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Aus der Parasitologischen Station. Hiddensee (Auflenstelle des Patrasitologischen Instituts der .Universitat Leipzig) Lciter: Prof. Dr. Wd. Eichler') Pompilidenstudien auf Hiddensee Von WOLFDIETRICH EICHLEK Eingegangen am 23. April 1952 Die Entomofauna von Hiddensee ist bestimmt durch die sparlich be- wachsenen sandigen Diinen der Kuste mit im Sommer recht hohen Tempera- turen. Am Schwedenufer, dem sudlichen Steilufer ostlich von Kloster, mafl LEICK nach mundlicher Mitteilung im Sande Bodentemperaturen bis zu 69' C. Unter den Hymenopteren sind vor allem die Pompiliden in grofler Individuen- zahl vertreten u'nd begegnen einem auf Schritt ,uad Tritt, teils beim Absuchen des Gelandes nach Spinnen, teils beim Eintragen derselben in ihre BruthGhlen. Auf der Siidspitze der Sandsbank von Alt-Bessin, die von EICHLER 1953 naher charakterissiert wird, hatte ich im Juli 1951 an mehreren Tagen Gelegenheit zu einigen speziellen Beobachtungen uber Pompiliden. Die Pornpilidae sind cine in Hasbitus und Gebaren ainiheisliche Famihe der Hytnenoptera, ulber deren Beutceintragegewohnhcitcn verschiedene Reobachtungcn vorliegen. Vor allem ist das Beuresuchen der Wegwespen recht auffallig. Ich sah z. B. tine groRe schwarze U'eg- wespe (wahrscheinlich eine A~zoplius-Art, v,ielleicht A. nigerrimris oder A. concinnusf) am steiniNgen Ufer, wic sie von Stein zu Stein flog und unter jedem nachschaute, also an Urtlich- keiten, an denen sich Spinnen verstccken. Auch im bewachsencn Gelinde fliegen z. B. die Anoplius infuscatrrs in Chnlicher Woke umher, u. a. dabei von Busch zu Busch suchen8d, eben- falls an geeigneten Spinnenver:;tecksortl,ichkeiten. Den unmittelbaren Beute fang sah ich nlicht und verweise dieserhalb auf FERTON'S Dar- srellung. Der Anlblick cincr Spinne regt die Wegwespen zur Jagd an. So hatte ,ich z. B. cinen auf Eeutesuchc gefangcnen Potapilus plrrmbetrs in tine Glastubc eingesperrt, wonin cr hochst aufgercgt umherlief. Als ich ihm die von einer anderen Wegwespe gelihmte Spinne in diie Glasrohre legte, ergriff er si,e sofort unsd versuchte sie wegzutragen. In Abstanden bis zu 2 m von der langst vorbereiteten Nesth6,hle wird die Spinne zuerst versteckt. Pompilus plumbeus legt die Spinne in eine Vertief,ung, wie sie etwa eine im Sand liegende Wurzel, ein Stein oder Zweig veranlaflt, und ib'edeckt sie oberflachlich mit Sand. Dann besucht die Wespe nochmals i,hre Nesthohle, lbessert sie notfalls aus un'd holt dann die Spinne heim. Ein Anoplius infuscatus hatte eine gelahmte mittelgrofle Larve von Arctosa spec. (perita Latr. o'der cinerea F.?) geschickt im Gezweig einer Pflanze versteckt, etwa in 2-3 cm Hohe uber dem Boden. Den Fang der Spinne hatte ich nicht ,beobachten konnen; ich verfolgte die Wespe erst von dem Augen,blick an, als sie - von der Nsestrohre kommen'd - ihre Spinne heilmholen ging. Sie Lef im Zickzack sehr sicher auf d,ie Larve zu. Die Wespen schein'en ulber- haupt ein sehr gutes Gedachtnis fur ilhre nachste Umgebung zu haben. Der Zickzackgang allerdings, niit dem sie das gesuchte Ziel anstreben - sei es ihre Nesuhohle, sei es das Beutetier - sieht ganz so aus, ais irrten die Wespen planlos in der Gegend urnher, aber doch ganz andlers als beim Beutejagen. Dann namlich suchen sie, vor allem an Stellen, wo sich Spinnen zu verstecken pflegen, recht eingehend nach solchen und fliegen zwischendurch immer wieder eine kurze Strecke auf; auch dies Absuchen des Gelandes geschieht im ganzlen keineswegs planlos. ? Die am Ziel angelangte Wespe erklomni die Pflanze recht behende, er- griff ihre Beute und schleppte sie zur Nesthohle, legte sie nahebei ab und 1) Die Durchfuhrung der Untersuchungen wurde mir wesentlich erleichtert durch das Entgcgenkommcn von Prof. Dr. R. BAUCH als Leitcr der Biologischcn Forschungsanstalt Hiddensee, deren Einrichtungen ich vor Errichtung der AuRenstelle des Parasitologischen lnstituts Lcipzig auf Hiddensee verschiedentlich als Gastforscher lbenutzen konnre.

Pompilidenstudien auf Hiddensee

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Page 1: Pompilidenstudien auf Hiddensee

Aus der Parasitologischen Station. Hiddensee (Auflenstelle des Patrasitologischen Instituts der .Universitat Leipzig)

Lciter: Prof. Dr. W d . Eichler')

Pompilidenstudien auf Hiddensee Von WOLFDIETRICH EICHLEK

Eingegangen am 23. April 1952

Die Entomofauna von Hiddensee ist bestimmt durch die sparlich be- wachsenen sandigen Diinen der Kuste mit im Sommer recht hohen Tempera- turen. Am Schwedenufer, dem sudlichen Steilufer ostlich von Kloster, mafl LEICK nach mundlicher Mitteilung im Sande Bodentemperaturen bis zu 69' C. Unter den Hymenopteren sind vor allem die Pompiliden in grofler Individuen- zahl vertreten u'nd begegnen einem auf Schritt ,uad Trit t , teils beim Absuchen des Gelandes nach Spinnen, teils beim Eintragen derselben in ihre BruthGhlen. Auf der Siidspitze der Sandsbank von Alt-Bessin, die von EICHLER 1953 naher charakterissiert wird, hatte ich im Juli 1951 an mehreren Tagen Gelegenheit zu einigen speziellen Beobachtungen uber Pompiliden.

Die Pornpilidae sind cine in Hasbitus und Gebaren ainiheisliche Famihe der Hytnenoptera, ulber deren Beutceintragegewohnhcitcn verschiedene Reobachtungcn vorliegen. Vor allem ist das Beuresuchen der Wegwespen recht auffallig. Ich sah z. B. tine groRe schwarze U'eg- wespe (wahrscheinlich eine A~zoplius-Art, v,ielleicht A . nigerrimris oder A . concinnusf) am steiniNgen Ufer, wic sie von Stein zu Stein flog und unter jedem nachschaute, also an Urtlich- keiten, an denen sich Spinnen verstccken. Auch im bewachsencn Gel inde fliegen z. B. die Anoplius infuscatrrs in Chnlicher Woke umher, u. a. dabei von Busch zu Busch suchen8d, eben- falls an geeigneten Spinnenver:;tecksortl,ichkeiten.

Den unmittelbaren Beute fang sah ich nlicht und verweise dieserhalb auf FERTON'S Dar- srellung. Der Anlblick cincr Spinne regt die Wegwespen zur Jagd an. So hatte ,ich z. B. cinen auf Eeutesuchc gefangcnen Potapilus plrrmbetrs in t i n e Glastubc eingesperrt, wonin cr hochst aufgercgt umherlief. Als ich ihm die von einer anderen Wegwespe gelihmte Spinne in diie Glasrohre legte, ergriff er si,e sofort unsd versuchte sie wegzutragen.

I n Abstanden bis zu 2 m von der langst vorbereiteten Nesth6,hle wird die Spinne zuerst versteckt. Pompilus plumbeus legt die Spinne in eine Vertief,ung, wie sie etwa eine im Sand liegende Wurzel, ein Stein oder Zweig veranlaflt, und ib'edeckt sie oberflachlich mit Sand. Dann besucht die Wespe nochmals i,hre Nesthohle, lbessert sie notfalls aus un'd holt dann die Spinne heim.

Ein Anoplius infuscatus hatte eine gelahmte mittelgrofle Larve von Arctosa spec. (perita Latr. o'der cinerea F.?) geschickt im Gezweig einer Pflanze versteckt, etwa in 2-3 cm Hohe uber dem Boden. Den Fang der Spinne hatte ich nicht ,beobachten konnen; ich verfolgte die Wespe erst von dem Augen,blick an, als sie - von der Nsestrohre kommen'd - ihre Spinne heilmholen ging. Sie Lef im Zickzack sehr sicher auf d,ie Larve zu. Die Wespen schein'en ulber- haupt ein sehr gutes Gedachtnis fur ilhre nachste Umgebung zu haben. Der Zickzackgang allerdings, niit dem sie das gesuchte Ziel anstreben - sei es ihre Nesuhohle, sei es das Beutetier - sieht ganz so aus, ais irrten die Wespen planlos in der Gegend urnher, aber doch ganz andlers als beim Beutejagen. Dann namlich suchen sie, vor allem an Stellen, wo sich Spinnen zu verstecken pflegen, recht eingehend nach solchen und fliegen zwischendurch immer wieder eine kurze Strecke auf; auch dies Absuchen des Gelandes geschieht im ganzlen keineswegs planlos. ?

Die am Ziel angelangte Wespe erklomni die Pflanze recht behende, er- griff ihre Beute und schleppte sie zur Nesthohle, legte sie nahebei ab und

1) Die Durchfuhrung der Untersuchungen wurde mir wesentlich erleichtert durch das Entgcgenkommcn von Prof. Dr. R. BAUCH als Leitcr der Biologischcn Forschungsanstalt Hiddensee, deren Einrichtungen ich vor Errichtung der AuRenstelle des Parasitologischen lnstituts Lcipzig auf Hiddensee verschiedentlich als Gastforscher lbenutzen konnre.

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26 W. EICHLER

inspizilerte das Nest. Dann holte site die Spinne naher heran, legte sie kurz vor dem Nest nochmals zcb und priifte wiederum das Nestinnere.

W.ie schson oft von anderen Ibeschrieiben, zog ich die Beutespinne vom Nateingang weg und legte sie ein kleines Stuckchen davon entfernt nieder; dann schleppte die aus der Nesthohle herauskommende Wespe die Spinnse vor den Nesteingang zuriick und kroch nochrnals ins Innere der Nesthohle; ich verlegte !die Spinne zum zweiten Male, und das Spiel liei3 sich drei- hi's viermal wiederholen. Dann aber gebardete sich die Wespe recht aufgeregt und legte di'e Spinne nach dem H'eranholen zwar ebenfalls wied,er dicht am Nesteingang, aber an einer anderen Stelle - fast riickwarts, im Schatten eines iiber der Nestgegend l'iegenden Zweiges - nieder. Auch dies liei3 sich jetzt wiederholen: nach jeder Verfrachtung der Spinne legte die Wespe sie an immer neue Stellen vor den Nesteingang, wurde immer erregter und, kiirzte die Besuch.szeit in der Nestrohre immer mehr ab. Die Beobachtung fand ihr Ende, als mir endlich einmal die immer rascher arbeitende Wespe zuvorkam wnd die Spinne, die sie unmittelbar vor den Rohreneingang gezerrt hatte, ins Nest holte, bevor ich sie wieder hatte wegnehmen konnen.

Diesrnal blieb die Wespe recht lange im Nest; dann scharrte sie es durch Nachhintenschleudern von Sand verhaltnismai3bg schnell zu. Bald verriet nur nocli eine kleine, kaum wahrnehm'bare Vertiefung im Smde die Stelle des Nesteingangs.

Pompilus plumbeus, den mich im wesentllichen elbenso Beute eintragen sah, rbegann weni,ge Aageniblmicke nach Verschlufl der beutetrachti:en Nestrohre mit der Anlage einer neuen wenlige Zentimeter von der ersten. Pompillis plumbeus nimmt auch in dieser Hinsicht cine Sonder- stellung gegeniilber anderen Pompiliden ein, 'die erst jagen uad dann eine Hohle anlegen. Unser Anoplius infuscatus hingegen machte hierzu keinerlei Anstalten, sondern suchte, ver- haltnismafiig r&g hin und her gehend, i'm Umkreis von etwa 30 cm, schob aber irnmer wieder Inspekoionstbesuche ein.

P1otzl.ich flog ein Pompilus plumbeus ihenbei, den ich bis dahin im Gelande noch nicht bemerkt hatte, setzte sich vor den zugeschiitteten Nestaingang und begann ihn eifrig auf- zugraben. Wenige Au#genblick(e sparer kom unser Anoplius infuscatus herzu, vertrieb den Pompilus plumbeus, der jedcsmal abflog, unmd scharrte die 'rffnung w,ieder zu. N u n sicherte der Anoplius infuscatus in der iYahe des Nisthohleneinganges, flog, dann aber wieder weitcr weg. Babd taucht'e der Pompilus plumbeus wieder auf, flog z.ielsicher auf die verschiittete Nistihohlenoffn,un,g zu and begann aufzuscharren. Prompt flog der Anoplius wioder herzu, 1anNdete steil dicht naben dem Pompilus, rnanchmal in drohender Stelslun,g, worauf der Pom- pilus die ersten Male meist gleich abflog. Mehr aber vermochte der erhebl.ich groflere Anoplius gcgen #den Pompilus offcnbar nicht auszurichten.

Solche Szenen zwischen verschiedenen Pompili'denarten sin.d nicht selten. In an'deren Fallen wurden tgroflere PompiEi8denartcn von kleineren Formen heftig angegriffen unld ver- tri,eben, wenn sie 'in deren Nestrohrenbereich zu scharren versuchten.

Als nun in dcm oben geschi6derten F d l e einsmal der Anoplius unweit von seinem H6hlenaingang am Boden safl, liefl sich der Pompilus etwa 7 cm ncben dam Nesteingang des Anoplius an einer ziemllich aihnlich aussehenden Stelle nieder und begann dort aus- zuscharren. Ich glaubtc im ersten Augenblick, er hattc sich geirrt; aber kaum war der Anoplius abgeflogcn, als ,der Pompilus mit einem Satz an der richtigen Stelle war und dor t aufzugraben begann. Dies AibreaNgi,eren des gestauten Graibtriebes am falschen Ore, solange der richti,ge ,,besetzt" war , konnte sehr wohl den Nestbesitzer irrefiihren.

Ein m d e r e r Pompilus plumbeus versuchte zum Verstecken seiiner Brutspinne einige Male auf meincr auf dcm Sandboden ausgebreiteten Wolldecke zu scharren.

Auch saih ich Wegwespen beim Suchen nach einem passenden Nistplatz der Reithe nach verschli8edene Stellen gewissermanen probeweise ,,beschleudern". Solch ein ,,Scheinnisten" diirfte schliefllich zum Entscheid fur den enNdgiiltigen Nistplatz fiihren. - Aber auch beim Ausbesscrn der schon definitiv anydcgten Ncst,hohle vor dem Eintragen der inzwischen ver- stccktcn Beutespinne schleudern sic zwischen'durch wie spiclerisch Sand an verschdodenen be- nachbarten Stellen, was wohl eben,falls als ein Abreagieren des iiberhohen Dranges zu deuten ist.

Als schlienlich &ma1 der oben erw2hntc Pompilus schon ein gutes Weilchien gegraben ha,ttc, kam ,der Anoplius w'ieder, verscheuchte 'den Pompilus und grub smel'bst cin Stiick weiter, ,,ob noch a1,les in Ordntung sci". Es kam dann doch zulm Abflug des Pompilus, und der Anoplius schsarrte das Loch wieder zu.

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Beim nichsten Zusainmentreffen vollends war der Pompilus immer ,,hartnackiger" ge- worden, und so scharrten tatsachlich beide Wespen ein gutes Weilchen nebeneinander am Nisthohlcneingang: der Pompzluj, , ,mi die Bcutespinne des Anoplrus zu erbeuten", der Anoplrus, ,,um nachzusehen, ob sie noch d a war".

Im Hinblick darauf, dafl ich anfangs geneigt war, in dem Poinpilus Binell Parasiten zu sehen, SBI erwahnt, dall ich ein andermal einen Pomprlus plumbetls beobachtete, der kurze Zeit nach ungestortom Beuteeintragcn mit der Neuanlagc einer Nesrhohle begann, ohne sich irgendwie urn die vorige zu lcummern.

Sehen wir gleich von der an sich unwahrscheinlichlen Deutung ab, meine storende Anwesenheit habe das auf fallige Verhalten des Anoplius infuscutus hervorgerufen, so zeigte die weitere Beobachtung, daf3 seine Verhaltensmoglich- keiten mit den beschriebenen Reaktionen noch nicht erschopft waren. Als nam- lich seinerzeit der Anoplius zum erstennial den Nesteingang zugeschuttet hatte, war die Delle im Sand nwh deutlich sichtbar gewesen. Jetzt, als ihn der Rau- ber immer wieder storte, anderte er seine Taktik. Wahrend er bisher den Sand immer nur aus der nach8;ten Umgebung der Hohle angescharrt hatte, setzte er sich jetzt plotzlich etwa 10 cm davon entfernt hin und begann - den Kopf nach aui3en gewandt - den Sand auf weite Entfernung, bis iiber den Hohlen- eingang hinaus, zeiitripetal von sich wegzuschleudern. Das sah ganz anders aus als das gewohnliche Sandscharren zum Abdichten der beutetragenden Nesthothle.

Der Anoplius wechsclte namlich bald seine, Standort und beschrieb einen Kreis, indem er immer etwa 10 cm vom Hohleneingang entfernt blieb. Durch sein Sandschleudern ebnete er die ganze Kreisflache ziemlich ein und veranderte dadurch die optischen Marken dicht um den Nesteingang.

Trotzldem fand unser Pompilus die Stelle sofort wieder. N u r ein groi3er Zweig konnte als bekannte Nahmarke dienen. Bei einem Versuch, die beiden Wespen zu fangen, stiei3 ich versehentlich daran und veranderte seine Lage vollig. Trotzdem fand aber der Pompilus auch jctzt noch die richtige Stelle sofort wieder.

Wie schon gesagt, war ich in der Deutung des Pompilus als Nestrauber schwankend geworden. Ich mochte vielmehr jetzt annehmen, dai3 die Delle, die den Eingang der zugescharrten Nesthohle bezeichnete, dem Pompilus das Signal gab, sich hier selb8;t eine Nesthohle zu graben, wobei er den Anoplius zwar als Storenfried, nicht aber als Eigentiimer empfunden hatte.

Immerhin mui3 ich auch das noch ofien lassen. Denn ich sah auch an einer anderen Stelle eine Nesthohle eines Anoplius infuscutus, die in Abwesenheit ihres Eigentiimers von einem Pompilus plumbeus besichtigt wurde. Vielleicht steht diese Art im Begirin des Uberganges vom Spinnenrauber zum Nest- parasitismus. Mindestens; als Modellbeispiel fur das Entstehen von Brut- schmarotzertum und Hypesparasitismen mag dieser Tatsachenbericht jeden- falls dienen.

Als ich spater nochmals tbeide Wespen zu fangen versuchte, verliefien sie das Gelande, womit dies: Beobachtung albschlieflt.

Einen zweiten Anoplius infuscutus traf ich auf dem kieseldurchsetzten Sandstrande, wie er ein paralysiertes 0 der Avctosu pcrttu riickwnrts schleppte. SchlieMich legte er die Spinne zwischen zwei aneinandergelehnte Steine aib und begab sich auf groflen Umwegen zur etwa 295 m entfernten, vorbereiteteii Nesthohle. Die Wegwespe untersuchte die Nesthohle recht griindlich, niachte mehrfach in der ganzen 1Jmgebung Orientierungsgange (Koordinatenspazier- gang) und ging d a m auf einem anderen, zum Schlusse fast voliig gcraden Weg wieder an den Platz der Spinne. Auf den1 recht unubersichtlichen Boden war dies eine ausgezeichnete Orientierungsleistung!

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28 W. EICHLER

Nachidem die Wespe ihre Spinne ,,in Ordnung" gefunden hatte, brachte sie sie jedoch noch irnmer nicht zum Nest, sondern suchte in der naheren Um- gefbung einen neuen Platz. Bald fand sie einen, grub nun kunstgerecht eine unter zwei beisamrnenliegende Smine fuhrende etwa 4 cm tiefe Hohle, holte die Spinne herbei, legte sie am Hohleneingang nieder und verbesserte sowohl ihr Inneres wie seine Umgebung. Von Zeit zu Zeit schaute sie beilaufig nach der Spinne; kam ich gar zu nahe, so stellte sie sich drohend d,aneben.

Bald war sie dann mit ihren Nestausbesserungen fertig unld trug die Spinne ein. Die Endphase des Zugrabens konnte ich in diesem Falle nicht mehr beobachten, da ich jetzt die Wegwespe fing und auch die Spinne wieder a w gr ub .

Die ersten zwei ,mifigluckten Fangversuche hatte ich mit der H a n d gemacht. Alber auch rnit ,dem Katscher ist der Wegwespenfang nicht einfach, .da die Tiere nicht e twa i)m Netz hochflisegen, son,dern scitlich zu entweichen suchen. D a der unebene Boden ein Ausbrechen seiclich unter dsm Nctzbu~gel bagiinstigt, 'mu& #man die Wespe ein Stuck in den Netzlbeutel einflicgen iassen. Als ein mehrfach hintereinanlder gefangener Anoplius infuscatus sich rasch gewtihnte, durch die Tullmaschen zu entkommen, fing man. ihn dort am besten in einer Glast,ulbe ab.

H a t man kein Netz , kann man dmie Wespen durch Bewerfen mit Sand fur einen Augen- bkck am Auffliegen ,hinfdern. Beim Zugreifen 'mit den F'ingern wird man gestochen. Der Stich eines 9 von Anoplius infuscatus [elbenso eines 9 ,des Ichneu,moni,dcn Exephanes hilaris] in Mitte1,hand un)d Fingierbeere schmerzte etwa 2 Minuten recht Iheftig, ohne dafi diie Einscich- stelle anschwoll.

Z~iemlich leicht zu fangen sin,d die Tsiere wihrenld des Heimmtragens liihrer Beutespinnen oder lbeim Aufsuchen ihrer Neschohle. Noch leichter gelingt es, sic bei 'der Nahrungsaufnhme a n Bliiten zu greifen. Hlierbci sch,eint ihre sonst so wache Aufmmerksamkeit vollig erlohimt zu soin (wahrend z. B. Syrphiden a'uch ,beim Nektarsaugen sohr mifitrauisch Bhre Umwelt beachten). Pompiliden krochen w5hrenrd der Nahrungsaufnahme ohne Scheu uber meine H a n d , d,ie d,ie Pflanze .festhielt; beim Beuteeintra, *en kommt dies ebenfalls vor.

D~l~denibliiten, dmie nach Literaturangaben von Iden Pompiliden bevorzugt wer'd'en, fehlten zu. meiner Bedbachtuntgszeit - Juli 1951 - aluf der Sandbank des Alt-Bessin fast vollig. Start dessen besuchten sie an'dere Bl'utmen, z. B. Disteln. Doch sah ich im Juli 1951 mebrf,ach Anoplius infuscatus nebst an'deren Pompilidenarten auf Fruchtstandcn von Rumex crispus eifrig wnherlaufen un8d den Honigtau schwarzer Blattlause ablecken. Dasselbe be- obachtct,e OLBERC (mun(d1. Mitt.) unmd BOUWMAN bei Episyron rufipes an Cirsium (zit. nach HAUTT).

Zusammenf assung St)udien an Pompiliden auf Hijdd'ensee gestatteten mehrere Verhaltens-

weisen zu beobachten, dmie uber die Beschreibung der artspezifischen Reaktionen hinaus unser Wtissen um die Reaktionen der Wegwespen im ganzen in mancher Hinsicht vermehren, sowie die folgende vorlaufige Artenliste2) aufzustellen:

1. Pompilus plumbeus F.; recht shaufig; Beutespinne: Arctosa spec.-larve. 2. Sophropompilus aculeatus C. G. Thms. [syn. pectinipes auct.] weniger

3. Anoplius fuscus L.; weniger ha,ufig; Beutespinnen nicht festgestellt. 4. Anoplius infuscatus v. d. L,ind.; recht haufig; Beutespinne: Arctosa

perita Latr. 5. Episyroh rufipes L.; nicht gerade haufig; Beutespiinnen: Arctosa spec.-

Larve, junge Kreuzspinne fraglicher Art. Nach der Literatur sollen ausschliefl- lich Kreuzspinnen eingetragen werd'en.

Literaturverzeich ni s

haufig. - Nach HAUPT Qbriefl.) lebt die Art als Parasit.

1. ADRIAANSE, A., 1948: Ammophila campestris Latr. und Ammophila adriaansei Wilckc; Ein Beitrag zur vergleichenden Veahaltensforschung. Behaviour, 1, 1-34. - 2. BAERENDS, G. P., 1941 : Fortpflanzungsveshalten und Onientierung der Grabwespe Am- mophila campestris Jur. Tijdschr. Ent. 84, 71-275. - 3. EICHLER, Wd., 1953: Parasitierte Barenraupen an Rumex crispus 1951 auf Hi'ddensee. Nachr.-BI. dtsch. Pflanz'enschutzdst. N . F.

2) Die Pompil~idae bestimmte H. BISCHOFF, die Spinnen A. KASTNER. Verschiedene An- regungen verdanke ich H. HAUPT sowie G. OLBERG.

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Pompilidenstudien auf Hiddensee 29

Berlin; im Druck. - 4. HAUPT, H., 1927: Monographie der Psammocharidae (Pompilidae) von Mittel-, Nord- und Osteuropa. Beih. Dtsch. ent. Z. 1926/27. - 5. OLBERG, G., 1952: Die Schmarotzerwespe Ceropales maculatus. Urania, Sonderbeilage, B 1-B 8. - 6. RA- BAUD, E. und PICARD, F., 1923: FERTON, La vie des abcilles et des guEpes. Paris. Nicht tirn Original eingesehen. - 7. TINBERGEN, N., 1932: Uber die Orientierung des Bienenwolfes (Phrlanthus triangulum Fabr.). 2. vergl. Physiol. 16, 305-334.

Aus d e m Zoologischen Institut Erlangen

Versuche mit Bienen und Wespen in farbigen Labyrinthen ')

Von KARL WEIS M i t 21 Abbildungen

Ezngegangen an) 29. Januar 1953

Bienen und Wespen haben sich in Dressurversuchen schon oft bewfhrt. I m Freien orienrieren sie sich vornehmlich mit den Augen, im dunklen Stock offenbar mit andcren Sinnen. KALMUS (1937) berichtet von der Bedeutung verschiedener Tasteindrucke, eines Winkelregistriervermogens und kinasthe- tischcr Wahrnehmungen fiir die Orientierung der Bienen in d u n Ic 1 e n Laby- rinthen. Um mehrere Orientierungsmoglichkeiten zugleich zu untersuchen, machte ich Versuche mit Bienen und Wespen in f a r - b i g e n Labyrinthen in Marktredwitz im Fichtelgebirge. Samtliche Dressurbienen gehorten einem bestimmten Volke (vorwieeend Nordrasse) des heimatlichen Bienenstandes an. Die WGpen (Vespa germanica) stammten aus verschiede- nen Nestern der Umge'bung.

I. Die orientierende Bedeutung des farbigen Merkmals

a) D r e s s u r i n d e r G r u n d a n o r d n u n g D 'i e A 11 I a g c. Zu mciiien Dressuren und Versuchen benutzte

ich Irrg3rten, deren Ausgangsform in A,bb. 1 und 2 wiodergegebcn ist. Zwei auf einer w e i h ebenen Unterlage angcbradlte etwa 50 cm lange Holzlcisten begrenzen einen 8 cm breiten Lauf,giang. In Ein- schnitte der Leisten sind irn Albstand von 4 cm abwechsolnd rechts und links 8-11 Querwinde au:; Pappe eingeschoben, so daR an i'hrem

Ahh. 1. Grundanordnung

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1 ) Auszug aus der Dissertation der Naturwissenschaftliclien Fakultat der Universitit Er lmgcn vom 15. 11. 1950: K A R L WEISS, Versuche mit Bienen und Wespen in farhigen Labyrinthen.

Hcrrn Dozcnt Dr. W. FISCHEL, Bamberg, danke ich herzlich fur die Stellung desThemas, ihm, Professor W. NEUHAUS und Professor 0. KOEHLER fur wertvolle Hinweise und Rat- sclrl3gc.