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Pilotprojekt:
Interkulturelles Lernen
in der Grundschule
Bericht ber die Module
Lesen und Stadterkundung
Berichtszeitraum:
18. Oktober 2010 20. Juli 2012
Wissenschaftliche Begleitung:
Prof. Dr. Heidi Rsch
(Leitung),
Agnieszka Wolny
(Honorarmitarbeiterin)
Geplante Laufzeit: 2010 - 2013
Finanzierung: Frderverein Lions-Club Karlsruhe e.V.
Organisation: Stadt Karlsruhe Bro fr Integration:
Staatliches Schulamt Karlsruhe
Heidi Rsch / Agnieszka Wolny (2012): Interkulturelles Lernen in der Grundschule 1
Inhalt Konzept .................................................................................................................................. 2
Projektverlauf ........................................................................................................................ 4
Erfahrungen im Schuljahr 2010/2011 ................................................................................ 8
Erfahrungen im Schuljahr 2011/12 .................................................................................... 9
Auswertung der Etappenprotokolle der Studierenden ........................................................... 9
1. Interkulturelle Bezge .................................................................................................. 12
2. Schleraktivierung und Motivation ............................................................................. 15
3. Medieneinsatz .............................................................................................................. 17
4. Etappenaufbau ............................................................................................................. 18
Beurteilung der Lernangebote ............................................................................................. 20
Modul Lesen .................................................................................................................... 20
Modul Stadterkundung .................................................................................................... 22
Kooperation mit dem Badischen Landesmuseum ........................................................... 25
Besuch der Ausstellung Extrem S! gemalt gehkelt und gegossen.......................... 28
Auswertung von Schlertexten und -aktivitten ................................................................. 29
Zum Konzept des interkulturellen Lernens ......................................................................... 33
Aufgabenformulierung aus interkultureller Perspektive .................................................. 34
Interkulturell relevante Situationen ................................................................................. 38
Abschlieender Kommentar und Empfehlungen ................................................................ 39
Heidi Rsch / Agnieszka Wolny (2012): Interkulturelles Lernen in der Grundschule 2
Konzept
Das Projekt richtete sich an Kinder in vier Karlsruher Grundschulen mit einem hohen An-
teil an Kindern mit Migrationshintergrund, die so war es geplant von der zweiten bis
zur vierten Klasse an zwei Nachmittagen pro Woche von Studierenden der Pdagogischen
Hochschule betreut werden. Gewhlt wurden Schulen in allen vier Himmelsrichtungen: die
Werner-von-Siemens-Schule in der Nordweststadt, die Pestalozzischule in Durlach und
damit im Osten, die Leopoldschule in der Weststadt und Anne-Frank-Schule in Oberreut
und damit im Sden.
Angeboten wurden den Kindern an jeder Schule die Module Lesen und Stadterkundung.
Auer an der Leopoldschule, in der unterschiedliche Kinder in der Lese- bzw. Stadtgruppe
mitarbeiteten, besuchten die Kinder beide Module und befassten sich jede Woche sowohl
mit kinderliterarischen Werken als auch mit ihrer Stadt. Die Gruppen sollten mindestens
acht Kinder mit und ohne Migrationshintergrund umfassen. Bewusst wurde auf ein Ange-
bot ausschlielich fr Kinder mit Migrationshintergrund verzichtet. Stattdessen wurde ein
Angebot fr alle entwickelt, das aber interkulturelles Lernen in den Fokus nahm. Die
Gruppengre bercksichtigte zum einen die Herausforderung fr Studierende, mit ihr
auch alleine zurechtzukommen, zum anderen den Anspruch, dass ein Austausch zwischen
den Kindern mglich wird. Fr die Rekrutierung der Kinder waren die Schulen zustndig.
Betreut wurden die Module von acht Studierenden (und einer Springerin) der Pdagogi-
schen Hochschule, wobei je vier fr das Modul Lesen und vier fr das Modul Stadt zustn-
dig waren. Das heit, an jeder Schule waren jeweils zwei Studierende im Einsatz.
Im Modul Lesen wurden interkulturell relevante Kinderbcher unter inhaltlichen und
weitergehenden literarischen Aspekten bearbeitet. Damit die Kinder die Handlung auch
nachvollziehen konnten, wurde auf das Verfahren des verzgerten Lesens zurckgegrif-
fen. Konflikte allgemeiner oder interkultureller Art wurden z.B. durch szenisches Inter-
pretieren von Schlsselszenen bearbeitet. Die literarische Gattung (Bilderbuch, Mr-
chen, Fabel) und ausgewhlte Formelemente (Sprachwahl, Haupt-/Nebenfiguren, Er-
zhlhaltung) wurden durch textnahe Aufgaben mit den Kindern ermittelt. Weiterfhren-
de oder erklrende Informationen ber Ort und Zeit der Handlung, Vergleiche zwischen
Lndern, Gesellschaftssystemen, Sprachen, historischen Entwicklungen etc., die die Er-
fahrungswelt der Kinder einbeziehen, rundeten die Beschftigung mit dem Werk ab.
Whrend im ersten Jahr mehrere Bilderbcher behandelt wurden, entschieden wir uns
im zweiten Jahr fr Ganzschriften, was die Spannung bei den Kindern erhhte und den
Projektcharakter untersttzte.
Im Modul Stadterkundung wurden Aktivitten berwiegend auerschulisch geplant
und durchgefhrt. Aufgesucht wurden Lernorte rund um Feste (wie der Karlsruher
Weihnachtsmarkt), fr die Kinder bekannte Orte (wie ihr eigenes Viertel) und unbe-
kannte Orte (wie das Drfle oder die Universitt) sowie die aktuelle Grobaustelle zur
Realisierung der Kombilsung. Ziel war neben der Orientierung in der Stadt auch die
Migrationsgeschichte der Stadt zu erkunden. Dies sollte durch forschendes Lernen er-
mglicht werden, wozu aber auch das Stadtplan lesen und erstellen gehrte und die Do-
Heidi Rsch / Agnieszka Wolny (2012): Interkulturelles Lernen in der Grundschule 3
kumentation des Erforschten in einem Stadttagebuch Es entstand eine offene sowie
spontane Planung, die den Kindern ermglichte, Erfahrungen in ihrer Stadt zu sammeln
und diese eventuell auch mit erweitertem Blick wahrzunehmen. Die Kinder wurden von
bei allen Ausflgen1 von zwei Erwachsenen begleitet. Whrend im ersten Jahr die Um-
gebung erkundet wurde, arbeiteten wir im zweiten Jahr mit dem Badischen Landesmu-
seum zusammen, so dass ein zusammenhngendes Projekt realisiert werden konnte.
Das Projekt verfolgte Ziele fr zwei Gruppen: Bezogen auf die Kinder versuchten wir den
bergang auf weiterfhrende Schulen zu untersttzen und hatten dabei vor allem auch
Kinder mit Migrationshintergrund im Blick. Zentral war dabei, mit den Kindern zu lesen
und (auch im Modul Stadterkundung) zu schreiben, um die Lese- und Schreibkompetenzen
durch das zustzliche Angebot zum Regelunterricht zu entfalten. Bewusst wurde auf eine
Hausaufgabenbetreuung oder Nachhilfe verzichtet und darauf gesetzt, dass die zustzliche
Lernzeit in einer relativ kleinen Gruppe eine gewisse Wirkung entfaltet. Bezogen auf die
Studierenden ging es darum, sie durch die begleitete und dennoch direkte Konfrontation
mit der Praxis (jenseits eines betreuten Unterrichtspraktikums, wie es im Studium vorgese-
hen ist) fr die Besonderheiten eines Unterrichts in multiethnischen und multilingualen
Lerngruppen zu sensibilisieren und zumindest in Anstzen Strategien fr eine interkulturel-
le Gestaltung dieses Unterrichts zu vermitteln und zu erproben.
Ein zweiter Aspekt war die Entfaltung interkultureller Kompetenzen zunchst bei den Stu-
dierenden. Unser Ziel war, diese in die Lage zu versetzen die sprachliche und kulturelle
Vielfalt in der Lerngruppe und ihrer Umgebung wahrzunehmen und positiv damit umzu-
gehen. Wir gingen davon aus, dass sich eine solchermaen vernderte Sicht auf die Unter-
richtsgestaltung und damit auch auf den Lernprozess der Kinder auswirkt. Aus diesem
Grunde lasen wir Kinderliteratur, die einen konstruktiven Umgang mit Vielfalt und Hybri-
ditt gestaltet und daraus resultierende Konflikte einer Lsung zufhrt. Bei der Stadterkun-
dung sollten Migration nach Karlsruhe sowie vielfltige Lebensformen in Karlsruhe sicht-
bar werden. Die gemeinsamen Gesprche ber die gelesene Literatur und auch ber die
Erkundungen in der Stadt sollten unterschiedliche Sichtweisen deutlich werden lassen. Da
die Kinder angehalten wurden, Erfahrungen mndlich und schriftlich zu artikulieren und
zu dokumentieren, sich ber Gelesenes und Erlebtes auszutauschen, gehen wir davon aus,
dass das Projekt auch einen Beitrag zu impliziter Sprach- und Kommunikationsfrderung
leisten konnte.
Unsere Arbeit an der Pdagogischen Hochschule konzentrierte sich auf die Studierenden.
Deren Aufgaben waren:
1. Planung von Etappen in den Modulen Stadterkundung bzw. Lesen, die in allen vier
Stadt- bzw. allen vier Lesegruppen durchgefhrt wurden,
2. Durchfhrung der 12 Etappen (pro Vorlesungszeit) im Umfang von je