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PiA – das Projekt und das Konzept der „interaktiven ArbeitWolfgang Dunkel, Margit Weihrich Wissenschaftliche Tagung des Verbundvorhabens PiA am 15. und 16. Juli 2010 in der Seidlvilla München

PiA – das Projekt und das Konzept der „interaktiven Arbeit · weil immer nur unvollständige Verträge über Verlauf und Ergebnis der Dienstleistung geschlossen werden können

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PiA – das Projekt und das Konzept der „interaktiven Arbeit“

Wolfgang Dunkel, Margit Weihrich

Wissenschaftliche Tagung des Verbundvorhabens PiAam 15. und 16. Juli 2010 in der Seidlvilla München

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Zum Inhalt

• Das Projekt PiAGegenstand und AusrichtungStrukturVorgehensweise und Stand der Erhebungen

• Das Konzept der interaktiven Arbeit Der konzeptionelle Kern: Abstimmungsprobleme Institutionelle Einbettung interaktiver ArbeitGrundlegende Charakteristika des Dienstleistungsgeschehens an den untersuchten Orten

• Professionalisierung interaktiver ArbeitGegenstand der ProfessionalisierungProfessionalisierungswegeProfessionalisierungsverständnis

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Das Projekt PiA

• Gegenstand und Ausrichtung

• Struktur

• Vorgehensweise und Stand der Erhebungen

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Der Gegenstand des Projektes PiA

• Im Fokus: der direkte Dienstleistungskontakt zwischen Dienstleistungskunden und den Beschäftigten von Dienstleistungsunternehmen

• Das Konzept der „interaktiven Arbeit“ ist eine Perspektive, die den Blick für bestimmte Aspekte des Dienstleistungskontaktes öffnet:

Dienstleistende und ihre Kunden sind im Dienstleistungsprozess aufeinander angewiesenIhre Kooperation ist nicht selbstverständlich, sondern muss aktiv hergestellt und aufrecht erhalten werdenHerstellung und Aufrechterhaltung der Kooperation sind in die sachlichen Arbeitsvollzüge eingelassenHerstellung und Aufrechterhaltung der Kooperation fassen wir als Leistung eigener Art – als „interaktive Arbeit“

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PiA ist …

... ein empirisches ProjektVielzahl methodischer ZugängeWie wird interaktive Arbeit von Beschäftigten und Kunden geleistet?

... ein theoretisches Projekt Weiterentwicklung der Konzepte der „interaktiven Arbeit“ und des „arbeitenden Kunden“Beitrag zu einer sozialwissenschaftlichen Theorie der Dienstleistungsarbeit

... ein Gestaltungs- und ProfessionalisierungsprojektRahmenbedingungen für gute Dienstleistungsqualität neue Professionalisierungswege

... ein gesellschaftspolitisches Projekt Etablierung eines neuen Leitbildes: „Kooperation auf Augenhöhe“

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Die Projektstruktur

• Laufzeit: 1.9.2008 bis 31.8.2011

• Projektbeteiligte:vier wissenschaftliche Einrichtungen

• ISF München (Koordination)• TU Chemnitz• Uni Augsburg• Hochschule Aalen

drei Unternehmen aus verschiedenen Dienstleistungsbereichen

• Accor Hotellerie• Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband

Oberbayern• Deutsche Bahn – DB Services

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Das Dienstleistungsdreieck

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Dienstleistungsorte und -akteure

Im Bahnhof• Reiniger und Techniker

von DB Services• Bahnhofsnutzer

(Reisende und andere Nutzer)

Im Altenheim• Pflegekräfte, Hauswirtschafts-

kräfte, soziale Betreuung• BewohnerInnen, Angehörige

Im Hotel• Hotelfachkräfte,

Reinigungskräfte• Hotelgäste

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Forschungsmethoden

• QualitativExperteninterviewsLeitfadeninterviews mit Beschäftigten Leitfadeninterviews mit KundenBeobachtungen

• Qualitativ-quantitativKABA (kontrastive Aufgabenanalyse)

• Selbst-reflexivKundentagebücher

• Quantitativschriftliche Befragung von Beschäftigtenschriftliche Befragung von Kunden

• InteraktivKooperation mit den Untersuchten

Forschen im Prozess der Arbeit: Begleitung von BeschäftigtenForschen im Prozess der Arbeit: Begleitung von Kunden

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Stand der Erhebungen: Bahn

• 17 Experteninterviews mit Führungskräften

• 20 Beobachtungen/Begleitungen und 52 Interviews mit Beschäftigten der DB Services und Reisenden in zwei großen Bahnhöfen

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Stand der Erhebungen: Hotellerie

• 12 Experteninterviews mit Führungskräften (Zentrale und Hoteldirektoren)

• 18 Beobachtungen/Begleitungen und 51 Interviews mit Hotelfach-kräften und Gästen in fünf Hotels (3 Marken)

• Schriftliche Befragung von 82 Beschäftigten und 83 Gästen

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Stand der Erhebungen: Altenpflege

• 13 Experteninterviews und Gruppendiskussionen mit Führungskräften, Lehrkräften, Auszubildenden

• 46 Beobachtungen/ Begleitun-gen und 35 Interviews mit Beschäftigten, Angehörigen, BewohnerInnen in zwei stationären Einrichtungen

• Schriftliche Befragung von Beschäftigten (N=88) und Angehörigen (N=120) in drei stationären Einrichtungen

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Aktuell: Diskussion und Verbreitung der Forschungsergebnisse in den Unternehmen

• Diskussion der Projektergebnisse mit den untersuchten Personengruppen bei der AWO, bei der Bahn, bei Accor:

Vorstellung der Projektergebnisse im Rahmen von Betriebsversammlungen

Diskussion der Ergebnisse mit Beschäftigten (bei der AWO auch mit Angehörigen und BewohnerInnen)

• Verbreitung der Projektergebnisse: die PiA-ReportsAdressatengerecht aufbereitete Projektergebnisse für die unternehmensinterne Kommunikation

Nutzung auch für die Außendarstellung des Verbundprojektes

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Die PiA-Reports

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Das Konzept der interaktiven Arbeit

• Der konzeptionelle Kern: Abstimmungsprobleme

• Die institutionelle Einbettung interaktiver Arbeit

• Die grundlegenden Charakteristika des Dienstleistungsgeschehens an den untersuchten Orten

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Was ist interaktive Arbeit?

• Dienstleistende und Kunden müssen zusammenarbeiten, damit die Dienstleistung erbracht werden kann

• Hierfür müssen sie eine Kooperationsbeziehung herstellen und aufrechterhalten

• Das ist ein anspruchsvolles Unterfangen – wir nennen es „interaktive Arbeit“

• Interaktive Arbeit ist eine Arbeit eigener Art, die in die sachlichen Arbeitsvollzüge eingelassen ist

• Für die Herstellung und Aufrechterhaltung der Kooperation spielt deren materiale und körperliche Basis eine wichtige Rolle

• PiA untersucht interaktive Arbeit in personenbezogenen Dienstleistungsbeziehungen

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Interaktive Arbeit als instrumentelles Handeln

• In der interaktiven Arbeit wird Interaktion instrumentell eingesetzt

• „Interaktion“ und „Arbeit“ – bislang in der Soziologie getrennt behandelt und theoretisch auseinander-dividiert – werden zusammengebracht

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Der Kunde als Kooperationspartner

• Der Kunde wird zum Kooperationspartner

König Kunde steigt von seinem Thron

Der Laie wird zum Experten

Kunden und Dienstleister stehen sich auf Augenhöhe gegenüber

• Wie stellt man unter diesen Bedingungen Kooperation her?

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Abstimmungsprobleme in Dienstleistungsbeziehungen

• Wenn Akteure für die Erreichung ihrer Ziele voneinander abhängig sind, treten Abstimmungsprobleme auf, die bearbeitet werden müssen:

KoordinationsproblemeKooperationsprobleme und Verteilungsprobleme

• In Dienstleistungsbeziehungen fallen diese Probleme an ...... weil der Gegenstand der DL-Beziehung und das Procedere nicht

feststehen, sondern definiert werden müssen... weil immer nur unvollständige Verträge über Verlauf und Ergebnis

der Dienstleistung geschlossen werden können... weil es immer auch um den Austausch von Geld und Leistung geht

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Wie werden diese Probleme bearbeitet?

• Die Herrschaft des Kundenkönigs und die Unterordnung des „Bediensteten“ funktionieren nicht mehr

• Gleichzeitig erodiert das Vertrauen des „Laien“ in den „Experten“

• Die anfallenden Abstimmungsprobleme werden von Kunden und Dienstleistern in der Dienstleistungssituation bearbeitet

• Die Dienstleistungsbeziehung wird zur Arena für strategisches Handeln

• Kunden und Dienstleistende setzen Strategien ein, die auf spezifischen Kompetenzen beruhen

• Diese Kompetenzen bemessen sich an den zu bearbeitenden Abstimmungsproblemen

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Die Einbettung interaktiver Arbeit

andereOrganisationen

andereOrganisationenBetrieb

Dienstleistungsbeziehung

Sache

andereDienstleister

andereKunden

Dienstleister Kunde

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Interaktive Arbeit ...

... geht über die Zweierbeziehung hinaus andere Kunden und Dienstleister vor Ort

... geht über die Einzelsituation hinausvorherige und nachfolgende Dienstleistungsinteraktionen

... geht über die Interaktionssituation hinausRolle des Kontexts

... ist Schnittstellenarbeit zwischen Beschäftigten und Kunden und dem Unternehmen und anderen institutionellen Vorgaben

und... macht Gesellschaft!

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Dienstleistungsgeschehen an den untersuchten Orten

• Reinigungs- und Technikdienstleistungen am Bahnhof

• Hoteldienstleistungen

• Pflegedienstleistungen im Seniorenzentrum

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Reinigungs- und Technikdienstleistungen am Bahnhof

Die Nicht-Beachtung der interaktiven Arbeit• Der Kontakt von Reinigern/Technikern und Endkunden ist nicht vorgesehen:

Der Kunde von DB Services ist Station & Service. Nichtsdestotrotz leisten Reiniger/Techniker und Reisende interaktive Arbeit

• Wie sieht diese interaktive Arbeit aus?

Körperliche Koordination: • Ein Bahnsteigreiniger bewegt sich mit seinem Besen „wie eine Maus“ zwischen

den Menschen, dem Abfall hinterher. Man weicht sich aus, die Reisenden nehmen die Beine hoch, wenn er unter der Bank kehrt – oder sie tun es nicht. Die Doktrin aber lautet: Den Reisenden nicht behelligen

Auskünfte geben:• Ein Bahnsteigreiniger erklärt einer Passantin, welche U-Bahn sie nehmen muss

und kommentiert das dann so: „So was mach ich schon, ick weeß ja, wenn ich wo anders bin, wo ich mich nicht auskenne, frage ich ja auch und ein anderer sagt mir.“

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Hoteldienstleistungen

Interaktive Arbeit als Bearbeitung von Standardisierungseffekten

• Ziel der „Industrialisierung“ der Hotellerie ist es, sowohl das Hotelangebot als auch die Dienstleistungsinteraktionen an der Rezeption zu standardisieren

Damit entfällt scheinbar die gemeinsame Definition der Dienstleistung und des Procedere

Folgerichtig wird auch das Problem des unvollständigen Vertrags alternativ bearbeitet: Jeder Gast hat beim Einchecken zu bezahlen.

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Hoteldienstleistungen

Interaktive Arbeit als Bearbeitung von Standardisierungseffekten

• Aber: An der Rezeption findet interaktive Arbeit weiterhin statt – trotz und wegen der Standardisierung

Im Rezeptionskontakt geht es nach wie vor um den Gegenstand der Dienstleistung und darum, was der Kunde tun und wissen muss – nicht zuletzt wegen der Technisierung der Hoteldienstleistungen, die eine Nachqualifizierung der Gäste notwendig machen

Die Standardisierung der Interaktion am Tresen wirft neue Probleme auf: Es gilt zu verhindern, dass die qualifizierten Kunden keine Fragen mehr stellen und ihre Erwartungen nicht formulieren, aber auch nicht zufrieden sind. „You are just part of process“, sagt ein Gast

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Hoteldienstleistungen

Interaktive Arbeit als Bearbeitung von Standardisierungseffekten

• Die Praxis der Vorkasse löst das Problem des unvollständigen Vertrags nicht, sondern wirft es in aller Schärfe auf

Den Gästen wird signalisiert, dass man kein Vertrauen in sie und ihre Mitmenschen zu setzen bereit ist

Umgekehrt aber sollen aber sie dem Dienstleistungsunternehmen vertrauen

So wird es die Aufgabe von Gast und Hotelfachkraft, dieses Problem zu bearbeiten

Und:

Da man schon bezahlt hat, entfällt das Auscheckritual – damit wird auch das Verabschieden zum Abstimmungsproblem

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Pflegedienstleistungen

Die institutionalisierte Unsichtbarkeit interaktiver Arbeit

• In der Pflege hat die interaktive Arbeit einen größeren Stellenwert als in den beiden anderen Bereichen

• Dennoch bleibt sie systematisch unsichtbar, denn in der Pflegedokumentation ist nur die fachliche Pflegeleistung abbildbar

So wird dokumentiert, was gemacht worden ist, aber nicht, wie es gemacht worden ist

• Auch die Pflegekräfte selbst nehmen interaktive Arbeit nicht als professionelle Tätigkeit wahr:

„Eine kann zehn Kinder haben und hat alles im Griff, eine andere hat ein Kind und ist überfordert.“

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Professionalisierung interaktiver Arbeit

• Gegenstand der Professionalisierung

• Professionalisierungswege

• Professionalisierungsverständnis

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Gegenstand der Professionalisierung

• Kompetenzen von Beschäftigten und Kunden, mit Hilfe derer Abstimmungsprobleme in Dienstleistungsbeziehungen bearbeitet werden können

• Dieser Gegenstand liegt jenseits technischer und fachlicher Qualifikationen, die gewöhnlich berufliche Professionalität begründen

• Welche Professionalisierungswege müssen beschritten werden, um solche spezifischen Kompetenzen zu professionalisieren?

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PiA: Drei Klischees und drei Professionalisierungswege

• „Interaktive Arbeit ist Privatvergnügen, gehört eigentlich nicht dazu“ (Beispiel Bahnsteigreiniger) Professionalisierungsweg: Interaktive Arbeit sichtbar machen

• „Interaktive Arbeit ist durch Standardisierung ersetzbar“(Beispiel Hotel) Professionalisierungsweg: Interaktionsspielräume und Ressourcen für Beschäftigte und Kunden erweitern

• „Talent für interaktive Arbeit ist ein Persönlichkeitsmerkmal und lässt sich kaum erlernen“ (Beispiel Altenpflege) Professionalisierungsweg: Den Kompetenzen interaktiver Arbeit einen professionellen Stellenwert geben

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Neues Verständnis von Professionalisierung: Jenseits der Experten-Laien-Beziehung?

• Professionalisierung interaktiver Arbeit kann sich nicht am Modell der klassischen Professionen (Ausweitung der Differenz zwischen Experten und Laien) orientieren

• Für die interaktive Dienstleistungsarbeit müssen andere Wege der Aufwertung und Professionalisierung gefunden werden

• Dies gilt nicht nur für Semiprofessionen, sondern auch für die klassischen Professionen selbst: Der arbeitende Kunde/Klient/Patient verschafft sich eine Expertise, die das Verhältnis zum Professionellen verändert

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Neues Verständnis von Professionalisierung: Jenseits klassischer Ausbildungswege?

• Wenn es gleichermaßen um die Arbeitsleistungen von Dienstleistern und Kunden geht, müssen auch beide Seiten in die Professionalisierung einbezogen werden. Was aber bedeutet Professionalisierung des Kunden?

• Professionalisierung kann selbst Bestandteil interaktiver Arbeit sein:

wechselseitige Professionalisierung ...... von Dienstleistern und Dienstleistern... von Kunden und Kunden... von Dienstleistern und Kunden

Mikroprofessionalisierung: Voneinander-Lernen im Prozess der interaktiven Arbeit

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !