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springermedizin.de/eAkademieTeilnahmemöglichkeitenDiese Fortbildungseinheit steht Ihnen als e.CME und e.Tutorial in der Springer Medizin e.Akademie zur Verfügung. – e.CME: kostenfreie Teilnahme im
Rahmen des jeweiligen Zeitschriften-abonnements
– e.Tutorial: Teilnahme im Rahmen des e.Med-Abonnements
Zertifizierung Diese Fortbildungseinheit ist mit 3 CME-Punkten zertifiziert von der Landesärzte-kammer Hessen und der Nord rheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiter-bildung und damit auch für andere Ärzte-kammern anerkennungsfähig.
Hinweis für Leser aus ÖsterreichGemäß dem Diplom-Fortbildungs-Pro-gramm (DFP) der Österreichischen Ärzte-kammer werden die in der e.Akademie erworbenen CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt.
Kontakt und weitere InformationenSpringer-Verlag GmbHSpringer Medizin KundenserviceTel. 0800 77 80 777E-Mail: [email protected]
coloproctology 2013 · 35:205–217DOI 10.1007/s00053-013-0369-x© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
R.-D. Hofheinz1 · T. Liersch2 · C. Rödel3
1 TagesTherapieZentrum (TTZ), Interdisziplinäres Tumorzentrum Mannheim (ITM) & III. Medizinische Klinik (Hämatologie/Onkologie), Universitätsmedizin Mannheim, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Mannheim
2 Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Universitätsmedizin Göttingen3 Klinik für Strahlentherapie und Onkologie, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Perioperative Therapie des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms
ZusammenfassungDas lokal fortgeschrittene Rektumkarzinom sollte nicht nur operativ, sondern stets multi-modal angegangen werden. Die Therapiestrategie hängt vom betroffenen Rektumdrittel ab. In den vergangenen Jahren löste die neoadjuvante Behandlung des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms die adjuvante Radiochemotherapie ab. Die vorliegende Arbeit stellt über-sichtsartig den gegenwärtigen Stand sowie Perspektiven in der perioperativen Therapie des Rektumkarzinoms dar.
SchlüsselwörterRektumkarzinom · Radiochemotherapie · Neoadjuvante Behandlung · Capecitabin · Oxaliplatin
CME Zertifizierte Fortbildungspringermedizin.de/
RedaktionT. Schiedeck, Ludwigsburg
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der Zeitschrift Der Onkologe 2012 18:923–936. DOI 10.1007/s00761-012-2271-5. Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist nur einmal möglich.
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Lernziele
Nach Lektüre dieses BeitragsFsind Ihnen die aktuell gebräuchlichen perioperativen Therapiestrategien bei Rektum-
karzinom bekannt,Fverfügen Sie über Kenntnisse bezüglich des derzeitigen Forschungstandes weiterer
Therapieverfahren,Fwissen Sie, welche Verfahren bei welchen Tumorstadien und -lokalisationen leitlinien-
gerecht sind und welche außerhalb der Leitlinienempfehlungen in welchen Fällen zur Anwendung kommen können,
Fkönnen Sie eine für den jeweiligen Patienten geeignete Therapiestrategie in Abhängig-keit von der Lokalisation des Tumors erstellen.
Hintergrund
Die perioperative onkologische Therapie solider Tumoren des Gastrointestinaltrakts umfasst die prä- (neoadjuvante) und postoperative (adjuvante) Behandlung. In den vergangenen 15–20 Jahren wurde die perioperative Therapie beim Adenokarzinom des Rektums in einer Vielzahl von randomisierten Phase-II- und -III-Studien untersucht. Dabei führten alle 3 Säulen der modernen interdisziplinären Tumortherapie – die onkologische Operation, die Radiotherapie und die Chemotherapie (CTx) – zu substanziellen Fortschritten.
Aufgrund der aktuellen Datenlage wird das lokal fortgeschrittene Rektumkarzinom, das im prä-therapeutischen klinischen (c) Staging entweder durch die Rektumwand in das mesorektale Fettge-webe [cT3-Tumor, cUICC-II-Stadium (UICC: „Union Internationale Contre le Cancer“)] bzw. in Nachbarorgane einbricht (cT4-Tumor, cUICC-II-Stadium) oder das bereits lokoregional lympho-gen metastasiert ist (cN+, cUICC-III-Stadium), multimodal behandelt. Diese interdisziplinär zu er-folgende multimodale Behandlungsstrategie umfasst sowohl die präoperative, kombinierte Radio-/Chemotherapie und die qualitätskontrollierte totale mesorektale Exzision (TME) unter Gewährleis-tung eines R0-Status inklusive negativem zirkumferenziellem Resektionsstatus (CRM-negativ) als auch eine postoperative CTx.
Im Folgenden werden die differenzierte perioperative Therapie des Rektumkarzinoms übersichts-artig dargestellt und aktuelle Entwicklungen skizziert, um dem Leser die Planung einer modernen Behandlungsstrategie unter Berücksichtigung der Tumorlokalisation und des Tumorstadiums zu er-möglichen.
Definition des Rektumkarzinoms
Als Rektumkarzinome werden jene Adenokarzinome bezeichnet, deren Tumorunterrand im Be-reich von 0–16 cm ab der Anokutanlinie liegt. Im Rahmen des prätherapeutischen Stagings erfolgt die Festlegung der Tumorlokalisation stets durch die starre Rektoskopie als Goldstandard. Als Punkt 0 wird die Anokutangrenze angesehen. Unterschieden werden unteres (<6 cm), mittleres (6–12 cm)
Das lokal fortgeschrittene Rektum-karzinom sollte stets multimodal behandelt werden
Im Rahmen des prätherapeutischen Stagings wird die Tumorlokalisation stets durch die starre Rektoskopie festgelegt
Perioperative treatment of locally advanced rectal cancer
AbstractThe therapeutic approach for locally advanced rectal carcinoma should always comprise multimo-dality treatment instead of surgical intervention alone. The treatment strategy differs depending on which third of the rectum is affected. During recent years, neoadjuvant treatment concepts have re-placed adjuvant chemoradiotherapy for locally advanced rectal cancer. In the current article, we sum-marize the state of the art in the treatment of locally advanced rectal cancer and discus perspectives of treatment.
KeywordsRectal cancer · Radiochemotherapy · Neoadjuvant treatment · Capecitabine · Oxaliplatin
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und oberes (12–16 cm) Rektumdrittel. Die Einteilung in Rektumdrittel ist von klinischer Bedeutung, da sowohl die prä- als auch die postoperative Behandlung der Enddarmtumoren in den jeweiligen Dritteln unterschiedlich ist.
Als lokal fortgeschritten gelten Karzinome mit Tumorinfiltration aller Wandschichten, durch die Rektumwand in das mesorektale Fettgewebe (cT3-Tumor, cUICC-II-Stadium) bzw. in Nachbar-organe (cT4-Tumor, cUICC-II-Stadium) oder mit bereits lokoregionaler lymphogener Metastasie-rung im mesorektalen Fettgewebe (cN+, cUICC-III-Stadium, .Tab. 1).
Die Magnetresonanztomographie (MRT) kann in Ergänzung zur starren Rektoskopie bei folgen-den Punkten wesentliche Zusatzinformationen liefern:FBestimmung der Tumorlage im Verhältnis zum zirkumferenziellen ResektionsrandFInfiltrationstiefe ins perirektale Fettgewebe
Prinzipien der Rektumchirurgie
Für den langfristigen Therapieerfolg beim Rektumkarzinom (lokoregionale Tumorkontrolle, Ver-meidung des Lokalrezidivs) ist die chirurgische Therapie unter Einhaltung standardisierter, onkolo-gischer Radikalitätsprinzipien (zentrale Gefäßabsetzung, dreidimensionale Lymphadenektomie mit En-Bloc-Resektion, No-touch-Prinzip am Tumor tragenden Darmsegment) von entscheidender Be-deutung. Oberstes chirurgisches Therapieziel ist dabei das Erreichen eines R0-Status (sog. R0-Re-sektion). Das mittlerweile standardisierteste chirurgische Operationsverfahren – unabhängig von der Frage einer möglichen Kontinenzerhaltung – stellt die TME dar. Durch die perioperativ oder zu-mindest unmittelbar postoperativ in ihrer Qualität zu kontrollierende TME wird das gesamte meso-rektale Fettgewebe inklusive lokoregionalem Lymphabstromgebiet des Rektums im kleinen Becken entfernt. Zudem können unter Wahrung der das Mesorektum umgebenden embryonalen Hüllfas-zien und Schonung der autonomen pelvinen Nervengeflechte durch diese Operationstechnik post-operative Störungen der Blasen- und Sexualfunktion reduziert werden. Die vom das Rektumresek-tat befundenden Pathologen bestätigte chirurgische Qualität der TME korreliert mit dem Risiko für ein Lokalrezidiv. In den letzten 20 Jahren wurde durch die systematische Einführung der TME die Rezidivrate nach Rektumkarzinomoperationen erheblich reduziert.
Die qualitätskontrollierte TME stellt den Standard der chirurgischen Therapie bei Rektumkarzi-nomen in den beiden unteren Rektumdritteln (0–6 und >6–12 cm ab Anokutanlinie) dar. Im oberen Rektumdrittel sind die Vorteile der TME nicht eindeutig, deshalb wird ihr Stellenwert im Vergleich zur kontrollierten partiellen mesorektalen Resektion (PME) derzeit randomisiert überprüft (Stu-die GAST-05, ISRCTN 35198481).
Bedeutung der perioperativen Strahlentherapie
Zur präoperativen Radiotherapie stehen prinzipiell 2 Fraktionierungsschemata zur Verfügung:Fdie Kurzzeitbestrahlung mit 25 Gy in Einzeldosen von 5 Gy an 5 aufeinander folgenden Tagen,
unmittelbar gefolgt von der Operation, und Fdie konventionell fraktionierte Bestrahlung bis zu einer Gesamtreferenzdosis von 45–50,4 Gy in
25 bis 28 Fraktionen, gefolgt von der Operation nach 4 bis 6 Wochen.
Für die postoperative Bestrahlung wird ausschließlich das zweite Behandlungsschema verwendet. Die Strahlenbehandlung erfolgt vorzugsweise in Bauchlage unter Anwendung von speziellen La-
gerungsvorrichtungen, um eine Darmschonung zu erreichen.
Oberstes chirurgisches Therapieziel ist das Erreichen eines R0-Status
Die Strahlenbehandlung erfolgt vorzugsweise in Bauchlage unter Anwendung von speziellen Lage-rungsvorrichtungen
Tab. 1 UICC-Klassifikation des kolorektalen Karzinoms
Stadium Definition
Ia Beschränkung der Tumorinfiltration auf die Mukosa und die Tela submucosa
Ib Tumorinfiltration bis in die Tunica muscularis propria
II T3- oder T4-Tumoren ohne Lymphknotenmetastasierung
III Lymphknotenmetastasierung
IV Fernmetastasen UICC „Union Internationale Contre le Cancer“
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Die Radiotherapie (RT), prä- oder postoperativ eingesetzt, führt zu einer signifikanten Reduktion der lokoregionalen Rezidivrate bei konventioneller Operation, d. h. bei einem Operationsverfahren, das die Prinzipien der TME nicht oder nicht adäquat umsetzt [1, 2]. Es war jedoch nicht bekannt, ob eine zusätzliche Radiotherapie bei optimaler und qualitätskontrollierter Chirurgie (TME) noch er-forderlich ist. Diese Frage war Gegenstand der randomisierten niederländischen TME-Studie, in der eine Kontrollgruppe mit alleiniger TME gegen eine Gruppe mit zusätzlicher präoperativer RT mit 5-mal 5 Gy geprüft wurde. Bereits die 2- und 5-Jahres-Ergebnisse zeigten eine signifikante Reduk-tion der Lokalrezidivrate durch die präoperative RT [3, 4]. Dies bestätigte sich auch im 12-Jahres-Follow-up (Lokalrezidivrate: 5% vs. 11%, p<0,001; [5]). Für Patienten im UICC-III-Stadium (UICC: „Union Internationale Contre le Cancer“), die eine komplette Rektumkarzinomresektion mit histo-logischem Nachweis eines tumorfreien zirkumferenziellen Resektionsrandes [CRM („circumferential resection margin“) >1 mm] erhalten hatten, war sogar ein Überlebensvorteil von 10% nachzuweisen (435 Patienten; 50% vs. 40% p=0,03), der sich jedoch für die gesamte Patientenpopulation (1805 Pa-tienten) nach 10 Jahren nicht bestätigte.
Wichtige neuere Daten zur Frage der Bedeutung der zusätzlichen RT bei TME-Chirurgie lieferte die britische MRC CR07-Studie (MRC: „Medical Research Council“): In Gruppe 1 erhielten alle Pa-tienten eine präoperative RT mit 5-mal 5 Gy, Patienten der Gruppe 2 wurden mittels alleiniger TME behandelt, die nur im Fall eines positiven CRM durch eine postoperative Radiochemotherapie er-gänzt wurde [6]. Primärer Endpunkt der Studie war die Rate an Lokalrezidiven. Die risikoadaptierte Strategie im Gruppe 2 erwies sich der generellen präoperativen RT unterlegen: Die 5-Jahres-Lokal-rezidivrate lag in Gruppe 1 bei 4,7% und in Gruppe 2 bei 11,1% (p<0,0001). Auch das krankheits-freie 5-Jahres-Überleben war in Gruppe 1 mit 73,6% vs. 67,7% signifikant besser als in Gruppe 2 (p=0,013). Zusätzlich wurde in dieser Studie die Qualität der TME prospektiv evaluiert (eine perfekte TME-Qualität wurde in dieser multizentrischen Studie in nur 53% der Fälle erreicht; [7]). .Tab. 2 zeigt die Lokalrezidivrate in beiden Gruppen in Abhängigkeit von der chirurgischen TME-Qualität, woraus folgende Erkenntnisse abgeleitet werden können [6, 7]: 1. Die chirurgische Qualität korreliert klar mit dem Risiko für ein Lokalrezidiv.2. Die präoperative RT kann die Lokalrezidivrate in allen TME-Qualitätsstufen zumindest halbie-
ren.3. Die beste, relative Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle gelingt bei optimaler TME-Qualität
durch die zusätzliche RT.
Präoperative Kurzzeitbestrahlung
Die alleinige präoperative RT erbrachte in den früheren Studien bestenfalls einen marginalen Über-lebensgewinn. Deren Ergebnisse werden jedoch heute sehr kritisch betrachtet, weil die in den 1970er und 1980er Jahren durchgeführten Studien den heutigen Qualitätsanforderungen an moderne RT nicht mehr genügen.
Eine große schwedische Studie (n=1168), in welcher eine neoadjuvante RT mit 5-mal 5 Gy mit der alleinigen Operation verglichen wurde, zeigte neben einer signifikanten Reduktion der 5-Jah-res-Lokalrezidivrate (von 27% nach alleiniger Operation auf 12%, p<0,001) auch einen signifikan-ten Überlebensgewinn nach 5 Jahren durch die präoperative RT (58% vs. 48%, p=0,004; [8]), der auch im 13-Jahres-Follow-up bestätigt wurde (38% vs. 30%, p=0,008; [9]). Metaanalysen erhärteten
Eine präoperative Radiotherapie reduziert auch bei optimaler und qualitätskontrollierter Chirurgie die Lokalrezidivrate signifikant
Die risikoadaptierte Strategie erwies sich der generellen präope-rativen Radiotherapie unterlegen
Tab. 2 Lokalrezidivraten der britischen MRC CR07-Studie beim Rektumkarzinoma.(Adaptiert nach [7])
TME-Operation (Qualität) Anzahl (Anteil) Patienten
Alle Patienten (%)
Lokalrezidivrate nach 3 Jahren (%)
„Hazard ratio“: „overall“ vs. schlechtGruppe 1 Gruppe2
Schlecht Defekte bis Muscularis propria 154 (13%) 13 10 16 n. a.
Moderat Intramesorektale Exzision 398 (34%) 7 4 10 0,48
Gut Totale mesorektale Exzision 604 (53%) 4 1 7 0,32CRM „circumferential resection margin“, MRC „Medical Research Council“, n. a. nicht angegeben, TME totale mesorektale Ex-zision aDie Patienten erhielten entweder alle eine Vorbestrahlung mit 5-mal 5 Gy (Gruppe 1) oder eine selektive postoperative Radiochemotherapie nach TME nur im Falle von positiven zirkumferenziellen Schnitträndern (CRM+, definiert als histologischer Tumornachweis bis ≤1 mm zum CRM; Gruppe 2)
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den durch die präoperative RT zu erzielenden Überlebensgewinn [1]. Langzeitbeobachtungen der schwedischen Studie machten jedoch deutlich, dass chronische gastrointestinale Beschwerden (Ileus, abdominale Schmerzen, Übelkeit) nach 5-mal 5 Gy signifikant häufiger auftraten als nach alleini-ger Operation [10]. Dies wurde auch durch die niederländische TME-Studie bestätigt: Stuhlinkonti-nenz, Blut- und Schleimabgänge sowie sexuelle Funktionsstörungen waren nach RT signifikant häu-figer [11]. Interessanterweise zeigten Langzeitdaten der schwedischen und der holländischen Studie eine erhöhte Inzidenz an Zweitkarzinomen im Bestrahlungsvolumen (schwedische Studie: relatives Risiko 2,04, 95%-Konfidenzintervall: 1,10–3,79) bzw. an Zweitkarzinomen insgesamt (holländische Studie: 14% vs. 9%; [5, 12]).
Insgesamt wird laut derzeit verfügbarer Daten zur präoperativen Kurzzeit-RT sowohl nach kon-ventioneller als auch nach TME-Chirurgie eine signifikante Verbesserung der lokalen Kontrolle er-reicht, jedoch ohne einen klaren Überlebensvorteil. Subgruppenanalysen legen nahe, dass insbeson-dere Patienten mit einem früheren Stadium (UICC-I) nicht von der RT profitieren. Die S3-Leitli-nie der Deutschen Krebsgesellschaft sieht daher im UICC-I-Stadium – nicht zuletzt auch wegen der Langzeittoxizität – keine Indikation zur präoperativen (neoadjuvanten) RT mit 5-mal 5 Gy.
Das zurzeit praktizierte Konzept der Kurzzeit-RT sieht die Rektumresektion innerhalb von 2 bis 3 Tagen nach Abschluss der RT mit 5-mal 5 Gy vor. Eine RT-induzierte Reduktion der Tumorinfil-trationstiefe („T-level downsizing“) ist in diesem sehr zeitnahen Vorgehen nicht möglich [13]. Die S3-Leitlinie empfiehlt daher in Situationen, in denen ein „T-level downsizing“ angestrebt wird [z. B. T4-Tumoren; zu erwartender, nicht ausreichender Sicherheitsabstand zum CRM im Becken-MRT (MRT: Magnetresonanztomogramm) bzw. hohes Risiko für einen positiven CRM; intendierter Sphinkter-halt bei Tumoren im unteren Drittel], die präoperative Langzeitradiochemotherapie. Für Rektum-karzinome im prätherapeutischen, klinischen (c) UICC-II/III-Stadium, auf die diese Kriterien nicht zutreffen, kann die präoperative Behandlung entweder als Kurzzeit-RT oder als konventionell frak-tionierte Radiochemotherapie erfolgen.
Wegen der kurzen Bestrahlungszeit bei der RT mit 5-mal 5 Gy ist die simultane Applikation einer Chemotherapie in relevanter Dosis nicht durchführbar. Das Potenzial einer lokalen Wirkungsver-stärkung der präoperativen RT durch Chemotherapie (ChT) bleibt ungenutzt. In den oben genannten Studien zur Kurzzeit-RT wurde aber auch auf eine postoperative ChT verzichtet. Zur Rolle der adju-vanten ChT nach 5-mal 5 Gy liegen bisher keine Daten aus randomisierten Studien vor. Insbesondere im UICC-III-Stadium sollte aber aufgrund des bekannt hohen Fernmetastasenrisikos eine adjuvante ChT in Analogie zu den Daten beim Kolonkarzinom erfolgen.
Präoperative Radiochemotherapie (RChT)
Anhand des Vergleichs von prä- und postoperativer RT scheint die Bestrahlung vor der Operation wegen des intakten Gefäßbetts und der damit verbundenen besseren Oxygenierung des Tumors eine höhere biologische Effektivität zu besitzen als eine postoperative RT. Dies wird durch einen pro-spektiv randomisierten Vergleich von prä- und postoperativer RT aus Schweden unterstützt [14].
Bei primär als R0-resektabel eingestuften Rektumtumoren im UICC-Stadium II und III wurde der Stellenwert der präoperativen im Vergleich zur postoperativen RChT in der CAO/ARO/AIO-94-Studie der GRCSG („German Rectal Cancer Study Group“; [15]) getestet. Neben einer Verbesserung der lokalen Kontrolle, der Fernmetastasierungsrate und des Überlebens der Patienten erhoffte man sich auch, die Rate an kurativen und Sphinkter erhaltenden Operationen erhöhen sowie die akuten und chronischen Nebenwirkungen der RChT senken zu können. Einwände gegen die präoperative Therapie betreffen insbesondere das Risiko einer Übertherapie derjenigen Gruppe von Patienten, die fälschlicherweise einem cUICC-II/III-Stadium zugeordnet wurden, tatsächlich jedoch einen lo-kal begrenzten Tumor im Frühstadium (UICC-Stadium I) aufweisen, der keiner perioperativen The-rapie bedarf. Die präoperative Stadieneinteilung erfordert daher obligat die endoluminale Sonogra-phie durch einen erfahrenen Untersucher, wodurch die Gefahr des „overstaging“ auf weniger als 10–15% reduziert werden kann.
Die Daten der CAO/ARO/AIO-94-Studie zeigten eine signifikante Reduktion der Lokalrezidivrate in der präoperativ mit RChT behandelten Gruppe [15, 16]. Die Rate postoperativer Komplikationen war nach präoperativer RChT im Vergleich zur sofortigen Operation nicht erhöht, die akute und chro-nische Toxizität in der präoperativ mit RChT behandelten Gruppe war insgesamt signifikant niedri-ger. Bei tief sitzenden Tumoren, die der Chirurg vor der Randomisierung als exstirpationspflichtig
Chronische gastrointestinale Be-schwerden sowie sexuelle Funk-tionsstörungen sind nach präopera-tiver Radiotherapie signifikant häu-figer als nach alleiniger Operation
In Situationen, in denen ein „T-level downsizing“ angestrebt wird, wird die präoperative Langzeitradioche-motherapie empfohlen
Die endoluminale Sonographie durch einen erfahrenen Untersu-cher kann die Gefahr des „over-staging“ auf weniger als 10–15% reduzieren
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eingeschätzt hatte, konnte die Rate Sphinkter erhaltender Operationsverfahren durch die Vorbehand-lung im Vergleich zur sofortigen Operation verdoppelt werden. Auch im 11-Jahres-Follow-up zeigte sich weiterhin eine signifikant bessere lokoregionale Tumorkontrolle nach erfolgter präoperativer RChT, und der 2004 eingeleitete Paradigmenwechsel in der Behandlung des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms wurde nochmals bestätigt. Hinsichtlich des Langzeitüberlebens ergaben sich zwi-schen den Therapiegruppen weiterhin keine Unterschiede, somit bleibt das Auftreten von Fernme-tastasen (annähernd 30%) die große therapeutische Herausforderung [15]. Zusammenfassend wird die präoperative simultane RChT aufgrund der genannten Vorteile in den aktuellen S3-Konsensus-leitlinien eindeutig empfohlen.
Die präoperative, konventionell fraktionierte RT sollte mit einer 5-FU-basierten (FU: Fluoroura-cil) ChT kombiniert werden. Die wissenschaftliche Begründung hierfür beruhte bislang – neben theoretischen, tumor- und strahlenbiologischen Argumenten – auf einer Extrapolation der in der postoperativen Situation gewonnenen Studienergebnisse auf die präoperative Therapiesituation. In-zwischen aber wurde ihr Stellenwert in 2 Studien, der EORTC 22921 (EORTC: „European Organisa-tion for Research and Treatment of Cancer“) und der FFCD 9203 (FFCD: „Fédération Francophone de Cancérologie Digestive“), untersucht [17, 18, 19, 20]. Wesentliches Ergebnis beider Studien war die signifikante Reduktion der Lokalrezidivrate durch die kombinierte präoperative RChT im Ver-gleich zur alleinigen präoperativen RT (.Tab. 3). Dieser Vorteil führte jedoch in beiden Arbeiten nicht zu einem signifikanten Überlebensvorteil.
Adjuvante Chemotherapie nach neoadjuvanter Radio-/Radiochemotherapie
Die adjuvante 5-FU-basierte ChT war obligater Bestandteil der CAO/ARO/AIO-94- sowie der FFCD 9203-Studie nach erfolgter präoperativer Radio(chemo)therapie. Aussagen über die Notwen-digkeit und den Stellenwert einer postoperativen ChT sind anhand dieser Arbeiten somit nicht mög-lich.
In der EORTC 22921 wurde in einer Untersuchung mit 4 Gruppen und einem 2 × 2-faktoriellen Design auch zwischen einer postoperativen ChT und einer postoperativen Beobachtung nach prä-operativer RT oder RChT randomisiert [18]. Die postoperative ChT (mit 5-FU/Folinsäure) führte im Gesamtkollektiv zu keiner signifikanten Verbesserung des Überlebens (67,2% vs. 63,2%, p=0,12). Der Vorteil für das progressionsfreie Überleben betrug jedoch 6% absolut (58,2% vs. 52,2%, p=0,13) und 4% für das Gesamtüberleben. Eine Subgruppenanalyse dieser Studie zeigte, dass insbesondere Patienten mit einem RChT- oder RT-induzierten „T-level downsizing“ von einem initialen klinischen cT3–4-Tumorstatus auf einen pathohistologisch bestätigten ypT0–2-Status nach potenziell kurativer
Die präoperative simultane Radio-chemotherapie wird in den aktuel-len S3-Konsensusleitlinien eindeu-tig empfohlen
Tab. 3 Präoperative, konventionell fraktionierte Radiotherapie mit/ohne simultane Chemotherapiea. (Adaptiert nach [18, 20])
5-Jahres-Ergebnisse Präoperative RT Präoperative RChT p-Wert
EORTC 22921 [18], n=1011 Patienten
Pathologische CR (%) 5,3 13,7 <0,001
ypN0 (%) 60,5 71,9 <0,001
Tumorgröße (Median; mm) 30 25 <0,001
Sphinktererhalt (%) 52,4 55,6 0,47
Lokalrezidivrate (%) 17 8 0,002
Gesamtüberleben (%) 64,8 65,6 0,79
FFCD 9203 [20], n=762 Patienten
Pathologische CR (%) 3,6 11,4 <0,0001
ypN0 (%) 65 67 0,85
Akuttoxizität Grad 3–4 (%) 2,9 14,9 <0,0001
Sphinktererhalt (%) 54,4 52,4 0,84
Lokalrezidivrate (%) 16,5 8,1 0,004
Gesamtüberleben (%) 67,9 67,4 0,68CR „complete remission“ (vollständige pathologische Remission), EORTC „European Organisation for Research and Treatment of Cancer, FFCD „Fédération Francophone de Cancérologie Digestive“, FU Fluorouracil, RChT Radiochemotherapie, RT Radio-therapie, ypN0 pathologisch kein Lymphknotenbefall nach neoadjuvanter TherapieaChemotherapie mit 5-FU/Leucovorin, Ergebnisse der EORTC 22921- und der FFCD 9203-Studie
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Resektion (R0M0) signifikant von der postoperativen ChT profitieren [19]. In Zusammenschau der 3 Studien zur präoperativen RT/RChT mit oder ohne postoperativer ChT wird in der S3-Leitlinie da-her die adjuvante ChT nach neoadjuvanter RChT unabhängig vom Tumorstadium, also auch bei Pa-tienten mit kompletter Remission (ypT0N0), empfohlen. Diese deutsche Sicht der prinzipiellen Emp-fehlung der adjuvanten ChT wird international nicht überall mitgetragen [21]. Beispiele für Thera-pieprotokolle zur perioperativen RChT, die nach Ansicht der Autoren außerhalb von klinischen Stu-dien derzeit Anwendung finden können, sind in .Tab. 4 aufgeführt.
Präoperative Radiotherapie mit 5-mal 5 Gy oder Radiochemotherapie?
Für die präoperative RT stehen somit 2 gut etablierte Fraktionierungsschemata zur Verfügung: Fdie Kurzzeit-RT mit 5-mal 5 Gy, gefolgt von sofortiger Operation, die sich v. a. in Schweden und
Holland durchsetzte, sowie Fdie konventionell fraktionierte RChT, die insbesondere in Frankreich, Italien, Spanien, den USA
und Deutschland bevorzugt wird.
Welches Schema wann einzusetzen ist, wird national und international kontrovers diskutiert. Lange fehlten vergleichende Studien. Eine polnische Arbeit lieferte erste Daten. Danach konnten durch die präoperative RChT ein ausgeprägteres „downstaging“ und „downsizing“ des Tumors erreicht so-wie die Rate positiver zirkumferenzieller Resektionsränder signifikant verringert werden. Der Pro-zentsatz Sphinkter erhaltender Operationen als primärer Endpunkt dieser Studie war im Vergleich zur Kurzzeit-RT jedoch nicht erhöht, und die Lokalrezidiv- und Überlebensraten waren im weite-ren Verlauf nicht signifikant unterschiedlich [23, 24]. Diese Resultate wurden durch eine weitere Stu-die bestätigt [25].
Neue Substanzen in der perioperativen Therapie des Rektumkarzinoms
Durch Kombination der 5-FU-basierten Radiochemotherapie mit der TME lag die Lokalrezidivrate in den 3 jüngsten Studien zur kombinierten Behandlung des Rektumkarzinoms ( CAO/ARO/ AIO-94,
Durch präoperative Radiochemo- vs. Kurzzeitradiotherapie werden ein ausgeprägteres „downstaging“ und „downsizing“ des Tumors er-reicht
Tab. 4 Protokolle zur neoadjuvanten RChT und adjuvanten ChT mit 5-FU bzw. Capecitabin. (Nach [16, 18, 20, 22])
CAO/ARO/AIO-94-Studie [16]
Präoperative RChT
Bestrahlung des Primärtumors sowie des Lymphabflussgebiets mit 1,8 Gy Einzeldosis bis zu einer Gesamtreferenzdosis von 50,4 GySimultan am Tag 1–5 sowie 29–33 Dauerinfusion mit 5-FU in einer Dosierung von 1000 mg/m2/Tag
Operation 4 bis 6 Wochen nach Abschluss der RChT
Adjuvante Chemotherapie
Beginn 4 Wochen nach der Operation: 5-FU-Monotherapie, 500 mg/m2 i.v. Bolus an den Tagen 1–5, 29–33, 58–62 und 87–91
EORTC 22921- Protokoll und FFCD 9203- Studie [18][20]
Präoperative RChT
Bestrahlung des Primärtumors sowie des Lymphabflussgebiets mit 1,8 Gy Einzeldosis bis zu einer Gesamtreferenzdosis von 45 GySimultan am Tag 1–5 sowie 29–33 Folinsäure 20 mg/m2/Tag i.v. Bolus und 5-FU 350 mg/m2/Tag i.v. Bolus
Operation 3 bis 10 Wochen nach Abschluss der RChT
Adjuvante Chemotherapie
Beginn 3 bis 10 Wochen nach der Operation:Folinsäure 20 mg/m2/Tag i.v. Bolus und 5-FU 350 mg/m2/Tag i.v. Bolus Tag 1–5 alle 21 Tage für 4 Zyklen
Capecitabin-protokoll [22]
Präoperative RChT
Bestrahlung des Primärtumors sowie des Lymphabflussgebiets mit 1,8 Gy Einzeldosis bis zu einer Gesamtreferenzdosis von 50,4 GySimultan während der Gesamtdauer der Strahlentherapie (auch Wochen-enden) Capecitabin 1650 mg/m2/Tag
Operation 4 bis 6 Wochen nach Abschluss der RChT
Adjuvante Chemotherapie
Beginn 4 bis 6 Wochen nach der Operation:Capecitabin 2500 mg/m2 Tage 1–14, Wiederholung Tag 22 (insgesamt 5 Zyklen)
ChT Chemotherapie, EORTC „European Organisation for Research and Treatment of Cancer“, FFCD „Fédération Francophone de Cancérologie Digestive“, FU Fluorouracil, RChT Radiochemotherapie
211coloproctology 3 · 2013 |
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EORTC 22921, FFCD 9203) zwischen 6 und 8%, die Fernmetastasenrate jedoch über 35%. Eine wei-tere Verbesserung der krankheitsfreien Überlebensraten beim Rektumkarzinom ist daher in erster Linie durch den Einsatz einer systemisch effektiveren ChT zu erwarten. In den letzten Jahren wur-den in randomisierten Studien der Einsatz von Capecitabin statt 5-FU und von Oxaliplatin zusätz-lich zu 5-FU oder Capecitabin untersucht.
Ersatz von 5-Fluorouracil durch Capecitabin
Nach neuesten Daten kann 5-FU in der perioperativen Therapie durch Capecitabin ersetzt werden. In einer randomisierten Phase-3-Nicht-Unterlegenheitsstudie wurde die Wirkung beider Subs-
tanzen in der perioperativen RChT des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms verglichen (Tu-moren 0–16 cm ab Anokutanlinie; T3/4Nx oder TxN+; [22]). Sie wurde 2002 als adjuvante Studie begonnen, nach Publikation der Ergebnisse der Deutschen Rektumkarzinomstudie [16] jedoch um eine neoadjuvante Kohorte erweitert und erlaubte dann auch die Randomisierung von neoadjuvant zu behandelnden Patienten. Primäres Zielkriterium war die 5-Jahres-Überlebensrate. In die Studie wurden insgesamt 392 auswertbare Patienten aufgenommen.
Es ergaben sich eine gute Verträglichkeit in beiden Studiengruppen. In der mit 5-FU behandel-ten Gruppe kam es häufiger zu Leukopenien, während in der mit Capecitabin behandelten Gruppe mehr Hand-Fuß-Syndrome, Fatigue und – während der RChT – mehr Proktitiden und Diarrhöen auftraten. In der neoadjuvant behandelten Kohorte fanden sich nach Capecitabinbehandlung bei der Operation tendenziell mehr Patienten mit negativem Nodalstatus und besseren ypT-Stadien sowie eine numerisch höhere Rate an pCR (pathologische Komplettremission). Das krankheitsfreie Über-leben (DFS) der mit Capecitabin behandelten Patienten war signifikant besser als das der mit 5-FU Behandelten (3-Jahres-DFS: Capecitabin 75,2% vs. 5-FU 66,6%). Die Rate an Fernmetastasen war bei den mit Capecitabin behandelten Patienten signifikant niedriger (18,8% vs. 27,7%; p=0,037), bei ver-gleichbarer Lokalrezidivrate (Capecitabin 6,1%, 5-FU 7,2%; n.s.). Capecitabin kann daher als ein wei-terer Standard in der perioperativen Therapie des Rektumkarzinoms angesehen werden.
Intensivierte Radiochemotherapie
Bei insgesamt guter Verträglichkeit fallen die hohen pCR-Raten unter Therapieregimen auf, bei wel-chen neben 5-FU oder einem oralen 5-FU-Prodrug auch Oxaliplatin zur RChT eingesetzt wurde. Es wurden pCR-Raten zwischen 15% und 35% berichtet, und Patienten mit einer RChT-induzierten pCR wiesen exzellente Langzeitergebnisse auf.
Capecitabin kann als ein weiterer Standard in der perioperativen Therapie des Rektumkarzinoms angesehen werden
Tab. 5 Intensivierte präoperative RChT mit Oxaliplatin: Vergleich der 4 randomisierten Studien
Zitat Aschele et al. [26] Gerard et al. [27] Roh et al. [28] Rödel et al. [29]
Studie STAR 01 ACCORD NSABP R04 CAO/ARO/AIO-04
Anzahl Patienten 747 589 1608 1265
Primärer Endpunkt OS pCR Lokalrezidive DFS
Präoperative RChT 5-FU ± Oxaliplatin Capecita-bin ± Oxaliplatin
5-FU ± OxaliplatinCapecitabin ± Oxaliplatin
5-FU ± Oxaliplatin
Oxaliplatin geplant (mg/m2)
360 250 250 200
Compliance Oxaliplatin
66% erhielten alle 6 Zyklen
Dosismodifika-tion bei 59%
Nicht berichtet 85% „full dose“ vs. 80% 5-FU allein
Compliance Ra-diatio
97% vs. 90% 100% vs. 87% Nicht berichtet 95% vs. 94%
Toxizität Grad 3–4 bei Kombi- vs. Monotherapie
24% vs. 8% 25% vs. 11% 15,4% vs. 6,6% 23% vs. 22%
pCR-Raten 16% vs. 16% (n.s.) 19% vs. 14% (n.s.) 20,9% vs. 19,1% (n.s.) 16,5% vs. 12,8% (sig)5-FU 5-Fluorouracil, DFS krankheitsfreies Überleben, n.s. nicht signifikant, OS Gesamtüberleben, pCR pathologische Komplettremission, RChT Radiochemotherapie, sig signifikant
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Diese Fragestellung wurde in 4 internationale Studien [26, 27, 28, 29] mit einem widersprüchli-chen Ergebnis untersucht. Lediglich in einer [29] der 4 Studien konnte eine Steigerung der pCR-Ra-te durch Oxaliplatin gezeigt werden (primäres Zielkriterium der französischen und sekundäres Ziel-kriterium der italienischen Studie; Synopsis .Tab. 5). Interessanterweise war dies in der deutschen Studie der Fall, die die niedrigste kumulative Oxaliplatindosis während der Strahlentherapie vorsah und in Woche 3 der RChT eine ChT-Pause implementierte. Möglicherweise ist dieses gut verträgli-che Schema, welches zu keiner Toxizitätssteigerung führte und mit guter Dosisintensität verabreicht werden konnte, der Grund dafür, dass ein signifikanter Unterschied in der pCR-Rate durch Oxali-platin erreicht werden konnte.
Auf der anderen Seite werfen die Ergebnisse der 4 Studien die Frage nach der Validität und Sinn-haftigkeit der Rate der pathologische Komplettremissionen bzw. eines Tumorregressionsgradings als primären Studienendpunkt auf. In den vergangenen Jahren entwickelte sich die pCR-Rate zu einem viel diskutierten Surrogatparameter. Sie ist auf der einen Seite schnell verfügbar und als primäres Ziel-kriterium rasch erreicht. Sie ist gut definier- bzw. standardisierbar. Auf der anderen Seite wird durch sie eine (volumetrische) Tumorverkleinerung nicht abgebildet. Eine 90%ige Tumorvolumenreduk-tion kann beispielsweise mit fehlender Tumorregression in der Histologie einhergehen. Die syste-mische Wirkung einer neuen Therapie auf Mikrometastasen (im vorliegenden Fall Oxaliplatin) und eine evtl. Reduktion der Fernmetastasenrate wird durch bloße Angabe der pCR-Rate nicht erfasst. Damit bleibt nach Ansicht der Autoren die Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens der wich-tigste Surrogatparameter für das Überleben der Patienten.
Monoklonale Antikörper
Ihr Einsatz in klinischen Studien lieferte bislang noch keine klaren Anhaltspunkte für eine Verbes-serung der Ergebnisse der perioperativen Therapie des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms. Während im Falle von Cetuximab in vielen Studien die niedrigen pCR-Raten enttäuschten, sollten die bislang vorliegenden Daten zur chirurgischen Morbidität aus mehreren Studien nach einer beva-cizumabbasierten RChT trotz teils sehr hoher pCR-Raten Anlass zur Vorsicht geben.
Außerhalb von klinischen Studien sollten beide Antikörper derzeit nicht mit einer neoadjuvan-ten RChT kombiniert werden (Übersicht bei Marquardt et al. [30]).
Übersicht der aktuellen und künftigen Studien
Die perioperative Therapie des fortgeschrittenen Rektumkarzinoms steht für die neoadjuvante und adjuvante Therapie, die aus Strahlentherapie und Chemotherapie besteht. Durch den Einsatz von ver-feinerten chirurgischen Techniken (TME) und Radiotherapie konnten sehr hohe und lang andau-ernde lokale Kontrollraten erreicht werden. Dabei wurden 2 Radiotherapieregime angewendet, die Kurzzeitbestrahlung und die konventionelle, 5 bis 6 Wochen dauernde mit der Chemotherapie kom-binierte Bestrahlung. Derzeit werden beide Fraktionierungsschemata in einer größeren deutschen Phase-III-Studie mit Federführung in Berlin in einem randomisierten Vergleich getestet. Daten lie-gen bislang noch nicht vor.
Die etablierte perioperative Chemotherapie des fortgeschrittenen Rektumkarzinoms beinhaltet 5-FU oder Capecitabin. Eine der wichtigsten Fragen in diesem Zusammenhang ist die Intensivie-rung der systemischen Therapie, d. h. die Addition von Oxaliplatin zu 5-FU oder Capecitabin. Vor diesem Hintergrund sind die beiden hauptsächlich in Deutschland durchgeführten Studien CAO/ARO/AIO-04-Studie [29] und PETACC-6 (http://www.clinicaltrials.com, Nummer: NCT 00766155) von besonderer Wichtigkeit. In beiden wird die Intensivierung einer 5-FU- bzw. capecitabinbasierten RChT mit Oxaliplatin untersucht, und dies nicht nur während der neoadjuvanten Therapie, sondern auch im adjuvanten Setting. Nur durch diese Untersuchungen kann eine Verbesserung des krank-heitsfreien Überlebens durch Oxaliplatin nachgewiesen werden. Hauptzielkriterium beider Studien ist die Anhebung des krankheitsfreien Überlebens um etwa 7%.
Kommende Studien in der perioperativen Therapie des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms werden der Frage nachgehen, bei welchen Patienten auf eine neoadjuvante RT- oder RChT verzichtet werden kann und ob in solchen Fällen die MRT als Stratifikationskriterium geeignet ist [31]. Auch die Länge des Zeitintervalls (aktuell 6 Wochen) zwischen dem Abschluss der präoperativen Radio-chemotherapie und der Operation ist von Interesse (Übersicht bei Rödel et al. [32]). Es wird das
Die Verbesserung des krankheits-freien Überlebens ist der wichtigste Surrogatparameter für das Überle-ben der Patienten
Derzeit werden die Kurzzeitbestrah-lung und die konventionelle mit Chemotherapie kombinierte Be-strahlung in einem randomisierten Vergleich getestet
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wichtige Thema aufgegriffen, bei welchen Patienten im Falle einer klinischen Komplettremission nach RChT auf die Chirurgie verzichtet werden kann bzw. bei signifikanter Tumorverkleinerung durch lokale Exzision ein funktioneller Organerhalt möglich ist [33]. Des Weiteren wird der Stellen-wert der Induktionschemotherapie , d. h. einer Chemotherapie vor oder nach der neoadjuvanten Radiochemotherapie, untersucht [34].
Derartige, sehr spezielle Fragen können nur im Rahmen kontrollierter Studien beantwortet wer-den, die von allen beteiligten Fachdisziplinen bzw. -gesellschaften getragen werden müssen. Dies gilt umso mehr, wenn einzelne Behandlungsmodalitäten in speziellen Therapiesituationen im Rahmen von klinischen Studien kritisch hinterfragt werden sollen. Der vorliegende Beitrag zeigt auch, wie schwierig und komplex die Arbeit der Leitlinienkommissionen ist. Es sollte zudem veranschaulicht werden, wie differenziert sich die perioperative Therapie des Rektumkarzinoms entwickelte.
Fazit für die Praxis
FRektumkarzinome sind Adenokarzinome, deren Tumorunterrand im Bereich von 0–16 cm ab der Anokutanlinie liegt.
FLokal fortgeschrittene Rektumkarzinome sollten stets multimodal behandelt werden.FAls lokal fortgeschritten gelten Karzinome mit Durchbruch des Tumors durch die Rektumwand
ins perirektale Fett oder Infiltration von Nachbarorganen und/oder Befall benachbarter Lymph-knoten.
FIm Rahmen des prätherapeutischen Stagings wird der Tumor stets mittels starrer Rektoskopie lokalisiert.
FDie Einteilung in Rektumdrittel ist von klinischer Bedeutung, da die Behandlung von Enddarm-tumoren in den jeweiligen Rektumdritteln unterschiedlich ist.
FDie präoperative Stadieneinteilung erfordert obligat die endoluminale Sonographie durch einen erfahrenen Untersucher.
FEine präoperative Radiotherapie reduziert auch bei optimaler und qualitätskontrollierter Chi-rurgie die Lokalrezidivrate signifikant.
FDie präoperative simultane Radiochemotherapie wird in den aktuellen S3-Konsensusleitlinien eindeutig empfohlen, ebenso die adjuvante Chemotherapie nach neoadjuvanter RChT unab-hängig vom Tumorstadium.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. R.-D. HofheinzTagesTherapieZentrum (TTZ), Interdisziplinäres Tumorzentrum Mannheim (ITM) & III. Medizinische Klinik (Hämatologie/Onkologie), Universitätsmedizin Mannheim, Ruprecht-Karls-Universität HeidelbergTheodor-Kutzer Ufer 1–3, 68167 [email protected]
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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215coloproctology 3 · 2013 |
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CME-Fragebogen
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D| coloproctology 3 · 2013216
?Welche der folgenden Aussagen zum Rektumkarzinom ist falsch?
Das Rektum wird in Deutschland üblicher-weise in drei Drittel eingeteilt.
Die chirurgische Standardtherapie des Rektumkarzinoms unabhängig von der Lokalisation ist die TME.
Goldstandard zur Ermittlung der Höhen-lokalisation des Rektumkarzinoms ist die starre Rektoskopie.
Hauptziel der Chirurgie des Rektumkarzi-noms ist die R0-Resektion mit ausreichen-dem zirkumferenziellem Sicherheitsab-stand.
Der Unterrand des Tumors definiert die Höhenlokalisation des Rektumkarzinoms.
?Welche Aussage zur Strahlentherapie des Rektumkarzinoms ist richtig?
Nur die Radiochemotherapie wird für Pa-tienten im klinischen Stadium UICC II und III in der S3-Leitlinie empfohlen.
Nach Ende der Kurzzeitradiatio sollte ein Intervall von etwa 4 Wochen eingehalten werden.
Die Addition von 5-FU zu einer Langzeit-radiatio hat in 2 Phase-III-Studien die Lokalrezidivraten erhöht.
Die Addition von 5-FU zu einer Langzeit-radiatio führte nach Ergebnissen von 2 Phase-III-Studien zu einer signifikanten Verbesserung des Überlebens.
Die risikoadaptierte Strategie (d. h. nur bei positivem zirkumferenziellem Resektions-rand durchgeführt) erwies sich der gene-rellen präoperativen RT unterlegen.
?Bei einem Patienten wird im Rahmen einer Endoskopie ein Tumor im Bereich des Rektums diagnostiziert (starre Mes-sung 7 cm ab ano). Welche Untersu-chung/Untersuchungen ist/sind zur Be-stimmung der lokale Stadieneinteilung am besten geeignet?
PET-CT (Positronenemissionstomgraphie-Computertomographie)
Endoskopischer Ultraschall (EUS) CT des Beckens MRT des Beckens und PET-CT MRT des Beckens und EUS
?Welche Aussage zur Radiochemothera-pie des Rektumkarzinoms ist richtig?
Die Radiochemotherapie wird ab dem klinischen Stadium UICC I eingesetzt.
Die Langzeitdaten sind der Kurzzeitbe-strahlung nach Ergebnissen aus randomi-sierten Studien hinsichtlich des Gesamt-überlebens deutlich überlegen.
Standardtherapie ist die Gabe von Bolus 5-FU und Folinsäure 3-mal pro Woche während der Gesamtdauer der Bestrah-lung.
Als Zieldosis sollten während der Radio-chemotherapie mindestens 55 Gy erreicht werden.
Die Resektion des Primärtumors erfolgt im Allgemeinen zwischen 4 und 8 Wochen nach Ende der Radiochemotherapie.
?Welches Kriterium spricht nach Maß-gabe der S3-Leitlinie nicht eher für den Einsatz der neoadjuvanten Radioche-motherapie statt der Kurzzeitradiatio im klinischen Stadium II und III?
T4-Tumor im klinischen Staging Fraglich nodalpositiver Tumor Zirkumferenzieller Sicherheistabstand
durch Tumor bedroht Sphinktererhalt als Therapieziel Verkleinerung des Tumors als Therapieziel
?Ein Patient wird wegen eines klinischen UICC-Stadium-III-Tumors neoadjuvant radiochemotherapiert und zeigt bei der endoskopischen Kontrolle 4 Wochen nach Ende der Behandlung eine klini-sche komplette Remission. Welches Vor-gehen ist nach S3-Leitlinie richtig?
Kontrolle des Befundes in 3 Monaten, Resektion nur falls lokaler Progress
Konsolidierende oxaliplatinhaltige Che-motherapie und weitere klinische Kontrol-le, Resektion nur falls lokaler Progress
Resektion des Befundes und Einleitung der Nachsorge, keine adjuvante Chemo-therapie
Resektion des Befundes, adjuvante Che-motherapie nur falls noch Tumorresiduen im pathologischen Präparat
Resektion des Befundes, adjuvante Che-motherapie unabhängig vom pathologi-schen Tumorstadium
CME-Fragebogen
217coloproctology 3 · 2013 |
?Bei einem Patienten wird ein lokal fort-geschrittenes Rektumkarzinom, starr ge-messen 8 cm ab ano diagnostiziert. Der Tumor erscheint primär resektabel (CRM-frei bzw. -negativ), er wächst jedoch organüberschreitend (cT3) und weist vergrößerte perirektale Lymphknoten (cN-positiv) auf. Welche(s) neoadjuvan-te(n) Therapieverfahren sollte(n) gemäß der S3-Leitlinie zum Einsatz kommen?
Neoadjuvante Chemotherapie Neoadjuvante Langzeitradiotherapie
ohne begleitende Chemotherapie Neoadjuvante Chemotherapie gefolgt von
Kurzzeitbestrahlung Neoadjuvante Kurzzeitbestrahlung (5-mal
5 Gy) gefolgt von Resektion nach etwa 6 bis 10 Wochen
Neoadjuvante Kurzzeitbestrahlung ge-folgt von Resektion nach 2 bis 3 Tagen oder neoadjuvante Langzeitradiochemo-therapie gefolgt von Resektion nach etwa 6 Wochen
?Welche Aussage zu den Ergebnissen der bislang vorliegenden 4 randomisierten Studien zum Einsatz von Oxaliplatin in der perioperativen Therapie des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms ist richtig?
Lediglich die CAO/ARO/AIO-04-Studie zeigte keine Steigerung der Akuttoxizität durch die Addition von Oxaliplatin zur Standardradiochemotherapie.
Alle 4 Studien zeigten eine signifikante Verbesserung der pCR-Rate.
3 der 4 Studien berichteten über eine Verbesserung des Gesamtüberlebens im Oxaliplatinarm .
Die chirurgischen Komplikationraten stiegen signifikant durch die Addition von Oxaliplatin zur Standardradiochemo-therapie.
Die Gabe von Oxaliplatin in der adjuvan-ten Chemotherapie ist aufgrund der vor-liegenden Studienergebnisse als Standard für alle Patienten nach neoadjuvanter Therapie und kurativer Resektion des Pri-marius anzusehen.
?Welche Konzepte zur Optimierung der Therapie des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms werden derzeit in Studien nicht untersucht?
Stellenwert der Induktionschemotherapie Stellenwert der MRT zur Stratifizierung der
Patienten mit T3-Tumoren Optimale Zeitdauer nach Ende der Radio-
chemotherapie bis zur Chirurgie Vorgehen nach Erreichen einer klinischen
Komplettresektion (Watch-and-Wait-Stra-tegie/Organerhalt durch lokale Exzision)
Steigerung der Dosis der neoadjuvanten Radiotherapie auf 75 Gy
?Welche Aussage zum MRT des Beckens ist richtig?
Bei Durchführung eines qualitätsgesicher-ten MRT kann auf die Endosonographie immer verzichtet werden.
Mit dem MRT ist eine sichere Bestimmung des Abstandes Anus – Tumorunterrand möglich.
Ob die MRT als Stratifikationskriterium für die Entscheidung für oder gegen eine neoadjuvante Therapie herangezogen werden kann, müssen kommende Stu-dien nachweisen.
Der Lage des Tumors zum zirkumferenziel-len Resektionsrand kann durch das MRT nicht besser abgeschätzt werden als mit der Endosonographie.
Eine sichere Differenzierung T2-/T3-Tumor ist mit Hilfe des MRT in der Regel sehr gut möglich.
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