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Münchner Merkur Nr. 293 | Wochenende, 19./20. Dezember 2009 Telefon (089) 53 06-410 [email protected] Telefax: (089) 53 06-86 57 3 Im Blickpunkt 4 FRAGEN AN Desinfektion in zehn Sekunden Ein Knopfdruck – und in Sekunden sind die Hände keimfrei. Möglich macht das ein neues Plasma-Gerät, das ein Forscherteam um den Physiker Prof. Gregor Morfill entwickelt hat. Er ist Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching – und er- klärt, welche Möglichkeiten die Plasmamedizin bietet. Plasmadusche statt Desinfektionsmittel – was bedeutet das für Klinik- personal und Patienten? Wenn sich eine Kran- kenschwester die Hände mit einer Flüssigkeit des- infiziert, muss sie sich damit drei Minuten lang die Hände einreiben. Das macht sie 60 Mal pro Tag. Davon kann die Haut angegriffen wer- den, und die ganze Pro- zedur würde jeden Tag drei Stunden in An- spruch nehmen. Das ist unmöglich. Die Desin- fektion mit dem Plasma- gerät dauert nur zehn Sekunden, greift die Haut nicht an und löst auch keine Allergien aus. Das erhöht die Ak- zeptanz beim Personal – und könnte so auch die Ausbreitung resistenter Keime reduzieren. Gegen widerstandsfähige Bakterien helfen keine Antibiotika. Wie tötet Plasma diese Keime ab? Die Wirkung des Plas- mas beruht nicht nur auf einem Stoff, sondern auf einer ganzen Reihe von Molekülen, die für Bak- terien schädlich sind. Sie sind aber nur in homöo- pathischen Dosen, also in winziger Menge, im Plasma enthalten. Dem Menschen schaden sie darum nicht. Bakterien sind jedoch von dieser Vielzahl an Stoffen über- fordert und sterben. Wir waren selbst überrascht, wie gut das funktioniert: Im Laborexperiment konnten wir damit die Zahl der Bakterien in ei- ner Kultur mit resisten- ten Keimen in zehn Se- kunden um den Faktor eine Million reduzieren. Woher kommt die Idee, Plasma in der Medizin einzusetzen? Schon vor etwa 15 Jah- ren hat man Geräte mit Plasma sterilisiert, zum Beispiel feine Injekti- onsnadeln. Schließlich ist lange bekannt, dass Hitze Bakterien tötet. Und heißes Plasma hat eine Temperatur von mehr als 1000 Grad. Es war aber ein großer Schritt, als man vor etwa fünf Jahren angefangen hat, Versuche mit kal- tem Plasma zu machen. Seither ist das For- schungsfeld rasant ge- wachsen. Wann kommt Ihr Gerät auf den Markt? Wir sind an der Schwelle dazu. Noch ist das Gerät ein Prototyp. Es ist we- der marktreif noch zuge- lassen. Wir sind aber be- reits im Gespräch mit Firmen aus dem In- und Ausland. Interview: Andrea Eppner Prof. Gregor Morfill Plasma, der Bakterien-Killer Schrubbben ade: Wenn sich die neue Desinfektion mit Hilfe von Plasma bewährt, dann sparen sich die Ärzte das lästige Händewaschen. FOTO: VARIO der Materie. Dabei lösen sich die negativ geladenen Elek- tronen aus der Hülle ihres Moleküls oder Atoms – Ionen entstehen. Normalerweise ge- schieht dies in einem Gas ab etwa 10 000 Grad. Spalten sich alle Moleküle auf, kann es Temperaturen bis zu 100 000 Grad erreichen. Um Patienten zu behan- deln, muss das Plasma kalt sein. Die Max-Planck-For- scher ionisieren deshalb nur einzelne Moleküle. Etwa je- des milliardste Teilchen wird aufgespalten. „Die Hitze ver- teilt sich wie ein kochender Tropfen in einem Eimer voll kalten Wassers“, sagt Morfill. Die Physiker erzeugen das kalte Plasma mit einer Elek- trode und einem Drahtgitter. Eine Spannung von 18 Kilo- volt lässt ein starkes elektri- sches Feld entstehen. In der Luft kommt es zu Entladun- gen – winzige Blitze zucken. Einige Moleküle der Luft wer- den zu Ionen. Das Gas wird zu Plasma. Rund 200 chemi- sche Reaktionen laufen ab. Dabei entstehen UV-Strah- lung, freie Radikale, Ozon, Stickoxide sowie Wasserstoff- peroxid. Die Dosis der gifti- gen Stoffe ist sehr gering. Der Cocktail macht sie allerdings gefährlich – doch nur für Bak- terien und Pilze. Menschliche Zellen überstehen die Plas- madusche offenbar ohne je- den Schaden. „Es gab keine Allergien oder Nebenwirkun- gen“, bestätigt Stolz. Daher ist auch der Einsatz außerhalb der Klinik denkbar: „Man könnte ein kleines Gerät für den Hausgebrauch entwi- ckeln, mit dem man zum Bei- spiel kleine Wunden desinfi- ziert oder das man gegen Fuß- pilz einsetzt“, sagt Morfill. Statt Jod auf Wunden zu träufeln, greift man dann in Zukunft zur Plasmapistole in Mini-Format. Selbst Parodontose könnte man mit Plasma vorbeugen. Bis das möglich ist, werden laut Experten aber sicher noch zehn Jahre vergehen. hen vor allen in Kliniken. Denn dort werden in der Re- gel viele Antibiotika verab- reicht. Nur Bakterien, die da- gegen immun sind, überleben – und können sich vermeh- ren. Für gesunde Menschen sind sie in der Regel keine Ge- fahr. Ist das Immunsystem al- lerdings geschwächt, können sich gefährliche Keime ein- nisten und vermehren. Die Folge sind schmerzhafte In- fektionen und Wunden, die nicht mehr heilen. Jedes Jahr sterben etwa 40 000 Men- schen in Deutschland an der Folge von Krankenhaus-In- fektionen, schätzt die Deut- sche Gesellschaft für Kran- kenhaushygiene. In der Medizin hat daher ein Wettrüsten begonnen. Während Forscher fieberhaft nach neuen Antibiotika su- chen, werden immer mehr Keime immun. Die neue Plas- ma-Waffe ist ein völlig neuer Ansatz. In diesem Kampf ist ent- scheidend, die Ausbreitung in Kliniken zu verringern. Auch dabei könnte die Plasma-Me- thode helfen – und dabei Ärz- ten sowie Pflegern den Alltag Keime auf der Wundoberflä- che um 40 Prozent“, sagt Pro- fessor Wilhelm Stolz, Leiter der dermatologischen Klinik. Dies könnte für die Wundhei- lung bereits reichen. Mit dem optimalen Plasmagerät hoffen die Wissenschaftler, den Pro- zentsatz noch deutlich zu er- höhen. Von einer neuen Wunder- waffe will Stolz aber nicht sprechen. „Es ist nicht so, dass wir damit alle chroni- schen Wunden schließen könnten“, sagt er. Bis klar sei, wie gut Plasma wirke, seien noch viele Studien notwen- dig. Dennoch: „Es ist ein völ- lig neues Prinzip der Behand- lung“, sagt Stolz. Die könnte vielen Patien- ten wie Bernd A. helfen: Ins- gesamt leiden etwa fünf Mil- lionen Deutsche an chroni- schen, schlecht heilenden Wunden. Vor allem Diabeti- ker sind betroffen. Nicht sel- ten müssen Zehen abgenom- men werden oder sogar der ganze Fuß. Oft sind dabei resistente Keime ein großes Problem, bei denen Antibiotika versa- gen. Diese Bakterien gedei- vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching. Das Team um Pro- fessor Gregor Morfill stellte eine Elektrode her, die sich in ein Gerät von der Größe ei- nes Backofens einbauen lässt. Das Gerät erzeugt Plasma. Ganz wichtig: Menschlichen Zellen schadet es nicht. Doch für Bakterien ist es tödlich. Die Wissenschaftler haben ih- re Methode in Studien getes- tet. Die vielversprechenden Ergebnisse veröffentlichten sie jüngst im Fachorgan „New Journal of Physics“. Die Forscher testeten die Methode zunächst im Labor. Dafür züchteten sie Bakterien in einer sogenannten Petri- schale (siehe Bild) und blie- sen Plasma auf die Keime. Nach wenigen Sekunden wa- ren fast alle tot. „Die Wirkung kommt einer Sterilisierung nahe“, sagt Dr. Hans-Ulrich Schmidt, leitender Oberarzt der Abteilung Mikrobiologie im Klinikum Schwabing. Der nächste Schritt war der Test am Patienten: In drei Jahren wurden 160 Menschen therapiert. „Die Behandlung verringerte die Anzahl der erheblich erleichtern. Mehre- re Minuten müssen sie ihre Hände schrubben und bürs- ten, bis diese keimfrei sind. Das ist nicht nach jedem Pa- tientenkontakt möglich. Die Max-Planck-Forscher machten den Test: Sie platzie- ren in ihrem Plasmaspender oben und unten je zwei Elek- troden. Das Ergebnis: Hielt ein Arzt seine Hände dazwischen, waren sie nach wenigen Se- kunden keimfrei, ohne dass die Haut gereizt wurde. „Ein Plas- maspender in jedem Patienten- zimmer“ – das ist die Vision des Dermatologen Stolz. Dass Plasma Bakterien tö- ten kann, ist keine neue Er- kenntnis. In der Medizin ste- rilisiert man bereits seit länge- rem chirurgische Instrumente damit. Deren Oberfläche ist oft sehr verwinkelt und daher schwer zu reinigen. Doch Plasma kriecht selbst in die kleinste Spritzennadel – ohne Rückstände zu hinterlassen. Haut konnte man mit Plasma bisher nicht desinfizieren. Denn es ist normalerweise ex- trem heiß. Physiker kennen es als vier- ten, hitzigen Aggregatzustand Tod den gefährlichen Erregern: In der grünen Petrischale (l.) sieht man eine Kultur mit Krankenhaus-Keimen (MRSA), die zwei Minuten lang Plasma ausgesetzt wurden. Deutlich zu sehen ist die kreisrunde Zone mit abgestorbenen Bakterien. Das Bild oben zeigt einen Plasmaspender, in den die Hände zur Desinfektion hineingehalten werden. FOTO: MPI KEIME TÖTEN IM HANDUMDREHEN ..................................................................................................................................................................................................................................................................................................... Es tötet Bakterien in Sekunden: kaltes Plasma. Das Gas killt sogar Keime, gegen die Antibiotika machtlos sind. Selbst Wunden könnten mit Plasma-Therapie besser heilen, sagen Münchner Mediziner. Plasma gibt es in rauen Mengen: Es ist der Stoff, aus dem die Sterne sind. VON SONJA GIBIS München – Der Leidensweg von Bernd A. dauerte fast zehn Jahre: 38 Mal wurde er operiert. Selbst Verpflanzun- gen von Haut konnten die Wunde an seinem Knöchel nicht schließen. Eine neue Behandlung im Schwabinger Krankenhaus gibt ihm jetzt neue Hoffnung: Dort ließen Ärzte ein besonderes Gas auf seine offene Wunde strömen, jeweils zwei Minuten lang. Nach 30 Behandlungen hat die jetzt begonnen, sich zu schließen. Diese Geschichte, die am Donnerstag im „ZDF-Heute- journal“ zu sehen war, lässt viele Patienten mit chroni- schen Wunden hoffen. Auch Ärzte könnten von den neuen Plasmageräten profitieren: Mit ihrer Hilfe, so die Theo- rie, sparen sie sich das viele Händeschrubben bei der Des- infektion. Auch Fußpilz-In- fektionen können womöglich binnen Sekunden behandelt werden – und das sogar durch Socken hindurch. Mit der Plasma-Therapie gehen die Mediziner einen völlig neuen Weg. Ihre Waffe gegen gefährliche Keime kommt aus der Weltraumfor- schung. Dort gehört die Ar- beit mit elektrisch leitendem Gas, dem Plasma, zum Alltag. 99 Prozent der sichtbaren Ge- stirne bestehen daraus. Entwickelt haben die Plas- ma-Therapie Wissenschaftler

Plasma, der Bakterien-Killer€¦ · Plasma, der Bakterien-Killer Schrubbbenade:Wenn sich die neue Desinfektion mit Hilfe von Plasma bewährt, dann sparen sich die Ärzte das lästige

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  • Münchner Merkur Nr. 293 | Wochenende, 19./20. Dezember 2009

    Telefon (089) 53 [email protected]: (089) 53 06-86 57 3Im Blickpunkt

    4 FRAGEN AN

    Desinfektion inzehn Sekunden

    Ein Knopfdruck – und inSekunden sind die Händekeimfrei. Möglich macht dasein neues Plasma-Gerät, dasein Forscherteam um denPhysiker Prof. Gregor Morfillentwickelt hat. Er ist Direktoram Max-Planck-Institut fürextraterrestrische Physik(MPE) in Garching – und er-klärt, welche Möglichkeitendie Plasmamedizin bietet.

    Plasmadusche stattDesinfektionsmittel – wasbedeutet das für Klinik-personal und Patienten?

    Wenn sich eine Kran-kenschwester die Händemit einer Flüssigkeit des-infiziert, muss sie sichdamit drei Minuten langdie Hände einreiben.Das macht sie 60 Malpro Tag. Davon kann dieHaut angegriffen wer-den, und die ganze Pro-zedur würde jeden Tagdrei Stunden in An-spruch nehmen. Das istunmöglich. Die Desin-fektion mit dem Plasma-gerät dauert nur zehnSekunden, greift dieHaut nicht an und löstauch keine Allergienaus. Das erhöht die Ak-zeptanz beim Personal –und könnte so auch dieAusbreitung resistenterKeime reduzieren.

    GegenwiderstandsfähigeBakterien helfen keineAntibiotika. Wie tötetPlasma diese Keime ab?

    Die Wirkung des Plas-mas beruht nicht nur aufeinem Stoff, sondern aufeiner ganzen Reihe vonMolekülen, die für Bak-terien schädlich sind. Siesind aber nur in homöo-pathischen Dosen, alsoin winziger Menge, imPlasma enthalten. DemMenschen schaden siedarum nicht. Bakteriensind jedoch von dieserVielzahl an Stoffen über-fordert und sterben. Wirwaren selbst überrascht,wie gut das funktioniert:Im Laborexperimentkonnten wir damit dieZahl der Bakterien in ei-ner Kultur mit resisten-ten Keimen in zehn Se-kunden um den Faktoreine Million reduzieren.

    Woher kommt die Idee,Plasma in der Medizineinzusetzen?

    Schon vor etwa 15 Jah-ren hat man Geräte mitPlasma sterilisiert, zumBeispiel feine Injekti-onsnadeln. Schließlichist lange bekannt, dassHitze Bakterien tötet.Und heißes Plasma hateine Temperatur vonmehr als 1000 Grad. Eswar aber ein großerSchritt, als man vor etwafünf Jahren angefangenhat, Versuche mit kal-tem Plasma zu machen.Seither ist das For-schungsfeld rasant ge-wachsen.

    Wann kommt Ihr Gerätauf den Markt?

    Wir sind an der Schwelledazu. Noch ist das Gerätein Prototyp. Es ist we-der marktreif noch zuge-lassen. Wir sind aber be-reits im Gespräch mitFirmen aus dem In- undAusland.

    Interview: Andrea Eppner

    Prof. Gregor Morfill

    Plasma, der Bakterien-KillerSchrubbben ade: Wenn sich die neue Desinfektion mit Hilfe von Plasma bewährt, dann sparen sich die Ärzte das lästige Händewaschen. FOTO: VARIO

    der Materie. Dabei lösen sichdie negativ geladenen Elek-tronen aus der Hülle ihresMoleküls oder Atoms – Ionenentstehen. Normalerweise ge-schieht dies in einem Gas abetwa 10 000 Grad. Spaltensich alle Moleküle auf, kannes Temperaturen bis zu100 000 Grad erreichen.

    Um Patienten zu behan-deln, muss das Plasma kaltsein. Die Max-Planck-For-scher ionisieren deshalb nureinzelne Moleküle. Etwa je-des milliardste Teilchen wirdaufgespalten. „Die Hitze ver-teilt sich wie ein kochenderTropfen in einem Eimer vollkalten Wassers“, sagt Morfill.

    Die Physiker erzeugen daskalte Plasma mit einer Elek-trode und einem Drahtgitter.Eine Spannung von 18 Kilo-volt lässt ein starkes elektri-sches Feld entstehen. In derLuft kommt es zu Entladun-gen – winzige Blitze zucken.Einige Moleküle der Luft wer-den zu Ionen. Das Gas wirdzu Plasma. Rund 200 chemi-sche Reaktionen laufen ab.

    Dabei entstehen UV-Strah-lung, freie Radikale, Ozon,Stickoxide sowie Wasserstoff-peroxid. Die Dosis der gifti-gen Stoffe ist sehr gering. DerCocktail macht sie allerdingsgefährlich – doch nur für Bak-terien und Pilze. MenschlicheZellen überstehen die Plas-madusche offenbar ohne je-den Schaden. „Es gab keineAllergien oder Nebenwirkun-gen“, bestätigt Stolz.

    Daher ist auch der Einsatzaußerhalb der Klinik denkbar:„Man könnte ein kleines Gerätfür den Hausgebrauch entwi-ckeln, mit dem man zum Bei-spiel kleine Wunden desinfi-ziert oder das man gegen Fuß-pilz einsetzt“, sagt Morfill. StattJod auf Wunden zu träufeln,greift man dann in Zukunft zurPlasmapistole in Mini-Format.Selbst Parodontose könnteman mit Plasma vorbeugen.Bis das möglich ist, werdenlaut Experten aber sicher nochzehn Jahre vergehen.

    hen vor allen in Kliniken.Denn dort werden in der Re-gel viele Antibiotika verab-reicht. Nur Bakterien, die da-gegen immun sind, überleben– und können sich vermeh-ren. Für gesunde Menschensind sie in der Regel keine Ge-fahr. Ist das Immunsystem al-lerdings geschwächt, könnensich gefährliche Keime ein-nisten und vermehren. DieFolge sind schmerzhafte In-fektionen und Wunden, dienicht mehr heilen. Jedes Jahrsterben etwa 40 000 Men-schen in Deutschland an der

    Folge von Krankenhaus-In-fektionen, schätzt die Deut-sche Gesellschaft für Kran-kenhaushygiene.

    In der Medizin hat daherein Wettrüsten begonnen.Während Forscher fieberhaftnach neuen Antibiotika su-chen, werden immer mehrKeime immun. Die neue Plas-ma-Waffe ist ein völlig neuerAnsatz.

    In diesem Kampf ist ent-scheidend, die Ausbreitung inKliniken zu verringern. Auchdabei könnte die Plasma-Me-thode helfen – und dabei Ärz-ten sowie Pflegern den Alltag

    Keime auf der Wundoberflä-che um 40 Prozent“, sagt Pro-fessor Wilhelm Stolz, Leiterder dermatologischen Klinik.Dies könnte für die Wundhei-lung bereits reichen. Mit demoptimalen Plasmagerät hoffendie Wissenschaftler, den Pro-zentsatz noch deutlich zu er-höhen.

    Von einer neuen Wunder-waffe will Stolz aber nichtsprechen. „Es ist nicht so,dass wir damit alle chroni-schen Wunden schließenkönnten“, sagt er. Bis klar sei,wie gut Plasma wirke, seien

    noch viele Studien notwen-dig. Dennoch: „Es ist ein völ-lig neues Prinzip der Behand-lung“, sagt Stolz.

    Die könnte vielen Patien-ten wie Bernd A. helfen: Ins-gesamt leiden etwa fünf Mil-lionen Deutsche an chroni-schen, schlecht heilendenWunden. Vor allem Diabeti-ker sind betroffen. Nicht sel-ten müssen Zehen abgenom-men werden oder sogar derganze Fuß.

    Oft sind dabei resistenteKeime ein großes Problem,bei denen Antibiotika versa-gen. Diese Bakterien gedei-

    vom Max-Planck-Institut fürextraterrestrische Physik inGarching. Das Team um Pro-fessor Gregor Morfill stellteeine Elektrode her, die sich inein Gerät von der Größe ei-nes Backofens einbauen lässt.Das Gerät erzeugt Plasma.Ganz wichtig: MenschlichenZellen schadet es nicht. Dochfür Bakterien ist es tödlich.Die Wissenschaftler haben ih-re Methode in Studien getes-tet. Die vielversprechendenErgebnisse veröffentlichtensie jüngst im Fachorgan „NewJournal of Physics“.

    Die Forscher testeten dieMethode zunächst im Labor.Dafür züchteten sie Bakterienin einer sogenannten Petri-schale (siehe Bild) und blie-sen Plasma auf die Keime.Nach wenigen Sekunden wa-ren fast alle tot. „Die Wirkungkommt einer Sterilisierungnahe“, sagt Dr. Hans-UlrichSchmidt, leitender Oberarztder Abteilung Mikrobiologieim Klinikum Schwabing.

    Der nächste Schritt war derTest am Patienten: In dreiJahren wurden 160 Menschentherapiert. „Die Behandlungverringerte die Anzahl der

    erheblich erleichtern. Mehre-re Minuten müssen sie ihreHände schrubben und bürs-ten, bis diese keimfrei sind.Das ist nicht nach jedem Pa-tientenkontakt möglich.

    Die Max-Planck-Forschermachten den Test: Sie platzie-ren in ihrem Plasmaspenderoben und unten je zwei Elek-troden. Das Ergebnis: Hielt einArzt seine Hände dazwischen,waren sie nach wenigen Se-kundenkeimfrei,ohnedassdieHaut gereizt wurde. „Ein Plas-maspender in jedemPatienten-zimmer“–das istdie Vision des

    Dermatologen Stolz.Dass Plasma Bakterien tö-

    ten kann, ist keine neue Er-kenntnis. In der Medizin ste-rilisiert man bereits seit länge-rem chirurgische Instrumentedamit. Deren Oberfläche istoft sehr verwinkelt und daherschwer zu reinigen. DochPlasma kriecht selbst in diekleinste Spritzennadel – ohneRückstände zu hinterlassen.Haut konnte man mit Plasmabisher nicht desinfizieren.Denn es ist normalerweise ex-trem heiß.

    Physiker kennen es als vier-ten, hitzigen Aggregatzustand

    Tod den gefährlichen Erregern: In der grünen Petrischale (l.)sieht man eine Kultur mit Krankenhaus-Keimen (MRSA), diezwei Minuten lang Plasma ausgesetzt wurden. Deutlich zusehen ist die kreisrunde Zone mit abgestorbenen Bakterien.Das Bild oben zeigt einen Plasmaspender, in den die Händezur Desinfektion hineingehalten werden. FOTO: MPI

    KEIME TÖTEN IM HANDUMDREHEN .....................................................................................................................................................................................................................................................................................................

    Es tötet Bakterien inSekunden: kaltes Plasma.Das Gas killt sogar Keime,gegen die Antibiotikamachtlos sind. SelbstWunden könnten mitPlasma-Therapie besserheilen, sagen MünchnerMediziner. Plasma gibtes in rauen Mengen: Esist der Stoff, aus dem dieSterne sind.

    VON SONJA GIBIS

    München – Der Leidenswegvon Bernd A. dauerte fastzehn Jahre: 38 Mal wurde eroperiert. Selbst Verpflanzun-gen von Haut konnten dieWunde an seinem Knöchelnicht schließen. Eine neueBehandlung im SchwabingerKrankenhaus gibt ihm jetztneue Hoffnung: Dort ließenÄrzte ein besonderes Gas aufseine offene Wunde strömen,jeweils zwei Minuten lang.Nach 30 Behandlungen hatdie jetzt begonnen, sich zuschließen.

    Diese Geschichte, die amDonnerstag im „ZDF-Heute-journal“ zu sehen war, lässtviele Patienten mit chroni-schen Wunden hoffen. AuchÄrzte könnten von den neuenPlasmageräten profitieren:Mit ihrer Hilfe, so die Theo-rie, sparen sie sich das vieleHändeschrubben bei der Des-infektion. Auch Fußpilz-In-fektionen können womöglichbinnen Sekunden behandeltwerden – und das sogar durchSocken hindurch.

    Mit der Plasma-Therapiegehen die Mediziner einenvöllig neuen Weg. Ihre Waffegegen gefährliche Keimekommt aus der Weltraumfor-schung. Dort gehört die Ar-beit mit elektrisch leitendemGas, dem Plasma, zum Alltag.99 Prozent der sichtbaren Ge-stirne bestehen daraus.

    Entwickelt haben die Plas-ma-Therapie Wissenschaftler