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Physikalische Chemie - Atombau und Chemische Bindung Dr. Carsten Baldauf und Prof. Dr. Beate Paulus Wintersemester 2015/16

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Physikalische Chemie - Atombau undChemische Bindung

Dr. Carsten Baldauf und Prof. Dr. Beate Paulus

Wintersemester 2015/16

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Inhaltsverzeichnis

1 Klassische Atommodelle 51.1 Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.2 Schwarzer Strahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.3 Photoeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.4 Compton-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.5 Rutherfordsches Atommodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.6 Experimente für Elektronen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1.7 Bohrsches Atommodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2 Welle-Teilchen-Dualismus 212.1 Beschreibung von Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.2 Materiewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3 antentheorie 293.1 Teilchen im Kasten als Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3.2 Mathematische Grundlagen der Quantentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.3 Schrödinger-Gleichung für Systeme mit konstantem Potential . . . . . . . . . . 46

4 Wasserstoatom 594.1 Separation der Kern- und Elektronenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

4.2 Hamilton-Operator in Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

4.3 Bahndrehimpuls in der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

4.4 Radiale Lösung des H-Atoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

4.5 Wasserstofforbitale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

5 Magnetische Eigenschaen von Atomen 815.1 Magnetisches Moment der Bahnbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

5.2 Stern-Gerlach-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

5.3 Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

5.4 Spin-Bahn-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

6 Mehrelektronenatome 956.1 Elektronenabstoßung und Pauliprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

6.2 Aufbau des Periodensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

3

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Inhaltsverzeichnis

6.3 Spin-Bahn-Kopplung in Mehrelektronenatomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

6.4 Störungsrechnung zur Behandlung der Elektron-Elektron-Wechselwirkung . . 103

6.5 Variationsverfahren um Elektron-Elektron-Wechselwirkung zu behandeln . . . 107

6.6 Slater-Orbitale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

7 Chemische Bindung 1137.1 Hamilton-Operator für Moleküle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

7.2 Born-Oppenheimer-Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

7.3 Kernbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

7.4 Molekülorbitaltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

7.5 Hückel-MO-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

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1 Klassische Atommodelle

1.1 Historisches

• Griechen: Atom = unzerschneidbar

Demokrit, Plato, Aristoteles (≈ 400 v. Chr.)

• Atom spalten⇒ Kern↔ Elektronen

⇒ Keine Spektrallinien mehr⇒ kein Atom

a) Atomistik der Materie

• Prout (1801), Dalton (1807): Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen

⇒ Periodensystem der Elemente (Meyer, Mendelejev (1869))

b) Atomistik der Wärme

• Gay-Lussac (1809): Volumina gasförmiger Reaktionspartner verhalten sich wie kleine

ganze Zahlen

• Avogadro (1811): Hypothese⇒ Avogadro-Konstante

⇒ Kinetische Gastheorie (Clausius/Boltzmann (1870))

c) Atomistik der Elektrizität

• Faraday (1833): Elektrolyse von Flüssigkeiten

Abgeschiedene Stoffmenge proportional zur transportierten Ladung

Verschiedene Elemente werden von gleicher Elektrizitätsmenge in äquivalenten Ge-

wichten abgeschieden

⇒ ”Atome” der Elektrizität = Elektronen

d) Atomistik der Energie

• Max Planck (14.12.1900): Quantisierung der Energie

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1 Klassische Atommodelle

(a) Strahlung des schwarzen Körpers. Intensität abhängig von Fre-quenz ν bzw Wellenlänge λ

Spektrometer

(b) Messapparatur. ∆Ω = Öffnungswinkel des Detektors, ϑ = Raum-winkel der Strahlung

Abbildung 1.1: Strahlung des Schwarzen Körpers

1.2 Schwarzer Strahler

• Gemessen in Aufbau (Abb. 1.1a, 1.1b): Spektrale Flussdichte:

P(ν,T )dν = Strahlungsleistung in [ν+dν]Raumwinkel ⋅Flache

(1.1)

• Strahlungsenergiedichte:

u(ν,T )dν = Strahlungsenergie in [ν+dν]Volumen

(1.2)

= 8π

c

1

A cosθ∆ΩP(ν,T )dν (1.3)

• Ausgedrückt als Funktion der Wellenlänge mit ν = cλ und dν =− c

λ2 dλ:

u(ν,T )dν =u(λ,T ) c

λdλ (1.4)

• Form der Messkurve unabhängig von Material des Hohlraums

• Gesamtstrahlung des Hohlraums pro Flächeneinheit des Hohlraums:

S =σT 4 (1.5)

• Wiensches Verschiebungsgesetz:

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1.2 Schwarzer Strahler

Abbildung 1.2: Klassische und quantisierte Oszillatoren

λmaxT = const. = 0.29cmK (1.6)

Bsp: Sonne: T ≈ 6000K=480nm

• Rayleigh-Jeans-Gesetz:

u(λ,T ) ∼ T

λ4für große λ, aber keine Erklärung für kleine λ (1.7)

• Max Planck (1900): Atome in Wänden verhalten sich wie kleine, elektromagnetische

Oszillatoren (Prinzip Antenne)

⇒Dipolstrahlung

• Anregung der Oszillatoren hängt von Temperatur ab; Oszillatoren können nur diskrete

Werte annehmen (Abb. 1.2):

En =nhν (n ∈N, h = 6.626176×10−34 Js) (1.8)

• Für die Strahlungsenergiedichte ergibt sich damit:

u(T,λ)dλ = 8πhc

λ5

1

ehc

kTλ −1dλ (1.9)

u(T,ν)dν = 8πhν3

c3

1

ehνkT −1

dν (1.10)

• Zusammenfassend:

– Plancksche Formel erklärt Messkurve

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1 Klassische Atommodelle

– Besonderheit: Energie quantisiert

– Oszillatoren mit höherer Frequenz schwerer anzuregen

Abbildung 1.3: Plancksches, Wiensches und Rayleigh-Jeanssches Strahlungsgesetz. Wien- und Rayleigh-Jeans-Kurven für T = 6000K

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1.3 Photoeffekt

1.3 Photoeekt

• Hallwachs (1888): Befreiung von Elektronen aus Materie durch Licht (Photoeffekt)

• Anlegen einer Bremsspannung zur Bestimmung der kinetischen Energie der Elektro-

nen (Abb. 1.4d).

• Es gilt:

∣Emax∣ =1

2me v2 (1.11)

• Klassisch: Elektrisches Feld (= Spannung ∼√

Intensitat (Abb. 1.4b)) löst Elektronen

⇒ keine Grenzfrequenz. Sättigungsstrom ∼√

Intensität

• Erklärung: Einstein (1905, Nobelpreis 1921): Lichtquanten-Hypothese

– Energie der Photoelektronen frequenzabhängig: E = hν

– Anzahl der Photoelektronen intensitätsabhängig

• Photoelektronen treten nur auf, wenn

hν > hνGrenz = eUA (Austrittsarbeit (materialspezifisch)) (1.12)

• Energiebilanz:

hν = 1

2mv2+eUA (1.13)

(Mit hν = Energie des Lichtes, 12 mv2 = kinetische Energie der Elektronen, eUA = Aus-

trittsarbeit. Typische Austrittsarbeiten in Tab. 1.1).

Tabelle 1.1: Typische Austrittsarbeiten

Atom Austrittsarbeit WellenlängeLi 2.46eV 504nmCs 1.94eV 639nmCu 4.48eV 277nm

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1 Klassische Atommodelle

(a) Versuchsaufbau (b) Photostrom in Abhängigkeit von Intensität

(c) Photostrom für die Intensitäten I1 < I2 (d) Anlegen einer Bremsspannung U0. Der Photostrom be-ginnt bereits bei U0 < 0

Abbildung 1.4: Photoeffekt

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1.4 Compton-Effekt

1.4 Compton-Eekt

• Compton (1921): Streuversuche mit Röntgenlicht an Graphit (Abb. 1.5a)

• 2. Peak bei ϑ ≠ 0° mit anderer Frequenz (Abb. 1.5b)

• Fitformel:

∆λ =λC(1−cosϑ) (1.14)

λC = 2.4×10−12 m (1.15)

– ∆λ unabhängig von Primärwellenlänge λ0

– ∆λ unabhängig vom Material

– nur Intensität vom 2. Peak materialabhängig

⇒ nicht erklärbar mit Wellenbild des Lichtes

• Idee: Anwendung der Lichtquantenhypothese von Einstein

⇒ Licht als Teilchen mit Energie und Impuls

⇒ Lichtteilchen mit Elektron im Material: Elastischer Stoß (Abb. 1.5c)

• Energieerhaltung (Tab. 1.2):

hν+m0c2 = hν′+mc2 (1.16)

h(ν−ν′)+m0c2 =mc2 = m0c2

√1− v2

c2

(1.17)

h2(ν−ν′)2+2h(ν−ν′)m0c2+m20c4 = m2

0c4

c2−v2

c2

(1.18)

=m20c4 c2− v2+ v2

c2− v2(1.19)

=m20c4(1+ v2

c2− v2) (1.20)

h2(ν−ν′)2+2h(ν−ν′)m0c2 =m20c4 v2

c2− v2(1.21)

Tabelle 1.2: Energie- und Impulsbetrachtungen zum Compton-Effekt

Energie Impulsvor dem Stoß: Photon hν hν

cElektron m0c2 0 (relat. Ruheenergie)

nach dem Stoß: Photon hν′ hν′c

Elektron mc2 mv⎛⎝

m = m0√

1− v2

c2

⎞⎠

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1 Klassische Atommodelle

(a) Aufbau (b) Intensität des Compton-Peaks

(c) Stoß zwischen Photon und Elektron

Abbildung 1.5: Compton-Effekt

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1.4 Compton-Effekt

• Impulserhaltung (Tab. 1.2):

– x-Richtung:

c= hν′

ccosϑ+mv cosϕ (1.22)

⇒ cosϕ = 1

mv(hν

c− hν′

ccosϑ) (1.23)

– y-Richtung:

0 = hν′

csinϑ−mv sinϕ (1.24)

⇒ sinϕ = 1

mv

hν′

csinϑ (1.25)

• Quadrieren und Addition von (1.23) und (1.25):

1 = 1

m2v2(hν

c− hν′

ccosϑ)

2

+ 1

m2v2(hν′

csinϑ)

2

(1.26)

m2v2c2 = (hν)2−2h2νν′ cosϑ+(hν′)2 cos2ϑ+(hν′)2 sin2ϑ (1.27)

m20c4 v2

c2− v2= (hν)2−2h2νν′ cosϑ+(hν′)2 (1.28)

• rechte Seite Energieerhaltung (1.21) ≡ linke Seite Impulserhaltung (1.28):

h2(ν−ν′)2+2h(ν−ν′)m0c2 = (hν)2−2h2νν′ cosϑ+(hν′)2 (1.29)

h2(ν2−2νν′+ν′2)+2h(ν−ν′)m0c2 = (hν)2−2h2νν′ cosϑ+(hν′)2 (1.30)

hνν′+(ν−ν′)m0c2 =−hνν′ cosϑ (1.31)

(ν−ν′)m0c2 = hνν′(1−cosϑ) (1.32)

• mit ∆λ = (λ′−λ) = cν′ −

cν =

c(ν−ν′)νν′ :

∆λ = h

m0c(1−cosϑ) (1.33)

hm0c =∶λC: ”Ruhewellenlänge” des Elektrons

• Erklärung des Compton-Effekts liefert neben Photoeffekt Bestätigung der Lichtquanten-

Hypothese

• Compton, Simon (1925): Nebelkammerexperimente

⇒ gestreute Elektronen durch Licht gesehen

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1 Klassische Atommodelle

1.5 Rutherfordsches Atommodell

1.5.1 Durchgang von Elektronen

• Lenard (um 1890): Versuche mit Kathodenstrahl und Aluminiumfolie (Abb. 1.6)

• Ergebnis: langsame Elektronen werden gestreut, schnelle kommen unabgelenkt am

Schirm an

• Lenard: ”Das Innere eines Atoms ist so leer wie das Weltall.”

⇒ Atommodell ”feste Kugel” nicht mehr haltbar (z.B. Masse und Ladung körnig ver-

teilt, ”Plum-Pudding-Modell”)

1.5.2 Rutherfordsches Streuexperiment

• Rutherford, Geiger, Marsden (1911): Streuexperimente mit α-Teilchen und Goldfolie

(Abb. 1.7a,1.7b)

• Einzelne Ergebnisse mit ϑ = 180° (Rückwärtsstreuung)

• Qualitative Deutung:

– Atom hat Kern mit Radius ≤ 10−14 m

– α-Teilchen zeigen mit Elektronen keine Wechselwirkung

⇒Masse muss vollständig im Kern sein

• Quantitative Deutung:

– Ablenkung derα-Teilchen (Ladung = 2×e) im Coulombfeld des positiv geladenen

Kerns:

F = 1

4πε0

Z e2

r 2r (1.34)

Abbildung 1.6: Durchgang von Elektronen

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1.5 Rutherfordsches Atommodell

(a) Aufbau (b) Streurate in Abhängigkeit des Winkels

Abbildung 1.7: Rutherfordscher Streuversuch

– Herleitung: Streutheorie→Wirkungsquerschnitt→ Streurate N

n ∼ 1

sin4 ϑ2

(1.35)

⇒ positive Ladung im Kern

→ aus Messergebnis Bestimmung von Z

– Chadwick (1920): Z = Ordnungszahl im Periodensystem. (Entdeckung des Neu-

trons erst 1932)

1.5.3 Bestimmung des Kernradius

• Rutherford: Punktförmiger Kern→ Gleichung (1.35)

• Abweichungen von Gleichung (1.35)

⇒ Kernpotential mit endlichem Kern (Abb. 1.8)

⇒ Rutherfordsches Atommodell

– Kern: ≈ 10−15 m

– Atomhülle: ≈ 10−10 m (Elektronen)

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1 Klassische Atommodelle

Abbildung 1.8: Kernpotential

1.6 Experimente für Elektronen

a) Spezifische Ladung (Kaufman 1901, Classen 1907)

• Ablenkung eines Kathodenstrahls im Magnetfeld (Abb. 1.9a)

• Kräftegleichgewicht:

e

m= 2U

r 2B 2(1.36)

• Kaufman (1901): Spezifische Ladung em anhängig von Geschwindigkeit (4 Jahre vor

Relativitätstheorie)

(a) Kathodenstrahl im Magnetfeld (b) Öltröpfchenversuch

Abbildung 1.9: Experimente für Elektronen

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1.7 Bohrsches Atommodell

b) Ladung des Elektrons

• Millikan (1911): Öltröpfchenversuch (Abb. 1.9b)

• Kräftegleichgewicht zwischen elektr. Anziehung und Gewichtskraft

→ e = 1.60219×10−19 C (1.37)em→m = 9.1091×10−31 kg (1.38)

1.7 Bohrsches Atommodell

1.7.1 Spektren

• Kirchhoff, Bunsen (1850): Spektralanalysen→ jedes Element hat ein charakteristisches

Spektrum.

• Ångström (1853): Emissionsspektren von H-Atomen

λ = 6563Å (Hα−Linie)λ = 4861Å (Hβ−Linie)λ = 4340Å (Hγ−Linie)

• Huggins (1881): Astronomische Beobachtungen (Sonne)

→weitere Linien des H-Spektrums

• Balmer (1885): Erste Erklärungsversuche. Serie im Sichtbaren:

λ = n21

n21 −4

×G (mit n1 = 3,4,5, G empir. Wert) (1.39)

• Wellenzahl:

ν = 1

λ= RH( 1

2n− 1

n2) (mit n = 3,4,5, RH = 4

G) (1.40)

1.7.2 Bohrsche Postulate

• Bohr (1913, aufbauend auf Rutherfordschem Atommodell): Elektronen bewegen sich

wie Planeten um die Sonne um den Atomkern

• Kräftegleichgewicht Coulombkraft↔ Zentrifugalkraft (H-Atom):

e2

4πε0r 2=mω2r (1.41)

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1 Klassische Atommodelle

• Emission und Absorption von Licht nicht mit klassischen Gesetzen der Elektrodyna-

mik erklärbar

• Elektronen auf Kreisbahn = beschleunigte Ladung (Kontinuierliche Energieabgabe)

⇒ Aussenden von Strahlung

⇒ Energieverlust

⇒ Bahnen instabil

Postulate (Bohr):

• Nur bestimmte diskrete Bahnen mit En erlaubt

• Bahndrehimpuls des umlaufenden Elektrons ist gequantelt:

L = r × p (1.42)

∣L∣ =mvr =nh =nh

2π(mit n ∈Z) (1.43)

• Bewegung auf Bahnen ist strahlungslos

• Licht wird emittiert durch Übergang zwischen zwei Bahnen:

hν = En −En′ (1.44)

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1.7 Bohrsches Atommodell

1.7.3 Wassersto und wasserstoähnliche ”Atome” (=Ionen) imBohrschen Atommodell

• Kräftegleichgewicht für Kreisbahn mit Radius rn

Abbildung 1.10: Elektron auf Kreisbahn. FC: Coulombkraft, FZ : Zentrifugalkraft, Z e: Kernladung,vn : Bahngeschwindigkeit, rn : Bahnradius

• für Wasserstoff im Grundzustand (Z = 1, n = 1):

ω(H)1 ≈ 1016 s−1 (1.45)

• ”Umlaufzeit”:

T (H)1 = 2π

ω(H)1

≈ 1×10−15 s (Attosekundenbereich) (1.46)

• Bahnradius:

rn =4πε0n2h2

Z e2me(1.47)

• Bahnenergie:

En = Eki n +Epot =1

2m0v2

n −Z e2

4πε0rn(1.48)

Mit vn =ωnrn = 14πε0

Z e2

hn :

En =1

2m0

Z 2e4

(4πε0)2h2n2− Z e4me

(4πε0)2n2h2(1.49)

=−1

2

Z 2e4m0

(4πε0)2h2

1

n2∼ Z 2

n2(1.50)

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1 Klassische Atommodelle

Tabelle 1.3: Atomare Einheiten

Größe Symbol in SI-EinheitenLänge aB,a0 52.9177211pmEnergie Eh = 2RH 4.359744×10−18 JLadung e −1.602×10−19 CMasse u 1.660539×10−27 kg

m0 9.10938×10−31 kg

für Z = 1, n = 1:

E(H)

1 =−13.6eV =RH (Rydberg-Konstante) (1.51)

• Energiedifferenz E = 2RH (in atomaren Einheiten, Tab. 1.3):

ν = 1

hc(En −En′) =

Z 2e4m0

(4πε0)2×2×2πh3c( 1

n′2− 1

n2) (1.52)

• Quantenzahlen n im Bohrschen Atommodell: Laufzahl der Balmer-Serie (n′ = 2).

1.7.4 Bohr-Sommerfeldsches Atommodell

• Weitere Quantenzahl l

• Ellipsenbahnen mit gleicher Energie wie Bohrsche Kreisbahnen)

⇒ Erklärung der Feinstrukturaufspaltung

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2 Welle-Teilchen-Dualismus

2.1 Beschreibung von Wellen

2.1.1 Ebene Wellen

• Grundbegriffe:

– Ausbreitungsrichtung er = kk

– k: Wellenvektor

– λ: Wellenlänge λ = 2πk

– ω: Kreisfrequenz, ν = ω2π

– T : Schwingungsdauer, T = 2πω

• Mathematische Schreibweise einer ebenen Welle in R3 (Abb. 2.1a):

Ψ(k, r , t) = Ae iωt e i k ⋅r = Ae i(ωt+k ⋅r) (A: Amplitude) (2.1)

• Sei A reell ( e iϕ = cosϕ+ i sinϕ):

Re(Ψ(r , t)) = A cos(ωt + k ⋅ r ) (2.2)

Im(Ψ(r , t)) = A sin(ωt + k ⋅ r ) (2.3)

(a) Real- und Imaginärteil einer ebenen Welle (b) Phasenverschobene Cosinusfunktion. ∆ϕ =−π4

Abbildung 2.1: Darstellung von Wellen

21

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2 Welle-Teilchen-Dualismus

• Phase einer Welle (Abb. 2.1b): Vergleich der Welle

– zum Zeitpunkt t und t +∆t

– am Ort x und x +∆x

Ψ(r , t +∆t) = Ae iω(t+∆t)e i k ⋅r = Ae iωt e iω∆t e i k ⋅r (2.4)

=Ψ(r , t)e iω∆t =Ψ(r , t)e i∆ϕ (2.5)

⇒ Phase:

∆ϕ =ω∆t (2.6)

oder ∆ϕ = k∆x (2.7)

• Intensität einer ebenen Welle:

I = ∣Ψ(r , t)∣2 =Ψ∗Ψ (2.8)

= A∗Ae−iωt e−i k ⋅r e iωt e i k ⋅r (2.9)

= ∣A∣2 = const. für Ort und Zeit (2.10)

2.1.2 Stehende Welle

rechtslaufende Welle: Ψ+(r , t) = Ae iωt e i k ⋅r (2.11)

linkslaufende Welle: Ψ−(r , t) = Ae iωt e−i k ⋅r (2.12)

• Überlagerung (Superposition):

Ψ =Ψ++Ψ− = Ae iωt e i k ⋅r + Ae iωt e−i k ⋅r (2.13)

= Ae iωt (e i k ⋅r +e−i k ⋅r) (2.14)

• Mit e iϕ+e−iϕ = 2cosϕ:

Ψ = 2Ae iωt cos(k ⋅ r ) (stehende Welle) (2.15)

• Beispiel: Eigenschwingungen einer Saite (Abb. 2.2):

Ψ(x, t) = 2Ae iωt coskx (2.16)

22

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2.1 Beschreibung von Wellen

Abbildung 2.2: Eigenschwingungen einer Saite

– Mit den RandbedingungenΨ(−d2 ) = 0 =Ψ(d

2 ):

cos(kd

2) = 0⇒λ = 2d

n(n ∈N+) (2.17)

2.1.3 Wellenpaket

• Definition: Überlagerung von ebenen Wellen. Ebene Wellen haben räumlich homo-

gene Intensität I :

I = ∣A∣2 (2.18)

• Räumlich und zeitlich inhomogene Welle durch Überlagerung von ebenen Wellen mit

verschiedenen k j und ω j :

ΨPaket(r , t) =N

∑j=1

A j exp(i(k j ⋅ r −ω j t)) (2.19)

• häufig verwendete Einhüllende:

– Gaußsche Einhüllende (Abb. 2.3a). A→ 0, aber immer ≠ 0

– cos2-Einhüllende (Abb. 2.3b). A = 0 für Anfang und Ende des Wellenpakets

• Phasengeschwindigkeit:

vPhase =ω

∣k ∣ek = νλek (2.20)

mit k = 2πν = 2πλ ≙ Geschwindigkeit mit der sich Welle mit fester Frequenz bewegt.

Frequenz kann abhängig vom Wellenvektor sein (ω =ω(k)= Dispersion).

• Gruppengeschwindigkeit:

vGruppe =dω(k)

dkek (2.21)

23

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2 Welle-Teilchen-Dualismus

(a) Gaußsche Einhüllende (b) cos2-Einhüllende

Abbildung 2.3: Wellenpaket

• Bsp: Licht (elektromagnetische Welle) im Vakuum:

– Phasengeschwindigkeit:

cPhase =ω

k=λν⇒ω(k) = ck (2.22)

– Gruppengeschwindigkeit:

vGruppe =dω(k)

dk= dck

dk= c (2.23)

Gilt nicht in Materie (ω nicht linear in k). Prisma: Rotes Licht schwächer gebro-

chen als blaues⇒ ”Regenbogen”

24

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2.1 Beschreibung von Wellen

Abbildung 2.4: Doppelspaltexperiment

2.1.4 Interferenz

• Thomas Young: Interferenz- und Beugungsversuche von Licht am Doppelspalt (Abb.

2.4)

Ψ1(x, t) = A1e iωt+i kx+iϕ (2.24)

Ψ2(x, t) = A2e iωt+i kx+iϕ (2.25)

Ψ =Ψ1+Ψ2 (2.26)

• Intensität:

I = ∣Ψ∣2 = ∣Ψ1+Ψ2∣2 (2.27)

= ∣Ψ1∣2+ ∣Ψ2∣2+Ψ∗

1Ψ2+Ψ1Ψ∗

2 (2.28)

= ∣A1∣2+ ∣A2∣2+ A∗1 A2e i(−ϕ1+ϕ2)+ A1 A∗2 e i(ϕ1−ϕ2) (2.29)

Mit A1, A2 reell, ϕ2−ϕ1 =∶∆ϕ:

I = I1+ I2+ A1 A2(e i∆ϕ+e−i∆ϕ) (2.30)

= I1+ I2+2√

I1I2 cos∆ϕ (2.31)

25

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2 Welle-Teilchen-Dualismus

Mit ∆ϕ = 0 ergibt sich:

Imax = I1+ I2+2√

I1I2 (2.32)

Imax(I1 = I2) = 4I1 (2.33)

2.2 Materiewellen

2.2.1 De Broglie-Beziehung

• Postulat Louis de Broglie (1924): Teilchen verhalten sich wie Wellen

• Experiment von Davisson und Germer: Interferenzen bei der Reflexion langsamer Elek-

tronen an Kristallen

• Annahme von de Broglie:

Impuls:

p =mv = hk (2.34)

Energie:

E = hν = hω (2.35)

⇒Materiewellen bestimmt durch Energie und Impuls des Teilchens:

Ψ(r , t) = A exp(i k ⋅ x + iωt) (2.36)

= A exp(ip

h⋅ r + i

E

ht) (2.37)

= A exp( h

i(p ⋅ r +Et)) (2.38)

2.2.2 Wahrscheinlichkeitsdeutung (Max Born)

• Beugung eines Elektronenstrahls: Elektronen erzeugen Beugungsbilder (Abb. 2.5a).

WellenfunktionΨ(x, t):

Ψ(x, t) = A exp(−i h(px +Et)) (2.39)

• Intensität I(x, t) am Ort x:

I(x, t) = ∣Ψ(x, t)∣2 (2.40)

(besser für Messung: Intensität in einer Umgebung dx um x zur Zeit t :

• Born: Intensität der Materiewelle = Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons (Abb.

2.5b)

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2.2 Materiewellen

(a) Beugungsbild eines Elektronenstrahls. Beugungsbild wie beiLicht

(b) Intensität der Materiewelle im Intervall x0 +dx

(c) Volumenelement dV

Abbildung 2.5: Elektronenwellen

• 3-dimensional: Wahrscheinlichkeit, Elektron im Volumenelement dV = dxdydz zu

finden (Abb. 2.5c):

∣Ψ(r , t)∣2dV = ∣Ψ(x, y, z, t)∣2dxdydz (2.41)

• Wellenfunktion muss normiert sein, d.h. Elektron muss irgendwo zu finden sein:

∫−∞

∫−∞

∫−∞

dxdydz∣Ψ(x, y, z, t)∣2 = 1 =∞

∫−∞

dV ∣Ψ(r , t)∣2 (2.42)

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2 Welle-Teilchen-Dualismus

Abbildung 2.6: Orts-Impuls-Unschärfe bei Beugung am Spalt

2.2.3 Heisenbergsche Unschärferelation

• Beugungsexperiment (Abb. 2.6) mit Ortsunschärfe ∆x (Spaltbreite) und Impulsun-

schärfe ∆p. Beugungsminima:

sinϕ = λ

∆x(2.43)

• Impulsunschärfe ∆p:

∆p = p sinϕ (2.44)

• Mit p = hλ ergibt sich:

sinϕ = ∆p

p= ∆p

hλ = λ

∆x(2.45)

⇒∆p∆x = h (2.46)

⇒Heisenbergsche Unschärferelation:

∆p∆x ≥ h (2.47)

• Es gilt auch Energie-Zeit-Unschärfe:

∆E∆t ≥ h (2.48)

28

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3 antentheorie

3.1 Teilchen im Kasten als Motivation

3.1.1 Wellenfunktion

• Eingesperrtes Teilchen (1-dimensional) (Abb. 3.1a)

⇒ Einfachstes Modell für Elektronen im linearen Molekül

• Teilchen wird mit WellenfunktionΨ(x) beschrieben, d.h.Ψ(x) = 0 für x < 0 und x > a

• Wellenfunktion im Kasten muss stetig an Wellenfunktion außerhalb anschließen:

Ψ(0) = 0, Ψ(a) = 0 (Randbedingungen) (3.1)

• Ansatz für Wellenfunktion:

Ψ(x, t) = Ae i kx+iωt mit E = hω, p = hk (de Broglie) (3.2)

• Kinetische Energie des Teilchens:

E = p2

2m= h2k2

2m(3.3)

(a) Kasten der Länge a

0

2

4

6

8

10

(b) Wellenfunktionen verschiedener Energieniveaus

Abbildung 3.1: Teilchen im 1D-Kasten

29

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3 Quantentheorie

Ψk(x, t) gehört zur Energie Ek

auchΨ−k(x, t) =Be−i kx+iωt gehört zur Energie Ek , da Ek ∼ k2

• WederΨk nochΨ−k genügen Randbedingungen

⇒ Superposition:

Ψ(x, t) = c1Ψk + c2Ψ−k (3.4)

= (c1e i kx +c2e−i kx)e iωt (mit c1 = c1 A, c2 = c2B) (3.5)

=ϕ(x)e iωt (3.6)

• Aus Randbedingungen c1 und c2 bestimmen (t = 0):

ϕ(0) = c1+c2 = 0 ⇒ c1 =−c2 (3.7)

ϕ(x) = c1 (e i kx −e−i kx) = 2i c1 sinkx (3.8)

ϕ(a) = 0⇔ 2i c1 sin(ka) = 0 (c1 = 0unphysikalisch, d.h. kein Teilchen) (3.9)

⇒ sinka = 0⇔ ka =nπ (n ∈N+) (3.10)

• Fall k = 0:

ϕ(x) = 0∀ x⇒ kein Teilchen, s.o. (3.11)

⇒ k quantisiert durch Randbedingungen (= Obertöne):

k = πn

a(mit n ∈N+) (3.12)

• Energie des Teilchens (quantisiert mit Quantenzahl n):

En =h2k2

2m= h2π2

2ma2×n2 (3.13)

• Bestimmung der Konstanten c1 aus Normierung:

∫ ∣Ψ(x, t)∣2dx!= 1 (3.14)

”Es muss genau ein Teilchen irgendwo zu finden sein.”

30

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3.1 Teilchen im Kasten als Motivation

• Einsetzen ergibt:

1 =a

∫0

∣ϕ(x)∣2e iωt e−iωt dx (3.15)

=a

∫0

22c21 sin2 kxdx = 4c2

1 [x

2− sin(2kx)

4k]

a

0(3.16)

= 4c21 [

x

2−

sin(2πna x)

4πna

]a

0

(3.17)

= 4c21 [

a

2−0−0+0] (3.18)

1 = 2ac21 (3.19)

⇒ c1 =1√2a

(3.20)

• Damit wird die Wellenfunktion:

ϕn(x) =√

2

ai sin(nπ

ax) (3.21)

• Auch reelles ϕn(x) Lösung:

ϕn(x) =√

2

asin(nπ

ax) (3.22)

⇒ ∣ϕn(x)∣2 = 2

asin2(nπ

ax) (3.23)

• Energie:

En =h2

2m

π2

a2n2

²k2

(3.24)

3.1.2 Beispiel: Farbe eines linearen Moleküls

– Butadien:

H2C−−CH−CH−−CH2 (3.25)

⇒delokalisiertesπ-System, 4π-Elektronen können sich nahezu frei bewegen auf

der Länge L des Moleküls

– Modellieren: Potential = Kasten der Länge L:

V =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

0 für x ∈ [0,L]∞ für x ∉ [0,L]

(3.26)

31

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3 Quantentheorie

(a) Grundzustand (b) 1. angeregter Zustand

Abbildung 3.2: Elektronenzustände im Butadien-Molekül

– Lösung quantisiert mit Quantenzahl n:

En =h2

2m

π2

L2n2 (3.27)

– Annahme: Nicht wechselwirkende Elektronen. Energie aus Abb. 3.2a und 3.2b:

EGZ = 2E1+2E2 (3.28)

E1. AZ = 2E1+E2+E3 (3.29)

– Anregungsenergie ∆E :

∆E = E1. AZ−EGZ = E3−E2 (3.30)

= 5

2m

h2π2

L2(3.31)

– Berechnung der Länge L:

L ≈ 2d(C−−C)+1d(C−C) = 5.8Å (3.32)

– Einsetzen in 3.31 ergibt:

∆E = 9×10−19 J ≙λ = 220nm (Experiment: λ = 217nm) (3.33)

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3.2 Mathematische Grundlagen der Quantentheorie

3.2 Mathematische Grundlagen der antentheorie

• Quantentheorie ist eine Theorie, die auf Postulaten beruht

• Bis jetzt keine Experimente gefunden, die diesen Postulaten widersprechen

3.2.1 Wellenfunktion

• Postulat 1: Für jeden möglichen Zustand eines Systems am Ort r zur Zeit t existiert ei-

ne komplexe FunktionΨ(r , t), die das System vollständig beschreibt.Ψ: Schrödingers

Wellenfunktion = Zustandsfunktion.

• Bedingungen an die Wellenfunktion:

– WF muss eindeutig sein (eindeutiger Zustand des Systems) (Abb. 3.3a)

– WF muss endlich sein (endliche Wahrscheinlichkeit) (Abb. 3.3b)

– WF muss stetig sein (muss nicht überall differenzierbar sein) (Abb. 3.3c, 3.3d)

– WF muss normierbar sein

* Wdh: Bornsche Wahrscheinlichkeitsinterpretation:

Ψ∗(r , t)Ψ(r , t)dV = ∣Ψ∣2dV ist Wahrscheinlichkeit, Teilchen im Volumenin-

tervall dV am Ort r zur Zeit t zu finden, d.h. Gesamtwahrscheinlichkeit, P ,

das Teilchen irgendwo zu finden, muss 1 sein:

∫V

∣Ψ∣2dV =∞

∫−∞

dx

∫−∞

dy

∫−∞

dzΨ∗(x, y, z)Ψ(x, y, z) != 1 (3.34)

* d.h. nur Funktionen erlaubt, die für x, y, z→±∞ so schnell gegen 0 gehen,

dass ∫ ∣Ψ∣2dV endlich

(Funktionen müssen quadrat-integrabel sein = L2-Norm endlich)

• Raum aller Wellenfunktionen = Hilbert-Raum. Mathematisch kann gezeigt werden,

dass Hilbert-Raum = Vektorraum mit Skalarprodukt ∫ Ψ1Ψ2dV

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3 Quantentheorie

(a) Uneindeutige Funktion (b) Unendliche Funktion

(c) Unstetige Funktion (d) Nicht differenzierbare Funktion

Abbildung 3.3: Bedingungen an Wellenfunktionen

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3.2 Mathematische Grundlagen der Quantentheorie

3.2.2 Operatoren und Erwartungswerte

• Postulat 2: Zu jeder klassischen Messgröße (Observable) gibt es einen entsprechen-

den Operator.

• Definition: Operator ist eine mathematische Operation (= Rechenvorschrift). Opera-

tor wirkt auf WF

• Klassische Größe A→Operator A

• Linearer Operator:

A(αΨ1+βΨ2) =αAΨ1+βAΨ2 (α,β ∈C) (3.35)

35

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3 Quantentheorie

a) Korrespondenzprinzip

• Quantenmechanische Operatoren werden nach den gleichen Regeln zusammenge-

setzt wie die klassischen Messgrößen

• Klassische Größen eindeutig durch Ort r und Impuls p bestimmt

• Operatoren für diese Größen = Fundamentaloperatoren

– Ortsoperator (1d): xΨ= multipliziereΨmit x

– Ortsoperator (3d): ˆr (x, y , z)

– Impulsoperator (1d): px =−i h ∂∂x

pxΨ= bilde Ableitung vonΨ nach x und multipliziere mit i h

– Impulsoperator (3d): p =−i h∇

• Anwendung des Korrespondenzprinzips führt zu:

– Kinetische Energie. klassisch:

T = p2

2m(3.36)

⇒ Kinetische Energie, quantenmechanisch:

T = p2

2m= 1

2mp ⋅ p = i 2h2

2m∆ (3.37)

– Drehimpuls. klassisch:

L = r × p (3.38)

⇒Drehimpuls, quantenmechanisch:

ˆL = ˆr × ˆp =⎛⎜⎜⎜⎝

x

y

z

⎞⎟⎟⎟⎠×⎛⎜⎜⎜⎝

−i h ∂∂x

−i h ∂∂y

−i h ∂∂z

⎞⎟⎟⎟⎠=−i h

⎛⎜⎜⎜⎝

y ∂∂z − z ∂

∂y

z ∂∂x −x ∂

∂z

x ∂∂y − y ∂

∂x

⎞⎟⎟⎟⎠=⎛⎜⎜⎜⎝

Lx

Ly

Lz

⎞⎟⎟⎟⎠

(3.39)

b) Eigenwert und Eigenfunktion eines Operators

• Wenn gilt

AΨ =λΨ (mit λ ∈C) (3.40)

dann heißtΨ Eigenfunktion von A und λ Eigenwert von A.

c) Erwartungswert

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3.2 Mathematische Grundlagen der Quantentheorie

Abbildung 3.4: Verteilungsfunktion und diskrete Werte

• Postulat 3: Der mittlere Wert einer Messgröße A, beschrieben durch den Operator A

in einer Reihe von Messungen, ist der Erwartungswert des Operators gebildet mit der

Wellenfunktion des Systems.

• Wiederholung: Statistik:

– Viele Messungen→Messergebnisse streuen. Variable kontinuierlich (Abb. 3.4):

– Mittelwert = Erwartungswert einer kontinuierlichen Verteilung für Messgröße O,

bzw. einer Verteilung von n diskreten Messwerten:

O =∞

∫−∞

f (x)O(x)dx =N

∑i=1

Oi Pi (3.41)

(Pi = Wahrscheinlichkeit des Ereignisses)

– Beispiel: Würfel

* 6 Ereignisse:

1,2,3,4,5,6 (Augenzahl)

* gleich wahrscheinlich: Pi = 16

6

∑i=1

i Pi =Pi(1+2+3+4+5+6) = 3,5 = 21

6(3.42)

– ∣Ψ∣2 entspricht Wahrscheinlichkeit = Verteilungsfunktion. Klassisch:

A =∫ ∣Ψ∣2dV =∫ A(r )Ψ∗ΨdV (3.43)

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3 Quantentheorie

– Wenn A ein Operator ist, auf welchen Teil vonΨ∗Ψwirkt A?

für QM Operatoren gilt:

⟨A⟩ =∫ Ψ∗(r , t)AΨ(r , t)dV =∫ A®Adjungierter Operator

Ψ∗(r , t)Ψ(r , t)dV (3.44)

d.h. A ist hermitesch: A† = A

– Erwartungswert für ein System im Eigenzustand

AΨ =λΨ (3.45)

⟨A⟩ =∫ Ψ∗ A(r , t)ΨdV =∫ Ψ∗λΨdV =λ ∫ Ψ∗ΨdV

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶1, daΨ normiert

(3.46)

* Eigenwert ist Messwert zum Eigenzustand

* Messwerte sind reell⇒ λ reell ≡λ ∈R

⇒ hermitesche Operatoren haben reelle Eigenwerte

d) Basis eines Hilbertraums

• Die Eigenfunktionen eines Operators bilden eine Basis

• Beweis: Eigenfunktionssystem (alle Eigenfunktionen zu verschiedenen Eigenwerten)

ist vollständig

• Eigenfunktionen zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal (≡ Skalarprodukt = 0)

AΨ1 =λ1Ψ1 (3.47)

AΨ2 =λ2Ψ2 (3.48)

λ1 ≠λ2 ∈R (3.49)

• Zu zeigen:

∫ Ψ∗

1Ψ2dV =∫ Ψ∗

2Ψ1dV = 0 (3.50)

∫ Ψ∗

2 AΨ1dV =∫ Ψ∗

2λ1Ψ1dV =λ1∫ Ψ∗

2Ψ1dV (3.51)

∫ Ψ∗

1 AΨ2dV =∫ Ψ∗

1λ2Ψ2dV =λ2∫ Ψ∗

1Ψ2dV (3.52)

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3.2 Mathematische Grundlagen der Quantentheorie

• mit A hermitesch:

∫ Ψ∗

2 AΨ1dV =λ2∫ Ψ∗

2Ψ1dV (3.53)

• (3.51-3.53):

0 = (λ1−λ2)´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

≠0

∫ Ψ∗

2Ψ1dV (3.54)

⇒∫ Ψ∗

2Ψ1dV = 0 (3.55)

• Beliebige WF Φ(r , t) kann als Linearkombination von Basisfunktionen geschrieben

werden:

Ψ(r , t) =∞

∑i=1

ci®Entwicklungskoeffizient ∈C

Ψi(r , t) (Ψi : Basisfunktionen) (3.56)

e) System nicht im Eigenzustand

• Sei ϕi Eigenfunktion zu A mit ∫ ϕiϕ j dV = δi j

• beliebiger ZustandΨ:Ψ =∑∞i=1 ciϕi

• Normierung vonΨ:

∫ Ψ∗ΨdV =∫ (∞

∑i=1

ciϕi)⎛⎝∞

∑j=1

c jϕ j⎞⎠

dV (3.57)

=∞

∑i , j=1

c∗i c j ∫ ϕ∗i ϕ j dV

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶δi j

=∞

∑i=1

c∗i ci =∞

∑i=1

∣ci ∣2 = 1 (3.58)

39

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3 Quantentheorie

Tabelle 3.1: Analogie Vektor-Wellenfunktion

Analogie Vektor WellenfunktionVektorraum Hilbertraum

Vektor a = (a1, a2, ...an)´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

diskret

Ψ(r )²

kontinuierlich

(r ∈R3)

Skalarprodukt a ⋅ b =∑i

a∗i bi ∫ Ψ∗(r )Φ(r )dV =∶ ⟨Ψ∣Φ⟩²

Dirac-Schreibweise

Orthogonalität a ⋅ b = 0 ⟨Ψ∣Φ⟩ = 0

Norm ∣a∣ =√

a2 ∣Ψ∣ =√

⟨Ψ∣Ψ⟩ =√∫ Ψ∗ΨdV

Basis x =n∑

k=1xk ek Ψ(r ) =

∑k=1

ckϕk(r )mit ei ⋅ ek = δi k mit ⟨ϕk ∣ϕi ⟩ = ∫ ϕ∗kϕi dV = δi k

xk = x ⋅ ek ck = ⟨Ψ∣ϕk⟩ = ∫ Ψ∗ϕk dV´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

Projektion vonΨ auf Basisfunktion ϕk

Matrix wirkt auf Vektor: Operator wirkt auf Wellenfunktion:Ax = y AΨ =Φ

• Erwartungswert von A mitΨ:

⟨A⟩ =∫ Ψ∗ AΨdV (3.59)

=∫ (∞

∑i=1

c∗i ϕ∗

i ) A⎛⎝∞

∑j=1

c jϕ j⎞⎠

dV (3.60)

=∞

∑i , j=0

c∗i c j ∫ ϕ∗i Aϕ j dV (3.61)

• mit ϕi Eigenfunktionssystem zu A, d.h. Aϕi =λiϕi :

⟨A⟩ =∞

∑i , j=0

c∗i c j ∫ ϕ∗i λiϕ j dV =∞

∑i , j=1

c∗i c∗j λ j ∫ ϕ∗i ϕ j dV

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶δi j

(3.62)

⟨A⟩ =∑i

∣ci ∣2λi (3.63)

d.h. Erwartungswert ist eine statistische Überlagerung der Eigenwerte mit ∣ci ∣2 ≙Wahr-

scheinlichkeit, mit der λi gewichtet wird.

f) Matrixschreibweise von Operatoren

40

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3.2 Mathematische Grundlagen der Quantentheorie

• Definition: Matrixdarstellung eines Operators (Tab. 3.1):

A =

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝

A11 A12 ⋯ A1n ⋯A21 ⋮⋮ ⋮

An1 ⋯ ⋯ Ann ⋯⋮ ⋮

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠

(3.64)

⇒∞-dimensionale Matrix mit

Ai j =∫ ϕ∗i Aϕi dV = ⟨ϕi ∣ A ∣ϕ j ⟩ (3.65)

• Matrixelemente sind Erwartungswerte des Operators mit Basisfunktion ϕi

• Definition: Dirac-Schreibweise:

⟨⋯∣°bra

A ∣⋯⟩°

ket

(3.66)

⟨Ψ∣ A ∣Ψ⟩ =∫ Ψ∗ AΨdV = ⟨A⟩ (3.67)

• Beispiel:

(1 1 1)´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

adj. Vektor

⎛⎜⎜⎜⎝

1 2 3

4 5 6

7 8 9

⎞⎟⎟⎟⎠

⎛⎜⎜⎜⎝

1

1

1

⎞⎟⎟⎟⎠

°Vektor

= Zahl (3.68)

• A hermitesch, d.h. Ai j = A∗j i :

A† = A = (A∗)T(3.69)

⇒ ⟨ϕi ∣ A ∣ϕ j ⟩ = ⟨Aϕi ∣ϕ j ⟩ (3.70)

41

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3 Quantentheorie

g) Kommutatoren

• Kann die Anwendung von Operatoren vertauscht werden?

ABΨ?= B AΨ (3.71)

• Für Matrizen gilt AB ≠B A

⇒Da Matrixdarstellung existiert, kommutieren Operatoren im Allgemeinen nicht!

• Definition: Kommutator:

[A, B] ∶= AB − B A (3.72)

• Satz: Kommutieren zwei Operatoren, [A, B] = 0, dann haben sie dasselbe Eigenfunkti-

onssystem und sind simultan messbar.

Simultan messbar:

– Standardabweichung ∆A ∶=√

⟨A2⟩− ⟨A⟩2, ∆B ∶=

√⟨B 2⟩− ⟨B⟩2

– simultan messbar:

∆A∆B ≥ 0 (3.73)

– für hermitesche Operatoren kann gezeigt werden:

∆A∆B ≥ 1

2∣⟨Ψ∣ [A, B] ∣Ψ⟩∣ (3.74)

(Allgemeine Heisenbergsche Unschärferelation)

• Beispiel: Orts-Impuls-Unschärfe

∆x∆y ≥ 1

2∣⟨Ψ∣ [x, px] ∣Ψ⟩∣ (3.75)

– Berechnen des Kommutators ergibt:

[x, px] = x (−i h∂

∂x)Ψ(x)−(−i h

∂x)xΨ(x)

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Produktregel

(3.76)

=−i hx∂Ψ

∂x+ i hΨ(x)+ i hx

∂Ψ

∂x(3.77)

= i hΨ (3.78)

– Damit:

∆x∆p ≥ 1

2∣⟨Ψ∣ i h ∣Ψ⟩∣ = h

2∣⟨Ψ∣Ψ⟩∣ = h

2(3.79)

42

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3.2 Mathematische Grundlagen der Quantentheorie

3.2.3 Schrödingergleichung

• Postulat 4: Die Wellenfunktion Ψ(r , t) eines Systems ist die Lösung der zeitabhängi-

gen Schrödingergleichung (SG)

i h∂Ψ

∂t= HΨ (3.80)

wobei H der Hamiltonoperator des Systems ist, der der totalen Energie des zugehöri-

gen klassischen Systems entspricht.

• Fundamentaloperatoren:

– t → t (Zeit)

– E → E = i h ∂∂t

H = T®Eki n

+ V®Epot (nur V (r , t) erlaubt)

(3.81)

• Beispiel: 1 Teilchen mit Masse m im statischen Potential V (r , t):

H =− h2

2m∆+V (r ) (3.82)

• Erstellen eines Hamiltonoperators:

– Bestimmen der kinetischen und der potentiellen Energie des klassischen Systems

– Korrespondenzprinzip:

r → r

p→ p

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭Einsetzen in H → H

Separation von Ort und Zeit

• Für nicht explizit zeitabhängige Hamiltonoperatoren

∂H

∂t= 0 (d.h. für statische Potentiale

∂T

∂t= 0) (3.83)

ist Produktansatz möglich:

Ψ(r , t) =Θ(t)Φ(r ) (3.84)

• Es gilt: Variablen, die nicht explizit in H vorkommen, können von Gesamt-Wellenfunktion

in einem Produktansatz (= Separationsansatz) abgespalten werden.

43

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3 Quantentheorie

• Ansatz in Schrödingergleichung:

HΦ(r )Θ(t) = i h∂

∂tΦ(r )Θ(t) (3.85)

Θ(t)HΦ(r ) = i hΦ(r )∂Θ(t)∂t

(3.86)

HΦ(r )Φ(r )

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶f (r)

= i h

Θ(t)∂Θ(t)∂t

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶f (t)

= E (3.87)

• Da Wellenfunktion für alle r und t existieren soll ist Gleichheit nur erfüllt wenn beide

Seiten der Gleichung die gleiche Konstante ergeben:

HΦ(r ) = EΦ(r ) (3.88)

(Zeitunabhängige Schrödingergleichung = Eigenwertgleichung)

• Lösen des zeitabhängigen Teils der Schrödingergleichung:

i h∂Θ(t)∂t

= EΘ(t) (3.89)

Θ

∫Θ0

i hdΘ′

Θ′=

t

∫0

Edt (3.90)

i h lnΘ

Θ0= Et (3.91)

⇒ Θ(t) =Θ0e−i Eh t (3.92)

(Schwingung in Zeit mit ω = E

h)

⇒Ψ(r , t) =Φ(r )e−iωt (3.93)

44

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3.2 Mathematische Grundlagen der Quantentheorie

Zeitabhängigkeit eines Erwartungswertes (Ehrenfest-Theorem)

• Sei A ein Operator, der nicht explizit von der Zeit abhängt (∂A∂t = 0) und Ψ(r , t) Wel-

lenfunktion mit i h ∂Ψ∂t = HΨ:

⟨A⟩(t) = ⟨Ψ∣ A ∣Ψ⟩ =∫ Ψ∗(r , t)AΨ(r , t)dV (3.94)

d

dt⟨A⟩(t) = ∂

∂t⟨A⟩(t) (3.95)

= ⟨∂Ψ∂t

∣ A ∣Ψ⟩+⟨Ψ ∣ ∂ A

∂t∣Ψ⟩+⟨Ψ ∣ A ∣ ∂Ψ

∂t⟩ (3.96)

• Mit ∂Ψ∂t = H

i hΨ (SG) und ∂ A∂t = 0:

∂t⟨A⟩(t) =− 1

i h⟨HΨ∣ A®

hermitesch

∣Ψ⟩+ 1

i h⟨Ψ∣A∣HΨ⟩ (3.97)

=− 1

i h⟨Ψ∣H A∣Ψ⟩+ 1

i h⟨Ψ∣AH ∣Ψ⟩ (3.98)

∂⟨A⟩∂t

= 1

i h⟨Ψ∣ [A, H] ∣Ψ⟩ (Ehrenfest-Theorem) (3.99)

• Für Operator der mit Hamiltonoperator vertauscht ([A, H] = 0) ist der Erwartungs-

wert des Operators (=Messwert) nicht zeitabhängig:

∂⟨A⟩∂t

= 0⇒ ⟨A⟩(t) = const. (3.100)

45

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3 Quantentheorie

3.3 Schrödinger-Gleichung für Systeme mit konstantemPotential

3.3.1 Freies Teilchen

• Freies Teilchen mit Masse m im Potential V = 0 für x ∈R

• Hamilton-Operator:

H = T =− h2

2m

d2

dx21-D (3.101)

• Zeitunabhängige Schrödinger Gleichung HΦ = EΦ:

− h2

2m

d2Φ

dx2= EΦ(x) (3.102)

• Lösungsansatz:

Rechtslaufende Welle: Φ+ = A+e i kx (3.103)

Linkslaufende Welle: Φ− = A−e−i kx (3.104)

• Einsetzen in SG:

− h2

2m

d2

dx2(A+e i kx) = h2k2

2mA+e i kx = E A+e i kx (3.105)

⇒ E = h2k2

2m(3.106)

⇒Dispersionsrelation ω(k) (Abb. 3.5a):

hω = h2k2

2m⇒ω(k) = hk2

2m(3.107)

• Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines freien Teilchens:

∣Φ(x)∣2dx =Φ∗Φdx = A∗+

e−i kx A+e i kxdx = ∣A∣2°const.

dx (3.108)

⇒ freies Teilchen konstant über ganzen Raum verteilt (Abb. 3.5b)

• Problem:

∫ ∣Φ∣2dx =∞ (3.109)

⇒ nicht normierbar

46

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3.3 Schrödinger-Gleichung für Systeme mit konstantem Potential

(a) k-Abhängigkeit der Dispersion (b) Aufenthaltswahrscheinlichkeit des freien Teilchens

Abbildung 3.5: Freies Teilchen

• Lösung: Normierung und Orthogonalität über δ-Funktion:

∫ e i k(x−x′)dk = δ(x −x′) =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

∞ für x = x′

0 sonst(3.110)

∫ f (x)δ(x −x′)dx = f (x′) (3.111)

47

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3 Quantentheorie

Abbildung 3.6: Verteilungsfunktion der Amplituden

(a) Gaußverteilung um k0 mit ”Breite” σ (b) Gaußsche Einhüllende

Abbildung 3.7: Gaußsches Wellenpaket

3.3.2 Lokalisiertes Teilchen

• Überlagerung von ebenen Wellen, Basis e i kx =ϕk(x):

Φ(x) =∞

∑k=1

akϕk(x) (3.112)

• Kontinuierliche Darstellung (Abb. 3.6):

Φ(x) =∞

∫−∞

A(k)²

Verteilungsfunktion der Amplituden

ϕk(x)dk (3.113)

• Gaußsches Wellenpaket (Abb. 3.7a, 3.7b):

A(k) =C exp(−(k −k0)2

2σ2) (3.114)

48

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3.3 Schrödinger-Gleichung für Systeme mit konstantem Potential

• Fouriertransformation von A(k) in Ortsraum:

Φ(x) =∞

∫−∞

C exp(−(k −k0)2

2σ2)e i kxdk = C exp(−x2σ2

2)

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Gaußkurve im Ortsraum

e i k0x (3.115)

• Fouriertransformation einer Gaußkurve ergibt wieder eine Gaußkurve

• Einhüllende:

∣Φ(x)∣2 = C 2e−x2σ2(3.116)

3.3.3 Teilchen im zweidimensionalen Kasten

• Modell für Quantenpunkte, Überstrukturen auf Oberflächen (in 3D-Metallcluster)

• Bsp: Quadrat mit Kantenlänge L (Abb. 3.8):

V (x, y) =Vx(x)×Vy(y) =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

0 für x ∈ [0,L], y ∈ [0,L]∞ sonst

(3.117)

• Hamilton-Operator:

H = h2

2m( ∂2

∂x2+ ∂2

∂y2)+Vx(x)+Vy(y) (3.118)

• Lösung der Schrödinger-Gleichung HΦ(x, y) = EΦ(x, y) innerhalb des Kastens (V =0):

h2

2m( ∂2

∂x2+ ∂2

∂y2)Φ(x, y) = EΦ(x, y) (3.119)

Abbildung 3.8: Quadratischer Kasten der Länge L

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3 Quantentheorie

• Falls H(x)+H(y) = H(x, y) dann führt LösungsansatzΦ(x, y) =Φx(x)Φy(y) zum Ziel

(= Lösen der SG):

− h2

2mΦy

∂2Φx

∂x2− h2

2mΦx

∂2Φy

∂y2= EΦxΦy (3.120)

Division durchΦxΦy ergibt:

− h2

2m

1

Φx

∂2Φx

∂x2

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶f (x)

− h2

2m

1

Φy

∂2Φy

∂y2

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶f (y)

= E = const. (3.121)

• Nur zu erfüllen, wenn für alle x, y Terme einzeln Konstanten sind.

⇒ Zwei separate 1D-Schrödinger-Gleichungen mit E = Ex +Ey :

− h2

2m

∂2Φx

∂x2= ExΦx (3.122)

− h2

2m

∂2Φy

∂y2= EyΦy (3.123)

• Lösung analog 1D-Kasten führt zu:

Φx =√

2

Lsin

nxπ

Lx nx = 1,2,3, ... Ex =

h2n2x

8mL2(3.124)

Φy =√

2

Lsin

nyπ

Ly ny = 1,2,3, ... Ey =

h2n2x

8mL2(3.125)

• Gesamtenergie:

E = h2

8mL2(n2

x +n2y) (3.126)

• Grundzustand (nx = 1, ny = 1):

⇒ E1 =h2

8mL2

²ε

×2 = 2ε (3.127)

• Erster angeregter Zustand:

nx = 2 ny = 1

nx = 1 ny = 2

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭⇒ E2 = ε×5 (2-fach entartet) (3.128)

• Definition: Entartung: Der gleiche Energieeigenwert wird mit verschiedenen Eigen-

funktionen erreicht (Vgl. Tab. 3.2)

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3.3 Schrödinger-Gleichung für Systeme mit konstantem Potential

Tabelle 3.2: Energieniveaus im zweidimensionalen Kasten

nx ny Energie Entartungsgrad1 1 E1 = 2ε 11 2 E2 = 5ε 22 12 2 E3 = 8ε 11 3 E4 = 10ε 23 13 2 E5 = 13ε 22 31 4 E6 = 17ε 24 13 3 E7 = 18ε 1

• Beispiel: Quantenpunkt mit 10 Elektronen:

Singulett: Triplett:

18ε

17ε

13ε

10ε ↑ ↓8ε ↑ ↓5ε ↑ ↓ ↑ ↓2ε ↑ ↓

18ε

17ε

13ε

10ε ↑ ↑8ε ↑ ↓5ε ↑ ↓ ↑ ↓2ε ↑ ↓

51

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3 Quantentheorie

(a) Potentialbarriere der Höhe V0 und der Länge a (b) Potentialstufe

Abbildung 3.9: Potentialbarriere

3.3.4 Potentialbarriere

• Modell für Tunneln, Reflexion, Transmission von Teilchen

• Potential aus Abb. 3.9a:

V =

⎧⎪⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎪⎩

0 [−∞,0]V0 ]0, a[0 [a,∞]

⎫⎪⎪⎪⎪⎪⎬⎪⎪⎪⎪⎪⎭

(3.129)

3.3.4.1 Potentialstufe

• Bereich I: Wellenfunktion aus einlaufender WelleΨl und reflektierter WelleΨr :

ΨI(x) = e i kIx

±Ψl

+Re−i kIx

´¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¶Ψr

(3.130)

• Eine Amplitude aus Normierung bestimmt

• Freies Teilchen mit Energie E :

E =h2k2

I

2m⇒ kI =

√2mE

h(3.131)

• Bereich II:

ΨII(x) = Te i kIIx (3.132)

• Schrödingergleichung:

(− h2

2m

∂2

∂x2+V0)ΨII(x) = EΨII(x) (3.133)

− h2

2m

∂2II

∂x2= (E −V0)ΨII(x) (3.134)

⇒ kII =√

2m(E −V0)h

(3.135)

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3.3 Schrödinger-Gleichung für Systeme mit konstantem Potential

• 1. Fall: E >V0 (d.h. Energie des einfallenden Teilchens höher als Stufe, Abb. 3.10a)

⇒ kII reell

⇒ Bereich II eine Welle mit

λI I =2π

kII(3.136)

– Bestimmung der Koeffizienten aus Randbedingungen:

ΨI(0) =ΨII(0) (3.137)

– stetig differenzierbar:∂ΨI

∂x∣0= ∂ΨII

∂x∣0

(3.138)

– mit 1+R = T (Gleichung (3.137)ergibt sich daraus:

i kI(1−R) = i kIIT = i kII(1+R) (3.139)

⇒R = kI−kII

kI+kII(3.140)

T = 1+R = 2kI

kI+kII(3.141)

– Reflexionskoeffizient (Wahrscheinlichkeit, dass Teilchen reflektiert wird)

R ∶= ∣R ∣2 (3.142)

– Transmissionskoeffizient:

T = 1− ∣R ∣2 = 1− R (3.143)

= 1− (kI−kII)2

(kI+kII)2=

k2I +2kIkII+k2

II−k2I +2IkII−k2

II

(kI+kII)2(3.144)

= 4kIkII

(kI+kII)2= kII

kI∣T ∣2 (3.145)

⇒ quantenmechanisches Teilchen wird zum Teil reflektiert, obwohl E >V0

– Für E ≫V0⇒ kI ≈ kII

R→ 0 ⇒ R→ 0

T → 1 ⇒ T → 1

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭keine Reflexion (3.146)

– Für E =V0⇒ kII = 0:R = 1 ⇒ R = 1

T = 2 ⇒ T = 0

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭Totalreflexion (3.147)

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3 Quantentheorie

(a) Teilchen über Potentialstufe (b) Teilchen unter Potentialstufe

Abbildung 3.10: Potentialstufe

• 2. Fall: E <V0 (Teilchen unter Potentialstufe, Abb. 3.10b):

kII =√

2m(E −V0)h

= i

√2m(V0−E)

h´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶=∶κ∈R

= iκ (3.148)

– Exponentiell gedämpftes Eindringen des Teilchens in Stufe:

ΨII(x) = Te−κx (3.149)

– Aus den Randbedingungen folgt:

R = kI− iκ

kI+ iκ(3.150)

T = 2I

I+ iκ∣ΨI+ΨII∣2 (3.151)

= R + T = ∣ΨI∣2+ ∣ΨII∣2 (3.152)

3.3.4.2 Potentialschwelle (=Barriere)

• Aus Abb. 3.11a:

V (x) =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

0 x <−a, x > a

V0 x ∈ [−a, a](3.153)

• Betrachte nun Teilchen mit E <V0:

ΨI = Ae i kx +Be−i kx

ΨII =Ce−κx +Deκx

ΨIII = Fe i kx +Ge−i kx

⎫⎪⎪⎪⎪⎪⎬⎪⎪⎪⎪⎪⎭

k =√

2mE

h, κ =

√2m(V0−E)

h(3.154)

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3.3 Schrödinger-Gleichung für Systeme mit konstantem Potential

(a) Potentialschwelle der Höhe V0 und der Breite 2a (b) Wellenfunktionen an der Potentialschwelle

(c) Tunneleffekt

Abbildung 3.11: Potentialschwelle

55

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3 Quantentheorie

• Randbedingungen für x = a, x =−a:

ΨI(−a) =ΨII(−a) ΨII(a) =ΨIII(a)∂ΨI∂x ∣

−a= ∂ΨII

∂x ∣−a

∂ΨII∂x ∣

a= ∂ΨIII

∂x ∣a

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭4 Gleichungen für 6 Unbekannte (3.155)

• von links kommende Welle⇒ Bereich III keine nach links laufende Welle, d.h. G = 0

• weitere Bestimmungsgleichung aus Normierung vonΨI

• Nach länglicher Rechnung (z.B. Schwabl, S.58,59), (Abb. 3.11b):

• Interesse an Transmissionswahrscheinlichkeit

T ≡ ∣F ∣2∣A∣2 (3.156)

• mit ε ∶= κk − k

κ und 2cosh x = ex +e−x , 2sinh x = ex −e−x :

F

A= e−2i ka

cosh(2κa)+ i ε2 sinh(2κa) (3.157)

• Damit:

T = ∣F ∣2∣A∣2 = ∣F

A∣2

= 1

cosh2(2κa)+ ε2

4 sinh2(2κa)(3.158)

= 1

1+(1+ ε2

4 )sinh2(2κa)(3.159)

• Diskussion:

– sehr hohe und sehr breite Barriere, d.h. κa ≫ 1:

sinh2κa = 1

2(e2κa −e−2κa) ≈ 1

2e2κa ≫ 1 (3.160)

T = [1+(1+ ε2

4)(1

2e2κa)

2

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶≫1

]−1

≈ (1+ ε2

4)−1

4e−4κa (3.161)

– Betrachte Transmission in Abhängigkeit der Einfallsenergie E (Abb. 3.11c):

T (E) = 16(κk)2

(κ2+k2)2e−4κa = 16E(V0−E)

V 20

e−4 ah

2m(V0−E) (3.162)

T (E) ∼ e−4 ah

2m(V0−E)= Tunnelwahrscheinlichkeit (3.163)

– Teilchen tunneln durch Barriere, obwohl klassisch verboten

56

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3.3 Schrödinger-Gleichung für Systeme mit konstantem Potential

(a) Rastertunnelmikroskop (b) α-Zerfall

(c) Feldemission von Elektronen (d) Barriere mit unterschiedlichen Niveaus

Abbildung 3.12: Beispiele zum Tunneln

• Beispiele zum Tunneln (Abb. 3.12a-3.12d:

57

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4 Wasserstoatom

4.1 Separation der Kern- und Elektronenbewegung

• Wasserstoff-Atom (Abb. 4.1, Tab. 4.1)

• 2-Teilchen-Problem mit Coulomb-Wechselwirkung:

V = −e

4πε0∣r1− r2∣(4.1)

• 6 Koordinaten⇒ 6 Freiheitsgrade

• Gesamtenergie:

H = T +V = 1

2mp

˙r 21

´¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¶E p

ki n

+ 1

2me

˙r 22

´¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¶E e

kin

− e2

4πε0∣r1− r2∣´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

Coulomb-WW

(4.2)

• Einführung von Schwerpunkts- und Relativkoordinaten, da V (r1, r2) =V (∣r1− r2∣):

r ∶= ∣r1− r2∣ (4.3)

• Schwerpunktskoordinaten:

R =mp r1+me r2

mp +me(4.4)

Tabelle 4.1: Wasserstoffatom

Teilchen Masse LadungProton mp eElektron me −e

59

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4 Wasserstoffatom

Abbildung 4.1: Wasserstoffatom

• mit M ∶=me +mp ergibt sich:

r1 = R + me

Mr (4.5)

r2 = R −mp

Mr (4.6)

˙r1 = ˙R + me

M˙r (4.7)

˙r2 = ˙R −mp

M˙r (4.8)

(4.9)

• Einsetzen in Gesamtenergie:

H = 1

2mp ( ˙R2+2

me

M˙r ˙R + m2

e

M 2˙r 2)+ 1

2me ( ˙R2−2

mp

M˙r ˙R +

m2p

M 2˙r 2)− e2

4πε0∣r ∣(4.10)

= 1

2M ˙R2+ 1

2

mp m2e +me m2

p

M 2

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶µ

˙r 2− e2

4πε0∣r ∣(4.11)

• Reduzierte Masse:

µ = m1m2

m1+m2(4.12)

– für m1 ≫m2 (z.B. H-Atom):

µ ≈ m1m2

m1=m2 (4.13)

– für m1 ≈m2 (z.B. Positronium):

µ ≈ m21

2m1= 1

2m1 (4.14)

60

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4.1 Separation der Kern- und Elektronenbewegung

• Mit der reduzierten Masse ergibt sich:

H = 1

2M ˙R2+ 1

2µ ˙r 2− e2

4πε0∣r ∣(4.15)

61

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4 Wasserstoffatom

• Schwerpunkt bewegt sich wie freies Teilchen mit konstanter Energie

⇒ Galileitransformation→ Schwerpunkt in Ruhe

• Problem in 3 Freiheitsgraden der Relativbewegung

• Übergang zum Hamiltonoperator r → ˆr :

˙r = p

µ→ 1

µ(−i h∇) (4.16)

ˆp2 =−h2∆ (4.17)

⇒ Hr el =−h2

2µ∆− e2

4πε0∣ ˆr ∣(4.18)

4.2 Hamilton-Operator in Kugelkoordinaten

4.2.1 Motivation

• Motivation: Für H-Atom mp ≫me ⇒µ ≈me =∶m:

H =− h2

2m∆− e2

4πε0∣ ˆr ∣(4.19)

=− h2

2m( ∂2

∂x2+ ∂2

∂y2+ ∂2

∂z2)

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶separabel in x, y, z

− e2

4πε0

√x2+ y2+ z2

(4.20)

(4.21)

• Potential nur von ∣r ∣ = r = Abstand abhängig

⇒ Sphärische Koordinaten

62

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4.2 Hamilton-Operator in Kugelkoordinaten

4.2.2 Sphärische Koordinaten

2D - Polarkoordinaten

• Kartesische Koordinaten (Abb. 4.2a):

r = xex + yey (mit ex = (1,0), ey = (0,1)) (4.22)

• Transformation der Basisvektoren:

er = cosϕex + sinϕey (4.23)

eϕ =−sinϕex +cosϕey (4.24)

⇒Drehung des Koordinatensystems mit Drehmatrix ( cosϕ sinϕ−sinϕ cosϕ)

• mit x = r cosϕ und y = r sinϕ ergibt sich:

r =√

x2+ y2 (4.25)

ϕ = arctany

x(4.26)

Zylinderkoordinaten

• 2D-Polarkoordinaten in x, y , ez bleibt (Abb. 4.2b)

• Umrechnung in kartesische Koordinaten:

x = ρ cosϕ (4.27)

y = ρ sinϕ (4.28)

z = z (4.29)

Kugelkoordinaten

• Umrechnung in kartesische Koordinaten (Abb. 4.2c):

x = r sinϑcosϕ (4.30)

y = r sinϑsinϕ (4.31)

z = r cosϑ (4.32)

63

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4 Wasserstoffatom

(a) Polarkoordinaten (b) Zylinderkoordinaten

(c) Kugelkoordinaten

Abbildung 4.2: Nichtkartesische Koordinatensysteme

64

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4.2 Hamilton-Operator in Kugelkoordinaten

• Umrechnung von kartesischen Koordinaten in Kugelkoordinaten:

r =√

x2+ y2+ z2 (4.33)

ϑ = arccosz

r(”Poldistanz”) (4.34)

ϕ = arctany

x(”Azimut”) (4.35)

65

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4 Wasserstoffatom

Laplace-Operator in Kugelkoordinaten

• Vorgehensweise: Anwenden der Kettenregel:

∂x= ∂r

∂x

∂r+ ∂ϑ∂x

∂ϑ+ ∂ϕ∂x

∂ϕ(4.36)

• für r ergibt sich:

∂r

∂x= 1

2

2x√x2+ y2+ z2

= r sinϑcosϕ

r= sinϑcosϕ (4.37)

• nach länglicher Rechnung:

∆ = ∂2

∂r 2+ 2

r

∂r+ 1

r 2( ∂2

∂ϑ2+cotϑ

∂ϑ+ 1

sin2ϑ

∂2

∂ϕ2)

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶O(ϑ,ϕ)

(4.38)

• Hamilton-Operator:

H = h

2m( ∂2

∂r 2+ 2

r

∂r)− h

2m

1

r 2O(ϑ,ϕ)´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

Winkel nur hier

− e2

4πε0r(4.39)

⇒ zerfällt in Anteil nur von r abhängig und Winkelanteil

⇒ SeparationsansatzΨ(r,ϑ,ϕ) =R(r )Y (ϑ,ϕ) mit HΨ = EΨund OY (ϑ,ϕ) = AY (ϑ,ϕ)

4.3 Bahndrehimpuls in der antenmechanik

• In der klassischen Physik gilt im Zentralpotential Drehimpulserhaltung,

d.h. L = r × p = const.

L = (Lx , Ly , Lz) =−i h

⎛⎜⎜⎜⎝

y ∂∂z − z ∂

∂y

z ∂∂x −x ∂

∂z

x ∂∂y − y ∂

∂x

⎞⎟⎟⎟⎠

(4.40)

• ist Drehimpuls auch Erhaltungsgröße in Quantenmechanik?

• Kommutatoren:

[Lx , Ly] = i hLz (4.41)

[Ly , Lz] = i hLx (4.42)

[Lz , Lx] = i hLy (4.43)

66

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4.3 Bahndrehimpuls in der Quantenmechanik

d.h. einzelne Komponenten untereinander kommutieren nicht (nicht simultan messbar)

⇒ L ist nicht erhalten

• Suche Operatoren, die miteinander vertauschen:

[ ˆL, Lz] = [L2x + L2

y + L2z , Lz] (4.44)

= [L2x , Lz]+ [L2

y , Lz]+ [L2z , Lz]

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶=0

(4.45)

mit [B 2, A] = [B , A]B + B[B , A] ergibt sich:

[L2x , Lz] = [Lx , Lz]

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶−i hLy

Lx + Lx [Lx , Lz]´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶−i hLy

(4.46)

[L2y , Lz] = [Ly , Lz]

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶i hLx

Ly + Ly [Ly , Lz]´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

i hLx

(4.47)

⇒ [ ˆL2, Lz] =−i hLy Lx − i hLx Ly + i hLx Ly + i hLy Lx = 0 (4.48)

⇒ ˆL2, Lz simultan messbar

⇒ gemeinsames Eigenfunktionssystem

• Analog für [ ˆL2, Lx] = 0, [ ˆL2, Ly] = 0

• Welche Eigenfunktionen haben L2 und Lz?

• Berechne L2 und Lz in Kugelkoordinaten:

Lz =−i h∂

∂ϕ(4.49)

L2 =−h2( ∂2

∂ϑ2+cotϑ

∂ϑ+ 1

sin2ϑ

∂2

∂ϕ2) = h2O(ϑ,ϕ) (4.50)

• Eigenfunktionen:

O(ϑ,ϕ)Y (ϑ,ϕ) = AY (ϑ,ϕ) (4.51)

ˆL2Y (ϑ,ϕ) = h2 AY (ϑ,ϕ) (4.52)

O(ϑ,ϕ) = ∂2

∂ϑ2+cotϑ

∂ϑ´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶nur ϑ

+ 1

sin2ϑ

∂2

∂ϕ2

±nur ϕ

(4.53)

67

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4 Wasserstoffatom

⇒ Separationsansatz in ϑ und ϕ:

Y (ϑ,ϕ) =Θ(ϑ)Φ(ϕ) (4.54)

mit∂2

∂ϕ2Φ(ϕ) = const.²

−m2

Φ(ϕ) (4.55)

• Lösen des ϕ-Anteils

– Schwingungsgleichung:

Φ(ϕ) =Φ0e i mϕ (4.56)

∂2Φ

∂ϕ2= (i m)2

´¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¶−m2

Φ0e i mϕ (4.57)

– RandbedingungΦ(ϕ+2π) =Φ(ϕ):

Φ0e i mϕe i m2π =Φ0e i mϕ (4.58)

e i m2π = 1⇔m ∈Z (4.59)

⇒ Bewegung in ϕ quantisiert mit m ∈Z

• Lösen des ϑ-Anteils:

[ ∂2

∂ϑ2+cotϑ

∂ϑ−(A′− m2

sin2ϑ)]Θ(ϑ) = 0 (4.60)

– komplizierte DG, durch Substitution z ∶= cosϑ entsteht bekannte DG nach Le-

gendre:

d

dz[(1− z2) d

dz]−(A− m2

1− z2)Θ(z) = 0 (4.61)

– Lösungen nur möglich für A = l(l +1) mit l ∈N0 und m =−l ,−l +1, ...,0, ..., l

– Lösungen sind die Legendre-Polynome Pl m(z) (Tab. 4.2, Abb. 4.3):

m = 0 ∶ Pl(z) = 1

2l l !

dl

dz l(z2−1)l (4.62)

m ≠ 0 ∶ Pl ∣m∣(z) = (1− z2)

∣m∣2

d∣m∣

dz ∣m∣Pl(z) (4.63)

• Zusammensetzen der ϑ- und ϕ-Lösung und Normieren

(2π

∫0

dϕπ

∫0

sinϑdϑ ∣Ylm(ϑ,ϕ)∣2 = 1)

68

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4.3 Bahndrehimpuls in der Quantenmechanik

Tabelle 4.2: Legendre-Polynome

l ∣m∣ P(z) Nullstellen0 0 P0(z) = 1

200!(z2−1)0

= 1 01 0 P1(z) = 1

211!d

dz (z2−1)= z = cosϑ 1

1 1 P1,1(z) = (1− z2) 12 d

dz z

=√

1−cos2ϑ

= sinϑ

2 0 P2,0(z) = 1222!

d2

dz2 (z2−1)2

= 18

ddz (2(z2−1)×2z)

= 12(3z2−1) 2

Abbildung 4.3: Legendre-Polynome l -ten Grades mit l reellen Nullstellen

69

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4 Wasserstoffatom

Abbildung 4.4: Präzessionskegel verschiedener Bahndrehimpulse

liefert:

Ylm(ϑ,ϕ) =√

2l +1

¿ÁÁÀ(l −m)!

(l +m)!Pl m(cosϑ)e i mϕ (4.64)

mit l ∈N0, m =−l ,−l +1, ...,0, ...l

⇒ zu jedem l gibt es 2l +1 m-Werte: Jede l-Quantenzahl ist (2l +1)-fach in m entartet

• ∣L∣ und Lz simultan messbar, aber nicht Lx ,Ly

⇒Quantenmechanisch präzediert der Drehimpulsoperator um die z-Achse (Abb. 4.4)

Ploen von Kugelflächenfunktionen

• Kugelflächenfunktionen werden als Polarplots dargestellt

• Für jeden Wert (ϑ,ϕ) wird der Funktionswert Y (ϑ,ϕ) als Radius aufgetragen (Abb.

4.5):

70

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4.3 Bahndrehimpuls in der Quantenmechanik

Abbildung 4.5: Polarplot

• Aus Abb. 4.5, mit ϑ =ϕ = π4 :

Y1,1 =1

2e iϕ

√3

2πcosϑ±

12

2

(4.65)

mit e iϕ = cosϕ+ i sinϕ

• Für jeden Wert (ϑ,ϕ) wird der Funktionswert Y

x = ∣Ylm(ϑ,ϕ)∣sinϑcosϕ (4.66)

y = ∣Ylm(ϑ,ϕ)∣sinϑsinϕ (4.67)

z = ∣Ylm(ϑ,ϕ)∣cosϑ (4.68)

• für ϑ =ϕ = π4 :

x = ∣Ylm(ϑ,ϕ)∣× 1

2(4.69)

x = ∣Ylm(ϑ,ϕ)∣× 1

2(4.70)

x = ∣Ylm(ϑ,ϕ)∣× 1

2

√2 (4.71)

Wie gehe ich mit komplexen Ylm um?

• 1. Möglichkeit: ∣Ylm ∣ auftragen

• 2. Möglichkeit: Bilden reeller Linearkombinationen aus Ylm und Yl−m :

71

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4 Wasserstoffatom

– Ausnützen:

e iϕ = cosϕ+ i sinϕ (4.72)

1

2(e iϕ+e−iϕ) = cosϕ (4.73)

1

2i(e iϕ−e−iϕ) = sinϕ (4.74)

(4.75)

• Es ergibt sich:

Yl m+ =1√

Normierung

(Ylm(ϑ,ϕ)+Yl−m(ϑ,ϕ)) (4.76)

Yl m− =1√2i

(Ylm(ϑ,ϕ)−Yl−m(ϑ,ϕ)) (4.77)

(4.78)

d.h. aus 2 komplexen Kugelflächenfunktionen Ylm und Y−lm werden 2 reelle Funktio-

nen

• Werden oft Orbitale genannt (falsch!)

→ reeller Winkelanteil eines Orbitals

• Reelle Linearkombinationen keine Eigenfunktionen zu Lz :

Lz(Yl m +Yl−m´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶=∶υ

) = hmYlm − hmYl−m = hm(Ylm −Yl−m´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶≠υ

) (4.79)

aber Eigenfunktionen zu L2:

L2(Ylm +Yl−m´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶∶=υ

) = h2l(l +1)Ylm + h2l(l +1)Yl−m = h2l(l +1)(Yl m +Yl−m´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶=υ

) (4.80)

• Spektroskopische Bezeichnung:

l = 0 1 2 3 ...

s p d f g , h, i

72

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4.4 Radiale Lösung des H-Atoms

• Beispiel:

Px =1√

2(Y11+Y1−1) (4.81)

= 3√2π

sinϑ(1

2e iϕ+e−iϕ) (4.82)

= 3√2π

sinϑcosϕ = 3√2π

x

r(4.83)

Py =1√2i

(Y11−Y1−1) =3√2π

y

r(4.84)

4.4 Radiale Lösung des H-Atoms

• Hamiltonoperator:

H =− h2

2m( ∂2

∂r 2+ 2

r

∂r)+ h2

2mr 2O(ϑ,ϕ)− e2

4πε0r(4.85)

• Wellenfunktion:

Ψ(r ) =R(r )Yl m(ϑ,ϕ) (mit O(ϑ,ϕ)Ylm = l(l +1)Yl m) (4.86)

• Einsetzen:

H =− h2

2m(...)+ h2l(l +1)

2mr 2− e2

4πε0r´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Veff(r) (Effektives Potential)

(4.87)

• Im effektiven Potential ergibt sich Minimum, d.h. Elektron kommt durch Zentrifugal-

potential ”nicht beliebig nah an Kern” (Abb. 4.6a)

(a) Radiales Potential des H-Atoms (b) Laguerre-Polynome

Abbildung 4.6: Radiale Lösung des H-Atoms

73

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4 Wasserstoffatom

• DG für R(r ):

HR(r ) = ER(r ) (4.88)

• Lösung:

R(r ) = Nnl°Normierung

exponentieller Abfall­e−

rna0 ( 2r

na0)

l

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Verhalten für r → 0

Laguerre-Polynome³¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹·¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹µL2l+1

n−l−1(2r

na0) (4.89)

74

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4.4 Radiale Lösung des H-Atoms

Tabelle 4.3: Laguerre-Polynome

n l Ls=2l+1p=n−l−1 Nullstellen

1 0 L10 = x−1exe−x x1 = 1 0

2 0 L11 = x−1ex d

dx e−x x2

= x−1ex(2xe−x −x2e−x)= 2−x 1

2 1 L03 = x−3exe−x x3 = 1 0

3 0 L12 = x−1ex d2

dx2 e−x x3

= x−1ex ddx (e−x3x2−x3e−x)

= x−1ex (e−x6x −e−x3x2−3x2e−x x3e−x)= 6−6x +x2 2

• Mit:

– a0 = Bohrscher Radius:

a0 =ε0h2

mπe2(4.90)

⇒ ra0

dimensionslos

n = 1,2,3,4, ... (4.91)

l = 0,1,2, ...,n−1 (4.92)

• Assoziierte Laguerre-Polynome mit s = 2l +1 und p =n− l −1 (Tab. 4.3, Abb. 4.6b):

Lsp(x) = 1

p !x−sex dp

dxpe−x xs+p (4.93)

• Eigenwertgleichung:

H(r )Rnl(r ) = −RH

n2

±En Eigenwert des Hamiltonoperators

Rnl(r ) (mit RH = h2

2m0a20

= 13.6eV (Rydbergkonstante)) (4.94)

⇒ Eigenwert hängt nicht von Bahndrehimpuls-Quantenzahl l ab

75

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4 Wasserstoffatom

4.5 Wasserstoorbitale

• Orbital: 1-Teilchen-Wellenfunktion (nicht unbedingt Aufenthaltswahrscheinlichkeit)

• Wasserstofforbitale = quantenmechanische Lösung des H-Atoms:

Ψnlm = (r,ϑ,ϕ) = Nnl P∣m∣

l (cosϑ)e i mϕ

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Kugelflächenfunktion (unnormiert)

Radialanteil³¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹·¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹µ( 2r

na0)

l

L2l+1n−l−1(

2r

na0)e

−2r

na0 (4.95)

a) Eigenwertgleichung und Entartung

• Operator angewandt auf Wellenfunktion:

HΨnlm =−RH

n2Ψnlm (n = 1,2,3, ...: Hauptquantenzahl) (4.96)

L2Ψnlm = h2l(l +1)Ψnlm (l = 0,1,2, ...,n−1: Nebenquantenzahl) (4.97)

LΨnlm =mhΨnlm (m =−l ,−l +1, ...0, ...l : Magnetische Quantenzahl) (4.98)

• Energieeigenwert hängt nur von n ab⇒ n-fach entartet

• Drehimpulseigenwert hängt nur von l ab⇒ 2l −1-fach entartet in m

• Energie istn−1∑l=0

(2l +1)-fach entartet (Abb. 4.7)

Abbildung 4.7: Energieeigenwerte des Wasserstoffatoms

76

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4.5 Wasserstofforbitale

(a) ”s”-Funktionen (haben endlichen Wert bei r = 0) (b) Radialfunktionen höherer Quantenzahlen

Abbildung 4.8: Radiale Wellenfunktionen des Wasserstoffatoms

b) Knoten in Wasserstoorbitalen

• Definition: Knoten: Flächen der dreidimensionalen Funktion Ψnlm für die Ψnlm = 0

gilt

• Knoten können auftreten in:

– Legendre-Polynomen P∣m∣

l

⇒ Knoten in Winkelanteil

– Laguerre-Polynomen L2l+1n−l−1

⇒ Knoten im Radialanteil

• P∣m∣

l (cosϑ) hat l Knoten:

– l − ∣m∣ Knotenkegelflächen bezüglich z-Achse

– ∣m∣ Knotenebenen ⊥ zur x y-Ebene

• L2l+1n−l−1 (

2ra0

) hat n− l −1 Knoten

⇒Orbital hat insgesamt n−1 Knoten

c) Darstellung der Orbitale

• Winkelanteil→ Polarplots (4.3)

• Radialteil (eindimensionale Funktion von r ): Abb. 4.8a,4.8b

77

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4 Wasserstoffatom

Abbildung 4.9: Radiale Wahrscheinlichkeitsdichte im H-Atom

d) Radiale Wahrscheinlichkeitsdichte Pnl(r )

• Definition: Wahrscheinlichkeit Elektron in Kugelschale mit Radius r +dr zu finden

(Abb. 4.9):

Pnl(r )dr =π

∫0

∫0

∣Ψnlm(r,ϑ,ϕ)∣2r 2dr sinϑdϑdϕ (4.99)

= ∣Rnl ∣2r 2dr

π

∫0

∫0

∣Yl m(ϑ,ϕ)∣2 sinϑdϑdϕ (4.100)

• mitπ

∫0

∫0∣Ylm(ϑ,ϕ)∣2 sinϑdϑdϕ = 1 (wegen Normierung):

Pnl = r 2∣Rnl ∣2 (4.101)

• Gesamtansicht: dreidimensionale Funktion im Dreidimensionalen darstellen, Äqui-

knotenflächen

⇒ alle Punkte markieren, für die gilt Ψnlm(r,ϑ,ϕ) = ±const. (+ eine Farbe, − andere

Farbe)

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4.5 Wasserstofforbitale

e) Parität eines Orbitals

• Was passiert wenn ich von r →−r gehe (Inversion)?

• Paritätsoperator:

Π f (r ) = f (−r ) (4.102)

• Eigenschaften des Paritätsoperators:

Π f (r ) =λ f (r ) (4.103)

ΠΠ f (r )´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

f (r)

=λ2 f (r ) = f (r ) (4.104)

⇒λ2 = 1⇒λ = 1,−1 (4.105)

• Für Wasserstofforbitale gilt:

Ψnlm(−r ) = (−1)lΨnlm (4.106)

– l = 0,2,4 (s,d,g)→ gerade Parität = Eigenwert 1

– l = 1,3,5 (p,f,h)→ ungerade Parität = Eigenwert −1

a) Wasserstoähnliche Ionen (”Atome”)

• Zwei-Teilchen-System mit Kern Z und einem Elektron:

e2

4πε0r→ Z e2

4πε0r(4.107)

in allen Gleichungen e2 durch Z e2 ersetzen

→Winkelanteil ändert sich nicht

• Radialteil (Abb. 4.10a, 4.10b):

Rnl(r ) = Nnl (2Z r

na0)L2l+1

n−l−1(2Z r

na0)e

−Z r

na0 (4.108)

⇒ Energie:

E =−RHZ 2

n2(4.109)

• Beispiel: Grundzustandsenergie:

E1(He+) =−4RH (4.110)

E1(Li2+) =−9RH (4.111)

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4 Wasserstoffatom

(a) ”s”-Radialfunktionen (b) Radiale Wahrscheinlichkeiten

Abbildung 4.10: Radiale Wellenfunktion und Aufenthaltswahrscheinlichkeit von He+-Ion und H-Atom

• Ionisierungsenergie I E für 1-Elektronen-Systeme: Energie, um Elektronen in nicht ge-

bundenen Zustand zu bringen (r →∞):

I E =−En (positiver Energiewert) (4.112)

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5 Magnetische Eigenschaen vonAtomen

5.1 Magnetisches Moment der Bahnbewegung

• Aus klassischer Physik bekannt: Kreisstrom besitzt ein magnetisches Moment µ:

µ =− e

2mL (5.1)

• Übergang zu Operatoren:ˆµ =− e

2mˆL (5.2)

• Erwartungswert im H-Atom:

⟨ ˆµ⟩ = ⟨Ψnlm ∣ ˆµ∣Ψnlm⟩ (5.3)

=− e

2m⟨Ψnlm ∣ ˆL∣Ψnlm⟩ (5.4)

=− e

2m

√⟨Ψnlm ∣ ˆL∣Ψnlm⟩

2(5.5)

=− e

2m

√⟨Ψnlm ∣ ˆL∣Ψnlm⟩

⟨Ψnlm ∣ ˆL∣Ψnlm⟩ (5.6)

da ˆL mit H vertauscht:

⟨ ˆµ⟩ =− e

2m

√⟨Ψnlm ∣ ˆL2∣Ψnlm⟩ (5.7)

=− e

2mh

²µB , Bohrsches Magneton

√l(l +1) (5.8)

⟨ ˆµ⟩l =−µB

√l(l +1) (5.9)

– magnetisches Bahnmoment quantisiert

– s-Orbitale haben kein magnetisches Bahnmoment:

l = 0⇒ ⟨ ˆµ⟩ = 0 (5.10)

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5 Magnetische Eigenschaften von Atomen

Abbildung 5.1: Präzessionskegel des magnetischen Moments. B in z-Richtung

• Orientierung des magnetischen Moments im Magnetfeld:

– Wechselwirkung magn. Moment↔Magnetfeld

Hmagn. ∼ µ ⋅ B (5.11)

– Teilchen richten sich so aus, dass Energie minimiert (Abb. 5.1)

– Nur z-Komponente messbar:

⟨µz⟩ =−µB⟨Lz⟩

h=−µB m (mit m =−l , ..., l) (5.12)

82

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5.2 Stern-Gerlach-Versuch

5.2 Stern-Gerlach-Versuch

• Experimenteller Nachweis des Eigendrehimpulses (= ”Eigen-magnetisches-Moment”)

des Elektrons

• Schon bekannt: Alkaliatome (ns1) zeigen magnetisches Moment, obwohl l = 0

• Stern, Gerlach (1921): Ablenkung von Ag-Atomstrahlen (5s1) im inhomogenen Ma-

gnetfeld (Abb. 5.2a-5.2c)

• Neutrale Teilchen⇒ Lorentz-Kraft = 0

• Kraft:

Fz =−µzdB

dz(5.13)

• Klassische Erwartung (Abb. 5.3a): Kontinuierliche Verteilung, alle µz vertreten

• Tatsächliches Ergebnis (Abb. 5.3b): Nur 2 Linien

⇒ Richtungsquantisierung, d.h. magnetisches Moment des Elektrons ist quantisiert

in 2 Richtungen parallel und antiparallel zum Magnetfeld

• Wiederholung der Messung mit anderen Alkaliatomen: Gleiche Messkurve

⇒Magnetische Momente der inneren Schalen heben sich auf

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5 Magnetische Eigenschaften von Atomen

(a) Seitenansicht

(b) Frontansicht (c) Kavalierperspektive

Abbildung 5.2: Stern-Gerlach-Versuch, Aufbau

(a) Klassische Erwartung (b) Tatsächliche Messkurve

Abbildung 5.3: Ergebnis des Stern-Gerlach-Versuchs

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5.3 Spin

5.3 Spin

• Stern-Gerlach-Versuch: Elektronen zeigen im inhomogenen Magnetfeld Aufspaltung:

µs →⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

+µz

−µz(diskret) (5.14)

• Magnetisches Moment:

µs = g®

Faktor, für Elektron g = 2

( e

2m) ˆS (5.15)

• ˆS: Eigendrehimpulsoperator des Elektrons (= Spin)

• ˆS soll sich wie ein Drehimpulsoperator verhalten

• Postulat: ˆS hat die gleichen Kommutatorrelationen wie Drehimpuls ˆL, d.h.:

[ ˆS2, Sz] = 0 (5.16)

[Sx , Sy] = i hSz (5.17)

[Sy , Sz] = i hSx (5.18)

[Sz , Sx] = i hSy (5.19)

85

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5 Magnetische Eigenschaften von Atomen

Abbildung 5.4: Präzessionskegel des Spins

• aus Stern-Gerlach-Versuch:

µz = gµsS

h(5.20)

nur zwei Einstellungsmöglichkeiten im Magnetfeld (Abb. 5.4)

⇒ Entartung:

2s +1 = 2⇒ s = 1

2(5.21)

⇒ Spin ist halbzahlig:

ms =±1

2(5.22)

– Teilchen mit halbzahligem Spin = Fermionen

– Teilchen mit ganzzahligem Spin = Bosonen

• Betrag:

∣S∣ = h√

s(s +1) =√

3

4h (5.23)

• Darstellung (Schreibweise) des Spinfreiheitsgrades: Bis jetzt H-Atom (ein Elektron) in

R3 mitΨnlm(r,ϑ,ϕ)

• in Diracschreibweise:

∣nlm⟩ (5.24)

• durch Spin kommt nun Freiheitsgrad hinzu (für ein Elektron):

∣s,ms⟩ =®s = 1

2

∣ms⟩ (5.25)

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5.3 Spin

(a) Allgemeiner Fall (b) Anwendung auf Elektronenspin

Abbildung 5.5: Leiteroperatoren

• H-Atom mit Spin

∣nlml ms⟩ (5.26)

• Eigenwertgleichungen für Spin:

S2 ∣s,ms⟩ = h2s(s +1)∣s,ms⟩ (5.27)

Sz ∣s,ms⟩ = hms ∣s,ms⟩ (5.28)

• mögliche Darstellungsformen für Elektron:

∣1

2⟩ = ∣↑⟩ = ∣α⟩ = (1

0) (5.29)

∣−1

2⟩ = ∣↓⟩ = ∣β⟩ = (0

1) (5.30)

• Sx , Sy liefern keine Eigenwertgleichung

• Bilden von Leiteroperatoren (Abb. 5.5a):

S+ = Sx + i Sy (erhöht den ms-Wert um 1) (5.31)

S− = Sx − i Sy (erniedrigt den ms-Wert um 1) (5.32)

Sx =1

2(S++ S−) (5.33)

Sy =1

2i(S+− S−) (5.34)

87

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5 Magnetische Eigenschaften von Atomen

• Anwenden auf Spinfunktion:

S+ ∣s,ms⟩ = h√

(s +ms −1)(s −ms)∣s,ms +1⟩ (5.35)

S− ∣s,ms⟩ = h√

(s −ms +1)(s +ms)∣s,ms −1⟩ (5.36)

∣s,ms⟩ = ∣ϕs ,ms⟩ (5.37)

Sz ∣s,ms⟩ = hms ∣s,ms⟩ (5.38)

⇒ für Elektron (s = 12 , ms =±1

2 , Abb. 5.5b):

S+ ∣1

2⟩ = 0 S+ ∣−

1

2⟩ = h ∣1

2⟩ (5.39)

S− ∣1

2⟩ = h ∣−1

2⟩ S− ∣−

1

2⟩ = 0 (5.40)

• in 2×2-Matrix-Schreibweise (∣12⟩ = (1

0) , ∣−12⟩ = (0

1)):

S+ (10) = (0

0) S− (10) = ( 0

h ) Sz (10) = ( h

20) (5.41)

S+ (01) = ( h

0 ) S− (01) = (0

0) Sz (01) = ( 0

−h2) (5.42)

⇒ S+ = (0 h0 0 ) ⇒ S− = ( 0 0

h 0) ⇒ Sz = (h2 0

0 −h2

) (5.43)

(5.44)

• bilde aus S+ und S− wieder Sx und Sy :

Sx = ( 0 h2

h2 0

) = h

2(0 1

1 0)±σx

(5.45)

Sy = ( 0 h2i

−h2i 0

) = h

2(0 −i

i 0 )²σy

(5.46)

Sz =h

2(1 0

0 −1)²σz

(5.47)

σ: Pauli-Matrizen

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5.4 Spin-Bahn-Kopplung

5.4 Spin-Bahn-Kopplung

• Herleitung aus Bohrschem Atommodell (quantenmechanische Herleitung aus Dirac-

Gleichung)

• ”Kreis”bewegung des Elektrons um Proton induziert Magnetfeld BL (Abb. 5.6):

BL =eµ0

4πr 3m0´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶ξ(r)

L (5.48)

• Ausrichtung des Spin-Moments des Elektrons in BL

• Minimierung der Energie des Elektrons:

VLS = µs ⋅ BL =e2µ0

8π2m20r 3

S ⋅ L (5.49)

⇒ zusätzlicher Term im Hamiltonoperator:

H = H0¯T − e2

4πε0r

+VLS (5.50)

im H-Atom: H0 ∣nlml ⟩ = En ∣nlml ⟩

⇒ durch Kopplung sind Lz , Sz keine Erhaltungsgrößen mehr, d.h.

[H , Sz] ≠ 0 (5.51)

[H , Lz] ≠ 0 (5.52)

Abbildung 5.6: Magnetfeld der Elektronenbewegung

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5 Magnetische Eigenschaften von Atomen

(a) Ohne Kopplung (b) Mit Kopplung

Abbildung 5.7: Gesamtspin

• Beweis:

[H , Sz] = [H0, Sz]+ [Vl s , Sz] = ξ(r )[S ⋅ L, Sz] (5.53)

= ([Sx Lx , Sz]´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶[L j ,S j ]=0

+[Sy Ly , Sz]+ [Sz Lz , Sz])×ξ(r ) (5.54)

= (Lx [Sx , Sz]´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶−i hSy

+Ly [Sy , Sz]´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

i hSx

+Lz [Sz , Sz]´¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¶

0

)×ξ(r ) (5.55)

= (−i hLx Sy + i hLy Sx)×ξ(r ) ≠ 0 (5.56)

analog [H , Lz] ≠ 0

• Vertauschungsrelationen:

– im ungekoppelten Fall: L2, Lz , S2, Sz vertauschen mit H

– im gekoppelten Fall: L2, S2 vertauschen mit H

– Lz , Sz vertauschen nicht

• suche neuen Operator, dessen z-Komponente mit H vertauscht

• Definition: Gesamtdrehimpuls (Abb. 5.7a, 5.7b):

J = L+ S (5.57)

• neue Quantenzahl, für die gilt:

J 2 ∣nl s j ,m j ⟩ = h2 j( j +1)∣nl s j ,m j ⟩ (5.58)

Jz ∣nl s j ,m j ⟩ = hm j ∣nl s j ,m j ⟩ (5.59)

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5.4 Spin-Bahn-Kopplung

(a) Maximaler Gesamtdrehimpuls J = L+ S (b) Minimaler Gesamtdrehimpuls J = L− S

Abbildung 5.8: Kopplung zum Gesamtdrehimpuls

• welche Quantenzahl für j (Abb. 5.8a, 5.8b)?

j = l + s, l + s −1, ..., ∣l − s∣ (5.60)

m j =− j ,− j +1, ...,0, ... j (5.61)

• Ziel: Energie mit Spin-Bahn-Kopplung (sB):

⟨H⟩ = ⟨nl s j m j ∣H ∣nl s j m j ⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

En

+⟨nl s j m j ∣VSL ∣nl s j m j ⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

∆ESB

(5.62)

• Trick:

J = L+ S (5.63)

J 2 = L2+2 L ⋅ S°L ⋅ S = S ⋅ L

+S2 (5.64)

⇒ L ⋅ S = 1

2( J 2− L2− S2) (5.65)

91

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5 Magnetische Eigenschaften von Atomen

(a) Energieniveaus im p-Zustand (b) Feinstrukturaufspaltung

Abbildung 5.9: Aufspaltung im H-Atom

• damit ergibt sich:

Vsl ∣nl s j m j ⟩ = ξ(r )1

2(J 2−L2−S2)∣nl s j m j ⟩ (5.66)

= 1

2h2 (( j( j +1))−L(L+1))− s(s +1))∣nl s j m j ⟩ (5.67)

∆ESB = ⟨nl s j m j ∣VSL ∣nl s j m j ⟩ (5.68)

= 1

2⟨ξ(r )⟩´¹¹¹¹¸¹¹¹¹¶a (Zahl)

h2 ( j( j +1)− l(l +1)− s(s +1)) (5.69)

mit a ∼ Z 4

n3L(L+ 12)(l+1)

Anwendung auf H-Atom: Aufspaltung

• s-Zustand (L = 0, S = 12 ):

⇒ j = 1

2(5.70)

∆ESB(s) = 0 (5.71)

92

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5.4 Spin-Bahn-Kopplung

Tabelle 5.1: Multiplizität

Multiplizität 2S +1 Bezeichnung1 Singulett2 Dublett3 Triplett

• p-Zustand (L = 1, S = 12 , Abb. 5.9a):

⇒ j1 =3

2(5.72)

∆ESB( j1) =a

2(3

2× 5

2−2− 1

2× 3

2) = a

2(5.73)

m j1 =−3

2,−1

2,

1

2,

3

2(4-fach entartet) (5.74)

j2 =1

2(5.75)

∆ESB( j2) =a

2(3

2× 1

2−2− 1

2× 3

2) =−a (5.76)

m j2 =−1

2,

1

2(2-fach entartet) (5.77)

• Größenordnung von a (Hα-Linie):

a ≈ 0.33cm−1 (5.78)

aber a ∼ Z 4: bei H-ähnlichen Ionen größerer Effekt bei schwereren Kernen

⇒Natrium D-Linie:

a ≈ 17cm−1 (5.79)

• Termsymbol (bezeichnet Zustand):

2S+1L J (5.80)

mit Multiplizität 2s +1 (Tab. 5.1), Bahndrehimpuls l = 0,1,2, ... ≙ s, p,d ... und Gesamt-

drehimpuls j

93

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6 Mehrelektronenatome

6.1 Elektronenabstoßung und Pauliprinzip

• Wechselwirkungen im He-Atom (2 Elektronen):

V (r1, r2) =−Z e2

4πε0r1− Z e2

4πε0r2+ e2

4πε0∣r1− r2∣(6.1)

• Schrödingergleichung für 2-Elektronen-Atom nicht geschlossen lösbar

• betrachte vereinfachtes Modell ohne Elektron-Elektron-Wechselwirkung:

H =− h2

2m(∆1¯

∂2

∂x21+ ∂2

∂y21+ ∂2

∂z21

+∆2)−Z e2

4πε0r1− Z e2

4πε0r2(6.2)

=− h2

2m∆1−

Z e2

4πε0r1´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶H1(r1)

− h2

2m∆2−

Z e2

4πε0r2´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶H2(r2)

(6.3)

• Schrödingergleichung:

HΨ(r1, r2) = EΨ(r1, r2) (6.4)

• Separationsansatz :

Ψ(r1, r2)´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

2-Teilchen-WF

=Φ1(r1)Φ2(r2)´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Produkt aus 1-Teilchen-WF

(6.5)

• Lösung der Schrödingergleichung:

H1(r1)Φ1(r1) = E1Φ1(r1)H2(r2)Φ2(r2) = E2Φ2(r2)

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭E = E1+E2 (6.6)

95

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6 Mehrelektronenatome

• Energie wasserstoffähnlicher Atome:

E2 = E1 =−Z 2

n2RH =−4RH =−54.4eV (6.7)

⇒ E = 108.8eV (6.8)

⇒ Elektron-Elektron-Wechselwirkung ausschalten, dann Grundzustandsenergie

• Messergebnis: 2-fache Ionisation von Helium:

1. I E = 24.6eV (6.9)

2. I E = 54.4eV (6.10)

I EGes = 79.0eV < 108.8eV (6.11)

Differenz ≙ Effekt der Elektron-Elektron-Abstoßung

• Beobachtung aus Helium-Spektrum:

– Annahme: Zwei Elektronen in 1s-Schale, beide s = 12

– Klassisch: Spin = Magnetisches Moment

addieren: ms =ms1 +ms2 = 1 ↑ ↑ (6.12)

subtrahieren: ms =ms1 −ms2 = 0 ↑ ↓ (6.13)

– Falls beide Zustände möglich, unterschiedliche Energie, z.B. durch Spin-Bahn-

Kopplung

⇒würde Aufspaltung der Linien bedeuten (Abb. 6.1)

⇒ nur eine Linie beobachtbar

• Behauptung von Pauli (Postulat 5:) Die Elektronenzustände eines Atoms können nur

so besetzt werden, dass nie zwei oder mehr Elektronen in allen Quantenzahlen über-

einstimmen. (nlm-Quantenzahlen beschreiben den Ort des Elektrons)

⇒ Allgemeine Formulierung: Zwei Elektronen mit gleichem Spin können nicht am

gleichen Ort sein

• Noch allgemeiner (Antisymmetrieprinzip): Die Wellenfunktion von n Elektronen ist

antisymmetrisch. Kein Vertauschen von zwei Elektronen mit x1 ∶= (r1,ms1 :

Ψ(x1, x2) =−Ψ(x2, x1) (6.14)

96

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6.1 Elektronenabstoßung und Pauliprinzip

Abbildung 6.1: Heliumspektrum

• Vertausche identische Teilchen und Vorzeichen der Wellenfunktion ändert sich (aber

nicht Aufenthaltswahrscheinlichkeit ∣Ψ∣2)

• Lösung des nicht wechselwirkenden Heliumatoms:

Ψ(x1, x2) = Φ1

1sα

(x1)Φ2

1sβ

(x2 (6.15)

• Vertausche:

Ψ(x2, x1) =Φ1(x2)Φ2(x1) ≠−Ψ(x1, x2) (6.16)

⇒ Pauli-Prinzip verletzt

• Lösung von Slater: Mathematisches Konstrukt, das sich völlig antisymmetrisch verhält

• Determinante liefert Vorzeichenänderung beim Vertauschen von Zeilen und Spalten

⇒ 2-Teilchen-Wellenfunktion als Slaterdeterminante

ΨSD(x1, x2) =1√

2

RRRRRRRRRRR

Φ1(x1) Φ2(x1)Φ1(x2) Φ2(x2)

RRRRRRRRRRR= 1√

2(Φ1(x1)Φ2(x2)−Φ1(x2)Φ2(x1)) (6.17)

ΨSD(x2, x1) =1√

2

RRRRRRRRRRR

Φ1(x2) Φ2(x2)Φ1(x1) Φ2(x1)

RRRRRRRRRRR= 1√

2(Φ1(x2)Φ2(x1)−Φ1(x1)Φ2(x2)) (6.18)

=−ΨSD(x1, x2) (6.19)

97

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6 Mehrelektronenatome

• Allgemein (n Elektronen):

ΨSD(x1, ..., xn) =1√n!

RRRRRRRRRRRRRRRRR

Φ1(x1) Φ2(x1) ⋯ Φn(x1)⋮ ⋯ ⋮

Φ1(xn ⋯ ⋯ Φn(xn)

RRRRRRRRRRRRRRRRR

(6.20)

Zeilen: Elektronenkoordinaten

Spalten: Orbitale´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

1-Elektronen-WF

(Spinorbitale)

6.2 Aufbau des Periodensystems

• Betrachte Mehrelektronenatome ohne Coulomb-Wechselwirkung aber mit Pauli-Prinzip

(Tab. 6.1)

• Periodensystem: Auffüllen der Schalen nach dem Schema (n+ l) von 0,1,2

• Falls gleiches (n+ l) dann niedrigstes n zuerst

(n+ l) 1 2 3 4 5 6 7

1s 2s 2p3s 3p4s 3d4p5s 4d5p6s 4 f 5d6p7s

• Elektronenkonfiguration: Auffüllen der Schalen mit zugehöriger Elektronenzahl, z.B:

N ∶ n = 7 1s22s22p3 (6.21)

Ti ∶ n = 22 1s22s22p63s23p64s23d2 (6.22)

• Abgeschlossene (sp)-Konfiguration: Edelgaskonfiguration (Tab. 6.2)

Tabelle 6.1: Bezeichnung der Unterschalen

Schale Elektronenanzahl Magnetische Quantenzahl ml

s-Schale 2 0p-Schale 6 −1,0,1d-Schale 10 −2,−1,0,1,2f -Schale 14 −3, ...,3

98

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6.3 Spin-Bahn-Kopplung in Mehrelektronenatomen

Tabelle 6.2: Edelgaskonfigurationen

Edelgas ElektronenkonfigurationHe: 1s2

Ne: 1s22s2p6

Ar: 1s22s2p63s2p6

Kr: [Ar]3d104s2p6

6.3 Spin-Bahn-Kopplung in Mehrelektronenatomen

• In Mehrelektronenatomen hat jedes Elektron Bahndrehimpuls li und Spin si

• Frage: Wie koppeln all diese Drehimpulse zu Gesamtdrehimpuls?

6.3.1 LS-Kopplung (Russell-Saunders-Kopplung)

• Anwendbar für Atome, wo Spin-Bahn-Wechselwirkung schwach gegenüber Elektron-

Elektron-Wechselwirkung ist, d.h. für leichte Atome (Z ≤ 30)

• Betrachte zwei Elektronen mit l1 = l2 = 1, s1 = s2 = 12 :

1. Alle Bahndrehimpulse koppeln zu L (Abb. 6.2a)

Quantenzahl für Gesamtdrehimpuls L = l1+ l2, ...∣l1− l2∣ in ganzen Zahlen

2. Alle Spins koppeln zu Gesamtspin S (Abb. 6.2b)

Quantenzahl für S: s1+ s2, ...∣s1− s2∣

3. Gesamtdrehimpuls:

J = L+ S (mit J = L+S, ..., ∣L−S∣) (6.23)

• Zustand wird festgelegt durch

– Hauptquantenzahl n

– Gesamtbahndrehimpuls L (L = 0,1,2, ... ≙ S,P,D)

– Gesamtspin S (liefert Multiplizität 2S +1, Tab. 6.3)

– Gesamtdrehimpuls J

⇒ Bezeichnung des Zustands durch Termsymbol:

n 2s+1l j (6.24)

99

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6 Mehrelektronenatome

(a) Kopplung der Bahndrehimpulse (b) Kopplung der Spins

Abbildung 6.2: Russell-Saunders-Kopplung

Tabelle 6.3: Mögliche Multiplizitäten

Elektronen Gesamtspin S Multiplizität 2S +1 Bezeichnung1 1

2 2 Dublett2 0 1 Singulett

1 3 Triplett3 3

2 4 Quartett12 2 Dublett

4 2 5 Quintett1 3 Triplett0 1 Singulett

• Beispiel: Grundzustand und erster angeregter Zustand von Helium:

1s2 ∶l1 = l2 = 0´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

s1 = s2 = 12´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

L = 0 S = 0, 1®Pauli-verboten

⇒1 S0 (6.25)

1s12s1l1 = l2 = 0´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

s1 = s2 = 12´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

L = 0 S = 0,1⇒1 S0, 3S1 (6.26)

100

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6.3 Spin-Bahn-Kopplung in Mehrelektronenatomen

• Beispiel: Alle Zustände für Kohlenstoff (1s22s2p2):

– geschlossene Schalen: L = 0, S = 0

– mögliche Zustände:

ml ML MS

-1 0 1

↑ ↓ -2 0

↑ ↓ 0 0

↑ ↓ 2 0

↑ ↓ -1 0

↑ ↓ 0 0

↑ ↓ 1 0

↓ ↑ -1 0

↓ ↑ 0 0

↓ ↑ 1 0

↑ ↑ -1 1

↑ ↑ 0 1

↑ ↑ 1 1

↓ ↓ -1 -1

↓ ↓ 0 -1

↓ ↓ 1 -1

Slaterdiagramme

ML

-2 -1 0 1 2

-1 | | |

MS 0 | || ||| || |

1 | | |

ML

-1 0 1

-1 | | |

MS 0 | || |

1 | | |

1. a) Suche maximales ML

ML = 2⇒ L = 2⇒D (6.27)

b) suche zugehöriges maximales MS

MS = 0⇒ S = 0⇒ 2S +1 = 1 (6.28)

c) bestimme J

d) streiche alle zum Termsymbol gehörenden Zustände aus dem Slaterdia-

gramm, dabei gilt:

ML =−L,−L+1, . . . ,0, . . . ,L−1,L (6.29)

MS =−S,−S +1, . . . ,0, . . . ,S −1,S (6.30)

(6.31)

⇒ 1D2 (5× in m j entartet)

101

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6 Mehrelektronenatome

2. a) Suche nächstes maximales ML

1⇒P (6.32)

b) suche zugehöriges maximales MS

S = 1⇒ 2S +1 = 3 (6.33)

c) bestimme J

d) streiche alle zum Termsymbol gehörenden Zustände aus dem Slaterdia-

gramm

⇒ 3P2 (5× entartet), 3P1 (3× entartet), 3P0 (1× entartet)

insgesamt 9 ”Zustände”

3. verbleibender Zustand:

⇒ 1S0 (1× entartet)

• Was ist der Grundzustand?

⇒Hundsche Regeln (empirisch gefunden von Friedrich Hund 1927)

0. Volle Schalen haben L = 0, S = 0, tragen nicht bei

1. Gesamtspin S nimmt maximalen Wert an, d.h. Spins möglichst parallel

⇒ Spins parallel: Spinanteil in Wellenfunktion symmetrisch

⇒Ortsanteil antisymmetrisch⇒weiterreichend

⇒ besseres Ausweichen der Elektronen

⇒ Elektron-Elektron Wechselwirkung kleiner

Beispiel:

d3 ↑ ↑ ↑ml = −2 −1 0 1 2

(6.34)

2. bei maximalem Spin wären ml so besetzt, dass L maximal:

d3 ↑ ↑ ↑ml = −2 −1 0 1 2

⇒ L = 3 ⇒ 4F 92

, 4F 72

, 4F 52

, 4F 32

(6.35)

3. J minimal für weniger als halbvolle Schalen, maximal sonst

102

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6.4 Störungsrechnung zur Behandlung der Elektron-Elektron-Wechselwirkung

Grundzustand für d3-Konfiguration:

4F 32

(6.36)

für halbvolle Schalen:

p3 ↑ ↑ ↑ml = −1 0 1

⇒ S = 3

2, L = 0⇒ J = S ⇒ 4S 3

2(6.37)

d5 ↑ ↑ ↑ ↑ ↑ml = −2 −1 0 1 2

⇒ S = 5

2, L = 0⇒ J = S ⇒ 6S 5

2(6.38)

6.3.2 J-J-Kopplung

• Für schwere Kerne (Z > 60) ist die Spin-Bahn-Kopplung stärker als die Elektron-Elektron-

Wechselwirkung

⇒ erst für jedes Elektron

ji = li + si (6.39)

dann alle ji zu Gesamtdrehimpuls J

6.4 Störungsrechnung zur Behandlung derElektron-Elektron-Wechselwirkung

6.4.1 Allgemeiner Formalismus(Zeitunabhängige Schrödingergleichung, Rayleigh-Schrödinger)

• Hamiltonoperator:

H = H0¯ungestörter Teil, Lösung bekannt

+StörungªHs (6.40)

• z.B.

– H-Atom im elektrischen Feld(Stark-Effekt)

– H-Atom im magnetischen Feld (Zeemann-Effekt)

– H-Atom mit Spin-Bahn-Kopplung

– He-Atom:

H0 nicht wechselwirkende Elektronen

Hs Elektron-Elektron-Wechselwirkung

103

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6 Mehrelektronenatome

• Regel: Zerlegung von H , sodass Lösung von H0 bekannt und Hs klein

• Idee: Graduelles Einschalten der Störung (mathematisch Hs =λw mit λ ∈ [0,1]

λ = 1 volles Problem

λ = 0 ungestörtes Problem

⇒ Schrödingergleichung in Abhängigkeit von Parameter λ:

H(λ)Ψ(λ) = E(λ)Ψ(λ) (mit H(0) = H0, H(1) = H) (6.41)

6.4.2 Herleitung der Störungstheorie

• Eigenfunktion ∣Ψn⟩ und Eigenwerte En nach Potenzen von λ entwickeln:

En(λ) = E(0)n +λE

(1)n +λ2E

(2)n + ... (6.42)

∣Ψn(λ)⟩ = ∣Ψ(0)n ⟩+λ ∣Ψ(1)

n ⟩+λ2 ∣Ψ(2)n ⟩+ ... (6.43)

• Einsetzen in Schrödingergleichung:

H(λ)∣Ψn(λ)⟩ = En(λ)∣Ψn(λ)⟩ (6.44)

• Für jede Potenz vergleichen:

0. Ordnung (λ0): H0 ∣Ψ(0)n ⟩ = E

(0)n ∣Ψ(0)

n ⟩ (ungestörtes Problem) (6.45)

1. Ordnung(λ1): (H0−E(0)n )∣Ψ(1)

n ⟩ = (E(1)n −W )∣Ψ(0)

n ⟩ (6.46)

(a) 1:1-Zuordnung der Zustände von H(0) und H(1) (b) Berechnete und gemessene Energieniveaus des Heliumatoms

Abbildung 6.3: Störungsrechnung

104

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6.4 Störungsrechnung zur Behandlung der Elektron-Elektron-Wechselwirkung

• Auflösen mit Orthogonalität der Eigenfunktion:

E(1)n = ⟨Ψ(0)

n ∣W ∣Ψ(0)n ⟩ (6.47)

(= Matrixelement der Störung mit ungestörter Wellenfunktion) (6.48)

• Energiekorrektur 2. Ordnung:

E(2)n = ∑

m≠n±

Summe über alle Zustände

(A)³¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹·¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹µ∣⟨Ψ(0)

m ∣W ∣Ψ(0)n ⟩∣

2

E(0)n −E

(0)m´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

(B)

(6.49)

(A): nicht-diagonales Matrixelement der Störung

(B): Energiedifferenz der ungestörten Eigenwerte

⇒ Problem bei Entartung, da dort E(0)n −E

(0)m = 0

• Störungsreihe konvergiert nicht für:

E(0)n −E

(0)m → 0 (quasientartete Zustände) (6.50)

⟨Ψ(0)n ∣W ∣Ψ(0)

n ⟩ groß (6.51)

6.4.3 He-Grundzustand in Störungsrechnung

• Hamiltonoperator (He-Kern in (0,0,0)):

H =

h(r1)

³¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹·¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹µ− h2

2m∆1−

Z e2

4πε0r1

h(r2)

³¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹·¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹µ− h2

2m∆2−

Z e2

4πε0r2´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶H0

+ e2

4πε0∣r1− r2∣´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

W

(6.52)

• Lösung von H0 im Grundzustand (beide Elektronen in 1s mit ↑ ↓ ):

∣Ψ(0)0 ( 1®

r1,ms1

,2)⟩ = 1√2

RRRRRRRRRRR

∣1s(1)⟩ ∣1s(1)⟩∣1s(2)⟩ ∣1s(2)⟩

RRRRRRRRRRR= 1√

2(∣s(1)s(2)⟩− ∣s(2)s(1)⟩) (6.53)

• mit∣s⟩ =Φ100(r ) ⋅α(σ)∣s⟩ =Φ100(r ) ⋅β(σ)

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭Φ100(r ) = 1√

π( Z

a0)

32

e−

Z ra0 (6.54)

105

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6 Mehrelektronenatome

• Störungstheorie 1. Ordnung:

E(1)0 =⟨Ψ(0)

0 ∣W ∣Ψ(0)0 ⟩ (6.55)

=+ 1

2⟨s(1)s(2)∣W ∣s(1)s(2)⟩ (6.56)

− 1

2⟨s(1)s(2)∣W ∣s(2)s(1)⟩ (6.57)

− 1

2⟨s(2)s(1)∣W ∣s(1)s(2)⟩ (6.58)

+ 1

2⟨s(2)s(1)∣W ∣s(2)s(1)⟩ (6.59)

(6.60)

• Zerlegen in Orts- und Spinanteil:

E(1)0 =+ 1

2⟨Φ(1)

100Φ(2)100∣W ∣Φ(1)

100Φ(2)100⟩⟨α(1)∣α(1)⟩

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶1

⟨β(2)∣β(2)⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

1

(6.61)

− 1

2⟨Φ(1)

100Φ(2)100∣W ∣Φ(1)

100Φ(2)100⟩⟨α(1)∣β(1)⟩

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶0

⟨β(2)∣α(2)⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

0

(6.62)

− 1

2⟨Φ(1)

100Φ(2)100∣W ∣Φ(1)

100Φ(2)100⟩⟨β(1)∣α(1)⟩

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶0

⟨α(2)∣β(2)⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

0

(6.63)

+ 1

2⟨Φ(1)

100Φ(2)100∣W ∣Φ(1)

100Φ(2)100⟩⟨β(1)∣β(1)⟩

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶1

⟨α(2)∣α(2)⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

1

(6.64)

=⟨Φ(1)100Φ

(2)100∣W ∣Φ(1)

100Φ(2)100⟩ (6.65)

=N ∫ d3r1∫ d3r2e−

Za0

r1 e−

Za0

r2 e2

4πε0∣r1− r2∣e−

Za0

r1 e−

Za0

r2 (6.66)

• Längere Rechnung:

E(1)0 = 5

8

Z e2

4πε0a0(6.67)

E(1)0 (Z = 2) = 34eV (6.68)

• Grundzustandsenergie (Abb. 6.3b):

E0 = E(0)0 +E

(0)0 (6.69)

= 2(−Z 2

h2RH)+ 5

4Z RH (6.70)

106

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6.5 Variationsverfahren um Elektron-Elektron-Wechselwirkung zu behandeln

6.5 Variationsverfahren umElektron-Elektron-Wechselwirkung zu behandeln

6.5.1 Allgemeines zum Verfahren

6.5.1.1 Variationstheorem

• Sei H zeitunabhängiger Hamiltonoperator, E0 Grundzustandsenergie undΦ beliebige

Wellenfunktion mit Normierung ⟨Φ∣Φ⟩ = 1, dann gilt:

⟨Φ∣H ∣Φ⟩ ≥ E0 (6.71)

• Beweis: Eigenfunktionssystem ∣Ψk⟩ mit:

H ∣Ψk⟩ = Ek ∣Ψk⟩ (mit E0 ≤ E1 ≤ ...) (6.72)

• ∣Ψk⟩ bilden Basis:

⇒ ∣Φ⟩ =∑k

ck ∣Ψk⟩ (Entwicklung nach Basisfunktionen) (6.73)

⟨Φ ∣ H ∣Φ⟩ =∑k,l

c∗l ck ⟨Ψl ∣ H ∣Ψk⟩´¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¶Ek ∣Ψk⟩

(6.74)

=∑k,l

c∗l ck Ek ⟨Ψl ∣Ψk⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

δlk

(6.75)

=∑k

∣ck ∣2Ek ≥∑k

∣ck ∣2E0 = E0∑k

∣ck ∣2

´¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¶1

= E0 (6.76)

⇒ Egal wie wir Ansatz fürΦ verbessern, wir bleiben immer über E0

⇒ Variationstheorem gibt obere Schranke (Abb. 6.4a)

6.5.1.2 Variationsprinzip

• Betrachten vonΦ als Testfunktion, die von Parametern cµ abhängt:

Φ(xi ,cµ) (6.77)

• Verändere cµ so, dass

⟨Φ(cµ)∣ H ∣Φ(cµ)⟩ = E(cµ) (6.78)

minimal wird

107

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6 Mehrelektronenatome

(a) Berechnung von Energieniveaus über Variationsprinzip (b) Abschirmung der Kernladung

Abbildung 6.4: Variationsprinzip

• Nach Variationstheorem gilt Emin(cµ) ≥ E0

⇒ beste Wellenfunktion mit gewähltem Parametersatz

• Test-WellenfunktionΦ(xi ,cµ)

⟨Φ ∣ H ∣Φ⟩ = E(cµ) (6.79)

• Bestimmung der optimalen Parameter:

∂E

∂cµ= 0 (6.80)

• Falls M Parameter⇒M Bestimmungsgleichungen für cµ

• Rayleigh-Ritzsches Variationsprinzip (lineares Variationsprinzip): Funktion hängt nur

linear von Parametern cµ ab

⇒ Bestimmungsgleichung für cµ linear

⇒ Lösen eines linearen Gleichungssystems (lineare Algebra)

108

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6.5 Variationsverfahren um Elektron-Elektron-Wechselwirkung zu behandeln

6.5.2 Variationsprinzip für He-Atom

• Bekannt: Lösung des nicht wechselwirkenden Systems: H-ähnlich skaliert mit Kernla-

dung Z

• Ansatz für Test-Wellenfunktion: Abschirmung der Kernladung von einem Elektron,

wenn Energie des zweiten Elektrons berechnet wird (Abb. 6.4b)

⇒ effektive Kernladung:

Zeff = Z − σ®Abschirmkonstante

(6.81)

• Ansatz für Test-Wellenfunktion im Grundzustand 1s2 (Ortsanteil)

Produkt-Wellenfunktion:

Φ(r1, r2) = Neff ⋅e−Zeffr1a0 ⋅e−Zeff

r2a0 (6.82)

• Variationsprinzip:

E(Zeff) = ⟨Φ ∣ H ∣Φ⟩ (6.83)

=∫ d3r2∫ d3r1e−Zeff

r1+r2a0 ( H1¯− h2

2m∆1 −Z e2

4πε0r1

+H2+ H12°e2

4πε0∣r1−r2∣

)e−Zeff

r1+r2a0 (6.84)

• Nach längerer Rechnung ergibt sich:

E(Zeff) =−2( Z 2eff°

Kinetische Energie

Elektron-Kern-Wechselwirkung³¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹·¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹µ−2Z Zeff+

5

8Zeff

²Elektron-Elektron-Wechselwirkung

) ⋅RH (6.85)

• Minimum bestimmen:

∂E(Zeff)∂Zeff

= 2Zeff−2Z + 5

8= 0 (6.86)

⇒ Zeff = Z − 5

16(6.87)

• Helium (Z = 2):

Zeff =27

16= 1.6875 (6.88)

Emin =−77.46eV (6.89)

Abweichung vom Experiment ≈ 2%

109

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6 Mehrelektronenatome

6.6 Slater-Orbitale

• Bekannt: Idee von abgeschirmter Ladung funktioniert

• Vorschlag von Slater: Ansatz für den Radialanteil der 1-Teilchen-Wellenfunktionen,

die zusammengesetzt als Slaterdeterminante die Vielteilchen-Wellenfunktion des Atoms

beschreiben, kann man annähern (STO=Slater-type-orbitals):

RST Onl = Nnl r n∗−1 exp(−(Z −σ)r

n∗a0) (6.90)

1. keine Laguerre-Polynome⇒ keine radialen Knoten

2. n∗ entspricht Hauptquantenzahl n:

n = 1 2 3 4 5 6

n∗ = 1 2 3 3.7 4.0 4.2

⇒ stärkere Kontraktion der äußeren Schalen durch relativistische Effekte

3. σnl Abschirmungskonstante, die sich für jedes Elektron einer Unterschale nach

folgenden Regeln berechnet:

– Die Unterschalen werden in folgende Gruppen eingeteilt:

1s/2s2p/3s3p/3d/4s4p/4d/4f/5s5p/5d/6s6p

– Elektronen in äußeren Schalen schirmen nicht ab

– Geschlossene Schalen eine unter der zu bestimmenden:

s, p ∶ x ⋅0.85 (x = Anzahl der Elektronen in Schale) (6.91)

d , f ∶ x ⋅1.00 (6.92)

– Schalen mehr als zwei unter der zu bestimmenden:

s, p,d , f ∶ x ⋅1.00 (6.93)

– Elektronen in selber Schale:

1s ∶ x ⋅0.3 (6.94)

sonst: x ⋅0.35 (6.95)

110

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6.6 Slater-Orbitale

• Beispiel: Sauerstoff (1s22s2p4). Abschirmkonstante für 2p-Elektron:

σ = 2 ⋅0.85´¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¶1s

+5 ⋅0.35 = 3.45 (6.96)

⇒ Zeff = Z −σ = 4.55 (6.97)

• Schwefel (1s22s2p63s2p4):

σ = 2 ⋅1.00+8 ⋅0.85+5 ⋅0.35 = 10.55 (6.98)

⇒ Zeff = 16−σ = 5.45 (6.99)

111

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7 Chemische Bindung

7.1 Hamilton-Operator für Moleküle

• Molekül aufgebaut aus Atomkernen und Elektronen mit Coulomb-Wechselwirkung

(Tab. 7.1)

• Beispiel: H2O (N = 3, n = 10, ZO = 8, ZH = 1, Abb. 7.1):

• Kinetische Energie der Kerne:

TK =N

∑α=1

ˆp2α

2Mα(7.1)

• Kinetische Energie der Elektronen:

Te =n

∑i=1

ˆp2i

2m(7.2)

• Coulomb-Abstoßung der Kerne:

VKK =N

∑α=1

N

∑β>α

ZαZβe2

4πε0∣Rα− Rβ∣(7.3)

• Coulomb-Abstoßung der Elektronen:

Vee =n

∑i=1

n

∑j>i

e2

4πε0∣ri − r j ∣(7.4)

Tabelle 7.1: Hamilton-Operator für Moleküle

Atomkerne ElektronenAnzahl N nNummerierung α,β, .. i , j , ...Ladung Zα ⋅e −eMasse Mα mOrt Rα ri

113

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7 Chemische Bindung

Abbildung 7.1: Wassermolekül

Abbildung 7.2: Wasserstoffmolekül

• Coulomb-Anziehung Kern-Elektron:

VeK =N

∑α=1

n

∑i=1

−Zαe2

4πε0∣Rα− ri ∣(7.5)

• Gesamt-Hamiltonoperator:

H = TK+ Te+ VKK+ Vee+ VeK (7.6)

• Beispiel: Wasserstoffmolekül (Abb. 7.2):

H =− h2

2M∆R1

− h2

2M∆R2

− h2

2m∆r1 −

h2

2m∆r2 (7.7)

+ e2

4πε0∣R1− R2∣+ e2

4πε0∣r1− r2∣(7.8)

− e2

4πε0( 1

∣R1− r1∣+ 1

∣R1− r2∣+ 1

∣R2− r1∣+ 1

∣R2− r2∣) (7.9)

114

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7.1 Hamilton-Operator für Moleküle

• Hamiltonoperator hängt von allen Kernkoordinaten Rα und allen Elektronenkoordi-

naten ri ab

• Abkürzende Schreibweise:

R = (R1, R2, ..., RN) (3N -Vektor) (7.10)

r = (r1, r2, ..., rN) (3n-Vektor) (7.11)

(7.12)

• Zeitunabhängige Schrödingergleichung:

H(R, r )Ψ(R, r ) = EΨ(R, r ) (3(N +n)-dimensionales Problem) (7.13)

• 3N Freiheitsgrade für Kerne

⇒Molekülstruktur (Bindungslängen, Bindungswinkel)

• 3n Freiheitsgrade für Elektronen

Elektronenstrukturen (Orbitale, Ionisierungsenergien, Ortsanteil)

• Freiheitsgrade der Kerne und Elektronen hängen über VeK zusammen

115

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7 Chemische Bindung

7.2 Born-Oppenheimer-Näherung

• Idee: Kern- und Elektronenkoordinaten separieren, sodass Probleme nacheinander

gelöst werden können

• Max Born, Robert Oppenheimer (1927): Masse der Kerne ≫ Masse der Elektronen

( Mαm ≥ 2000)

⇒ Elektronen bewegen sich viel schneller als Kerne

⇒ Kerne können als fest betrachtet werden für Bewegung der Elektronen: Kinetische

Energie der Kerne für Bewegung der Elektronen = 0:

H BOAel = Te+ VeK+ Vee (+VKK)

´¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¶const.

(7.14)

⇒Elektronische Schrödingergleichung in Born-Oppenheimer-Näherung mit Parame-

ter R:

HelΨBOA(ri , R) = E(R)ΨBOA(ri , R) (7.15)

• Für die Bewegung der Kerne (= chemische Reaktion, Schwingung der Kerne→ IR) wird

Elektronenbewegung gemittelt

⇒ d.h. Sie berechnen E(R) in BOA für jedes R (Abb. 7.3)

Abbildung 7.3: Potential der Kernbewegung im BOA

116

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7.3 Kernbewegung

7.3 Kernbewegung

7.3.1 Motivation

• Annahme: Schrödingergleichung HelΨBOA = E(R)ΨBOA gelöst für alle Kernkoordina-

ten R:

HK = TK+E(R)+VKK(R)´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

U(R) Energiepotentialfläche

(7.16)

• Beispiel: H +2 (Abb. 7.4a)

• nur eine Kernkoordinate ändert Elektronenstruktur = Abstand der Protonen, 5 Frei-

heitsgrade für Translation und Rotation in linearem Molekül

• Abschätzung von Eel im Grundzustand (Abb. 7.4b):

R→∞ H +

2 →H·+H+ (el. Energie = Energie des H=−RH) (7.17)

R→ 0 H +

2 →He+ (H-ähnliches Atom. Energie des He+=−4RH) (7.18)

• Minimum R0: Chemische Bindung

⇒H +2 stabil als getrenntes System

(a) H +2 -Ion (b) Potential des H +

2 -Ions

Abbildung 7.4: H +2 -Ion

117

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7 Chemische Bindung

Abbildung 7.5: Zweiatomiges Molekül

Abbildung 7.6: Morsepotential

7.3.2 Zweiatomige Moleküle

• Nur eine Relativkoordinate R (Abb. 7.5):

R→∞ separierte Kerne. Def. U = 0

R→ 0 U0→∞ Abstoßung der Kerne

R0 Gleichgewichtsabstand

De Dissoziationsenergie

• Mögliche Beschreibung der Funktion: Morsepotential (Abb. 7.6):

U(R) =De (1−e−β(R−R0))2(7.19)

U(0) =De (1−eβR0)2 ≈D2βR0e ≫De (aber endlich) (7.20)

U(R0) = 0 (7.21)

U(R→∞) =De (7.22)

118

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7.3 Kernbewegung

• Falls man nur an Auslenkung nahe Minimum interessiert ist, kann man Parabel im

Minimum anfitten (1. Term ≠ 0 in Taylor-Reihe, Abb. 7.7a):

VHO = 1

2β(R −R0)2 (β = k = Kraftkonstante) (7.23)

7.3.3 Harmonischer Oszillator

• zweiatomiges Molekül mit Auslenkung der Kerne nahe Minimum

• Einführung einer Relativkoordinate (= Auslenkung) x =R −R0 (Abb. 7.7b)

• Potential:

VHO = 1

2kx2 (7.24)

• Bewegte Masse = reduzierte Masse µ:

µ = MA MB

MA +MB(7.25)

• Hamiltonoperator für Relativkoordinaten:

HHO =− h2

∂2

∂x2+ 1

2kx2 (7.26)

(Hamiltonoperator für eindimensionalen harmonischen Oszillator mit k = µω2, ω ≙Schwingungsfrequenz)

(a) Harmonisches Potential (b) Zweiatomiges Molekül

Abbildung 7.7: Harmonischer Oszillator

119

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7 Chemische Bindung

Tabelle 7.2: Hermite-Polynome H(q)mit q = xx0

n Polynom Nullstellen Symmetrie0 H0(q) = 1 0 gerade1 H1(q) = 2q 1 ungerade2 H2(q) = 4q2−2 2 gerade3 H3(q) = 8q3−12q 3 ungerade

• Lösung der Schrödingergleichung HHOΦ(x) = EΦ(x):

En¯Eigenwert

= hω(n+ 1

2) (n: Quantenzahl mit n = 0,1,2, ...) (7.27)

• Eigenfunktionen:

Φn(x) = Nn Hn(q)´¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¶

Hermite-Polynome mit q = xx0

Gaußfunktion³¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹·¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹µe−

12(

xx0

)

2

(7.28)

• mit Hermitepolynomen (Tab. 7.2) und Normierungsfaktor Nn :

Nn = ( (µω) 12

2nn!√π√

h)

12

(7.29)

• Nullstellen nehmen zu, Anzahl der Nullstellen =n

• n gerade: gerade Funktion

• n ungerade: ungerade Funktion

• Diskussion der Lösung (Abb. 7.8):

– Energieniveaus äquidistant:

∆E = En+1−En = hω(n+1+ 1

2)− hω(n+ 1

2) = hω (7.30)

⇒Nur eine Linie im IR-Spektrum

– Nullpunktsenergie (T = 0K):1

2hω (7.31)

– n gerade:

Φn(x) =Φn(−x) (7.32)

120

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7.3 Kernbewegung

Abbildung 7.8: Wellenfunktionen und Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des Harmonischen Oszillators

– n ungerade:

Φn(x) =−Φn(−x) (7.33)

– ∣Φn ∣2 am größten für:

n = 0 x = 0 (7.34)

n→∞ verschoben zum Rand des Potentials (= klassisches Ergebnis) (7.35)

7.3.4 Lösung des Anharmonischen Oszillators

• Hamiltonoperator des Morsepotentials:

H =− h2

∂2

∂R2+De (1−e−β(R−R0))2

(7.36)

• Entwickeln der Exponentialfunktion in Taylor-Reihe:

1−β(R −R0)+1

2β2(R −R0)2+ ... (7.37)

121

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7 Chemische Bindung

Abbildung 7.9: Harmonischer und anharmonischer Oszillator

• Es ergibt sich:

H =− h2

∂2

∂R2+De (+β(R −R0)−

1

2β2(R −R0)2+ ...)

2

(7.38)

=− h2

∂2

∂R2+Deβ

2(R −R0)2

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶harmonisch

−Deβ3(R −R0)3

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Korrekturterm 1. Ordnung zum HO (anharmonischer Term)

+... (7.39)

• Lösung des anharmonischen Oszillators:

En = hω(n+ 1

2)− hωxe (n+ 1

2)

2

(7.40)

• Frequenz ω der Schwingung:

β2De =1

2µω2⇒ω =

√2Deβ2

µ(7.41)

• Anharmonizitätsparameter xe :

xe =ωh

4De≪ 1 (7.42)

• Energiedifferenzen ∆EAHO (Abb. 7.9):

∆EAHO =En+1−En (7.43)

=hω(n+1+ 1

2)− hωxe (n+1+ 1

2)

2

(7.44)

− hω(n+ 1

2)+ hωxe (n+ 1

2)

2

(7.45)

=hω−2hωxe −2hωxe n (7.46)

⇒∆E(n)

AHO ∼−n (7.47)

122

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7.3 Kernbewegung

⇒ Energieabstand nimmt linear mit n ab⇒mehrere Linien im Spektrum

• Dissoziation des Moleküls (∆EAHO = 0) bei n0:

n0 =hω−2hωxe

2hωxe= 1

2xe−1 (7.48)

• n0 entspricht Anzahl der Schwingungsquanten, die angeregt werden können, ehe Mo-

lekül dissoziiert

7.3.5 Zweidimensionaler harmonischer Oszillator

• Hamiltonoperator mit Potential aus Abb. 7.10:

H =− h2

2µ1

∂2

∂x2+ 1

2µ1ω

21x2− h2

2µ2

∂2

∂y2+ 1

2µ2ω

22 y2 (7.49)

= H1(x)+ H2(y) (7.50)

• Separation der Variablen (Ψ(x, y) =Φ1(x)Φ2(y)):

H1Φ1 = E1Φ1 (7.51)

H2Φ2 = E2Φ2 (7.52)

E = E1+E2 (7.53)

Abbildung 7.10: Zweidimensionales harmonisches Potential

123

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7 Chemische Bindung

Tabelle 7.3: Energieniveaus im zweidimensionalen harmonischen Oszillator (ω1 =ω2)

Zustand n1 n2 Gesamtenergie EntartungsgradGrundzustand 0 0 E = 1

2 hω+ 12 hω = hω 1

1. angeregter Zustand 1 0 E = 32 hω+ 1

2 hω = 2hω 20 1

2. angeregter Zustand 2 0 E = 3hω 30 21 1

• Wellenfunktionen:

Φ(n1)

1 (x) = Nn1 Hn1 (x

x0)e

−12(

xx0

)

2

(mit x0 =√

h

µ1ω1) (7.54)

Φ(n2)

2 (y) = Nn2 Hn2 (y

y0)e

−12(

yy0

)

2

(mit y0 =√

h

µ2ω2) (7.55)

(7.56)

• Eigenwerte:

E1 = hω1(n1+1

2) (mit n1 = 0,1,2, ...) (7.57)

E2 = hω2(n2+1

2) (mit n1 = 0,1,2, ...) (7.58)

(7.59)

• Zustand beschreiben mit zwei Quantenzahlen n1,n2 (Tab. 7.3)

• Nullpunktsenergie wird höher, ∆E = hω

⇒ eine Linie im Spektrum

7.3.6 Nullpunktsenergie

• Eindimensionaler harmonischer Oszillator:

E0 =1

2hω (7.60)

d.h. quantenmechanisch kein Zustand mit E = 0 möglich

⇒Messung der Dissoziationsenergie (Abb. 7.11):

D0 =De +1

2hω (7.61)

124

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7.4 Molekülorbitaltheorie

Abbildung 7.11: Nullpunktsenergie

• Molekül mit N Kernen⇒ 3N −6 Schwingungsfreiheitsgrade

→ Entkoppeln⇒Normalschwingungen

→ jede Normalschwingung ωi kann durch harmonischen Oszillator angenähert wer-

den

• Nullpunktsenergie des Moleküls (= Summe über alle Schwingungsfreiheitsgrade):

EZ PE =3N−6

∑i=1

1

2hωi (7.62)

• Beispiel: Wasserstoff, H2:

ν0 = 4409cm−1 ≈ 0.5eV (7.63)

EBindung(H2) ≈ 4.5eV (7.64)

• Sauerstoff, O2:

ω =√

k

µ→ ν0 = 3115cm−1 (Isotopeneffekt) (7.65)

• Iod, I2:

ν0 = 214cm−1 (7.66)

7.4 Molekülorbitaltheorie

• Lösen des elektronischen Teils der Born-Oppenheimer-Wellenfunktion:

HelΨ( ri®Elektronenkoordinaten

,

Parameter©R ) = EelΨ(ri , R) (7.67)

125

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7 Chemische Bindung

Abbildung 7.12: Wasserstoffmolekül-Ion

7.4.1 Wasserstomolekül-Ion (H +2 )

• Einfachstes Beispiel für Bildung eines MOs (nur ein Elektron, keine Elektron-Elektron-

Wechselwirkung)

• Hamiltonoperator des Wasserstoffmolekül-Ions (Abb. 7.12):

Hel =−h2

2m∆− e2

4πε0( 1

∣RA − r ∣+ 1

∣RB − r ∣) (7.68)

• Schrödingergleichung:

HelΨ(ri , R) = EelΨ(ri , R) (7.69)

HΨ(ri) = EΨ(r ) (7.70)

• Welcher Ansatz ist sinnvoll?

• für große Kern-Kern-Abstände Elektron nahe eines Kerns:

H +

2 H·®

Lösung von H-Atom

+H+

• nicht bekannt, ob Elektron bei A- oder B-Kern

⇒ Sinnvoller Ansatz: Linearkombination der Atomorbitale

mitΦA =Φ1sA (RA − r ), ΦB =Φ1s

B (RB − r ):

Ψ(r ) = cAΦA +cBΦB = N(ΦA +kΦB) (mit k =±1) (7.71)

da identische KerneΨ(r ) symmetrisch/antisymmetrisch inΦA↔ΦB

126

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7.4 Molekülorbitaltheorie

• Wellenfunktion:

Ψ±(r ) = N(ΦA ±ΦB) (7.72)

• Bestimmen von Normierungsfaktor N :

⟨Ψ∣Ψ⟩ = 1 (7.73)

= N 2(⟨ΦA ∣ΦA⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

1

+k2 ⟨ΦB ∣ΦB⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

1

+2k ⟨ΦA ∣ΦB⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

S Überlappintegral

) (7.74)

⇒N =√

1

2(1+kS) (7.75)

⇒N± =√

1

2(1±S) (7.76)

• S abhängig vom Kernabstand:

R→∞∶ S→ 0 (7.77)

R→ 0 ∶ S→ 1 (7.78)

• H +2 am Gleichgewichtsabstand R0 = 1.06Å:

S = 0.59 (7.79)

• Elektronenenergie:

Eel = ⟨Ψ∣H ∣Ψ⟩ (7.80)

= N 2 (⟨ΦA ∣H ∣ΦA⟩+k2 ⟨ΦB ∣H ∣ΦB⟩+k ⟨ΦA ∣H ∣ΦB⟩+k ⟨ΦB ∣H ∣ΦA⟩) (7.81)

• Anteil abhängig vom ersten Term:

⟨ΦA ∣H ∣ΦA⟩ =

=−RH (Lösbar durch lineare Substitution r ′ ∶= RA − r)³¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹·¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹µ

∫ d3 r®r ′Φ∗A(RA − r

²r ′

)(− h2

2m∆®∆′− e2

4πε0

1

∣ RA − r²

r ′

∣)ΦA(RA − r

²r ′

) (7.82)

+∫ d3rΦ∗A(RA − r )(− e2

4πε0

1

∣RB − r ∣)ΦA(RA − r )

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Coulomb-Integral (Wechselwirkung der Ladungsdichte am Atom A mit Punktladung am Kern B)

(7.83)

=−RH+C (7.84)

• analog:

⟨ΦB ∣H ∣ΦB⟩ =−RH+C =−RH+C (für homonukleare Dimere) (7.85)

127

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7 Chemische Bindung

(a) Überlagerung von Atomorbitalen (b) Abschätzung CA

Abbildung 7.13: Molekülorbitale

• Lösung der Überlappintegrale:

⟨ΦA ∣H ∣ΦB⟩ =⟨ΦB ∣H ∣ΦA⟩ (7.86)

=∫ d3rΦ∗A(−h2

2m∆

´¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¶TB

− e2

4πε0∣RA − r ∣− e2

4πε0∣RB − r ∣´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

VB

)ΦB (7.87)

• mit (TB + VB)ΦB = HBΦB =−RHΦB ergibt sich:

⟨ΦA ∣H ∣ΦB⟩ =−RH∫ d3rΦ∗AΦB

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶S

−∫ d3rΦ∗A (− e2

4πε0∣RA − r ∣)ΦB

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶A (Austauschintegral, rein q.m. Term)

(7.88)

• Energie:

E = N 2(−2RH+2C +2k(−SRH+ A)) (7.89)

= 2N 2(−RH(1+kS)+C +k A) (7.90)

E± =1

1±S(−RH(1±S)+C ± A) =−RH+

C ± A

1±S(7.91)

⇒ zwei Energiewerte:

HΨ+ = E+Ψ+

HΨ− = E−Ψ−

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭2 Zustände (7.92)

128

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7.4 Molekülorbitaltheorie

• Addition der Wellenfunktionen:

E+ =−RH+C + A

1+S(7.93)

C , A < 0, 1+S > 0 (7.94)

⇒ E+ <−RH (7.95)

Energieabsenkung gegenüber freiem Atom

⇒ bindender Zustand (Abb. 7.14a,7.14c)

• Subtraktion der Wellenfunktionen:

E− =−RH+C − A

1−S(7.96)

A <C ⇒C − A > 0, (7.97)

1−S > 0 (7.98)

E− >−RH (7.99)

Energieanhebung gegenüber freiem Atom

⇒ antibindender Zustand (Abb. 7.14b,7.14c)

• H +2 (Abb. 7.14d):

R0 = 1.06Å (7.100)

−De =C + A

1+S= 2.8eV (7.101)

129

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7 Chemische Bindung

(a) Addition der Wellenfunktionen,Ψ+ (b) Subtraktion der Wellenfunktionen,Ψ−

(c) MO-Diagramm (d) Potential des H +2 -Ions bei bindendem und antibindendem Zu-

stand

Abbildung 7.14: LCAO-Methode

130

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7.4 Molekülorbitaltheorie

7.4.2 MO-LCAO-Ansatz

• Definition: MO-LCAO: Ansatz für Molekülorbitale als Linearkombination aus Atomorbitalen

der Atome, die das Molekül aufbauen (MOs werden als Basissatzentwicklung mit Basis-

AOs geschrieben, daher werden AOs auch Basissatz genannt)

• Beispiel: Sauerstoffmolekül: Bindung nur durch Valenzorbitale:

2s2p4→ pro Atom 2s2px2py2pz als Basis (7.102)

⇒ für O2 acht Basisfunktionen: Vier von OA, vier von OB

• Allgemein: BasisΦk , mit k = 1,2, ..., M , AtomorbitalenΦk und Koeffizienten ck :

ΨMO =M

∑k=1

ckΦk (7.103)

131

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7 Chemische Bindung

• Möchte mit MO-LCAO-Ansatz SG des Moleküls (HΨMO = EΨMO,ΨMO =12-Elektronen-

WF) lösen:

hΨMO(r ) = εΨMO(r ) (1-Teilchen-SG) (7.104)

• mit BasisfunktionenΦk ergibt sich:

hM

∑k=1

ckΦk = εM

∑k=1

ckΦk (7.105)

M

∑k=1

ck h ∣Φk⟩ = εM

∑k=1

ck ∣Φk⟩ (7.106)

(7.107)

• Multiplikation mit der komplex konjugierten WF ⟨Φi ∣ ergibt:

M

∑k=1

ck ⟨Φi ∣h∣Φk⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

hi k (Hamilton-Matrix-Element)

= εM

∑k=1

ck ⟨Φi ∣Φk⟩´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶

Si k (Überlappmatrix)

(7.108)

M

∑k=1

hi k ck = εM

∑k=1

ck Si k (7.109)

M

∑k=1

ck(hi k −εSi k) = 0 (7.110)

• lineares Gleichungssystem

• nicht triviale Lösung des linearen Gleichungssystems für ck falls

det ∣hi k −εSi k ∣ = 0 (Eigenwertgleichung, Säkulargleichung) (7.111)

• Eigenwerte εk bestimmen!

RRRRRRRRRRRRRRRRR

h11−εS11 ⋯⋮ h22−εS22 ⋮

⋯ h33−εS33

RRRRRRRRRRRRRRRRR

(7.112)

132

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7.4 Molekülorbitaltheorie

Abbildung 7.15: Drehimpulsquantenzahl λ

7.4.3 MO-Theorie für zweiatomige Moleküle

a) Welche Atom-Orbitale kann ich ”gut” zu Molekülorbitalen kombinieren?

• Linearkombination von Atomorbitalen:

ΨMO = cAΦA +cBΦB (7.113)

1. Energieeigenwerte vonΦA,ΦB (in getrennten Atomen) ähnlich

2. Prinzip des maximalen Überlapps S AB = ⟨ΦA ∣ΦB⟩:

E+ =−RH+

negativ für S groß­C + A

1+S(7.114)

b) Klassifizierung und Bezeichnung der MO

• Klassifizierung nach Drehimpuls. Quantenzahlλ für Bewegung um Molekülachse (Abb.

7.15)

i) Vorzeichen ändert sich nicht:

λ = 0⇒σ (7.115)

ii) Vorzeichen ändert sich einmal:

λ = 1⇒π (7.116)

iii) Vorzeichen ändert sich zweimal:

λ = 2⇒ δ (7.117)

133

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7 Chemische Bindung

(a) σ-Orbitale (b) π-Orbitale

(c) δ-Orbital (z.B. bei Übergangsmetall-Dimeren)

Abbildung 7.16: Molekülorbitale

• Symmetrie (Abb. 7.16a-7.16c):

– g: gerade bei Inversion

– u: ungerade bei Inversion

• Auffüllen der Molekülorbitale nach Aufbauprinzip

• 1. Hundsche Regel gilt auch für MO’s, d.h. parallele Spins (Triplett) energetisch gün-

stiger als antiparallele (Singulett)

• Bindungsordnung (Tab. 7.5):

Elektronen in bindenden Orbitalen−Elektronen in antibindenden Orbitalen (7.118)

Tabelle 7.4: Welche Kombinationen ergeben welche Molekülorbitale? (Molekül in z-Richtung)

ΦA ΦB

σ s s, pz ,dz2

pz s, pz ,dz2

dz2 s, pz ,dz2

π px px

py py

dxz dxz

δ dx y dx y

dx2−y2 dx2−y2

134

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7.4 Molekülorbitaltheorie

(a) MO-Diagramm für zweiatomige homonukleare Moleküle mitAtomen der zweiten Periode

(b) Elektronenkonfiguration von Stickstoff⇒ Singulettzustand→ diamagnetisch

(c) Elektronenkonfiguration von Sauerstoff⇒ Triplettzustand→ paramagnetisch

Abbildung 7.17: MO-Schemata

135

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7 Chemische Bindung

Tabelle 7.5: Bindungsordnungen und -energien verschiedener Moleküle/Ionen

Molekül(-Ion) Elektronenkonfiguration Bindungsordnung BindungslängeÅ

Bindungsenergie

kcal ⋅mol−1

H +2

σu

↑ σg

12 1.06 61

H2σu

↑ ↓ σg

22 0.74 103

He +2

↑ σu

↑ ↓ σg

12 1.08 60

He +2

↑ ↓ σu

↑ ↓ σg0 — 0

7.4.3.1 Heteronukleare zweiatomige Moleküle

• Atomorbitale der beteiligten Atome haben verschiedene Energie (mit Slaterregeln ab-

schätzen)

• Beispiel: Lithiumhydrid, HLi

– 1s (Z∗ = 3−0.3 = 2.7):

E1s ≈−1

2

Z∗2

n∗2 RH = 1

2

2.72

12≈−4 RH (7.119)

– 2s (Z∗ = 3−2 ⋅0.85 ≈ 1.3):

E2s ≈−1

2

1.32

22RH ≈−0.2 RH (7.120)

→ Chemische Bindung zwischen 1s (H) und 2s (Li) (Abb. 7.18a)

(a) Lithiumhydrid (b) Fluorwasserstoff

Abbildung 7.18: Heteronukleare zweiatomige Moleküle

136

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7.4 Molekülorbitaltheorie

(a) Singulett (b) Triplett

Abbildung 7.19: Mögliche Elektronenkonfigurationen des Bornitrids

• Fluorwasserstoff, HF (Abb. 7.18b)

• A,B aus zweiter Periode (Bornitrid, BN (Abb. 7.19))

• bei nahem σ,π im MO nicht klar, was Grundzustand ist

⇒ Bei BN Triplett Grundzustand (Abb. 7.19b)

7.4.3.2 Termsymbole für zweiatomige Moleküle

• Projektion des Gesamtdrehimpulses auf Molekülachse (→ LAchse)

• →QuantenzahlΛ zu LAchse (Tab. 7.6)

– Multiplizität (2S +1)

– Verhalten unter Inversion (gerade/ungerade)

– Verhalten unter Spiegelung an Ebene ⊥Molekülachse (+/−)

• ⇒ Termsymbol (Tab.7.7):2S+1Λ

+/−

g/u(7.121)

Tabelle 7.6: QuantenzahlΛ

Λ Termsymbol0 Σ

1 Π

2 ∆

137

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7 Chemische Bindung

Tabelle 7.7: Termsymbole

Molekül/Ion Elektronenkonfiguration Termsymbol

H2σ∗u

↑ ↓ σg

1Σ+g

HeH↑ σ∗

↑ ↓ σ2Σ

O +2

↑ π∗g↑ ↓ ↑ ↓ πu

2Π−g

O2↑ ↑ π∗g↑ ↓ ↑ ↓ πu

3Σ+g

7.4.4 Moleküle mit mehreren Atomen

• Ziel der Atome, solche Moleküle zu bilden, dass möglichst alle Atome geschlossene

Schalen haben

• Beispiel: Hydride der zweiten Periode (CH4, NH3, H20, HF, (Ne)

• wie sieht chemische Bindung in diesen Molekülen aus?

7.4.4.1 Hybridorbitale

• Definition: Hybridorbitale sind Orbitale, die als Linearkombination von Atomorbita-

len am selben Atom gebildet werden

• Ziel: Bildung ”atomzentrierter” Orbitale, die zum Bindungspartner stärker ausgerich-

tet sind und durch größeren Überlapp stärkere Bindung haben

• Beispiel: sp3-Hybrid (Linearkombination aus s, px, py, pz). Für vier Bindungspartner

(Abb.7.20a, 7.20b):

(a) Beteiligte s- und p-Atomorbitale (b) sp3-Hybridorbital in (1, 1, 1)-Richtung

Abbildung 7.20: sp3-Hybridisierung

138

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7.4 Molekülorbitaltheorie

∣h1⟩ =1

2®Normierung

(∣s⟩+ ∣px⟩+ ∣py⟩+ ∣pz⟩) (zeigt in (1,1,1)-Richtung) (7.122)

∣h2⟩ =1

2(∣s⟩+ ∣px⟩− ∣py⟩− ∣pz⟩) (zeigt in (1,−1,−1)-Richtung) (7.123)

∣h3⟩ =1

2(∣s⟩+ ∣px⟩− ∣py⟩+ ∣pz⟩) (zeigt in (−1,1,−1)-Richtung) (7.124)

∣h4⟩ =1

2(∣s⟩− ∣px⟩+ ∣py⟩− ∣pz⟩) (zeigt in (−1,−1,1)-Richtung) (7.125)

• Winkel zwischen zwei sp3-Hybridorbitalen = Winkel zwischen Vektoren (1,1,1) und

(1,−1,−1):

⎛⎜⎜⎜⎝

1

1

1

⎞⎟⎟⎟⎠⋅⎛⎜⎜⎜⎝

1

−1

−1

⎞⎟⎟⎟⎠=−1 =−

√3 ⋅

√3 ⋅cosγ (7.126)

cosγ =−1

3⇒ γ = 109.47° (7.127)

⇒ Tetraederwinkel, d.h. sp3-Hybride zeigen in Ecken eines Tetraeders

• was passiert für NH3, H2O?

• ”sp3”-Hybride mit variablen Koeffizienten:

∣h1⟩ = cs,1 ∣s⟩+cpx ,1 ∣px⟩+cpy ,1 ∣py⟩+cpz ,1 ∣pz⟩ (7.128)

∣h2⟩ = cs,2 ∣s⟩+cpx ,2 ∣px⟩+cpy ,2 ∣py⟩+cpz ,2 ∣pz⟩ (7.129)

• Symmetriebetrachtung: NH3:

– 3 Hybride gleich (Bindung zu H)

← höherer p-Anteil

←Winkel zwischen Bindungen < Tetraederwinkel

– 1 Hybrid leicht anders (”lone pair”)

← hoher s-Anteil

• sp2-Hybrid, z.B. BF3, C2H4, CH +3 (3 Bindungspartner, aber kein lone pair)

139

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7 Chemische Bindung

Tabelle 7.8: Weitere mögliche Hybridorbitale

Bindungspartner Hybridisierung Beispiel Geometrie5 d sp3 PClF4 pyramidal/trigonal bipyramidal6 d 2sp3 SF6 regelmäßiger Oktaeder

(a) Beteiligte s- und p-Atomorbitale (b) sp2-Hybridorbitale

Abbildung 7.21: sp2-Hybridisierung

⇒ planare Moleküle ( Abb.7.21a, 7.21b):

∣h1⟩ =1√

3∣s⟩+ 2√

6∣px⟩ (7.130)

∣h2⟩ =1√

3∣s⟩− 1√

6∣px⟩+

1√2∣py⟩ (7.131)

∣h3⟩ =1√

3∣s⟩− 1√

6∣px⟩−

1√2∣py⟩ (7.132)

(7.133)

⇒ pz nicht an Hybriden beteiligt (nicht besetzt)

⇒ BF3, CH +3 , C2H4 → π-Bindung, Hückel, 7.5

• sp-Hybride (bei zwei Bindungspartnern, z.B. BeH2, C2H2):

∣h1⟩ =1√

2(∣s⟩+ ∣px⟩) (7.134)

∣h2⟩ =1√

2(∣s⟩− ∣px⟩) (7.135)

(7.136)

• für Elemente der dritten Periode und höher auch Hybride mit d-Orbitalen möglich

(Tab. 7.8)

140

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7.4 Molekülorbitaltheorie

Tabelle 7.9: Molekülorbitale im Kohlenstoffdioxid (Abb. 7.22a, 7.22b)

MO Knoten Symmetrie bindend/antibindendi σs+ = sO1

+ sC+ sO20 gerade bindend

ii σ∗s− =−sO1+ sC− sO2

2 gerade antibindendiii σp+ = sO1

+pC− sO21 ungerade bindend

iv σp−∗ = sO1+pC+ sO2

3 ungerade antibindendv σs+ =−pO1

+ sC+pO22 gerade bindend

vi σ∗s− = pO1+ sC−pO2

4 gerade antibindendvii σp+ =−pO1

+pC−pO23 ungerade bindend

viii σ∗p− = pO1+pC+pO2

5 ungerade antibindendix πu = px,O1

+px,C+px,O2 1 ungerade bindendπu = py,O1

+py,C+py,O2 1 ungerade bindendx π∗u =−px,O1

−px,C+px,O2 3 ungerade antibindendπ∗u =−py,O1

−py,C+py,O2 3 ungerade antibindendxi πu = px,O1

+px,O2 1 gerade nicht bindend (lone pair)πu = py,O1

+py,O2 1 gerade nicht bindend (lone pair)xii πg = px,O1

−px,O2 2 ungerade nicht bindend (lone pair)πg = py,O1

−py,O2 2 ungerade nicht bindend (lone pair)

7.4.4.2 MO-Theorie für mehratomige Moleküle

• Für größere Moleküle MO-LCAO-Ansatz

⇒Determinante zur Bestimmung der MO-Koeffizienten numerisch lösen

• für kleinere Moleküle Symmetriebetrachtung

falls Kerngerüst Symmetrie aufweist⇒MO-Elektronenorbitale gleiche Symmetrie

• Beispiel: CO2 (Tab. 7.9, Abb. 7.22a, 7.22b):

1. Molekül linear⇒ σ- und π-Trennung

2. O−−C−−O Inversionszentrum

3. C hat zwei Bindungspartner⇒ sp-Hybride:

∣h1⟩ =1√

2(∣s⟩+ ∣px⟩) (7.137)

∣h2⟩ =1√

2(∣s⟩− ∣px⟩) (7.138)

(7.139)

141

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7 Chemische Bindung

(a) σ-Orbitale

(b) π-Orbitale

142

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7.5 Hückel-MO-Theorie

• energetische Überlegung→welche Orbitalenergien?

– Anzahl der Knoten→mehr Knoten = höhere Orbitalenergien

– Größe des Überlapps → größere Aufspaltung = bindendes MO tiefere Orbital-

energie, antibindendes höhere

• energetische Anordnung der Orbitale und Auffüllen mit Valenzelektronen (4+2×6 =16):

3σu

3σg

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭sp, antibindend

πuantibindend

πu

↑ ↓ ↑ ↓ πg

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭lone pairs

↑ ↓ ↑ ↓ πubindend

↑ ↓ 2σu

↑ ↓ 2σg

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭sp, lone pairs

↑ ↓ 1σu

↑ ↓ 1σg

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭sp, bindend

7.5 Hückel-MO-Theorie

7.5.1 Allgemeines zum Berechnen von Orbitalenergien

• Bis jetzt qualitative Aussagen zu MO-Energien

→quantitative Aussagen: Hamiltonoperator H mit Elektron-Kern-Anziehung und Elektron-

Elektron-Abstoßung:

HΨ = E Ψ®n-Teilchen-Wellenfunktion

(7.140)

• Ansatz für n-Teilchen Wellenfunktion Ψ(r1, r2, ...rn) als Slaterdeterminante gebildet

von Molekülorbitalenϕa(r ), wobei Molekülorbitale aus Atomorbitalen aufgebaut sind

(MO-LCAO):

ϕMOa (r )

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Molekülorbital

=M

∑k=1

ckΦAOk (r )

´¹¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¹¶Atomorbitale

(7.141)

Variationsprinzip zur Bestimmung der ck (= Hartree-Fock-Hall)

143

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7 Chemische Bindung

• ⇒ Bestimmungsgleichung für ck :

F®M ×m-Fock-Matrix = Hamiltonoperator

Koeffizientenmatrix©C = ε®

Matrix (diagonal) der Orbitalenergien

Überlappmatrix Skl = ⟨Φk ∣Φl ⟩©S (7.142)

• Umstellen:

(F −εS) ⋅C = 0 (7.143)

M-dimensionales lineares Gleichungssystem

⇒ nicht triviale Lösung:

det ∣F −εS∣ = 0 (7.144)

⇒ ε berechnen

• mit berechneten ε in (7.143) C bestimmen

• Rechnung schon für kleine Moleküle sehr aufwendig. Problem vereinfachen:

– Auswahl der Orbitale

– Näherungen an Hamilton- und Überlappmatrix

7.5.2 Hückel-Näherung

• Näherung der Bestimmungsgleichungen für Molekülorbitale für konjugierteπ-Systeme

1. Betrachte nur pz-Orbitale an den konjugierten Atomen (z.B. Benzol, Hexen: 6-

dimensionales Problem)

⇒ pz-Orbitale bilden π-System der Molekülorbitale. Energetisch liegen HOMO

und LUMO im π-System

2. Näherung an Überlappmatrix:

S = 1 (7.145)

3. Näherung an Hamiltonmatrix:

– größtes Matrixelement ist am selben Atom:

⟨Pz,i ∣H ∣Pz,i ⟩ =∶α (7.146)

– nächstgrößtes Matrixelement am benachbarten Atom:

⟨Pz,i ∣H ∣Pz,i+1⟩ =∶β < 0 (7.147)

(Elektron-Kern-Anziehung ist > Elektron-Elektron-Abstoßung)

144

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7.5 Hückel-MO-Theorie

– weitere Matrixelemente = 0

145

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7 Chemische Bindung

(a) Ethenmolekül und anπ-System betei-ligte Orbitale

(b) Eigenwerte des π-Systems im Ethen (c) Wellenfunktionen im Ethenmolekül

Abbildung 7.23: Hückel-Näherung

• Hückelmatrix:

H =

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝

α β 0 ⋯ Z

β α β 0 ⋮0 β α β ⋮⋮ 0 β α ⋮

Z ⋯ ⋯ ⋯ α

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠

(7.148)

mit Z =β für zyklische und Z = 0 für lineare Systeme

Beispiel: Ethen (Abb. 7.23a)

• Hückelmatrix:

H =⎛⎝α β

β α

⎞⎠

(7.149)

• Bestimmungsgleichung für Koeffizienten und Eigenwerte:

H C®2×2-Matrix

= εC ⇔ (H −ε) ⋅C = 0 (7.150)

• nicht triviale Lösung (det(H −ε) = 0):

det(H −ε) =RRRRRRRRRRR

α−ε β

β α−ε

RRRRRRRRRRR(7.151)

= (α−ε)2−β2 != 0 (7.152)

(α−ε)2 =β2 (7.153)

α−ε1,2 =±β (7.154)

⇒ ε1,2 =α∓β (7.155)

⇒ Energieeigenwerte ε1,2 (Abb. 7.23b)

146

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7.5 Hückel-MO-Theorie

• Koeffizienten der Molekülorbitale:

– 1. MO zu ε1:

⎛⎝α−ε1 β

β α−ε1

⎞⎠⎛⎝

c11

c12

⎞⎠=⎛⎝

0

0

⎞⎠

(7.156)

⎛⎝β β

β β

⎞⎠⎛⎝

c11

c12

⎞⎠=⎛⎝

0

0

⎞⎠

(7.157)

βc11+βc12 = 0 (7.158)

⇒ c11 =−c12 (7.159)

– Beide Bestimmungsgleichungen aus Matrix identisch. Bestimmung von c aus

Normierung:

c211+c2

12 = 1 (7.160)

⇒ c11 =1√

2,c12 =−

1√2

(7.161)

– analog für ε2:

⎛⎝−β β

β −β⎞⎠⎛⎝

c21

c22

⎞⎠=⎛⎝

0

0

⎞⎠

(7.162)

c21 = c22 =1√

2(7.163)

– Wellenfunktionen (Abb. 7.23c):

Ψ1(ε1) =1√

2(p1−p2) (7.164)

Ψ1(ε2) =1√

2(p1+p2) (7.165)

• Besetzungszahl inΨ1: 2, inΨ2: 0

• π-Elektronenladung am Atom i :

qi =∑a

¯Summe über alle Orbitale

mac2ai (7.166)

• Bindungsordnung zwischen Atom i und j :

pi j =∑a

nacai ca j (7.167)

147

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7 Chemische Bindung

• Für Ethen:

q1 = 2(( 1√2)

2

+( 1√2)

2

) = 2 (7.168)

p12 = 2 ⋅ 1√2

1√2= 1 (7.169)

Hückel-MO für zyklische Systeme

• Konjugierter Cn-Ring

• Allgemeine Lösung:

εk =α+2βcos(2πk

n) (mit k = 0,1, ...,n−1, k nummeriert Eigenwerte) (7.170)

• Einsetzen:

k = 0 ε0 =α+2β (7.171)

k = 1

k = n−1

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭ε1 = εn−1 =α+2β (7.172)

(7.173)

• cos gerade:

cos(2π(n−1)n

) = cos(2π− 2π

n) = cos(2π

n) (7.174)

d.h. Eigenzustände mit h = x und h =n−x sind entartet (≡ Eigenwerte sind gleich)

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7.5 Hückel-MO-Theorie

(a) Cyclopropenylkation (b) Benzol (c) Cyclopentadienylanion

Abbildung 7.24: Aromaten

(a) Cyclobutadien (b) Cyclopentadienylkation

Abbildung 7.25: Antiaromaten

• Orbitale:

n ungerade n gerade (7.175)

⋮ε2,εn−2

ε1,εn−1

ε0 =α+2β

ε 12

⋮ε1,εn−1

ε0

(7.176)

• Auffüllen mit Elektronen

• besonders stabil mit 4n+2 Elektronen (Aromaten Abb. 7.24a, 7.24b, 7.24c):

• besonders instabil mit 4n Elektronen (Antiaromaten, Abb. 7.25a, 7.25b)

149