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56 AGRARForschung Pflanzen Franz Xaver Schubiger, Philipp Streckeisen und Beat Boller, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau, Reckenholz (FAL), CH-8046 Zürich Auskünfte: Franz Xaver Schubiger, E-Mail: [email protected] Fax: +41 (0)1 377 72 01, Tel. +41 (0)1 377 73 33 Rostkrankheiten der Raigräser AGRARForschung 10 (2): 56-61, 2003 Zusammenfassung K ronenrost (Puccinia coronata f. sp. lolii) ist die wichtigste Rostkrankheit der Raigräser. Der Zwischenwirt dieses wirtswechselnden Pilzes ist der Kreuzdorn (Rhamnus catharti- ca). Resistenz gegen Kronenrost ist in der Gräserzüchtung eines der wichtigsten Zuchtziele. Wir prüften, inwiefern verschiedene Kronenrost-Populationen aus der Schweiz auf Italienischem, Bastard- und Englischem Raigras Krankheiten verursachen. Zwischen den 26 geprüften Sorten gab es signifikante Unterschie- de. Die meisten Schweizer Züchtungen waren wenig befallen. 16 Sorten zeigten, je nach Rostherkunft, eine signifikant verschie- dene Befallsstärke. Die Wirtsart und die Sorte, auf welcher der Kronenrost gesammelt wurde, hatten einen wesentlichen Ein- fluss auf die Befallsstärke der geprüften Raigrassorten. Aufgrund dieser Resultate konnten wir die Rostherkünfte in drei Gruppen einteilen. Rostpilze leben als obligat bio- trophe Parasiten auf Farnen und Blütenpflanzen. Ihr Name leitet sich ab von den orangebraunen Sporenlagern auf den infizierten Pflanzen. Einige Rostarten ge- hören zu den Verursachern der ökonomisch wichtigsten Er- krankungen unserer Kultur- pflanzen. Auch unsere Futter- und Rasengräser werden von Rostpilzen befallen. Wirtschaft- lich bedeutsam sind vor allem der Kronenrost (Puccinia coro- nata), der Schwarzrost (Pucci- nia graminis) und der Braunrost (Puccinia loliina). Ertragsein- bussen, schlechte Schmackhaf- tigkeit des Futters und damit auch eine reduzierte Futterauf- nahme durch das Vieh sind unter anderem die Folgen (O’Rourke 1975). Eine frühzeitige Nutzung der Futterflächen reduziert das spo- renbildende Blattmaterial und kann somit ein epidemisches Auftreten des Rostes verhindern (Carr et al. 1972). Die wirksam- ste Bekämpfungsmassnahme ist aber die Verwendung von resis- tenten oder toleranten Grassor- ten. Rostresistenz ist denn auch ein sehr wichtiges Merkmal in der Futterpflanzenzüchtung und in der Sortenprüfung von Futter- pflanzen. Die häufigsten Rostpilze auf Raigräsern Ernst Gäumann (1959) erwähnte in seinen Beiträgen zur Krypto- gamenflora der Schweiz fünf verschiedene Lolium sp. bewoh- nende Rostarten: Puccinia glu- marum (Gelb- oder Streifenrost) Abb. 1. Entwicklungs- zyklus des Kronenros- tes (Puccinia coronata): Auf den Blättern der Raigräser entstehen Uredosporen (a) und Teleutosporen (b). Nach einer Keimruhe keimen letztere aus mit einer Basidie und je vier Basidiosporen (innerer Kreis b). Basidiosporen befallen den Zwischenwirt Kreuzdorn (Rhamnus cathartica) und bilden dort Spermogonien (c) und Aecidien (d). (Fotos: Franz X. Schubiger, FAL)

Pflanzen - agrarforschungschweiz.ch · in seinen Beiträgen zur Krypto-gamenflora der Schweiz fünf verschiedene Lolium sp. bewoh-nende Rostarten: Puccinia glu-marum (Gelb- oder Streifenrost)

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56 AGRARForschung

PflanzenFranz Xaver Schubiger, Philipp Streckeisen und Beat Boller, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau,Reckenholz (FAL), CH-8046 ZürichAuskünfte: Franz Xaver Schubiger, E-Mail: [email protected] Fax: +41 (0)1 377 72 01, Tel. +41 (0)1 377 73 33

Rostkrankheiten der Raigräser

AGRARForschung 10 (2): 56-61, 2003

Zusammenfassung

Kronenrost (Puccinia coronata f. sp. lolii) ist die wichtigsteRostkrankheit der Raigräser. Der Zwischenwirt dieses

wirtswechselnden Pilzes ist der Kreuzdorn (Rhamnus catharti-ca). Resistenz gegen Kronenrost ist in der Gräserzüchtung einesder wichtigsten Zuchtziele. Wir prüften, inwiefern verschiedeneKronenrost-Populationen aus der Schweiz auf Italienischem,Bastard- und Englischem Raigras Krankheiten verursachen.Zwischen den 26 geprüften Sorten gab es signifikante Unterschie-de. Die meisten Schweizer Züchtungen waren wenig befallen. 16Sorten zeigten, je nach Rostherkunft, eine signifikant verschie-dene Befallsstärke. Die Wirtsart und die Sorte, auf welcher derKronenrost gesammelt wurde, hatten einen wesentlichen Ein-fluss auf die Befallsstärke der geprüften Raigrassorten. Aufgrunddieser Resultate konnten wir die Rostherkünfte in drei Gruppeneinteilen.

Rostpilze leben als obligat bio-trophe Parasiten auf Farnen undBlütenpflanzen. Ihr Name leitetsich ab von den orangebraunenSporenlagern auf den infiziertenPflanzen. Einige Rostarten ge-hören zu den Verursachern derökonomisch wichtigsten Er-krankungen unserer Kultur-pflanzen. Auch unsere Futter-

und Rasengräser werden vonRostpilzen befallen. Wirtschaft-lich bedeutsam sind vor allemder Kronenrost (Puccinia coro-nata), der Schwarzrost (Pucci-nia graminis) und der Braunrost(Puccinia loliina). Ertragsein-bussen, schlechte Schmackhaf-tigkeit des Futters und damitauch eine reduzierte Futterauf-

nahme durch das Vieh sind unteranderem die Folgen (O’Rourke1975).

Eine frühzeitige Nutzung derFutterflächen reduziert das spo-renbildende Blattmaterial undkann somit ein epidemischesAuftreten des Rostes verhindern(Carr et al. 1972). Die wirksam-ste Bekämpfungsmassnahme istaber die Verwendung von resis-tenten oder toleranten Grassor-ten. Rostresistenz ist denn auchein sehr wichtiges Merkmal inder Futterpflanzenzüchtung undin der Sortenprüfung von Futter-pflanzen.

Die häufigsten Rostpilzeauf RaigräsernErnst Gäumann (1959) erwähntein seinen Beiträgen zur Krypto-gamenflora der Schweiz fünfverschiedene Lolium sp. bewoh-nende Rostarten: Puccinia glu-marum (Gelb- oder Streifenrost)

Abb. 1. Entwicklungs-zyklus des Kronenros-tes (Puccinia coronata):Auf den Blättern derRaigräser entstehenUredosporen (a) undTeleutosporen (b).Nach einer Keimruhekeimen letztere aus miteiner Basidie und jevier Basidiosporen(innerer Kreis b).Basidiosporen befallenden ZwischenwirtKreuzdorn (Rhamnuscathartica) und bildendort Spermogonien (c)und Aecidien (d).(Fotos: Franz X.Schubiger, FAL)

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P. loliicola, P. coronata (Kro-nenrost), P. graminis (Schwarz-rost) und P. loliina (Braunrost).Die drei letzten fanden wir wäh-rend den vergangenen Jahren re-gelmässig in unseren Zuchtgär-ten. Sie sind auch weltweit diehäufigsten Rostarten der Gat-tung Lolium.

Lebenszyklusdes KronenrostesNach Potter et al. (1990) kommtder Kronenrost (Puccinia coro-nata Corda f. sp. lolii Brown)der Gräser in allen Anbaugebie-ten von Englischem und Italie-nischem Raigras weltweit vorund ist einer der wichtigstenpilzlichen Krankheitserreger derRaigräser. Kronenrost ist einwirtswechselnder Pilz mit voll-ständigem Lebenszyklus. Abanfangs Juli erscheinen auf denBlättern kleine, kaum 0,5 mmlange, lebhaft orangefarbeneLager von Sommersporen (Ure-dosporen, Abb. 1a). Am Randeder Lager sind unter dem Mi-kroskop keulenförmige ste-rile Zellen (Paraphysen) er-kennbar. Die Uredosporen sindrundlich bis rundlich-oval undbesitzen sechs bis zehn Keim-poren, die über die ganze Ober-fläche verteilt und meist sehrschwer sichtbar sind.

In der Schweiz kann währenddes dritten und vierten Auf-wuchses eine epidemieartigeAusbreitung des Kronenrostesbeobachtet werden. Gegen Endedes Sommers nimmt die Bildungvon Uredosporen ab, so dass derHerbstaufwuchs häufig schwä-cher mit Kronenrost befallen ist.An ihrer Stelle entstehen, vor-wiegend auf der Blattunterseite,zahlreiche kleine schwarzeTeleutosporenlager. Die Teleu-tosporen sind zweizellig und be-sitzen charakteristische scheitel-ständige Fortsätze (Abb. 1b undAbb. 2). Sie überwintern aufPflanzenmaterial und keimen imFrühling mit Basidien aus, wo-bei je vier Basidiosporen mit ein-

fachem Chromosomensatz ge-bildet werden. Die Basidiospo-ren keimen auf dem Zwischen-wirt Kreuzdorn (Rhamnus ca-thartica), dringen direkt in dasBlatt ein und bilden auf derBlattoberseite Spermogonien(Abb.1c), in denen Spermatienund Empfängnishyphen gebildetwerden. Nach der Befruchtungder Empfängnishyphen durchkompatible Spermatien entwi-ckeln sich Aecidien (Abb. 1d), indenen Aecidiosporen wachsen.Diese Sporen infizieren nunwiederum den Hauptwirt, dieRaigräser. Auf dem Zwischen-wirt können durch Genrekombi-nation neue Rassen entstehen.Für die Züchtung von resistentenRaigräsern ist dies ein besonderswichtiger Aspekt.

Kronenrost ist für die Über-winterung nicht unbedingt aufden Zwischenwirt angewiesen.Es wird angenommen, dass erauch in Form von Uredosporenoder als Myzel in lebendenPflanzen den Winter überdau-ern kann.

Entwicklungdes SchwarzrostesDer Schwarzrost (Pucciniagraminis f. sp. graminicola) istebenfalls ein wirtswechselnderRostpilz mit vollständigem Le-benszyklus. Im Gegensatz zumKronenrost benutzt derSchwarzrost die Berberitze(Berberis vulgaris) als Zwi-schenwirt. Von Juli bis Okto-ber wachsen auf den Blättern,Blattscheiden und Halmen derGräser gelbbraune bis kaffee-braune Uredolager. Sie sindzwei bis drei Millimeter lang,also deutlich länger als diejeni-gen des Kronenrostes. Die Ure-dosporen sind länglich und be-sitzen meist vier kreuzweiseam Aequator angeordneteKeimporen. Gegen Ende desSommers entstehen vorwie-gend auf den Blattscheiden undHalmen schwarze Teleutospo-renlager. Die Teleutosporen

überwintern auf dem Pflanzen-material, keimen und infizie-ren die Berberitze. Die weitereEntwicklung ist gleich wiebeim Kronenrost.

Wenig erforschterBraunrostDer Braunrost (Puccinia loliina)tritt bei uns früher im Jahr auf alsdie beiden anderen Rostarten.Erste Uredolager erscheinenbereits im April, sind bis 0,5 mmlang, gelbbraun und befindensich meistens nur auf der Blatt-oberseite. Die Uredosporen be-sitzen acht bis zehn unregelmäs-sig verteilte Keimporen. Ab an-fangs Juni erscheinen auf derBlattunterseite kleine, schwarzeTeleutosporenlager, die langevon der Epidermis bedeckt sind.Die weitere Entwicklung ist un-bekannt, ein Zwischenwirtkonnte bis heute nicht nachge-wiesen werden. Das Befallsbilddes Braunrostes ähnelt dem desKronenrostes. Eine sichere Un-terscheidung ist nur anhand derUredo- und vor allem der Teleu-tosporen möglich.

Abb. 2. Die scheitel-ständigen Fortsätzeder Teleutosporen desKronenrostes(Puccinia coronata)bilden ein Krönchenund gaben dem Pilzseinen Namen. (Foto:Franz X. Schubiger,FAL)

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Physiologische RassenRostpilze haben eine ausgepräg-te Fähigkeit zur physiologischenSpezialisierung. Innerhalb einerRostart gibt es formae speciales(f. sp.), welche jeweils nur be-stimmte Pflanzenarten befallen.Eine weitere Spezialisierungführt zu den physiologischenRassen, die anhand von ausge-wählten Wirtspflanzen identifi-ziert werden können. Beim Kro-nenrost des Hafers (P. coronataf. sp. avenae) wurden zum Bei-spiel 290 Rassen unterschieden(Michel und Simons 1977). EineIdentifizierung von Rassen in-nerhalb der forma specialis, wel-che Raigräser befallen, ist auf-wändig, weil es sich um fremdbefruchtende Wirtspflanzen han-delt. Die Evolution von Rassenmit neuer Virulenz ist eine Her-ausforderung für die Graszüch-ter. Eine ständige Überwachungder Rostpopulation ist nötig, umvoraussagen zu können, ob dieResistenz einer neuen Sorte dau-erhaft sein wird oder nicht. Wirhaben die Pathogenität von ver-schiedenen Kronenrostherkünf-ten auf Italienischem (Loliummultiflorum var. italicum), Bas-tard- (L. x hybridum) und Engli-schem Raigras (L. perenne) ge-prüft und Unterschiede zu iden-tifizieren versucht.

TestmethodeUredosporen von Kronenrostwurden an fünf verschiedenenOrten auf Italienischem oderEnglischem Raigras gesammelt(Tab. 1). Die Sporen vermehrtenwir entweder auf ihren ur-

sprünglichen Wirtspflanzen, diewir im Freiland ausstachen undim Gewächshaus weiter kulti-vierten, oder auf Pflanzen derje-nigen Sorte, auf welcher wir dieSporen gesammelt hatten. DieRostherkunft aus Oensingenwurde sowohl auf ihrem ur-sprünglichen Wirt, die Sorte Ari-on (PCO LP 06), als auch auf derSorte Merlinda (PCO LP 06.01)vermehrt. Die Uredosporen wur-den von den Blättern abgesaugtund bei –80 ˚C bis zur Inokula-tion der Pflanzen gelagert.

Zehn verschiedene Sorten Itali-enisches, fünf Sorten Bastard-und elf Sorten Englisches Rai-gras wurden im Gewächshausin Töpfen mit je zwölf Pflanzenangezogen. Vier Wochen nachder Saat wurden die Pflanzenzurückgeschnitten und bis zurInokulation nochmals zweiWochen wachsen gelassen. DieUredosporen wurden in Soltrol170® suspendiert und auf diePflanzen gesprüht. Pro Rosther-kunft und Prüfsorte wurden jevier Töpfe mit total 48 Pflanzeninokuliert. Zwei Wochen nachder Inokulation wurde der Rost-befall jeder Pflanze mit einerNote von 1 bis 9 bonitiert: 1 =keine sichtbaren Symptome, 9 =sehr anfällig, grosse Uredola-ger. Für jede Sorte und Rosther-kunft wurde die mittlere Be-fallsstärke berechnet.

Schweizer Sorten sindresistenterIn den Abbildungen 3 bis 5 istder sehr unterschiedliche Rost-

befall der geprüften Raigrassor-ten dargestellt. Da die RaigräserFremdbefruchter sind, handeltes sich bei den Sorten um Popu-lationen mit stark heterozygo-ten Pflanzen. Es erstaunt des-halb nicht, dass innerhalb derSorten grosse Unterschiede imBefall zwischen den 48 geprüf-ten Pflanzen vorkamen. DieSorten des Italienischen Raigra-ses wiesen insgesamt ein tiefe-res Befallsniveau auf als dieje-nigen des Englischen Raigra-ses. Das Bastard-Raigras nahmeine Mittelstellung ein.

Die Varianzanalyse über dieSortenmittelwerte und Rosther-künfte ergab für die drei Raigras-arten signifikante Unterschiedein der Befallsstärke sowie signi-fikante Wechselwirkungen zwi-schen Sorte und Rostherkunft:

Italienisches Raigras: DieSorte Alces war die am wenigs-ten befallene Sorte des Italieni-schen Raigrases. Die übrigenSchweizer Züchtungen zeigtenebenfalls nur einen geringenRostbefall. Auffallend war aller-dings der leicht höhere Befallder beiden ältesten geprüftenSchweizer Sorten Ellire und Tu-rilo. Ligrande und Lema, beidesdeutsche Züchtungen, waren dieanfälligsten Sorten.

Bastard-Raigras: Innerhalbdieser Gruppe wurden geringereUnterschiede in der Befallsstär-ke festgestellt als beim Italieni-schen Raigras. Die jüngste ge-prüfte Schweizer Sorte, Ibex,war die resistenteste.

Englisches Raigras: DieSchweizer Züchtung Salamand-ra war in unseren Versuchen dieresistenteste Englische Raigras-sorte und Aurora die anfälligste.

Die Italienischen Raigrassortenzeigten gegenüber den geprüftenKronenrostherkünften eher einehorizontale Resistenz: Die rela-tiven Unterschiede in der Resis-

Tab. 1. Geprüfte Kronenrostherkünfte (Puccinia coronata)LI = Lolium multiflorum var. italicum, LP = Lolium perenne, cv. = Sorte

Kronenrostherkunft Ort gesammelt auf vermehrt auf

PCO LI 01 Regensdorf LI Ökotyp Original Wirtspflanze

PCO LP 05 Zürich LP cv. Lacerta cv. Lacerta

PCO LP 06 Oensingen LP cv. Arion cv. Arion

PCO LP 06.01 Oensingen LP cv. Arion cv. Merlinda

PCO LI 09 Männedorf LI Ökotyp Original Wirtspflanze

PCO LI 10 Ellighausen LI cv. unbekannt cv. Ligrande

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tenz gegen die geprüften Rost-herkünfte war bei allen Sortenähnlich. Bei den Bastard- undEnglischen Raigrassorten konn-ten hingegen neben horizontalerauch rassenspezifische Resis-tenz festgestellt werden. ZumBeispiel reagierten die SortenLacerta und Aubisque unter-schiedlich auf einen Befall durchPCO LP 05 und PCO LP 06.

Die meisten Sorten wurdenbereits in der schweizerischenSortenprüfung für Futterpflanzenauf ihre Rostanfälligkeit geprüft(Lehmann et al. 2000 und 2001).Obwohl in den Sortenprüfungs-resultaten beim Italienischen wieauch beim Bastard-Raigras einegemeinsame Note für Blattfle-cken- und Rostresistenz angege-ben wird, zeigt ein Vergleich derbeiden Resultate eine ziemlichgute Übereinstimmung.

UnterschiedlichePathogenitätFünf Sorten des Italienischen,vier des Bastard- und sieben desEnglischen Raigrases zeigten si-gnifikante Unterschiede in derBefallsstärke, verursacht durchdie sechs Rostherkünfte (Abb. 3bis 5). Auffallend war der relativschwache Befall der Italieni-schen Raigrassorten mit den bei-den Rostherkünften PCO LP 06und PCO LP 06.01 aus Oensin-gen. Im Gegensatz dazu war dasBefallsniveau der EnglischenRaigrassorten bei diesen beidenRostherkünften deutlich höherund bei den fünf Sorten Arion,Aubisque, Meltra, Condesa undPastoral sogar signifikant höherals bei den vier anderen Rosther-künften. PCO LP 06.01 verur-sachte auf den meisten Sorteneine leicht höhere Befallsstärkeals PCO LP 06. Die für die Ver-mehrung gewählte Grassortescheint aber die Wirtsspezifitätder Rostpopulation nicht zu be-einflussen.

PCO LP 05, eine in Zürich aufder Englischen Raigrassorte La-

Abb. 3. Durchschnittli-che Befallsstärke vonzehn Sorten Italieni-schem Raigras(Lolium multiflorumvar. italicum) mitsechs verschiedenenHerkünften desKronenrostes(Puccinia coronata).

1 = keine sichtbaren Symptome, 9 = sehr anfällig, grosse Uredolager* signifikante Unterschiede in der Befallsstärke zwischen den Rostherkünften innerhalbeiner Sorte: * p < 0,05 und ** p < 0,01; n.s. = nicht signifikant

Abb. 4. Durchschnittli-che Befallsstärke vonfünf Sorten Bastard-Raigras (Lolium xhybridum) mit sechsverschiedenenHerkünften desKronenrostes(Puccinia coronata).

1 = keine sichtbaren Symptome, 9 = sehr anfällig, grosse Uredolager;* signifikante Unterschiede in der Befallsstärke zwischen den Rostherkünfteninnerhalb einer Sorte: * p < 0,05 und ** p < 0,01; n.s. = nicht signifikant

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Abb. 6. Durchschnittli-che Befallsstärke vonsechs Rostherkünftenauf zehn Italienischenund elf EnglischenRaigrassorten (Säulenmit verschiedenenBuchstaben sindsignifikant verschie-den, p < 0,05).

certa gesammelte Rostherkunft,verursachte je nach Sorte einenunterschiedlichen Befall: AufLacerta und Nutria war der Be-fall signifikant höher als derjeni-ge der anderen fünf Herkünfte.PCO LP 05 infizierte zudem diemeisten Sorten des Italienischen

vergleichbar hohe Befallsstär-ken auf allen geprüften Sorten,die Sorte Meltra ausgenommen.

Drei Herkunftsgruppenbeim KronenrostDie sechs geprüften Kronen-rostherkünfte können wir folg-lich in drei Gruppen einteilen:

Eine erste Gruppe umfasstdie drei auf Italienischem Rai-gras gesammelten Rostherkünf-te PCO LI 01, 09 und 10. Vergli-chen mit den anderen Rosther-künften zeigten diese drei einenhohen Befall der Italienischenund einen tiefen Befall der Eng-lischen Raigrassorten (Abb. 6).

Die Herkunft PCO LP 05 un-terscheidet sich von den drei aufItalienischem Raigras gesam-melten Rostherkünften, indemdiese nicht nur die ItalienischenRaigrassorten sondern auch diebeiden Englischen Raigrassor-ten Lacerta und Nutria stark infi-zierten.

Die dritte Gruppe besteht ausden Rostherkünften PCO LP 06und 06.01. Sie zeigten einenschwachen Befall auf den Italie-nischen und einen kräftigen Be-fall auf den Englischen Raigrä-sern.

Das Vorkommen von physiolo-gischen Rassen, welche sich inihrer Pathogenität auf bestimm-ten Raigrassorten unterschei-den, wurde bereits von Wilkins(1978a und 1978b), Potter et al.(1990) und Clarke et al. (1997)gezeigt. Unterschiedliche Ras-sen scheinen in verschiedenenLändern zu dominieren. Amselben Ort können allerdingsauch mehrere Rostrassen vor-kommen (Simons und Michel1958). Ob unsere sechsRostherkünfte sich aus ver-schiedenen Rassen zusammen-setzen, muss noch gezeigt wer-den. Isolate von einer einzelnenPustel könnten diese Frage be-antworten.

Abb. 5. Durchschnittli-che Befallsstärke vonelf Sorten EnglischemRaigras (Loliumperenne) mit sechsverschiedenenHerkünften desKronenrostes(Puccinia coronata).

1 = keine sichtbaren Symptome, 9 = sehr anfällig, grosse Uredolager* signifikante Unterschiede in der Befallsstärke zwischen den Rostherkünften innerhalbeiner Sorte: * p < 0,05 und ** p < 0,01; n.s. = nicht signifikant

Raigrases stärker als die beidenanderen in Oensingen auf demEnglischen Raigras gesammel-ten Herkünfte.

Die drei auf Italienischem Rai-gras gesammelten Rostherkünf-te PCO LI 01, 09 und 10 zeigten

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SUMMARY

Rust diseases of ryegrass

In Switzerland the most common rust disease of Italian andperennial ryegrass is crown rust (Puccinia coronata f.sp.lolii). The alternate host of P. coronata is common buckthorn(Rhamnus cathartica). Breeding for resistance to crown rust isa major component of our ryegrass improvement program. Inorder to assess the variation in pathogenicity of crown rust andthe degree of host resistance to them, a range of Italian, hybridand perennial ryegrass cultivars was tested for their reaction toSwiss crown rust collections. Among cultivars, significantdifferences in susceptibility were observed. Most Swiss culti-vars showed a low infection level. For sixteen cultivars signif-icant differences in infection level between rust collectionsoccurred. Based on these results, three distinct groups ofcrown rust collections were identified. The host species, onwhich the urediospores were collected, had an importantinfluence on the infection type of the different cultivars.

Keywords: Ryegrass, crown rust, pathogenicity, physiologi-cal races

RÉSUMÉ

Les rouilles du ray-grass

La principale rouille du ray-grass est la rouille couronnée(Puccinia coronata f.sp. lolii). L’hôte intermédiaire de cettemaladie fongique est le nerprun purgatif (Rhamnus catharti-ca). La résistance à la rouille couronnée est l’un des plusimportants objectifs de la sélection du ray-grass. Dans cetarticle, nous décrivons le pouvoir pathogène de six différentessouches de rouille couronnée que l’on trouve en Suisse, sur 26variétés de ray-grass d’Italie, hybride et anglais. Entre lesvariétés examinées, des différences significatives de résistan-ce à la rouille couronnée sont apparues. La plupart des variétéssuisses semblent peu sensibles à la rouille couronnée. Lacomparaison de six souches de rouille couronnée a permis demettre en évidence de grandes différences du pouvoir patho-gène sur différentes variétés. Nous pouvons répartir les sou-ches en trois groupes. L’espèce et la variété sur laquelle larouille a été isolée ont eu un effet déterminant sur le degréd’infection des ray-grass examinés.

SchlussfolgerungenZusammenfassend kann folgen-des festgehalten werden:

Der Kronenrost ist in derSchweiz die wichtigste Rostartder Raigräser.

Zwischen den Sorten gibt essignifikante Unterschiede im Be-fall mit Kronenrost. Ältere Sortensind meist anfälliger. Rostpilzekönnen sich anpassen: heute re-sistente Sorten können morgenanfällig sein. Eine ständige Wei-terentwicklung der Raigrassortenist deshalb notwendig.

Verschiedene Rostherkünftehaben eine unterschiedliche Pa-thogenität. Für die Züchtung vonresistenten Sorten ist es deshalbwichtig, in den Gebieten, wo dieneuen Sorten angebaut werdensollen, die Entwicklung derRostpopulation zu überwachen.

Literatur

Clarke R.G., Villalta O.N. undHepworth G., 1997. Evaluation of re-sistance to five isolates of Pucciniacoronata f. sp. lolii in 19 perennialryegrass cultivars. Australian Journalof Agricultural Research 48, 191-198.

Gäumann E., 1959. Beiträge zurKryptogamenflora der Schweiz(Band XII): Die Rostpilze Mittele-uropas, Büchler und Co. 1407 S.

Lehmann J., Briner H.U., Schubi-ger F.X. und Mosimann E., 2000.Italienisches Raigras und Bastard-Raigras: Sortenversuche 97 bis 99.Agrarforschung 7 (3): 124-129.

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