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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Polymere Dimethyl- und Diphenylglyoximatokomplexe des Cobalts und Eisens mit Pyrazin als Brückenligand. Die Kristallstruktur des Bis(dimethylglyoximato)pyrazin-cobalt(II) + Polymeric Dimethyl- and Diphenylglyoximato Complexes of Cobalt and Iron with Pyrazine as a Bridging Ligand. The Crystal Structure of Bis(dimethylglyoximato)pyrazine Cobalt(II)+ Frank Kübel und Joachim Strähle* Institut für Anorganische Chemie der Universität Tübingen, Auf der Morgenstelle 18, D-7400 Tübingen Z. Naturforsch. 36b, 441-446 (1981); eingegangen am 16. Januar 1981 Iron and Cobalt Glyoximato Pyrazine Complexes, Synthesis, Crystal Structure Polymeric bis(dimethyl- and diphenylglyoximato)-complexes of Fe(II) and Co(II) with pyrazine as a bridging ligand have been synthesized. The Co(II) complexes are para- magnetic with n = 1.83 B.M., and surprisingly stable against oxidation. Bis (dimethyl- glyoximato )pyrazine-cobalt (II) crystallizes monoclinic in the space group C2/m with Z = 2. The crystal structure shows linear chains of alternating Co atoms and pyrazine ligands. Perpendicular to the chain, the Co atoms are coordinated in a square planar arrangement by two dimethylglyoximato ligands ( C o - N = 189 pm), the local symmetry being C2h- The long Co-pyrazine distance of 224 pm is in agreement with the fact that the compound is a 19 electron complex. The Co complexes do not have conducting properties. The Fe(II) complexes possess the same structure but with stronger bonds in the chain. They show very low conductivity of approximately 10 -10 cm -1 Q~ l . The Mössbauer spectra of the Fe-complexes are reported. Einleitung In einer vorausgehenden Arbeit [2] stellten wir einen neuen Typ eindimensionaler, elektrischer Leiter vor, bei dem quadratisch-planar koordinierte Metallatome über geeignete, frans-ständige Brücken- liganden zu linearen, metallorganischen Polymeren verknüpft sind. Wie EHMO-Berechnungen [3] zei- gen, resultiert die Leitfähigkeit der Komplexe aus einem linear ausgedehnten .-r-System längs der Polymerenkette. Wir haben nun Bis(dimethylglyoximato)- und Bis(diphenylglyoximato)-Komplexe des zweiwerti- gen Eisens und Cobalts dargestellt und mit Pyrazin oder 4.4'-Bipyridyl zu eindimensionalen Polymeren verknüpft. Diese polymeren Komplexe sind Bei- spiele für den vorgeschlagenen neuen Typ eindimen- sionaler Leiter. Sie bieten zudem die Möglichkeit, die Elektronenzahl des Zentralatoms durch Oxida- tion zu variieren und damit auch die Eigenschaften als Leiter zu verändern. + 9. Mitteilung über: Synthese und Eigenschaften neu- artiger eindimensionaler Leiter. 8. Mitt. siehe [1]. * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. Joachim Strähle. 0340-5087/81/0400-0441/$ 01.00/0 Einen ähnlichen, polymeren Komplex des Eisens mit Phthalocyanin als quadratisch planares Ligan- densystem erhielten kürzlich Schneider und Hanack [4]. Er zeigt Leitfähigkeiten im Bereich der Halb- leiter von 2 10~ 5 Q~ l cm -1 . Im folgenden berichten wir zunächst über die Synthese und Eigenschaften der Komplexe mit Pyrazin als Brückenligand. Ihre Struktur wurde im Falle des Bis(dimethylglyoximato)-pyrazincobalt- (II) durch eine Kristallstrukturanalyse eindeutig geklärt. Darstellung und Eigenschaften der polymeren Komplexe [M(dmgH)2pyz]ao und [MCdpgH^pyz]* (M = Fe (II), Co(II); dmgH2 = Dimethylglyoxim, dpgH2 = Diphenylglyoxim; pyz = Pyrazin) Bei Vereinigung stöchiometrischer Mengen an Metall(II)-sulfat und Dimethylglyoxim in ammo- niakalischer, wäßriger Lösung bilden sich die lös- lichen, monomeren Diamminkomplexe M(dmgH)2(NH3)2, die bereits in der Literatur be- schrieben wurden [5]. Im Falle der Darstellung der analogen Diphenylglyoximato-Komplexe muß zur Beschleunigung der Reaktion auf 90 °C erhitzt werden. Um eine Oxidation der freien Eisenionen

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Polymere Dimethyl- und Diphenylglyoximatokomplexe des Cobalts und Eisens mit Pyrazin als Brückenligand. Die Kristallstruktur des Bis(dimethylglyoximato)pyrazin-cobalt(II)+

Polymeric Dimethyl- and Diphenylglyoximato Complexes of Cobalt and Iron with Pyrazine as a Bridging Ligand. The Crystal Structure of Bis(dimethylglyoximato)pyrazine Cobalt(II)+

Frank Kübel und Joachim Strähle* Institut für Anorganische Chemie der Universität Tübingen, Auf der Morgenstelle 18, D-7400 Tübingen Z. Naturforsch. 36b, 441-446 (1981); eingegangen am 16. Januar 1981

Iron and Cobalt Glyoximato Pyrazine Complexes, Synthesis, Crystal Structure

Polymeric bis(dimethyl- and diphenylglyoximato)-complexes of Fe(II) and Co(II) with pyrazine as a bridging ligand have been synthesized. The Co(II) complexes are para-magnetic with n = 1.83 B.M., and surprisingly stable against oxidation. Bis (dimethyl-glyoximato )pyrazine-cobalt (II) crystallizes monoclinic in the space group C2/m with Z = 2. The crystal structure shows linear chains of alternating Co atoms and pyrazine ligands. Perpendicular to the chain, the Co atoms are coordinated in a square planar arrangement by two dimethylglyoximato ligands (Co -N= 189 pm), the local symmetry being C2h- The long Co-pyrazine distance of 224 pm is in agreement with the fact that the compound is a 19 electron complex. The Co complexes do not have conducting properties. The Fe(II) complexes possess the same structure but with stronger bonds in the chain. They show very low conductivity of approximately 10 -10 cm -1 Q~l. The Mössbauer spectra of the Fe-complexes are reported.

Einleitung

In einer vorausgehenden Arbeit [2] stellten wir einen neuen Typ eindimensionaler, elektrischer Leiter vor, bei dem quadratisch-planar koordinierte Metallatome über geeignete, frans-ständige Brücken-liganden zu linearen, metallorganischen Polymeren verknüpft sind. Wie EHMO-Berechnungen [3] zei-gen, resultiert die Leitfähigkeit der Komplexe aus einem linear ausgedehnten .-r-System längs der Polymerenkette.

Wir haben nun Bis(dimethylglyoximato)- und Bis(diphenylglyoximato)-Komplexe des zweiwerti-gen Eisens und Cobalts dargestellt und mit Pyrazin oder 4.4'-Bipyridyl zu eindimensionalen Polymeren verknüpft. Diese polymeren Komplexe sind Bei-spiele für den vorgeschlagenen neuen Typ eindimen-sionaler Leiter. Sie bieten zudem die Möglichkeit, die Elektronenzahl des Zentralatoms durch Oxida-tion zu variieren und damit auch die Eigenschaften als Leiter zu verändern.

+ 9. Mitteilung über: Synthese und Eigenschaften neu-artiger eindimensionaler Leiter. 8. Mitt. siehe [1].

* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. Joachim Strähle.

0340-5087/81/0400-0441/$ 01.00/0

Einen ähnlichen, polymeren Komplex des Eisens mit Phthalocyanin als quadratisch planares Ligan-densystem erhielten kürzlich Schneider und Hanack [4]. Er zeigt Leitfähigkeiten im Bereich der Halb-leiter von 2 • 10~5 Q~l cm-1.

Im folgenden berichten wir zunächst über die Synthese und Eigenschaften der Komplexe mit Pyrazin als Brückenligand. Ihre Struktur wurde im Falle des Bis(dimethylglyoximato)-pyrazincobalt-(II) durch eine Kristallstrukturanalyse eindeutig geklärt.

Darstellung und Eigenschaften der polymeren Komplexe [M(dmgH)2pyz]ao und [MCdpgH^pyz]* (M = Fe(II), Co(II); dmgH2 = Dimethylglyoxim, dpgH2 = Diphenylglyoxim; pyz = Pyrazin)

Bei Vereinigung stöchiometrischer Mengen an Metall(II)-sulfat und Dimethylglyoxim in ammo-niakalischer, wäßriger Lösung bilden sich die lös-lichen, monomeren Diamminkomplexe M(dmgH)2(NH3)2, die bereits in der Literatur be-schrieben wurden [5]. Im Falle der Darstellung der analogen Diphenylglyoximato-Komplexe muß zur Beschleunigung der Reaktion auf 90 °C erhitzt werden. Um eine Oxidation der freien Eisenionen

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zu verhindern, wird die Darstellung der Eisen-komplexe unter Stickstoff als Schutzgasatmosphäre durchgeführt. Außerdem verhindert man mit Wein-säure eine Hydroxidfällung.

Bei Zugabe der berechneten Menge Pyrazin wer-den die Amminliganden rasch substituiert und die polymeren Komplexe [M(dpgH)2pyz] ausgefällt. Die Eisenverbindungen sind völlig unlöslich und fallen als amorphes Pulver an. Die Kobaltkomplexe hingegen zeigen geringe Löslichkeit in der Reak-tionslösung und vor allem in einem Wasser-Ethanol-Gemisch. Sie werden als kristalline Substanz er-halten.

Größere Einkristalle, die für röntgenographische Untersuchungen geeignet sind, gewinnt man, wenn die Lösung des Diamminkomplexes durch eine Membran von der Pyrazinlösung getrennt wird, so daß beide Komponenten erst nach Diffusion lang-sam miteinander reagieren können. Im Fall des [Co(dmgh)2pyz]00 bilden sich dabei lange, dunkel-braun glänzende Nadeln, die beim Verreiben eine grüne Farbe annehmen.

Setzt man [Fe(dmgH)2(NH3)2] mit überschüssi-gem Pyridin anstelle von Pyrazin um, so entsteht der bereits bekannte [6] monomere Bispyridin-Komplex [Fe(dmgH)2(py)2]. Er kann als Ausgangs-verbindung zur Synthese des monomeren Bis-pyrazinkomplexes [Fe(dmgH)2(pyz)2] eingesetzt werden. Hierzu löst man den Pyridinkomplex bei 60 °C in flüssigem Pyrazin. Das luftstabile, gelbe [Fe(dmgH)2(pyz)2] ist im Unterschied zum dunkel-violetten, unlöslichen, polymeren [Fe(dmgH)2pyz]00 gut löslich in CH2C12. Beim Erhitzen in a-Chlor-naphthalin geht der monomere Komplex unter Ab-gabe von Pyrazin in die polymere Verbindung über.

Die dargestellten, polymeren Komplexe des Eisens und des Kobalts sind völlig luftstabil und werden auch von Wasser nicht zersetzt. Diese Tatsache überrascht im Falle der Kobaltkomplexe, da das zweiwertige Kobalt in Anwesenheit von Komplex-liganden wie NH3 oder CN- leicht durch Sauerstoff oxidiert wird und so eine stabile Edelgaskonfigura-tion erreicht. Überraschend ist außerdem, daß die Kobaltkomplexe thermisch stabiler sind als die Eisenkomplexe. Wie thermoanalytische Unter-suchungen zeigen, zeisetzt sich [Fe(dmgH)2pyz] bei 166 °C und [Fe(dpgH)2pyz]w bei 210 °C, während die Zersetzung von [Co(dmgH)2pyz]00 erst bei 246 °C beginnt. In allen Fällen wird die Zersetzung durch Abgabe von Pyrazin eingeleitet. Auch im Massen-

spektrum der Verbindungen kommt dieser Sach-verhalt zum Ausdruck. Neben dem intensiven Massenpeak des Pyrazins findet man das Abbau-muster der Metallglyoxim-Einheiten.

In den polymeren Verbindungen verfügt das Ko-balt aufgrund der Komplexbildung formal über 19 Elektronen. Demgemäß ergibt eine Messung der magnetischen Eigenschaften paramagnetisches Ver-halten entsprechend einem ungepaarten Elektron. [Co(dmgH)2pyz]» weist bei 20 °C ein magnetisches Moment von /ueit— 1,85 B.M. auf. Im Bereich von 90 bis 270 K folgt die Temperaturabhängigkeit der Suszeptibilität dem Curieschen Gesetz. Oberhalb 270 K kann das magnetische Verhalten mit dem Curie-Weißschen Gesetz beschrieben werden. Die Weißsche Konstante beträgt 6 = —110 K.

Die Komplexe des zweiwertigen Eisens sind er-wartungsgemäß diamagnetisch, da das Eisen Edel-gaskonfiguration besitzt und somit nur gepaarte Elektronen vorliegen.

Im Gegensatz zur Erwartung [3] weisen die Kobalt-Komplexe keine Leitfähigkeit auf. Diese Tatsache erklärt sich durch die nur sehr schwache Bindung der Kobaltatome zu den Pyrazinliganden, wie durch die Kristallstrukturanalyse belegt wird. Dadurch wird die Ausbildung einer durchgehenden Konjugation längs der Polymerenachse verhindert. Diese ist jedoch Voraussetzung für die Leitfähig-keit [3].

Die Eisenkomplexe besitzen Leitfähigkeits-werte im unteren Bereich der Halbleiter von 7 • 10-10 cm-1 i2-1 für [Fe(dpgH)2pyz]x und 4 • lO-9 cm-1 Q-1 für [Fe(dmgH)2pyz]w. Vorver-suche zeigen, daß die Leitfähigkeit noch verbessert wird, wenn die Komplexe mit I2 oder Br2 oxidiert werden.

Im Fall der Eisenkomplexe ist eine festere Bin-dung zu den axialen Liganden zu erwarten. Das zweiwertige Eisen erreicht durch die Komplex-bildung Edelgaskonfiguration. Bei den Kobalt-atomen hingegen, die ein überzähliges Elektron be-sitzen, kommt es zur beobachteten Bindungslocke-rung.

In Übereinstimmung damit verschiebt sich die Lage der charakteristischen Deforrnationsschwin-gung y(CH) ("out of plane") des Pyrazinliganden, die als Maß für die Stärke der Metall-Pyrazin-Bindung angesehen wird [7], von 790 cm-1 im freien Liganden über 825 cm-1 beim [Co(dmgH)2pyz]00 nach 850 cm-1 beim [Fe(dmgH)2pyz]0C.

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Tab. I. Mößbauer-Parameter von Eisen(II)dioximkomplexen.

Verbindung Quadrupolaufspaltung Isomerieverschiebung Temperatur

bezogen auf 57Fe [mm/s] [mm/s] [K]

Literatur

[Fe(dmgH)2pyz]00

[Fe(dpgH)2pyz]00

[Fe(dmgH)2(py)2] [Fe(dpgH)2(py)2]

1,81 1,92 1,73 1,94

0,28 0,33 0,26 0,22

100 100

100 100

diese Arbeit diese Arbeit [9] [9]

Eine weitere charakteristische Frequenz des Schwingungsspektrums ist die O-H-Valenzschwin-gung der Wasserstoff brücke im Glyoximato-ligandensystem, die in allen Komplexen bei 2300 cm"1 als mittelstarke, bereite Absorption auf-tritt. Sie spricht, ebenso wie das Ergebnis der Kristallstrukturanalyse, für eine starke Wasser-stoffbrückenbindung. Im Vergleich dazu liegt die Valenzschwingung der symmetrischen Wasserstoff-brücke im Ni(dmgH)2 bei 2350 cm-1 [8].

Zur weiteren Charakterisierung der polymeren Eisenkomplexe wurden Mößbauerspektren regi-striert. Sie ergaben gute Übereinstimmung mit den bekannten Spektren der analogen, monomeren Bis-pyridin-Komplexe [9] (s. Tab. I).

Der kleine Wert der Isomerieverschiebung spricht eindeutig für den low-spin-Charakter der unter-suchten Verbindungen, der auch aus dem gefunde-nen Diamagnetismus hervorgeht. Kleine Werte der Isomerieverschiebung deuten außerdem auf eine verminderte Elektronendichte in den 3d-Orbitalen hin [9], die durch yr-Rückbindungen dieser Orbitale zu den Liganden hervorgerufen werden kann. Die relative Größe dieser Werte zeigt jedoch, daß die Rückbindung bei den polymeren Komplexen ge-ringer ist als bei den monomeren Bis-pyridin-Verbindungen.

Die Quadrupolaufspaltung liefert Informatio-nen über die Inhomogenität des den Eisenkern umgebenden Ligandenfeldes; so erkennt man z.B. ob eine eis- oder trans-Verbindung vorliegt. Bei <raws-Komplexen ist die Quadrupolaufspal-tung jeweils deutlich größer. Im eis- und trans-FeCl2(p-CH3OC6H4NC)4 liegen die Werte beispiels-weise bei 0,83 bzw. 1,59 mm/s [10]. Die beobachte-ten Werte (Tab. I) belegen die erwartete trans-Konfiguration der synthetisierten, polymeren Kom-plexe.

Kristalldaten und Strukturbestimmung von [Co(dmgH)2pyz]oo

[Co(dmgH)2pyz] a, kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m. Eine Abschätzung des Volumen-bedarfs einer Formeleinheit zeigt, daß die Ele-mentarzelle zwei monomere Einheiten enthält. Die genauen Gitterkonstanten wurden anhand von 25 genau vermessenen Reflexen hoher Beugungswinkel auf dem Einkristalldiffraktometer [11] bestimmt (Tab. II).

Tab. II. Kristalldaten von [Co(dmgH)2pyz]ao.

Raumgruppe C2/c a = 1405,9 ± 0,2 pm, b = 728,0 ± 0,2 pm, c = 913,1 ± 0,3 pm, ß = 125,80 ± 0,03°, z — 2 V = 757^98 • 10® pm3, Qx = 2,09 g/cm3.

Zur Intensitätsmessung diente ein nadeiförmiger Kristall mit den ungefähren Abmessungen 0,02 x 0,02x1,6 mm3. Er wurde auf dem Einkristall-diffraktometer mit monochromatischer CuK«-Strahlung im Beugungswinkelbereich von 0 = 3 bis 60° vermessen. Nach der Mittelung über die sym-metrieäquivalenten Teile des reziproken Gitters ver-blieben 597 Reflexintensitäten mit I > 3<r(I).

Da die Elementarzelle nur zwei Formeleinheiten enthält und das Co-Atom somit eine spezielle Lage besetzt, konnte das Strukturmodell auf einfache Weise aus einer Patterson-Synthese [12] abgeleitet werden. Das Strukturmodell wurde mit anisotropen Temperaturparametern bis zu einem Gütefaktor von R = 0,064 verfeinert [12]. Die Lage aller Ii-Atome ergab sich nun aus einer Differenzfourier-synthese. Ihre Berücksichtigung mit festem Tem-peraturfaktor B = 5,5 • 104 pm2 verbesserte den

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Gütefaktor auf den endgültigen Wert von B = 0,052. Die Ortskoordinaten und isotropen Temperatur-parameter sind in Tab. III angegeben.

Tab. III. Orts- und Temperaturparameter der Atome im [Co(dmgH)2pyz]00.

Atom X y z B [104 - pm2]

Co 0,0 0,0 0,0 1,7(1) N 1 0,0 0,308(1) 0,0 2,0(3) N 2 0,1644(5) 0,0 0,1216(9) 2,3(3) N 3 0,0438(5) 0,0 0,2387(8) 2,3(3) Cl 0,2270(7) 0,0 0,2975(12) 2,5(3) C2 0,1559(7) 0,0 0,3669(11) 2,4(3) C l l 0,3585(8) 0,0 0,4168(14) 4,2(5) C 12 0,2058(10) 0,0 0,5643(13) 4,2(5) 0 2 --0,0338(5) 0,0 0,2807(8) 3,8(3) O l 0,2163(5) 0,0 0,0382(8) 3,3(3) C3 0,0664(5) 0,4033(8) -0,0327(7) 2,5(3) H l 0,129 0,0 -0,147 5,5 H 2 0,386 -0,111 0,375 5,5 H 3 0,402 0,0 0,558 5,5 H 4 0,134 0,0 0,574 5,5 H 5 0,250 0,121 0,631 5,5 H 6 0,095 0,304 -0,083 5,5

Diskussion der Struktur von [Co(dmgH)2pyz]aj

Erwartungsgemäß zeigt die Kristallstruktur ana-lyse von Bis(dimethylglyoximato)-pyrazin-cobalt-(II), daß die planarenGlyoximato-Kobalt-Einheiten über axial gebundene Pyrazinmoleküle zu linearen Polymeren verknüpft sind (Abb. 1). Die exakt lineare Polymerenachse ist längs [010] ausgerichtet, wobei der Abstand zwischen zwei Co-Atomen der Gitterkonstanten b entspricht. Die Co-Atome und die Schwerpunkte der Pyrazinliganden besetzen die Zentren 2/m. Dadurch ergibt sich für die Polymeren-kette die Symmetrie C2h. Es ist jedoch auch die höhere Symmetrie D2h recht gut erfüllt. Die Pyrazin-

liganden der Polymerenkette liegen alle in einer Ebene, die genau senkrecht zur Ebene des Glyoxi-matosystems angeordnet ist und letzteres nahezu im Zentrum der H-Brücken schneidet.

Aufgrund der Flächenzentrierung in der Raum-gruppe C2/m sind die parallelen Polymerenketten so ineinander verzahnt, daß die Glyoximatoebenen einer Kette genau auf die Zentren der Pyrazin-liganden der benachbarten Ketten hinweisen.

Die Kobaltatome sind verzerrt oktaedrisch von sechs Stickstoffatomen koordiniert. Die axialen Abstände zu den Pyrazinliganden sind mit 224 pm deutlich länger als die Abstände in der Glyoximato-ebene, die 189 pm betragen (Tab. IV). Außerdem

Tab. IV. Abstände und Winkel im [Co(dmgH)2pyz]00. Standardabweichungen in Klam-mern.

Abstände [pm]

Co-Nl Co-N2 Co-N3 N2-C1 N3-C2 N2-01 N 3 - 0 2 C 1-C 2 C 1-C 11 C2-C12 O 1 - 0 2 ' Ol-Hl O 2 ' -H 1 C11-H2 C11-H3 C12 -H4 C 1 2 - H 5 N 1-C 3 C3-C3" C3-H6

224,2(7) 189,0(6) 188,7(6) 130,4(11) 130,1(10) 132,7(8) 135,2(8) 146,5(12) 149,9(12) 150,4(12) 251,4(8) 139(2) 117(2) 106(2) 106(2) 106(2) 104(2) 132,9(7) 140,8(12) 105(2)

Winkel [°]

N 2-Co-N 3 Co-N 2-C1 Co-N 3-C 2 N2-C 1-C 2 N3-C2-C 1 01-H1-02' Co-N 1-C 3 C 3 -N 1-C 3' N 1-C 3-C 3" H1-0 1-N2

82,0(3) 115,3(5) 116,4(6) 113,1(7) 112,6(7) 175(2) 121,5(4) 117,1(7) 121,5(7) 108(2)

Abb. 1. Darstellung eines Ausschnitts aus einer Polymerenkette von [Co(dmgH)2pyz]ao.

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weicht der Winkel N2-Co-N3 mit 82° merklich vom idealen Wert für oktaedrische Koordination ab.

Die Co-N-Abstände im Kobalt-Glyoximato-System sind geringfügig kürzer als der Erwartungs-wert für eine kovalente Einfachbindung (190 pm nach Pauling [13]) und machen eine schwache ^-Rückbindung der Co-Orbitale dxz und &yz zu den Glyoximatoliganden denkbar. Unter dieser An-nahme ist jedoch eine entsprechende Rückbindung zu den axialen Pyrazinliganden ausgeschlossen, da ihre n-Orbitale keine geeignete Orientierung zu den d-Orbitalen aufweisen. Der sehr lange Abstand Co-N 1 = 224 pm macht aber eine n-Überlappung ohnehin unwahrscheinlich. Er deutet vielmehr auf eine nur sehr schwache c-Donorbindung hin. Diese ist noch deutlich schwächer als im ähnlich gebauten £raw.s-Bis(2.4-pentandionato)dipyridincobalt(II). Hier beträgt der Abstand zu den axialen Pyridin-molekülen 218,7 pm [14]. Allerdings sind in dieser Verbindung dafür die äquitorialen Abstände länger als im von uns untersuchten Fall. Die nur schwache Bindung zum Pyrazin ist sicherlich auch eine Folge der Tatsache, daß das Co-Atom aufgrund der Komplexbildung eine über die Edelgaskonfiguration hinausgehende Zahl von 19 Elektronen erlangt. Das überzählige Elektron befindet sich offensichtlich in einem antibindenden Orbital, das insbesondere die axialen Co-N-Bindungen schwächt.

Im Glyoximatoliganden haben die C-N-Bindun-gen C1-N2 und C2-N3 Doppelbindungscharakter. Der Abstand ist mit 130 pm sehr nahe beim theore-tischen Wert (129 pm [13]). Der Abstand Cl -C2 = 147 pm deutet auf einen geringen Mehrfachbindungs-anteil hin. Er ist kürzer als die reinen Einfach-bindungen zu den Methylgruppen (150 pm, Tab. IV) und beweist eine teilweise Mesomerie im Chelatring Co-N2-C 1-C2-N3, in die auch die N-O-Bindungen einbezogen sind. Sie weisen ebenfalls eine Verkür-zung gegenüber einer Einfachbindung auf.

Obwohl die Lokalisierung der H-Atome mit Un-sicherheit behaftet ist, spricht die Verfeinerung ihrer Position für eine unsymmetrische Wasserstoff-brückenbindung mit O-H-Abständen von 117 und 139 pm. Dieses Ergebnis wird durch die unter-schiedliche Länge der zugehörigen N-O-Abstände (132,7 und 135,2 pm) gestützt. Dennoch handelt es sich um eine sehr starke Wasserstoffbrückenbin-dung, wie aus dem kurzen O-O-Abstand von 251 pm

und der Lage der O-H-Valenzschwingung hervor-geht. Im Ni(dmgH)2, bei dem eine symmetrische H-Brücke angenommen wird, ist der O-O-Abstand der Brücke mit 244 pm deutlich kürzer [15].

Die Abstände im Pyrazinliganden sind gegenüber den Werten im freien Molekül (C-N = 131,4; C-C = 135,8 pm [16]) signifikant verlängert. Mög-licherweise ist diese Beobachtung ein Hinweis darauf, daß sich das überzählige Elektron des Co-Atoms auch in einem antibindenden Orbital des Pyrazins befinden könnte. Die Stabilität der Ver-bindung gegen Oxidation würde dadurch eher ver-ständlich.

Experimenteller Teil

Darstellung der Verbindung [M(dmgH)2pyz],» und [M(dpgH)2pyz]oo (M = Co, Fe). Zur Darstellung der Eisenverbindungen wird unter sauerstofffreier Stickstoffatmosphäre gearbeitet; die Lösungsmittel werden mit dem Schutzgas gesättigt.

Jeweils 0,1 mol des entsprechenden Metall(II)-sulfats werden in einer Mischung aus 50 ml H2O und 50 ml Ethanol gelöst, mit Weinsäure komple-xiert und mit NH3 bis zur alkalischen Reaktion ver-setzt. Man fügt nun 0,2 mol Glyoxim hinzu und erhitzt im Fall von Diphenylglyoxim auf 90 °C. Die so entstandene Lösung wird mit 0,1 mol Pyrazin versetzt und über Nacht gerührt. Anschließend wird das schwerlösliche Produkt abfiltriert, gewa-schen und getrocknet.

Analysen [Co(dmgH)2pyz]a0

Ber. C 39,02 N 22,76 Gef. C 39,22 N 22,62

H 4,88, H 4,99.

[Co(dpgH)2pyz]00

Ber. C 62,24 Gef. C 61,87

[Fe(dmgH)2pyz]Q0 Ber. C 39,34 Gef. C 38,54

[Fe(dpgH)2pyz]00 Ber. C 62,54 Gef. C 62,22

N 13,61 N 13.37

N 22,35 N 22,36

N 13,68 N 14,54

H 4,21, H 4,18.

H 4,92, H 5,06.

H 4,23, H 4,30.

Wir danken der Stiftung Volkswagenwerk und dem Verband der Chemischen Industrie für die Unterstützung dieser Arbeit. Herrn Dr. Horst Günther danken wir für die Hilfe bei der Registrie-rung der Mößbauer-Spektren.

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