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KOLLOID-ZEITSCHRIFT & ZEITSCHRIFT FUR POLYMERE ZUR ZEIT VEREINIGT MIT DEN KOLLOID.BEIHEFTEN . ORGAN DER KOLLOID-GESELLSCHAFT Band 181 April 1962 Heft 2 Polymere Aus dem lnstltut [i~r PoZymere, 3550 Marburg/Lahn Permeation, Quellung, Diffusion und Relaxation in Polymeren Diffusion in {i.Nylon (2. Tell)*) Von F. H. Mallet und E. Hellmuth**) D P DL Mit 10 Abbildungen in 1. Einleitung Im vorangehendeu Tell I (1) wurde ge- zeigt, dab sich aus station/~ren Vorg/ingen und zeitlichen Einstellungen der Permeation und der Zeitquellung unterschiedliehe Diffu- sionskoeffizienten ergeben. Dabei 1/~t sieh far das Verh~Itnis der Diffusionskoeffizienten aus station/@er Messung und Einstellung DP/D Q eine ,,reduzierte" Darstellung als Funktion der Tempera~ur aufstellen: Diese reduzierte Darstellung faf~t die Werte DP/DQ far die Diffusion yon Stickstoff und Wasser durch entsprechende Temperaturverschie- bung zusammen. Auch die Konzentrations- D P D O "~ .... Q (22.6~ i i i i i i i i 1 i I 2 4 6 8 10 g H20 , T (t rocken) __.L ................ 20 30 40 50 60~ 1009 P~ ..................... T(Q-07 gH20 ) 20 40 60~ 10% Polym Abb. 1. Reduzierte Darstellung s den Quotienten aus den Diffusionskoeffizientenaus sta~ion~ren Messungen und den Koeffizientenaus Einstellvorg/~ngen. Enthalten sind Werte 1. Als ~nktion der Temperatur fiir absolut trockenes Material: Stickstoffdiffusi0n DP/DL= ] (T). 2. Als ~tmktion der Temperatur fiir eine kleine, aber konsganteWasserkonzentration: Wasserdiffusion DP]DQ = /(T). 3. Als ~unktion der Wasserkonzentration ffir konstante Temperatur (22,6 ~ W~sserdiffusion DP/DQ = f (c). (Kolloid-Z. u. Z. Polymere 177, 23 (1961) *) Tell I, Kolloid-Z. 177, 1-23 (1961). **) 2. Tell der Dissertation yon E. Hellmuth, Mar- burg/Lahn. (D 4) 1960. 12 EinzeldarsteUungen (Eingegangen am 1. Oktober 1961) abh/ingigkeit yon DP/DQ far Wasserdiffusion bei konstanter Temperatur kann in die Dar- stellung (Abb. 1) einbezogen werden. Es scheint reizvoll, auf Grund dieser ex- perimentellen Feststellungen zu versuehen, die Diffusionsvorgguge in derartigen 10artiell kristallinen Polymeren wie im 6-Nylon noeh welter zu analysieren. Die Diffusionsvorgiinge laufen auf Grund thermischer Fluktuationen im Material ab. Auch andere Eigenschaften h/ingen unmittel- bar mit der thermischen Fluktuatiou im Material zusammen, z. B. die dielektrische und mechanische Relaxation. Diese Tatsache wird verwendet. Polymere zeigen jedoch, .~nders als nieder- molekulare Substanzen, Ubergangsformen zwischen flfissig und lest: Sowohl die An- ordnung der Bansteine als die thermische Beweglichkeit kann yon Ort zu Ort sehr stark schwanken. Bereiche hoher Orduung, wor- unter wir nieht nut Kristallite verstehen werden (s. 4.1), weehseln mit solehen ge- ringerer. Bereiehe gleiehen Ordnungszustan- des bilden Uberstrukturen. Die Art des In- einandergr.e.ifens dieser Bereiehe, ihre Form und ihren Ubergang ineinander bedingen far die MSgliehkeit des Weiterwanderus kleiner Molekfile starke Modifikationen. Um demnach zu einer Vorstellung fiber den Ablauf der Diffusion zu gelangen, wird man also neben get inneren Kinetik, die also yon Ort zu Ort im Material variiert, auch die Heterogenitgt des Materials, dessen Textur und Kristallisationsgrad in die Betraehtun- gen einbeziehen mfissen. 2. Meehanisches und dielektrisches Relaxa- tionsverhahen yon 6.Nylon ~)ber die inhere Kinetik eines Materials ge- winnt man am leiehtesten einen Uberblick

Permeation, Quellung, Diffusion und Relaxation in Polymeren

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KOLLOID-ZEITSCHRIFT & ZEITSCHRIFT FUR POLYMERE ZUR ZEIT VEREINIGT MIT DEN KOLLOID.BEIHEFTEN . ORGAN DER KOLLOID-GESELLSCHAFT

Band 181 April 1962 Heft 2

Polymere

Aus dem lnstltut [i~r PoZymere, 3550 Marburg/Lahn

Permeation, Quellung, Diffusion und Relaxation in Polymeren Diffusion in {i.Nylon (2. Tell)*)

Von F. H. M a l l e t und E . H e l l m u t h * * )

D P

D L

Mit 10 Abbildungen in

1. Einleitung

Im vorangehendeu Tell I (1) wurde ge- zeigt, dab sich aus station/~ren Vorg/ingen und zeitlichen Einstellungen der Permeation und der Zeitquellung unterschiedliehe Diffu- sionskoeffizienten ergeben. Dabei 1/~t sieh far das Verh~Itnis der Diffusionskoeffizienten aus station/@er Messung und Einstellung DP/D Q eine ,,reduzierte" Darstellung als Funktion der Tempera~ur aufstellen: Diese reduzierte Darstellung faf~t die Werte DP/DQ far die Diffusion yon Stickstoff und Wasser durch entsprechende Temperaturverschie- bung zusammen. Auch die Konzentrations-

D P

D O

"~ .... Q (22.6~ i i i i i i i i 1 i I

2 4 6 8 10 g H20 , T (t rocken) __.L . . . . . . . . . . . . . . . .

20 30 40 50 60~ 1009 P~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T ( Q - 0 7 g H 2 0 )

20 40 60~ 10% Polym

Abb. 1. Reduzierte Darstellung s den Quotienten aus den Diffusionskoeffizienten aus sta~ion~ren Messungen und den Koeffizienten aus Einstellvorg/~ngen. Enthalten sind Werte 1. Als ~nktion der Temperatur fiir absolut trockenes Material: Stickstoffdiffusi0n DP/DL= ] (T). 2. Als ~tmktion der Temperatur fiir eine kleine, aber konsgante Wasserkonzentration: Wasserdiffusion DP]DQ = /(T). 3. Als ~unktion der Wasserkonzentration ffir konstante Temperatur (22,6 ~ W~sserdiffusion DP/DQ = f (c). (Kolloid-Z. u. Z. Polymere 177, 23

(1961)

*) Tell I, Kolloid-Z. 177, 1-23 (1961). **) 2. Tell der Dissertation yon E. Hellmuth, Mar-

burg/Lahn. (D 4) 1960.

12 EinzeldarsteUungen ( E i n g e g a n g e n a m 1. O k t o b e r 1961)

abh/ingigkeit yon DP/DQ far Wasserdiffusion bei konstanter Temperatur kann in die Dar- stellung (Abb. 1) einbezogen werden.

Es scheint reizvoll, auf Grund dieser ex- perimentellen Feststellungen zu versuehen, die Diffusionsvorgguge in derartigen 10artiell kristallinen Polymeren wie im 6-Nylon noeh welter zu analysieren.

Die Diffusionsvorgiinge laufen auf Grund thermischer Fluktuationen im Material ab. Auch andere Eigenschaften h/ingen unmittel- bar mit der thermischen Fluktuatiou im Material zusammen, z. B. die dielektrische und mechanische Relaxation. Diese Tatsache wird verwendet.

Polymere zeigen jedoch, .~nders als nieder- molekulare Substanzen, Ubergangsformen zwischen flfissig und lest: Sowohl die An- ordnung der Bansteine als die thermische Beweglichkeit kann yon Ort zu Ort sehr stark schwanken. Bereiche hoher Orduung, wor- unter wir nieht nut Kristallite verstehen werden (s. 4.1), weehseln mit solehen ge- ringerer. Bereiehe gleiehen Ordnungszustan- des bilden Uberstrukturen. Die Art des In- einandergr.e.ifens dieser Bereiehe, ihre Form und ihren Ubergang ineinander bedingen far die MSgliehkeit des Weiterwanderus kleiner Molekfile starke Modifikationen.

Um demnach zu einer Vorstellung fiber den Ablauf der Diffusion zu gelangen, wird man also neben get inneren Kinet ik , die also yon Ort zu Ort im Material variiert, auch die Heterogenitgt des Materials, dessen Textur und Kristallisationsgrad in die Betraehtun- gen einbeziehen mfissen.

2. Meehanisches und dielektrisches Relaxa- tionsverhahen yon 6.Nylon

~)ber die inhere Kinetik eines Materials ge- winnt man am leiehtesten einen Uberblick

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98 Kotloid-Zeitschrifl und Zeitschrifl fi~r Poiymere, Band 181 �9 Heft 2

aus Messungen der mechanischen und di- elektrischen Relaxation. Beides geht weit- gehend parallel, sofern man sich ffir die Temperatur-Frequenz-Lage, nieht aber fiir die Intensit~ten der Dispersionsgebiete inter- essiert. Ffir 6-1~ylon liegen vielerlei ent- sprechende Untersuchungen vor. AuBer- dem is~ die Abh/~ngigkeit der Dispersion yore Wassergehalt eingehend untersucht worden (2-10). Die Erniedrigung der Temperaturlage yon Haupt- und :Nebenmaximum mit s*ei- gendem Wassergehalt zeigt Abb. 2. I m fibri- gen bes teh t das Relaxationsspektrum aus drei Maxima (Relaxationszeitgruppen), ans Hanpt-, Neben- nnd Tieftemperaturmaxi- mum. Ferner ist gelgufig, dab sieh fiir di- elektrisches und meehanisches Relaxations-

80 .hi.

o

6O

40

2O

2 4 6 8 10 g 1-120

100 g Po{u

Abb. 2. Erniedrigung der Temperaturl~ge des Maxi- mums des Verlustwinkels mit ver/~ndertem Wasser- gehalt in 6-Nylon n~ch Messungen yon Becket und Oberst (mech. 100 Hz) (H~uptmaximum), yon Dahl (dielektr. 100 Hz) (Nebenmaximum) und eigenen

Messungen (mech. 1,2 Hz) (Kreise)

log Vrn~

8

6

4

a b

\ \ k'~'~- "~ o z oo'o ~o o'%.'~r ~ o . , \ \ \ \ "-.~\-?...

\ \ \ ', oo,1~o'2.5"~.e~

-. ~ \ \ \ 0% I% 2~5% 8%

-~ lo3 [.r , f t I t l

-8 2J ~o ~ 4.o ~ ~o s 5 G.o

Abb. 3. Zusammenfassende Darstellung der Temperatur- ~requelm-Abhgngigkei~ der Dampfungsmaxima in 6- Nylon under Einheziehung der Ver/~nderung mit dem Wassergehalt. O: Oberst und Becket (5), D: yon Dahl (7), W: Schmieder und Wol/ ( 4 ), K: 2~agamatsu (8), E: eigene Messung. Die Lage der Buehstaben entspricht der Lage

der MeBpunkte

verhalten ebenfalls mit gewissen Bedingun- gen reduzierte Darstellungen angeben lassen.

Einen ~berbliek fiber das im weiteren Wesentliche vermittelt Abb. 3. Sie zeigt in bekannter Weise die logarithmische Auftra- gung der Frequenzlage der drei Maxima ge- gen die reziproke absolute Temperatur, auf- gestellt aus Kombination Mler uns zugiing- lichen MeBwerte und erg/~nzt mit Ver~nde- rung des Wassergehaltes.

Das Tieftemperaturmaximum zeigt nur eine geringe Anderung mit steigender Feuehtigkeit; es erscheint also in Abb. 3 nut als eine Kurve (Gerade).

3. Platzwechseltheorie der R e l a x a t i o n

Aus Dars~ellungen der J~nderung der Fre- quenz der Maxima mit der reziproken Tem- peratur pflegt man soheinbare Aktivierungs- energien Eoxp zu berechnen und so das Dispersionsverhalten auf die Platzweehsel- kinetik im Material zurfickzuffihren.

Fiir die drei Dispersionsgebiete im trocke- nan 6-Nylon erreehnen sich nach der Gleichung

Vmax = v0 exp (-- Eexp/RT) [l]

die folgenden scheinbaren Werte ffir Eexp: Hauptmaximum : 88 kcal/mol /%benmaximum : 15 keal/mol Tieftemperaturmaximum: 8 kcal/mol.

Diese scheinbaren Aktivierungsenergien liegen z. T. wesentlich hSher als die ehemi- sche Bindungsenergie innerhalb der Ketten, kSnnen also nur ]ormal beschreibende GrSBen darstellenl).

Wenn wir mit Wv die Wahrscheinlichkeit ~) daffir bezeiehnen, dab ein Teilchen eine Energie grSBer als zum Uberwinden der Hemmung bei einerUmlagerung besitzt, dann gilt ftir die Relaxationszeit ~ = 1/Vmax

2 vm~x = y n Wv. [2]

vo ist hierbei die Schwingungsfrequenz d e s Teilchens im Poten~ialfeld der Nachbar- schaft. Die Wahrscheinliehkeit W~ is~ in erster N/iherung als Exponentlalfunkt]on, multipliziert mit einer Konstanten, darstell-

Ursache ffir diejenigen Anteile der di- elektrischen Polarisation, die Relaxation zei- gen kSnnen und damit die dielektrischen Verlustmaxima zur Folge haben, ist die Orientierung yon polaren Gruppen, h/ingt also yon der MSglichkeit yon Lagerungs- i~nderungen solcher Gruppen dureh P]atz- wechselvorgs ab.

1) Dies ist eine bekannte Tatsaehe, die jedoeh stets erneute Diskussionen ausgel6st hat.

3) Wir verwenden die vereinfachte Formulierung aus (13).

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Mi~ller und Hellmuth, Permeation, Quellung, Diffusion und l~daxation in Polymeren. II 99

Viele Polymere besitzen nur eine polare Gruppe und zeigen doch mehrere Disper- sionsgebiete. In 6-Nylon z. B. ist dies die

O -C-N-Konfigurat ion, in sich sehr starra).

It Letzten Endes mug also ffir alle drei Maxima diese eine loolare Gruppierung verantwortlieh sein.

Dieselben Ursaehen, die diesen polaren Atomgruppen die MSglichkeit zur Ausrich- tung im Feld geben, d. h. die Energie- schwankungen im Material mfissen es sein, die einem eingelagerten kMnen ?r die Chance eines Sprunges, d. h. also die M6glieh- keit zur Diffusion geben.

Wir kSnnen daher den Weg besehreiten, Aussagen fiber die Platzwechselkinetik z. B. aus dielektrischer Relaxation zu entnehmen und diese zu Aussagen fiber die Diffusion zu verwenden.

3.1 Platzwechselwahrscheinlichkeiten in Syste- men, deren Teilchen untereinander gekoppelt sind

Die meisten Polymeren zeigen mehrere Relaxationsmaxima. Und es ist schwierig, das Auftreten dieser diskreten Maxima zu verstehen. Wenn man annimmt, dab jede der BewegungsmSgliehkeiten einer gewissen Atomgruppierung zukommt und dieseAtom- gruppen yon unterschiedlieher GrSge und aueh versehiedenem Dipolmoment sind, so lassen sieh natfirlieh die untersehiedliehen Relaxa- tionszeiten und Aktivierungsenergien ver- stehen.

Da jedoch - wie gerade aueh im Beispiel des 6-Nylons - nur eine Art polarer Konfigu- ration im Material auftritt, die Vorg/inge im Grunde also stets nur auf Lagegnderungen dieser einen polaren Gruppierung beruhen mfissen, liegen die Dinge doch nicht so ein- fach. Es gibt zwar zur Zeit noch keine be- friedigende Theorie daffir, dab diskrete Maxima entstehen. Die in allen Fgllen zu- grunde liegenden Vorgiinge bestehen jedoch in einer Umlagerung der einen polaren Konfiguration. Die Lage/~nderung der CONtt- Gruppe zur Naehbarschaft mug daher der letzten Endes allen Maxima zugrunde lie- gende Elementarakt sein. Wir greifen deshalb hier auf eine theoretische Deutung zurfick, die dies zu berfieksichtigen gestattet nnd die auf der Vorstellung fiber die Wiirmebewegung in Form elastischer Wellen beruht, wie sic

8) Sic ist mesomerie-stabilisiert (11).

Debye ffir die Theorie der spezifischen Wi~rme yon Kristallen verwendet (12).

Man kann versuchen, diese Theorie der W/~rmewellen auf Polymere anzuwenden. Ein wesentliches Argument, gerade diesen Weg zu besehreiten, ist folgendes: Die Er- mittlung der zur Berechnung der Platz- weehselwahrseheinliehkeit erforderliehen Energieverteilung in einer Gesamtheit yon Teilchen, die voneinander nicht unabhi~ngig sind, l~gt sich nicht einfach dureh eine Boltzmann-Verteilung der Energie fiber die Teilchen darstellen~). Ffir die im Material. laufenden W/~rmewellen aber daft man dies annehmen; denn sic sind nicht gekoppelt, sie sind voneinander unabh/~ngig. Nun steht das einzelne Teilehen im Mittel im Energieaus- tausch mit m W/~rmewellen, wenn j ede Wgrme- welle im Mittel fiber m Teilchen verteilt ist.

m i s t proportional zu der als mittlere freie Weg- 1/~nge der Warmewellen bezeichneten Gr6Be; d. h. zu der L~nge, fiber der die in den laufenden Wellen trans- portierte Energie bis auf den e-ten Tell in andere Richtungen zerstreut worden ist.

Holzm~ller (13) reehnete dieses Modell durch. Er erhielt ftir die Wahrscheinliehkeit, daB ein einzelnes Teilehen eine Energie grSger als u* besitzt, die folgenden Beziehungen, wo- bei er zwisehen kugelfSrmigen und ebenen Wellen unterscheidet (ersteres bedeutet gleich- m/iBige Ausbreitung elastischer Wellen in allen t~iehtungen, letztere auf bevorzugte oder alleinige Ausbreitung in einer bestimm- ten Richtung) :

oo

f tr (u) du = W~ U*

- - 2 n U * R ~ [ 2 n u* =e 1 + ~ T - + . . . + - - 1 [2 n u*~3 n--l]

(Kugelwelle) [3a] 2 n U *

w =e 2 u* - + 1 (Ebene Welle) [3b]

u* ist dabei die Aktivierungsenergie, die no~wendig ist fiir die Umlagerung der pola- ren Gruppe (hier CONH) relativ zur un- mittelbaren Nachbarschaft, ohne Rficksicht darauf, ob diese zeitlich unveri~ndert bleibt oder ihrerseits sich zwischen zwei Umlage- rungen der betrachteten Gruppe veriindert hat. Es ist sozusagen die Aktivierungsenergie zum ,,Elementarakt". 2n (oben m genannt) ist die mittlere L~nge einer W~rmewelle und entspricht der mittleren freien Wegl~nge /s

a) ])as gerade geschieht aber in den vorliegenden Theorien normalerweise.

7*

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100 Kolloid-Zeitschrifl und Zeitschrift fiir Polymere, Band 181 �9 Heft 2

der elastisehen Wellen, angegeben als Zahl der Teilehen liings 1 s.

Ftir die Werte 2n kann man eine Vor- stellung entwickeln. Eine elastische Welle liiuft vor ihrer Zerstreuung im Mitre] tiber 2n Teilchen. Ein herausgegriffenes Teilchen erhiflt also im Mittel noch etwas Energie- sehwankung mitgeteilt yon einem Teilehen, das weniger als n Teilchen yon ibm ent- fernt liegt, passende Fortpflanzungsriehtung vorausgesetzt. Es ist sozusagen fiber 2n Teil- ehen oder dutch 2n Wdrmewellen gekoppelt an die Umgebung. Daher sei 2n im weiteren auch als I~opplungsberelch bezeichnet.

,og ",-~x \ \

8

\ \ \ \ ~_. 140 120 100 66 T [ K J

- B I , I r I J I E I 25 30 35 4 0 z,5 50 55 60

Abb. 4. Temperatur-Frequenz-Abh~ngigkeit der D~mp- fungsmaxima, berechnet nach den Gleichungen [3] (wiederum der Wassergehalt als Parameter). Die Zahlen an den Kurven bedeuten die verwendeten Werte 2 n, u* = 1,5 kca]/~o]. Die Kurve 140-66 mit 3a, 14-8

mit 3b bereclme *

Variieren wir u* zwischen 1 und 2,5 kcal/ mol, dann ergibt sich, dab m = 2n ftir das Hauptdispersionsgebiet zwisehen 40 und 200, ftir das Nebendispersionsgebiet zwischen 10 und 20 mad fiir das Tieftemperaturdisper- sionsgebiet zwischen 6 und 10 Teilchen liegt. Man kann diese Werte mit Gleichung [2] berechnen. Ffir jedes Dispersionsgebiet /~n- dern sich jedoch die so ermittelten Zahlen 2n mit der Temperatur.

Es liegt nun nahe zu verlangen, dab u* ftir alle drei Dispersionsgebiete den gleichen Wert besitzt, da die energetische Kopplung eines Teilchens an die unmittelbaren Nach- barn im Mittel nicht variiert, und welter, dab die Werte 2n zwar yon Dispersionsgebiet zu Dispersionsgebiet verschieden, aber ftir jedes unabh~ngig yon der Temperatur konstant sind und doch die Temperatur-

variation der Maxima richtig wiedergegeben werden.

Eine solche Beschreibung aller drei Dis- persionsgebiete im 6-Nylon erweist sich als mSglich, wenn man ftir das Hauptdispersions- gebiet die Platzwechselh/~ufigkeit dureh ku- gelsymmetrische W/irmewellen beschreibt und fiir das Neben- und Tieftemperatur- dispersionsgebiet mit dem Ansatz ftir ebene W/~rmewellen arbeitet. Und zwar gelten ftir u* = 1,5 keal/mol die folgenden Kopp- lungsfaktoren: Hauptdispersionsgebie~ : 2n ~ 140 ,,Teilchen"

(kugelsymmetrische W~rmewellen)

Nebendispersionsgebiet : 2n ~-- 14 ,,Teilchen" (ebene W~rmewellen)

Tieftemperaturdispersionsgebiet: 2n ~ 8 ,,Teilchen" (ebene W~rmewellen)

Wiihlt man ftir u* aber auch nur wenig abweichende Werte, etwa 1,7 oder 1,3 keal/ tool, so kSnnen selbst bei entsprechender Variation der 2 n-Werte nieht mehr alle drei experimentell festliegenden Dispersionsge- biete gleiehzeitig in ihrer Frequenz-Tempe- ratur-Lage dargestellt werden. Der Wert u* und die Werte 2n sind also durch das Ex- periment eindeutig festgelegt.

In Abb. 4 sind die berechneten Tempera- tur-Frequenz-Lagen der drei Dispersions- gebiete, die mit diesen Werten nach den obigen Formeln folgen, dargestellt. Die Kur- yen sind leicht gekrtimmt un4 deeken sich im experimentell durchgemessenen Bereich weitgehend (Abb. 5)5).

8

5

4

-2 -4 -6 -8

25 20 35 4.0 4.5 50 55 6..0

Abb. 5. ~_~oereinanderzeichnung yon Abb. 3 und 4

5) Die Relaxation des HauptAispersionsgebie~es kann under der Annahme yon kugelsymme~rischen W~rme- wellen, die sich in relativ gut geordne~en Bereichen ausbilden kSnnen, beschrieben werden. Die Relaxation des Neben- und Tieftemperaturdispersionsgebietes da- gegen erfolgt in Bereichen, in denen nur eine direkte Kopplung fiber die Wasserstoffbriicke mSglich ist. Diese Dispersionserscheinungen tre~en nur auf, wenn mehr als 5 CH~-Gruppen zwischen den Pep~idgruppen ange- ordnet sind.

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Miiller und Hdlmuth, Permeation, Quellung, Diffusion und Relaxation in Polymeren. I I 101

Aus dieser Form der Behandlung der Relaxationsvorg~nge wird d i e Ver~nderung der Temperatur-Frequenz-Abh/~ngigkeit fiir versehiedenen Wassergehalt ebenfalls ver- st~ndlieh.

Die Kopplung der Ketten erfo]gt im Nylon bekanntlieh insbesondere fiber die Wasser- stoffbrfieken zwischen den einzelnen Ketten. Werden nun dureh eindringendes Wasser ein Tell der Wasserstoffbrfieken gesprengt, so werden sozusagen zus/itzliehe StSrungen im Aufbau der verschieden gekoppelten ]30- reiehe auftreten. In Bereiehen starker Kopp- lung wird sehon dutch wenige neue StSr- stellen die mittlere freie Wegl/inge der

2n 1 5 0 -

1 2 5

1o0 6 o ~ ' O "

75 , , --. I ~ ~ I ,O

13 N.O.

12 Q I

~07,5 2zn,~, , , TO,

l , , , , i Q

2 4 6 8 10 gH20 1 0 0 9 Polym

Abb. 6. Ver/~nderung der Kopplungsfalr~oren als l~nk- tion der Wasserkonzentration fiir a) das Hauptdisper- sionsgebiet - b) das Nebendispersionsgebiet - c) das Tieftemperaturdispersionsgebie~. Die Kreise sind aus dem Vergleich der Abb. 3 und 4 entnommen, die aus-

gezogene Linie zeigt die Berechnung naoh G1. [4]

elastisehen Wellen stark herabgesetzt, w/ih- rend bei sehwacher Kopplung die gleiche Zahl an zus~tzlichen StSrstellen weniger EinfluB haben; in beiden F/fllen wird die Ein]agerung der ersten Wasseranteile einen besonders merkliehen Abbau des Kopp]ungs- grades herbeiffihren. Hierdureh l~Bt sieh sowohl verstehen, dab sich das Haupt- dispersionsgebiet (Kugelwellen) starker dureh das eingelagerte Wasser in seiner Tempera- tur-Frequenz-Lage versehiebt als das Neben- dispersionsgebiet (ebene Welle); wie aueh, da/] der Betrag der Verschiebung mit den

ersten Spuren an Wasser stark, spgter sehwgcher wird (s. Abb. 6).

Aus dem Vergleich yon Abb. 3 und 4 (s. Abb. 5, gestriehelte Kurven) ffir die Versehiebung der tg &Maxima bei variiertem Wassergehalt kSnnen nun die Anderungen der Kopplungsfaktoren 2 n mit dem Feuehtig- keitsgehalt abgesehgtzt werden. Abb. 6 zeigt diese ffir die [drei Dispersionsgebiete als Funktion des Quellungsgrades als Kreise ein- getragen.

Der Verlauf legt einen Zusammenhang mit den aus den Quellungsmessungen bereehne- ten AktivierungsgrSgen nahe. Tats~ehlieh kann die J~nderung der Kopplungsfaktoren formal mit einer Beziehung

1 reel St6rs~ellen n reel monom. Polym.

1 mol Stst. (trocken) 1 reel H~O no reel monom. Polym. -k 1o (1 - - •) Q reel m e n _ _ [4]

beschrieben werden. D. h. jedes 15. ,,fester" eingelagerte Wassermolekiil ~ verursacht eine neue ,,StSrste]le". Betrachtet man StSr- stellen als ,,Ende" der W~rmewellen, dann sind Kopplungsfaktoren und Zahl der StSr- stellen einander umgekehrt proportional.

DaB nieht jedes, sondern nur jedes 15. der fester eingelagerten Wassermolekfile das Koplolungsverh~ltnis in dem Kettengerfist ver/~ndert, liegt an den versehiedenen M6g- liehkeiten des Einbaus. Der Wert 1/15 er- gibt sieh dureh Anpassung an das Experi- mentT).

Das gesamte Relaxationsverhalten, me- ehanisch und dielektriseh, 1/iI~t sieh also oftensichtlieh geschlossen mit einem Modell gem~B dieser Theorie beschreiben, in der Bereiehe versehiedener Platzwechselkinetik nebeneinander vorliegen.

Es bleibt often, ob dieses Modell dureh Heranziehen weiterer theoretiseher Arbeiten fiber Sehwankungen [Hinshelwood (15) und Barter (16)] sowie zus~tzlieher experimen- teller Erkenntnisse noeh vervollst~ndigt wer- den sollte (17).

3.2 Difuslonskoe[/izienten und Platzwechsel- wahrseheinlichkeiten

Fiir die Diffusionskoeffizienten gilt nach Einstein:

D = ~ . y , [5]

6) Nur solche Wasseranlagerungen, bei denen die direkte Koppelung zwischen Nachbarketten merklich ges~6rg wird, sind offenbar wirksam.

7) S@pel (14) gibt eine gleiohlau~ende Beziehung ffir die ~ndertmg verschiedener Eigensehaften mit zu- sitzlichen St6rtmgen an. Er untersucht den Abbau durch Bestrahlung.

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102 Kolloid-Zeltschrifl und Zeitschrifl fis Polymere, Band 181. Heft 2

wobei die Platzwechselh~ufigkeit ~D mit der Platzwechselwahrscheinlichkei~ durch die Beziehung r D = ~0WD verkniipft ist. ~0 kann aueh bier dureh die universelle Frequenz ]cT/h ausreiehend gut angen~hert werden. I/~ ist die mittlere Sprungweite des diffun- dierenden Teilchens.

Ftir den Diffusionskoeffizienten ergibt sich damit eine Form :

1Y D = ~o-~- WD [6]

mit Eexp A G*

W D = A e ~T bzw. W j ) = C e RT

Wie schon gesagt, werden Diffusion und Relaxation beide letzten Endes dureh die thermisehe Fluktuat ionim ~ater ial bestimmt. Die Diffusion auch yon eingelagerten kleinen Molekiilen wird daher in enger Beziehung zu den Platzwechselwahrseheinlichkeiten des Polymerengertistes stehen.

In den Holzmidlerschen Arbeiten wird die Sehwerpunktlage der Relaxationsgebiete be- schrieben durch:

2 Vm~x = -~ v0 W v �9 [7]

Setzt man die Platzwechselwahrseheinlich- keit im Polymeren Wv proportional zu den Platzwechselwahrscheinlichkeiten der diffun- dierenden Molektile WD, also

W~ = eonst W~, [8] dann gilt

~)/) ~ conS~5 ~0 Wl~ ,

wobei ,,const" u. a. noeh yon der Gr5~e der diffundierenden Molektile und der St~irke der Weehselwirkung der diffundierenden Molekiile mit dem Polymerengitter abh~ngen wird.

Ffir die Diffusionskoeffizienten gilt also:

D ~ Vmax -~- cons~ . [9]

4. Bild des Ditfusionsvorganges in 6-Nylon

4.1 Der Begri# ,,heterogen" bei Polymeren Im polymeren )/[aterial wird der Ordnungs-

zustand des Kettengerfistes und damit die Packungsdiehte yon Ort zu Ort schwanken, st/~rker z. B. als in einer Flfissigkeit. Dabei kSnnen aul3er Schwankungen fiber wenige Teilchen auch solche in merklicher Zahl fiber grSBere Bereiche auftreten. Po]ymere sind also prinzipiell als heterogen im Vergleich zu niedermolekularen Fliissigkeiten anzusehen. Diese heterogene Struktur im molekularen Bereieh besteht jedoch nicht nur in dem

Nebeneinander yon kristallinen und nicht- kristallinen Anteilen, sondern es ist auch im nichtkristallinen Anteil mit Substrukturen zu reehnen.

Energieschwankungen kSnnen in den Be- reichen h5herer Ordnung wegen der grSl~eren Kopplung seltener auftreten als in solchen geringerer Ordnung. Die Diffusion wird also von verschiedenen Mechanismen mit den den Dispersionsgebieten zugehSrigen unterschied- lichen Kopplungsfaktoren getragen.

Bisher pflegt man partiell kristallines Poly- meres zu betraehten als aufgebaut aus Kri- stalliten, in denen praktisch keine Platz- wechsel stattfinden, und einem nichtkristalli- nen Anteil mit Platzwechselkinetik. Form, GrSl]e und Anordnung der Kristallite werden dabei aus RSntgenuntersuchungen als be- kannt betrachtet.

Man kennt allerdings auch Fakten, die auf Unterschiede in der Art und Gfite der kristallinen Ordnung deuten (parakristalline StSrungen etc.), und man hat Hinweise, dab innerhalb des nichtkristallinen Anteils Struk- turen enthalten sind.

Nach rSntgenographischen und Infrarotmessungen, z. ]3. yon Ziabicki (18), Sandermann und Keller (19), finder man wie in verschiedensten Polymeren auch im 6-Nylon neben den kris~allinen Bereiehen, in denen der Ordnungszustand in allen drei Richtungen ausgebfldet ist, Bereiche (fl-Form genarmt), in denen die Seiten- ordnung nicht mehr streng erffillt ist. Naeh Ziablcki umfaBt die Seitenordnung die gegenseitige Lage der Kettenaehsen des 6-Nylons, zwischen denen Wasser- stoffbrficken ausgebildet sind, die willkiirlieh orientiert sind. Die fl-Form wird als ,,mesomorphe Struktur mi~ hexagonaler Seitenordnung und nieht regul~rer Ver- teilung der Wasserstoffbriiekenbindungen" besehrieben. Der fl-Form wird eine Bande, die schon im geschmolze- nen Polymeren angedeutet ist, im Infrarotspektrum zugesehrieben. Aus den Infrarotmessungen ergibt~ sieh, dab diese Bande (10,22 #) vor allem in abgeschreekten und in trocken getemperten Proben auftritt. Bei Auf- quellen mi~ Wasser und dureh Kaltvers~recken wh'd diese Bande erniedrigt, w~hrend sie bei der Behand- lung mit Phenol (wasserstoffbriiekenlSsend) vSllig ver- schwindet. Es lassen sieh also neben der kristallinen Struktur auch noeh weitere Bereiehe starker Kopplung fiber groBe Streeken als Funktion yon Temperatur, Quellung und Vorbehandlung experimentell nach- weisen.

Man weiB, dab vor allem diese Strukturen sich mit Temperatur und Vorbehandlung sowie bei Quellung ~ndern und dab gewisse Reste der Struktur (z. B. Rostebenen) (20) sogar noch weit oberhalb der Schmelztempe- ratur der Kristallite erhalten bleiben. Da jede Substruktur eine andere Kinetik als das wirklich isotrope Material besitzt, muB bei der Diskussion der Diffusion auch diese Sub- struktur des nichtkristallinen Anteils als Heterogeniti~t beachte~ werden.

Page 7: Permeation, Quellung, Diffusion und Relaxation in Polymeren

Mi;dler und Hellmuth, Permeation, Quellung, Diffusion und Relaxation in Polymeren. I I 103

6.20bereinstimmende Zust(tnde Die Einfiihrung einer reduzierten Dar-

stellung wie in Teil I ffir den Quotienten der Diffusionskoeffizienten DP/D Q bzw. DP/D L (Abb. 1), d. h. die Zuordnung gequollener Zust/inde bei einer festen Temperatur und gegebenem Quellungsgrad zu den Zust/~nden des trockenen Materials bei hSherer Tempe- ratur entsprieht der Annahme van fiberein- st immenden Zust/inden in erweitertem Sinne: Ein bestimmter Quellungszustand wird in erster N/iherung hinsichtlieh seiner Auftei- lung in Strukturelemente versehiedener Be- wegliehkeit als identiseh mit einem Zustand angesehen, den man aueh bei niehtgequolle- nem Material dureh TemperaturerhShung erreichen k6nnte.

Wenn auBer der Diffusion van Wasser aueh noeh die Diffusion van Stiekstoff in die reduzierte Darstellung einbezogen wird, so deshalb, weft das Stickstoff- und das Wasser- molekfil in ihrer GrSBe fast fibereinstimmen.

Die Reduktion fiir das Diffusionsverhalten scheint um so besser gerechtfertigt zu sein, wenn eine gleiehe Reduktion aueh fiir andere mit der inneren Kinetik zusammen- hgngende Eigensehaften mSglich wird. Tat- s/iehlieh erweist sieh die Versehiebung der Maxima ftir mechanisehe und dielektrische Dispersion mit steigendem Wassergeha]t in einem groBen Bereieh als fiberraschend gut fibereinstimmend mit den aus den versehie- denenDiffusionskoeffizienten gefolgerten Ver- sehiebungen (Abb. 7).

4.3 Di#us~onslcoeMizienten und Relaxation im 6-Nylon

Bei der Berechnung yon phi~nomenologi- schen Diffusionskoeffizienten mit den Fick- sehen Gesetzen aus Zeit-Quellungskurven und aus PermeationsstrSmen gehen die Ab- messungen der Mel]probe ein. Es wird bei der Integration der Ficksehen Gesetze voraus- gesetzt, dab die Diffusion des Einzelmolekfils so erfolgt, als w/ire das Material homogen und isotrop. Wenn jedoeh im Material fiber- molekulare ]3ereiehe mit verschiedener inne- rer Kinetik vor]iegen, wird die Diffusion der kleinen Molekfile schnell in den gut diffu- siblen, weniger sehnell in den ,,starren" Anteilen erfolgen.

Die Diffusion erfolgt also nieht mehr iso- trap, sondern auf Umwegen, unter Um- gehung der ,,starren" Anteile.

Man hat versueht, d ie ~nderung der Permeabilit/it dureh Einbringen van nieht- que]lbaren (Ffill-)Stoffen in polymeres Ma- terial zu bereehnen, d. h. quantitative Be-

traehtungen durehzuffihren (21). Diese er- wiesen sieh Ms ziemlich kompliziert, da die Form der eingelagerten KSrper und deren Anordnung, nieht etwa nur das Verh/iltnis van Ffillstoff zu Polymeren, empfindlieh ein- geht.

Wenn sehon ffir eingelagerte Partikel, die weder quellbar sind noeh eine Diffusion erlauben, die quantitative Formulierung kaum mSglieh ist, so seheint dies noeh weni- ger im vorliegenden Fall erreiehbar. Bei der Quellung werden z. B. die kleinen Molekfile zun/iehst auf Umwegen durch das gut diffusible Material relativ raseh in das

AT

60

40

20

os

'/ - - Relaxation

0 I I I 1 [ I I

2 4 6 g H 2 0

lOOg Polym

Abb. 7. ,,Temperaturversohiebung" mit ver~ndertem Wassergehalt. Vergleich der Abb. 2 und Abb. 31 aus

Teil I [Kolloid-Z. u. Z. Polymere 177, 21 (1961)]

Material eindringen. Van dart aus - sieh zeitlieh mehr oder weniger iiberlagernd - wird dann die Aufffillung der weniger diffusiblen, aber ebenfalls quellbaren Bereiehe erfolgen. Die seheinbaren Diffusionskoeffizienten er- geben sieh damit als i)berlagerung eines relativ raschen Diffusionsprozesses im ,,be- weglicheren" Material mit der langsameren Diffusion ffir das Aufffillen der ,,diehteren" Bereiehe.

Bei der Permeation dagegen dfirfte der durehtretende Strata bevorzugt lediglich fiber die gut diffusiblen Anteile laufen. Nur w/ihrend des Einstellvorgangs des station/iren Permeationsstromes spielt, /ihnlieh wie bei der Quellung, aueh die Aufffillung der weni- ger zugi~ngliehen Bereiehe eine Rolle.

Da kaum Aussieht besteht, die Korrek- turen aus den Daten der Misehkomponenten und deren relativer Anordnung zu bereehnen, w/ihlten wir einen indirekten Weg, um eine ~bersicht fiber die tats/iehlichen Diffusions- koeffizienten zu erreiehen:

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104 Kolloid-Zeitschrifl und Zeitschrift fi~r Polymere, ;Band 181 �9 Heft 2

Mit der in Absehnitt 3.2 mitgeteilten Be- ziehung [9] sollten sich aus den Relaxations- daten Diffusionskoeffizienten ffir die den verschiedenen Dispersionsgebieten zugeord- neten Bereiehe bereehnen lassen, falls man plausible Annahmen fiber die mittlere Sprung- weite l~- und tiber den Wert const trifft. Man mug dabei beaehten, dal~ auBer dem stets vorhandenen ttauptdispersionsgebiet im trockenen Material nur das Tieftempera- turdispersionsgebiet vorliegt. Mit Wasser- einlagerung baut sieh dieses ab, nnd das Nebendispersionsgebiet entsteht.

D cm 2 sec

10-' ~

10 -~ z~ ~ A... Dkor r

\ X

10- 9 ~

lo-lO _ ~ I i I , I , I , I , I

9.9 10 3 [oK-1 ] T

Abb. 8. Diffusionskoeffizienten als l~unktion der Tem- peratur D = ] (I/T) fiir Stickstoff in 6-Nylon. Dkorr er- reehnet aus der Relaxat ion naeh GI. [9], DP und DL ge- messen aus Permeat ion und Anlauf der Permeat ion

Setzen wir ftir Stickstoff versuchsweise die mittlere Sprungweite pro Platzweehsel gleich dem mittleren Kettenabstand 3,5 A und die Konstante gleich 1, dann ergeben sie mit [9] aus dem Relaxationsverhalten Diffusions- koeffizienten, und zwar zwei verschiedene fiir Tieftemperatur- und far d~s ttauptdisper- sionsgebiet. Extrapolieren wir die Tempera- tur-Frequenz-Lage der Tieftemperagurrelaxa- tion zu den Temperaturen, far die die N 2- Diffusion gemessen wurde (Kurve c, Abb. 3), so zeigt sieh, da$ die dem I-Iauptdispersions- gebiet entspreehenden Platzwechselwahr- scheinliehkeiten far das Hauptdispersions- gebiet um etwa 10-20 Dekaden niedriger als far das Tieftemperaturdispersionsgebiet lie- gen.

Die Diffusion wird daher allein von dem Platzweehsel des Tieftemperaturdispersions-

gebietes getragen. Abb. 8 gibt die so berech- neten Diffusionskoeffizienten Dkorr wieder. Die gemessenen seheinbaren Diffusionskoeffi- zienten D P und D L zeigen einen viel geringe- ten Absolutbetrag und besitzen auch eine abweichende Temperaturabh/ingigkeit.

Wenn wit eine explizite quantitative Theorie der Korrekturen dutch die hetero- gene Struktur bes/~$en, so miil~ten sieh D P und D L dureh Multiplikation mit Korrektur- faktoren auf Dko~ umreehnen lassen. Wir kSrmen jedoeh die' vorliegende Kurve Dko= unter tier Annahme, sie sei zutreffend, aueh

D

16:

i(~ Io

cm 2 5 e c

3 . 0 3.1 3 2 3.3 36, 3.5 109 [oK-l] T

Abb. 9: Diffusionskoeffizienten als Funkt ion der Tem- peratur D = / ( l /T) fiir Wasser in 6-Nylon. Dkorr er- reehnet mi t Hilfe yon Abb. 8, DP und DQ gemessen

aus Permeat ion und Quellung

umgekehrt dazu verwenden, aus den drei Kurven aus Abb. 8 Korrekturfaktoren far Anlauf und station/~re Permeation bei Stick- stoffdiffusion zu entnehmen.

Ffir die Diffusion yon Wasser kSnnten wit analog verfahren. Dazu w/~ren allerdings erneute Annahmen ffir den Wert der mitt- leren Sprungweite und der Konstan~en in [9] far das Wassermolekiil notwendig. Die Existenz einer reduzierten Darstellung (Abb. 1) erSffnet aber noeh die andere MSg- liehkeit: Far den Obereinstimmenden Bereieh N~ und I-I~O entnimmt man aus Abb. 8 die Korrekturfaktoren und kann damit far die tieferen Temperaturen Dko= far Wasser ermitteln (Abb. 9, reehter Teil). Dieses Verfahren ist allerdings zun/iehst nur im Temperaturbereich, in dem H 2 0 - u n d N~- Diffusion beide gemessen wurden, mSglich.

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Mi~ller und Hellmuth, Permeation, Quellu~g, Diffusion und Relaxation in Polymeren. H 105

Fiir hShere Temperaturen miissen aber die korrigierten Diffusionskoeffizienten weiter auf einer Geraden liegen, so dab man linear extrapolieren kann; denn die scheinbare Aktivierungsenergie der Diffusion st immt mit der der dielektrischen l~elaxation des Nebendispersionsgebietes iiberein. So 1/~l]t sich also Abb. 9 fiir hShere Temperaturen erg/~nzen.

Im durchgemessenen Temperaturbereich liegt auch hier die Platzwechselwahrschein- liehkeit im Hauptdispersionsgebiet sehr viel niedriger. Die Diffusion wird im wesentliehen dieses Mal yore l~ebendispersionsgebiet ge- tragen.

Der Sehritt yon Abb. 8 (N2-Diffusion) zu Abb. 9 (It20-Diffusion) erfolgte unter Vet'- wendung der reduzierten Darstellung. Damit ist jedoch das Produkt aus Konstante und Sprungweite ftir Wasser vorgegeben. Is t der Weft const ebenfalls gleieh 1, dann w/~re die Sprungweite mit 50 A fiir das Wasser verh/fltnism/~Big groB. 1Vfan wiirde erwarten, dab der mittlere Abstand der Anlagerungs- stellen fiir Wasser im Polyamid; d. h. der polaren Gruppen, der etwa 6-8 /~ betrg@, maBgebend sein sollte. Man kSnnte die 50 _~ so verstehen, dab ein aktiviertes Wasser- molekiil rasch bis zu einer noch nieht ab- gesgttigten Gruppe weiterwandert. Und da die meisten Gruppen abges/~ttig~ sind, muB es ein Mehrfaches des Abstandes yon 8 A laufen (22).

Die Eintragung tier Quellung in die redu- zierte Darstellung erm6glicht nun aueh eine Bestimmung der Diffusionskoeffizienten als Funktion bei konstanter Temperatur. In Abb. 10 sind diese Diffusionskoeffizienten gestrichelt eingezeiehnet. Die Korrektur- faktoren sind in diesem Bereieh aus Abb. 9 entnommen. Die Berechnung wurde auf den Existenzbereich der iibereinstimmenden Zu- st/~nde beschr/~nkt, d. h. bis zu ca. 4 g Wasser- gehalt pro 100 g Polymeres, da fiir hShere Konzen~ration Anomalien der Konzentra- tionsabh/~ngigkeit an beiden experimentellen Diffusionskoeffizienten, die ebenfalls ein- getragen sind, auftreten. Eine weitere Extra- polation erscheint daher fraglich.

In Abb. 10 sind auBerdem auch die Kurven eingetragen, die man fiir die Abh/~ngigkeit der Frequenzlage der Maxima yon Haupt- , Neben- und Tieftemperaturgebiet dielek- trisch finder. Die Frequenzskala 1/~Bt sieh - wie angedeutet (linke Ordinate) - leieht in eine Skala der Diffusionskoeffizienten (rechts) umreehnen, und dieselben Kurven wiirden dann den Werten Dkor~ mit der festgelegten GrSBe yon const und Sprungweite entspre-

chen, wenn sie dem Haupt- , Neben- und Tieftemperaturmaximum respektiv zuzu- schreiben wgre.

Man sieht, dab sich die gestrichelte Kurve ziemlich gut parallel zum Nebendispersions- gebiet anordnet nnd bei ldeinsten Quellungs- werten die Tendenz des Ubergangs zum hShe- ten Weft des Tieftemperaturgebietes besitzt.

V m a x

I 0 ?

I06

105

104

103

102

sec -] 2 - T.D. D cm

s e c

_ ]0 -6

_ lO - 7

'~ ~ ' ~ ND. -- 10 .8

b P

D Q lo-9

H.D.

10-10

10-11

100gPo[ym

Abb. 10. Frequenzlage der Verlustmaxima ffir die drei Dispersionsgebiete als Funktion der Wasserkonzentra- tion in 6-Nylon bei konstanter Temperatur (Ordinate links). HD = Hauptdispersionsgebie~ - ND = Neben- dispersionsgebiet - TD = Tieftemperaturdispersions- gebiet. Die rechte Ordinatenachse gibt die Umrechnung dieser Vmax-Werte in Diffusionskoeffizienten gem/~B G1. [9] an. DP und D@ sind die Werte, die aus Permeation und Quellung gemessen wurden. D ist der Verlauf, der sich aus den experimentellen Werten DP und D@ unter Verwendung der Korrekturfaktoren, gewonnen mit Hilfe der reduzierten Darstellung (Abb. 1) und mit

Abb. 9 ergib~

Oberhalb 6 g wurde D nicht berechnet, da dann Anomalien (s. o.) auftreten und die Kine- tik yon Neben- und ttauptdispersion sich /~berlagert.

Offensichtlich wird die Diffusion im Ma- terial bei verschiedenen Quellungsgraden in den Bereichen ablaufen, deren Bewegung dem maBgebenden Dispersionsgebiet entspricht; bei kleineren Quellnngsgraden in Bereiohen

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106 Kolloid-Zeitschrift und Zeitschrift fi~r Polymere, Band 181 �9 Heft 2

mit einem Bewegungszustand gemgB dem des Nebendispersionsgebietes. Bei fast trockenem Material hat sich die Kinetik des Neben- dispersionsgebietes in die des Tieftemperatur- gebietes umgewandelt. Letztere allein ist ffir die Stickstoffdiffusion maBgebend.

5. SchluSbetrachtung Das vorliegend diskutierte Modell wurde

auf Grund unserer Ergebnisse am 6-Nylon en~wickelt. Es wird jedoeh nicht nur ffir dieses spezielle Material gelten.

Man kennt das Auftreten yon Knicken in der Auftragung der Logarithmen der Diffu- sionskoeffizienten gegen die reziproke Tem- peratur ffir Temperaturen, bei denen das betreffende Material Zustandsi~nderungen zeigt, sehon seit t/ingerem (23). Damit ist zwar sehon l~nger erwiesen, dab Diffusion und andere Vorg~nge, die auf Platzwechsel beruhen, eng zusammenhiingen. Die vor- stehenden Betrachtungen zeige.l.1 aber, dal~ der Zusammenhang dureh die Uberstruktu- ren in Polymeren nieht so fibersichtlich ist, wie man zun~chst vermutet hat.

Es scheint am besten, wenn man sich ffir ein gegebenes Material zuns einen mSg- liehst umfassenden Uberbliek - etwa aus di- elektrisehen oder mechanisehen Relaxations- messungen - fiber die Platzwechselkinetik in Abhgngigkeit yon der Temperatur versehafft. Die Kombination dieser Kenntnis mit Struk- turuntersuchungen, aus denen kristalline und amorphe Texturen erschlossen werden kSn- hen, seheint dann die Deutung des Diffu- sionsverhaltens zu erlauben. Das ffihrt dann jeweils zu Betrachtungen, wie sie bier an 6-Nylon als Beispiel im einzelnen dureh- geffihrt wurden.

Wir hs gezSgert, dieses Modell derart im einzelnen darzulegen, wenn sich nicht mit seiner ttilfe zwanglos aueh weitere Erfah- rungen verstehen liel~en. Die Diffusion in Polystyrol, PVC und Polyterephthals~ure- ester zeigt Anomalien, die sioh mit dem Modell erkls lassen. Sowohl thermisehe Vorbehandlung, als Verstrecken (24), Lage- rung oder Quellung ver~ndern die Diffusion. Sie ver~ndern ebenso das dielektrische (24) oder mechanische Verhalten. Auch diese Parallelen lassen sieh mit dem Modell inter- pretieren.

Es ist ferner bekannt, dai~ Kristallisation nicht unbedingt eine Verringerung der Diffu- sion bedeutet. Z. B. vernetzte Polyurethane erweisen sich im kristallisierten Zustand durehliissiger als im amorphen Zustand (25).

Diffusion besteht in einem statistischen Springen der diffundierenden Molekfile. Ein Diffusionskoeffizient ist daher statistisch definiert, d. h. nur ffir Bereiche, die grog gegen molekulare Abmessungen, klein gegen die Abmessungen der untersuchten Proben sind. W~hrend z. B. ffir dielektrische Relaxa- tion die versehiedene Kinetik versehiedener Bereiche sieh einfach fiberlagert, ist diese Uberlagerung fiir die Diffusion dutch die Einflfisse der jeweiligen Textur stark modi- fiziert.

Wir haben auch versucht, ob man unter der Annahme yon Volumanteilen mit ver- schiedener Kinetik verschiedene Korrekturen ffir Diffusionskoeffizienten aus station~ren und Anlaufvorg~ngen aufstellen kann. Die ersteren errechnen sieh ja unter Verwendung des ersten, die letzteren unter Verwendung des zweiten Ficksehen Gesetzes. Aber aueh die Textur der Bereiehe verschiedener Platz- wechselkinetik ver~ndert sich mit Temperatur und Quellung. Man kann zwar unter gewissen Bedingungen plausible Dimensionen ffir die Anisotropie nnd ffir die Veri~nderung der Tex- turparameter mit der Temperatur finden. Doch seheinen uns diese Folgerungen noeh zu hypothetiseh und zu wenig dureh unab- h~ingiges Beobachtungsmaterial stfitzbar, so da~ wir auf die detaillierte Darstellung hier verzichten.

Wit sind zu verbindliehem Dank fiir die ErmSgliehung und Unterstiitzung der Durch- ffihrung vorgenannter Arbeiten fiber die Diffusion in Polymeren der Max-Buchner- Forsehungs-Stiitung und der Deutsehen For- schungsgemeinschait ffir sacMiehe und per- sonelle ttilfe zutiefst verpfiichtet. Ffir saeh- liehe Unterstfitzung danken wir ferner dem Fends der Chemisehen Industrie und der Arbeitsgemeinscha]t der Deutschen Kunststo#- Industrie bzw. dem Verband Kunststo#erzeu- gender Industrie. Den Firmen Badische Ani- lin- und Soda/abriken AG, Farben/abriken Bayer AG, Farbwerken Hoeehst AG, der Firma Kalle & Co. danken wir ftir die Uberlassung yon Untersuehungsmaterial.

Zusammen]assung In vorliegender Arbeit, Toil II einer Betraehtung

fiber Diffusion und Struktur in 6-Nylon, wurde der Zusammenhang zwisehen Diffusionsverhalten und Rel~xationsverhaRen diskutiert. Aus der Relaxation lassen sich Vorstellungen fiber die innere I4:inetik, fiber die thermisehe Bewegung in Polymeren ableiten. Da die Diffusion kleiner Molekfile auf den statistischen St61]en, die diese durch das po]ymere Ne~z erfahren, beruht, kann man Diffusionskoefiizienten abseh~tzen, jeweils einen ffir jedes Dispersionsgebiet. Die gemesse- nen Diffusionskoeffizienten sind jedoeh nieht nur -~ber-

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Schwab und KlingelhSffer, IR-spektrosko2~ische Messung der Ammoniakadsorption an Cellulose 107

lagerungen dieser drei fiir das Nylon enbsprechend den drei Dispersionsmaxima bereehneten Diffusionskoeffi- zienten, sie sind vielmehr noch modifiziert durch die Textur im Material: Bereiehe geringer und starker Durehdringbarkeit schachteln sich ineinander und ver- ursachen, dab die kleinen Molekfile Umwege durch- laufen miissen, wenn sich Konzentrationsdifferenzen ausgleichen. Die Verwendung der in Tell I gewormenen reduzierten Darstellung fiir den Quotienten aus den Diffusionskoeffizienten fiir stationi~re und ffir Anlauf- prozesse erlaubt, ohne hypothetische Korrekturfakto- ren fiir die Diffusionskoeffizienten und damit nicht ge- niigend exakt gesicherte Beziehungen anwenden zu miissen, eine durchaus plausible Zuordnung gemessener Diffusionswerte und der aus dem Relaxationsverhalten bereehneten.

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24) Mi~ller, F. H. u. yon Dahl W. W., Z. Elektro- chem. 65, 652 (1961).

25) Hellmuth, E. (noch unverSffentlichte Messungen).

Aus dem Institut der Papiertechnischen Sti/tung, 8000 Miinchen

Die IR-spektroskopische Messung der Ammoniakadsorption an Cellulose

I. Problemstellung G r e n z f l ~ c h e n r e a k t i o n e n sp i e l en be i d e r

Ce l lu lose fase r a ls k o l l o i d e m S y s t e m e ine en t - s e h e i d e n d e Ro l l e . Vie le p r a k t i s c h e P r o b l e m e d e r P a p i e r e r z e u g u n g , wie z. B. d ie A b h ~ n g i g - k e i t d e r v e r s c h i e d e n e n P a p i e r e i g e n s c h a f t e n y o n d e r A r t d e r A u s g a n g s s t o f f e u n d d e r e n V o r b e h a n d l u n g , o d e r a u c h F r a g e n d e r P a p i e r - v e r e d l u n g s i n d n u r be i ] 3e r i i ck s i ch t i gung d e r a u f t r e t e n d e n Grenzfl~ichen u n d Grenz f l~chen- k r ~ f t e r i e h t i g zu v e r s t e h e n .

M a B g e b e n d s i n d : d i e r e ~ k t i o n s f / i h i g e Ober - fl / iehe d e r Ce l lu lose fa se r u n d d i e be i e i n e r R e a k t i o n w i r k s ~ m e n Ober f l / i chenkr~ f t e .

Jede Cellulosefaser besitzt eine yon der ~uBeren geometrischen Oberfl~che abweichende ,,innere" Ober- fl&ehe. Bei einer Reaktion mit Molekfilen oder such kolloiden Teilchen wird jedoch im allgemeinen nur ein Tell der inneren Oberflache wirksam werden; delm nur bei kleineren Molekfilen ist eine ann/~hernd lfickenlose Besetzung s~mtlicher reaktionsfahiger Stellen m6glich.

Von O. S c h w a b u n d H . K l i n g e l h S / / e r

Mit 10 Abbildungen und 1 Tabelle

(Eingegangen am 23. September 1961)

AIs ein Fall einer teilweisen Oberfli~chenreaktion ist die Zusammenlagerung yon Cellulosefasern zu einem Faserverband anzusehen. W~hrend durch einen Tell der inneren Faseroberfl~ehe die Bindung zwischen den Fasern vermittelt wird, bleibt die ungebundene Faser- oberfl~che ffir weitere Reaktionen frei. Es muB so ein Zusammenhang zwischen der GrTBe der gebundenen Oberfli~che und den mechanischen Eigenschaften des Faserverbandes bestehen. Fiir die Bestimmung der ungebundenen Faseroberfli~ehe wurden eine Reihe yon Verfahren angegeben, kritisch zusammengefaBt yon Mason (28) und Swanson (36).

Bestimmt die GrSBe der reaktionsf~higen Oberfl~che den Umfang der Oberfli~ehenreaktion, so wird dutch die auftretenden Kr~fte zwischen den Reaktionspart- nern der Charakter der Reaktion bestimmt, Bei der Adsorption als reversibler Grenzfl~chenreaktion wird man daher zwischen physikalischer Adsorption und Chemisorption zu unterscheiden haben, je naehdem ob Neben- oder Hauptvalenzkr~fte wirksam werden.

Der Bestimmung yon Oberfliichenkr~i/ten, die die Bindung verschiedenartiger Molekiile an Cellulose be- wirken, wurde bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist zwar ein teilweiser Vergleich der Adsorptions- f~higkeit miner grSBeren Anzahl yon Substanzen an