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Bang sünd wi nich! Plattdüütsch inn Kinnergoorn

Plattdüütsch in'n Kinnergoorn

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Page 1: Plattdüütsch in'n Kinnergoorn

Bang sünd wi nich!

Plattdüütsch in’n Kinnergoorn

Page 2: Plattdüütsch in'n Kinnergoorn

Herausgeber: Beirat Niederdeutsch beim Schleswig- Holsteinischen Landtag, 2011Redaktion: Schleswig-Holsteinischer Landtag, Referat LE / Institut für niederdeutsche Sprache in Zusammenarbeit mit der AG Bildung für NiederdeutschLayout: Christiane Ehlers, Bundesraat för NedderdüütschDruck: Schleswig-Holsteinischer Landtag, Kiel

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Frühe Mehrsprachigkeit als Chance

Häufig gestellte Fragen zum Thema „Platt in’n Kinnergoorn“

Frühe Mehrsprachigkeit fördern: Niederdeutsch lernen in der KiTa

Institutionen und Ansprechpartner

S. 1

S. 2

S. 4

S. 10

S. 16

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Vorwort

auch mit Leben erfüllt werden. Wir haben Zentren für Niederdeutsch in den Landesteilen Schleswig und Hol-stein eingerichtet und einen Landesplan Niederdeutsch beschlossen. Im Schleswig-Holsteinischen Landtag ha-ben wir einen Beirat Niederdeutsch gebildet.In diesem Beirat sind alle namhaften Institutionen, Vereine und Verbände unseres Landes vertreten, die sich für den Erhalt der niederdeutschen Sprache ein-setzen. Dank des Engagements dieser vielen haupt- und insbesondere ehrenamtlichen Kräfte gibt es eine lebhafte plattdeutsche Kultur in unserem Land. Das Angebot ist groß und die Nachfrage wächst. Trotz allem gibt es noch viel zu tun: Laut einer Um-frage des Institutes für niederdeutsche Sprache ge-

ben 26 Prozent der befragten Schleswig-Holsteiner an, sehr gut bis gut plattdeutsch sprechen zu können. Die Umfrage lässt aber auch deutlich erkennen, dass nur noch ein geringer Prozentsatz der unter 34jähri-gen plattdeutsch spricht. Es ist deshalb erforderlich, in stärkerem Maße auf neue Konzepte zu setzen, wenn wir den lebendigen Reichtum niederdeutscher Kultur an kommende Generationen weiterreichen wollen.Der Schule und vor allem dem vorschulischen Bereich kommt hier eine bedeutende Aufgabe zu, zumal es in-zwischen nicht mehr selbstverständlich ist, dass Kin-der und Jugendliche in den eigenen Familien mit dem Plattdeutschen aufwachsen. Wenn wir mit dieser Broschüre einen Beitrag leisten, um den Kreis der Niederdeutsch-Sprecher zu beleben, dann wären wir unserem Ziel einen Schritt näher.

Ich wünsche Ihnen im Namen aller Beiratsmitglieder viel Freude beim Lesen.

Ihr Torsten GeerdtsPräsident des Schleswig-Holsteinischen LandtagesVorsitzender des Beirates Niederdeutsch

Niederdeutsch ist ein jahrhun-dertealtes Markenzeichen unse-res Landes. In Artikel 9 Absatz 2 unserer Landesverfassung steht: „Das Land schützt und fördert die Pflege der niederdeutschen Sprache“. Wir alle wissen, mit einem rechtlichen Rahmen al-lein ist es nicht getan, er muss

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Frühe Mehrsprachigkeit als Chance

In den ersten acht Lebensjahren bildet sich beim Men-schen das Sprachzentrum aus. Es gilt, diese Zeitspan-ne für das Lernen von Sprachen zu nutzen. Die frühe Mehrsprachigkeit ist ein bildungspolitisch sinnvoller Weg, um den Regional- und Minderheitensprachen wichtige Funktionen zurückzugeben. Diejenigen, die so früh wie möglich mit dem Erwerb mehrerer Spra-chen beginnen, werden im internationalen Wettbe-werb wegen ihrer höheren Flexibilität beim Sprachen-lernen und im Erfassen kultureller Unterschiede einen deutlichen Vorteil haben.Das menschliche Gehirn ist auf Mehrsprachigkeit an-gelegt. 70% der Weltbevölkerung benutzen tagtäglich mehr als eine Sprache. Mehrsprachigkeit ist der Nor-malfall, Einsprachigkeit die Ausnahme.

Immersion nutzt optimal die sprachlichen Selbstlern-kapazitäten des Kindes. Diese seit Jahrzehnten be-währte Methode entspricht dem ungelenkten, natürli-chen Spracherwerb in der Familie und ermöglicht es, schon im frühesten Kindesalter mit dem Erwerb meh-rerer Sprachen zu beginnen. Das Plattdeutsche kann

als Nahsprache sofort als Zweitsprache eingeführt und als Grundlage für den späteren Fremdsprachenerwerb gesehen werden.Es gibt viele gute Gründe, weshalb man mit einer Re-gionalsprache als erster Zusatzsprache beginnen soll-te. Hier nur einige davon:Bereits in der Familie kann mit dem Spracherwerb ›begonnen werden.Es gibt Erziehungs- und Lehrkräfte, die die zu erler- ›nende Sprache in muttersprachlicher Qualität be-herrschen.Die Kinder erleben die Zielsprache im kulturellen ›Kontext (Traditionen, Denkweisen, Namen, soziale Bezüge und Vieles mehr).Die Nutzung von Niederdeutsch für den frühen Sprach- ›erwerb dürfte aller Voraussicht nach kostengünstiger und effektiver sein als die flächendeckende Versor-gung mit fremdsprachlichen Frühpädagogen.Plattdeutsch kann als Brückensprache dienen, denn ›es ist eng verwandt mit dem Englischen, dem Nie-derländischen, dem Friesischen und den skandinavi-schen Sprachen.

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Wer bereits in der Kindheit ›eine Zusatzsprache erlernt, verfügt für den Spracherwerb über eine ausgebaute Metho-denkompetenz, die sich im Laufe des Lebens für das Ler-nen weiterer Sprachen nutzen lässt.

En beten bewegen – un veel dorbi högen

„Nu hoch mit de Knee un dal mit ’n Kopp,

dat markst du in’n Rüch , geiht in Galopp!

Fiderallalla...“

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Können Kinder mehrere Sprachen nebeneinander verkraften?Sind sie damit nicht überfordert?

Warum sollten Kinder Plattdeutsch lernen? Kann man Plattdeutsch wirklich als Sprache be-zeichnen?

Plattdeutsch gehört in vielen Teilen unseres Landes zum Alltag. Wir hören die Sprache in der Familie oder auf der Straße, wir hören sie auch im Radio. Und wir können sie lesen – auf Inschriften, in der Zeitung und in Büchern. Dies alles ist Teil der schleswig-holsteini-schen Alltagskultur. Jeder, der Platt lernt, setzt sich mit unserem Alltagsleben auseinander und erfährt eine Facette. Plattdeutsch ist vom Land Schleswig-Holstein als voll-wertige Sprache anerkannt. Klaus Groth bezeichnete Platt als eine Schwester des Hochdeutschen - es gibt Gemeinsamkeiten aber auch klare Unterschiede in der sprachlichen Struktur.

Mehr als die Hälfte aller Menschen wächst mit min-destens zwei Sprachen auf. Die Entwicklungsstufen des Spracherwerbs verlaufen dabei etwas anders als bei einsprachigen Kindern. Unterm Strich aber bilden mehrsprachige Kinder mehr Fähigkeiten aus – Fähig-keiten, auf die sie in ihrem ganzen Leben zurückgrei-fen können.

Häufig gestellte Fragen zum Thema „Platt in’n Kinnergoorn“

Jeder, der Platt lernt, setzt sich mit unserem Alltagsleben auseinander und erfährt eine Facette.

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Mit Platt geht ’s besser: Einsprachigkeit ist heilbar.

In den ersten Lebensjahren fällt es den Kindern am leichtesten, mehrere Sprachen zu lernen. Wer eine zweite (oder dritte) Sprache lernt, erfährt immer auch viel über seine erste Sprache. Kinder lernen sehr schnell zwischen den Situationen bzw. den Partnern zu unterscheiden, mit denen sie ihre verschiedenen Sprachen sprechen können. Wir Menschen lernen ja immer zahlreiche Dinge ne-beneinander. Diese Fähigkeit kommt uns auch zugute, wenn wir mehrere Sprachen parallel in uns aufneh-men.

Sollten Kinder nicht zunächst vernünftig Hoch-deutsch lernen, bevor eine zweite Sprache hinzu-kommt?

Wer im frühen Kindesalter Hoch und Platt lernt, wird auch das Hochdeutsche besser be-herrschen .

Ist es nicht sinnvoller, als Zweitsprache gleich mit Englisch anzufangen?

Deutsch sollte jeder in unserer Gesellschaft beherr-schen. Auch Kenntnisse der Fremdsprache Englisch sind sehr wichtig. Wer Platt kann, geht bewusster mit der Nationalsprache und mit der Weltsprache um. Klar ist ebenso: Englisch lernen Kinder in der Schule ohne-hin. Vorrang in der frühkindlichen Bildung hat aber die Nahsprache. Mit Plattdeutsch geben wir unseren Kin-dern einen Schlüssel zu vielen Dingen des Alltags an die Hand. Das Gespräch mit den Großeltern, das Ver-stehen auf dem Wochenmarkt – mit Platt sind Kinder mittendrin.

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Noch gibt es in fast allen Regionen unseres Landes qualifizierte und engagierte Erzieherinnen und Er-zieher, die Plattdeutsch spielerisch und selbstver-ständlich an die Kinder weitergeben können. Seit Jahren sind die Fortbildungskurse bei den Plattdeutsch- zentren in Leck und Ratzeburg sowie beim SHHB aus-gezeichnet besucht. Anfängern und solchen, die sich auf Platt ein wenig unsicher fühlen, wird hier der Zu-gang zur Sprache erleichtert.

Auf Dauer ist allerdings anzustreben, dass Platt sei-nen festen Platz in der Ausbildung des KiTa-Personals erhält. Die Erfolge der mehrsprachigen Einrichtungen zeigen schon heute: Mit Platt lohnt sik dat!

Gibt es genügend qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher, die Plattdeutsch beibringen können?

Singen , spelen , snacken – för morgen lehren

Der Spracherwerb in der Kindertagesstätte vollzieht sich so natürlich und so behutsam wie möglich. Alle Sinne der Kinder werden ganzheitlich angesprochen: mit Spiel, Musik und viel Bewegung. Kinder lernen eine Sprache am besten, indem sie in sie „eintauchen“ (Im-mersionsmethode). Das kann jeweils für einen oder mehrere Plattdeutsch-Tage in der Woche geschehen oder dadurch, dass eine Erzieherin nur Platt mit den Kindern spricht.

Wie sollten Kinder Plattdeutsch lernen? Welche unterschiedlichen Ansätze gibt es, den Kindern die Sprache beizubringen?

Häufig gestellte Fragen zum Thema „Platt in’n Kinnergoorn“

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Gibt es Materialien, die für Plattdeutsch im Kinder-garten geeignet sind?

In den letzten Jahren wurden an vielen Stellen in Norddeutschland aktuelle und kindgerechte Text-sammlungen speziell für das Sprachenlernen in den KiTas zusammengestellt. Auch Kinderbücher für unter-schiedliche Altersgruppen und zu zahlreichen Themen stehen in größerer Auswahl zur Verfügung.

Die aktiven Erzieherinnen und Erzieher in Schleswig-Holstein sind außerdem gut miteinander vernetzt, so dass geeignete Lieder, Spiele oder Vorlesestücke schnell weitergereicht werden. Das Plattdeutsch-An-gebot wird ständig weiterentwickelt und an die aktu-ellen Bedürfnisse der Kinder wie auch an neue Metho-den angepasst. Ausgewählte Materialien stehen auch im Internet zur Verfügung.

Früher hieß es: Plattdeutsch schadet der Bildung. Gilt das heute nicht mehr?

Noch vor 40 oder 50 Jahren hatten Menschen, die vor allem Platt sprachen, viele Nachteile – besonders im Beruf. Das lag aber weniger an Platt als an unserer hochdeutschen Umwelt und an den negativen Kli-schees, die mit Platt verbunden waren.Heute kennen wir den enormen Wert von Mehrspra-chigkeit für die Zukunft unserer Kinder. Außerdem hat Bildung viele Seiten: naturwissenschaftliche Grund-lagen gehören ebenso dazu wie geisteswissenschaft-liche, die Vergangenheit wie die Zukunft, die weite Welt ebenso wie die Region.

Gerade bei der Förderung des Plattdeutschen gilt längst nicht mehr: entweder – oder. Der Weg in die Zukunft heißt: sowohl als auch.

Platt gehört zur Grundausbildung unserer Kinder.

De Platt nich lehrt, leevt verkehrt.

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Früher sprach jeder bei uns Platt - heute stellt die Regionalsprache eine besondere Qualifikation dar. In vielen Dienstleistungsberufen werden Plattsprecher bevorzugt eingestellt: das gilt für Banken und Versi-cherungen in der Region ebenso wie für das Touris-musgewerbe. In Pflegeberufen wächst der Bedarf an Plattspreche-rinnen und Plattsprechern zurzeit, vor allen Dingen in Altenheimen. An den Schulen wird die Vermittlung des Plattdeutschen in Zukunft eine größere Rolle spielen; dafür braucht man geeignete Lehrkräfte. Und bei den Medien gilt Platt heute bereits als gesuchte Zusatz-qualifikation.

Gibt es für Plattsprecher eigentlich spezielle Be-rufsaussichten?

De Platt snackt, steiht midden in’t Leven .

Wie kann man Kindern vermitteln, dass Platt-deutsch eine moderne Sprache ist?

In Liedern, Spielen und Geschichten erfahren Kinder die Umwelt. Dabei ist Plattdeutsch so modern wie jede andere Sprache auch. Über Saurier und Welt-raumabenteuer lässt sich ebenso auf Platt sprechen wie über Pferde, Freundschaft oder die Blüte einer Blume. Wenn die Kinder erleben, dass ihre Interessen, ihre Wünsche und Gefühle in Platt aufgehoben sind, be-nutzen sie diese Sprache ganz selbstverständlich. Es liegt also zunächst an den Erwachsenen, welche Inhal-te sie auf Platt ausdrücken und welche Wertungen sie mit dieser Sprache verbinden. Der Wert kultureller Vielfalt ist ein moderner Gedan-ke. Wenn Platt zu diesem Reichtum beiträgt, ist es auch eine moderne Sprache.

Platt weer güstern goot, Platt is hüüt goot, Platt is morgen goot.

Häufig gestellte Fragen zum Thema „Platt in’n Kinnergoorn“

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Rudolf Rodenääs (Rudolf the red-nosed reindeer)

„Kennt jüm dat Leed vun Rudolf – Rudolf mit de rode Snuut?He weer en ole Rentier un seeg recht wat leidig ut.“

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Frühe Mehrsprachigkeit fördern: Niederdeutsch lernen in der KiTa

Informationsabend im Schleswig-Holsteinischen Landtag (Kiel) am 24. November 2009 – Auszüge aus den Vorträgen

Sünnenkäver höör ik nich

„De Sünnenkäver höör ik nich .

Se fleegt mi blots in’t Hoor.

Dor denkt se wasst dat

frische Grasun dat is doch

nich wohr!“

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Die Europäische Union hat entschieden, dass Europa kein englischsprachiger Kontinent werden, sondern ein vielsprachiger Kontinent bleiben soll. Sprachliche Fähigkeiten werden als Grundlage für Wissen und Wis-sensverarbeitung angesehen. Darum strebt die EU den (mindestens) dreisprachigen Bürger an. Hierfür wurde ein Sprachenlernkonzept entwickelt, in dem der Er-werb einer Weltsprache (z. B. Englisch, Spanisch, Chi-nesisch), einer mittelgroßen Sprache (z. B. Deutsch, Italienisch) und einer kleineren Sprache, möglichst in erfahrbarer Nähe angeraten wird (in Norddeutschland z. B. Niederländisch, Dänisch und Polnisch, aber auch Niederdeutsch und Friesisch).

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die frühe Mehr-sprachigkeit ein sehr effektives Sprachtraining aus-löst. Der frühe Erwerb mehrerer Sprachenfördert intensiv die Sprechfähigkeit und den sprach- ›lichen Ausdruck der Kinder;macht den Kindern ihre Erstsprache bewusster und ›verbessert diese;

beeinflusst den Ausbau des Sprachzentrums im Ge- ›hirn positiv und bringt somit für alle Kinder (auch für Integrations- und Migrantenkinder) sprachliche Vorteile. Darum sollten entsprechende Angebote für ALLE Kinder verpflichtend sein;ist für das interkulturelle Lernen von besonderer Be- ›deutung;stärkt allgemein die kognitiven Fähigkeiten der Kin- ›der.

Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen versichern: Es bringt wirklich Vorteile für die Kinder! An der Grund-schule Simonswolde in Ostfriesland wird seit acht Jahren jeweils eine Klasse vom 1. bis zum 4. Schul-jahr konsequent bilingual auf Hochdeutsch und Platt-deutsch unterrichtet. Die Schülerinnen und Schüler der bilingualen Klasse schneiden im Hochdeutschen genauso gut ab wie die Kinder aus der einsprachigen Parallelklasse, sind aber im Englischunterricht leben-diger und schneller als die Parallelklasse. Cornelia Nath, Plattdütskbüro der Ostfriesischen Landschaft

„Frühe Mehrsprachigkeit mit Niederdeutsch“

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Wir haben in Schleswig-Holstein den großen Standort-vorteil, dass wir gleich mehrere lebendige Sprachen antreffen. Zu den unverwechselbaren Kulturbaustei-nen des Landes gehört eine gelebte Mehrsprachigkeit mit Deutsch, Dänisch, Friesisch, Plattdeutsch. Was liegt also näher, als dass wir uns diese Stärke des Lan-des zwischen den Meeren bewusst machen und ihr Raum in den Bildungskonzepten geben.Sprachen, insbesondere Regionalsprachen, bieten den Kindertagesstätten die Chance, das Profil zu schärfen, indem der kindliche Erfahrungshorizont gezielt ausge-lotet und erweitert wird und die Spracherwerbspoten-tiale angesprochen werden. Das erzieherische Korsett ist in der vorschulischen Erziehung trotz aller Vorga-ben längst nicht so eng geschnürt wie in der Schule. Hier kann das Abenteuer Sprache erlebt werden. Man sagt ja so gern: „Sprachen sind Schlüssel zur Welt.“ Wer eine Sprache lernt, sucht Sprechanlässe, er sucht soziale Räume, in denen die Sprache praktiziert wird. Und genau das kann Plattdeutsch als zweite Landes-

sprache bieten. In den Familien, auf dem Wochen-markt, aber auch im Radio oder in der Zeitung können wir die sprachliche Vielfalt unmittelbar erleben. Und wir tun gut daran, unsere Kinder nicht von diesem Reichtum abzuschneiden.In aktuellen und zukunftsgerichteten Konzepten gel-ten Sprachen als ein entscheidender Bildungsmotor. Obwohl solche Ansätze auch die kleinen Sprachen mit einbeziehen, richtet sich der Blick meist auf Fremd-sprachen. Beobachtungen in unterschiedlichen Län-dern zeigen aber, dass ein Gegengewicht notwendig ist, etwa durch ein Aufgehoben-Sein in den Horizon-ten der Vertrautheit und der Region. Für die Menschen in Schleswig-Holstein heißt das: Angesichts einer in-ternationalisierten und globalisierten Welt wird der Stellenwert der plattdeutschen Sprache anwachsen.Fazit: Jeder, der heute das Plattdeutsche in seine Kindertagesstätte hineinholt, leistet einen Beitrag zur Stabilisierung der Landeskultur und zur Bildungs-Grundausstattung der Bürger von morgen. Reinhard Goltz, Bundesraat för Nedderdüütsch

„Plattdeutsch – eine Sprache für heute und morgen“

Frühe Mehrsprachigkeit fördern: Niederdeutsch lernen in der KiTa

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Im Landesteil Schleswig wirken Minderheits- und Re-gionalsprachen gleichberechtigt neben der deutschen Sprache. Das Zusammenleben verschiedener Kulturen in unserer Grenzregion gilt derzeit als Modell im zu-sammenwachsenden Europa. Der Zugang zu einer Kultur erfolgt an erster Stelle über die jeweiligen Sprache. Immer mehr Menschen erkennen den Wert einer mehrsprachigen Erziehung. Sprachen können verglichen werden mit Schlüsseln zur Welt. „Je größer das Schlüsselbund, desto mehr Türen des Horizonts können geöffnet werden, desto mehr Erfahrungen kann man machen, desto mehr Kon-takte knüpfen, desto reicher wird der Mensch“, sagt die Sprachwissenschaftlerin Els Oksaar. Mehrsprachig aufwachsende Kinder erfahren eine größere Persön-lichkeitsentfaltung, können ihre geistigen Anlagen vielfältig entwickeln, erfahren ein frühes Sprachver-ständnis, womit der Erwerb weiterer Sprachen er-leichtert wird.

Die Mehrsprachigkeit nach dem Selbstverständnis des ADS steht als ein Beitrag im zusammenwachsenden Eu-ropa, indem es die Identifikation der Beteiligten mit ihrer Region fördert und gleichzeitig das Verständnis für andere Kulturen wachsen lässt. Das Sprachenbegegnungskonzept ist eine Qualitäts-offensive. Es verleiht dem Anbieter ein unverwechsel-bares Profil. Es sichert die Qualität der pädagogischen Arbeit und entwickelt sie weiter. Von dieser Qualitäts-offensive profitieren viele: die Träger, die Kinderta-geseinrichtung, die Kinder, ihre Eltern und Großeltern, die Kommune und die Region. Außerdem ist Mehrsprachigkeit vereinbar mit den Bil-dungsleitlinien des Landes Schleswig-Holstein und den pädagogischen Konzeptionen der Kindertageseinrich-tungen.

Marita Marxen, ehemalsArbeitsgemeinschaft Deutsches Schleswig (ADS)

„Entwicklung der Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen des ADS“

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In den Tönner Kinnergoorn, een vun 14 Kinnergoorns vun den ADS–Grenzfriedensbund, in de Platt snackt warrt, arbeit wi mit 70 Kinner vun 0-6 Johr na de Im-merssionsmethode – dat Indükern in de Spraak. Wat bedüden deit: all de Kinner höört vun Anfang an de plattdüütsche Spraak vun twee Personen, se höört dat neven de hochdüütsche Spraak. En anner Spraak ne-ven de Mudderspraak to hören, schient för de Kinner nix Besünneres to ween, se denkt över düsse för uns so wichtige Kompetenz nich wieder na. Siet teihn Johr arbeit wi in den Tönner Kinnergoorn mit twee Mudderspraakler. Mien Kollegin un ik, wi snackt mit all de Kinner vun morgens bet namiddags platt. Wenn wi markt, en Kind kann uns jüst gor nich verstahn, denn versöökt wi dat mit anner Wöör oder mit Wiesen to verkloren. In dat Hochdüütsche över-sett warrt eerstmal nich. Ok mitenanner snackt wi bi de Arbeit un ok sünst blots platt.Besöökt wi in Tönn en Firma, gaht wi op den Weken-markt, hebbt wi Besöök vun Navers oder vun de Poli-

zei oder Füerwehr, besnackt wi vörher, dat, wenn dat geiht, mit de Kinner un mit uns platt snackt warrt. De Kinner markt dordör: dat is en Spraak, de kann man bruken, dat is en Spraak, de bruukt wussen Lüüd ok, un ok denn, wenn dat um wat Wichtiges geiht.Wat seggt de Öllern dorto? Intwüschen gifft dat jüm-mers weniger de Fragen „worum“ oder „deit dat nötig“. Aver toeerst müssen wi de Öllern doch noch veel mehr vun uns Konzept övertügen. Wi hebbt Öl-lernavende maakt un wi hebbt uns Hölp vun dat Platt-düütsch Zentrum in Leck haalt. Hüüt is dat keen Fraag mehr: „Worum nich Engelsch?“, hüüt warrt fraagt na: „Worum nich ok Engelsch?“ Wat wi uns wünscht? – Dat de plattdüütsche Spraak-möglichkeiten ok in de Grundschool glieks wieder-gaht, dat de Kinner ok in de twete Spraak lesen un schrieven lehrt, dor schullen wi an arbeiten, dat mutt uns Ziel ween, denn stööt wi Platt villicht doch noch wedder vun de rode List rünner.Renate Poggensee, ADS-Kindergarten, Tönning

Frühe Mehrsprachigkeit fördern: Niederdeutsch lernen in der KiTa

„Vun Anfang an höört Platt dorto – Ein Kindergarten mit zwei Sprachen“

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„Dor is en lütt Klabautermann

woll op uns Schipp togang,

Mann-o-mann .Dor is en lütt

Klabautermannwoll op uns Schipp

togang.

He ruckelt un he ran-daleert,

dat sik de Schipps-lüüd all verfehrt.

Dor is en lütt Klabautermann

woll op uns Schipp togang.“

Lütt Klabautermann (Bi-Ba-Butzemann)

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Die Zentren für Niederdeutsch sind die Nahtstelle zwischen dem staatlichen Bildungswesen und den Bür-gern. Niederdeutsch in der vorschulischen Erziehung bildet inzwischen einen Schwerpunkt in der Arbeit der schleswig-holsteinischen Zentren für Niederdeutsch in Leck und Ratzeburg.

Auf ihrem Programm stehen Fortbildungsveranstal-tungen für Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher. Sie stellen Lehr- und Lernmittel zur Verfügung und halten eine ausführliche Literaturliste vor.

Institutionen und Ansprechpartner

Zentrum für Niederdeutsch Landesteil HolsteinVolker HolmHaus Mecklenburg, Domhof 41, 23909 RatzeburgTel.: 04102 / 4739108E-Mail: [email protected]://www.zfn-ratzeburg.de

Zentrum für Niederdeutsch Landesteil SchleswigIngwer OldsenFlensburger Straße 18, 25917 LeckTel.: 04662 / 77272E-Mail: [email protected]://www.plattdeutsches-zentrum.de

Zentren für Niederdeutsch

Kompetente Ansprechpartner unterstützen Sie gern, wenn es um Fragen zu Plattdeutsch im Kindergarten geht. Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die wichtigsten Einrichtungen der Förderung der niederdeut-schen Sprache und Kultur in Kindergärten und Schulen.

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Die Arbeit des Instituts für niederdeutsche Sprache (INS) in Bremen bezieht sich auf den gesamten nie-derdeutschen Sprachraum, ist also ausdrücklich län-derübergreifend auf Norddeutschland ausgerichtet. In der Bibliothek finden sich alle verfügbaren Material- sammlungen. Außerdem vermittelt das INS Kontakte mit Einrichtun-gen oder Personen, die Erfahrungen in bestimmten Teilgebieten haben (für die Kindergartenarbeit etwa: die Ostfriesische Landschaft). Die Broschüre „Plattdüütsche Böker för Kinner un jun-ge Lüüd“ gibt Hinweise auf die einschlägige Literatur.

Institut für niederdeutsche Sprache Reinhard GoltzSchnoor 41-43, 28195 BremenTel.: 0421 / 324535E-Mail: [email protected]://www.ins-bremen.de

Institut für niederdeutsche Sprache (INS)Als Dachverband zahlreicher plattdeutscher Verei-ne und Arbeitsgemeinschaften nimmt der Schleswig-Holsteinische Heimatbund (SHHB) im Bereich Nieder-deutsch landesweit vielfältige Aufgaben wahr. Einen Schwerpunkt bilden Fortbildungsveranstaltungen für Erzieherinnen und Erzieher.

Schleswig-Holsteinischer HeimatbundMarianne Ehlers, Referentin für NiederdeutschLandesgeschäftsstelle Hamburger Landstr. 101, 24113 MolfseeTel.: 0431 / 98384-15E-Mail: [email protected]://www.heimatbund.de

Schleswig-Holsteinischer Heimatbund (SHHB)

Der Plattdeutsche Rat vertritt die Belange aller Niederdeutschsprecher im Lande. Als politische In-teressenvertretung sieht er sein Ziel in der Stärkung der Regionalsprache. Die Geschäftsführung wird durch den SHHB wahrgenommen. (siehe Kontaktadresse)

Plattdüütsche Raat för Sleswig-Holsteen

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Das IQSH unterstützt die Schulen bei ihren Bemühun-gen um die plattdeutsche Sprache. Das Ministerium für Bildung und Kultur hat per Erlass die Bedeutung des Niederdeutschen für Bildung und Erziehung be-tont. Danach ist es verbindliche Aufgabe der Schulen, in dafür geeigneten Fächern Kenntnisse über nieder-deutsche Literatur und Sprache zu vermitteln und die durch das Niederdeutsche geprägten Lebensbereiche in den Unterricht einzubeziehen. Daneben soll die Fähigkeit, Niederdeutsch zu sprechen, gefördert und zum Gebrauch der Sprache ermuntert werden.

Waldtraut Vogt, Landesfachberaterin für NiederdeutschSchillerstraße 1b, 23564 LübeckTel.: 0451 - 797511E-Mail: [email protected]://faecher.lernnetz.de/faecherportal

Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH)

Institutionen und Ansprechpartner

Der Landesverband des DRK rief 2010 als Träger das Projekt „Plattdüütsch in DRK-Kinnergoorns“ ins Le-ben. In Fortbildungen werden die Erzieherinnen und Erzie-her qualifiziert, Kindern Plattdeutsch beizubringen. Die Kindergärten bekommen Bücherkisten mit Materi-alien, die für das spielerische Erlernen der plattdeut-schen Sprache eingesetzt werden können.

Andrea SträmkeReferentin für Kinder- und JugendhilfeKlaus-Groth-Platz 1, 24105 KielTel.: 0431 - 5707-214http://www.drk-sh.de

Deutsches Rotes Kreuz (DRK)Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

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Der ADS-Grenzfriedensbund e.V. hat 1997 als festen Bestandteil seines Trägerprofils ein Sprachenbegeg-nungskonzept „Mehrsprachigkeit in Kindergärten“ entwickelt. Neben Deutsch wird hier Dänisch, Frie-sisch oder Niederdeutsch vermittelt. Dabei ist die zu erlernende Sprache Umgangs- und Unterrichtssprache (Immersionsmethode). Vokabeln und Grammatik wer-den dabei nicht gepaukt, vielmehr lernen die Kinder unbewusst über das Spiel. Gegenwärtig haben 14 ADS-Kindergärten Niederdeutsch in ihrem Programm.

ADS-Grenzfriedensbund e.V., Arbeitsgemeinschaft Deutsches SchleswigErnst-Peter Rodewald, GeschäftsführerMarienkirchhof 6, 24937 FlensburgTel.: 0461 - 86930E-Mail: [email protected]://www.ads-flensburg.de

ADS-Grenzfriedensbund e.V.

ADS Kindergarten TönningRenate Poggensee, LeiterinHugo-Buschmann-Str. 52, 25832 TönningTel.: 04861 - 5506E-Mail: [email protected]://www.ads-flensburg.de/toenning.html

„In de Wiehnachtsbäckerie is för jedeen wat dorbi . Twischen Mehl un Melk gifft dat ok mal welk,

de maakt ene grote Kleckerie ...“

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Referat für Europaangelegenheiten, Ostseekooperation und Minderheitenfragendes Schleswig-Holsteinischen Landtages Frau Bianca SchmidtDüsternbrooker Weg 70, 24105 KielTel.: 0431 - 9881164E-Mail: [email protected]://www.sh-landtag.de

Die Beauftragte für Minderheiten und Kultur

beim Ministerpräsidenten des Landes

Schleswig-Holstein

Frau Caroline Schwarz, Staatskanzlei

Ministerium für Bildung und Kultur des Landes

Schleswig-Holstein

Frau Christine Klawe

Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und

Verkehr des Landes Schleswig-Holstein

Frau Ute Janus

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Germanistisches Seminar, Niederdeutsche Abteilung

Prof. Dr. Michael Elmentaler

Universität Flensburg

Institut für Germanistik, Niederdeutsche Abteilung

Robert Langhanke M.A.

Institutionen und Ansprechpartner

Beirat Niederdeutsch

Der 1992 gegründete Beirat Niederdeutsch beim Schleswig-Holsteinischen Landtag versteht sich als Mittler zwischen den Belangen des Niederdeutschen, der politischen Arbeit des Landesparlamentes und dem Handeln der Landesregierung. Zugleich ist er ein die Politik beratendes Gremium, in dem der Austausch über alle die Förderung der niederdeutschen Sprache betreffenden Positionen im Mittelpunkt steht. Auch die Universitäten Kiel und Flensburg sind im Beirat Niederdeutsch vertreten.

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Bildmaterial

In de Wiehnachtsbäckerie (In der Weihnachtsbäckerei) -

Plattdüütsch: Inge Brix, Melodie un hoochdüütsch: Rolf

Zuckowski

Postkarte „Platt is cool“: Eine von 5 Postkarten, 2009

entwickelt für Schüler und Jugendliche in einem Gemein-

schaftsprojekt, das von den Landschaften und Landschafts-

verbänden in Niedersachsen in Zusammenarbeit mit dem

Institut für niederdeutsche Sprache und der Plattdüütsch-

Stiftung Neddersassen unter der Schirmherrschaft des

Niedersächsischen Kultusministeriums durchgeführt wurde.

Lütt Klabautermann (Bi-Ba-Butzemann) –

Plattdüütsch: Karsten Horn. Melodie: trad. Ut: Liederbuch

für Schleswig-Holstein. Möseler 2001

Sünnenkäver höör ik nich (Marienkäfer hör ich nicht) –

Plattdüütsch: Marianne Ehlers. Melodie: Katrin Schrader.

Hoochdüütsch: Ursula Werner-Böhnke. Ut: Singen macht

Spaß – Lieder für Vorschulkinder. Hrg.: Annina Hartung.

Luchterhand Verlag GmbH 1992

En beten bewegen un veel dorbi högen –

Ut Kinnergoorn-Ünnerlagen

Liedauszüge

Rudolf Rodenääs (Rudolf the red-nosed reindeer) –

Plattdüütsch: Horst Hoop. Original: engl. Musik und Text:

Johnny Marks

Fotos von Renate Poggensee, Ingwer Oldsen, Reinhard Goltz,

entstanden in den folgenden Kindergärten:

ADS-Kindergarten Tönning

Hugo-Buschmann-Straße 52, 25832 Tönning

Tel.: 04861 - 5506, Leitung: Renate Poggensee

ADS-„Wilhelm-Gehlsen-Kindergarten“ Husum

Mildstedter Landstraße 27, 25813 Husum

Tel.: 04841 - 74538, Leitung: Gabriela Steglich

Waldkindergarten

De Höss 2, 24899 Wohlde bei Schleswig

Tel.: 04885 - 703, Leitung: Jutta Bohn

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