mit Kennzahlenerhoben. Unter anderem wurden folgendeFragen untersucht:

• Wie gewichten Fuhrungskrafte ver­schiedene betriebswirtschaftliche Ziel­bereiche?

• Welche Marketingschlusselkennzahlenerheben Untemehmen, und welche Be­deutung messen sie diesen bei?

• Wie werden Kennzahlen in den Pla­nungsprozess integriert, und wie zu­frieden sind Marketingfiihrungskraftemit ihren Kennzahlensystemen?

1m Friihsommer 2000 wurde eine stan­dardisierte schriftliche Befragung in derSchweiz, in Deutschland und in den USAdurchgefiihrt (siehe Abbildung 1). 1mRahmen dieser branchenubergreifendenStudie wurden jeweils die auf Geschiifts­leitungs- bzw. Vorstandsebene fiir die Be­reiche Marketing undloder Verkauf Ver­antwortlichen befragt.

Die Stichprobengrosse war in den dreiLandem unterschiedlich gewiihlt worden,weil aufgrund von Erfahrungswerten inDeutschland und insbesondere in denUSA mit einer im Vergleich zur Schweizniedrigeren Antwortbereitschaft gerech­net wurde. Die Rucklaufquoten rangierenmit zwischen 10 und 21 Prozent insge­samt in einem flir eine branchenubergrei­fende Studie zu erwartenden und zufrie­denstellenden Bereich. Ein Uberblick uberempirische Studien zum PerformanceMeasurement bei Gleich (2001, S. 104 f.und 264) zeigt, dass die Rucklaufquoten

bei solchen schriftlichen Befragungen mitzwischen 3 und 30 Prozent stark vari­ieren. Controllingstudien in den USAweisen zum Teil sogar lediglich Ruck­laufquoten von 1,8 oder 2,3 Prozent auf,was in der Regel auf die hohe Anzahl vonBefragungen in den Vereinigten StaatenzurUckgeflihrt wird (vgl. Rigby 2001, S.140 f.). Die absolute Anzahl von uber 650Fuhrungskraften, die sich an der Studiebeteiligten, ist allerdings deutlich haherals bei vergleichbaren Untersuchungen.

Priorisierung derBalanced Scorecard­Zielbereiche

In Anlehnung an das Konzept der Balan­ced Scorecard von Kaplan/Norton (vgl.1992, 1996,2000) wurde das Zielsystemder jeweiligen Geschaftsbereiche mit Hil­fe eines Konstantsummenverfahrens ab­gefragt. Die Befragten wurden gebeten,100 Punkte auf die vier Kategorienfinanzwirtschaftliche Ziele, markt- & kun­dengerichtete Ziele, mitarbeiter- & pro­zessorientierte Ziele sowie innovations­orientierte Ziele so zu verteilen, dass siedie Zielbedeutung des jeweiligen Ge­schiiftsbereichs bestmoglich charakteri­sieren. GemiiB dem Konzept der Balan­ced Scorecard sind diese Ziele nicht un­abhiingig voneinander; vielmehr bildensie eine langfristige Ursache-Wirkungs­beziehung abo Durch die Gewichtungoffenbaren die befragten Untemehmen je­doch, welchen Share- bzw. Stakeholdemsie sich besonders verpflichtet fiihlen so­wie welchen Zeithorizont ihr Zielsystemaufweist; so sind innovationsgerichteteZiele in der Regellangfristiger als fmanz­wirtschaftliche Ziele.

Wie aus Abbildung 2hervorgeht, domi­nieren in beiden deutschsprachigen Lan­dem mit 34,4 Prozent die markt- und kun­dengerichteten Ziele etwas vor den fi­nanzwirtschaftlichen Zielen mit 31,7 Pro­zent. Mitarbeiter- und prozessorientierteZiele werden ebenso wie Innovationszieledeutlich niedriger gewichtet. In den USAstehen dagegen die fmanzwirtschaftlichenZiele mit 46,1 Prozent eindeutig im Vor­dergrund. Markt- und kundenorientierteZiele folgen mit 29,4 Prozent weit vor denim Vergleich zu Europa noch niedriger ge­wichteten mitarbeiter- und prozessorien-

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Abbildung 2: Gewichtung der Zielbereiche gem1iB dem Konzept der Balanced Score­card

46,1-

34,4

31,729,4__r--

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10

5

oFinanzen" Markt/Ku nden** Mitarbeiterl

Prozesse"Innovation"

•• Sig, Mann-Whitney-Tesl = 0,000

dies ist etwas, wenn auch nicht bedeutendllinger als in den USA (3,2 Jahre). In kaumeinem Untemehmen wird iiber einen Zeit­raum von fiinf Jahren im voraus geplant.

Die operative Planung richtet sich inden beiden europ1iischen L1indem imDurchschnitt auf einen Zeitraum von 10,6Monaten, in den USA auf 9 Monate. Einoperativer Planungshorizont von iiber ei­nem Jahr ist sowohl in den USA als auchin Europa die absolute Ausnahme.

Lediglich 17,2 Prozent der schweizeri­schen bzw. deutschen Untemehmen ver­zichten darauf, zwischen operativer undstrategischer Planung zu unterscheiden.In diesen F1iIlen betr1igt der Planungshori­zont etwas mehr als ein Jahr. In den USAunterscheiden immerhin gut 30 Prozentder Untemehmen nicht zwischen operati­ver und strategischer Planung; der durch­schnittliche Planungshorizont ist hier mitgut 10 Monaten etwas kiirzer als in denbeiden europ1iischen Llindem.

Somit kann festgehalten werden, dassder Planungshorizont im Bereich Marke­ting und Verkauf in den Vereinigten Staa­ten zwar statistisch signifIkant, aber kei­neswegs - wie MufIg angenommen - be­tr1ichtlich kiirzer ist als in Europa.

tierten Zielen (14,6 Prozent) und den In­novationszielen (9,5 Prozent). Uberpriiftman die Gewichtungen der Zielbereichemit Hilfe des Mann-Whitney-Tests (auf­grund fehlender Normalverteilung der Da­ten), so zeigt sich, dass aIle UnterschiedehOchstsignifIkant sind.

Bei der Interpretation dieser Ergebnis­se ist allerdings zu beriicksichtigen, dassausschlieBlich Marketing- und Verkaufs­verantwortliche befragt wurden. Es ist zuvermuten, dass bei einer Befragung vonFiihrungskr1iften aus den Bereichen Fi­nanzen, Rechnungswesen und Control­ling auch in Europa die finanzwirtschaft­lichen Ziele st1irker als die markt- undkundengerichteten Ziele gewichtet wor­den w1iren. Ein analoges Bild ergibt sich,wenn man analysiert, wie Fiihrungskr1iftebOrsennotierter Aktiengesellschaften ihreZiele gewichten. Untemehmen mit dieserRechtsform priorisieren selbst in derSchweiz und in Deutschland die fmanz­wirtschaftlichen Ziele mit 36 Prozent vorden markt- und kundengerichteten Zielenmit 32,1 Prozent. Die Unterschiede zuden USA sind aber ansonsten 1ihnlich wiein der Gesamtstichprobe, auch wenn sie

etwas weniger ausgepr1igt sind und beiden markt- und kundengerichteten Zieleneine niedrigere Signifikanz aufweisen.

Zusammengefasst kann festgestellt wer­den, dass Fiihrungskr1ifte aus den Berei­chen Marketing und Verkauf in den USAin ihrem jeweiligen Gesch1iftsbereich ein­deutig fmanzwirtschaftliche Ziele als vor­rangig betrachten, w1ihrend in Europa diemarkt- und kundengerichteten Ziele st1ir­ker oder zumindest ungefiihr gleich starkgewichtet werden.

Planungshorizont inMarketing und Verkauf

Eine in der Praxis h1iufig anzutreffendeGrundannahme ist, dass der Planungsho­rizont in den USA deutlich kiirzer ist alsjener europ1iischer Untemehmen. Urndiese Hypothese zu iiberpriifen, wurdedie L1inge des durchschnittlichen Pla­nungshorizonts erhoben.

In der Schweiz und in Deutschland be­tr1igt die durchschnittliche Dauer des stra­tegischen Planungshorizonts 3,6 Jahre;

Marketingbudgetierung

Marketingbudgetierung ist ein anspruchs­voIles Feld, mit dem sich die Wissen­schaft bisher nicht sehr intensiv auseinan­dergesetzt hat. Welche Methoden wer­den in der Praxis angewendet, urn Marke­ting- und Verkaufsbudgets festzulegen?Grunds1itzlich konnen sich Budgets anDaten der Vergangenheit orientieren, bei­spielsweise dem Budget oder den erziel­ten Ums1itzen bzw. Deckungsbeitr1igender Vorperiode. Sie konnen aber auch auf­grund von qualitativen oder quantitativenMarketingzielen sowie aufgrund von Ma­nagementerfahrung festgelegt werden. Inder Regel werden Budgets im Rahmenvon Aushandlungsverfahren bestimmt, sodass iiblicherweise mehrere Verfahrenmiteinander kombiniert werden. Die be­fragten Fiihrungskr1ifte hatten daher dieMoglichkeit, aus einer vorgegebenen Li­ste iiblicher Budgetierungsverfahren biszu drei Methoden anzugeben.

Aus Abbildung 3 geht hervor, dass dieBudgetierung in vielen Untemehmenh1iufig nicht explizit gemacht wird. Mehr

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Performance Measurement in Marketing und Verkauf

Abbildung 3: Eingesetzte Budgetierungsverfahren in Marketing und Verkauf

beitrag I sowie Umsatzrentabilitat jeneKenngroBen sind, die am haufigsten erho­ben werden. Aber auch VerhaltnisgroBenwie der relative Marktanteil, das relativeUmsatzwachstum und der Umsatz proMitarbeiter sowie die Kundenzufrieden­heit und der erzielte relative Preis werdenvon mehr als der Halfte der befragten Un­temehmen regelmaBig erhoben. Die Mar­ketingkennzahlen Bekanntheitsgrad undDistributionsgrad werden immerhin nochvon etwas mehr als jedem dritten der be­fragten europaischen Untemehmen regel­maBig gemessen, Kundenbindung undMarkenstarke bzw. -wert dagegen nurnoch von jedem fiinften. Lediglich 17Prozent der Untemehmen versuchen re­gelmaBig, den Kundenwert zu bestim­men. Am seltensten werden psychologi­sche VorgroBen wie Kaufabsicht undCommitment sowie die Kommunikati­onskennzahl Share of Voice ermittelt.

Berucksichtigt man die Kennzahlenbe­deutung, so ergibt sich ein ahnliches Bild:Umsatz bzw. Absatz sind die zentralenSteuerungsgroBen; allerdings ergibt sicheine gewisse Fokusverschiebung aufkon­kurrenz- und kundenbezogene GroBen.So liegen Marktanteil und Kundenzu­friedenheit auf den Rangen 3 und 5. Fi­nanzwirtschaftliche ErfolgsgroBen wie

0%

45%153%

45%133%42%

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::?2 4%3%

31 %10/0

60%50%

.. Sig. Chi-Quadrat < 0,05.. 5;9. C~i-Qu.dr'l < 0,01

40%30%

Deckungsbeitrag, Nettogewinn und Um­satzrentabilitat werden ebenfalls nochhaufig als die zentralen GroBen fUr dasMarketing- und Verkaufsmanagement an­gesehen. Doch lediglich bei jedem zehn­ten befragten Untemehmen zahlt dieKundenbindung zu den flinf wichtigstenMarketingkennzahlen; die KenngroBenMarkenwert bzw. -starke sowie Kunden­wert werden sogar nur von jedem 20. Un­temehmen als zentral eingeschatzt.

Abbildung 5 zeigt, welche Marketing­kenngroBen in den USA besonders inten­siv erhoben und verwendet werden. Auchhier sind UmsatzJAbsatz, Nettogewinnund Deckungsbeitrag I die drei am hau­figsten erhobenen KenngroBen. Aber im­merhin 73 Prozent der Untemehmen ge­ben an, dass auch das relative Um­satzwachstum sowie der erzielte Preis imVergleich zur Konkurrenz regelmaBig ge­messen werden. Femer verfolgen deutlichmehr als die Halfte der befragten Unter­nehmen regelmaBig den absoluten und re­lativen Marktanteil, die Umsatzrentabi­litat sowie die Kundenzufriedenheit.Berucksichtigt man die Bedeutung derKenngroBen, so bleibt die Rangreihenfol­ge fast identisch. Lediglich konkurrenzo­rientierte GroBen wie dem relativen Um­satzwachstum und dem im Vergleich zu

20%10%

o CHID (n = 419)

o USA (n = 234)

Budget Hauptwetlbewert>er

DB der Vorperiode"

angestreb. Marklanteil'

Marktanleil Vorperiode

branchenObliche Werle

andere Marketingziele

Target Costing

angestrebter DB'

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Managementerfahrung'

angestreb. Umsatz I Absatz·,

Umsatz/Absatz Vorperiode

als die Halfte aller amerikanischen Unter­nehmen und immerhin 45 Prozent derUntemehmen aus der Schweiz undDeutschland geben an, dass die Marke­ting- und Verkaufsbudgets auf Erfah­rungswerten basieren. Des Weiteren be­einflussen der angestrebte Umsatz bzw.Absatz - insbesondere in Europa - sowiedas Budget der Vorperiode die Bud­gethohe. Auch der Umsatz bzw. Absatzder Vorperiode bestimmen in allen dreiLandem haufig das Marketingbudget mit.

Interessanterweise werden sowohl derangestrebte Deckungsbeitrag als auchinsbesondere der Deckungsbeitrag derVorperiode in den USA deutlich starkerzur Budgetierung herangezogen als inden beiden europaischen Landem (33 imVergleich zu 23 Prozent bzw. 17 im Ver­gleich zu 7 Prozent). Dasselbe gilt flirden Marktanteil als konkurrenzorientierteGroBe, die in den USA immerhin von je­dem dritten Untemehmen bei der Budge­tierung berucksichtigt wird, in Deutsch­land und der Schweiz dagegen nur von et­was mehr als einem Funftel.

Insgesamt kann somit festgestellt wer­den, dass in der Schweiz und in Deutsch­land der angestrebte Umsatz, in den USAdagegen der angestrebte Marktanteil alsauch angestrebte sowie erzielte Deckungs­beitrage eine groBere Rolle spielen. DieMarketingbudgetierung erfolgt somit inden USA etwas differenzierter und insbe­sondere ergebnisbezogener als in den bei­den europaischen Landem.

Schlusselkennzahlen inMarketing und Verkauf

Auf der Basis verschiedener Kategorisie­rungsschemata von Marketingkennzahlen(vgl. Tomczak et al. 1998 sowie Kokkina­kifAmbler 1999) sowie qualitativer Pre­tests wurde eine Liste von 23 moglichenSchlusselkennzahlen flir den BereichMarketing und Verkauf entwickelt. Abbil­dung 4 zeigt, welche dieser KenngroBenin der Schweiz und in Deutschland regel­maBig erhoben werden. Zum anderenwurden die Befragten gebeten, bis zu fiinfKennzahlen zu nennen, die flir sie beson­ders relevant sind.

Die Fuhrungskrafte in den beiden eu­ropaischen Landem gaben an, dass Um­satz undAbsatz, Nettogewinn, Deckungs-

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Sven Reinecke /David J. Reibstein

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Abbildung 4: Schlusselkennzahlen in Marketing und Verkauf (CH, D)

n=419 0 unierTop5

o Erhebungshaufigkeil

den Wettbewerbem erzielten Preis kom­men eine etwas geringere Bedeutung zu.

Welche Unterschiede lassen sich zwi­schen den USA einerseits und der Schweizund Deutschland andererseits beziiglichder ErhebungsintensiUit sowie der Bedeu­tung von MarketingkenngroBen feststel­len? In den USA werden insgesamt deut­lich mehr KenngroBen erhoben; die Erhe­bungsintensitat ist bei fast allen Kenn­groBen hOher. Dies gilt insbesondere fUrkonkurrenzorientierte relative GroBen wiedas relative Umsatzwachstum und den re­lativen erzielten Preis sowie fUr die Kun­denbindung (Sig. Chi-Quadrat < 0,01).

Zufriedenheit mit demMarketingberichtssystem

Weder die FUhrungskrafte in den USAnoch in Deutschland oder der Schweizsind mit den Berichtssystemen in den Be­reichen Marketing und Verkaufbesonderszufrieden (siehe Abbildung 6). Sowohlder konzeptionelle Aufbau der Systeme

den USA deutlich haufiger erhoben wer­den, wahrend die Kennzahl Umsatz proMitarbeiter in Deutschland und derSchweiz haufiger berechnet wird.

Ein etwas anderes Bild zeigt sich,wenn man die Bedeutung der Kenn­groBen in den USA sowie in Europa ver­gleicht. Deckungsbeitrag und Nettoge­winn rangieren in den USA in der Bedeu­tungsskala etwas hOher als in Europa,wahrend die europaischen Fuhrungskrafteder klassischen KenngroBe "Umsatzren­tabilitat" einen deutlich hOheren Stellen­wert als ihre amerikanischen Kollegeneinraumen. Auch wenn Markenstarke und-wert sowie Kundenwert in allen Lan­dem nur selten zu den wichtigsten Kenn­groBen zahlen, so fallt doch auf, dassknapp dreimal so viele Untemehmen inden USA den Markenwert bzw. die Mar­kenstarke unter die fUnf wichtigsten Mar­ketingkennzahlen einordnen. Diese Ab­hangigkeiten zwischen Kontinent undKennzahlenbedeutung erwiesen sich auchbei Bemcksichtigung von Branchen- undRechtsformunterschieden als signifikant.

Zusammenfassend kann festgestelltwerden, das Untemehmen in den Verei­nigten Staaten wesentlich mehr Kennzah­len erheben als europaische Untemeh­men. Femer fokussieren sie deutlich star­ker auf die ergebnisbezogenen Kenn­groBen Nettogewinn und Deckungsbei­trag I, wamend europaische Untemehmendie "klassischen" Verhaltniskennzahlenwie Umsatzrentabilitat und Umsatz proMitarbeiter bevorzugen. Insgesamt stehenaber sowohl in den USA als auch Europaselbst fUr Marketing- und Verkaufsleiterfinanzwirtschaftliche Kennzahlen im Vor­dergrund. Lediglich den GroBen Mark­tanteil und Kundenzufriedenheit kommtnoch eine gewisse Bedeutung zu,wamend differenzierteren Marketing­kennzahlen wie Kunden- und Marken­wert kaum Beachtung geschenkt wird.

Mit Hilfe loglinearer Modelle konnteallerdings gezeigt werden, dass die signi­fikanten Unterschiede zwischen den USAund Europa bei einigen Variablen primaraufBranchen- und/oder Rechtsformunter­schiede der zwei Stichproben zumckzu­fUhren sind - und weniger auf Kontinent­unterschiede. (So ist der Anteil von Akti­engesellschaften und Dienstleistungsun­temehmen in den USA etwas hOher.) Be­statigt werden konnte allerdings, dass dieGroBen Nettogewinn, Deckungsbeitrag I,relatives Umsatzwachstum, erzielter rela­tiver Preis, Anteil Kunden an potentiellenGesamtkunden und Kundenbindung in

70%

47%61%

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631

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wahrgen. Produklqualilat

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Kapitalumschlag

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erzielter Preis

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Umsalzrentabilitat

Kundenzufriedenheit

Nettogewinn

Deckungsbeitrag I

Marktanteil

Umsatz/Absatz

Anleil Kunden an gesamt

Umsatzanleil Neuprodukte

Distribulionsgrad IVerfugbarkeit

Kundenbindung

22 krp-Kostenrechnungspraxis, 46. Jg., 2002, H. 1

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Performance Measurement in Marketing und Verkauf

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100·

Abbildung 5: SchlUsselkennzahlen in Marketing und Verkauf (USA)

n " 234 D unter Top 5

D Erhebungshilufigkeit

Insgesamt zeigt sich, dass finanzwirt­schaftliche Ziele sowohl in den USA alsauch in Europa am haufigsten genannt undauch am stiirksten gewichtet werden. Da­bei handelt es sich neben den klassischenMengenzielen (Umsatz, Absatz) fast eben­so haufig urn Ergebnisziele. Interessant ist,dass der Anteil fmanzwirtschaftlicherKenngroBen bei den Stellenzielen in derSchweiz und in Deutschland noch hOherist als in den USA. Dies scheint der in Ab-

schnitt 2 dargestellten eindeutigen Priori­sierung der finanzwirtschaftlichen Ziele inden USA zu widersprechen. Doch kann esandererseits auch ein Indiz dafiir sein, dassManagement by Objective-Systeme in denUSA haufig bereits etwas differenziertersind als in Europa, indem sie versuchen,mehrere Zielbereiche abzudecken. So wer­den in den USA beispielsweise konkretekunden- und marktspezifische Kennzahlenhaufiger eingesetzt.

66%

61% 94%

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1%-

I........, 6%30%

-h4% 141%

i; 2%1120/i

-..., 2%1

i; 2%1 I2j%

330

1"-1% 1 1~%Kundenwert

Anteil Kunden anGesamtkunden

wahrgen. Produktqualitilt

DistributionsgradlVerfOgbarke it

wahrgen. Servicequalitilt

Kaufabsichl/Commitment

Share of Voice

Umsatzanteil Neukunden

Bekanntheitsgrad

Kapitalumschlag

erzielter Preis

Umsatzanteil Neurprodukte

Umsatz pro Mitarbeiter

Kundenbindung

Markenwert I-stilrke

Kundenzufriedenheit

Umsatzrentabilitilt

relativer Marktanleil

Marktanleil

relatives Umsatzwachstum

UmsatzlAbsatz

Nettogewinn

Deckungsbeitrag I

Der Fuhrungskreislauf schlieBt sich nurdann, wenn sich die aus Sicht des Mana­gements relevanten betriebswirtschaftli­chen Spitzenkennzahlen bzw. Marketing­schlusselkenngroBen in stellenspezifi­schen Zielvereinbarungen niederschla­gen, beispielsweise im Rahmen eines Ma­nagement by Objectives. Urn dies zuuberpriifen, wurden die Fuhrungskrliftemit Hilfe einer offenen Frage gebeten, diewichtigsten Ziele ihrer eigenen Stelle zunennen (maximal vier) und deren Bedeu­tung prozentual zu gewichten. Diese qua­litativen Antworten wurden kodiert, dasheiBt, jedes Ziel wurde einer von insge­samt 23 moglichen Zielkategorien zuge­ordnet. Abbildung 7 zeigt den Anteil jederZielkategorie an der Gesamtzahl der ge­nannten Ziele sowie die jeweilige durch­schnittliche Zielgewichtung.

als auch die informationstechnische Un­terstiitzung und erst recht die Integrationextemer Daten und Informationen in dasBerichtssystem werden als nicht zufrie­denstellend betrachtet. Auch entsprechensie haufig nicht den Zeitanforderungendes Managements.

Bei einer durchgefiihrten Regressions­analyse offenbarte das hohe angepassteBestimmtheitsmaB (R2) von 0,702 fUrEuropa und von sogar 0,890 rur die USA,dass die erhobenen Teilzufriedenheitendie Gesamtzufriedenheit mit den Be­richtssystemen sehr gut erkliiren. In denbeiden europliischen Llindem hat dabei derkonzeptionelle Aufbau des Berichtssy­stems den weitaus grossten Einfluss aufdie Gesamtzufriedenheit; in den USAkommt der informationstechnologischenUnterstiitzung eine ebenso starke Rolle zu.

Insgesamt ist die Unzufriedenheit mitdem Marketing- und Verkaufsberichtswe­sen in den USA im Durchschnitt noch et­was groBer als in den beiden europlii­schen Llindem. Daraus kann allerdingsnicht gefolgert werden, dass die Berichts­systeme in den USA eine niedrigere Qua­litlit aufweisen; vielmehr konnte auch dasAnspruchsniveau der Fiihrungskrlifte hO­her sein. Dieses Ergebnis unterstreichtden Handlungsbedarf im Bereich desMarketingcontrollings bzw. MarketingPerformance Measurements.

Stellenspezifische Ziele

krp-Kostenrechnungspraxis, 46. Jg., 2002, H. 1 23

Page 7: Performance Measurement in Marketing und Verkauf

Sven Reinecke /David J. Reibstein

Abbildung 7: Zielkategorien der genannten stellenbezogenen Ziele

Abbildung 6: Zufriedenheit mit dem Berichtssystem in Marketing & Verkauf

Stellenspezifische Ziele CHID USA CHID USACHID: n =1111 Nennung Nennung Gewich- Gewich-USA: n = 680 % % tung % tung %

finanzwirtschaftliche Ziele (total) 45,6 41,6 33 34

finanzwirtschaftliche Ziele (allgemein) 3,6 2,9 26 27

Umsatz-/Absatzziele 18,7 15,7 35 35

Ergebnisziele 17,0 17,9 34 3S

Kostenziele/budgetbezogene Ziele 3,7 2,8 24 24

kapitalmarktbezogene Ziele 0,2 0,9 20 31

sonstige finanzwirtschaftliche Ziele 2,4 1,3 42 37

kunden-/marktbezogene Ziele (total) 30,9 35,7 27 27

kunden-/marktbezogene Ziele (allgemein) 3,3 3,4 30 31

konkurrenzbezogene Ziele/Marktanteilsziele 6,0 6,2 26 28

Obergreifende kundenbezogene Ziele D,S 0,0 22 0

Einstellungsziele, Markenwert/-starke 3,9 5,7 26 26

Kundenakquisitionsziele 5,0 4,4 29 29

Kundenbindungsziele 7,4 6,9 28 28

marktpartnerbezogene Ziele 0,3 0,9 33 33

produktbezogene Marketingziele 3,7 6,8 26 23

kommunikationsbezogene Marketingziele 0,7 1,3 17 21

mitarbeiter-/prozessbezogene Ziele (total) 14,5 11,8 22 23

mitarbeiter-/prozessbezog. Ziele (allgemein) 1,2 1,9 23 20

mitarbeiterbezogene Ziele 2,7 1,2 21 21

Kompetenzverbesserungsziele 1,3 2,8 20 23

informationsbezogene Ziele 5,8 3,4 22 24

nichtspezifizierte Abteilu ngs-/Bereichsziele 1,6 1,6 27 20

nichtspezifizierte Individualziele 1,9 0,9 33 29

Innovationsziele (total) 6,6 8,5 22 22

Innovationsziele (allgemein) 5,6 4,3 22 22

Entwicklungsziele 0,4 2,8 20 20

MarkteinfUhrungsziele 0,6 1,5 26 22

nicht zuordenbare Ziele 2,4 2,4 28 39

3,9

3'1 I~CHID (n =419:13,4USA (n =234)3,3

4,33,8

1'93,4

13,93,5

I I I

Eine Clusteranalyse (siehe AbbiJdung 8)der stellenspezifischen Ziele von Marke­tingfiihrungskraften deutscher und schwei­zerischer Untemehmen belegt, dass zahl­reiche Untemehmen ausschlieBlich fmanz­wirtschaftliche Ziele in ihre Fiihrungs­system integrieren (Cluster 2). Ungefahrebenso viele setzen ausgewogene Ziele undbetonten insbesondere innovationsorien­tierte Ziele deutlich (Cluster 1). Die groBteGruppe kombiniert primar fmanzwirt­schaftliche und kunden- bzw. markt­orientierte Ziele (Cluster 3), vemachlassigtallerdings die Innovationsziele.

Uberhaupt verwenden sehr wenigeUntemehmen Innovationsziele; insbeson­dere gibt es kaum Ziele, die sich konkretauf den Markteinfiihrungsprozess neuerLeistungen beziehen. ZukunftsbezogenePotentialkennzahlen werden somit - zu­mindest fiir Marketing- und Verkaufs­fiihrungskrafte - kaum als Zielvorgabenverwendet.

Des Weiteren ist festzustellen, dasskompJiziertere Marketingkennzahlen wiebeispielsweise EinstellungsgroBen oderMarkenstarke bzw. -wert kaum als konkre­te Stel1envorgaben zum Einsatz kommen.Daher ist zu vermuten, dass die meistenUntemehmen aus PraktikabilitatsgrUndenauf sehr einfach zu messende, harte undeindeutige Ziele zurUckgreifen. WerdenFiihrungskrafte danach beurteilt, wie starksie diese Ziele erreichen, und wird gar ihreVergiitung daran gekoppelt, so resultiertdaraus, dass sie auch diese "einfachen"Ziele priorisieren werden. Dies machtdeutlich, dass die Marketingforschungzwar zahlreiche Kennzahlen entwickeltund ihre Operationalisierung optimiert hat,diese im Planungs- und Controlling-Pro­zess in der Realitat aber dennoch nur sehrselten eingesetzt werden. Somit besteht indiesem Bereich eine eindeutige Implemen­tierungslucke, Ein Grund hierfiir konnte indem TrugschluB liegen, dass harte Ziele"gerechter" sind, weil sie ursachlicher vonden jeweiligen Fiihrungskraften beeinfluBtwerden konnen. Haufig ist das Gegenteilrichtig - so ware es sinnvoller, einen Mar­ketingleiter beispielsweise nach Einstel­lungszielen wie Kundenzufriedenheit oderMarkenstarke zu beurteilen, weil er diesedirekter beeinflussen kann als die haufigbevorzugten Umsatz- und Ergebnisziele(vgl. Reinecke 2001).

In einigen Untemehmen wird das Ent­gelt von Fiihrungskraften an die Zielerrei-

5 6 7

vollzufrieden

"Si9. Mann.lM1ilney-Tesl < 0,01

431 2gar nichtzufrieden

Berichtssysteminsgesamt"

Timing"

IT-Unterstolzung"

konzeptioneller Aufbau

Integration extemerDaten/lnformationen

24 krp-Kostenrechnungspraxis, 46. Jg., 2002, H. 1

Page 8: Performance Measurement in Marketing und Verkauf

Performance Measurement in Marketing und Verkauf

Abbildung 8: Clusteranalyse stellenspezifIscher Zielsetzungen (CH/D)

Final Cluster Centers (CHID) Cluster 1 Cluster 2 Cluster 3(n = 76) (n = 71) (n=180)

"Die Aus- "Die Fianz- "Die Tradi-gewogenen" orientierten" tionellen"

finanzwirtschaftliche Ziele 0.42 0.99 0.87

kunden-/marktorientierte Ziele 0.99 0.00 0.81

mitarbeiter-/Prozessbezogene Ziele 0.33 0.00 0.33

innovationsorientierte Ziele 0.80 0.10 0.02

sonstige Ziele 0.08 0.13 0.04

chung gekoppelt. Zu vennuten ist, dass inden USA deutlich starker erfolgsabhangigvergiitet wird als in Europa. Die empiri­schen Ergebnisse bestatigen dies ein­driicklich und hochsignifIkant (Sig.Mann-Whitney-Test = 0,000): 1m Durch­schnitt sind die Gehalter in Deutschlandund der Schweiz zu 85 Prozent fIx; somithangen lediglich 15 Prozent des Entgeltsyom Erfolg abo In den USA betragt dasVerhaltnis dagegen 74 zu 26 Prozent, dasheiBt, dass bei Marketing- und Verkaufs­fiihrungskraften in den USA mehr als einViertel des Entgelts erfolgsabhangig ist.

Zusammenfassend kann festgestelltwerden, dass im Rahmen von stellenspezi­fIschen Zielen sowohl in den USA als auchin der Schweiz und in Deutschland haupt­sachlich einfache KenngroBen eingesetztwerden. Insgesamt unterscheiden sich dieLander nicht maBgeblich voneinander,wenngleich die Zielsysteme in den USA­entgegen den ursprunglichen Annahmen ­etwas ausgeglichener als in Europa sind,das heiBt, haufIger nicht nur fmanzwirt­schaftliche, sondem auch konkrete kunden­und marktbezogene Ziele berucksichtigen.Die Erfolgsabhangigkeit des Entgelts vonMarketing- und Verkaufsfiihrungskraftenist dagegen in den USA deutlich und hoch­signifIkant hOher als in Europa.

Ausblick

Die explorativen Ergebnisse der vorlie­genden Studie bieten erstmals einen sy­stematischen Vergleich zwischen demEinsatz von Marketingkennzahlen in denUSA einerseits und zwei kontinentaleu­ropaischen Uindem andererseits. Auf­grund der Untersuchungen von Kokkina­kifAmbler (1999) und Ambler/Riley(2000) sind allerdings Unterschiede zwi­schen den deutschsprachigen Landemund GroBbritannien zu vennuten, so dassweitere intemationale Forschungsprojek­te moglichst immer sowohl kontinenta­leuropaische Lander als auch GroBbritan­nien einschlieBen sollten.

Die vorliegende Untersuchung hat of­fenbart, dass deutliche Diskrepanzen zwi­schen den in der Wissenschaft entwickel­ten MarketingkenngroBen und ihrem Ein­satz in der Praxis festzustellen sind. Sowerden die Grossen Markenwert bzw.-starke sowie Kundenwert in Europa nurvon jedem 20. Untemehmen als zentral

eingeschatzt - und dies, obwohl die Mar­ketingwissenschaft fast unisono geradeMarkenwert (vgl. Keller 2000; Ambler2000) oder Kundenwert (RustiZeithamllLemon 2000; Giinter/Helm 2001) als ab­solute Topkennzahlen bezeichnet. Mar­ketingwissenschaft und Praxis des Mar­ketingcontrollings klaffen hier weit aus­einander: Fiihrungskrafte in der Praxissollten iiberprufen, ob sie nicht vennehrtdifferenziertere Marketing- und Verkaufs­kenngroBen nutzbringend einsetzen konn­ten. Gleichzeitig ist die Wissenschaft her­ausgefordert zu analysieren, wieso die Er­kenntnisse in diesem Gebiet auf so groBeImplementierungsprobleme stoBen.

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Sven Reinecke/ krpDavid J. Reibstein

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