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Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung POLITIK & UNTERRICHT E 4542 ISSN 0344- Globalisierung Aspekte einer Welt ohne Grenzen Globalisierung: Aspekte und Dimensionen Kulturelle Globalisierung Weltweites Regieren: Institutionen und Akteure Die Globalisierung der Wirtschaft Globalisierung in der Kritik: Konzepte und Perspektiven 4/2003

POLITIK & UNTERRICHT

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Zeitschrift für die Praxisder politischen Bildung

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E 4542

ISSN 0344-

GlobalisierungAspekte einer Welt ohne Grenzen

Globalisierung:Aspekte und Dimensionen

Kulturelle Globalisierung

Weltweites Regieren: Institutionen und Akteure

Die Globalisierung der Wirtschaft

Globalisierung in der Kritik:Konzepte und Perspektiven

4/2003

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4/20034. Quartal 29. Jahrgang

POLITIK & UNTERRICHT wird von der Landeszentrale fürpolitische Bildung Baden-Württemberg herausgegeben.

Herausgeber und Chefredakteur:Dr. h. c. Siegfried Schiele, Direktor der Landeszentrale für po-litische Bildung Baden-Württemberg

Redaktionsteam:Geschäftsführender Redakteur: Dr. des. Reinhold Weber, Landeszentrale für politische Bildung, Stuttgart

Ernst-Reinhard Beck, MdB, Oberstudiendirektor a. D., PfullingenJudith Ernst-Schmidt, Studienrätin, Werner-Siemens-Schule(Gewerbliche Schule für Elektrotechnik), StuttgartUlrich Manz, Rektor der Schiller-Schule Esslingen(Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule)Horst Neumann, Ministerialrat, Ministerium für Umwelt undVerkehr Baden-Württemberg, StuttgartAngelika Schober-Penz, Studienassessorin, Ministerium fürUmwelt und Verkehr Baden-Württemberg, StuttgartKarin Schröer, Reallehrerin, Eichendorff-RealschuleReutlingen

Anschrift der Redaktion:70184 Stuttgart, Stafflenbergstraße 38Tel. (0711) 16 40 99-42/45, Fax (0711) 16 40 99-77

E-Mails an die Redaktion:[email protected]@lpb.bwl.de

POLITIK & UNTERRICHT erscheint vierteljährlich

Preis dieser Nummer: € 2,80

Jahresbezugspreis € 11,20.Unregelmäßig erscheinende Sonderhefte werden zusätzlichmit je € 2,80 in Rechnung gestellt.

Verlag: Neckar-Verlag GmbH, 78050 Villingen-Schwenningen, Klosterring 1, www.neckar-verlag.de

Druck: Baur-Offset GmbH & Co.78056 Villingen-Schwenningen, Lichtensteinstraße 76

Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt dieMeinung des Herausgebers und der Redaktion wieder.

Nachdruck oder Vervielfältigung aufelektronischen Datenträgern sowie Einspeisung in Datennetzenur mit Genehmigung der Redaktion.Auflage dieses Heftes: 18 000

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I N H A L T

Globalisierung

Aspekte einer Welt ohne Grenzen

Vorwort des Herausgebers __________________ 1

Geleitwort des Ministeriumsfür Kultus, Jugend und Sport ________________ 2

Autor dieses Heftes ________________________ 2

Unterrichtsvorschläge

Einleitung ________________________________ 3

Baustein AGlobalisierung: Aspekte und Dimensionen ____ 8

Baustein BKulturelle Globalisierung ____________________ 9

Baustein CWeltweites Regieren: Institutionen und Akteure __________________ 10

Baustein DDie Globalisierung der Wirtschaft ____________ 12

Baustein EGlobalisierung in der Kritik:Konzepte und Perspektiven ________________ 15

Literaturhinweise (Dagmar Meyer) __________ 18

(Alle Bausteine Reinhold Weber)

Politik & Unterricht im Internethttp://www.lpb.bwue.de/PuU/

Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler ________ 19–47

Internetseiten zum Thema(Albrecht Mangler) ________________________ 48

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VorwortdesHerausgebers

Globalisierung ist kein wissenschaftlicher oder auch nur politischer Begriff, mit demeine konkrete Aussage verbunden wäre – ausgenommen jene, dass Wirtschaft, Poli-tik und Kultur in einer weltweiten und engen Austauschbeziehung stehen wie noch niein der Geschichte der Menschheit. Darüber hinaus sagt der Begriff nicht viel über dieArt und die Reichweite dieser Vernetzung von Menschen, Gütern und Orten aus. Auchüber den Charakter der damit verbundenen Chancen und Risiken ist mit dem Begriffnoch nichts gesagt. Wohl auch deshalb ist die Globalisierung ein kontrovers disku-tiertes Thema. Unumstritten ist dagegen die Bedeutung der Thematik, auch und ge-rade für die politische Bildung. Mit der Diskussion um den Globalisierungsprozess undseine Auswirkungen sind Kernfragen der Politik nach Demokratie, Legitimation undnach dem Verhältnis von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft berührt.

Globalisierung ist ein vielschichtiges und kompliziertes Thema. Als allgegenwärtigesSchlagwort wird es bisweilen im Sinne einer Interessenpolitik auch instrumentalisiert.Über das bessere Verständnis dieser Problematik hinaus lohnt es aber, sich mit denChancen und Risiken der Globalisierung auseinander zu setzen – global und ganz kon-kret »vor Ort«. Politik & Unterricht versucht mit diesem Heft, auch die Schülerinnen undSchüler der Sekundarstufe I auf einen erkenntnisreichen Weg mitzunehmen, an des-sen Ende das Grundverständnis eines Prozesses steht, der noch lange nicht abge-schlossen ist. Auch wenn nicht alle Aspekte und Schwierigkeiten des Themas in ihrenVerästelungen ausgeleuchtet werden können, so soll doch deutlich werden: Globali-sierung eröffnet Chancen und Visionen, provoziert aber auch Probleme und Ängste.Es ist aber ein prinzipiell gestaltbarer Prozess und damit eine Herausforderung an dasbürgerschaftliche Engagement der jetzigen und kommenden Generationen. Geradebei diesem Thema freuen wir uns über Rückmeldungen unserer Leserinnen und Leser.

Dr. h. c. Siegfried SchieleDirektor der Landeszentrale für politische BildungBaden-Württemberg

Otto Bauschert im RuhestandMan kann es sich noch nicht so recht vorstellen, dass Otto Bauschert nicht mehr als ge-schäftsführender Redakteur von Politik & Unterricht tätig ist. Wir hatten uns zu sehr daran ge-wöhnt, dass er die Hauptsorge für unsere Zeitschrift seit 1979 getragen hat. Er war maßgeb-lich mit Planungsfragen befasst, hielt den Kontakt mit Autorinnen und Autoren sowie mit demNeckar-Verlag und redigierte die verschiedenen Hefte. Durch seine gewissenhafte, verantwor-tungsvolle und kompetente Arbeit hat er in besonderer Weise dazu beigetragen, dass die Zeit-schrift in den Schulen unseres Landes einen guten Ruf genießt.Ständig hat er darauf geachtet, dass nur Hefte in die Schule kamen, die dort auch gebrauchtwurden und die möglichst in allen Schularten eingesetzt werden konnten. Keine Mühe war ihmzu groß, um eine aktuellere Statistik zu finden, ein anschaulicheres Bild aufzustöbern oder dieTexte lesbarer zu machen. Seine meisterliche Feder erleichterte ihm die Arbeit. Otto Bauschert legte auch großen Wert auf die gebotene Überparteilichkeit von Politik & Un-terricht. Er war nur zufrieden, wenn der »Beutelsbacher Konsens« bei jedem Heft umgesetztwar.Insgesamt hat Otto Bauschert bei seinem Eintritt in den Ruhestand genau 100 Hefte der Zeitschrift herausgebracht. Dazukommen noch zwölf Hefte P&U aktuell. Das letzte Heft trug den schönen Titel: „Staunen, was die Zukunft bringt“, ein Thema,das gut auch zu seinem Ruhestand passt.Die Redaktion der Zeitschrift, der er sich sehr verbunden fühlte, gibt ihm die besten Wünsche für einen erfüllten Ruhestandauf den Weg. Die gesamte Landeszentrale und die vielen Leserinnen und Leser unserer Zeitschrift danken ihm für seinelangjährige engagierte Arbeit. Dr. h. c. Siegfried Schiele

Neuer geschäftsführender Redakteur Reinhold Weber

Die Nachfolge von Otto Bauschert hat zum 1. September 2003 Reinhold Weber angetreten.Reinhold Weber ist 1969 in Aalen geboren und hat im Sommer 2003 seine Promotion mit einemlandesgeschichtlichen Thema abgeschlossen.

Er bringt gute Voraussetzungen für seine neue Aufgabe mit. Seit 1998 ist er als freier Mitarbei-ter der Landeszentrale tätig, hat dabei wichtige didaktische Erfahrungen sammeln können undseine Kompetenz u. a. durch die »Kleine politische Landeskunde« unter Beweis gestellt, die erbei drei Neuauflagen betreut hat.

Mit ihm ist sichergestellt, dass die Landeszentrale die Zukunftsfragen ins Auge fasst, die für diejungen Menschen von entscheidender Bedeutung sind. Die gesamte Redaktion, der Verlag undsicherlich auch die Leserinnen und Leser wünschen dem jungen geschäftsführenden Redak-teur viel Erfolg! Dr. h. c. Siegfried Schiele

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Als der Nürnberger Martin Behaim, der Erfinder des Globus, 1492 den ersten»Erdapfel« in den Händen hielt – Amerika war noch nicht verzeichnet –, konn-te er nicht ahnen, dass die Erde eines Tages so schrumpfen würde, dass mansie buchstäblich in Händen halten konnte. Es verwundert nur auf den erstenBlick, dass dieser Martin Behaim, der als Kartograph bekannt wurde, der anEntdeckungsreisen teilnahm und mehrere Jahre auf den Azoren lebte, Tuch-händler war. Längst hatte sich um diese Zeit der Fernhandel über die Grenzendes Mittelmeerraumes hinaus auf andere Kontinente ausgedehnt, längst wa-ren Handel, Wirtschaft und Märkte weltweit verbunden. Bis an den Beginn derNeuzeit reichen die Anfänge dessen zurück, was wir heute mit dem Begriff Glo-balisierung bezeichnen. Um 1500 waren die internationalen Wirtschaftsbezie-hungen zwar noch ganz auf Europa ausgerichtet, aber sie dehnten sich in denfolgenden Jahrhunderten mit rasant zunehmender Geschwindigkeit über denganzen Erdball aus. Globalisierung stellt sich heute als weltumspannender Pro-zess dar, dessen Dynamik sich im letzten Jahrzehnt so stark entfaltet hat, dasssie zu einer der großen Herausforderungen für die Zukunft geworden ist. Al-lerdings ist kaum eine derzeitige Entwicklung mit so diffusen Ängsten und Hoff-nungen verbunden wie die Globalisierung. Die Unüberschaubarkeit eines sichim schnellen Wandel befindlichen, unumkehrbaren Prozesses beunruhigt vie-le, die fürchten, dass die Bedeutung der Wirtschaft übermächtig wird, und dieden Verlust kultureller Identität kritisieren. Andere erhoffen eine Weltgesell-schaft, die den Menschenrechten allgemeine Geltung verschafft, und träumenvon Wohlstand und Frieden für alle.

Mit dem vorliegenden Heft legt die Landeszentrale für politische Bildung nunein weiteres Heft vor, das sich mit Entwicklungen und Gestaltungsmöglichkei-ten der Zukunft beschäftigt. Es bietet Einblicke in die komplexen Zusammen-hänge und stellt die verschiedenen Aspekte der Globalisierung vor. Dabeiknüpft es immer wieder dort an, wo die Globalisierung für die Jugendlichen imAlltag spürbar wird. An konkreten Beispielen wird die weltweite Vernetzung er-fahrbar gemacht. Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport begrüßt es,dass sich die Landeszentrale für politische Bildung dieses schwierigen, hochaktuellen Themas angenommen hat und so dazu beiträgt, dass der Unterrichtmit aktuellen Materialien und fundierten Hintergrundinformationen bereichertwerden kann. Jugendliche können so erfahren, dass Globalisierung ein Vor-gang ist, der sich nicht naturwüchsig ereignet, sondern zum Handeln heraus-fordert, damit die »Welt ohne Grenzen« sozial und umweltverträglich gestaltetwird.

Johanna SeebacherMinisterium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg

Geleitwortdes Ministeriumsfür Kultus, Jugendund Sport

Autor dieses Heftes Dr. des. Reinhold Weber ist geschäftsführender Redakteur der Zeitschrift Po-litik & Unterricht. Er ist Autor mehrerer landeskundlicher Arbeiten, darunter derSchrift »Baden-Württemberg. Eine kleine politische Landeskunde«. Bei der Lan-deszentrale für politische Bildung betreut er darüber hinaus die Buchreihe der»Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs«.

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GlobalisierungAspekte einer Welt ohne Grenzen

Einleitung

Bei der Auseinandersetzung mit der Globalisierunggeht es um die aktuelle Debatte zu den zentralen Zu-kunftsfragen, denen sich Politik und Bildung zu stel-len haben. Die politische, wirtschaftliche, gesell-schaftliche und ökologische Diskussion zu Beginndes 21. Jahrhunderts wird vom Begriff der Globali-sierung dominiert. Dennoch vermag kaum jemanddas zwar junge, aber mittlerweile fast inflationär ge-brauchte Schlagwort klar zu umreißen.

Der Begriff wird vor allem von Politikern gerne gebraucht – je nach Bedarf entweder als »größteChance für die deutsche Wirtschaft« oder als »Ar-beitsplatzvernichter«. Jenseits dieser plakativen Zu-spitzung ist die Globalisierung von tagespolitischerBrisanz und großer Bedeutung als Fächer übergrei-fendes Thema in den Schulen. Es ist aber auch eineHerausforderung an die politische Bildung und ihreTräger. Denn manche Frage, die auf den ersten Blickals banal erscheint, entpuppt sich beim genauerenHinsehen als ausgesprochen vielschichtig: Was istGlobalisierung eigentlich? Wo ist sie – auch und ge-rade ganz konkret vor Ort – zu erfahren? Welche Le-bensbereiche sind betroffen? Welche Vorteile bringtsie mit sich und wo liegen die möglichen Schatten-seiten?

Ein nicht abgeschlossener Prozess

Der Globalisierungsbegriff wird unterschiedlich ver-wandt. Zuallererst ist zu betonen, dass das Zusam-menwachsen der Welt im Sinne einer immer leichte-ren und schnelleren Erreichbarkeit vonMenschen, Ideen, Waren und Finanzenein seit Jahrhunderten zu beobachten-der Prozess ist. Dieser Prozess, der vor-wiegend auf bahnbrechenden Innova-tionen in der Kommunikations- undTransporttechnologie beruht, verliefzwar nicht gleichmäßig, aber doch kon-tinuierlich. Die Erfindungen von Eisen-bahn, Dampfschiff, Verbrennungsmotorund Düsenflugzeug auf der einen sowieTelegraf, Telefon und Telefax auf der an-deren Seite haben seit dem Zeitalter derEntdeckungen und dann vor allem seitder Industrialisierung die Welt immerenger zusammenwachsen lassen. Inso-fern lassen sich die jüngsten Entwick-lungen als Fortführung dieser langenTradition sehen. Doch vor allem die In-

formationstechnologie und das über sie realisierteund rasant wachsende Internet hat den Prozess in In-tensität, Qualität und Dynamik beschleunigt. Und esist ein offener und noch nicht abgeschlossener Pro-zess.

Ursachenbündel

Der Globalisierungsprozess beruht auf einem grund-legenden Strukturwandel, der sich anhand von fünfPunkten umreißen lässt. Jeder dieser fünf Punktewürde für sich allein genommen schon einen tief grei-fenden Wandel bedeuten. In ihrer Gleichzeitigkeit undihrem Ineinandergreifen bedeuten sie aber mehr alsbloß eine Periode rascher Veränderungen:

1. Nach dem Ende des Kalten Krieges hat sich rundein Drittel der Menschheit der liberalen Wirt-schafts- und Gesellschaftsordnung angeschlos-sen. Ökonomisch betrachtet bedeutete dies einenradikalen Wandel im weltweiten Handel und in derweltweiten Industrie- und Dienstleistungsproduk-tion.

2. Eine grundlegende Veränderung betrifft den Über-gang von Industrien, die auf natürlichen Rohstof-fen basieren, zu »künstlichen« Industrien undDienstleistungen, die auf Wissen basieren.Während früher Wohlstand immer im Zusammen-hang mit Besitz von Land oder Naturschätzenstand, basiert Reichtum nun zumindest zu einemguten Teil auf wissenschaftlichen Innovationen.

3. Die Weltbevölkerung wächst, wandert und altert.Der dritte Strukturwandel ist also demografischerNatur und hat weit reichende Konsequenzen da-rauf, wie unsere Gesellschaften aussehen bzw.schon in wenigen Jahrzehnten aussehen werden.

Ursachen der GlobalisierungUrsachen der Globalisierung

KommunikationstechnologieInformationstechnologie

KommunikationstechnologieInformationstechnologie

MobilitätTransport von Personen und Waren

MobilitätTransport von Personen und Waren

Liberalisierung des WelthandelsLiberalisierung des Welthandels

Ende des Kalten KriegesEnde des Kalten Krieges

GlobalisierungGlobalisierungGlobalisierung

weitere Ursachen...?weitere Ursachen...?

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4. Erstmals in der Geschichte der Menschheit stehenden Menschen alle für eine globale Wirtschaft not-wendigen Transport- und Kommunikationsmög-lichkeiten zur Verfügung. Neben die nationalenÖkonomien tritt schrittweise eine globale Wirt-schaft. Im 19. Jahrhundert wurden lokale und re-gionale Wirtschaften von Volkswirtschaften ab-gelöst. In aller Regel stärkte dies die Macht derNationalstaaten. Heute tritt eine Globalökonomiean die Stelle der Nationalökonomien und schwächtdie Einflussmöglichkeiten der Nationalstaaten.Eine Weltwirtschaft ohne regulierende Weltregie-rung also?

5. Und zum ersten Mal seit zweihundert Jahren gibtes in der Welt keine eindeutig dominierende Wirt-schaftsmacht mehr, wie sie im 19. Jahrhundert dasbritische Empire oder im 20. Jahrhundert die USAdarstellten. Im 21. Jahrhundert beteiligen sich vorallem zwei Staatengruppen aktiv an der Weltwirt-schaft, die vor drei Jahrzehnten nur eine margina-le Rolle im Welthandel spielten: die neu industria-lisierten Staaten Ost- und Südostasiens undneuerdings auch Lateinamerikas sowie die Trans-formationsländer Osteuropas und die Staaten derehemaligen Sowjetunion (GUS).

In der Summe resultieren aus diesen grundlegendenVeränderungen die entscheidenden Impulse, die demGlobalisierungsprozess zum Durchbruch verhalfen.Der beschleunigte Trend zur Globalisierung der Wirt-schaft lässt sich aus ökonomischer Sicht zusam-menfassen als

1. die Zunahme transnationaler Wirtschaftsbezie-hungen und -verflechtungen;

2. das Zusammenwachsen von Märkten für Güterund Dienstleistungen über die Grenzen einzelnerStaaten hinweg;

3. die Zunahme internationaler Kapitalströme und dieweltweite Verbreitung neuer Technologien.

Globalisierung bedeutet also die Zunahme der Inten-sität und der Reichweite transnationaler wirtschaftli-cher Austauschbeziehungen und dadurch auch dieIntensivierung des Wettbewerbs durch eine Ver-größerung der Märkte bis hin zum Entstehen globa-ler Märkte. Der Globalisierungsprozess wurde dabei

durch die neuen Kommunikationsmöglichkeiten ge-fördert und beschleunigt, vor allem aber auch durchpolitische Entscheidungen ermöglicht. Genannt sei-en hier nur die weltweit durchgesetzten Maßnahmenfür Freihandel, ungehinderten grenzüberschreitendenKapitalverkehr und die Schaffung großer und größerwerdender Binnenwirtschaftsräume. Ursachen sindhier von Auswirkungen oft kaum mehr zu trennen.Eine der charakteristischen Auswirkungen der Glo-balisierung ist jedoch die rasche Zunahme des Welt-handels. Innerhalb von 25 Jahren hat sich der Anteildes weltweiten Warenexports an der Weltgüterpro-duktion mehr als verdoppelt. Ähnlich ist die Entwick-lung bei den weltweit gehandelten Dienstleistungen(z.B. Versicherungen und Kreditgewährung).

Auswirkungen

Die in der aktuellen Debatte in Deutschland am stärksten diskutierte Auswirkung der Globalisierungist die Frage der Standortkonkurrenz. Die Gefahrenliegen auf der Hand: Bei einer verzögerten Anpas-sung an die neuen Bedingungen der globalen Wirt-schaft ist das Abwandern von Produktionsstätten ausdem »Hochlohnland« Deutschland in weitaus billigerproduzierende Länder abzusehen, ohne dass sichbisher ein adäquater Ersatz in Form neuer und inno-vativer Wirtschaftsbereiche entwickelt hätte. Aus derSicht des Verbrauchers liegen darin auch Vorteile,denn zahlreiche Produkte werden dadurch günstiger.Gesamtgesellschaftlich gilt es dagegen, die Zukunftder deutschen Wirtschaft durch forschungsintensiveGüterproduktion und entsprechende Dienstleis-tungsangebote zu gestalten. Das ist eine Herausfor-derung an die Menschen und ihre Ausbildung imLand – und eine Chance zugleich.

Gesellschaft und Kultur (vgl. Baustein B): Die Aus-wirkungen der Globalisierung auf die Gesellschaftzeigen ein ambivalentes Bild, bei dem sich (ver-meintliche) Gewinner und Verlierer des Globalisie-rungsprozesses gegenüberstehen. Während die eineSeite darauf verweist, der Globalisierungsprozessbaue Armut ab und zeige im Ergebnis eine Nivellie-rung der Weltgesellschaft zu Gunsten aller durch dieSteigerung von Wohlstand und Wohlfahrt, betonendie Kritiker, die Globalisierung bewirke sowohl in denIndustrienationen als auch in den Entwicklungslän-

dern eine Spaltung der Gesellschaften inGewinner und Verlierer.Die Auswirkungen der Globalisierung zei-gen sich auch in der Herausbildung multi-kultureller Gesellschaften, vor allem in dengroßen Städten, den so genannten »GlobalCities«. Hier entstehen ganz neue Formengesellschaftlichen Zusammenlebens. Zu-gleich umfasst die Globalisierung die zu-nehmende Vereinheitlichung der Lebens-stile, Werte, Essgewohnheiten, der Musikund der Mode. Mit der globalen Präsenzder vom Westen dominierten Einheitskultur(»McWorld-Kultur«, »Cocacolization«) drohtder Verlust kultureller Traditionen. Vielerortsresultiert daraus aber auch eine Rückbe-

GlobalisierungGlobalisierung

weltweiter Austausch von Gütern,

Dienstleistungen und Kapital

weltweiter Austausch von Gütern,

Dienstleistungen und Kapital

weltweite Umweltbelastung

weltweite Umweltbelastung

weltweite Mobilität (z.B. Tourismus)

weltweite Mobilität (z.B. Tourismus)

weltweiter Kulturaustausch

weltweiter Kulturaustausch

weltweiteKommunikation

weltweiteKommunikation

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sinnung auf lokale kulturelle Werte, Traditionen undAutonomien. Die Begriffe »globales Dorf« und »Glo-kalisierung« stehen für diesen Zusammenhang vonweltweiter Perspektive und lokalem Gegenbezug.

Politik (vgl. Baustein C): Die Auswirkungen der Glo-balisierung auf die Politik bestehen insbesondere inder Verschiebung der Kräfteverhältnisse zugunstender Wirtschaft. In der globalisierten Welt kommt denStaaten in immer stärkerem Maß die Aufgabe zu,durch die Schaffung investitionsgünstiger Standort-bedingungen international agierende Unternehmen

Globalisierung: DefinitionenDer Ausdruck Globalisierung wird zur Bezeichnung ver-schiedener, positiver wie negativer Phänomene verwen-det. Einerseits hat die Revolution im Bereich der Kommu-nikation zu einer raschen Überwindung von Entfernungengeführt, andererseits haben die neuen Technologien aberauch zur Entwicklung eines Wirtschaftssystems beigetra-gen, das von der Herrschaft des Kapitals gekennzeichnetist. Dabei hat das Finanzkapital das ebenfalls globalisierteIndustriekapital als leitenden Akteur im globalen Wirt-schaftsprozess abgelöst.

Erklärung des »Colloquiums 2000«, zitiert nach: Glau-bensgemeinschaft und soziale Bewegungen im Streit mitder Globalisierung. In: epd-Entwicklungspolitik 13/2000,S. 45.

Der Terminus Globalisierung ist seit den 1990er-Jahren inaller Munde. Ursprünglich im ökonomischen Bereich ver-wendet, um die zunehmende globale Verflechtung derÖkonomien und insbesondere der Finanzmärkte auf denBegriff zu bringen, bezeichnet er auch Prozesse, die vondieser als qualitativ neu angesehenen Entwicklung ausge-hen und inzwischen etliche weitere Bereiche fortschrei-tender Modernisierung wie Kommunikation, Produktionvon Wissen und Gütern, Transport umfassen, aber auchProblemfelder internationaler Sicherheit wie OrganisierteKriminalität, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel,Krieg und Migration. Bedingt durch die breite Verwen-dungspraxis ist der Begriff nicht einheitlich zu definieren.Im Kern besagt er die rapide Vermehrung und Verdichtunggrenzüberschreitender gesellschaftlicher Interaktionen,die in räumlicher und zeitlicher Hinsicht die nationalen Ge-sellschaften immer stärker miteinander verkoppeln.

Dieter Nohlen: Globalisierung. In: Ders. (Hrsg.): KleinesLexikon der Politik. München (Beck) 2001, S. 181.

Globalisierung meint die über territorial definierte Räumehinaus gehende, tendenziell weltweite Ausweitung vonwirtschaftlichen, politischen und kulturellen Praktiken. Historisch werden mehrere Wellen der Globalisierung un-terschieden: Einer ersten Welle der Migration, des Kapital-exports und der Handelsausweitung von 1870 bis 1914folgte ein Rückfall in Nationalismus und Protektionismus.Ein zweiter Globalisierungsschub nach 1945 bescherteden Industrieländern außerordentliche Wachstumsraten.Um 1980 setzte eine dritte Welle der Globalisierung ein,die durch liberalisierte Finanzmärkte und eine »neue inter-nationale Arbeitsteilung« charakterisiert wird: Erstmals er-ringen die sich globalisierenden Entwicklungsländer be-deutende Anteile am Welthandel mit Industriegütern.

Klaus Müller: Globalisierung. Frankfurt/M. (Campus) 2002,S. 175 f.

für Investitionen und damit für die Schaffung von Ar-beitsplätzen zu gewinnen. Neben diesen primär wirt-schaftspolitischen Auswirkungen der Globalisierungsteht die Strategie des »Global Governance«, d.h. diedemokratisch legitimierte, sozial und umweltverträg-liche Gestaltung des aktuellen Globalisierungspro-zesses. Dahinter steht der pragmatische Ansatz,dass eine globalisierte Welt mit den InstrumentarienWelthandelsorganisation, Weltumweltordnung, inter-nationale Wettbewerbsordnung, Weltsozialordnung,Weltwährungs- und Finanzordnung sowie einer Welt-friedensordnung regiert werden kann.

Ökonomie (vgl. Baustein D): Die Vielschichtigkeitdes Globalisierungsprozesses verbietet es geradezu,ihn auf die ökonomische Sicht zu verengen, auchwenn die Globalisierung der Wirtschaft als treibendeKraft des Gesamtprozesses im Vordergrund stehtund die Lebensverhältnisse von Menschen in allenTeilen der Welt prägt. Die Auswirkungen der Globali-sierung finden auf verschiedenen Ebenen zeitgleich,jedoch in unterschiedlicher Intensität Niederschlagund werden – je nach subjektiver Perspektive – po-sitiv oder negativ wahrgenommen und interpretiert.

Umwelt und Natur: Die Bedeutungslosigkeit politi-scher Grenzen für die Folgen der Umweltzerstörungführt dazu, dass die Auswirkungen der Umweltbelas-tungen nicht nur an den Orten ihrer jeweiligen Verur-sachung, sondern global wirksam werden. Die Glo-balisierung hat damit auch zu einem gestiegenenBewusstsein über die Folgen der weltweiten Um-weltbelastungen geführt. Auf der Ebene der Politikwird versucht, durch internationale Abkommen wiedem Kyoto-Protokoll entgegenzuwirken. Seit den1980er-Jahren hat sich die Zahl der internationalenUmweltschutzabkommen mehr als verdoppelt. Zen-trales Mittel dieser Gegenkonzeption ist der auf demPrinzip der Nachhaltigkeit basierende Agenda 21-Prozess, der 1992 in Rio de Janeiro beschlossen, al-lerdings vielfach nur punktuell und schleppend – zu-dem in manchen Staaten gar nicht – umgesetztwurde.

Ängste und Kritik – Chancen und Visionen

Die vielfältigen sozialen, politischen und kulturellen,vor allem aber auch die ökonomischen Entwicklun-

GlobalisierungGlobalisierung

Dimensionen der GlobalisierungDimensionen der Globalisierung

WirtschaftWirtschaft

GesellschaftGesellschaftPolitikPolitik

UmweltUmwelt KulturKultur

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gen im weltweiten Zusammenhang bringen Verände-rungen und Ungewissheiten mit sich. Manche dieserGlobalisierungsprozesse führen zu diffusen Ängstenund berechtigter Kritik, auch und gerade im Alltag Ju-gendlicher. Über Chancen, Visionen und über die Ge-staltbarkeit des Globalisierungsprozesses wird da-gegen nur selten gesprochen. Von zentraler Bedeu-

Orte mit Bedeutung»Davos«: Seit seiner Gründung 1971 hat sich das jährlichtagende World Economic Forum in Davos von einem Ma-nagement-Seminar zu einem Forum der weltwirtschaftli-chen Diskussion entwickelt. Alljährlich treffen sich in Da-vos die Eliten der wichtigsten Wirtschaftsbranchen sowieaus den Bereichen Politik und Kultur, um die globalen Probleme aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu dis-kutieren. Alljährlich provoziert das Treffen auch Demons-trationen der Globalisierungskritiker. Neuerdings sindauch Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen zudem Forum eingeladen.

»Seattle«: Beim Ministertreffen der Welthandelsorganisa-tion WTO im amerikanischen Seattle (1999) demonstrie-ren 50.000 Menschen gegen die negativen Auswirkungender Globalisierung. Die Tagung muss abgebrochen wer-den. »Seattle« gilt als Auftakt einer weltweiten Anti-Globa-lisierungsbewegung.

»Genua«: Im italienischen Genua findet im Sommer 2001der G 8-Gipfel der führenden Industrienationen statt. Da-bei kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungenzwischen der Polizei und einem Teil der Demonstranten.Ein 23jähriger Mann wird von der Polizei erschossen. Ent-setzen macht sich breit und »Genua« wird zum Scheitel-punkt der Anti-Globalisierungsproteste.

»Porto Allgre«: Die brasilianische Metropole ist seit 2001Tagungsort des »Weltsozialforums«, das von Nicht-Regie-rungsorganisationen vorbereitet und durchgeführt wird.An dem »Gipfeltreffen der Alternativen« nehmen im Ja-nuar 2003 rund 100.000 Menschen teil, die sich weltweit»für eine neue Gesellschaft« engagieren.

»Florenz«: Im November 2002 treffen sich Hunderttau-sende zum »Europäischen Sozialforum« der Nicht-Regie-rungsorganisationen und demonstrieren gewaltfrei gegenArmut und Krieg.

»Evian«: Beim G 8-Gipfeltreffen des »Clubs der Reichen«im französischen Evian protestieren mehrere zehntausendGlobalisierungskritiker zum Teil gewaltsam gegen denIrak-Krieg und für einen Schuldenerlass der ärmsten Län-der der Welt.

»Cancùn«: Nach fünftägigen Verhandlungen scheitert dieWTO-Ministerkonferenz an den tief sitzenden Gegensät-zen zwischen den reichen und armen WTO-Mitgliedstaa-ten. Der Streit um milliardenschwere Agrarhilfen undSchutzzölle bei landwirtschaftlichen Produkten ist einzentraler Konfliktpunkt der Tagung. Auch bei dieser Kon-ferenz gibt es heftige Krawalle. Der Freitod eines koreani-schen Bauernführers überschattet die Tagung. Erstmalssind bei der Konferenz Vertreter zahlreicher NGOs als Be-obachter zugelassen.

Zusammengestellt und erweitert nach: Uli Jäger: Globali-sierung – Ängste und Kritik. Themenblätter im UnterrichtNr. 28 (2003), hrsg. von der Bundeszentrale für politischeBildung.

tung ist, dass es sich bei der Globalisierung nicht umeinen Zustand und schon gar nicht um eine Naturka-tastrophe handelt, sondern um einen gestaltbarenProzess, der Chancen und Gefahren birgt.

Die positiven Auswirkungen der Globalisierung wiedie Schaffung einer Weltöffentlichkeit (»Gemeinschaftder Völker«, »Weltgewissen«), die ungehinderte Mo-bilität von Menschen und Informationen und die da-mit steigende Informationsfreiheit werden oft alsselbstverständlich hingenommen – auch von Ju-gendlichen, die beispielsweise rund um den Globuschatten, im Netz einkaufen, weltweite Musiksenderwie MTV sehen oder mit »Billigfliegern« als Globe-trotter um die Welt »bummeln«.

Aber Globalisierung polarisiert auch und eröffnet Kon-troversen. Während die einen die vollständige Libera-lisierung des Handels befürworten, kritisieren die an-deren wiederum das demokratische Defizit und dieAsymmetrie des Globalisierungsprozesses. Währenddie einen mit dem raschen Tempo der Veränderungenin den Informationstechnologien Schritt halten, fühlensich die anderen eher überfordert statt umfassend in-formiert. Während es die einen genießen, zwischenheimischer, ostasiatischer oder südamerikanischerKüche wählen zu können, die ganze Bandbreite vonRock und Ethno-Pop hören und beim Lesen das in-ternationale Angebot einer »Weltliteratur« schätzen,empfinden die anderen dies als Verlust nationaler Bin-dungen und als bedrohliches Anwachsen »fremder«Einflüsse.

Aber die Ängste und Sorgen gehen noch weit darü-ber hinaus: Im Zuge der Globalisierung wird immerdeutlicher, dass weltweit gemeinsames Handeln not-wendig ist, um globalen Gefährdungen entgegentre-ten zu können: sei es bei der Umweltproblematik, beider weltweiten Verbreitung von Atomwaffen oder an-gesichts von Krieg und globalem Terrorismus. Ängs-te und Bedrohungsgefühle sind jedoch problemati-sche Reaktionen auf Veränderungen. Ihre bewussteoder unbewusste Instrumentalisierung ist aber nochweitaus gefährlicher, weil sie Intoleranz und Aggres-sivität fördert. Viel wichtiger ist es, Chancen für alleBeteiligten zu betonen und Handlungsmöglichkeitenzu diskutieren.

Die Themen dieses Heftes

Das vorliegende Heft greift ganz bewusst drei Aspek-te des Globalisierungsprozesses heraus: Kultur, Po-litik und Wirtschaft. Ergänzt werden diese drei Berei-che durch die Frage nach der Bandbreite der sogenannten Globalisierungskritiker und die Diskussi-on der Konzepte und Handlungsmöglichkeiten, wieden negativen Auswirkungen der Globalisierung be-gegnet werden könnte. In der didaktischen Vermitt-lung der Problematik will das Heft eher »kleine Schrit-te« gehen und dabei auch die Schülerinnen undSchüler der Sekundarstufe I mit auf den Weg neh-men. Als Ergebnis der Auseinandersetzung mit demThema Globalisierung sollen sie in der Lage sein, denBegriff der Globalisierung umreißen zu können, die

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Bretton Woods ist der Ort im US-Bun-desstaat New Hampshire (USA), andem 1944 erstmals eine institutionelleOrdnung der Weltwirtschaft in Form desIWF und der Weltbank beschlossenwurde. Ziele dieser Ordnung waren dieAusweitung des Welthandels, wirt-schaftliches Wachstum und hohe Be-schäftigung bei stabilen Währungsver-hältnissen.

Global Governance besteht in der Ab-sicht, auch ohne einen Weltstaat Welt-politik zu betreiben, indem internatio-nale Institutionen, Unternehmen undNicht-Regierungsorganisationen ihreKompetenzen vernetzen.

G 7 bzw. G 8 ist das informelle Forumdes Weltwirtschaftsgipfels, in dem diesieben größten Industrienationen(Deutschland, Frankreich, Großbritan-nien, Italien, Japan, Kanada und USA)ihre globalen Interessen koordinieren(seit 2002 durch Russland zur G 8 er-weitert).

Internationaler Währungsfonds (IWF)ist die 1947 zur Stabilisierung des inter-nationalen Währungssystems gegrün-dete Organisation. Der IWF vergibt be-fristete Kredite zur Überbrückung vonkurzfristigen Zahlungsbilanzschwierig-keiten an einzelne Regierungen.

Die Welthandelsorganisation (WTO;engl.: World Trade Organization) ist imJahr 1995 gegründet worden und hatihren Sitz in Genf. Sie ist die Nachfolge-organisation des allgemeinen Zoll- undHandelsabkommens GATT (GeneralAgreement on Tariffs and Trade). Haupt-ziel des GATT von 1948 war, durch Sen-kung der Zölle und Abbau von Handels-hemmnissen den Welthandel und dieWeltwirtschaft zu fördern. Das GATT,das zu den Sonderorganisationen derVereinten Nationen (UN) gehörte, wurdezum 1. Januar 1996 durch die WTO ab-gelöst. Die WTO regelt als einzige legiti-mierte UN-Sonderorganisation den in-ternationalen Handel. Die zentralenWTO-Vereinbarungen bilden rechtlicheGrundsätze für den internationalen

Handelsverkehr und die Handelspolitik.Angestrebt wird, in den Mitgliedstaatenden Lebensstandard und die Realein-kommen zu erhöhen, Vollbeschäftigungzu erreichen und zu sichern, und zu die-sem Zweck den Handel auszuweiten undProtektionismus zu bekämpfen. Die WTOhat wesentliche Liberalisierungsaufga-ben: Im Gegensatz zum GATT umfasstdie WTO nicht nur den Handel von Gü-tern, sondern auch den Handel mitDienstleistungen (GATS) und die han-delsbezogenen Aspekte der Rechte amgeistigen Eigentum (TRIPS).

OECD (Organization for Economic Coo-peration and Development) ist der orga-nisatorische Zusammenschluss derführenden Industrieländer für wirtschaftli-che Zusammenarbeit und Entwicklungs-hilfe, die 1961 als Nachfolgeorganisationder Europäischen Organisation für wirt-schaftliche Zusammenarbeit gegründetwurde.

Die Weltbank ist – wie der IWF – ausdem Bretton Woods-Abkommen hervor-gegangen. Ihre Aufgabe ist es, Entwick-lungsländern Kapital für die wirtschaftli-che Entwicklung zur Verfügung zustellen.

Nicht-Regierungsorganisationen(NRO; engl. Non-Governmental Orga-nizations oder NGO) waren ursprünglichdie privaten Träger der Entwicklungshilfe.Heute gibt es in Deutschland mehr als200, darunter Kirchen und politische Stif-tungen sowie sonstige private Träger, dieteilweise von Regierungsseite finanziellunterstützt werden.

Neoliberalismus ist ein wirtschaftspoliti-sches Konzept für eine Wirtschaftsord-nung, die durch die Steuerung aller öko-nomischer Prozesse über den Markt, d.h.durch freien und funktionsfähigen Wett-bewerb gekennzeichnet ist. Das Konzeptlehnt sowohl das Laissez-faire-Prinzip alsauch den Staatsinterventionismus sowiejede Form von Planwirtschaft ab und bil-ligt dem Staat lediglich wirtschaftskon-forme Eingriffe zu (z.B. Schaffung und Er-

Kleines Lexikon der Globalisierung

Nach: Klaus Müller, Globalisierung. Frankfurt/M (Campus), 2002; Joseph Stiglitz: Die Schatten der Globalisierung. Berlin (Sied-ler) 2002; Harenberg Aktuell 2004, Dortmund 2003 u. Der Brockhaus Multimedial, 2001.

Ursachen und Auswirkungen des Prozesses weltweitund in ihrem eigenen Lebenszusammenhang benen-nen und diskutieren zu können sowie mit den Namender wichtigsten politischen Institutionen und Akteu-re des Globalisierungsprozesses vertraut zu sein. Da-bei wird nicht vergessen, nach den Chancen und Ri-siken, Gewinnern und Verlierern zu fragen, aber auch

der Frage nach neuen »Schiedsrichtern« und »Spiel-regeln« nachzugehen. Der Aspekt der globalen Um-weltbelastung und Umweltpolitik wurde wegen sei-nes Umfangs ganz bewusst ausgespart, genauso wieder Aspekt der weltweiten Friedenssicherung nur an-gerissen werden kann. Beide Themen wären loh-nenswerte Aufgaben für jeweils eigene Hefte.

haltung der Rahmenbedingungen fürfreien Wettbewerb, etc...).

Protektionismus ist eine Wirtschafts-politik, die einen Binnenmarkt bzw. ein-zelne Wirtschaftsbereiche (z.B. Land-wirtschaft) durch Schutzzölle, Einfuhr-kontingente oder -verbote und andereHandelshemmnisse vor ausländischerKonkurrenz zu schützen sucht.

Attac (Association pour une Taxationdes Transactions financières pour l’Aideaux Citoyens; dt.: Vereinigung zur Be-steuerung von Finanztransaktionen imInteresse der BürgerInnen) wurde 1998in Frankreich gegründet und hat heuteweltweit rund 90.000 Mitglieder in 45Ländern. In Deutschland sind es etwa2.000. Attac ist ein Bündnis, das Men-schen und Organisationen verbindet,die für soziale und ökologische Gerech-tigkeit im Globalisierungsprozess strei-ten. In Deutschland reicht das Bündnisvon den Gewerkschaften ver.di undGEW über den BUND und Pax Christibis zu kapitalismuskritischen Gruppen.

Das World Economic Forum ist als»Gipfel der Gipfel« das jährliche Treffenvon rund 1.000 Unternehmensführern,250 Staatsvertretern und ca. 300 Wis-senschaftlern und hochrangigen Kultur-trägern in Davos. Das »Davoser Forum«definiert Lösungen zu wirtschaftlichen,politischen und sozialen Problemen. Eswill eine »globale Gemeinschaft« undeine weltweite Vernetzung zwischenden Entscheidungsträgern aus den Be-reichen Wirtschaft, Politik, Wissen-schaft und Medien schaffen.

Das Forum Social Mundial ist das2001 parallel zum Davoser Weltwirt-schaftsgipfel in der brasilianischenStadt Porto Allegre gegründete Forumvon Globalisierungskritikern. Seithertrifft sich das breite gesellschaftlicheForum jährlich, um unter dem Motto»Eine andere Welt ist möglich« Kon-zepte zur sozialen und umweltverträgli-chen Gestaltung der Globalisierung zudiskutieren.

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BAUSTEIN A

Globalisierung:Aspekte und Dimensionen

Impulse

Anhand der Materialien in Baustein A wird die Viel-schichtigkeit des Begriffes der Globalisierung zumThema gemacht. Dabei werden bewusst keine theo-retischen Definitionsversuche vorgestellt, sondern eswird zur eigenständigen Beschäftigung mit dem Be-griff und der zugehörigen Debatte angeregt. Mit die-sem Problemaufriss können grundsätzliche Fragenangesprochen und diskutiert werden, die in den wei-teren Bausteinen aufgegriffen werden. Nach der vonden Schülerinnen und Schülern entwickelten Dis-kussion über die unterschiedlichen Bereiche des Glo-balisierungsprozesses können die weiteren Schritteder Behandlung des Themas festgelegt werden.Grundsätzliche Fragen, die anhand der Materialiendiskutiert werden können, sind:

• Was bedeutet überhaupt Globalisierung?

• Auf welchen Ebenen zeigt sich die Problematik derGlobalisierung?

• Wo zeigen sich Auswirkungen der Globalisierungim alltäglichen Leben?

• Globalisierung – ein Reizwort, das polarisiert?

A 1 beschreibt eine alltägliche Situation – einen reichgedeckten Frühstückstisch. Der Text regt an, überden weltweiten Handel mit Nahrungsmitteln nachzu-denken. Hieran kann mit Überlegungen angeknüpftwerden, in welchen anderen Lebensbereichen derglobale Handel unseren Alltag beeinflusst, erleichtertoder auch problematisch werden lässt. Beispiele hier-

zu wären Konsum- und Industriegüter, aber auchDienstleistungen (wie Bank- und Versicherungsge-schäfte), die rund um den Globus produziert, gehan-delt und getätigt werden.

Die folgende Zusammenstellung von Karikaturen undFotografien lädt zum Brainstorming über die unter-schiedlichen Ebenen der Globalisierung ein. A 2 zeigtanhand des Vergleichs mit einem Roulette- oder Mo-nopoly-Spiel die »Global Players« als mächtige Ak-teure der weltweiten Wirtschaft. A 3 karikiert dasspannungsreiche Verhältnis von globaler Ökonomieund drohendem Bedeutungsverlust der Politik. A 4hingegen behandelt den Zwang zu Reformen in derBundesrepublik Deutschland und den Anpassungs-

druck der Akteure – nicht zuletzt derParteien.

Die Karikatur A 5 sowie das Foto A6 stellen Risiken und Chancen derGlobalisierung einander gegenüber:dem in den Karikaturen fokussiertenUngleichgewicht zwischen den rei-chen Industrienationen und den Ent-wicklungsländern steht der Gewinnan Arbeitsplätzen in einem Schwel-lenland wie Indien für hoch qualifi-zierte Arbeitsplätze gegenüber. DasFoto A 7 eröffnet die Diskussionüber die Bandbreite der Globalisie-rungskritiker und -gegner. Anhandder Abbildung können erste Aspek-te der weltweiten Anti-Globalisie-rungsbewegung und die Frage dis-kutiert werden, weshalb der Globa-lisierungsprozess Ängste und Pro-teste hervorrufen kann.Zeichnung: Thomas Plaßmann

Zeichnung: Hanel

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BAUSTEIN B

Kulturelle Globalisierung

Was bedeutet kulturelle Globalisierung?

Kultureller Austausch gehört zum Wesensmerkmal dermenschlichen Entwicklung und hat – wenn auch mitunterschiedlicher Intensität – in allen Epochen statt-gefunden. Erinnert sei hier nur an die seit der Auf-klärung geförderte Vision einer »Weltliteratur«, die sichauch auf andere Kunstformen wie Musik und bilden-de Kunst ausdehnte. Die Grundlage des in der zwei-ten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschleunigten Pro-zesses war die Weiterentwicklung von elektronischenSpeichermedien, die die Voraussetzung für einen welt-umfassenden Kulturbetrieb schuf.Heute reicht der Begriff der kulturellen Globalisierungweit darüber hinaus in den Bereich der populären undAlltagskultur hinein. Mit ungeheuerer Geschwindigkeitund gesteigerter Intensität stehen Kulturen im Aus-tausch, verbinden sich und bringen neue hervor. DieHerausbildung einer Weltgesellschaft basiert auf derökonomischen Globalisierung, den weltweiten Migra-tionsprozessen und der Mediententwicklung. An-nähernd 95 Prozent der Kinder haben Zugang zu ei-nem Fernsehgerät, und selbst in Afrika können achtzigProzent der Kinder wenigstens gelegentlich TV sehen.Ähnlich sieht es beim derzeitigen Übergang zum Com-puter als Leitmedium aus, auch wenn hier das Gefäl-le (noch) beträchtlich ist (vgl. Baustein D). Die ge-genwärtige Form der kulturellen Globalisierung ist vorallem von zwei Aspekten geprägt:

McWorld und Cocacolization?Das auffälligste und von Kritikern meist dominantwahrgenommene Kennzeichen ist die weltweite An-gleichung der Lebenskulturen durch universelle Bil-derwelten, Modeformen und Konsumgüter, die in al-len Gegenden der Welt »erreichbar« sind. Ob weltweitausgestrahlte »Seifenopern« oder global vermarkteteBarbiepuppen, die das Schönheits- und Lebensidealdes Westens propagieren, ob McDonald’s in Shang-hai, IKEA in Peking oder Sushi in Stuttgart – (fast) nie-mand versetzt dies mehr in Erstaunen. Diese kulturel-le Nivellierung betrifft vor allem die Unterhaltungskulturund Lifestyle-Symbole wie Essen und Mode. Fraglichist allerdings der daraus gezogene Schluss, dieser kul-turelle »Einheitsbrei« ersetze lokale Kulturen. Erstensschließt diese Folgerung vom Konsum auf das Be-wusstsein, zweitens übersieht sie die Fähigkeit vonKulturen, »fremde« Kulturprodukte in oft eigenwilligerArt und Weise aufzunehmen und zu adaptieren. Selbstder in gewisser Hinsicht sicherlich berechtigte Kri-tikpunkt der »Amerikanisierung« der Welt unterstellteine Homogenität, die es so auch in den USA nichtgibt. Auch in dieser Hinsicht erscheint es problema-tisch, von den Produktions- und Vermarktungszu-sammenhängen direkt und eindimensional auf die Re-zeption der Produkte und Ideen zu schließen.

»Glokalisierung«Zweitens geht die zunehmende Ausbreitung westli-cher Konsumgüter oft mit einer Rückbesinnung auf lo-kale Traditionen einher. Kulturelle Identitätssuche undSelbstvergewisserung spielen in ihrer ganzen mögli-chen Bandbreite eine wichtige Rolle und zwingen bis-weilen auch die globalen »Kulturproduzenten« dazu,ihre Produkte anzupassen. Innerhalb dieser Bandbrei-te sei hier nur daran erinnert, dass der MusiksenderMTV inzwischen 28 regionale Varianten weltweit aus-strahlt. Auch die Gegenwehr Frankreichs gegenüberdem überwältigenden Kultureinfluss der USA kann hierangeführt werden. Auf der anderen und extremen Sei-te zeigen die Konflikte und Kriege in vielen Teilen derWelt, dass Identitätsstabilisierung durch den verstärk-ten Rückbezug auf regionale Kulturen auch zur ideo-logischen Legitimation von Unterdrückung, Krieg undTerrorismus führen kann.

Differenzierung der ProblematikEine Differenzierung nach unterschiedlichen Ausprä-gungen der kulturellen Globalisierung tut also Not. Inder industrialisierten Welt wird der wachsende kultu-relle Austausch eher als Bereicherung empfunden. DieVielfalt der kulturellen Impulse trägt zum postmoder-nen Flair der westlichen Gesellschaften bei. Die erfolg-reichen »cross-overs« in jeglicher Beziehung – beimEssen, in der Mode oder in der Musik – belegen dies.Und offensichtlich lassen sich diese Impulse von denindustrialisierten Gesellschaften aufnehmen, ohnedass diese in eine Identitätskrise verfallen. Das mussnicht gleichzeitig ausschließen, dass es auch in der in-dustrialisierten Welt (vermeintliche) Gewinner mit po-sitiven Visionen und Verlierer mit diffusen und teilwei-se wohl auch berechtigten Ängsten gibt.In den Entwicklungsgesellschaften der Welt ist dieLage in aller Regel eine ganz andere. Der kulturelleAußeneinfluss wird hier oft als Verdrängungswettbe-werb mit oder als Angriff auf die eigene Identität wahr-genommen. Zumindest aber zergliedert er die Gesell-schaften in Gruppierungen mit unterschiedlichermentaler und kultureller Orientierung, die Dieter Seng-haas umrissen hat: in Anhänger einer westlichen Kul-tur, gekennzeichnet von Pluralität, Individualismus,Gleichstellung der Geschlechter usf., in »Halbmoder-nisten«, die technologischen Fortschritt bei gleichzei-tiger Stabilisierung der eigenen regionalen Kultur wol-len und in Fundamentalisten, die mit Abschottung undim Grenzfall sogar mit lokal und international ausge-richtetem Terrorismus reagieren.Die derzeitigen soziokulturellen Veränderungen in denEntwicklungsländern sind dem europäischen Beo-bachter nicht völlig fremd: Wie einst in Europa, so istheute weltweit eine dramatische Entbäuerlichung bzw.Verstädterung mit den kulturellen Begleiterscheinun-gen zu erkennen sowie eine breitenwirksame Alpha-betisierung, als deren Ergebnis die Politisierbarkeit vongrößeren Bevölkerungsgruppen steht. Die Folgen sindin der Regel gesellschaftspolitische Konflikte und »Kul-turkämpfe« innerhalb der jeweiligen Gesellschaften alsauch innerhalb der Weltgesellschaft, nicht aber in ers-ter Linie der viel zitierte »Kampf der Kulturen« (Sa-

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muel Huntington) zwischen kulturell definierten Groß-regionen.

Soziokulturelle VeränderungenDie Texte B 1 und B 2 führen in den sensiblen und kon-fliktträchtigen Prozess der kulturellen Globalisierungein. Die Materialien B 3 und B 4 thematisieren das»Jahrtausend der Städte« (Kofi Annan), anhand dererüber die soziokulturellen Veränderungen nicht nur inden Entwicklungsländern diskutiert werden kann.

Eine globale Weltkultur als »Einheitsbrei«?Die Materialien B 5 – B 9 setzen sich mit der weltwei-ten Verbreitung der westlichen Symbole und Produk-te eines modernen und konsumorientierten Lebens-stils auseinander. Die Fotos B 5 und B 6 zeigen aufden ersten Blick paradoxe Situationen für den westli-chen Betrachter. Vor allem B 6 erstaunt mit der Wer-bung für ein französisches Produkt in englischer Spra-che, mit asiatischer Übersetzung und einem deut-schen Model als Werbeträgerin. B 7 thematisiert an-hand einer Benetton-Werbung die Globalisierung derMode, während B 8 mit dem Beispiel Nike die westli-chen Konsumartikelhersteller und ihre Praktiken kri-tisch beleuchtet. B 9 hingegen problematisiert anhandder Beschreibung chinesischer Jugendlicher und ih-res »modernen« Lebensstils die Globalisierung west-licher Werte und Ideale.

Verlust kultureller Vielfalt und Identität?Die Sprache des globalen Lebensgefühls ist – wieauch in der globalisierten Wirtschaft – unzweifelhaftEnglisch. In der rasanten Ausbreitung der englischenSprache im letzten Jahrzehnt seit dem Ende des Kal-ten Krieges lässt sich dies eindruckvoll beobachten.B 10 regt zur kritischen Diskussion über Anglizismenin der deutschen Sprache an und zeigt in Ausschnit-ten, wie viele englische Begriffe in unseren Wortschatzintegriert sind. B 11 stellt dagegen die Frage, ob die-ses »Denglisch« vom Großteil der Bevölkerung über-haupt verstanden wird. In B 12 wird das Bemühen desfranzösischen Nachbarn beschrieben, rechtlich gegendas »Franglais«, der französischen Version des »Deng-lisch«, vorzugehen. Das Foto B 13 thematisiert die Adaption eines US-amerikanischen Kultursymbols inder islamischen Kultur, während B 14 das Beispiel ei-ner regionalistischen Gegenbewegung zum kulturel-len Globalisierungsprozess zeigt.Ist die Globalisierung der Kultur eine ausschließlicheinseitige kulturelle Durchdringung der Welt durchamerikanische Werte und Konsummuster? Die Schü-lerinnen und Schüler sollen in diesem Baustein erkannthaben, dass Kultur identitätsstiftende Funktion hat, re-gional- und zeitspezifisch ist und dass jede Kultur zujedem Zeitpunkt unterschiedlich starken äußeren Ein-flüssen ausgesetzt ist. Im Anschluss daran kann auseigenen Erfahrungsbereichen heraus diskutiert wer-den, dass auch unsere eigene Alltagskultur von »frem-den« Einflüssen bestimmt und durchaus bereichertwird. Aus zahlreichen Beispielen sei nur an die kulina-rische Vielfalt zwischen Pizza, Döner Kebab und chi-nesischer Frühlingsrolle erinnert!

BAUSTEIN C

Weltweites Regieren: Institutionen und Akteure

Was bedeutet Global Governance?

Global Governance – ein unscharfer Begriff, der imDeutschen meist als »weltweites Regieren« oder glo-bale Struktur- und Ordnungspolitik bezeichnet wird –stellt den Versuch dar, globale Probleme mit einemneuen politischen Ordnungsmodell zu bewältigen.Dabei sollen weltweit operierende Netzwerke ver-schiedener staatlicher und nichtstaatlicher Akteurezusammenwirken. Die Strategie der Global Gover-nance geht davon aus, dass die Mittel der Politik ander Schwelle zum 21. Jahrhundert neu definiert wer-den müssen, um den bisher größten wirtschaftlichenund gesellschaftlichen Veränderungsprozessen seitder Industriellen Revolution begegnen zu können.

Global Governance ist bislang ein diffuses Schlag-wort, dem Missverständnisse nicht erspart bleiben –z.B. dass sich hinter ihm ein Herrschaftsprojekt derindustrialisierten Staaten verberge. Das Konzept be-ruht jedoch auf einer schlichten Erkenntnis: Wennsich die Probleme globalisieren, muss sich auch diePolitik globalisieren. Das Konzept meint nicht die Ideeeiner zentralen Weltregierung und auch nicht dasEnde des Nationalstaats. Vielmehr will Global Go-vernance eine multilaterale Kooperationskultur schaf-fen. Damit sollen den Nationalstaaten in einer Mehr-Ebenen-Architektur dort Handlungskompetenzenzurückgegeben werden, wo sie diese durch die Glo-balisierungstendenzen zu verlieren drohen. Allerdingsmüssen sich die Nationalstaaten zunehmend mit ge-teilten Souveränitäten und weltweiten Kooperations-und Integrationsräumen abfinden.

Global Governance geht über das Mehr an staatlichorganisiertem Multilateralismus noch hinaus. DasKonzept bedeutet ein Zusammenwirken von staatli-chen und nichtstaatlichen Akteuren von der globalenbis zur lokalen Ebene, das in einer »public-privatepartnership« die Wirtschaft und die Zivilgesellschaftin vernetzten Strukturen und Dialogforen einbezieht.Global Governance bezeichnet also mehr als die in-ternationalen Organisationen. Das Konzept umfasstauch Vertragswerke und Konsenspapiere etwa dergroßen Weltkonferenzen der 1990er-Jahre (z.B. Um-weltgipfel 1992 in Rio de Janeiro, Sozialgipfel 1995in Kopenhagen oder Weltfrauenkonferenz 1996 in Pe-king).

Befürworter und Skeptiker

Die internationalen Organisationen, auf die sich die-ser Baustein beschränkt, sind jedoch die zentralenTeile einer sich herausbildenden Weltordnungspoli-

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tik. Mit ihrer Hilfe wird versucht, das Verhalten allerweltweit betroffenen Akteure in einem spezifischenProblemfeld dauerhaft zu steuern. Global Governan-ce will dort, wo aufgrund drängender Probleme drin-gender Handlungsbedarf besteht, effektive und de-mokratische internationale Organisationen schaffenbzw. bestehende Organisationen reformieren, umeine verbesserte inhaltliche Handlungsfähigkeit undfinanzielle Ausstattung zu erreichen. Sowohl dieEmpfehlungen im Schlussbericht der Enquete-Kom-mission des Deutschen Bundestags »Globalisierungder Weltwirtschaft« (Opladen 2002, S. 415 ff.) als auchdie Überlegungen des Sozialwissenschaftlers RalfDahrendorf bestätigen dies und betonen die Erfor-dernis der Demokratisierung der internationalen Or-ganisationen als zentrale Bedingung ihrer Akzeptanz.Dahrendorf hat die Globalisierungsproblematik als»Quadratur des Kreises« beschrieben, weil es darumgehe, drei Dinge miteinander zu verbinden, die sichnicht bruchlos verbinden lassen: erstens die Wettbe-werbsfähigkeit in den »rauen Winden der Weltwirt-schaft« zu erhalten und zu stärken, ohne dabei zwei-tens soziale Solidarität zu opfern und dies drittensunter den Bedingungen und durch die Institutionenfreier Gesellschaften zu tun (Ralf Dahrendorf: Auf derSuche nach einer neuen Ordnung. München 2003u.ö.).

Eine deutlich skeptischere Sicht macht demgegen-über geltend, dass das Konzept der Global Gover-nance von einer Blindheit gegenüber den realenMachtverhältnissen in der Weltpolitik und Weltwirt-schaft gekennzeichnet sei. Auf dieser Gegenseitewird eher von einer Marginalisierung oder Demonta-ge globaler Institutionen und Regeln gesprochen. Diebestehenden Institutionen (wie z.B. der IWF oder dieWTO) seien in den vergangenen zwanzig Jahren sys-tematisch umfunktioniert worden und damit mitver-antwortlich für die extreme Ungleichheit der Welt.

rechts in IWF und Weltbank gefordert, wo die USA inbeiden Institutionen alleine über 17 Prozent und diegroßen Industrienationen über mehr als 50 Prozentder Stimmen verfügen. Dies entspreche zwar ihrerQuote bzw. ihrem Kapitalanteil an beiden Organisa-tionen, genüge aber nicht den Anforderungen an eineOrganisation, die für globale und demokratische Ko-operation auftrete. Andererseits wird die Position ver-treten, eine Veränderung des Stimmrechts sei wedersinnvoll noch von Aussicht auf Erfolg gekrönt, weileine solche Reform schlicht zur Umgehung dieser Or-ganisationen – etwa durch die Geldgeber – und zurErledigung ihrer Aufgaben über andere institutionel-le Kanäle führen werde.

Baustein C führt mit der Auseinandersetzung mit denzentralen internationalen Organisationen und ihrerdemokratischen Legitimität und Transparenz in denKern dieser Diskussion. Hier sollen die Lernenden mitden wichtigsten Akteuren der Global Governancevertraut gemacht werden, deren Namen im gesam-ten Heft immer wieder fallen. Der Hintergrund ist ein-fach und dennoch komplex: Wer die wichtigsten In-stitutionen und ihre Funktions- und Arbeitsweisenicht kennt, wird sich nur schwer in der vielschichti-gen Problematik und Begrifflichkeit des Globalisie-rungsprozesses zurechtfinden. Und weil die globalenVerhandlungsforen der internationalen Organisatio-nen den nichtstaatlichen Akteuren (Nicht-Regie-rungsorganisationen oder NGOs) zunehmend als Po-litikarena dienen, werden sie ebenfalls in diesemZusammenhang behandelt. Bereits hier kann auf-grund der Materialien eine erste kritische Auseinan-dersetzung mit diesen Akteuren stattfinden.

Die UN als Institution von Global Governance

C 1 führt mit einem Definitionsversuch zur Global Go-vernance als Problemaufriss in das Thema ein. C 2

Auch die UNO werde seit Jahrenvon den USA als der größten undwichtigsten Weltmacht für ihre na-tionalen Interessen instrumentali-siert oder gegebenenfalls finanzi-ell ausgetrocknet und politischmarginalisiert bzw. schlicht über-gangen. Von den Kritikern wird be-tont, statt der institutionellen Sei-te müsse die inhaltlich substan-zielle Seite einer Global Gover-nance in den Mittelpunkt gerücktwerden.

Defizite bezüglich einer mangeln-den Kohärenz, Transparenz undRechenschaftspflicht sowie der oftungleichen Beteiligungschancenund Machtverhältnisse werden beivielen internationalen Organisatio-nen gesehen. Sehr unterschiedlichsind allerdings die Lösungsvor-schläge. Einerseits wird beispiels-weise eine Änderung des Stimm- Zeichnung: Mester

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und C 3 behandeln mit einer Grafik sowie einer Fak-tensammlung die Vereinten Nationen als globale Ins-titution par excellence. C 4, ein Ausschnitt einer RedeKofi Annans vor dem Bundestag im Februar 2002,thematisiert die Frage nach der Stärkung der Verein-ten Nationen als derzeit bedeutendstes Instrumenteiner Weltordnungspolitik, das im Zentrum der Dis-kussion um die Reform der Instrumente der GlobalGovernance steht.

Die WTO im Fokus der Kritik

Die Materialien C 5 – C 9 widmen sich der derzeiti-gen zentralen Zielscheibe der Globalisierungskritiker– der Welthandelsorganisation (WTO). C 5 bietet eineDarstellung des historischen Hintergrunds der WTOund ihrer Zielsetzung. C 6 stellt anhand einer Grafikihre drei Säulen (GATT, GATS und TRIPS) sowie ihreArbeitsprinzipien dar. C 7 bietet die Möglichkeit, ei-nen zentralen, aber abstrakten Begriff wie »WTO« alsGebäude bildlich zu fassen. Der zugehörige Text führtin die Diskussion um die WTO, die anhand von C 8vertieft werden kann. Thematisiert werden hier dievon Kritikern angeführten Defizite der Organisation.C 9 hingegen kontrastiert diesen Ansatz und stellt dieUnterhöhlung der vermeintlichen Macht der WTOdurch regionale Freihandelszonen dar.

IWF, Weltbank und G 8

C 10 und die Grafik C 11 stellen die Gründungsge-schichte, Ziele und Tätigkeitsbereiche des Interna-tionalen Währungsfonds und der Weltbank dar. An-hand von zentralen Informationen kann hier eineAnnäherung an beide Organisationen geleistet wer-den, die mit C 12 für die Weltbank vertieft werdenkann. Die Grafik C 13 stellt das Bevölkerungs- undWirtschaftspotenzial der acht größten Industrienatio-nen dar und kontrastiert es mit ihrem Anteil an derWeltbevölkerung, der Weltwirtschaftsleistung unddem Welthandel. Die hier angedeutete Problematikkann mit den weiterführenden Materialteilen in Bau-stein D (Thematik Nord-Süd-Gefälle und Armut derEntwicklungsländer) vertieft werden.

Die Nicht-Regierungsorganisationen

Die Materialteile C 14 und C 15 widmen sich denNicht-Regierungsorganisationen. C 14 liefert Defini-tionen, anhand derer die enorme Bandbreite derNGOs und ihrer Tätigkeitsfelder diskutiert werdenkann. C 15 fokussiert dagegen den politisch-inhaltli-chen Machtzuwachs der nichtstaatlichen Organisa-tionen im internationalen Netzwerk am Beispiel dergescheiterten WTO-Konferenz im mexikanischenCancún.

Die Wirtschaft ist die dynamische Triebfeder der Glo-balisierung. Sie steht im Mittelpunkt der Globalisie-rungsdiskussion, schon weil im ökonomischen Be-reich die »Entgrenzung« der Welt am weitestenfortgeschritten ist. Die zentrale Rolle spielen dabeidas produzierende Gewerbe, Dienstleistungen undnicht zuletzt die Globalisierung der Finanz- und Ka-pitalmärkte. Die Hauptakteure auf dem Weltbinnen-markt sind die mehrheitlich in Nordamerika, der EUund in Japan – der so genannten Triade der Welt-wirtschaft – ansässigen trans- und multinational agie-renden Konzerne, für die sich die Bezeichnung »Glo-bal Player« etabliert hat. Auf der Suche nach denweltweit kostengünstigsten Produktionsstandortenlenken diese ihre Direktinvestitionen an die für sie in-teressantesten Standorte.

Durch Innovationen vor allem im Bereich der Kom-munikationstechnologie, durch sinkende Transport-kosten, fallende Handelsbeschränkungen und ver-einfachten Kapitaltransfer sind die Möglichkeiten fürweltweit agierende Unternehmen gestiegen, ihre Pro-duktion zu globalisieren. Im Ergebnis bedeutet dies,dass die klassische Arbeitsteilung zwischen Roh-stofflieferanten einerseits und weiterverarbeitendenProduzenten andererseits weit gehend aufgehobenist, weil einzelne Produktionsschritte dorthin verlagertwerden können, wo die dafür günstigsten ökonomi-schen und technologischen Bedingungen herrschen.Davon profitieren besonders weltweit agierende Un-ternehmen mit komplexer Produktstruktur und ent-sprechender Kapitalausstattung. Aber der Prozessgreift tiefer. Was für hoch komplexe Produkte wie Au-tomobile oder Computer leicht nachvollziehbar ist,zeigt sich auch bei Produkten, von denen man es aufden ersten Blick nicht unbedingt erwartet hätte – dieProduktionsabläufe einer herkömmlichen Jeans be-legen dies. Und von dem weltweiten Konkurrenz- undPreisdruck sind auch die klassischen mittelständi-schen Unternehmen betroffen, die oft auf einem glo-balen Zulieferermarkt bestehen müssen.

Mit dem weltweiten Wettlauf um Investitionen in Pro-duktionsstätten entsteht eine internationale Konkur-renz auch zwischen Industrienationen und Entwick-lungsländern. Der Konkurrenzdruck zwischen den»Anbietern« führt nun je nach Konkurrenzfähigkeit zuimmer weit reichenderen Zugeständnissen an dieGlobal Player. Deregulierung lautet daher das politi-sche Programm in einer rapide wachsenden Zahl vonStaaten: Geringe oder gar keine Umweltschutzaufla-gen, Steuersenkung, Lockerung der Arbeitszeitrege-lungen und Minimierung der Lohnnebenkosten sind

BAUSTEIN D

Die Globalisierung der Wirtschaft

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Beispiele der zahlreichen Stellschrauben, an denendie Regierungen immer weiter drehen (müssen), umim internationalen Wirtschaftsgefüge konkurrenzfähigzu bleiben und ihren nationalen WirtschaftsräumenWachstumsraten zu sichern.

Der Argumentation, dass durch die steigende Verla-gerung von Produktionsstätten der industriellen Fer-tigung (z.B. Automobilmontage) und der Auslagerungvon einfachen und hoch qualifizierten Dienstleistun-gen der Datenverarbeitung (z.B. Datenerfassung,Programmierung, Verwaltung) weltweit Arbeitsplätzemit westlichen Sicherheits- und Technikstandards ge-schaffen, Einkommen garantiert und Armut abgebautwird, steht die Argumentation der Kritiker entgegen.Diese verweisen vor allem darauf, dass wirtschaftli-che Wachstumsraten nicht notwendigerweise mit derWohlstandsmehrung aller Bereiche der Gesellschaf-ten einhergehen. Für alle an der Globalisierung teil-habenden Staaten der Erde gilt aber, dass sie sichpermanent an neu entstehende Anforderungen derglobalisierten Märkte anpassen müssen. Die Aussa-ge von Bundeskanzler Schröder »Wir müssen uns an-passen, sonst werden wir angepasst« bringt diesenSachverhalt auf den Punkt (vgl. die Karikatur A 4).In der Realität führt dieser Anpassungsprozess zu oft weit reichenden gesellschaftlichen Problemen undstrukturellen Brüchen in den tradierten Werte- und Sozialordnungen. Die aktuelle Diskussion inDeutschland zeigt auch, dass damit tiefe Einschnittein die sozialen Sicherungssysteme verbunden seinkönnen.

Das übergeordnete Lernziel dieses Bausteins ist,dass die Lernenden die Globalisierung der Wirtschaftals einen differenzierten Prozess (Wirtschaft allge-mein, Finanzwirtschaft, Industrie und Handel) be-greifen, der weit reichende positive als auch be-denkliche Folgen für das Leben Einzelner und ganzerGesellschaften haben kann. Die Schülerinnen undSchüler sollen realisieren, dass sich der Globalisie-rungsprozess in den 1990er-Jahren dramatisch be-schleunigt hat, aber noch nicht abgeschlossen ist.Damit soll auch das Verständnis für die Notwendig-keit eines demokratisch legitimierten Konsenses ge-stärkt werden, wie die Globalisierung zu gestalten ist,damit sie nicht negative, sondern positive Folgen fürmöglichst viele Menschen hat. Der Baustein beginntmit einer Bestandsaufnahme, anhand der sich dieLernenden in einem ersten Schritt eigenständig einenÜberblick über die weltwirtschaftliche und gesell-schaftliche Entwicklung der 1990er-Jahre erarbeitenkönnen.

Kommunikations- und Informationstechnologie

Die Materialien D 1 – D 3 thematisieren die tief grei-fenden Veränderungen in der Kommunikations- undInformationstechnologie, die als eine der Ausgangs-bedingungen für eine globalisierte Weltwirtschaft gel-ten. D 1 stellt grafisch die fundamentalen Innovatio-nen auf dem Weg in das Computer-Zeitalter dar. D 2zeigt die quantitative Ausweitung der wichtigstenkommunikativen Hilfsmittel im zeitlichen Längs-

schnitt, während D 3 anhand der regionalen Vertei-lung der Internet-Zugänge die Thematik der digitalenSpaltung der Welt in »information-rich« und »infor-mation-poor« aufgreift.

Mobilität

Der internationale Transport von Waren und Perso-nen hat sich in den letzten 25 Jahren mehr als ver-doppelt, wobei die größte Dynamik dieses Zuwach-ses in den 1990er-Jahren zu beobachten ist. Die Weltist auch in Bezug auf die Mobilität von Gütern undMenschen zum globalen Dorf geworden. Noch nie inder Geschichte der Menschheit stand eine derart viel-fältige und effiziente Auswahl an Transportmitteln zurVerfügung. Und diese werden nicht nur im wirt-schaftlichen Zusammenhang, sondern für den welt-weiten Tourismus auch im privaten Rahmen intensivgenutzt.

Mit D 4 lassen sich die heutigen Mobilitätsmöglich-keiten in historischer Perspektive mit den Bedingun-gen des »Italienreisenden« Johann Wolfgang Goetheim 18. Jahrhundert kontrastieren. D 5 thematisiertden Anstieg des modernen individuellen Flugver-kehrs. Anhand dieser Grafik können die begleitendenökonomischen und ökologischen Probleme dieserEntwicklung diskutiert werden.

Globaler Handel – globales Kapital

Das Schaubild D 6 zeigt den kontinuierlichen undsteilen Anstieg des weltweiten Handels mit Indus-triegütern, Rohstoffen und Agrarprodukten. Die Ent-wicklung ist ein deutlicher Indikator für die Öffnungund Verflechtung der nationalen Volkswirtschaften. D 7 unterstreicht anhand der Weltexporte die Be-deutung der industrialisierten Regionen. D 8 ver-deutlicht den Globalisierungsprozess der Finanz- undKapitalmärkte sowie die Bedeutung der wirtschaftli-chen Triade anhand der weltweit getätigten Direktin-vestitionen seit 1993.

Global Players

Die transnationalen, in mehreren Staaten oft weltweitoperierenden Unternehmen – umgangssprachlichauch als Multis oder Global Players bezeichnet – ent-stehen durch internationale Kapitaltransaktionen.Meist ist die Muttergesellschaft der Konzerne in ei-nem Staat angesiedelt, betätigt aber Umsätze undbetreibt strategische Unternehmensplanung in an-deren Staaten.

Die internationale Tätigkeit erschließt den multinatio-nalen Unternehmen neue und gegebenenfalls größe-re Absatzmärkte sowie Kostenvorteile (Arbeits-, Roh-stoff-, Energie- und Transportkostenersparnis) undvermindert die Abhängigkeit von nationaler Wirt-schaftspolitik, Gesetzgebung und nationalen Kon-junkturschwankungen. Ungeachtet des Beitrags derGlobal Player zur Verbesserung der internationalenArbeitsteilung, zur Verbreitung von technischem undwirtschaftlichem Know-how, zur Ausweitung desWelthandels und somit auch zu Fortschritt, Wohl-

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stand und Wettbewerbsfähigkeit, ist ihre Wirkung umstritten. Bedenken werden geäußert wegen wirt-schaftlicher Machtkonzentration, möglicher politi-scher Einflussnahme, Wettbewerbsverzerrung, Steu-erflucht und der bislang unzureichenden öffentlichenKontrolle, etwa durch eine internationale Wettbe-werbsbehörde. Umstritten in der kontroversen Dis-kussion um multinationale Unternehmen sind auchdie Wirkungen auf die Beschäftigung und die Positi-on von Arbeitnehmern und Gewerkschaften. So trittim Stammland der »Multis« vielfach ein Verlust vonArbeitsplätzen ein, wenn diese in »Niedriglohnländer«verlagert werden. Dem steht die Sicherung von Ar-beitsplätzen gegenüber, wenn z.B. Auslandsmärktegesichert oder neu erschlossen werden können.

D 9 eröffnet die Diskussion über die Motive der sogenannten Mega-Fusionen. D 10 bietet die Möglich-keit zur Auseinandersetzung mit den globalen Stra-tegieplanungen international agierender Unterneh-men und dem Zusammenhang mit der Struk-turförderungspolitik der EU. Anhand des Textes kön-nen die Schülerinnen und Schüler die Motivation derUnternehmen für die Verlagerung von Produktions-stätten als auch die Auswirkungen auf die Zielländerund -regionen diskutieren. D 11 thematisiert anhanddes Automobilkonzerns Volkswagen die Motive fürdie Erschließung eines neuen und attraktiven Mark-tes in China. Das Foto D 12 zeigt die Produktion vonBMW in Südafrika. Schafft die Verlagerung von Pro-duktionsstätten also moderne und an westlichenStandards orientierte Arbeitsplätze in weniger ent-wickelten Ländern? D 13 scheint nicht nur diese Tat-sache zu bestätigen, sondern anhand der Sozial-charta des VW-Konzerns auch die, dass multina-tionale Unternehmen in den Zielländern ihrer Investi-tionen durchaus auch zur Hebung der sozialen undarbeitsrechtlichen Standards beitragen.

Weltweiter Wettbewerb der Standorte

Die Diskussion um die Attraktivität des StandortsDeutschlands scheint derzeit die Globalisierungsde-batte hier zu Lande zu dominieren. Im Kern dreht sichdie Diskussion um die Reform bzw. die Reformier-barkeit der sozialen Sicherungssysteme, die einer derentscheidenden Kostenfaktoren für Arbeit sind. D 14und D 15 bieten einen weltweiten Vergleich der Ar-beitskosten und ein Ranking der attraktivsten Stand-orte. Im Anschluss an die Analyse bietet D 16 dieMöglichkeit, anhand von Umfrageergebnissen im ver-arbeitenden Gewerbe das Ursachenbündel deut-scher Unternehmen für den Aufbau bzw. die Verla-gerung von Produktionsstätten im Ausland zudiskutieren.

Die Materialien D 17 und D 18 versuchen, die abs-trakte und komplexe Globalisierungstendenz auf zwei Beispiele »vor Ort« herunterzubrechen. DenSchülerinnen und Schülern wird hier bewusst, dassan der Globalisierung nicht nur die so genannten»Multis« teilhaben, sondern dass sich die Globalisie-rung der Ökonomie gewissermaßen vor der Haustü-re abspielt und eventuell auch ihre spätere berufliche

Tätigkeit bei einem baden-württembergischen Un-ternehmen beeinflussen kann. Anhand zweier Pro-dukte – Schokolade und Jeans – können die Motivefür die Verlagerung von Produktionsstätten als auchderen positive und negative Auswirkungen auf denheimischen Arbeitsmarkt diskutiert werden. Währendsich beim einen Beispiel (Schokolade) die klassischeMotivation der Erschließung eines neuen Marktesohne die Folge eines Arbeitsplatzabbaus hier zu Lan-de zeigt, wurden beim anderen Beispiel (Jeanspro-duktion) Stellen in Baden-Württemberg abgebaut.

Armut und Migration

Nachdem mit der Aufarbeitung der jüngsten Ent-wicklung und dem aktuellen Stand der Weltwirtschaftsowie mit den Motiven und Strategien der internatio-nalen Unternehmen eine Fundierung im Verständnisdes wirtschaftlichen Globalisierungsprozesses erfolgtist, sollen sich die Lernenden anhand der Materiali-en D 19 – D 25 mit den »Schattenseiten« der Globa-lisierung auseinandersetzen.

Hier wird die Problematik des Globalisierungsbegriffsbesonders deutlich, weil mit ihm meist ein weltweitgleichlaufender Prozess unterstellt wird. Aber dieWelt zeichnet sich immer noch durch höchst unter-schiedliche Teilstrukturen aus. An der Spitze der Weltgesellschaft ist ein Entgrenzungsprozess zwi-schen den fortgeschrittenen Industriegesellschaften(OECD-Welt) zu sehen. Hier findet auf weit gehendgleichwertigem Niveau der beteiligten Ökonomieneine Art »Globalisierung de luxe« statt, von der alleBeteiligten einschließlich der Konsumenten zu profi-tieren scheinen. Weltweit existiert aber weiterhin einerhebliches Gefälle zwischen den hoch produktivenÖkonomien und den weniger produktiven, die einemdramatischen Verdrängungsprozess ausgesetzt sind.

Das Beispiel Schwarzafrika zeigt, dass ökonomischerAbbau und Verfall mögliche Reaktionen sind. Meistaber führt der Prozess zu einer Gesellschafts- undWirtschaftsstruktur, die mit dem Begriff der struktu-rellen Heterogenität umschrieben wird, weil sich hochproduktive Firmen einerseits und eine oft kärglicheSelbstversorgungswirtschaft andererseits verschrän-ken. Die Folge ist die Vertiefung der Kluft zwischenReich und Arm in ein und derselben Gesellschaft.Eine andere Folge ist die der erzwungenen Mobilitätvon Armutsflüchtlingen und Arbeitsmigranten. NachUN-Schätzungen sind derzeit mehr als 150 MillionenMenschen Migranten. 1975 waren es noch wenigerals die Hälfte. Und nur fünf Prozent dieser Migrationbetreffen Europa. Auch diese in der Regel erzwun-genen Migrationsbewegungen gehören zu denSchattenseiten der Globalisierung.

D 19 und D 20 thematisieren anhand von Texten dieTatsache des Nord-Süd-Gefälles sowie die Diskre-panz der Forderung nach der Liberalisierung desWelthandels durch die industrialisierten Staaten ei-nerseits sowie der gleichzeitigen Abschottung ihrernationalen Märkte durch Handelshemmnisse ande-rerseits.

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Die weltweiten Migrationsströme in der DarstellungD 21 unterstreichen die Tatsache einer globalen Mi-grationsbewegung in bislang nicht gekanntem Aus-maß. D 22 eröffnet die Diskussion über das Gefällezwischen Nord und Süd. Mit der Grafik, die in der ZEITvom 18. September 2003 mit der Überschrift »DerAbstand wächst« versehen war, lassen sich die kon-trovers diskutierbaren Entwicklungen beispielhaftaufzeigen. Wächst der Abstand wirklich oder ist esnicht doch ein weit gehend parallel verlaufender Pro-zess, der allen Beteiligten zugute kommt?

Die Foto- und Textstory D 23 zeigt mit dem Entste-hungsprozess einer Jeans die negativen Auswirkun-gen der Globalisierung am Beispiel der Baumwoll-produzenten in Tansania. D 24 und D 25 belegengrafisch das Nord-Süd-Gefälle und die Tatsache,dass der Globalisierungsprozess vor allem ohneSchwarzafrika voranschreitet.

BAUSTEIN E

Globalisierung in der Kritik: Konzepte und Perspektiven

Typen der Globalisierungskritik

Die Globalisierung ist in der Kritik – und die Kritik istso vielfältig wie das Phänomen selbst. Claus Legge-wie (Die Globalisierung und ihre Gegner. München2003) unterscheidet fünf Arten der Kritik:

• Erstens eine Insider-Kritik prominenter Akteure iminternationalen Finanzgeschäft aus den Reihen derWeltbank, der WTO und des IWF. Diese Gegeneli-te will als Gruppe aufgeklärter und alarmierter Insi-der dem Globalisierungsprozess Reformen abver-langen. Zu ihnen zählt z.B. der durch milliar-denschwere Währungsspekulationen Anfang der1990er-Jahre bekannt gewordene George Soros,der inzwischen beträchtliche Mittel seines Privat-vermögens für die Unterstützung der Demokratie-entwicklung in den postkommunistischen StaatenMittel- und Osteuropas einsetzt. Soros mahnt vorallem die mangelnde Sicherung globaler Kollektiv-güter (Umwelt, Gesundheit, Bildung) und das Nord-Süd-Gefälle als Defekte der Globalisierung an.Fast bekannter noch wurde der NobelpreisträgerJoseph Stiglitz, ehemaliger Vizepräsident der Welt-bank, mit seiner Kritik am IWF und den multinatio-nalen Konzernen. Er vertritt z.B. die Meinung, zahl-reiche Entwicklungsländer hätten sich aus eigenerKraft stabilisieren können, wenn sie sich derSchocktherapie des IWF (z.B. radikale Öffnung derMärkte, Privatisierung der Staatsbetriebe) verwei-gert hätten. Stiglitz ist ein vehementer Vertreter derGlobal Governance-Strategie unter dem Vorbehaltder Rechenschaftspflichtigkeit von IWF, Weltbankund WTO. Als dritter ist hier noch der amerikani-sche Volkswirtschaftler und Nobelpreisträger Ja-mes Tobin zu nennen, der mit seiner Forderungnach einer weltweit einheitlichen Steuer auf spe-kulative internationale Devisentransaktionen (»To-bin-Steuer«) bekannt wurde.

• Zweitens die Kritik der Straße mit Massendemons-trationen einer global agierenden Protestbewe-gung. Diese breite gesellschaftliche Bewegung –politisch eher links verortet – kritisiert an der Glo-balisierung vor allem fünf Gesichtspunkte: ihre an-gebliche soziale Exklusivität, das Fehlen ökologi-scher Nachhaltigkeit, die Gefährdung kulturellerVielfalt, die Missachtung der Menschenrechte undden Mangel an demokratischer Partizipation. Un-ter dem Motto »Eine andere Welt ist möglich!« er-innert diese Bewegung in vielerlei Hinsicht an dieProtestkultur der außerparlamentarischen Oppo-sition der 1970er- und 1980er-Jahre. Ein Unter-schied ist allerdings offensichtlich: Während die

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»alten« sozialen Bewegungen der Umweltschützer,Eine-Welt-Gruppen, Frauenrechtlerinnen, Rüs-tungsgegner und Pazifisten früher meist im natio-nalstaatlichen Orientierungsrahmen agierten, ar-beiten die globalisierungskritischen Gruppen heutetransnational. In diesem Spektrum der Globalisie-rungskritiker sind auch gewaltbereite Gruppierun-gen zu finden, die jedoch quantitativ bislang ehereine marginale Rolle spielen.

• Drittens die Renaissance einer linksintellektuellenund bisweilen auch anti-amerikanischen Gegen-strömung, die die nach dem Untergang der Sow-jetunion überwunden geglaubte ideologische Konfrontation gegen die vermeintliche »kulturelleHegemonie des Neoliberalismus« erneuert. DerSchweizer Soziologe Jean Ziegler, der (verstorbe-ne) französische Soziologe Pierre Bourdieu oderder amerikanische Linguist Noam Chomsky sinddie linksintellektuellen Führungsfiguren eines vorallem in den romanischen Ländern engen Netzesvon Organisationen und Verlagen. Aus diesemUmfeld wurde 1998 auch Attac gegründet, dasheutige »Vorzeigekind der Globalisierungskritik«(Claus Leggewie, 2003, S. 66).

• Viertens eine Politik der Re-Nationalisierung undregionalen Blockbildung, welche die ökonomischeGlobalisierung gewissermaßen »unterwandert«. Zudieser Richtung zählt ein Nationalprotektionismus,der Grenzen wieder hochziehen und Zölle ein-führen will. Zu diesem Wirtschaftsprotektionismustritt vielfach ein Kulturprotektionismus sowie dasAnwachsen ethnischer und religiöser Vorurteilehinzu. Die Bandbreite dieser Kritik reicht bis hin zuVerschwörungstheorien und nationalpopulisti-schen Strömungen.

• Fünftens ist eine religiöse, teils aus sozialreforme-rischer Tradition stammende und pazifistisch ge-sinnte Strömung zu nennen, die im konsequentenGegensatz zum so genannten Kasino-Kapitalis-mus steht und über Gemeinden und Kirchentageins bürgerliche Milieu hineinreicht.

Vielfalt der Kritik und Handlungsalternativen

In den bisherigen Schritten konnten die Schülerinnenund Schüler die positiven und negativen Auswirkun-gen der Globalisierung erarbeiten. In diesem Bausteinwird die inhaltliche und soziale Bandbreite der Kritikund ihrer Träger thematisiert. Gleichzeitig werden da-bei verschiedene Konzepte zur Steuerung des Glo-balisierungsprozesses vorgestellt, aber auch Bei-spiele für eigene Handlungsmöglichkeiten im Alltagder Lernenden vorgestellt. Dabei muss die Auswahlder Kritikansätze und der Handlungsmöglichkeitennotwendigerweise beispielhaft und ausschnittartigbleiben.

Die Texte E 1 und E 2 führen in die Diskussion um diepositiven und negativen Auswirkungen der Globali-sierung ein. E 3 thematisiert die bereits erwähnte »To-bin-Steuer« und ihre Umsetzungschancen. E 4 bringtmit dem im Jahr 2000 von Kofi Annan initiierten »Glo-bal Compact« – einem weltweiten Verhaltenskodex

von Unternehmen – ein Beispiel für die politische Be-einflussung und Steuerung des Globalisierungspro-zesses.

Mit den Materialien E 5 – E 7 lässt sich die Diskussi-on um das breite gesellschaftliche Bündnis von Glo-balisierungskritikern unter dem Dach von »Attac«führen. Die Materialien reichen von einer Selbstdar-stellung von Attac (E 5) und den »Reformvorschlä-gen« von Attac (E 6) bis zu einer kritischen Stimmeüber das Bündnis (E 7).

Das Foto E 8 visualisiert Globalisierungskritiker undihre »bunte« soziale Vielfalt. Die Materialien E 9 –E 11 bringen Beispiele für Handlungsmöglichkeitender Schülerinnen und Schüler im alltäglichen Leben:Sport und fair gehandelte Bälle (E 9) als emotionalhoch besetzter Erfahrungsbereich von Jugendlichenbietet hier die Möglichkeit, Beispiele für die Beein-flussung globaler Produktions- und Handelsabläufedurch das eigene Verhalten als Konsument zu erar-beiten. Der Kauf umweltverträglicher Schulhefte (E 10) ist ein weiteres Beispiel. Aber auch der lokaleHandlungsrahmen einer »global fairen Kommune« (E 11) wird vorgestellt.

ArbeitsvorschlägeIm Anschluss an die Bausteine will das vorliegendeHeft drei Arbeitsvorschläge für den Unterricht liefern,die Ideen geben können, wie sich die Lernenden inunterschiedlichen Altersstufen und Schularten demvielschichtigen Thema Globalisierung nähern können.Gleichzeitig werden Vorschläge zur Ergebnissiche-rung angeboten. Anhand der Vorschläge können dieSchülerinnen und Schüler ihre eigenen Erfahrungeneinbringen, aktiv werden und Aspekte der Globali-sierung »vor Ort« selber erarbeiten.

1. Multinationale Unternehmen aus der Regionund ihre Aktivitäten

Die Schülerinnen und Schüler wählen ein internatio-nal agierendes Unternehmen aus ihrer Region oderaus Baden-Württemberg aus. Anhand der Home-page oder mittels einer Broschüre erarbeiten sie inder Gruppe ein Unternehmensportrait, das sie dannpräsentieren und diskutieren können. Inhalte des Por-traits könnten sein:

• Eckdaten des Unternehmens: Name, Sitz, Pro-dukte und Dienstleistungen, Anzahl der Angestell-ten vor Ort und im Ausland, Jahresumsatz, evtl.wirtschaftliche Situation etc ...

• andere Länder, in denen das Unternehmen aktivist und eventuelle Gründe hierfür

• Veränderungen des Unternehmens in den letztenJahren: z.B. Fusionen und Neuinvestitionen, Ver-lagerung von Produktionsstätten etc ...

• Unternehmensziele und Strategien für die Zukunft(z.B. Expansion durch Erschließung neuer Märkte)

• Besonderheiten der Produkte des Unternehmensund der Zusammenhang mit den erarbeiteten Stra-tegien und Zielen.

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2. Das Internet als neues Medium

Ebenfalls in Gruppenarbeit können sich die Lernenden mit der Frage auseinander setzen, welche Vor- und Nach-teile das Internet aus ganz persönlicher Sicht und Erfahrung, aber auch aus »globaler« und ökonomischer Pers-pektive mit sich bringt. Eine Zusammenschau, wie die Ergebnissicherung aussehen könnte, bietet unten ste-hende Grafik.

InternetVernetzung von Informationen

durch Telekommunikation und Computer

InternetVernetzung von Informationen

durch Telekommunikation und Computer

negativ:• digitale Spaltung

• globale Stärkung der Besitzenden• Gefahr der persönlichen

Vereinsamung• geringere soziale Bindung

• Gefahr der Ausklammerung benachteiligter Menschen

von der Gesellschaft

negativ:• digitale Spaltung

• globale Stärkung der Besitzenden• Gefahr der persönlichen

Vereinsamung• geringere soziale Bindung

• Gefahr der Ausklammerung benachteiligter Menschen

von der Gesellschaft

positiv:• Produktivitätssteigerungen

• Telearbeit• nachhaltiges Wirtschaftswachstum

• umfassende Ausbildung• Wissensschaffung und -verbreitung• Meinungsvielfalt und Demokratie

• Möglichkeit der Integration älterer Menschen• Hilfen für Behinderte

positiv:• Produktivitätssteigerungen

• Telearbeit• nachhaltiges Wirtschaftswachstum

• umfassende Ausbildung• Wissensschaffung und -verbreitung• Meinungsvielfalt und Demokratie

• Möglichkeit der Integration älterer Menschen• Hilfen für Behinderte

Auswirkungen• elektronischer (weltweiter) Handel

• soziale Auswirkungen• organisatorische Änderungen

• digitale Ökonomie

Auswirkungen• elektronischer (weltweiter) Handel

• soziale Auswirkungen• organisatorische Änderungen

• digitale Ökonomie

3. Mindmapping Globalisierung

Das Erstellen einer Mind Map zum Thema Globalisierung kann je nach Alter und Vorwissen der Lernenden zuBeginn als Impuls und zur Strukturierung der kommenden Lerneinheiten eingesetzt werden, oder aber im An-schluss an die Behandlung des Themas als Ergebnissicherung. Die Abbildung kann eine erst Idee davon geben,wie eine solche Mind Map aussehen könnte – aber das Ergebnis in Ihrer Klasse wird sicherlich anders ausse-hen!

Nach einer Vorgabe von Dr. Werner Gries, in: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisie-rung der Weltwirtschaft. Opladen (Leske + Budrich) 2002, S. 270.

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Literaturauswahl:

Arenhövel, Mark: Globales Regieren: Neubeschreibungender Demokratie in der Weltgesellschaft, Frankfurt/M.(Campus) 2003.

ATTAC (Hrsg.): Die geheimen Spielregeln des Welthandels.WTO – GATS – TRIPS – MAI, Wien (Promedia) 2003.

Balser, Markus / Bauchmüller: Die 10 Irrtümer der Globalisie-rungsgegner. Wie man Ideologie mit Fakten widerlegt,Frankfurt/M. (Eichborn) 2003.

Beck, Ulrich (Hrsg.): Politik der Globalisierung, Frankfurt/M.(Suhrkamp) 1998.

Beck, Ulrich: Was ist Globalisierung? Irrtümer des Globalis-mus – Antworten auf Globalisierung, Frankfurt/M. (Suhr-kamp) 1999.

Braßel, Frank / Windfuhr, Michael: Welthandel und Men-schenrechte, Bonn (Dietz) 1995.

Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Globalisierung.Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzei-tung Das Parlament, B 05/2003.

Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Globalisierung.Heft 280, Bonn 2003.

Butterwegge, Christoph / Hentges, Gudrun (Hrsg.): Politi-sche Bildung und Globalisierung, Opladen (Leske + Budrich) 2002.

Dahrendorf, Ralf: Auf der Suche nach einer neuen Ordnung.Eine Politik der Freiheit für das 21. Jahrhundert, München(Beck) 2003.

Deutscher Bundestag (Hrsg.): Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft, Opladen(Leske + Budrich) 2002.

Die Gruppe von Lissabon (Hrsg.): Grenzen des Wettbewerbs.Die Globalisierung der Wirtschaft und die Zukunft derMenschheit, München (Luchterhand) 1997.

Dönhoff, Marion Gräfin: Zivilisiert den Kapitalismus. Grenzender Freiheit, Stuttgart (DVA) 1997

Gerster, Richard: Globalisierung und Gerechtigkeit, Bern(hep-Verlag) 2001.

Giddens, Anthony: Entfesselte Welt. Wie die Globalisierungunser Leben verändert, Frankfurt/M. (Suhrkamp) 2001.

Grefe, Christiane / Greffrath, Mathias / Schumann, Harald:Was wollen die Globalisierungskritiker?, hrsg. von Attac,Berlin (Rowohlt) 2002.

Höffe, Otfried: Demokratie im Zeitalter der Globalisierung,München (Beck) 2002.

Huntington, Samuel P.: Kampf der Kulturen. Die Neugestal-tung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, München (Sied-ler) 1998.

Kemper, Peter / Sonnenschein, Ulrich (Hrsg.): Globalisierungim Alltag, Frankfurt/M. (Suhrkamp) 2002.

Klein, Naomi: No Logo! Der Kampf der Global Players umMarktmacht; ein Spiel mit vielen Verlierern und wenigenGewinnern, München (Riemann) 2002.

Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Blick auf dieWeltgesellschaft. Globalisierung als Chance (II), 8. Forumder Landeszentrale für politische Bildung Baden-Würt-temberg, Stuttgart 1999.

Leggewie, Claus: Die Globalisierung und ihre Gegner, Mün-chen (Beck) 2003.

Le Monde diplomatique (Hrsg.): Atlas der Globalisierung,Berlin (TAZ Verlag) 2003.

Martin, Hans-Peter / Schumann, Harald: Die Globalisie-rungsfalle. Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand,Reinbek bei Hamburg (Rowohlt) 2000.

Messner, Dirk / Nuscheler, Franz: Das Konzept Global Go-vernance. Stand und Perspektiven, Duisburg (INEF-Report Heft 67) 2003.

Müller, Klaus: Globalisierung, Bonn (Campus) 2002.

Nuscheler, Franz: Entwicklung und Frieden im Zeichen derGlobalisierung, Bonn 2000.

Rau, Johannes: Chance, nicht Schicksal – die Globalisierungpolitisch gestalten. „Berliner Rede“ von BundespräsidentJohannes Rau am 13. Mai 2002 im Museum für Kommu-nikation Berlin, Berlin 2002.

Rosecrance, Richard: Das globale Dorf. New Economy unddas Ende des Nationalstaats, Darmstadt (Patmos) 2001.

Sennett, Richard: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuenKapitalismus, Berlin (Siedler) 2000.

Soros, George: Die Krise des globalen Kapitalismus. OffeneGesellschaft in Gefahr, Frankfurt/M. (Fischer) 2000.

Stiftung Entwicklung und Frieden (Hrsg.): Globale Trends2002. Fakten, Analysen, Prognosen, Frankfurt/M. (Fi-scher) 2001.

Stiglitz, Joseph: Die Schatten der Globalisierung, Berlin(Siedler) 2002.

Theurl, Theresia / Smekal, Christian (Hrsg.): Globalisierung:globalisiertes Wirtschaften und nationale Wirtschaftspoli-tik, Tübingen (Mohr Siebeck) 2001.

Verein für Friedenspädagogik Tübingen e.V. (Hrsg.): GlobalLernen. Lernen in Zeiten der Globalisierung, CD-ROM,Tübingen 1998 (Update 2001).

Wagner, Bernd: Kulturelle Globalisierung. Von Goethes Welt-literatur zu den weltweiten Teletubbies. In: Aus Politik undZeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parla-ment, B 12/2002, S. 10–18.

Anforderungen aus anderen Bundesländernoder Wünsche nach einem Privat-Abonnementvon P&U erfüllen wir nur gegen Bezahlung. Bitte wenden Sie sich in diesen Fällen direkt anden

Neckar-Verlag GmbH, 78008 Villingen-SchwenningenFax (07721) 89 87 50; E-Mail: [email protected]

Page 21: POLITIK & UNTERRICHT

Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler122Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Neckar-Verlag GmbH aus: POLITIK & UNTERRICHT

78050 Villingen-Schwenningen Zeitschrift für die Praxis derKlosterring 1 politischen BildungPostfach 1820 Heft 4/2003

GLOBALISIERUNGAspekte einer Welt ohne Grenzen

BAUSTEIN A Globalisierung: Aspekte und DimensionenA 1 bis A 7 Eine Sammlung zum Thema Globalisierung

BAUSTEIN B Kulturelle GlobalisierungB 1 und B 2 ProblemaufrissB 3 und B 4 Das »Jahrtausend der Städte«B 5 bis B 9 »McWorld« und »Cocacolization«?B 10 bis B 14 Verlust kultureller Vielfalt?

BAUSTEIN C Weltweites Regieren: Institutionen und AkteureC 1 bis C 4 Die UN als Institution weltweiten RegierensC 5 bis C 9 Die WTO im Fokus der KritikC 10 bis C 13 IWF, Weltbank und G 8C 14 und C 15 Die Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs)

BAUSTEIN D Die Globalisierung der WirtschaftD 1 bis D 3 Kommunikations- und InformationstechnologieD 4 und D 5 MobilitätD 6 bis D 8 Globaler Handel – globales KapitalD 9 bis D 13 Global PlayersD 14 bis D 18 Weltweiter Wettbewerb der StandorteD 19 bis D 25 Armut und Migration

BAUSTEIN E Globalisierung in der Kritik: Konzepte und Perspektiven

E 1 und E 2 Stimmen zur GlobalisierungE 3 und E 4 Konzepte und VisionenE 5 bis E 7 Eine Organisation der Globalisierungskritiker: »Attac«E 8 Globalisierungskritiker im BildE 9 bis E 11 Handlungsmöglichkeiten

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20 Eine Sammlung zum Thema GlobalisierungA

A 1 – A 7 Globalisierung: Aspekte und Dimensionen

A 1 Der globale Supermarkt

Wir haben uns daran gewöhnt, dass uns dieWelt den Tisch deckt. Schon ein alltäglichesFrühstück bringt uns Produkte auf den Tisch,die aus allen Teilen der Welt kommen. Dabei istdas allerwichtigste, der Deutschen liebstes Ge-tränk, der Kaffee. Rund 160 Liter dieses bele-benden Getränkes nimmt der oder die Durch-schnittsdeutsche im Jahr zu sich. ... Der Käsekommt aus der Schweiz, der Schinken ausParma, der Honig – vorausgesetzt Sie kaufenSolidaritätsware – aus dem mexikanischenBundesstaat Chiapas. Bei manchen importier-ten Produkten ist uns die Herkunft zwar be-kannt, doch im Alltag selten bewusst. Denn dieBestandteile eines Frühstücks verbergen be-reits ungeahnte Welthandelsbezüge. Fast 80Prozent unseres Orangensaftes kommen ausBrasilien. Die Erdbeeren der Marmelade stam-men vielleicht aus Polen, die Butter ausHolland oder Irland. Wissen Sie, ob Ihre Wurstaus belgischen, holländischen, britischen oderdeutschen Mastrindern oder Schweinen ge-macht wird? Essen Sie im Winter gerne Obst?Sind die Kiwis aus Neuseeland oder Spanien,die Äpfel aus Südafrika, Israel oder Chile? ...

Aus: Frank Braßel u. Michael Windfuhr: Welthandel undMenschenrechte. Bonn (Dietz) 1995, S. 9.

A 2

GlobalPlayers

Zeichnung: Hanel

A 3

Zeichnung: Mester

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Eine Sammlung zum Thema Globalisierung 21A

A 4

Wirtschaftswoche, 20.3.2003

Zeichnung: Torsten Wolber

A 5

Zeichnung: Mester

A 6

Foto: dpa

A 7

Beim G 8-Gipfel in Evian im Juni 2003marschieren Tausende Demonstranten imfranzösischen Annemasse. Es hätte eineder friedlichsten Demonstrationen vonGlobalisierungskritikern werden können,wenn nicht eine kleine Zahl von gewaltbe-reiten Jugendlichen die Konfrontation mitder Polizei gesucht hätte. Während diekleine Gruppe auf den Luxusmeilen imGenfer Geschäftsviertel Zerstörungen hin-terließen, demonstrierten mehr als 20.000Gegner des G 8-Gipfels friedlich an derfranzösisch-schweizerischen Grenze füreinen Schuldenerlass der Entwicklungs-länder. Foto: dpa

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22 Problemaufriss / Das »Jahrtausend der Städte« B

B 1 – B 14 Kulturelle Globalisierung

B 1

B 4 Das Jahrtausend der Städte

B 2 Nicht Mosaik, sondern Fluss

B 3 Verstädterung in Industrie- undEntwicklungsländern 1850–2030

Die Globalisierung wird unter ande-rem deshalb angegriffen, weil siescheinbar traditionelle Werte zer-setzt. Diese Konflikte sind vorhan-den und bis zu einem gewissenGrad unvermeidlich. Wirtschafts-wachstum, auch wenn es sich derGlobalisierung verdankt, fördert dieVerstädterung, die traditionsgebun-dene ländliche Gemeinschaften zer-stört. Leider haben diejenigen, dieden Rahmen der Globalisierungspannen, zwar deren positive Effek-te gelobt, aber allzu oft deren Schat-tenseite, die Bedrohung der kultu-rellen Identität und kultureller Werte,nicht gebührend berücksichtigt.Dies ist verwunderlich, wenn manbedenkt, wie präsent diese Proble-me in den Industrieländern selbstsind: Europa verteidigt seine Agrar-politik nicht nur, um Sonderinteres-sen zu dienen, sondern auch, umländliche Traditionen zu bewahren.

Mit dem 21. Jahrhundert hat das »Jahrtausend derStädte« (Kofi Annan) begonnen. Die Stadtbevölke-rung der Erde wächst prozentual erheblich schnellerals die Weltbevölkerung. ... Nach UN-Angaben hatsich in den letzten fünfzig Jahren die Zahl der Men-schen, die in Städten leben, von 740 Millionen auf 2,9Milliarden mehr als verdreifacht, der Urbanisierungs-grad – also der Anteil der Städter/innen an der wach-senden Weltbevölkerung – ist damit von 30 auf 47Prozent hochgeschnellt. ... Im Jahr 2050 werden, soschätzen die UN, über sechs Milliarden Menschen inStädten leben, – das sind ebenso viele, wie heute ins-gesamt den Globus bevölkern. Weltweit werden dannzwei von drei Menschen Städter/in sein.

Nach: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Schlussbericht der En-quete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft. Opla-den (Leske + Budrich) 2002, S. 404.

In der Diskussion über kulturelle Globalisierung gibtes eine sehr populäre Auffassung, nach der eine sichimmer stärker ausbreitende US-amerikanische bzw.westliche Kultur die Kulturen in den anderen Ländern,Regionen und Kontinenten verdränge und alles zumgroßen Einheitsbrei, der »McDonaldisierung«, einer»Cocacolization« oder »McWorld« zusammen-schmelzen würde.

Die Vorstellungen von der Zerstörung einer Kulturdurch eine andere basieren auf einem Verständnis,nach dem Kulturen weit gehend in sich abgeschlos-sene Gebilde sind, gebunden an Orte und eine Grup-pe von Menschen, eine Gemeinschaft oder Gesell-schaft, eine Region oder Nation. Aber solche ...Kulturen ohne prägende Einflüsse von außen sindeine Fiktion, da Kulturen nie in »Reinform« existie-ren und immer aus der Begegnung und dem Aus-

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1850 1900 1950 2000 2030

IndustrieländerEntwicklungsländer

Stadtbevölkerung(in Prozent)

Die Bewohner amerikanischer Kleinstädte beklagensich, große nationale Einzelhandelsketten und Ein-kaufszentren hätten ihre Tante-Emma-Läden und dastraditionelle Gefüge ihres Gemeindelebens zerstört....Joseph Stiglitz: Die Schatten der Globalisierung. Berlin (Sied-ler) 2002, S. 283.

Grafik: P&U; Quelle: Vereinte Nationen: Patterns of Urban and Rural PopulationGrowth, 1980; World Urbanization Prospects: The 1999 Revision 2000, nach: DWS.

tausch mit anderen Kulturen, dem gegenseitigen Auf-nehmen und Abgrenzen entstehen. Kulturen sindProdukt von Beziehungen und Durchquerungen undentwickeln sich erst im Kontakt mit dem Fremdenund Anderen.

Bernd Wagner: Kulturelle Globalisierung. Von Goethes »Welt-literatur« zu den weltweiten Teletubbies. In: Aus Politik undZeitgeschichte B 12/2002, S. 11.

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»McWorld« und »Cocacolization«? 23B

B 5

B 6

B 7

Ostmalaysias KulturzentrumKota Bharu im Sommer 2001:Das McDonald’s Fastfood Res-taurant ist einer der Renner beiJung und Alt. Foto: dpa

Globalisierte Schönheitsideale:L’Oréal-Werbung in Schanghaimit dem deutschen Model Clau-dia Schiffer. Foto: Visum

Foto: Benetton Photo Gallery-UCB adult

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24 »McWorld« und »Cocacolization«? / Verlust kultureller Vielfalt?B

B 8 Weltmacht Nike

B 9 Chinas Jugend setztIndividualismus dem altenKollektivismus entgegen

Das Weltreich von Nike umfasst mehr als 50 Länderund rund 500.000 Menschen. Die einen leben in derArbeitswelt des 21. Jahrhunderts ..., die anderen inder des 19. Jahrhunderts und dürfen [nach 17 Stun-den Arbeit] nicht einmal müde wirken, weil das sonstso aussähe, als würden sie ausgebeutet. Weil Nikeso ist, beschäftigt und spaltet es die Jugend der Weltwie keine andere Marke. Für die einen ist Nike eineTraumfabrik, die ihre Vorstellungen von Schönheitund Coolness fast so prägt wie Hollywood. Für dieanderen besteht Nike vor allem aus Horrorfabriken,die ihre Vorstellungen von der Verwerflichkeit der Glo-balisierung prägen wie nichts anderes. ...

Wie macht Nike das? Wie kann eine Firma die Jugendso beschäftigen und so spalten? Eine mögliche Ant-wort darauf gibt Naomi Klein, die Königin der Globa-lisierungskritiker, in ihrem Weltbestseller »No Logo!«.... Für Klein sind die einen Jugendlichen verblendetdurch eine »äußerst aggressive Markenpolitik«, alsodie Gaukeleien von Werbung und PR. Die anderenhaben Recht, weil sie das wahre Wesen von Nikedurchschauen. Dazu gehöre vor allem die Rolle desAusbeuters von Arbeitnehmern auf der südlichenErdhälfte. Klein sieht die modernen Unternehmen ineinem Wettlauf, den gewinnt, wer »die wenigsten Ar-beitskräfte beschäftigt und nicht die besten Produk-te, sondern die mächtigsten Images produziert.« ...

Der Spiegel, 30. Juni 2003 (Dirk Kurbjuweit).

Trotz seiner Jahrtausende alten Kultur ist China einjunges Land. Die Hälfte der 1,3 Milliarden Chinesenist unter 30 Jahre. Das Heer der jungen Menschen,flexibel und abenteuerlustig, stellt die Basis für denWirtschaftsaufschwung. Millionen junger Männer undFrauen haben in den vergangenen Jahren ihre Felderverlassen, um in den Fabriken an der Küste zu arbei-ten. Vorreiter der Modernisierung sind die Städte.Über Nacht werden in Peking, Shanghai und Kantonalte Stadtviertel abgerissen, um Platz für Hochhäu-ser zu machen. Junge Mädchen, denen das Handyals Schmuckstück um den Hals baumelt, kleiden sichnach dem neuesten Trend aus Tokio und Seoul.Natürlich gibt es auch in China verschiedene Szene-rien. Etwa die Karaoke-Fans ... oder die Internet-Ab-hängigen. Mit fahlen Gesichtern starren sie auf dieComputerbildschirme, schreiben E-Mails an ihreFreunde in der Heimat oder schießen auf grüne Spiel-monster. Die Jungen, die die Nächte durchspielenund durch die Discos ziehen, sind die Gewinner derReformen. Die meisten sind nach 1979 geboren, demJahr, in dem ... Chinas Öffnung angestoßen wurde.

Ihr Leben ist freier als das früherer Generationen. Beiihren Eltern waren es noch die lokalen Parteifunk-tionäre, die Hochzeiten arrangierten. Arbeitsplätzewurden vom Staat vergeben. ... Heute suchen sichdie jungen Leute Arbeit, Studium und Partner selbstaus. Kondomautomaten an den Unis, vor fünf Jahrennoch Anlass einer Moraldebatte, sind selbstver-ständlich.

Frankfurter Rundschau, 12. August 2003 (Harald Maass).

B 10 Überflüssige Anglizismen?

Beautycase Kosmetikkoffer, SchminkkofferBodybuilding MuskeltrainingChat Geplauder,

Unterhaltung (im Internet)Charts Bestenliste, Rangliste,

SchlagerparadeDrummer SchlagzeugerFeedback Rückkopplung, AntwortHandy MobiltelefonHang over Kater, KatzenjammerHotline Kundenbetreuung am TelefonIcon BildsymbolIndoor Event HallenveranstaltungLifestyle Lebensart, LebensstilMen’s Wear HerrenbekleidungNotebook tragbarer RechnerOutlet FabrikverkaufOpen-Air FreiluftveranstaltungRecycling WiederverwertungSmalltalk beiläufige KonversationTeenager JugendlicherWeb Datennetzzoomen heranholen

Aus: Reiner Pogarell u. Markus Schröder (Hrsg.): Lexikon über-flüssiger Anglizismen. 4. Aufl. Paderborn (IFB-Verlag) 2001.

B 11 Die Sense stimuliert

Englisch ist die beliebteste Sprache deutscher Re-klame-Profis. Doch nicht einmal mehr die Hälfte derKunden versteht noch den Sinn der Botschaften. ...Das Resultat [einer Untersuchung von englischen Re-klamesprüchen] entsetzte sogar den Auftraggeber.Die meisten der untersuchten Werbebotschaften wur-den gar nicht oder bisweilen grottenfalsch verstan-den. Und das immerhin von 1104 repräsentativ aus-gewählten 14- bis 49-Jährigen, deren MutterspracheDeutsch ist. Normalerweise ist dieser Teil der Bevöl-kerung der Stolz jedes zielgruppenfixierten Werbers.Doch selbst den McDonald’s-Klassiker »Every time agood time« konnten nur 59 Prozent korrekt überset-zen. Unter »Drive alive« (Mitsubishi) verstanden le-diglich 18 Prozent »lebendiges Fahren«. Manche fühl-ten sich eher angehalten, die Fahrt bitte schön zuüberleben. Bei »Powered by Emotion« (Sat.1) hörten

Page 27: POLITIK & UNTERRICHT

Verlust kultureller Vielfalt? 25B

B 14

Demonstranten in Kairo verbrennen im Oktober 2000 Sym-bole der US-amerikanischen Kultur. Sie demonstrieren damitgleichzeitig gegen die angeblich zu enge Verbindung Ägyp-tens mit den USA und Israel. Foto: dpa

B 13 Mecca-Cola

B 12 Schicken Sie mir doch bitteein Courriel!

Eine behördliche Anordnung in Frankreich sieht nunvor, dass die französischen Beamten künftig auf dieE-Mail verzichten müssen. Sprachlich gesehen, ver-steht sich. Statt des englischen ... Ausdrucks habendie Staatsdiener nunmehr das Kunstwort »courriel«zu verwenden... Diese Kapriole ist der neuesteStreich der Académie Française, die seit Jahrenstreng über die Reinhaltung der französischen Spra-che wacht. Besonders Anglizismen sind den Franzo-sen ein Dorn im Ohr. Der »Walkman« ... heißt dortschon länger »Balladeur«. Und seit Computer und In-ternet ihren Siegeszug um den Globus angetreten ha-ben, sehen die Sprachreiniger auch hier Handlungs-bedarf: Rechner heißen »Ordinateur«, Laptops»Portables« und surfen »naviguer«. Besonders skur-ril mutet die Entscheidung ... an, das @-Zeichen um-zubenennen. Die ... Nation wurde mit dem ebenfallsneu geschaffenen Begriff »arrobe« überrascht. »Lecouriell« hieße im Deutschen übrigens soviel wie E-Post. Das Kunstwort ist eine Kombination aus »cour-rier« und »électronique« ...

Manager-Magazin, 10. Juli 2003 (Niels Kruse).

Mahmoud Hinnaui präsentiert im Ja-nuar 2003 im Büro seiner Wahlhei-mat Hamburg einige Flaschen »Mec-ca-Cola«, das islamische Pendantzur Weltmarke Coca-Cola. Mit derneuen Brause will der Kaufmann dendeutschen Markt erobern. Abnehmerfür das Konkurrenzprodukt zu denklassischen Cola-Marken findetHinnaui bislang in Hamburg, Mün-chen, Stuttgart und Hannover – undzunehmend auch in zahlreichen klei-neren Städten. Es sei trotz des Na-mens für alle Menschen, nicht nur fürMoslems, betont der 28-jährige Sy-rer. Die spreche es allerdings beson-ders an. Foto: dpa

die Marktforscher mehrfach, das heiße bestimmt»Kraft durch Freude« – was den neuen, israelischenSender-Chef Haim Saban sicher sehr emotionalisiert.Und »Stimulate your Senses« (Loewe)? Sollte man da»die Sense stimulieren« ...? Ist »Be inspired« (Sie-mens mobile) eine »Bienen-Inspektion«? Und be-deutet »Come in an find out« (Douglas) womöglich»Komm rein und finde wieder raus«? ...

Der Spiegel, 15. September 2003 (Thomas Tuma).

Page 28: POLITIK & UNTERRICHT

26 Die UN als Institution weltweiten RegierensC

C 1 – C 15 Weltweites Regieren: Institutionen und Akteure

C 1 Was ist Global Governance? C 3 Die UN in Stichworten

C 2

Die Frage der politischen Beherrschbarkeit von Welt-problemen und der Globalisierungstendenzen ist zumzentralen Problem der Weltpolitik geworden. Weil sichdie Schere zwischen der Globalisierung der Weltpro-bleme ... und der Fähigkeit der Staatenwelt, sie mitden herkömmlichen Verfahren und Instrumenten dernationalstaatlichen Macht- und Interessenpolitik zubewältigen, immer weiter öffnet, muss sich auch diePolitik globalisieren. Dazu genügt auch nicht mehr einpunktuelles und reaktives Krisenmanagement, son-dern es müssen neue Ordnungsstrukturen geschaf-fen werden.

Den Versuch, politische Antworten auf die Herausfor-derungen der Globalisierung zu finden, nennen die ei-nen Globalpolitik oder Weltinnenpolitik, andere Welt-ordnungspolitik oder globale Strukturpolitik, vieleinzwischen Global Governance ... Global Governan-ce beruht auf verschiedenen Formen und Ebenen derinternationalen Koordination, Kooperation und kol-lektiven Entscheidungsbildung. Internationale Orga-nisationen übernehmen diese Koordinationsfunktion,und Regierungen übersetzen den Willen zur Koope-ration in verbindliche Regelwerke...

Nach: Franz Nuscheler: Global Governance. In: Dieter Nohlen(Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik. München (Beck) 2001, S. 180.

Die United Nations (UN) wurden am 26. Juni 1945 inSan Fransisco zum Abschluss der »Konferenz derVereinten Nationen über die Internationale Organisa-tion« mit der Charta der Vereinten Nationen gegrün-det. Derzeit hat die UN 191 Mitglieder.

Nach Artikel 1 der UN-Charta will die Organisationden Weltfrieden und die internationale Sicherheit er-halten, freundschaftliche Beziehungen zwischen denNationen auf der Grundlage von Gleichberechtigungund Selbstbestimmung der Völker entwickeln, durchZusammenarbeit internationale Probleme unter-schiedlichster Art lösen sowie Menschenrechte undGrundfreiheiten fördern und festigen.

Das System der Vereinten Nationen setzt sich aus ei-ner Vielzahl von teilweise rechtlich selbstständigeninternationalen Organisationen zusammen. Die ei-gentliche Kernorganisation verfügt über fünf Haupt-organe, die bei Bedarf Neben- und Hilfsorgane ein-setzen.

1. Die Generalversammlung ist das zentrale politi-sche Beratungsorgan aller 191 Mitgliedstaaten.

2. Der Sicherheitsrat ist das bedeutendste Organder UN. Er ist mit weit reichenden Kompetenzenin der Konfliktverhütung und -lösung ausgestattetund als einziges Gremium der UN befugt, für alle

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Mitgliedsstaaten verbindli-che Beschlüsse zu treffen.Er hat 15 Mitglieder.

3. Der Wirtschafts- und So-zialrat (ECOSOC) ist dasZentralorgan der UN fürwirtschaftliche und sozialeFragen und untersteht derGeneralversammlung. Erist eine Lenkungs- und Ko-ordinierungsstelle ohneExekutivbefugnisse.

4. Der Internationale Ge-richtshof in Den Haag istdas Rechtsprechungsor-gan der UN. Seine Haupt-funktion erstreckt sich aufinternationale Streitigkei-ten. Als Parteien könnennur Staaten auftreten.

5. Das Sekretariat der UNmit dem zentralen Sitz inNew York ist das Verwal-tungsorgan der UN. Im Or-ganisationsgefüge der UNhat es eine starke Stellung.Die oberste Leitung liegt

Page 29: POLITIK & UNTERRICHT

Die UN als Institution weltweiten Regierens / Die WTO im Fokus der Kritik 27C

C 4

C 5 Bretton Woods

Aus einer Rede des UN-Generalsekretärs Kofi Annanvor dem Deutschen Bundestag am 28. Februar 2002:

Die Friedenskonsolidierung ist ein wichtiger, notwen-diger Auftrag. Dennoch können sich die Vereinten Na-tionen seine erfolgreiche Durchführung nur dann er-hoffen, wenn zwei Dinge von vornherein klarverstanden werden:

Erstens: Friedenskonsolidierung ist ein äußerst kom-plexer Prozess, der viele verschiedene Einzelaufga-ben miteinander verbindet. Erfolg oder Fehlschlag beieiner davon hat unausweichliche Auswirkungen aufalle anderen.

Zweitens: Es handelt sich um einen langen und sen-siblen Prozess, bei dem es keine schnellen Patentlö-sungen gibt. Wer immer sich auf diesen Weg begibt,muss darauf vorbereitet sein, dass er ihn über langeStrecken gehen müssen wird ...

Um ein ... Beispiel zu nennen: Was nützen Wahlen,selbst bei absolut einwandfreien Abstimmungsverfah-ren, wenn die Kandidaten nicht die Freiheit haben, ei-nen Wahlkampf zu führen beziehungsweise die Medi-en nicht darüber berichten können; wenn die Verlierernicht bereit sind, das Ergebnis zu akzeptieren oder dieGewinner ihren Sieg so auslegen, dass sie nun alle an-ders lautenden Ansichten ignorieren können? Wir kön-nen nicht einem Land durch Wahlen Frieden bringen,wenn wir ihm nicht auch helfen, demokratische Insti-tutionen zu schaffen und seiner Bevölkerung die Lö-sung ihrer sozialen Probleme zumindest in Aussicht zustellen.

Oder was nützt es wiederum, die Häuser von Flücht-lingen wieder aufzubauen, wenn wir sie nicht davonüberzeugen können, dass nach ihrer Rückkehr ihre Si-

cherheit gewährleistet ist? Und was nützt es, sie zurRückkehr zu bewegen, wenn es keine Aussicht aufeine wirtschaftliche Entwicklung gibt, in der sie ihreFähigkeiten zum Einsatz bringen und ihre Familienernähren können? ...

Alle diese humanitären, militärischen, politischen, so-zialen und wirtschaftlichen Aufgaben greifen inein-ander, und die daran beteiligten Menschen müsseneng zusammenarbeiten. Keine davon lässt dauerhaf-ten Erfolg erwarten, wenn wir sie nicht alle als Teil ei-ner einzigen, zusammenhängenden Strategie gleich-zeitig wahrnehmen. Sollten für eine davon die Mittelfehlen, mag sich die Arbeit an allen anderen als ver-geblich erweisen.

Die unbequeme Wahrheit ist, dass nach Lage derDinge die Vereinten Nationen und andere Institutio-nen nach wie vor schlecht dafür gerüstet sind, einesolche umfassende Strategie zu entwickeln, undnoch weniger, sie durchzuführen. Dennoch wird bei-des häufig von den Vereinten Nationen verlangt. ...

Doch die Schlüsselentscheidungen werden von denRegierungen der einzelnen Staaten getroffen, entwe-der einzeln oder in zwischenstaatlichen Organen wiedem Sicherheitsrat, der Generalversammlung undihren verschiedenen Ausschüssen, und auch – da dieVereinten Nationen Einsätze selten allein durchführen– in den entsprechenden Gremien anderer Organisa-tionen wie etwa der Nato ...

Die vollständige Rede in: http://www.bundestag.de/blickpkt/2002/annan2002_2.html

Das Abkommen von Bretton Woods hatte eine dritteinternationale Wirtschaftsorganisation gefordert –eine Welthandelsorganisation, die die internationalenHandelsbeziehungen steuern sollte ... Obgleich es imRahmen des allgemeinen Zoll- und Handelsabkom-mens (GATT) gelang, die Zölle drastisch abzubauen,dauerte es sehr lange, bis eine abschließende Über-einkunft erzielt wurde. Erst 1995 ... wurde die Welt-handelsorganisation (WTO) gegründet. Doch dieWTO unterscheidet sich grundlegend von den bei-den anderen Organisationen IWF und GATT. Sie legtselbst keine Regeln fest, sondern bildet ein Forum fürVerhandlungen über handelspolitische Fragen, undsie sorgt dafür, dass ihre Abkommen eingehaltenwerden. ... Nach: Joseph Stiglitz: Die Schatten der Globalisierung. Berlin(Siedler) 2002, S. 30f.

beim Generalsekretär, dem höchsten Verwal-tungsbeamten der UN mit unabhängigem Status.Seit 1997 bekleidet Kofi Annan aus Ghana dasAmt.

Die UN hat wichtige Spezialorgane und Programme,darunter das Umweltprogramm (UNEP), den HohenKommissar für Menschenrechte (UNHCR), das Welt-kinderhilfswerk (UNICEF) oder das Welternährungs-programm (WFP).

Zum UN-System gehören 14 rechtlich, organisato-risch und finanziell selbstständige zwischenstaatlicheinternationale Organisationen. Die Mitgliedschaft istnicht von einer UN-Zugehörigkeit abhängig. Zu denSonderorganisationen gehören der InternationaleWährungsfonds (IWF) und die Weltbank.

Nach: Fischer Weltalmanach 2003. Frankfurt/M. (Fischer) 2002,S. 1013ff.

Page 30: POLITIK & UNTERRICHT

28 Die WTO im Fokus der KritikC

C 7 Im Zentrum der Kritik

C 6 Die WTO und ihre Grundprinzipien

Das Gebäude der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf. Foto: dpa

Seit den Protesten in Seattle ist die Welthan-delsorganisation WTO zum Dreh- und Angel-punkt der Globalisierungsdebatte geworden.Obwohl auch Weltbank und IWF nach wie vorden Zorn der Globalisierungskritiker auf sichziehen – das Grundübel scheint von Washing-ton nach Genf umgezogen zu sein.

Hintergrund dieser Verlagerung ist der Prozessder Handelsliberalisierung in den 1990er-Jah-ren. Während Befürworter dieses Prozesses imstark gestiegenen Welthandel den Motor fürdas sehr hohe wirtschaftliche Wachstum desletzten Jahrzehnts sehen, kritisieren Beobach-ter ... die ungleiche Verteilung der Früchte die-ses Wachstums. Verantwortlich dafür sei die»interessengeleitete Liberalisierungspolitik«.Paradebeispiel für die ungleiche Entwicklungsind die Agrarmärkte der Industrieländer, dieauf Betreiben einflussreicher Lobbygruppenmit Erfolg abgeschottet werden.

Nach: FES-info 2/2002, S. 46.

Prinzip der Meistbegünstigung: Handelsvorteile müssen allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gewährt werdenPrinzip der Nichtdiskriminierung: Keine Benachteiligung eines einzelnen Mitgliedstaates gegenüber anderen Mitgliedstaaten

Prinzip der Inländerbehandlung: Keine Begünstigung inländischer Güter und Dienstleistungen gegenüber ausländischen ProduktenPrinzip der Transparenz: Keine geheimen Abkommen, sondern gegenseitige Information über Handelsvorschriften

Prinzip der Meistbegünstigung: Handelsvorteile müssen allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gewährt werdenPrinzip der Nichtdiskriminierung: Keine Benachteiligung eines einzelnen Mitgliedstaates gegenüber anderen Mitgliedstaaten

Prinzip der Inländerbehandlung: Keine Begünstigung inländischer Güter und Dienstleistungen gegenüber ausländischen ProduktenPrinzip der Transparenz: Keine geheimen Abkommen, sondern gegenseitige Information über Handelsvorschriften

StreitschlichtungRegelung bei Handelskonflikten

StreitschlichtungRegelung bei Handelskonflikten

Abkommen über geistiges Eigentum

(TRIPS)

regelt den Schutz des geistigen Eigentums

in den Bereichen:• Patente• Marken

• Urheberrecht• Industriedesign

• Computerprogramme

Abkommen über geistiges Eigentum

(TRIPS)

regelt den Schutz des geistigen Eigentums

in den Bereichen:• Patente• Marken

• Urheberrecht• Industriedesign

• Computerprogramme

Welthandelsorganisation (WTO)146 Mitgliedstaaten

Prinzip der Konsensentscheidungen: eine Entscheidung gilt als angenommen, wenn ihr kein Mitgliedstaat formell widerspricht

Welthandelsorganisation (WTO)146 Mitgliedstaaten

Prinzip der Konsensentscheidungen: eine Entscheidung gilt als angenommen, wenn ihr kein Mitgliedstaat formell widerspricht

Dienstleistungs-abkommen

(GATS)

regelt den Handel mit Dienstleistungen.

Öffnung der Märkte,Abbau von Handelshemmnissen

in den Bereichen:• Telekommunikation

• Banken und Versicherungen• Transport• Tourismus

Dienstleistungs-abkommen

(GATS)

regelt den Handel mit Dienstleistungen.

Öffnung der Märkte,Abbau von Handelshemmnissen

in den Bereichen:• Telekommunikation

• Banken und Versicherungen• Transport• Tourismus

Güter- und Zollabkommen(GATT)

regelt den Warenverkehr in den Bereichen:

• Industriegüter: Zollsenkungen bis zu 100%

• Landwirtschaft: Abbau von Subventionen

• Textilhandel: Abbau von Exportbeschränkungen

Güter- und Zollabkommen(GATT)

regelt den Warenverkehr in den Bereichen:

• Industriegüter: Zollsenkungen bis zu 100%

• Landwirtschaft: Abbau von Subventionen

• Textilhandel: Abbau von Exportbeschränkungen

Grafik: P&U

Page 31: POLITIK & UNTERRICHT

Die WTO im Fokus der Kritik 29C

C 9 Der Riese wankt

Die Protestaktionen sind längst Routine; die Argu-mente seit den Zusammenstößen bei der WTO-Ta-gung von Seattle im Herbst 1999 bekannt. In denstreng bewachten Verhandlungssälen behaupten dieRitter der Liberalisierung, für Arbeitsplätze, Investi-tionen und den allgemeinen Wohlstand zu kämpfen.»Hinter Wirtschaftswundern«, erinnerte kürzlich dieWeltbank, habe stets »die Öffnung der Märkte fürHandel und Wettbewerb gestanden«. Draußen aufder Straße dagegen gilt den Demonstranten das Er-eignis von Cancùn als »der bislang größte Versuch,die Völker der Dritten Welt den Multis auszuliefern«....

[Aber] die traditionelle Welt der Handelsdiplomaten,die multilateralen Verhandlungen, verliert immer mehran Bedeutung. Von Jahr zu Jahr wächst die Zahl [der]Abkommen, die direkt zwischen einzelnen Länderngeschlossen werden. Und längst machen regionaleFreihandelszonen der weltweit operierenden WTOheftige Konkurrenz.

Beispiel USA: Mit der Free Trade Area of the Ameri-cas (FTAA) wollen sie bis zum Jahr 2005 einen Frei-handelsverbund schaffen, der von Feuerland bisAlaska reicht. Das ... Projekt erweitert die bereits be-stehende Freihandelszone Nafta, die inzwischen ei-nen Großteil des Handels zwischen den nordameri-kanischen Ländern regelt. Doch andere Regionen derWelt sind auch nicht faul. Der asiatische VerbundAsean wirbt aktiv um neue Mitglieder, und auch dieEU erlebt gerade einen Wachstumsschub. ... Inzwi-schen gibt es kaum ein Land der Erde ohne die Mit-gliedschaft in einem solchen Club: Stolze 159 Frei-handelszonen sind bei der WTO inzwischengemeldet, über die Gründung von 70 weiteren wirdgerade verhandelt ...

Die ZEIT, 4. September 2003 (Petra Pinzler und Thomas Fischermann).

C 8 Kritikpunkte an der WTO

1. Das Legitimationsdefizit der WTO ist in erster Li-nie ein Demokratiedefizit. Die umfangreichen Re-gelungen der WTO-Verträge beeinflussen zahlrei-che Bereiche nationaler Politik (Wirtschafts-,Sozial-, Gesundheits- und Umweltpolitik). Gleich-zeitig führen die völkerrechtlich bindenden Ent-scheidungen der Streitschlichtungsorgane dazu,dass demokratisch legitimierte nationale Gesetzedem WTO-Recht weichen müssen. WTO-Rechtwirkt somit ähnlich wie das supranationale EG-Recht direkt auf nationale Politiken. Dem Zusam-menschluss der Regierungen in der WTO ist jedoch nicht in gleichem Maße eine legislative,parlamentarische Kontrolle nachgewachsen. Daher ist das supranationale Durchgriffsrecht der WTO demokratisch unzureichend legitimiert....

2. Die Entscheidungsfindung in der WTO ist von ge-ringen Partizipationsmöglichkeiten der Vertreter-Innen vieler Entwicklungsländer geprägt. Zwar gilt in der WTO formal das Konsensprinzip, Kon-sens bedeutet aber lediglich, dass keiner der beieinem Treffen Anwesenden ausdrücklich einemVorschlag widerspricht. Für viele Entwicklungs-länder, die in Genf nur sehr kleine Delegationenunterhalten, ist eine tatsächliche Anwesenheit inden oft parallel stattfindenden Sitzungen ver-schiedener WTO-Gremien nicht möglich. DasKonsensprinzip in der WTO sichert daher nur,dass nichts gegen den Willen der großen Han-delsmächte entschieden werden kann. ... Schließ-lich ist zu sehen, dass auch bei einem formalenone country, one vote-Prinzip die ungleicheMachtverteilung in der WTO zwischen den mäch-tigen Handelsnationen und vielen kleinen – oft aufGrund von Verschuldung finanziell und wirt-schaftlich abhängigen und somit ohnmächtigen –Staaten nicht aufgehoben werden würde.

3. Die Entscheidungsfindung in der WTO leidet auchunter einem Transparenzdefizit. Dies zeigt sich be-sonders an dem viel gerühmten WTO-Streit-schlichtungsverfahren. Anders als bei einem ech-ten Gerichtsverfahren sind die Verhandlungennicht öffentlich und können somit auch nicht vonMedien, BeobachterInnen oder der interessiertenÖffentlichkeit nachvollzogen werden. Dadurchbleibt auch der Einfluss wirtschaftlicher Interes-sen, wie z.B. multinationaler Unternehmen, auf dieVerfahren weit gehend undurchsichtig. ...

4. Vertretungen zivilgesellschaftlicher Gruppen wieNGOs und Gewerkschaften werden in der WTOund in nationalen Wirtschaftsministerien nichternsthaft angehört, wohingegen der Einfluss derWirtschaftslobby sehr groß ist. Zwar hat die WTOmehrere Treffen ... mit NGOs veranstaltet und zuden Ministertreffen auch NGOs als Beobachterakkreditiert ..., jedoch geht es dabei bisher nur

darum, im Sinne von Public Relations die öffent-liche Akzeptanz der WTO zu verbessern. An ihrerPolitik selbst hat sich dadurch aber nichts geän-dert.

Quelle: Forum Umwelt und Entwicklung: Demokratie, Transparenz und Partizipation in der WTO. In: http://www.forumue.de/forumaktuell/positionspapiere/0000001a.htm

Page 32: POLITIK & UNTERRICHT

30 IWF, Weltbank und G 8C

C 10 Der IWF C 12 Die Weltbank

C 11

Der Internationale Währungsfonds (IWF) wurde 1945mit der Unterzeichnung eines Übereinkommensdurch 29 Länder offiziell ins Leben gerufen. Ausge-arbeitet wurde das Übereinkommen auf einer Konfe-renz in Bretton Woods im amerikanischen Bundes-staat New Hampshire im Juli 1944.

Derzeitige Mitgliedschaft: 182 Länder.

Im Übereinkommen verankerte Ziele: Der IWF wurdegeschaffen, um die internationale Zusammenarbeitauf dem Gebiet der Währungspolitik zu fördern; dieAusweitung und ein ausgewogenes Wachstum desWelthandels zu erleichtern; die Stabilität der Wech-selkurse zu fördern; bei der Errichtung eines multila-teralen Zahlungssystems mitzuwirken; den Mit-gliedsländern in Zahlungsbilanzschwierigkeiten dieallgemeinen Fondsmittel zeitweilig und unter ange-messenen Sicherungen zur Verfügung zu stellen unddie Dauer und das Ausmaß der Ungleichgewichte derinternationalen Zahlungsbilanzen der Mitgliedsländerzu verringern.

Tätigkeitsbereiche:Überwachung ist das Verfahren, mit dem der IWF dieWechselkurspolitik seiner Mitgliedsländer im Rahmeneiner umfassenden Analyse der allgemeinen wirt-schaftlichen Lage und der wirtschaftspolitischenStrategie eines jeden Mitgliedslandes beurteilt. ...

Finanzhilfen schließen Kredite und Darlehen ein, dieder IWF Mitgliedsländern in Zahlungsbilanzschwie-rigkeiten zur Unterstützung ihrer wirtschaftlichen An-passungs- und Reformmaßnahmen gewährt.

Technische Hilfe besteht aus Fachkenntnissen undUnterstützung, die der IWF seinen Mitgliedsländernin mehreren Bereichen zur Verfügung stellt.In: www.imf.org/external/deu/

Die Weltbank ist eine Sonderorganisation der UNOund wurde 1944 auf der Grundlage des Abkommenvon Bretton Woods gegründet. Ihre amtliche Be-zeichnung lautet Internationale Bank für Wiederauf-bau und Entwicklung. Sie ist Teil einer weltweit orga-nisierten und agierenden Bankengruppe, der sogenannten Weltbankgruppe.

Organe: Jedes der mehr als 180 Mitgliedsländer ent-sendet einen Gouverneur in das oberste Gremiumder Weltbank, den Gouverneursrat. In der Regel sinddies die Wirtschaftsminister oder Notenbankpräsi-denten der Nationalstaaten. Die laufenden Geschäf-te führt das Exekutivdirektorium, dem 24 Mitgliederangehören. Fünf Direktoren des Gremiums werdenvon den fünf Mitgliedstaaten mit den höchsten Kapi-talanteilen ernannt. Das Gremium wählt für fünf Jah-re den Präsidenten der Weltbank, der satzungs-gemäß ein US-amerikanischer Staatsbürger seinmuss. Das Stimmrecht der Mitgliedsländer entsprichtihrem Anteil am Weltbankkapital.

Tätigkeit: Bis in die 1970er-Jahre förderte die Welt-bank vorrangig die wirtschaftliche Infrastruktur derkreditnehmenden Länder. Seither fördert sie zuneh-mend Maßnahmen der ländlichen Entwicklung undder Grundbedürfnisstrategie (»armutsorientierte Stra-tegie«) unter Einbeziehung umweltpolitischer Aspek-te. Die projektgebundenen Kredite und Strukturan-passungskredite laufen meist für 15 bis 20 Jahre undwerden zu den an internationalen Finanzmärkten üb-lichen Zinsen vergeben.

Nach: Der Brockhaus multimedial 2004 premium. Bibliogra-phisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Mannheim 2004.

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Page 33: POLITIK & UNTERRICHT

IWF, Weltbank und G 8 / Die Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) 31C

Wenn es noch eines Beweises bedurft hat, dassNicht-Regierungsorganisationen (NGOs) eine Welt-macht darstellen, hat ihn das Scheitern der WTO-Konferenz im mexikanischen Cancún erbracht. Un-ter der Regie von NGOs, die in großer Zahl alsBeobachter zugelassen waren, wurde der Abbruchder Konferenz herbeitaktiert und dann ... als erster

C 14 Was sind NGOs?

C 15 Machtohne Mandat

Im gängigen Sprachgebrauch bezieht sichdas Kürzel NGO auf zwei unterschiedliche Or-ganisationstypen. Da sind erstens die multi-nationalen Netzwerke, die sich in der Regelauf eine bestimmte Problematik konzentrie-ren. Darunter fallen zum einen humanitäre Or-ganisationen wie das Rote Kreuz ..., zum an-deren Menschenrechtsorganisationen wieamnesty international und drittens Umwelt-schutzorganisationen wie Greenpeace oderWorld Wide Fund for Nature (WWF). Manchedieser Organisationen zählen mehrere Millio-nen Mitglieder, die aber im Grunde nur Bei-tragszahler sind oder beim Geldsammeln mit-helfen. Dieser Typ von NGO besitzt einprofessionelles Management [und] beschäf-tigt mitunter Hunderte oder gar Tausendeständige Mitarbeiter ... Ihr professioneller Um-gang mit den Medien garantiert ihnen einehohe öffentliche Präsenz.

Der zweite Typ sind die zumeist übernationalorganisierten Bewegungen, die sich gegendie diversen Aspekte der neoliberalen Globa-lisierung engagieren. Ihr Hauptanliegen be-steht weniger im Geldsammeln als in der Mobilisierung zu Demonstrationen und Ver-anstaltungen. Diese NGOs traten erstmalsanlässlich der WTO-Konferenz in Seattle(1999) spektakulär in Erscheinung und versu-chen seitdem bei vielen internationalen Er-eignissen eine kritische Gegenöffentlichkeitherzustellen. Der wichtigste Kristallisations-punkt dieser Organisationen ist das alljährli-che Weltsozialforum im brasilianischen PortoAlegre sowie dessen nationale oder regiona-le Ableger (wie das Europäische Sozialforumin Florenz vom November 2002).

Le Monde diplomatique (Hrsg.): Atlas der Globalisie-rung. Berlin (taz-Verlag) 2003, S. 44.

C 13

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Etappensieg der armen Länder über die reichen ge-feiert. Unter stillem Vergnügen des WTO-NeulingsChina ließ man die Muskeln spielen. Die NGOs, dieals Tabubrecher, Anreger und Berater begonnen ha-ben und sich offiziell zumeist immer noch als Kor-rektive verstehen, sind zu einer Kraft geworden, dieins Räderwerk des internationalen Konferenzwesenseingreifen, ja sogar das eine oder andere Rad zumStillstand bringen kann. ...

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. September 2003 (ThomasSchmid).

Page 34: POLITIK & UNTERRICHT

D 1 – D 25 Die Globalisierung der Wirtschaft

D 1

32 Kommunikations- und InformationstechnologieD

D 2

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Page 35: POLITIK & UNTERRICHT

Kommunikations- und Informationstechnologie / Mobilität 33D

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Der Freiherr und Weimarer Wegebaudirektor JohannWolfgang Goethe berichtet über seine Erfahrungender »Italienischen Reise«:

»Früh drei Uhr stahl ich mich aus Karlsbad, weil manmich sonst nicht fortgelassen hätte. ... Ich warf michganz allein, nur einen Mantelsack und Dachsranzenaufpackend, in eine Postchaise und gelangte halbacht Uhr nach Zwota, an einem schönen stillen Ne-belmorgen. ... Um zwölf in Eger, bei heißem Sonnen-schein; ... Da nun zugleich das Land abfällt, sokömmt man fort mit unglaublicher Schnelle, die ge-gen den böhmischen Schneckengang recht absticht.... Genug, ich war den andern Morgen um zehn Uhrin Regensburg und hatte also diese vierundzwanzigund eine halbe Meile in einunddreißig Stundenzurückgelegt.«

Im ersten Teil seiner Reise erreichte Goethe eine Rei-segeschwindigkeit von 5 km/h.

Aus: Johann Wolfgang Goethe: Italienische Reise. Frankfurt/M.(Insel) 1976, S. 13 f.

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Page 36: POLITIK & UNTERRICHT

34 Globaler Handel – globales KapitalD

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D 8 Weltweite Direktinvestitionen

Direktinvestitionen – das sind Anlagen in Firmen, Betriebsstätten und Vertriebsnetzen im Ausland – fließen vor allem dort hin, wodas investierte Kapital eine hohe Rendite abwerfen kann. Die internationalen Investoren schauen dabei nicht nur auf die Chancendes einzelnen Projekts oder des Zielunternehmens, sondern auch auf die konjunkturellen und politischen Rahmenbedingungen.Die Grafik zeigt die weltweiten Direktinvestitionen (Auslandsinvestitionen), aufgeschlüsselt nach den Anteilen der Triade (EU, USAund Japan) im Vergleich zu den restlichen Ländern der Welt. Grafik: P&U, Quelle: UNCTAD

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Sonstige EU USA Japan

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in Mrd. US-$

Page 37: POLITIK & UNTERRICHT

Global Players 35D

D 9 Das Ziel heißt Global Player:Wer fusioniert mit wem?

In einer Studie ... zu so genannten Mega-Fusionenstellt das Kieler Institut für Weltwirtschaft einen kla-ren Trend zu horizontalen Fusionen fest. Das heißt,es schließen sich heute immer mehr Partner der glei-chen Branche zusammen. Ziel dieser Strategie ist dieKonzentration auf die Kernkompetenz eines Unter-nehmens, sei es durch Verkäufe nicht dazu passen-der Unternehmensteile oder eben durch das Zusam-mengehen mit entsprechenden Partnern.

... Für die Suche nach immer neuen Allianzen gibt eszwei wesentliche Gründe:

1. Die Globalisierung: In dem Maße, wie die Grenzenfür Güter und Kapital fallen, wächst der für die Un-ternehmen relevante Markt. Also müssen sie auchihre Größe diesen strukturellen Änderungen an-passen, denn ein weltweiter Markt verlangt auchweltweit operierende Unternehmen – wie derName schon sagt: Global Player. Wie groß ein Un-ternehmen sein muss, um auf dem globalen Marktzu bestehen, ist auf Grund fehlender Erfahrungenweit gehend unbekannt. ... Dennoch haben die Un-ternehmen einen Hang zur Größe – allein schonweil Fusionen oft steigende Produktion und sin-kende Durchschnittskosten versprechen.

2. Die Deregulierung: Vor allem die Öffnung derDienstleistungsmärkte – Telekommunikation, Ener-gie, Verkehr und Banken – hat den Fusionen denWeg bereitet. Waren die Spielräume der Unter-nehmen zuvor meist auf den engen nationalenMarkt beschränkt, können sie sich heute auch auffremdem Terrain versuchen.

Nach: IWD, 20. April 2000

D 10 »Das Kapital kennt wederVaterland noch Gefühle«

»Wie Beduinen, die zu neuen Weideplätzen ziehen,packen sie zusammen, weil anderswo die Arbeit nochbilliger ist.« Manuel Carvalho da Silva ist empört. DerChef des portugiesischen Gewerkschaftsverbandes... weist darauf hin, dass innerhalb von nur drei Wo-chen drei ausländische Unternehmen ihre Zelte inPortugal abgebrochen haben. ... Wie der Gewerk-schaftler ... warnen in Portugal auch Wirtschaftswis-senschaftler und Lokalpolitiker vor transnationalenUnternehmen, die als Investoren in strukturschwa-chen Regionen der ... EU üppige Subventionen kas-sieren, sich aber davonmachen, sobald ihnen an-dernorts neue – und möglicherweise höhere –öffentliche Hilfen winken.

[Der Sprecher eines der deutschen Unternehmen] be-gründet den Rückzug ... mit den hohen Produktions-kosten in Portugal. Immerhin habe die Firma dortzwölf Jahre lang fertigen lassen. Er bestätigt, für die

Ansiedlung EU-Zuschüsse erhalten zu haben. Dievorgeschriebene Ansiedlungsdauer sei jedoch bereits1998 abgelaufen. ...

Und so sieht die Rechtslage aus: Unternehmen, die sich in wirtschaftlich rückständigen Regionen an-siedeln, bekommen ihr Engagement durch Zuschüs-se versüßt, die wiederum zu gleichen Teilen aus nationalen und Brüsseler Töpfen kommen. Die In-vestoren gehen dabei die Verpflichtung ein, mindes-tens fünf Jahre über jenen Zeitpunkt hinaus vor Ortzu bleiben, an dem sie zuletzt Strukturfonds-Gelderkassiert haben. Während dieser Frist dürfen sie auchkeine Arbeitsplätze abbauen, die nachweislich mitHilfe europäischer Fördermittel geschaffen wordensind. ...

Im Westen der Iberischen Halbinsel sind es jedochnicht allein ausländische Investoren, die Portugal ver-lassen, um sich nach profitableren Produktionsstand-orten umzusehen. Auch einheimische Unternehmenwandern aus. Von der durch die Globalisierung wach-senden Konkurrenz bedrängt, haben zahlreiche Fir-men beschlossen, sich in Brasilien anzusiedeln. ...

Frankfurter Rundschau, 7. Juni 2003 (Quelle: P.S.-Inter PressService)

D 11 VW produziert in China

Der Automobilkonzern Volkswagen will spätestens imJahr 2007 in China eine Million Fahrzeuge verkaufen:Das ist mehr, als VW im vergangenen Jahr inDeutschland abgesetzt hat. Schon heute steuere Chi-na die höchsten Renditebeiträge je Fahrzeug zumGewinn des Unternehmens bei, sagte [der] Konzern-Vertriebsvorstand ... 2002 löste China erstmals Ame-rika als wichtigster Auslandsmarkt von VW ab. ... Dieenormen Zuwachsraten resultieren aus dem Markt-wachstum in China nach dem Beitritt zur Welthan-delsorganisation WTO. ...

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Februar 2003

D 12

Lackierungsanlage im BMW-Werk Rosslyn in SüdafrikaFoto: Werkfoto BMW

Page 38: POLITIK & UNTERRICHT

36 Global Players / Weltweiter Wettbewerb der StandorteD

D 14 Arbeitskostenim Vergleich

D 15 Wettbewerb der Standorte

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist hoch,Globalisierung und internationale Konkurrenznehmen zu. Kein Wunder also, dass die Lohn-und Lohnnebenkosten ins Rampenlicht gera-ten. Denn mit Arbeitskosten von über 26 EURpro Arbeitsstunde in der Industrie liegt West-deutschland hinter Norwegen weltweit aufPlatz zwei. Betrachtet man nur die Personal-zusatzkosten, dann liegt Westdeutschland garauf Platz eins. Die Lohnnebenkosten sind da-mit fast doppelt so hoch wie in den USA. Dieostdeutsche Industrie produziert wesentlichgünstiger. Hier kostet die Arbeitsstunde weni-ger als beispielsweise in Italien. Allerdings sa-gen die Arbeitskosten allein noch nicht allzuviel über die tatsächliche Wettbewerbssitua-tion einer Volkswirtschaft. Denn auch Fakto-ren wie Arbeitsqualität und Produktivität sindwichtig, wenn es um den internationalen Wett-bewerb geht.

Wenn ein Unternehmen eine neue Fabrikeröffnen will, untersucht es mit beträchtlichemAufwand mögliche Standorte im In- und Aus-land. In die Rechnung fließen einige »harte«Fakten ein: Lohnkosten, Infrastruktur, Ener-giepreise und Produktivität sowie Steuer- undAbgabenlast. Daneben gibt es »weiche« Fak-toren: Wie steht es um die Motivation der Mit-arbeiter? Wie ist die Leistungsbereitschaft?Das BERI-Institut in Genf ermittelt auf eineähnliche Art und Weise die Wettbewerbs-fähigkeit eines Landes als Firmenstandort. Ex-perten bewerten neben den genannten Fak-toren die Arbeitsgesetze und Tarifverträge,schätzen das Ausbildungsniveau der Arbeits-kräfte ein und verteilen Punkte für Arbeitsmo-ral und Leistungsbereitschaft. Das Spektrumder geprüften Punkte reicht bis hin zur sozia-len und politischen Stabilität.

D 13 Sozialcharta für das »globale Dorf«

Gleicher Lohn und gleiche Arbeitszeiten – so weitgeht die globale soziale Verantwortung des Volkswa-gen-Konzerns zwar nicht. Aber der viertgrößte Auto-produzent der Welt hat mit der »Erklärung zu den so-zialen Rechten und industriellen Beziehungen« einenwichtigen Schritt hin zu einer einheitlichen Behand-lung der 320.000 VW-Beschäftigten an 42 Standor-ten in 18 Ländern getan. ... Festgeschrieben wird dasGrundrecht, Gewerkschaften und Arbeitnehmerver-

© Globus Infografik GmbH

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tretungen zu bilden. Zwangs-, Pflicht- und Kinderar-beit sind verboten. Löhne und andere Leistungen so-wie die Arbeitszeiten sollen ebenso mindestens demStandard der jeweiligen nationalen Gesetze entspre-chen wie Arbeits- und Gesundheitsschutz. ... Die Weltwird zum »globalen Dorf«, sagte ein hoher deutscherGewerkschaftsfunktionär. »Während die Globalisie-rung der Waren- und Kapitalmärkte voranschreitet,ist es bisher nicht gelungen, auch nur ein Minimuman weltweit gültigen sozialen Regeln für Handel undInvestitionen durchzusetzen.«

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Juni 2002 (Rüdiger Köhn).

Page 39: POLITIK & UNTERRICHT

Weltweiter Wettbewerb der Standorte 37D

D 16

Löhne und Märktelocken

D 17 Ritter-Sport-Schokoladein Russland

Motive für den Aufbau vonProduktionsstätten im Aus-land: Das Fraunhofer Institutfür Systemtechnik und Innova-tionsforschung hat im Jahr2001 mehr als 500 deutscheUnternehmen im verarbeiten-den Gewerbe nach ihren Moti-ven für Produktionsverlage-rungen ins Ausland befragt.

Der im württembergischen Waldenbuch unweit vonStuttgart ansässige Hersteller von Tafelschokoladeund der russische Schokoladenwaren-ProduzentOdintsovo Confectionary Factory gehen zum Jah-reswechsel 2003/04 eine strategische Kooperationein. Vom regionalen Anbieter der »quadratischen« Ta-felschokolade in den 1960er-Jahren entwickelte sichdie Alfred Ritter GmbH & Co. KG zu einem führendendeutschen Markenartikelhersteller, der sich nun auchverstärkt international etabliert. Derzeit existiert aus-schließlich der Produktionsstandort Waldenbuch mitca. 770 Mitarbeiter/innen.

P&U führte im September 2003 ein Interview mit demFirmensprecher Thomas Seeger:

Herr Seeger: Was sind die Motive Ihres Unterneh-mens, in Russland eine Produktionsstätte zu eröff-nen?

Das wichtigste Motiv war für uns die Erschließung zu-sätzlicher Absatzpotenziale in einem neuen Markt miteiner traditionellen Schokoladenkultur. Der russischeMarkt weist derzeit (noch) keine derart hohe Durch-setzung auf, wie dies bei entsprechenden westlichenMärkten der Fall ist. Natürlich wäre auch ein fortdau-ernder Export unserer Schokoladenquadrate vonWaldenbuch nach Russland möglich, allerdings eröff-net dies nicht dieselben Möglichkeiten, auf Gege-benheiten bzw. Veränderungen am Markt vor Ortrasch zu reagieren. Aus diesem Grund sowie in An-betracht des vorhandenen Marktvolumens, an wel-chem wir teilhaben möchten, erscheint eine Fertigungvor Ort als die geeignetere Lösung.

Gehen dadurch Arbeitsplätze an deutschen Standor-ten verloren oder werden am russischen Standortneue geschaffen?

6%

8%

9%

12%

15%

16%

16%

17%

21%

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60%

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0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Währungsausgleich

Technologieerschließung

Infrastruktur

Kapazitätsengpässe

Lokale Präferenzpolitik

Kommunikations- und Transportkosten

Präsenz der Konkurrenz

Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal

Steuern, Abgaben, Subventionen

Nähe zu Großkunden

Markterschließung

Kosten der Produktionsfaktoren

Umfrage im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland:Motive für den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland

(Mehrfachnennungen möglich)

Grafik: P&U, Quelle: Fraunhofer ISI

Arbeitsplätze am hiesigen Standort Waldenbuch ge-hen weder verloren noch sind sie gefährdet. Vielmehrwerden am russischen Standort ca. 100 neue ge-schaffen.

Produzieren Sie in Russland ausschließlich für denrussischen Markt, oder wird in Russland Schokoladeproduziert, die dann auf dem deutschen Markt ver-kauft wird?

Es ist keine Produktion von Schokolade in Russlandvorgesehen, die in Deutschland verkauft bzw. ver-marktet werden soll, wenngleich die Schokolade inRezeptur und Qualität absolut identisch sein wird.Bereits hieran wird nochmals nachhaltig erkennbar,dass die Waldenbucher Arbeitsplätze von der Pro-duktionsaufnahme in Moskau nicht berührt werden.

Eine entsprechende Nachfrage vorausgesetzt, kön-nen sicher weitere osteuropäische Staaten über dieMoskauer Fabrikationsstätte mit unseren Schokola-dequadraten versorgt werden. Zunächst gilt es je-doch, auf dem russischen Markt Fuß zu fassen undsich dort zu positionieren. Anschaulich wird die Größedieses Zieles bei Berücksichtigung des Umstandes,dass allein die größeren Städte Russlands eine Ein-wohnerzahl aufweisen, wie sie derjenigen von klei-neren westeuropäischen Staaten entspricht.

Können Sie bereits abschätzen, um wie viel kosten-günstiger die Produktion in Russland ist? Und wassind bei den Produktionskosten die wichtigsten Fak-toren?

Beim Produkt Tafelschokolade ist kein bedeutenderKostenvorteil bei einer Fertigung im Ausland auszu-machen. Einerseits läuft die Produktion hier wie dortgrößtenteils maschinell ab, andererseits fällt der Be-zug von Rohstoffen bzw. Zutaten aus der ganzen Weltals wichtigste Quelle von Produktionskosten in Mos-kau gleichermaßen wie in Waldenbuch an. Für unserHaus lag demzufolge in der Kostenstruktur kein Mo-tiv für die Entscheidung.

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38 Weltweiter Wettbewerb der Standorte / Armut und MigrationD

D 19 Die Chancen derGlobalisierung besser nutzen

D 20 Marktbarrieren schädigenarme Länder

Die Chancen, die die Globalisierung für die Verringe-rung der Armut in der Welt bietet, sind bisher nichtausreichend genutzt worden. An vielen Entwick-lungsländern sei die Integration der Weltwirtschaft inden vergangenen Jahren vorbeigegangen, stellt dieWeltbank ... in einem Bericht fest. Die Weltbank ruftdarum die internationale Gemeinschaft auf, jene Län-der stärker als bisher in die Globalisierung einzube-ziehen:

»Die Gründe sind vielschichtig. Sie reichen vonschlechter Politik in den Ländern selbst zu Handels-beschränkungen in den Industrienationen, die denEntwicklungsländern den Zugang zu diesen Märktenversperren«, sagte ... der Chefvolkswirt der Welt-bank ... Einige Sorgen und Ängste in Bezug auf Glo-balisierung seien zwar berechtigt, es wäre aber ver-fehlt, diese Entwicklung aufhalten oder gar umkehrenzu wollen. »Dieser Weg würde viele Millionen Men-schen noch tiefer in die Armut führen«, warnte er.Dem Bericht zufolge ist es einigen Entwicklungs- undTransformationsländern in den vergangenen 20 Jah-ren durchaus gelungen, sich mit ihren Produkten desverarbeitenden Gewerbes Zugang zu den westlichenMärkten zu verschaffen. China, Indien, Ungarn undMexiko hätten durch eine vernünftige Politik die Vor-aussetzungen hierfür geschaffen und ihre jährlichenWachstumsraten ... erhöht. Die Löhne seien ebensogestiegen wie die durchschnittliche Lebenserwartungund das Bildungsniveau, stellt die Weltbank fest. »Invielen anderen Ländern, vor allem in Afrika südlichder Sahara und den Staaten der ehemaligen Sowjet-union, ist die Zahl der Menschen, die in Armut leben,in den neunziger Jahren gestiegen.«

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Dezember 2001 (Claus Tig-ges).

Das Welthandelssystem benachteiligt die Entwick-lungsländer. Die Handelsbarrieren der reichen Länderkosten die armen Staaten 100 Milliarden Dollar im Jahr– das ist doppelt so viel wie sie an Entwicklungshilfeerhalten. Das ist die Kernaussage einer Studie derHilfsorganisation Oxfam International. Der fehlendeMarktzugang sei ein Beispiel für die Doppelmoral derRegierungen im Norden. Während reiche Länder ihreMärkte geschlossen hielten, seien arme Länder vomIWF und der Weltbank gedrängt worden, ihre Märkteüberstürzt zu öffnen, oft zu ihrem Nachteil. Viele Re-geln der Welthandelsorganisation, beispielsweise zumgeistigen Eigentum oder zu Investitionen und Dienst-

D 18 Mustang: Warum immermehr Jeans aus China undPakistan stammen

Den Jeanshersteller Mustang im hohenlohischenKünzelsau zieht es nach Asien. In Osteuropa, wo bis-lang produziert wurde, soll es keine neuen Werkemehr geben. Der Grund: Die Firma muss Kosten sen-ken. Dem Jeans-Hersteller macht nicht nur das sich immer schneller drehende Modekarussell zuschaffen. Der Fachhandel schwächelt, die Kun-den halten ihr Geld zusammen. Die Kosten noch stär-ker senken, heißt die Konsequenz. In den vergange-nen Jahren hatte Mustang die Produktion nach Un-garn, Russland und Polen ausgelagert. Dochinzwischen ist selbst Osteuropa nicht mehr billig ge-nug. Das Mustang-Werk in Polen wurde geschlossen,künftig wird ein Großteil der Jeans in Asien produ-ziert.

Quelle: SWR, »Baden-Württemberg aktuell«, 22. September2003

Heiner Sefranek, Geschäftsführer von Mustang inKünzelsau, gibt eine Antwort auf die Frage nach denGründen für die Verlagerung der Produktionsstättenins Ausland:

»Wenn früher ein Lastwagenfahrer eine haltbare Hosewollte, dann hat er sich eine Markenjeans für 100Mark gekauft«, erinnert sich Sefranek an selige Zei-ten. »Heute kauft er im Supermarkt zwei im Doppel-pack für 19,90 Euro. ...« Das Problem für Sefranek:der Durchschnittspreis einer Mustang liegt bei 75Euro. Und das Einzige, wofür die Jeans-Kunden nochsolche Preise zahlen, ist Mode. ... Und hier treten dieTrends plötzlich auf und lassen sich nicht vorhersa-gen. ... Wird eine Jeans-Variante plötzlich zum »CoolLook«, heißt es Tempo. Nur wer als erster auf dieplötzlich anschwellende Nachfrage reagiert, machteinen ordentlichen Profit – bevor die nächste Mode-welle heranschwappt.

Die Hersteller der Jeans stammen dabei immer mehraus Asien. Während Mustang in Polen gerade eineFabrik geschlossen hat, kommen die Flash-Kollek-tionen von Zulieferern aus China und Pakistan. DieAsiaten arbeiten nicht nur wesentlich billiger, sondernauch mit moderneren Produktionsstrukturen und kür-zeren Lieferzeiten. Die zählen. »Das Geschäft ist irr-sinnig schnell geworden«, sagt Sefranek. »Wir müs-sen ständig neue Ware in die Läden bringen. Nur sokönnen wir die Leute zum Konsum anregen. Der Kun-de muss immer das Gefühl haben: Wenn ich dieseJeans jetzt nicht kaufe, dann kriege ich sie nächsteWoche nicht mehr.«

Stuttgarter Zeitung, 23. September 2003 (Sönke Iwersen).

Page 41: POLITIK & UNTERRICHT

Armut und Migration 39D

leistungen, schützten die Interessen rei-cher Länder und transnationaler Unterneh-men ... .

Entwicklungsministerin Heidemarie Wiec-zorek-Zeul unterstützte die Aussagen derStudie. Ohne Zugang zu den Märkten inden Industrieländern könnten die Entwick-lungsländer die Armut nicht nachhaltigbekämpfen. Daher seien auch die Interes-sen und Bedürfnisse der Entwicklungslän-der ins Zentrum der laufenden Welthan-delsrunde gestellt worden. »Nun müssenwir Industrieländer ... eine weitere Öffnungunserer Märkte zulassen«, forderte dieSPD-Politikerin. Auch müssten Export-subventionen für Agrarprodukte ... soschnell wie möglich abgebaut werden.Zwei Zahlen verdeutlichen das Missver-hältnis im internationalen Handelssystem:Auf der ganzen Welt würden rund 53 Milli-arden Dollar für die Entwicklungszusam-menarbeit im Jahr bereitgestellt, gleichzei-tig wendeten die Industriestaaten 360Milliarden Dollar für den Schutz ihrer Agrar-märkte auf. ...

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. April 2002(Manfred Schäfers).

D 22

Grafik: Die ZEIT

D 21 Globale Migration

Aus: Le Monde diplomatique (Hrsg.): Atlas der Globalisierung. Berlin (taz-Verlag) 2003, S. 54

Page 42: POLITIK & UNTERRICHT

40 Armut und MigrationD

D 23 Die globale Jeans

Massenartikel Jeans. Einst für viele ein Luxusgut, istdas blaue Baumwollgewebe mittlerweile in den Gold-bergwerken Südafrikas ebenso zu sehen wie auf denLaufstegen in Rom oder Paris. Trotz der Beliebtheit derJeans ist der Preis der Baumwolle in den vergangenenJahren ins Bodenlose gefallen. Die Leidtragenden sinddie Baumwollbauern, die im globalen Wettbewerb umdie günstigsten Preise nicht mithalten können.

Beispiel Tansania: Bis vor wenigen Jahren konnten die Bauerndort vom Anbau der Baumwolle leben. Die Farmen waren weitgehend in staatlicher Hand. Arbeit und Lohn waren von der Re-gierung garantiert. Dann kamen unter dem Druck des IWF diePrivatisierung der Staatsbetriebe sowie die Öffnung der Märk-te. Und die Baumwollfarmer sahen sich plötzlich einer globa-len Konkurrenz ausgesetzt, der sie bis heute nicht gewachsensind.

Während etwa in den USA die Baumwollernte hochtechnisiertist, müssen viele Bauern in Tansania wie in der Kolonialzeit dieBaumwolle mit der Hand ernten. Da sie sich für die nach Markt-preisen erzielten Erlöse aber nicht nur keine Erntemaschinen,sondern auch kaum Spritzmittel leisten können, ist die Qualitätder Baumwolle kaum noch konkurrenzfähig. Die aufgezwun-gene Öffnung des Landes für Billigimporte führte außerdemzum Niedergang der einstmals viel versprechenden Textilindus-trie.

Bilder wie dieses – aufgenommen 1979 in einer Weberei –gehören fast der Vergangenheit an. Heute finden nur noch 20 Prozent der Produktion im eigenen Land statt.

Während die Baumwollfarmer und die Textilbetriebe in Tansa-nia zu den Verlierern der Globalisierung wurden, profitierten dieJeansfabriken der reichen Länder von der Öffnung der Märkte.Sie verlagerten die Fertigung ihrer Jeans an Standorte in Bil-liglohnländern. Das Bild zeigt Näherinnen in einer Jeans-Fabrikim russischen St. Petersburg, die mit ca. 150 Euro im Monatnur etwa ein Zehntel dessen verdienen, was eine deutscheNäherin bekommt. Das eingesparte Geld fließt in die Werbung,die mittlerweile den wertmäßig größten Anteil der Entste-hungskosten einer Jeans ausmacht.

Hinzu kommt der florierende Handel mit Altkleidern aus denSpenden der reichen Länder, die für viele Bewohner Tansaniasattraktiver sind als die einheimischen Waren. Die Folge: StattWohlstand brachte die »freie Marktwirtschaft« für die meistenMenschen in Tansania eine Verschlechterung ihrer Situation.Das Pro-Kopf-Einkommen der 34 Millionen Tansanier lag in den1970er-Jahren bei 309 US-Dollar, heute beträgt es nur noch270 Dollar.

Fotos und Text nach dem Film »Cottonmoney«, © Filmkraft Filmproduktion, München (www.filmkraft.net).

Page 43: POLITIK & UNTERRICHT

Armut und Migration 41D

D 24 Die Kluft zwischen reichen und armen Ländern

Die Kluft zwischen den reichstenund den ärmsten Ländern derWelt ist tief. Ein Luxemburger hatbeispielsweise an nur einem Tagein höheres Einkommen als einÄthiopier im ganzen Jahr. Insge-samt zählt die Weltbank 31 Län-der, deren Einwohner mit wenigerals einem Dollar pro Tag auskom-men müssen. Während die wohl-habenden Staaten über ein um-fassendes Bildungs- und Sozial-system, eine aufwändige Ge-sundheitsversorgung und einegut funktionierende Infrastrukturverfügen, müssen die Menschenin den ärmsten Ländern auf fastall dies verzichten. Oft steht nurdas Allernotwendigste zur Verfü-gung, und auch das meistensnicht für alle.

© Globus Infografik GmbH

D 25

© Globus Infografik GmbH

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E 1 – E 11 Globalisierung in der Kritik: Konzepte und Perspektiven

E 1 Die »Schatten der Globalisierung«

E 2 Globalisierung gestalten

Weshalb ist die Globalisierung – als eine Kraft, die soviel Gutes bewirkt hat – mittlerweile so heftig um-stritten? Die Volkswirtschaft vieler Länder ist dank derÖffnung ihrer Märkte für den internationalen Handelsehr viel schneller gewachsen, als es ansonsten derFall gewesen wäre. Der Welthandel fördert die öko-nomische Entwicklung, wenn die Exporte eines Lan-des die treibende Kraft seines Wirtschaftswachstumssind. Wachstum durch Export war das Kernstück derIndustriepolitik, der Millionen von Menschen in Asienihren Wohlstand verdanken. Aufgrund der Globali-sierung leben viele Menschen auf der Welt heute län-ger als früher, und ihr Lebensstandard ist deutlichhöher. Menschen im Westen halten die niedrig be-zahlten Arbeitsplätze bei Nike vielleicht für reine Aus-beutung, aber viele Menschen in den Entwicklungs-ländern stellen sich deutlich besser, wenn sie einenJob in einer Fabrik ergattern, als wenn sie weiterhinin der traditionellen Landwirtschaft tätig sind.

Die Globalisierung hat das Gefühl des Ausgeschlos-senseins verringert, das viele in der Dritten Welt emp-finden, und sie hat vielen Menschen in den Entwick-lungsländern Zugriffsmöglichkeiten auf Wissen er-öffnet ... Die Proteste der Globalisierungsgegner sindselbst das Resultat dieser Vernetzung, Kommunika-tionsverbindungen zwischen Aktivisten in verschie-denen Teilen der Welt, insbesondere über das Inter-net, erzeugten den öffentlichen Druck, der schließlichtrotz des Widerstands vieler mächtiger Regierungenzum Internationalen Abkommen über Landminenführte. Dieses bis 1997 von 121 Ländern unterzeich-nete Abkommen verringert das Risiko, dass Kinderund andere unschuldige Opfer durch Minen getötetoder verstümmelt werden. Ähnliche wohl koordinier-te öffentliche Pressionen zwangen die internationaleStaatengemeinschaft dazu, einigen der ärmsten Län-der ihre Schulden zu erlassen. Diese kommunikativeVerflechtung ist ein wirksames Instrument, um Trans-parenz zu erzwingen, und genau dies erwarten die-jenigen, die gegen die zerstörerischen Folgen derGlobalisierung protestieren, von Organisationen wieIWF und WTO nicht nur in Worten, sondern auch inTaten.

Selbst die Schattenseiten der Globalisierung gehenvielfach mit positiven Effekten einher. Die Öffnung desMilchmarktes auf Jamaika für US-Importe im Jahr1992 hat vielleicht den einheimischen Milchprodu-zenten geschadet, aber sie bewirkte auch, dass armeKinder billiger Milch bekamen. Auslandsinvestitionenschaden vielleicht geschützten Staatsunternehmenim Zielland, aber sie können auch zur Einführung neu-

er Technologien und zur Entstehung neuer Wirt-schaftszweige führen.

Die Auslandshilfe ... hat ... die Lebensbedingungenvon Millionen von Menschen verbessert...: Gueril-lakämpfer auf den Philippinen erhielten im Rahmeneines von der Weltbank finanzierten Projekts Ar-beitsplätze, sofern sie bereit waren, ihre Waffen nie-derzulegen; Bewässerungsprojekte haben das Ein-kommen von Landwirten, die das Glück hatten, darineinbezogen zu werden, mehr als verdoppelt; Bil-dungsprojekte haben die Analphabetenrate in ländli-chen Regionen deutlich gesenkt; in einigen Ländernhaben Projekte zur AIDS-Bekämpfung die Ausbrei-tung dieser tödlichen Krankheit einzudämmen ge-holfen. ...

Aus: Joseph Stiglitz: Die Schatten der Globalisierung. Berlin(Siedler) 2002, S. 18 f.

Die einen sagen, die Globalisierung führt zum Verlustvertrauter Bindungen und zur Schwächung des Na-tionalstaates – und sie haben Angst davor. Anderefeiern, dass die Herrschaft des Marktes und seinerGesetze bald überall für alles gilt. Manchen erscheintall das wie ein unentrinnbares Schicksal, anderen wiedie Verheißung eines goldenen Zeitalters.

Das Stimmengewirr ist groß und die Unsicherheit dar-über, was Globalisierung bedeutet – für jeden Einzel-nen, für die Familien, für unsere Gesellschaft alsganze: Es hat mit Globalisierung zu tun, wenn die Fir-ma, in der man arbeitet, plötzlich mit Betrieben ausGegenden der Welt konkurriert, von denen man bis-her kaum gehört hatte. Es hat mit Globalisierung zutun, wenn sich junge Leute, die durch die Andenwandern, aus dem Internetcafé in Quito bei ihren El-tern in Oberursel melden und mal eben per E-Mail dieersten digitalen Fotos schicken. ... Es hat mit Globa-lisierung zu tun, wenn in dem Auto, das wir kaufen,die Teile aus vielen Ländern kommen ... Es hat mitGlobalisierung zu tun, wenn aus abgelegenen Berg-höhlen ein Verbrechen geplant und gesteuert wird,das die ganze Welt erschüttert...

Aus der Geschichte wissen wir: Nichts, keine techni-sche Erfindung, keine politische Entwicklung, keinegesellschaftliche Veränderung führt automatisch undfür alle ausschließlich zum Schlechteren oder zumBesseren. Auch bei der Globalisierung kommt es da-rauf an, was wir aus den neuen Möglichkeiten ma-chen. Viele fragen heute aber: Kann man denn über-haupt etwas machen? Ist die Globalisierung nichtunbeeinflussbar, ist sie nicht wie ein Naturereignis,

42 Stimmen zur GlobalisierungE

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Stimmen zur Globalisierung / Konzepte und Visionen 43E

dem wir ausgeliefert sind? Dann wäre es tatsächlichsinnlos, auch nur zu überlegen, wie man gestaltendeingreifen kann und wer das tun sollte. Nein, die Glo-balisierung ist kein Naturereignis. Sie ist von Men-schen gewollt und gemacht. Darum können Men-schen sie auch verändern, gestalten und in guteBahnen lenken. ...

Aus: Chance, nicht Schicksal – die Globalisierung politisch ge-stalten. »Berliner Rede« von Bundespräsident Johannes Rauam 13. Mai 2002 im Museum für Kommunikation Berlin (DieRede im Internet: http://www.bundespraesident.de).

E 3 Die Tobin-Steuer E 4 Global Compact

Schätzungen zufolge haben 80 bis 90 Prozent derDevisentransaktionen vorwiegend spekulativen Cha-rakter, sie dienen also ausschließlich dazu, kurzfristi-ge Profite zu erzielen. Möglich ist dies aufgrund derTatsache, dass die Wechselkurse schwanken. DerUmfang der Transaktionen ist beträchtlich: Das täg-liche Volumen der gehandelten Devisen beträgt ...rund 1.200 Milliarden Dollar.

Um die Schwankungen zu verringern, machte der2002 verstorbene amerikanische Wirtschaftswissen-schaftler und Nobelpreisträger James Tobin schon1972 den Vorschlag, eine relativ geringe Steuer voneinem Prozent auf alle Devisentransaktionen zu er-heben. Aufgrund des geringen Steuersatzes wärenseiner Meinung nach kurzfristige Spekulationen undnicht langfristige Investitionen von der Steuer betrof-fen. Da ein Großteil der spekulativen Devisenge-schäfte eine Gewinnspanne von weniger als einemProzent hat, würde dies, so seine Vorstellung, dazuführen, dass das Transaktionsvolumen zurückgehtund sich die Wechselkurse stabilisieren.

Auch heute noch findet diese Idee, vor allem in derglobalisierungskritischen Bewegung Attac, ihre Be-fürworter, die sich von der ... Steuer den Schutz vonschwachen Volkswirtschaften und eine bessere Ent-wicklungshilfe durch die aus der Steuer erzielten Ein-nahmen erhoffen. Tobin selbst hat allerdings nie voneiner Verwendung der Einnahmen für die Entwick-lungshilfe gesprochen. Sein Ziel war lediglich die Sta-bilisierung der Finanzmärkte. ...

[Auch] bei den meisten Fachleuten stößt die Tobin-Tax auf Skepsis und Ablehnung. Das am häufigstenvorgebrachte Gegenargument lautet, die Steuer seiüberhaupt nur machbar, wenn sich alle Länder da-ran beteiligten, da andernfalls Devisenhändler dieMöglichkeit hätten, auf andere Börsenplätze auszu-weichen. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass Ban-ken die zusätzlichen Kosten einfach auf Verbraucherund Unternehmen abwälzen könnten, was wiederumnegative Auswirkungen auf die Volkswirtschaften hät-ten. Auch blieben große Finanzkrisen durch die Steu-er nicht aus, da sie die Flucht aus einer Währungnicht verhindern könnte.

So viel versprechend die Idee auf den ersten Blickauch sein mag, bei genauerer Betrachtung wird deut-lich, dass auch die Tobin-Steuer kein Allheilmittel ist,und es bleibt festzuhalten, dass sie weder alleine dieArmut in der Dritten Welt bekämpfen noch ohne zu-sätzliche Schritte für eine stabilere Weltwirtschaft sor-gen kann. Sie könnte wohl lediglich – wie Tobin esformulierte – ein »bisschen Sand im Getriebe unse-rer übermäßig effizienten internationalen Geldmärk-te« streuen. ...

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. September 2003 (Sven Ei-ermann).

Im Sommer 2000 wurde auf die Initiative des UN-Ge-neralsekretärs Kofi Annan der »Global Compact« ver-abschiedet. Die Globalisierung, so Annan, erfolge imInternet-Zeittakt: »Wir können daher nicht warten, bisdie Regierungen das Nötige tun.« In Zusammenarbeitmit den nationalen Regierungen hätten Wirtschaftund Zivilgesellschaft Mittel und Wege, rascher aufeine stabile Lage in der Welt hinzuarbeiten. Der Glo-bal Compact umfasst einen Verhaltenskodex für Un-ternehmen und sonstige private Institutionen. Dieseverpflichten sich zur Umsetzung der folgenden Prin-zipien im Rahmen ihrer Unternehmenspolitik:

1. Menschenrechte: Unternehmen sollen denSchutz der international verkündeten Menschen-rechte innerhalb ihres Einflussbereichs gewährleis-ten und sicherstellen, dass sie nicht indirekt inMenschenrechtsverletzungen verwickelt sind.

2. Arbeit: Unternehmen sollen die Vereinigungsfrei-heit und das Recht auf kollektive Verhandlungenfür ihre Beschäftigten gewährleisten, jede Formvon Zwangsarbeit abschaffen, Kinderarbeit wirk-sam unterbinden und jede Diskriminierung bei Ein-stellung und Beschäftigung abstellen.

3. Umwelt: Unternehmen sollen sich im Umgang mitUmweltproblemen am Prinzip der Vorsorge orien-tieren, Initiativen ergreifen, um ein größeres Um-weltbewusstsein zu schaffen sowie die Entwick-lung und Verbreitung umweltfreundlicher Tech-nologien fördern.

Als eines der ersten multinationalen Unternehmenbekannte sich z.B. die DaimlerChrysler AG zu denPrinzipien des Global Compacts. Der weltweiten Al-lianz von Wirtschaft und Politik gehören weitere zahl-reiche international agierende Unternehmen ausDeutschland an, wie z.B. BWM oder die Bayer AG.

Umstritten ist der Global Compact jedoch hinsicht-lich seiner Erfolgschancen, weil er auf dem Prinzipder Freiwilligkeit basiert, keine Kontrollinstanz enthältund die Verpflichtungen nicht konkretisiert.

Als Beispiel einer Unternehmensbeteiligung:http://www.cms.daimlerchrysler.com

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Nachhaltige Entwicklung erlaubt jedem Land, jederRegion, jedem Volk seinen eigenständigen, autono-men Entwicklungsweg. Alle dürfen selbst entschei-den, welche Wirtschafts- und Versorgungsbereicheüber den ... Markt und welche gemeinnützig organi-siert werden. Vorrang hat die Errichtung lokaler undregionaler Wirtschaftsbeziehungen auf nachhaltigerBasis. Das beinhaltet: Verwendung von lokalen Roh-stoffen, Energienutzung auf Basis lokaler, erneuer-barer Quellen, Bauen auf lokalem Wissen, Kultivierenvon angepassten Sorten und Rassen. Ein solcherWeg ist langsam, schonend und baut auf »weiche«Faktoren wie Bildung, Geschlechterdemokratie, Neu-organisation der Arbeitswelt. Mit Großprojekten, Mil-liardenkrediten und Börsenkursen lässt sich da nichtsmachen. ...

Innerhalb des Leitbildes einer nachhaltigen Entwick-lung sind die Alternativen so zahlreich und vielfältigwie der Neoliberalismus einfältig ist. Weltweit sind be-reits Tausende Projekte umgesetzt: Vom Regional-kaufhaus, dessen Waren aus einem Radius von ma-ximal 100 km kommen [bis zum] Bankgesetz, das dieVergabe von mindestens 20 Prozent der Kredite anlokale Unternehmen vorschreibt. Von Fair Trade [biszur] biologischen Landwirtschaft. Von Reparatur-netzwerken über Tauschkreise bis zur Renaissancedes Handwerks. Von Hackschnitzelheizwerken überBiogasanlagen bis zu Pflanzenkläranlagen. Von na-turmedizinischen Behandlungs- und Verhütungsme-thoden über Selbstversorger/innengärten bis hin zugiftfreien Farben, Holzschutzmitteln und Lacken. Von

44 Eine Organisation der Globalisierungskritiker: »Attac«E

E 5 Was ist Attac?

E 6 Die geheimen Spielregeln des Welthandels

Das Bündnis Attac beschreibt sich selbst:

Seit den Protesten in Genua für eine soziale und öko-logische Globalisierung ist die globalisierungskriti-sche Bewegung in aller Munde. 200.000 Menschensind für soziale und ökologische Gerechtigkeit imGlobalisierungsprozess auf die Straßen gegangen. IhrProtest richtete sich gegen die weltweit wachsendesoziale Ungleichheit, gegen eine Globalisierung, dienur an mächtigen Wirtschaftsinteressen orientiert ist.Mit mehr als 65.000 Mitgliedern in über 30 Ländernversteht sich Attac als Teil dieser globalen Bewegung.Auch in Deutschland bildet Attac ein breites gesell-schaftliches Bündnis, das von ver.di über den BUNDund Pax Christi bis zu kapitalismuskritischen Grup-pen unterstützt wird. Immer mehr Menschen unter-schiedlicher politischer und weltanschaulicher Her-kunft werden in den mittlerweile über 160 Attac-Gruppen vor Ort aktiv.

Aus der Selbstdarstellungsbroschüre von Attac Deutschland:Globalisierung ist kein Schicksal...

Nullenergiehäusern über autofreie Stadtteile bis zumÖkodorf. Von der Dorferneuerung über die Stärkungder Nahversorgung bis zu Lokale-Agenda-21-Pro-zessen. All diesen Ansätzen ist gemeinsam, dass derBezug der Menschen zu ihrem Lebensraum gestärktwird ... und dass lokales Wissen – geologisches , bo-tanisches, naturmedizinisches – eine wichtige Quel-le für unternehmerische Ideen und soziale Innovatio-nen darstellt. Die Wirtschaftsinitiative kommt vonunten, direkt aus der realen Bedürfnissituation derMenschen, und wirtschaftspolitische Entscheidun-gen fallen demokratisch – und nicht unter den »Sach-zwängen« globaler Finanzmärkte.

Aus: ATTAC (Hrsg.): Die geheimen Spielregeln des Welthan-dels. Wien (Promedia) 2003, S. 170 f.

E 7 In der Negation vereint

Die Bewegung wächst. Attac, das Netzwerk der Glo-balisierungskritiker, zählt in Deutschland mittlerweileetwa 7.700 Anhänger. Fast verzwanzigfacht hat sichdamit ihre Zahl seit dem Weltwirtschaftsgipfel in Genua im Juli 2001. Und mit der steigenden Zahl der Mitglieder wächst auch die Zahl der Meinun-gen. ...

Sprechen sich die einen während einer Podiumsdis-kussion für eine Abschaffung des InternationalenWährungsfonds (IWF) aus, wollen die anderen dieEinrichtung »reformieren und demokratisieren«. Vorallem die Stimmverteilung solle zugunsten der Ent-wicklungsländer verändert werden. Dass sich die bei-den Thesen widersprechen, scheint die Zuhörer ...nicht zu stören. Geklatscht wird für beide Argumen-te – und zwar von fast allen.

So verschieden die Forderungen von Attac im Innernsind, Einigkeit besteht unter den Anhängern über dasgemeinsame Feindbild. Global agierende Großunter-nehmen, das internationale Finanzkapital, Organisa-tionen wie die Welthandelsorganisation (WTO) undder IWF werden als Ursache für die Unterdrückungder Entwicklungsländer ausgemacht. Die Besteue-rung von Devisengeschäften, die Beseitigung vonSteueroasen und die Forderung nach einer Ent-schuldung der Entwicklungsländer stehen an derSpitze der Forderungen ... Außerdem hat sich die Or-ganisation die Gesundheitspolitik als Schwerpunkt-thema in diesem Jahr gewählt und opponiert seitdemimmer wieder gegen die Privatisierung von Kranken-häusern und zunehmenden Wettbewerb unter Kran-kenkassen. Getragen werden die Forderungen voneinem allseitigen Unbehagen über die Macht vonBanken und Großkonzernen – und von der gemein-samen Idee einer besseren Welt.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. August 2002 (Markus Brei-denich).

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Globalisierungskritiker im Bild / Handlungsmöglichkeiten 45E

E 8

»Mobilmachung für eine globale Gerechtigkeit«. Menschen demonstrieren im April 2002 in Washington gegen diewirtschaftliche Globalisierung. Äußerer Anlass der Demonstration war eine Tagung des Internationalen Währungs-fonds (IWF) und der Weltbank. Foto: dpa

E 9 Fairer Sport – faire Bälle!

Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten …Aber so einfach ist es leider nicht in der Welt derFußbälle. Es klingt fast unglaublich: Pakistan liefert80 Prozent aller für den Weltmarkt bestimmtenFußbälle. Und die meisten von ihnen werden in derpakistanischen Stadt Sialkot von etwa 25.000 Men-schen hergestellt – oft unter erbärmlichen Arbeitsbe-

dingungen und durch Kinderarbeit. Es braucht unge-fähr 690 Nadelstiche von Hand, um die 32 fünf- bzw.sechseckigen Waben aus Kunstleder zu dem wider-standsfähigen runden Ball zusammenzunähen.

Vom Handel mit dem Billiglohnland Pakistan profitie-ren vor allem die Industrienationen. Die Bezahlungvor Ort in Pakistan ist miserabel: Ein Näher ist in derLage, bei einer Arbeitszeit von neun bis zehn Stun-den täglich drei bis fünf Bälle zu fertigen. Pro Ball ver-dient er etwas mehr als 30 Cent. Das mit dieser Ar-beitsleistung erzielte Einkommen reicht nicht aus, umeine Familie ernähren zu können. Es ist deshalb keinWunder, dass in der pakistanischen Fußballproduk-tion mehr als 50 Prozent der Beschäftigten Frauensind. Nach Schätzungen internationaler Organisatio-nen sind außerdem etwa 7.000 Kinder an der Pro-duktion der Bälle beteiligt.

Der Verein »Fair Trade« und die gepa (Gesellschaftzur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt)haben 1997 das Projekt »fair gehandelte Fußbälle ausPakistan« ins Leben gerufen. Die Bestandteile sind:Höhere Löhne für Näherinnen und Näher, Schaffungvon Arbeit im Dorf, Sicherung sozialer Leistungen(Gesundheits- und Rentenversicherung), keine Kin-derarbeit. Unter Einhaltung und Überwachung derstrengen Bestimmungen werden in Sialkot in kleinen

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46 HandlungsmöglichkeitenE

E 10 Völlig unnötig – wie wir finden!

Ein Bericht aus der Bonifatiusschule Batenhorst imnordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück:

Im Winter 2001 besuchte eine Mitarbeiterin des Ver-eins »urgewald« aus Sassenberg die Bonifatiusschu-le. Sie kam mit einem besonderen Anliegen in unse-re Schule: Sie stellte uns die Initiative 2000plus vor,die sich zum Ziel gesetzt hat, 500 Schulklassen zufinden, die sich für die Benutzung von Recyclinghef-ten in der Schule stark machen. Auslöser der auchvom Umweltministerium Nordrhein-Westfalen unter-stützten Initiative ist die Tatsache, dass Altpapierhef-te zunehmend zugunsten strahlend weißer Billigpro-dukte aus den Regalen des Handels verschwinden.Nur noch 5 bis 10 Prozent aller Schulhefte werdenaus Altpapier hergestellt.

Für die Billighefte werden an vielen Orten der Weltrücksichtslos Bäume gefällt. Viele Hersteller gaukelnmit Mogelzeichen Umweltverträglichkeit ihrer Pro-dukte vor. So enthält »tropenholzfreies« Papier zumBeispiel Zellstoff, der in den Urwäldern Kanadas ausjahrhundertealten Bäumen gewonnen wird. Dort wirddie Natur und die Lebensgrundlage vieler Indianer un-wiederbringlich zerstört.

Dabei ist es so einfach, einen Beitrag zum Umwelt-schutz zu leisten. Einfach beim Einkauf darauf ach-ten, dass die Hefte ein Zeichen aufweisen, das für100 Prozent Altpapiergehalt bürgt.

Nähzentren Fußbälle genäht, die über kleinere pakis-tanische Exporteure in die Welt versandt werden. Fürjeden fair gehandelten Ball wird im Zielland dann einFair-Trade-Preisaufschlag bezahlt, der sich in vier Be-standteile gliedert:

• Ein Zuschlag zum ortsüblichen Lohn, so dass zweiNäher eine Familie gut versorgen können.

• Sozialleistungen für die Näher.• Die Errichtung von Fonds für soziale Leistungen im

Dorf.• Ein Beitrag für die soziale, technologische und lo-

gistische Entwicklung des Exporteurs.

Inzwischen kennen sie viele – die fair gehandeltenBälle aus Sialkot. Seit Beginn des Projekts wurdenmehrere Hunderttausend der Bälle in Europa ver-kauft. Sie sind leicht am grünen gepa-Logo zu er-kennen und sind z.B. in vielen Dritte-Welt-Läden er-hältlich. Und sie sind nicht teurer als normaleFußbälle. Schon ab 20 Euro ist ein fair gehandelterTrainingsball zu bekommen.Quelle: http://www.friedenspaedagogik.de/themen/fussball/wm_09.htm und http://www.fairtrade.de

E 11 Die global faire Kommune

Die Agenda 21 ist das bislang umfangreichste undwichtigste weltweite Aktionsprogramm der Schick-salsgemeinschaft »Erde«. Es wurde 1992 als Pro-gramm für das 21. Jahrhundert auf der Konferenz fürUmwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen inRio de Janeiro, dem so genannten »Erdgipfel«, von178 Staaten unterzeichnet. Die Agenda beschreibtWege, wie Zukunftsfähigkeit und Nachhaltige Ent-wicklung unter Berücksichtigung ökonomischer, öko-logischer und sozialer Ziele in den verschiedenen Be-reichen des gesellschaftlichen Lebens umgesetztwerden könnten. Den Kommunen ist dabei eine ent-scheidende Rolle bei der Umsetzung dieses Ak-tionsprogramms zugedacht.

Inzwischen sind mehr als 300 der 1.111 baden-würt-tembergischen Gemeinden dem Auftrag von Rio deJaneiro gefolgt und haben durch Gemeinderatsbe-schluss ihren Willen bekräftigt, gemeinsam mit derBevölkerung eine Lokale Agenda zu erarbeiten. ImFolgenden werden einige Beispiele aus den zahlrei-chen Initiativen dargestellt:1. Die Gemeinde Kernen im Remstal unterhält eine

Städtepartnerschaft mit Masvingo im Süden Sim-babwes. Die Partnerschaft ist kein Verwaltungsakt,sondern eine von einem Verein getragene Initiative,die aus Gemeindemitteln finanziert wird. So konn-te in Masvingo z.B. ein Stadtteil-Gesundheitszent-rum sowie eine Vorschule gebaut werden. Insge-samt haben die Gemeinde und die BürgerInnen inden letzten zehn Jahren rund 125.000 Euro für ge-meinsame Projekte in Masvingo bereitgestellt.

2. In Baden-Württemberg gibt es etwa 60 Schulpart-nerschaften mit Schulen in Entwicklungsländern.Die am häufigsten praktizierte Form der Partner-schaft ist die finanzielle bzw. materielle Unterstüt-zung. Im Rahmen des Schulnetzwerkes sind dieAnfragen aus Afrika jedoch weitaus zahlreicherund für manch eine afrikanische Schule, die gerneKontakt zu einer deutschen Schule hätte, konntebislang keine Partnerin gefunden werden.

So soll es an unserer Schule weitergehen: Die Schü-lerinnen und Schüler werden eine Befragung desHandels durchführen, ob dieser uns Altpapierhefte zufairen Preisen anbieten kann. Andernfalls wird dieSchule per Sammelbestellung umweltfreundlicheHefte kaufen und den Kindern – auf freiwilliger Basis– zum Kauf anbieten. Außerdem werden wir versu-chen, auch andere Schulen von ähnlichen Aktionenzu überzeugen, damit nicht länger Bäume für Schul-hefte gefällt werden müssen.

Nach: http://www.die-bonifatiusschule.de (Unterrichtsprojek-te).

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Handlungsmöglichkeiten 47E

3. Friedrichshafen hat seit dem Jahr 2000 einen ei-genen Stadtkaffee: den »Café Friederico«. Mit Ein-führung des nach ökologischen Kriterien ange-bauten und fair gehandelten Kaffees hat sich derUmsatz für Kaffee im Weltladen um den Faktor 4multipliziert. Auch in Freiburg gibt es einen »CaféFreinica«, in Waiblingen einen »Café Libertad« undim Ostalbkreis einen fair gehandelten Kaffee fürden Landkreis: »OK – der Ostalbkaffee«. Die Ge-meinde Rottenburg am Neckar hat beispielsweiseeinen Marktführer veröffentlicht, der über Ein-kaufsmöglichkeiten für fair gehandelte Produkte inder Stadt informiert.

4. Die Gemeinde Schramberg im Schwarzwald hat imJahr 2000 einen »Kindergipfel« veranstaltet, aufdem 550 Kinder zwischen 5 und 14 Jahren und ca.200 Erwachsene, meist EntscheidungsträgerInnen

aus Gemeinderat, Verwaltung, Schulen und Verei-nen, Zukunftsprojekte diskutierten und entwarfen.Eltern waren nicht eingeladen, denn der Gipfel soll-te schließlich eine kinderpolitische Angelegenheitund keine Theateraufführung sein! Am Ende deseintägigen Gipfels hatten alle Beteiligten konkreteProjekte entwickelt. Jedes der insgesamt 18 Pro-jekte wurde in einem Zukunftsvertrag verbindlichund förmlich von Kindern und erwachsenen Part-nerInnen unterzeichnet.

Nach: Leitfaden zur global fairen Kommune in Baden-Würt-temberg. Anregungen und Empfehlungen anhand von Bei-spielen guter Praxis, hrsg. v. Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg und dem Ministerium für Umwelt und VerkehrBaden-Württemberg, 2002 (Projektbearbeitung und Bezugs-adresse: [email protected]).

Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs, hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Neuerscheinungen

Band 30: Martin Blümcke (Hrsg): Alltagskultur in Baden-Württemberg. Stuttgart 2004.

Das Sammelwerk beschäftigt sich mit Identität und Heimatbewusstsein, mit Dialektund Umgangssprache, mit religiösen und profanen Bräuchen und Festen, mit Fast-nacht und Karneval, mit Kleidung und Tracht, mit Amateur- und Volksmusik und mitHeimatmuseen. Es belegt Baden-Württembergs kulturelle Vielfalt, die von beson-derem Interesse ist, weil es hier aufgrund der früheren Eigenstaatlichkeit der histo-rischen Landesteile ganz verschiedene Ausprägungen von Volkskultur gibt.

Band 31: Michael Eilfort (Hrsg.): Parteien in Baden-Württtem-berg. Stuttgart 2004.

Parteien sind – aller viel beschworenen Parteienverdrossen-heit zum Trotz – die wichtigsten Akteure im politischen Wil-lensbildungsprozess. Der Band bietet einen bilanzierendenRückblick auf die organisatorische, inhaltliche und perso-nelle Entwicklung der vier im Landtag von Baden-Württem-berg vertretenen Parteien. Gefragt wird dabei auch nach ihrer Standortbestimmung zwischen landespolitischer Eigenständigkeit und bundespolitischen Zusammenhängen.Erstmals werden zudem in vergleichender Perspektive dieJugendorganisationen der Parteien behandelt. Und weil Par-teien in der parlamentarischen Demokratie ohne Wählerin-nen und Wähler nicht zu denken sind, blickt der Band auchüber den parteipolitischen Rahmen hinaus und fragt nachpolitischer Kultur und Wahlverhalten in Baden-Württembergund seinen Teilregionen.

Beide Bände können zum Preis von jeweils 5.– € (zzgl. Versandkosten) schriftlich bestellt werden bei der Landeszentrale für politische Bildung (LpB), Marketing, Stafflenbergstr. 38, 70184 Stuttgart, Fax (0711) 164099-77, E-Mail: [email protected].

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48 Internetseiten zum Thema

http://www.un.orgMehrsprachige (aber nicht deutschspra-chige) Internetseite der Vereinten Natio-nen mit Informationen rund um die UNund ihre Unterorganisationen.

http://www.unctad.orgDie Handels- und Entwicklungskonferenzder Vereinten Nationen liefert u.a. inte-ressantes statistisches Material zu ein-zelnen Ländern und Themen in langenZeitreihen.

http://www.imf.orgInternetauftritt des Internationalen Wäh-rungsfonds (auch in deutscher Sprache)mit reichhaltiger Publikationsliste (z.B.Jahresberichte).

http://www.wto.orgDie Welthandelsorganisation präsentiertsich im weltweiten Netz mit aktuellen Be-richten und Projekten sowie einem Wör-terbuch zu zentralen Begriffen aus derWelt des Handels und der Wirtschaft.

http://www.worldbank.orgDie Weltbankgruppe bietet u.a. reichhal-tiges statistisches Material und detaillier-te Fakten zu einzelnen Ländern.

http://www.oecd.orgInteressantes Material mit themen- undländerspezifischem Zugang (z.B. Demo-grafie, Finanzen, Bildung etc.) der Orga-nisation für wirtschaftliche Zusammenar-beit und Entwicklung (OECD).

http://www.g8.frAlle wichtigen Informationen rund um dieG 8-Staaten und das Gipfeltreffen im Juni2003 im französischen Evian. Darüberhinaus findet sich hier auch ein Archiv zufrüheren G 8-Gipfeln.

http://www.weltsozialforum.deDas deutschsprachige Informationspor-tal zur weltweiten Sozialforum-Bewegungmit Berichten über die Weltsozialforenseit 2001.

http://www.forum-menschenrechte.deDas Forum Menschenrechte in Berlin lie-fert Informationen und Publikationen alsNetzwerk von über vierzig deutschenNGOs (Nicht-Regierungsorganisationen).

http://www.ngo.orgDie Homepage aller weltweit agierendenNGOs, die mit den Vereinten Nationen as-soziiert sind. Die Linkliste kann alphabe-tisch oder themenspezifisch durchgefors-tet werden.

http://www.uwkw.deUWKW (»Unsere Welt ist keine Ware«)bietet eine umfangreiche Linkliste vor al-lem auch zu NGOs, die in Deutschlandvertreten sind.

http://www.attac.deHomepage der globalisierungskritischenAttac-Gruppen in Deutschland.

http://www.amnesty.deDie Homepage der deutschen Sektionvon amnesty international bietet Jahres-und Länderberichte rund um das ThemaMenschenrechte.

http://www.dwhh.deInternetauftritt der Deutschen Welthun-gerhilfe mit aktuellen Projekten, z.B. zumThema globales Lernen im Unterricht undKinderarbeit.

http://www.bundestag.de/gremien/welt/glob_endSchlussbericht der Enquete-Kommission»Globalisierung der Weltwirtschaft – He-rausforderungen und Antworten« vom

Juni 2002 mit breitem Themenspektrumzu zahlreichen Facetten der Globalisie-rung.

http://www.hdm-stuttgart.de/medienso-ziologie/globalisierung/oekonomie.htmDas E-Learning-Modul der Hochschuleder Medien in Stuttgart befasst sich mitökonomischen Fragen im Zeitalter derGlobalisierung. Gut gemacht sind inter-aktive Fragen im Anschluss an das Mo-dul. Es folgt eine Auswahl zu den ThemenMedien, Kultur und Gesellschaft sowiePolitik.

http://www.globlern21.deDie Initiative Globales Lernen (GLOB-LERN21) bietet vielfältige Informationenund Material zu Themen und Problemfel-dern der Globalisierung im Unterricht.

http://www.globalisierung-online.deEine anregende Homepage rund um daskontrovers diskutierte Schlagwort Globa-lisierung mit Tipps und Veranstaltungenfür Lehrer und außerschulische Bildner.

http://www.friedenspaedagogik.deDas Institut für Friedenspädagogik Tü-bingen e.V. stellt u.a. sein Projekt »GlobalLernen« mit CD-ROM und Zeitschrift vor.Darüber hinaus finden sich hier zahlreicheMaterialien zu den Themen Globalisie-rung, Dritte Welt /Eine Welt und Interkul-turelle Bildung.

Internetseiten zum ThemaZusammengestellt von Albrecht Mangler

Redaktion Reinhold Weber. Für den Inhalt und die Aktualität der aufgelistetenSeiten ist weder der Herausgeber noch der Autor verantwortlich.

Baden-Württemberg:Eine kleine politische Landeskunde

Aktualisierte Neuauflage 2003Text und Redaktion: Reinhold Weber

Die »Kleine politische Landeskunde«, wie die110-Seiten-Broschüre vereinfachend ge-nannt wird, ist seit mehr als zehn Jahren einBegriff. Seit ihrem ersten Erscheinen 1991haben die Bürgerinnen und Bürger des Lan-des mehr als 100.000 Exemplare angefragt.Sie ist damit eine der beliebtesten Publika-tionen der Landeszentrale für politische Bil-dung und spricht ein breites Publikum an.

Nun liegt sie erneut vor – selbstverständlichauf den aktuellen Stand gebracht. Knapp und

verständlich, verlässlich, sachlich und überparteilich stellt sie Grundinformatio-nen über das Land Baden-Württemberg zur Verfügung. Zahlreiche Abbildungenillustrieren den weiten thematischen Bogen von der Geografie und Geschichte,über Verfassung und Institutionen, Parteien und Wahlen, Parlament, Regierungund Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft bis hin zu Kirchen, Medien, Kunstund Kultur. Zahlreiche Abbildungen unterstreichen die Informationen wirksam undkennzeichnen den Charakter der Broschüre: Verlockung zum Blättern, zum Le-sen und zum gezielten Nachschlagen von Informationen.

Die »Kleine politische Landeskunde« ist kostenlos und kann schriftlich bestelltwerden bei der Landeszentrale für politische Bildung (LpB), Marketing, Stafflen-bergstr. 38, 70184 Stuttgart, Fax (0711) 164099-77, E-Mail: [email protected].

Page 51: POLITIK & UNTERRICHT

PO

LITI

K&

Heft 1/2003SÜDLICHES AFRIKA

Vorwort des Herausgebers ................................................ 1Geleitwort des Ministeriumsfür Kultus, Jugend und Sport .............................................. 2Autor dieses Heftes ............................................................ 2

UnterrichtsvorschlägeEinleitung ............................................................................ 3Baustein ABilder und Realitäten .......................................................... 5Baustein BVon der Landnahme der Weißenbis zur Apartheid ................................................................ 9Baustein CProbleme und Chancen heute ........................................ 13Literaturhinweise .............................................................. 16(Alle Bausteine Wolfgang Keller)Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler .................................... 17–47AV-Medien zum Thema .................................................... 48

Heft 2/2003DIE SIEBZIGER JAHRE

Vorwort des Herausgebers ................................................ 1Geleitwort des Ministeriumsfür Kultus, Jugend und Sport ............................................ 2Autor dieses Heftes ............................................................ 2

UnterrichtsvorschlägeEinleitung ............................................................................ 3Baustein AFacetten eines Jahrzehnts ................................................ 7Baustein BNeue soziale Bewegungen – zwei Beispiele ...................... 8Baustein CDie neue Ostpolitik ............................................................ 9Baustein DDie Ära Honecker ............................................................ 11 Baustein ETerrorismus ...................................................................... 13 (Alle Bausteine: Gerhart Maier)Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler .................................... 15–48

29. Jahrgang2003

Internetseiten zum Thema (Albrecht Mangler) ............................................................ 48AV-Medien zum Thema (Hanns-Georg Helwerth) ................................................ U 3

Heft 3/2003STAUNEN, WAS DIE ZUKUNFT BRINGTBeiträge der Technik zu einer nachhaltigen Entwicklung

Vorwort des Herausgebers ................................................ 1Geleitwort des Ministeriumsfür Kultus, Jugend und Sport ............................................ 2Mitarbeit an diesem Heft .................................................... 2

UnterrichtsvorschlägeEinleitung(Horst Neumann) ................................................................ 3Begriffe für das 21. Jahrhundert ........................................ 7Baustein AZukunft und Technik(Horst Neumann) ................................................................ 8Baustein BProduktion(Wolfgang Schütze) ............................................................ 9Baustein CMobilität(Horst Neumann) .............................................................. 12Baustein DBauen und Wohnen(Horst Neumann) .............................................................. 14 Baustein EBiotechnologie(Wolfgang Schütze) .......................................................... 16Literaturhinweise(Horst Neumann) .............................................................. 18Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler .................................... 19–48Der Schülerwettbewerb des Landtags .......................... U 3

Heft 4/2003GLOBALISIERUNGAspekte einer Welt ohne Grenzen

Vorwort des Herausgebers ................................................ 1Geleitwort des Ministeriumsfür Kultus, Jugend und Sport ............................................ 2Autor dieses Heftes ............................................................ 2

UnterrichtsvorschlägeEinleitung .......................................................................... 3Baustein AGlobalisierung: Aspekte und Dimensionen ...................... 8Baustein BKulturelle Globalisierung .................................................. 9Baustein CWeltweites Regieren: Institutionen und Akteure ................................................ 10Baustein DDie Globalisierung der Wirtschaft .................................... 12 Baustein EGlobalisierung in der Kritik:Konzepte und Perspektiven ............................................ 15Literaturhinweise (Dagmar Meyer) .................................... 18(Alle Bausteine Reinhold Weber)Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler .................................... 19–47Internetseiten zum Thema(Albrecht Mangler) .......................................................... 48

UN

TER

RIC

HT

Page 52: POLITIK & UNTERRICHT

NECKAR-VERLAG GmbH · 78008 VILLINGEN-SCHWENNINGEN

Anschriften

Hauptsitz in Stuttgart s. links

* 70178 Stuttgart, Paulinenstraße 44–46, Fax 0711/164099-55

Abteilung/Tagungsstätte Haus auf der Alb, Hanner Steige 1, 72574 Bad Urach, Tel. 07125/152-0, Fax -100

Außenstelle Freiburg, Friedrichring 29, 79098 Freiburg, Tel. 0761/20773-0, Fax -99

Außenstelle Heidelberg, Plöck 22, 69117 Heidelberg, Tel. 06221/6078-0, Fax -22

Außenstelle Stuttgart, Paulinenstraße 44–46, 70178 Stuttgart, Tel. 0711/164099-51, Fax -55

Außenstelle Tübingen, Herrenberger Straße 36, 72070 Tübingen, Tel. 07071/200-2996, Fax -2993

LpB-Shops/Publikationsausgaben

Bad Urach Tagungsstätte Haus auf der Alb, Hanner Steige 1, (Tel. 07125/152-0)Montag bis Freitag 8–16.30 UhrFreiburg Friedrichring 29(Martina Plajer, Tel. 0761/20773-10)Dienstag und Donnerstag 9–15 UhrHeidelberg Plöck 22(Maria Melnik, Tel. 06221/6078-11)Dienstag 9–15 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 13–17 UhrStuttgart Stafflenbergstr. 38(Ulrike Weber, Tel. 0711/164099-66)Montag und Donnerstag 9–12, 14–17 Uhr, Dienstag 9–12 UhrTübingen Herrenberger Straße 36 (Claudia Häbich/Sonja Danner, Tel. 07071/2002996)Mittwoch und Donnerstag 9.15–11.45 Uhr, Dienstag 9.15–15 Uhr

Nachfragen

Publikationen (außer Zeitschriften) Ulrike Weber, Telefon 0711/[email protected]

Der Bürger im StaatBarbara Bollinger, Telefon 0711/164099-21 [email protected]

Deutschland & Europa und Politik & UnterrichtSylvia Rösch, Telefon 0711/[email protected]

Bestellungenbitte schriftlich an die zuständigen Sachbearbeiterinnen (s.o.): Stafflenbergstr. 38, 70184 Stuttgart, Fax 0711/164099-77,E-Mail: [email protected] Webshop: www.lpb.bwue.de

Thema des nächsten Heftes:

Die Erweiterung der EU /Europawahlen

Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart Telefax 0711/16 40 [email protected]://www.lpb.bwue.de

Telefon Stuttgart: 0711/16 40 99-0

DurchwahlnummernDirektor: Dr. h. c. Siegfried Schiele ........................................ -60Referentin des Direktors: Dr. Jeannette Behringer .................... -62Controlling: Gudrun Gebauer ................................................ -11Frauenvertreterin: Gordana Schumann .............. 07125/152-121

1 Querschnittsabteilung Zentraler Service11 Grundsatzfragen: Günter Georgi (Abteilungsleiter) ........ -1012 Haushalt und Organisation: Jörg Harms ...................... -1213 Personal: Ulrike Hess ................................................ -1314 Information und Kommunikation: Wolfgang Herterich .... -14

2 Querschnittsabteilung Marketing21 Marketing: Werner Fichter (Abteilungsleiter) ................ -6322 Öffentlichkeitsarbeit: Joachim Lauk .............................. -64

3 Abteilung Demokratisches Engagement31* Geschichte und Verantwortung:

Konrad Pflug (Abteilungsleiter) .................................... -3132 Frauen und Politik: Christine Herfel ... -32, Beate Dörr.... -7533* Freiwilliges Ökologisches Jahr: Steffen Vogel ................ -3534 Jugend und Politik: Wolfgang Berger .......................... -2235* Schülerwettbewerb des Landtags: Monika Greiner ........ -26

4 Abteilung Medien41 Neue Medien: Karl-Ulrich Templ (stv. Dir., Abt.leiter) .... -2042 Redaktionen Der Bürger im Staat/Didaktische Reihe:

Siegfried Frech .......................................................... -4443 Redaktion Deutschland und Europa:

Dr. Walter-Siegfried Kircher ........................................ -4344 Redaktion Politik und Unterricht/Landeskundliche Reihe:

Dr. des. Reinhold Weber ............................................ -42

5 Abteilung Regionale Arbeit51 Außenstelle Freiburg:

Dr. Michael Wehner, Tel. 0761/207737752 Außenstelle Heidelberg:

Dr. Ernst Lüdemann (Abteilungsleiter), Tel. 06221/6078-1453* Außenstelle Stuttgart:

Dr. Iris Häuser, Tel. 0711/164099-52, Peter Trummer -5054 Außenstelle Tübingen:

Rolf Müller, Tel. 07071/2002996

6 Abteilung Haus auf der Alb Tel. 07125/152-061 Natur und Kultur: Dr. Markus Hug (Abteilungsleiter) .... -14662 Zukunft und Bildung: Robert Feil ................................ -139 63 Europa – Einheit und Vielfalt: Dr. Karlheinz Dürr ........ -147 64 Frieden und Entwicklung: Wolfgang Hesse ................ -14066 Modernisierung in Staat und Wirtschaft:

Eugen Baacke ........................................................ -136 67 Bibliothek/Mediothek: Gordana Schumann ............ .... -12168 Hausmanagement: Erika Höhne ................................ -109