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Marcel Engh Popstars als Marke

Popstars als Marke...Marcel Engh Popstars als Marke Identitätsorientiertes Marken-management für die musikindustrielle Künstlerentwicklung und -vermarktung Mit einem Geleitwort

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Marcel Engh

Popstars als Marke

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GABLER EDITION WISSENSCHAFTInnovatives MarkenmanagementHerausgegeben vonProfessor Dr. Christoph Burmann,Universität Bremen,Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement (LiM®)

Professor Dr. Manfred Kirchgeorg,HHL – Leipzig Graduate School of Management,Lehrstuhl für Marketingmanagement

Marken sind in vielen Unternehmen mittlerweile zu wichtigenVermögenswerten geworden, die zukünftig immer häufiger auch in derBilanz erfasst werden können. Insbesondere in reiferen Märkten ist dieMarke heute oft das einzig nachhaltige Differenzierungsmerkmal imWettbewerb. Vor diesem Hintergrund kommt der professionellenFührung von Marken eine sehr hohe Bedeutung für den Unterneh-menserfolg zu. Dabei müssen zukünftig innovative Wege beschrittenwerden. Die Schriftenreihe will durch die Veröffentlichung neuesterForschungserkenntnisse Anstöße für eine solche Neuausrichtung derMarkenführung liefern.

®

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Marcel Engh

Popstars als MarkeIdentitätsorientiertes Marken-management für die musikindustrielle Künstlerentwicklung und -vermarktung

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg

Deutscher Universitäts-Verlag

Page 4: Popstars als Marke...Marcel Engh Popstars als Marke Identitätsorientiertes Marken-management für die musikindustrielle Künstlerentwicklung und -vermarktung Mit einem Geleitwort

Bibliografische Information Der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

1. Auflage April 2006

Alle Rechte vorbehalten© Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006

Lektorat: Brigitte Siegel / Stefanie Loyal

Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media.www.duv.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzesist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe-sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und dieEinspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesemWerk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solcheNamen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachtenwären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/MainDruck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheßlitzGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN-10 3-8350-0329-1ISBN-13 978-3-8350-0329-3

Dissertation HHL – Leipzig Graduate School of Management, 2005

Drucklegung mit freundlicher Unterstützung der Popakademie Baden-Württemberg

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V

Geleitwort

Der Musikmarkt steht angesichts des Vordringens des Internetvertriebs von Mu-

sikinhalten vor einem grundlegenden Strukturwandel. In Deutschland sind Um-

satzrückgänge seit 1997 von 40% zu verzeichnen, sodass das klassische Markt-

bearbeitungsmodell der Musikindustrie berechtigt in Frage zu stellen ist. Über die

Hälfte aller Erlösströme werden im deutschen Musikmarkt nicht mehr von der

klassischen Musikindustrie sondern von anderen Akteuren durch die Verwertung

von Nebenrechten für Konzerte, Events, Merchandising oder Sponsoring gene-

riert. Während von der Musikindustrie die größten Investitionen für den Aufbau von

Marken und Künstlern getätigt werden, partizipiert sie immer weniger an den Erlö-

sen im Lebenszyklus einer Musik- bzw. Künstlermarke. Vor diesem Hintergrund

stellt sich die Frage, welche Erlös- und Geschäftsmodelle für die Musikindustrie

zukunftsfähig und welche strategischen Neuorientierungen hierfür erforderlich

sind.

Aufgrund der Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls Marketingmanagement der

HHL – LEIPZIG GRADUATE SCHOOL OF MANAGEMENT im Bereich „Holistic Branding“

und „Media Management“ lag es nahe, sich mit den Potenzialen einer integrierten

Markenführung im Wertschöpfungsprozess der Musikindustrie wissenschaftlich

auseinanderzusetzen. Da der Verfasser der vorliegenden Schrift als Branchen-

experte über langjährige Erfahrung in der Musik- und Medienindustrie verfügt, wa-

ren die Voraussetzungen dafür geschaffen, im Rahmen des Forschungsprojektes

Theorie und Praxis in idealer Weise miteinander zu verbinden. Der Verfasser hat

sich mit der vorliegenden Dissertationsschrift das Ziel gesetzt, einen integrierten

Ansatz der identitätsorientierten Markenführung als neues Marktbearbeitungs-

modell für die Musikindustrie zu untersuchen. Das generelle Ziel der Arbeit besteht

in der Einordnung, Systematisierung und Beschreibung von Musikmarken und der

Entwicklung eines theoriegeleiteten Ansatzes für die Markenführung von Musikan-

geboten.

Neben systemtheoretischen Bezügen werden verhaltens- und musikwissenschaft-

liche Grundlagen zur Fundierung der Wirkung von Musikmarken zusammen-

geführt. In dieser Synthese liegt ein besonderer Erkenntniswert begründet, der

weit über die Markenführung in der Musikindustrie reflektiert werden kann. Auf-

bauend auf dem identitätsorientierten Markenführungskonzept entwickelt der Ver-

fasser ein sogenanntes 4C-Modell zur Führung von Musikmarken. Hierbei ordnet

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VI

er dem Künstler bzw. Popstar für die Gestaltung der Markenidentität einen zentra-

len Stellenwert zu. Weitere Gestaltungsmerkmale der Markenidentität werden

schrittweise detailliert und analysiert. Umfassend wird in diesem Zusammenhang

auch der Einfluss von Vermarktungskanälen auf die Markenbildung herausgear-

beitet und als sogenannte Channel-Dimension in das 4C-Modell integriert. Zwei

Fallstudien zur Markenführung von „Britney Spears“ und „Pop Idol“ verdeutlichen

die Anwendung des entwickelten Markenführungsmodells. Der Verfasser liefert

einen beeindruckenden Detaillierungsgrad bei der Abbildung der Branchenspezifi-

ka und überzeugt durch seine „feinkörnigen“ Analysen der Fallstudienkontexte.

Hierbei unterstützen umfangreiche Bildmaterialien die Argumentation und führen

zu einem Spannungsbogen, der den Leser besonders motiviert durch die Pro-

blemstellung führt.

Insgesamt liefert der Verfasser in sehr kompetenter Form einen überaus wichtigen

und grundlegenden Diskussionsbeitrag zur Markenführung in der Musikindustrie.

Die Untermauerung der theoretischen Überlegungen mit explorativen Fallstudien-

analysen gewährleistet einen hohen Anwendungsbezug der wissenschaftlichen

Untersuchung. Deshalb würde ich mich freuen, wenn diese Schrift gleichermaßen

bei Vertretern der Marketingwissenschaft und Unternehmenspraxis ein besonde-

res Interesse finden würde.

Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg

Page 7: Popstars als Marke...Marcel Engh Popstars als Marke Identitätsorientiertes Marken-management für die musikindustrielle Künstlerentwicklung und -vermarktung Mit einem Geleitwort

VII

Vorwort

Die Musikindustrie erlebt seit Ende der 90er-Jahre einen digitalen Paradigmen-

wechsel, der das tradierte Geschäftsmodell, die Produktion und Vermarktung von

physischen Tonträgern, erodiert. Es ist abzusehen, dass dieser Paradigmenwech-

sel andere Medienmärkte wie beispielsweise die Filmindustrie in ähnlicher Härte

treffen wird und die Musikindustrie eine Vorreiterrolle übernimmt. Dem einbre-

chenden Kerngeschäft der Musikindustrie, dem Aufbau von Musikkünstlern sowie

Vermarktung und Vertrieb derer Tonträger, stehen zum Teil stark wachsende

Märkte gegenüber, die Musikinhalte ökonomisch auswerten. Diese vermutete

Erlösschere im Musikmarkt konnte durch eine explorative Studie bestätigt werden:

Über die Hälfte aller Erlösströme im deutschen Musikmarkt werden nicht von der

Musikindustrie sondern von dritten Stakeholdern durch die Verwertung von Neben-

rechten wie Konzerte, Merchandising oder Sponsoring generiert und fließen an der

Musikindustrie vorbei. Dieser Problemhintergrund macht deutlich, dass die Musik-

industrie keinen ganzheitlichen Marktbearbeitungsansatz verfolgt und daraus

Handlungsbedarf in zweierlei Hinsicht resultiert: Zum einen hat die Musik-industrie

keine ganzheitliche Steuerung und Kontrolle über die Künstlerentwicklung und

zum anderen partizipiert sie nicht an Erlösströmen entlang der Wertschöpfungs-

kette, die erst durch ihre Kompetenz, Popstars zu kreieren, ermöglicht werden.

Als erkenntnisleitende Basisthese wurde der Popstar als Marke definiert. Den

Künstler als Marke zu begreifen bedeutet, die umfangreichen Erkenntnisse der

modernen Markenführung zu nutzen, um die Person und die Leistung des Künst-

lers bekannt zu machen und das einzigartige Vorstellungsbild dieser Leistung in

den Köpfen der Konsumenten aufzubauen und langfristig zu gestalten. Das Mar-

kenverständnis aus identitätsorientierter Perspektive motivierte einen holististi-

schen Forschungsfokus auf den Prozess der Künstlerentwicklung, wobei das

übergeordnete Forschungsziel der Arbeit darin bestand, neue Marktbearbeitungs-

ansätze für die Musikindustrie aufzuzeigen. Es sollte ein Beitrag zur Analyse des

Markenmanagements für Musikangebote geleistet und ein wissenschaftliches Re-

ferenzkonzept für eine ganzheitliche Musikmarkenführung in Form des sogenann-

ten 4C-Modells entwickelt werden (Teil C). Schließlich wird das entwickelte Mar-

kenführungsmodell empirisch fundiert und strategische und operative Ausgestal-

tungsoptionen diskutiert sowie Handlungsimplikationen für die Musikindustrie ab-

geleitet (Teil D).

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VIII

Das Forschungsvorhaben wurde durch meinen beruflichen und akademischen

Werdegang motiviert. Zum einen konnte ich durch meinen Arbeitgeber BERTELS-

MANN wertvolle strategische und operative Erfahrungen im Medien- und Musikge-

schäft sammeln und in die Untersuchung einfliessen lassen. Zum anderen beein-

flusste meine durch Prof. Dr. Kroeber-Riel verhaltenswissenschaftlich geprägte

Marketingausbildung die Konzeption des theoretischen Bezugsrahmens. Die Ar-

beit basiert auf einem konzeptionell-theoriegeleiteten Vorgehen, das im Rahmen

einer starken interdisziplinären Ausrichtung auch zentrale musikpsychologische

und -soziologische Erkenntnisse in die Modellentwicklung einfliessen läßt. Durch

umfangreiche Fallstudien wird das theoretisch-deduktiv generierte 4C-Marken-

modell unter expliziter Berücksichtung des Kontextes illustriert und überprüft.

Danken möchte all den im wissenschaftlichen Geneseprozess involvierten Perso-

nen, vor allem meinem akademischen Lehrer Prof. Dr. Kirchgeorg, der die ent-

scheidenden Impulse bei der theoretischen Fundierung gab und die Erstellung der

Arbeit umfassend förderte. Das Umfeld des Marketinglehrstuhls der HANDELS-

HOCHSCHULE LEIPZIG war inspirierend und akademisich sowie menschlich berei-

chernd. Dank gilt auch meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Burmann, dessen mit

Prof. Dr. Dr. h.c. Meffert konzipierte identitätsorientierte Markenmodell das theore-

tische Fundament der Arbeit bildet. Prof. Dr. Lindstädt danke ich herzlich für die

Übernahme des Drittgutachtens. Dank gebührt schließlich auch meinem Arbeitge-

ber BERTELSMANN und den vielen Interviewpartnern, die die empirische Fundierung

des 4C-Markenführungsmodells ermöglichten sowie der POPAKADEMIE BADEN-

WÜRTTEMBERG und PUBLICIS SASSERATH für die Unterstützung bei der Druckle-

gung.

Ich hoffe, mit der Arbeit sowohl einen anregenden wissenschaftlichen Beitrag zu

Markenmanagementtheorien als auch neue Marktbearbeitungsszenarien für die

Musik- und Medienindustrie geliefert zu haben.

Marcel Engh

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IX

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................XIII

Abbildungsverzeichnis.............................................................................................. XV

A. Veränderte Dynamik des Musikmarkts als Herausforderung an Markenführungskonzeptionen ................................................................... 1

1. Musikmanagement im Spannungsfeld neuer Marktdynamik ...................... 1

2. Besonderheiten von Musikmarken und Herausforderungenan die Markenführung .............................................................................. 12

2.1 Musikmarken als Untersuchungsgegenstand .................................. 12

2.2 Besonderheiten von Musikmarken und Implikationenfür die Markenführung...................................................................... 21

3. Zielsetzung, Bezugsrahmen und Gang der Untersuchung....................... 28

B. Systemtheoretische Kennzeichnung des Musikmarkts als Ausgangslage der Untersuchung ........................................................... 34

1. Systemtheoretische Abbildung des Musikmarkts ..................................... 34

2. Umwelt des Musikmarktsystems .............................................................. 38

3. Kennzeichnung des Musikmarktsystems ................................................ 43

3.1 Produktionssystem .......................................................................... 45

3.2 Verwertungssystem ......................................................................... 51

3.3 Rezeptionssystem ........................................................................... 59

4. Systemtheoretischer Bezugsrahmen für die Musikmarkenführung .......... 60

C. Theoretische Grundlagen und Genese eines integrierten Markenführungsmodells für Musikangebote ............................................... 62

1. Theoretische Grundlagen der identitätsorientierten Markenführung ....... 62

1.1 Erkenntnisse der Identitätsforschung............................................... 62

1.11 Sozialwissenschaftliche Ansätze der Identitätsforschung...... 62

1.12 Identitätsstruktur und Identitätsdynamik ................................ 68

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X

1.2 Theoretisches Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung................................................................................. 72

1.21 Grundlagen der identitätsorientierten Markenführung ........... 72

1.22 Konzeptionalisierung der identitätsorientiertenMarkenführung ...................................................................... 76

1.221 Konzeptionalisierung der Markenidentität .................. 76

1.222 Konzeptionalisierung des Markenimages .................. 82

1.23 Konzeptionelle Ausgestaltung des IMF-Modellsvon MEFFERT/BURMANN .......................................................... 92

1.3 Systemtheoretische Adaption des IMF-Modellsfür Musikmarken .............................................................................. 96

1.31 Identität als Referenzpunkt der Musikmarkenführung ........... 96

1.32 Das 4C-Modell als systemtheoretische Adaption des IMF-Modells .................................................................. 100

2. Theoretische Grundlagen der medienwissenschaftlichen und musikwissenschaftlichen Forschung ............................................... 102

2.1 Grundlagen.................................................................................... 102

2.11 S-O-R-Modell als Bezugsrahmen ........................................ 102

2.12 Klassifizierung der Musikvariablen....................................... 104

2.2 Musikpsychologische Erkenntnisse ............................................... 107

2.21 Musikpsychologische Grundlagen ....................................... 107

2.22 Kognitive Prozesse.............................................................. 110

2.221 Grundlagen der Musikinformationsverarbeitung ...... 110

2.222 Wahrnehmung und Dekodierung ............................. 112

2.223 Schemata als Musikwissen...................................... 116

2.23 Affektive Prozesse............................................................... 124

2.231 Aktivierung und Emotionen durch Musik.................. 126

2.232 Musiknutzen als Konsummotivation......................... 136

2.233 Musikalische Einstellungsbildung............................. 144

2.24 Moderierende Variablen ...................................................... 149

2.3 Musiksoziologische und kulturtheoretische Erkenntnisse .............. 152

2.31 System sozialer Umweltvariablen........................................ 153

2.32 Kulturtheoretischer Paradigmenwechsel ............................. 155

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XI

2.33 Musikalische und mediale Sozialisation............................... 162

2.331 Phasenmodell der Musiksozialisation ...................... 163

2.332 Kulturtechniken des Musikkonsumenten.................. 167

2.4 Zusammenfassende Würdigung des S-O-R-Bezugsrahmens........................................................... 173

3. Genese eines identitätsorientierten Markenführungsmodells für Musikangebote.................................................................................. 176

3.1 4C-Modell als Markenführungsansatz für Musikangebote ............. 176

3.2 Managementprozess der identitätsorientiertenMusikmarkenführung ..................................................................... 180

D. Strategische und operative Ausgestaltungsoptionen der identitätsorientierten Musikmarkenführung............................................... 182

1. Ziele der Musikmarkenführung............................................................... 183

1.1 Zielpyramide der Musikmarkenführung.......................................... 183

1.2 Strategische Ziele der 3C-Identitätsdimensionen .......................... 186

1.3 Psychographische Konsumentenziele ........................................... 193

2. Strategien der Musikmarkenführung ...................................................... 196

2.1 Strategiepyramide der Musikmarkenführung ................................. 196

2.2 A&R-Leitbild und Künstlerpositionierung........................................ 198

2.3 Basisstrategien der Musikmarkenführung...................................... 200

3. Ausgewählte strategische und operative Ausgestaltungs-optionen der identitätsorientierten Musikmarkenführung........................ 209

3.1 Überblick........................................................................................ 209

3.2 Content-Dimension als A&R-Politik ............................................... 211

3.21 Gegenstand ......................................................................... 211

3.22 Personendimension der A&R-Politik.................................... 213

3.221 Strukturmerkmale .................................................... 213

3.222 Zuschreibungsmerkmale.......................................... 222

3.23 Produktdimension der A&R-Politik....................................... 227

3.231 Repertoirepolitik....................................................... 227

3.232 Soundpolitik ............................................................. 230

3.24 Integrierte Gestaltung des A&R-Prozesses ......................... 237

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XII

3.3 Channel-Dimension als Verwertungspolitik.................................... 241

3.31 Gegenstand ......................................................................... 241

3.32 Kanalbelegung als produktpolitische Entscheidung............. 245

3.321 Film-Kanal................................................................ 248

3.322 TV-Kanal.................................................................. 255

3.323 Live-Entertainment-Kanal ........................................ 272

3.324 Medienfremde Kanäle Merchandisingund Sponsoring........................................................ 279

3.33 Kanalanordnung als distributionspolitische Entscheidung....................................................................... 288

3.34 Erlöspotenziale der Verwertungspolitik................................ 301

3.35 Integrierte Betrachtung der Verwertungspolitik.................... 309

3.4 Corporate-Dimension als Markenarchitektur- und Organisationspolitik ................................................................ 327

3.41 Gegenstand ......................................................................... 327

3.42 Markenarchitektur des Musikangebots ................................ 328

3.43 Organisationspolitische Implikationen der Markenführung .............................................................. 331

E. Zusammenfassung und Implikationen der Untersuchung........................ 342

1. Zusammenfassende Würdigung zentraler Ausgestaltungs-optionen und Implikationen für die Musikmarkenführung ....................... 342

1.1 Strategische Implikationen für die Markenführung......................... 344

1.2 Verhaltenswissenschaftliche Implikationen für die Markenführung.................................................................... 350

2. Zusammenfassende Würdigung des 4C-Modells................................... 357

3. Ansatzpunkte für weitere Forschungsarbeiten ....................................... 361

Literaturverzeichnis.................................................................................................. 365

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XIII

Abkürzungsverzeichnis

a.a.O. am angegebenen Ort Abb. Abbildung Abo Abonnement a. L. am Lech a.M. am Main A&R Artist & Repertoire Aufl. Auflage

Bd. Band bspw. beispielsweise bzw. beziehungsweise B2B Business-to-Business B2C Business-to-Consumer

ca. circa CAGAR Compound Annual Growth Rate CCCS Centre for Contemporary Cultural Studies CD Compact Disc CEO Chief Executive Officer

DB Deckungsbeitrag d.h. das heißt DJ Disc Jockey DSDS Deutschland Sucht Den Superstar DVD Digital Video Disc

ECR Efficient Consumer Response EEG Elektro-Enzephalographie ELMA European License Marketing & Merchandising Association e.V. eingetragener Verein E-Musik Ernsthafte Musik etc. et cetera

f., ff. folgende, fortfolgende

GfK Gesellschaft für Konsum-, Markt- und AbsatzforschungGZSZ Gute Zeiten Schlechte Zeiten

Hrsg. / hrsg. Herausgeber / herausgegeben

IDKV Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V. Ifo Institut für Wirtschaftsforschung IMF Identitätsorientierte Markenführung

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XIV

Jg. Jahrgang JV Joint Venture Kap. Kapitel KZS Kurzzeitspeicher

LEH Lebensmitteleinzelhandel LZS Langzeitspeicher

MBV Market-Based View MCM Marketing Centrum Münster Mio. Millionen Mrd. Milliarden

Nr. Nummer NTO Non-traditional outlet

o.V. ohne Verfasser

P&A Press & Advertising PC Personal Computer PoS Point of Sale PR Public Relation PSI Para-social Interaction P2P Peer-to-Peer

RBV Ressource-Based View

S. Seite SIM Staatliches Institut für Musikforschung SIS Sensorischer Informationsspeicher sog. sogenannte (n, r, s) S-O-R Stimulus-Organism-Response St. Sankt

TV Television

u.a. unter anderem U-Musik Unterhaltungsmusik UrhG Urhebergesetz US / USA United States / United States of America

v.a. vor allem Vgl. Vergleiche vs. versus

z.B. zum Beispiel

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XV

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Umsatzentwicklung des globalen Tonträgermarkts 1969-2003.................... 2

Abb. 2: Definition des wettbewerbsrelevanten Musikmarkts, Darstellung der Erlösströme 2002 und des Wachstumspotenzials............... 8

Abb. 3: Konstitutive Säulen der Mediendefinition ................................................... 20

Abb. 4: Leistungsspektrum des Musikangebots am Beispiel BRITNEY SPEARS ...................................................................... 24

Abb. 5: Besonderheiten und Herausforderungen der Musikmarkenführung............................................................................ 27

Abb. 6: Gang der Untersuchung ............................................................................. 33

Abb. 7: Systemtheoretische Kennzeichnung des Musikmarkts .............................. 37

Abb. 8: Konzeptionalisierung des Kanal- und Verwertungssystems....................... 56

Abb. 9: Systemtheoretischer Bezugsrahmen der Musikmarkenführung ................. 61

Abb. 10: Paradigma der sozialwissenschaftlichen Identitätsforschung..................... 67

Abb. 11: Konzeptionalisierung der Identitätsstruktur und Identitätsdynamik............. 71

Abb. 12: Zusammenhang Markenidentität, Markenpositionierung und Markenimage....................................................................................... 75

Abb. 13: Identitätsprisma von KAPFERER .................................................................. 78

Abb. 14: Markenidentitätssystem nach AAKER/JOACHIMSTHALER............................... 80

Abb. 15: Identitätsdimensionen und Instrumentenbündel des IMF-Modells nach MEFFERT/BURMANN ................................................. 82

Abb. 16: Konzeptionalisierung von Markenwissen, Markenstärke und Markenwert ................................................................... 85

Abb. 17: IMF-Modell nach MEFFERT/BURMANN.......................................................... 93

Abb. 18: Systemtheoretische Herleitung des 4C-Basismodells .............................. 101

Abb. 19: Konstrukte der Musikrezeption im S-O-R-Bezugsrahmen........................ 104

Abb. 20: Klassifizierung der Musikvariablen ........................................................... 107

Abb. 21: Drei-Speicher-Modell der Musikrezeption ................................................ 111

Abb. 22: Konzeptionalisierung der Schemastruktur für populäre Musik ................. 119

Abb. 23: Stufenmodell affektiver Prozesse............................................................. 125

Abb. 24: Zirkuläres Wirkungsmodell der Emotion und Ableitung von Mood-Managing-Funktionen....................................... 130

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XVI

Abb. 25: Konzeptionalisierung des Nutzenspektrums der Musikrezeption ............. 138

Abb. 26: Dualer Funktionszusammenhang des sozialen Nutzens.......................... 142

Abb. 27: Musikalische Einstellungsbildung im S-O-R-Modell ................................. 148

Abb. 28: Variablen der sozialen Umwelt ................................................................. 154

Abb. 29: Dialektische Parallelität zwischen dem Encoding/Decoding-Modelvon HALL und dem 4C-Modell der Musikmarkenführung .......................... 161

Abb. 30: Phasenmodell der musikalischen Sozialisation ........................................ 167

Abb. 31: S-O-R-Modell des Musikrezeptions- und Konsumverhaltens ................... 175

Abb. 32: Theoretische Fundierung und Herleitung des 4C-Modells ....................... 176

Abb. 33: 4C-Modell als dialektischer S-O-R-Bezugsrahmen .................................. 177

Abb. 34: Tool-Wheel des 4C-Modells, Identitätsdimensionen und Instrumentenbündel........................................................................... 179

Abb. 35: Managementprozess des 4C-Modells ...................................................... 182

Abb. 36: Zielpyramide der Musikmarkenführung .................................................... 183

Abb. 37: Konsolidierungstrend in der Musikindustrie, Zusammenhang zwischen Marktgröße und Profitabilität.......................... 185

Abb. 38: Das strategische Zielsystem der 3C-Identitätsdimensionen..................... 186

Abb. 39: Konsumenten-Fan-Pyramide ................................................................... 195

Abb. 40: Strategiepyramide der Musikmarkenführung............................................ 197

Abb. 41: Ableitung eines strategischen Suchraums für die Musikmarkenführung..................................................................... 203

Abb. 42: Herleitung eines Markendehnungsmodells für Musikangebote ................ 208

Abb. 43: Gang der Untersuchung und empirische Fundierung Kapitel D .............. .210

Abb. 44: Instrumente und Output der A&R-Politik .................................................. 212

Abb. 45: Dynamik der Zielgruppendefinition für BRITNEY SPEARS ........................... 217

Abb. 46: Entwicklung der Strukturmerkmale für BRITNEY SPEARS ........................... 219

Abb. 47: Madonna und Britney Spears bei den MTV Music Awards 2003.............. 222

Abb. 48: Entwicklung des Erscheinungsbilds von BRITNEY SPEARS ....................... .225

Abb. 49: Umsetzung des Strukturmerkmals „erotisch“ im Erscheinungsbild von BRITNEY SPEARS ................................................ 226

Abb. 50: Songtext „Baby One More Time“ von BRITNEY SPEARS............................. 233

Abb. 51: Imagetransfer-Maßnahmen für BRITNEY SPEARS ...................................... 235

Abb. 52: Videoausschnitte zu „Me Against The Music“ mit MADONNA..................... 236

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XVII

Abb. 53: Strategischer Suchraum für die A&R-Politik ............................................. 239

Abb. 54: Konzeptionalisierung der identitätsorientierten A&R-Politik...................... 241

Abb. 55: Konzeptionalisierung der Verwertungspolitik............................................ 243

Abb. 56: DAVID BOWIE Live-Konzert im Kino ........................................................... 251

Abb. 57: Kinoplakat zum BRITNEY SPEARS Film „Crossroads“ ................................ .253

Abb. 58: Kooperative Ausgestaltung des Filmkanals zwischen ZOMBA und VIACOM ................................................................... 254

Abb. 59: Visuelle Umsetzung des TV-Events mit BRITNEY SPEARS ........................ .258

Abb. 60: Weltweite Tonträgererlöse durch die TV-Serie „Neighbours“ TV als internationale Artist-Development-Plattform.................................. 260

Abb. 61: Musikalischer Einbau von YVONNE CATTERFELD

in die TV-Serie GZSZ ................................................................................ 263

Abb. 62: Psychographische Funktionen des TV-Kanals, Dehnungsstrategie für die GZSZ-Zielgruppe ............................................. 265

Abb. 63: TV-Format DSDS als Treiber der Produktarchitektur ............................... 267

Abb. 64: Dramaturgie des TV-Konzepts DSDS........................................................ 268

Abb. 65: Entwicklung des DSDS-TV-Marktanteilsund der absoluten Kontaktreichweite ....................................................... 269

Abb. 66: TV-Programmschema von DSDS ............................................................. 270

Abb. 67: Kooperative Ausgestaltung des Kanals Live-Entertainmentfür BRITNEY SPEARS................................................................................... 276

Abb. 68: Bühnenkonzept zum Song „Breathe On Me“ von BRITNEY SPEARS .......... 277

Abb. 69: Integrierter Endorsementansatz zwischen PEPSI

und BRITNEY SPEARS................................................................................. 283

Abb. 70: Psychographische Funktionen der Kanäle Merchandising und Sponsoring ................................................................ 287

Abb. 71: Konzeptionalisierung der Kanalanordnung als distributionspolitische Entscheidung ................................................... 289

Abb. 72: Sukzessive Multi-Channel-Strategie für BRITNEY SPEARS ......................... 295

Abb. 73: Simultane Multi-Channel-Strategie für DSDS ............................................ 300

Abb. 74: Geschätzte globale Umsätze sowie Umsatzrentabilität in den einzelnen Verwertungskanälen für BRITNEY SPEARS (1998-2004)............. 303

Abb. 75: Geschätzte globale Umsätze sowie Umsatzrentabilität in den einzelnen Verwertungskanälen für POP IDOL (2001-2003) ........................ 306

Abb. 76: Evaluation des ökonomischen Potenzials der Verwertungskanäle........... 308

Page 18: Popstars als Marke...Marcel Engh Popstars als Marke Identitätsorientiertes Marken-management für die musikindustrielle Künstlerentwicklung und -vermarktung Mit einem Geleitwort

XVIII

Abb. 77: Beurteilungsdimensionen für die Verwertungspolitik und den Erwerb von Kernressourcen ....................................................... 314

Abb. 78: Ganzheitliche Bewertung der Verwertungskanäle aus dem MBV und RBV ........................................................................... 326

Abb. 79: Markenarchitektur von DSDS .................................................................... 329

Abb. 80: Markenarchitektur von BRITNEY SPEARS ................................................... 331

Abb. 81: Strategieoptionen für die Festlegung der Markenführungsrolle................ 333

Abb. 82: Ressourcenpolitischer Handlungsbedarf für das Musikunternehmen....................................................................... 336

Abb. 83: Organisationspolitisches Szenario für die Verankerung des Channel-Managements im Musikunternehmen ................................. 340

Abb. 84: Ableitung von Managementimplikationen im Kontext des Theoriegebäudes............................................................. 343

Abb. 85: Transformationsszenario für ein zukunftsfähiges Musikunternehmen................................................................................... 350

Abb. 86: Kernidentität der Musikmarke bestimmt strategische Logik der Markenführung ......................................................................... 353

Abb. 87: Psychographisches Potenzial ausgewählter Verwertungskanäle............. 356

Abb. 88: Gesamtdarstellung des 4C-Modells und des inkorporierten S-O-R-Bezugrahmens ......................................... 359

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1

A. Veränderte Dynamik des Musikmarkts als Herausforderung an Markenführungskonzeptionen

1. Musikmanagement im Spannungsfeld neuer Marktdynamik

Der Musikmarkt befindet sich in einem radikalen Umbruch; besonders betroffen ist

der Tonträgermarkt als Kernbereich der modernen Musikwirtschaft.1 Das wirt-

schaftliche Standbein der Musikindustrie stellt die Herstellung, Vermarktung und

Distribution von vorbespielten Musiktonträgern über den Handel an den Konsu-

menten dar. Der traditionelle Tonträgermarkt verzeichnet bereits seit mehreren

Jahren dramatische Umsatzrückgänge, wobei die deutsche Tonträgerindustrie seit

1997 mit einem Umsatzrückgang von fast 40 Prozent2 im weltweiten Vergleich den

stärksten Markteinbruch erlebte. Im Mittelpunkt der Diskussion des Marktein-

bruchs steht die Digitalisierung und die Loslösung des Medieninhalts Musik vom

ursprünglichen Speichermedium Tonträger3 und die dadurch ermöglichte digitale

Piraterie, die seitens der Musikindustrie als Hauptgrund für die Krise angeführt

wird.

Für das Jahr 2000 wurde der gesamte Medienmarkt weltweit auf ungefähr 500

Milliarden US-Dollar geschätzt, wobei der Musikmarkt in Form des Tonträger-

markts rund 40 Milliarden US-Dollar auf sich vereinigen konnte.4 Die nachfolgende

Übersicht zeigt Bruttoumsatzentwicklung und durchschnittliche jährliche Wachs-

1 Zur Einteilung des Musikmarktes in den Tonträgermarkt als „Kernmarkt“ sowie vor- und nach-gelagerte Märkte vgl. Brodbeck, K-H; Hummel, M. (1991), Musikwirtschaft. IFO-Studien zu Kultur und Wirtschaft, München, S. 8.

2 Der Markteinbruch von fast 40 Prozent bezieht sich auf den deutschen Tonträgermarkt zu Handelsabgabepreisen. 1997 konnte ein Bruttoumsatzvolumen von über 2.5 Milliarden Euro erreicht werden, das sich 2003 auf 1.6 Milliarden Euro reduzierte. Vgl. hierzu Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft (2003), (Hrsg.), Jahrbuch 2003, Starnberg, S. 15.

3 Der Tonträger als Speichermedium ist heute hauptsächlich in der Konfiguration CD anzutref-fen, welche die traditionellen Konfigurationen Schallplatte (Vinyl) und Kassette fast vollständig verdrängt hat. Die DVD als Bild- und Tonträger gewinnt als audiovisuelles Medium stark an Bedeutung. Vgl. zur Definition und Geschichte des Tonträgers Jaspersen, T. (2000), Tonträ-ger, Schallplatte, Kassette, CD, in: Faulstich, W. (Hrsg.), Grundwissen Medien, 4. Aufl., München, S. 367 ff.

4 Vgl. Liebermann, A. (2002), The Entertainment Marketing Revolution – Bringing the Moguls, the Media and the Magic to the World, Upper Saddle River, S. 24. LIEBERMANN quantifiziert den Medienmarkt als Entertainmentmarkt auf der Basis Bruttoerlöse, die am Point of Sale umgesetzt wurden und subsumiert darunter den Filmmarkt (Kinokasse), den Video/DVD-Markt, den TV-Markt, den Verlagsmarkt, den Musikmarkt, den Sportrechtemarkt sowie den Markt für elektronische Computerspiele (Gaming-Markt).

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2

tumsraten des weltweiten Tonträgermarkts seit 1969 und verdeutlicht, dass der

Marktwert zu Bruttoerlösen von 40 Milliarden US-Dollar den Höhepunkt der Markt-

entwicklung im Jahr 1996 darstellt und der globale Musikmarkt von 1997 bis 2003

absolut über 30 Prozent an Wert verloren hat.

Abb. 1: Umsatzentwicklung des globalen Tonträgermarkts 1969-20035

Die Marktentwicklung bis heute lässt sich in vier Phasen unterteilen, wobei zwei

Phasen starken Wachstums zwei Phasen der Konsolidierung folgten.6 Die Wachs-

5 Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an eine Studie von MERRILL LYNCH, vgl. Merrill Lynch (2001), Music Industry – Can Majors Control Online Growth?, London, S. 2 f.

6 Der Marktverlauf lässt sich in folgende vier Phasen einteilen: (1) Die erste starke Wachstums-phase von 1969 bis 1980 mit durchschnittlichen Wachstumsraten von jährlich über 17 Prozent lässt sich hauptsächlich durch die Internationalisierung von Musik und die Einführung des Kassettenrecorders erklären; (2) von 1980 bis 1983 erfolgte eine Marktkonsolidierung, vor al-lem begründet durch die weltweite Wirtschaftskrise und das durch Kassetten ermöglichte Ko-pierverhalten; (3) starke Wachstumsphase von 1983 bis 1995 durch die Einführung des CD-Formats und die Ersetzung der analogen Musikarchive (Vinyl) durch digitale Tonträger (CD), ferner durch die weltweite Durchsetzung inhaltlicher Innovationen wie beispielsweise die Gen-res „HipHop“ und „Techno“; (4) starke Marktkonsolidierung seit 1995 bis heute, vor allem be-gründet durch das Auftreten von P2P-Netzwerken wie NAPSTER und digitaler Piraterie. Vgl. hierzu Merrill Lynch (2001), Music Industry – Can Majors Control Online Growth?, London, S. 2 ff. Vgl. ferner die Systematisierung bei Burnett, R. (1996), The Global Jukebox – The inter-

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3

tumsphasen sind durch technologie- und contentbezogene Innovationen erklärbar,

wie beispielsweise die starke Wachstumsphase zwischen 1983 und 1995 durch

die Einführung des CD-Formats und die weltweite Durchsetzung neuer musikali-

scher Inhalte, auch als Genres oder Repertoiresegmente bezeichnet. Der aktuelle

Markteinbruch ist jedoch nach herrschender Meinung struktureller Natur und kann

nicht mit der Rezessionsphase Anfang der 80er-Jahre verglichen werden. Zu-

sammenfassend werden folgende Gründe für den Markteinbruch angeführt:

(1) Digitale Piraterie: Unterschieden werden muss die digitale und physische Pi-

raterie einerseits und das damit verbundene Brennverhalten andererseits. Physi-

sche Piraterie gibt es schon seit den 70er-Jahren, mit dem Auftreten von P2P-

Netzwerken7 ist jedoch der illegale Musikkonsum durch die digitale Verfügbarkeit

und Vervielfältigung in dramatische Dimensionen explodiert.8 Bislang konnte je-

doch empirisch noch nicht eindeutig nachgewiesen werden, inwieweit der digitale

Musikkonsum über P2P-Netzwerke die Markteinbrüche im Tonträgermarkt verur-

sacht – neuere empirische Studien gehen zum Teil sogar von einer positiven Wir-

kung auf den Tonträgerabsatz aus.9

(2) Brennverhalten: Das sogenannte „Brennen“ von CD-Rs (Rohlinge) mit CD-R

Drives (CD-Brenner) hat deutlich zugenommen, wobei sich die Schere zwischen

verkauften Tonträgern und mit Musik kopierten Rohlingen sich zu Ungunsten der

national music industry, London, S. 9ff. TSCHMUNK liefert einen umfassenden historischen Rückblick über die Entwicklungen des Musikmarktes von 1900 bis heute und stellt der Markt-entwicklung die Dynamik des vielschichtigen Datenrahmens gegenüber, vgl. hierzu Tschmunk, P. (2003), Kreativität und Innovation in der Musikindustrie, Innsbruck, S. 41-225.

7 „Peer-to-Peer“ (P2P) hat sich durch die täglich millionenfach besuchten Musiktauschbörsen wie KAZZAA oder früher NAPSTER zu einem der meistdiskutierten Begriffe in der jüngeren Ge-schichte der Informationstechnologie entwickelt. P2P basiert auf der Vorstellung, dass in ei-nem Verbund Gleichberechtigter (Peers), die sich wechselseitig Ressourcen wie Informatio-nen, Speicher oder Bandbreite zugänglich machen, kollaborative Prozesse unter Verzicht auf zentrale Koordinations- und Steuerungsinstanzen durchgeführt werden. Vgl. hierzu vertiefend Clement, M.; Nerjes, G.; Runte, M. (2002), Content-Distribution im Zeitalter von Peer-to-Peer-Technologien, in: Schoder, D.; Fischbach, K.; Teichmann, R. (Hrsg.), Peer-to-Peer (P2P): Ökonomische, technologische und juristische Perspektiven, Heidelberg, S. 71-80.

8 Der Umsatzwert für digitale Piraterie wird für 2002 in Deutschland auf knapp eine Milliarde Euro mit stark steigender Tendenz geschätzt. Hinzu kommt noch die „Schulhofpiraterie“ mit 240 Millionen Euro. Vgl. hierzu Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft (2003), Jahrbuch 2003, a.a.O., S. 30 sowie GfK (2004), Brennerstudie 2004, Nürnberg.

9 Vgl. hierzu Oberholzer, F.; Strumpf, K. (2004), The Effect of File Sharing on Record Sales. An Empirical Analysis, Forschungsbericht, hrsg. von der Harvard Business School, Boston.

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4

Musikindustrie geöffnet hat, so dass mittlerweile mehr CD-Rs mit Musik gebrannt

als CDs gekauft werden.10

(3) Marktsättigung: Starke Sättigungstendenzen des CD-Hardware- und Soft-

ware-Marktes, nachdem in der beschriebenen starken Wachstumsphase von 1983

bis 1995 Musikkonsumenten ihre analogen Musikarchive durch digitale Tonträger

ersetzt haben.

(4) Problem der „schmalen Basis:“ Die Musikindustrie bedient traditionell die

junge Kernzielgruppe von 14 bis 29 Jahren, die ein hohes Musikinvolvement zeigt.

Dieses Segment der Intensivkäufer konnte 1999 noch 46 Prozent am Gesamtum-

satz auf sich vereinigen, sank aber bis 2002 auf 36 Prozent. Empirische Studien

zeigen, dass gerade jugendliche Intensivkäufer nicht weniger Musik konsumieren,

sondern die Möglichkeiten der P2P-Vernetzung sowie der digitalen Musikversor-

gung intensiv nutzen.11

(5) Marktsegmentierung und Angebotspolitik: Durch die Dynamik und Hyper-

segmentierung des Musikmarktes in verschiedene Genres und Subgenres gestal-

tet es sich für die Musikindustrie zunehmend schwieriger, neue Musiktrends zu

entdecken und auf diese zu reagieren. Die großen Musikunternehmen verfolgen

zunehmend eine Risikominimierungsstrategie und konzentrieren sich auf skalier-

bare „Superstar“-Künstler, was zu Lasten der Produktinnovation geht. Rückbli-

ckend resultierten Marktzuwächse oft aus Produktinnovationen, die global durch-

gesetzt werden konnten, wie beispielsweise in den 90er-Jahren die Genres

HipHop und Techno.12

10 2002 wurden erstmals mehr Musik-CD-Rs gebrannt (259 Millionen CD-Rs) als bespielte Ton-träger in Form von Alben verkauft (165 Millionen CDs) -Tendenz: Weitere Öffnung der Schere zu Ungunsten der Musikindustrie. Vgl. hierzu Bundesverband der Phonographischen Wirt-schaft (2003), Jahrbuch 2003, a.a.O., S. 27.

11 Gemäß einer GFK-Studie tätigen Intensivkäufer im Jahr mehr als neun Tonträgerkäufe. Unter-schieden werden noch Durchschnittskäufer mit vier bis neun Tonträgerkäufen sowie die Ex-tensivkäufer, die weniger als drei Tonträger im Jahr kaufen. Während der Anteil der Extensiv-käufer ansteigt, verliert die Musikindustrie die wichtige Stammkäuferschaft der Intensivkäufer an digitale und zum Teil illegale Angebotsformen. Vgl. hierzu Bundesverband der Phonogra-phischen Wirtschaft (2003), Jahrbuch 2003, a.a.O., S. 44 f.

12 Generell steht die Musikindustrie unter massiver Kritik, den Markteinbruch zum Teil selbst verantwortet zu haben, indem mit enormen Marketingbudgets Stars künstlich und ohne Nach-haltigkeit schnell aufgebaut wurden, um kurzfristige Businessplanziele zu erreichen. Der öko-nomische Druck verbietet zunehmend einen langfristigen Aufbau des Künstlers. Den Höhe-punkt erlebte die Diskussion mit dem Erfolg des internationalen Phänomens POP IDOL. Vgl.

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5

(6) Mediale Substitutionsprodukte: Das Konkurrenzumfeld für Produkte mit

emotionaler und sozialer Nutzenstiftung13 hat sich verschärft. Musikkonsum erfüllt

auch heute immer noch unterstützende Funktionen der Identitätskonstruktion so-

wie der sozialen Positionierung des Konsumenten14, hat aber durch die zuneh-

mende Popularität anderer Konsum- und Freizeitangebote wie beispielsweise Mo-

biltelefon oder Spielkonsole relativ an Stellenwert eingebüßt.15

Frage nach dem zukünftigen Marktbearbeitungsmodell der Musikindustrie

Die dramatische Marktentwicklung wird in der Musikindustrie und der Presse in-

tensiv diskutiert und mündet in der Fragestellung, inwieweit die Musikindustrie ihre

Existenz sichern kann und wie das Marktbearbeitungsmodell eines zukunftsfähi-

gen Musikunternehmens aussehen sollte. Hiermit ist auch die zentrale For-

schungsfrage der vorliegenden Untersuchung skizziert. Die aktuelle Diskussion

bezüglich der Marktsituation und der Szenarien, die aus der Krise herausführen

könnten, lässt sich in zwei „Glaubensgemeinschaften“ zusammenfassen, die stra-

tegische Basisoptionen aus der Distributions- und Contentperspektive entwerfen:

Distributionsperspektive: Vertreter dieser Perspektive halten am bestehenden

Marktbearbeitungsmodell der Musikindustrie fest, d.h. der Produktion, Vermark-

tung und Distribution von Tonträgern und fordern eine zügige Adaption des Ge-

schäftsmodells für den neuen digitalen Musikmarkt. Kennzeichnend für Vertreter

dieses Lagers ist ein Vertrauen, dass die rechtlichen und technologischen Rah-

menbedingungen die Transformation des tradierten Geschäftsmodells und damit

auch neues Wachstum ermöglichen. Genährt wird der Glaube an digitalen Distri-

butionsplattformen durch diverse Studien, die bei einer digitalen Adaption des tra-

hierzu Auszüge der Fallstudie in Kapitel D sowie Hamann, G. (2003), Prinzip Sternschnuppe, in: Die Zeit, Nr. 47, 13. November, S. 21 f.

13 Der Begriff „Nutzen“ ist ein zentrales Konstrukt in der Marketingforschung, auf das zum späte-ren Zeitpunkt im Theorieabschnitt noch ausführlich eingegangen wird, vgl. hierzu Abschnitt C.2.233. Der soziale Nutzen wird in der Literatur auch als ideeller oder symbolischer Nutzen bezeichnet.

14 Der Musiknutzen der sozialen Positionierung wird im Verlauf der Analyse noch detailliert erör-tert, vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel C.2.233 sowie insbesondere zum sozialen Gebrauch populärer Musik Kapitel C.2.332.

15 Der kulturtheoretische Diskurs konstatiert, dass populäre Musik die soziale Leitbildfunktion, die in der Vergangenheit besonders für Jugendliche in der Adoleszenzphase ausgeübt wurde, eingebüßt und zum Teil an das mediale Konkurrenzumfeld verloren hat.

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dierten Geschäftsmodells zum Teil eine Verdopplung des weltweiten Musikmarkts

auf rund 80 Milliarden US-Dollar prognostizieren.16

Contentperspektive: Anhänger dieser Perspektive glauben nur bedingt an den

ökonomischen Erfolg von neuen digitalen Distributionsplattformen, sondern sehen

einen Paradigmenwechsel für den Musikmarkt und fordern eine Infragestellung

sämtlicher tradierten Prozesse sowie die Entwicklung neuer Marktbearbeitungsan-

sätze. Die Argumentation fokussiert die Contentperspektive und fordert eine ganz-

heitliche Entwicklung von Musikinhalten und den Aufbau neuer Erlösströme, um

die Markteinbrüche im traditionellen Tonträgermarkt zu kompensieren. Die Arbeit

folgt der Contentperspektive und erweitert die heute stark distributionsperspekti-

visch getriebene Diskussion: Musikinhalte schaffen den eigentlichen Wert für die

digitale Distribution und stellen die Basis jeglicher Wertschöpfung dar. Ohne att-

raktive Musikinhalte können neue digitale Erlösmodelle, wie etwa der Verkauf von

Klingeltönen oder auch Internetshops wie iTUNES von APPLE, nicht erfolgreich

etabliert werden. Losgelöst vom digitalen Paradigmenwechsel wird sich das ei-

gentliche Kerngeschäft der Musikindustrie nicht verändern: Das Suchen und Fin-

den von Musikkünstlern sowie deren Aufbau zu Popstars.

Empirische Studien widersprechen zudem dem pessimistischen Untergangssze-

nario der Musikindustrie und belegen, dass die Begeisterung für Musik und das

Konsumverhalten keineswegs nachgelassen, sondern sich vom physischen Ton-

träger gelöst und cross-medial aufgefächert hat. Das cross-mediale Konsumen-

tenverhalten manifestiert sich auch in Umsatzzuwächsen für Musikinhalt auswer-

tende Märkte, wie etwa der Markt für Live-Entertainment, Klingeltöne oder TV-

Formate. POP IDOL löste eine weltweite Musikbegeisterung aus und entwickelte

sich zum globalen Medienfranchise mit multiplen Erlösströmen. Die zusätzliche

Quantifizierung illegaler Konsumaktivitäten über P2P-Netzwerke und die damit

verbundene digitale Piraterie würde sogar implizieren, dass mehr Musik konsu-

miert wird als je zuvor.

16 Herauszugreifen aus einer Vielzahl von Studien ist eine MCKINSEY-Analyse aus dem Jahr 2001, die eine Verdopplung des weltweiten Marktes prognostiziert. Dieses Wachstum sei vor allem durch Abonnement-Modelle zu realisieren, die vormalige Nichtkunden zu Kunden trans-formieren könnten, indem für monatliche Mitgliedsbeiträge digitale Musikzugänge bereitge-stellt werden. Vgl. hierzu May, B.; Singer, M. (2001), Unchained Melody, The McKinsey Quar-terly, Nr. 1, S. 1-4.

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7

Veränderte Marktdynamik erfordert ganzheitliche Marktbearbeitung

Der Verfasser versuchte anhand einer explorativen Studie die These zu stützen,

dass der tradierte Musikmarkt einer Neudefinition unterzogen und das Marktbear-

beitungsmodell der Musikindustrie neu ausgerichtet werden muss. Es wurde ver-

mutet, dass dem kollabierenden Tonträgermarkt steigende Umsätze in Musik

auswertenden Märkten gegenüberstehen. Diese auswertenden Märkte bilden das

oben beschriebene cross-mediale Musikangebot ab und werden in der Literatur

auch als Nebenmärkte bezeichnet. SCHULZE unterscheidet Kernmarkt und Ne-

benmärkte, wobei er einen sehr weit gefassten Begriff des Nebenmarkts aus wett-

bewerbsstrategischer Sicht entwickelt.17 Diese Untersuchung folgt im Allgemeinen

der Systematik von SCHULZE und unterteilt den Musikmarkt in Kernmarkt sowie

Nebenmärkte als erweiterten Musikmarkt, die in der Summe den wettbewerbsrele-

vanten Gesamtmarkt aus Sicht der Musikindustrie abbilden. Unter Kernmarkt wird

hier der Tonträgermarkt sowie der Musikverlagsmarkt18 verstanden, auf denen das

heutige Marktbearbeitungsmodell der Musikindustrie basiert.19 Der erweiterte Mu-

sikmarkt umfasst alle aus der Sicht der Musikindustrie relevanten Nebenmärkte,

die (1) aus der Rechteverwertung des Musikinhalts und des Künstlerimages Erlöse

17 SCHULZE hat Mitte der 90er-Jahre aus wettbewerbsstrategischer Sicht den Markt in einen Kernbereich und Nebenmärkte systematisiert und teilweise auch quantifiziert. Hierzu subsu-miert er unter Nebenmärkte auch „vorgelagerte“ Märkte wie beispielsweise den Markt der In-strumentenhersteller. Vgl. Schulze, R. (1996), Die Musikwirtschaft – Marktstrukturen und Wettbewerbsstrategien der deutschen Musikindustrie, Hamburg, S. 43.

18 Generell wird zwischen Tonträgerrechten (Recording Rights) und Verlagsrechten (Publishing Rights) unterschieden, wobei diese auch getrennt mit dem Künstler und seinem Management verhandelt werden. Erstere bezeichnen das Recht, die Musikproduktion in Form der ursprüng-lichen Aufnahme (Mastercopy) zu vervielfältigen, zu vermarkten und zu distribuieren. Die Ver-lagsrechte beinhalten das urheberrechtlich geschützte geistige Eigentum des Komponisten und des Texters und werden durch den Musikverlag verwaltet und vermarktet. Vgl. zur Rolle des Musikverlags allgemein Steinel, R. (1992), Zur Lage und Problematik der Musikwirtschaft, München, S. 25 ff. und S. 95-131.

19 Die großen Musikkonzerne, die auch „Majors“ oder „Major Companies“ genannt werden, ver-einen sowohl das Tonträgerunternehmen als auch das Verlagsunternehmen unter einem Dach, wobei sie gegenüber dem Künstler als unabhängige Marktpartner auftreten und auch im Innenverhältnis weitgehend unabhängig agieren. Vgl. hierzu Ende, P. (2003), Die konzern-gebundenen Verlage, in: Moser, R.; Scheuermann, A. (Hrsg.), Handbuch der Musikwirtschaft, 6. vollständig überarbeitete Aufl., München, S. 296-299. Die Zahl der Majors hat sich 2004 im Rahmen der Marktkonsolidierung auf vier Firmen reduziert: UNIVERSAL, SONY BMG, WARNER

und EMI.

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generieren und (2) zudem einen Einfluss auf das Künstlerimage und damit die

Künstlerentwicklung haben.20

Abbildung 2 zeigt die Bruttoerlöse des gesamten deutschen Musikmarkts für das

Jahr 2002 in der beschriebenen Marktsystematik und bestätigt die These, dass im

Gegensatz zum Kernmarkt Musikinhalte auswertende Nebenmärkte Umsatzzu-

wächse zeigen und fast das doppelte Umsatzvolumen des Tonträgermarkts gene-

rieren.

Abb. 2: Definition des wettbewerbsrelevanten Musikmarkts,

Darstellung der Bruttoerlösströme 2002 und des Wachstumspotenzials21

20 Der Einfluss auf den Wertschöpfungsprozess wird durch die Ergebnisse der explorativen Stu-die in Abbildung 2 dokumentiert. Der Einfluss auf das Künstlerimage kann an dieser Stelle nur vermutet werden und beeinflusst die Formulierung der Basisthese für den Gang der Untersu-chung.

21 Abbildung 2 zeigt Bruttoerlöse 2002 (in Mrd. Euro) zu Endkonsumentenpreisen – im Einzel-nen: (1) Quelle Tonträgermarkt: Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft. (2003): Jahrbuch 2003, Starnberg, S. 15, (2) Quelle Musikverlagsmarkt: Experteninterviews sowie Be-rechnungen der BMG UFA nach Rücksprache mit der GEMA; (3) Quelle Konzertmarkt: Schrüfer, M. (2003), Live-Entertainment in Deutschland, in Musikwoche, Nr. 26, S. 8-14 sowie IDKV, GfK (2000), Struktur der Veranstaltungsindustrie, Starnberg, S. 4 f. (4) Musik-TV-Umsätze umfassen die Werbeumsätze der Musiksender MTV und VIVA sowie relevanter Musik-TV-Formate (z.B. THE DOME) und Umsätze aus Musik-TV-Produktionen, Quelle: Schätzungen in Expertengesprächen, (5) Merchandising umfasst Musikmerchandising wie Künstlermerchan-

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Bei den relevanten Nebenmärkten des erweiterten Musikmarkts handelt es sich

um den Markt für Live-Entertainment, den musikrelevanten TV-Markt, den Mer-

chandising-Markt, den Sponsoring-Markt, den neuen Markt für Klingeltöne sowie

den Radio-Markt. Im Rahmen der Einleitung kann nicht detailliert auf jeden Ne-

benmarkt und die Erhebungsmethode eingegangen werden, sondern nur zentrale

Erkenntnisse aufgezeigt und Implikationen abgeleitet werden. Bei der Bewertung

der einzelnen Nebenmärkte sind das absolute Umsatzvolumen sowie die Marktdy-

namik zu berücksichtigen.

So ist 2002 das Marktvolumen für Klingeltöne mit geschätzten 100 Millionen Euro

Umsatz größer als der gesamte Markt für die Tonträgerkonfiguration „Single“ - mit

stark steigender Tendenz.22 Der Markt für Live-Entertainment umfasst Live-

Konzerte einzelner Musikkünstler, aber auch Festivals wie „Rock am Ring,“ auf

denen verschiedene Künstler auftreten. Die Live-Entertainment-Branche verzeich-

net seit Jahren kontinuierliche Umsatzzuwächse und setzt schon seit 1999 mehr

um als die Tonträgerindustrie. 2002 wurden Bruttoerlöse von ungefähr 2.8 Milliar-

den Euro ausgewiesen, wobei der für den Fokus dieser Arbeit relevante Anteil für

Rock- und Pop-Konzerte sich bei rund 1.8 Milliarden Euro bewegt.23 Der musikre-

levante TV-Markt umfasst die Umsatzerlöse in Deutschland aktiver Musik-TV-

Sender24 wie MTV und VIVA sowie die geschätzten Werbeumsätze aller musikrele-

dising (z.B. BRITNEY SPEARS) oder Eventmerchandising (z.B. LOVEPARADE), Quelle: Experten-gespräche und abgeleitete Schätzungen; (6) Quelle Sponsoringmarkt: Medwedeff, F. (2003), Imagetransfer mit Bussen und Bannern. Was Markenartikler vom Musiksponsoring haben, in: Musikwoche, Nr. 30, S. 11 sowie Expertengespräche, (7) Quelle für den Markt digitaler Down-loads und Klingeltöne: Expertengespräche und abgeleitete Schätzungen, (8) Erlöse des Ra-diomarkts umfassen nur die Werbeerlöse privater Radiosender; Quelle: RTL Deutschland.

22 Umsätze aus dem Verkauf digitaler Downloads waren 2002 fast nicht existent und konnten erst in den Jahren 2003 und 2004 durch Anbieter wie iTUNES (APPLE) oder MUSICLOAD

(T-ONLINE) aufgebaut werden. Nach Expertenschätzungen kann der Markt für Mobile Music für 2004 mit mittlerweile 180 Millionen Euro bewertet werden – Tendenz stark steigend, vgl. Geißler, J. (2005), Mobile Music, in: Clement, M.; Schusser, O. (Hrsg.), Ökonomie der Musik-industrie, Wiesbaden, S. 229.

23 Die 2.8 Milliarden Euro sind eine von der GFK und dem IDKV (Bundesverband der Veranstal-tungswirtschaft) geschätzte Größe und beziehen sich auf den gesamten Live-Entertainment-Markt. Herauszurechnen sind hier die Erlöse von ungefähr einer Milliarde Euro, die in den Be-reichen Klassik und Musicals erzielt wurden. Vgl. zur Entwicklung des Konzertmarkts IDKV, GfK (2000), Branchenanalyse. Studie zum Verhalten von Konzert- und Veranstaltungsbesu-chern, Starnberg, S. 4 ff.

24 MTV und VIVA unterhalten je zwei Musik-TV-Kanäle. MTV offeriert MTV Pop als reine Top40-Abspielstation, während seitens VIVA die interaktive Abspielstation VIVA PLUS im Markt positi-oniert wurde. Mitte 2004 wurde VIVA von VIACOM, dem US-Mutterkonzern von MTV, übernom-men, so dass eine Marktkonsolidierung zu erwarten ist.

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vanten TV-Formate25 im deutschen Markt. In diesem Segment wurden 2002 unge-

fähr 200 Millionen Euro26 umgesetzt, was auch die deutschen Erlöse des erfolgrei-

chen internationalen Formats POP IDOL inkludiert.27 Der Merchandising- und

Sponsoring-Markt28 wurde mit ungefähr 500 Millionen Euro Umsatz bewusst pes-

simistisch bewertet,29 wobei dem Sponsoring-Markt in Deutschland eine größere

Bedeutung zugewiesen werden kann. Musikmerchandising stellt für gewisse

Künstlertypen eine dominante Erlösquelle dar und erreichte in den 90er-Jahren mit

globalen Teen-Popstars wie den Boybands NEW KIDS ON THE BLOCK, BACKSTREET

BOYS oder TAKE THAT sowie der Girlgroup SPICE GIRLS neue Dimensionen.30

Eine derartige Qualifizierung und Quantifizierung der aktuellen Musikmarktdyna-

mik war in der aktuellen Literatur bisher nicht verfügbar31 und liefert mit dem 50/50-

25 Hierunter wurden TV-Formate subsumiert wie TOP OF THE POPS, THE DOME, RTL CHART

SHOWS, Künstler-Specials wie ABSOLUT MADONNA und vor allem die Flut von Casting-Formaten wie DEUTSCHLAND SUCHT DEN SUPERSTAR (DSDS), STAR SEARCH oder POPSTARS.

26 Die Werbeerlöse von VIVA als börsennotiertem Unternehmen sind einsehbar, wohingegen die Werbeumsätze von MTV und der genannten TV-Formate mit Hilfe von Experteninterviews ge-schätzt wurden.

27 Das TV-Format POP IDOL, das in Deutschland unter DEUTSCHLAND SUCHT DEN SUPERSTAR

läuft, wurde in England entwickelt und in über 40 Länder erfolgreich exportiert, wobei Schät-zungen von einem Gesamtumsatzvolumen von über zwei Milliarden US-Dollar ausgehen, vgl. hierzu James, M. (2004), Realizing „Idol“ Dreams, in: Los Angeles Times, 12. Januar, S. 7; vgl. ferner auch die Darstellung der POP-IDOL-Erlöspotenziale im Rahmen der Fallstudie in Abschnitt D.3.34.

28 Für die Definition der Begriffe sei auf Abschnitt D.3.324 verwiesen, ferner werden dort die Instrumente vertiefend konzeptionalisiert und anhand von Fallbeispielen illustriert.

29 Eine empirische Studie von SATTLER für den europäischen Lizenzverband ELMA hat den deut-schen Markt für Musikmerchandising mit über zwei Milliarden Euro bewertet. Auf Produkte im Lebensmitteleinzelhandel entfielen ungefähr 1.6 Milliarden Euro, wozu z.B. mit Popstars mar-kierte Verpackungen wie Cola-Dosen zählen. Vgl. hierzu ELMA (2002), Ausmaß und Struktu-rierung von Lizenzgeschäften im deutschsprachigen Raum, Hamburg. Zur Studie ist kritisch anzumerken, dass Merchandising und Sponsoring nicht getrennt betrachtet, sondern zusam-mengefasst und nicht eindeutig definiert wurden. Ferner wurde in Expertengesprächen deut-lich, dass die Schätzungen für den Musikmarkt als zu hoch einzustufen sind. Ein Umsatzvo-lumen von rund 500 Millionen Euro für den musikbezogenen Merchandising- und Sponso-ringmarkt wurde als realistisch eingeschätzt.

30 Nach Experteninterviews hat beispielsweise die Boygroup NEW KIDS ON THE BLOCK auf dem Höhepunkt ihrer Karriere in einem Jahr fast 850 Millionen US-Dollar mit Merchandising umge-setzt; hier vor allem mit Tourmerchandising, das unmittelbar nach dem Konzert verkauft wird. Merchandisingumsätze im Handel spielen generell eine geringere Rolle. Vgl. hierzu Glück, K. (2003), MusikMerchandising in Deutschland, in: Moser, R.; Scheuermann, A. (Hrsg.), Hand-buch der Musikwirtschaft, 6. vollständig überarbeitete Aufl., München, S. 431-443.

31 Außer in der von SCHULZE gelieferten Systematik, die aber für den vorliegenden Untersu-chungsgegenstand nur in ihrem Grundansatz verwertbar ist, da Nebenmärkte zu umfassend aus wettbewerbspolitischer Sicht aufgefächert und nur zum Teil quantifiziert wurden. Die Quantifizierung ist zudem veraltet, da sie Mitte der 90er-Jahre vorgenommen wurde.

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Paradigma der Erlösschere einen wichtigen Erkenntnisgewinn zur Erfassung des

Untersuchungsgegenstandes: Über die Hälfte aller generierten Umsätze im deut-

schen Musikmarkt werden von dritten Stakeholdern durch die Verwertung von Ne-

benrechten,32 z.B. durch Konzerte, Merchandising oder Sponsoring, getätigt und

gehen an der Musikindustrie vorbei, obwohl diese Erlösströme erst durch die

Künstlerentwicklung ermöglicht werden. Dieser Problemhintergrund macht deut-

lich, dass die Musikindustrie keinen ganzheitlichen Marktbearbeitungsansatz ver-

folgt und daraus Handlungsbedarf in zweierlei Hinsicht resultiert: Zum einen hat

die Musikindustrie keine ganzheitliche Steuerung und Kontrolle über die Künstler-

entwicklung und zum anderen partizipiert sie nicht an Erlösströmen entlang der

Wertschöpfungskette, die erst durch die Kompetenz der Musikindustrie, Popstars

zu kreieren, ermöglicht werden. Das Paradigma der Erlösschere zwischen Haupt-

und Nebenrechten der Musikverwertung, das hier für den deutschen Musikmarkt

2002 nachgewiesen wurde, konnte auch für den US-Markt konstatiert werden. In

zahlreichen Expertengesprächen wurde deutlich, dass das Verhältnis für den US-

Markt sogar noch höher liegen dürfte.33

„Popstar als Marke“ als Basisthese und Bezugsrahmen

Die skizzierte und empirisch fundierte Veränderung der Marktdynamik stellt die

Musikindustrie vor einen Paradigmenwechsel und erfordert eine Neudefinition des

Marktbearbeitungsmodells. Der deutsche Musikmanager RENNER fordert ein radi-

kales Umdenken der Industrie und definiert den Musikkünstler und das gesamte

Musikangebot als Marke, die ganzheitlich geführt und „ausgewertet“34 werden

32 Generell wird zwischen Haupt- und Nebenrechten unterschieden, die im Abschnitt B.2 der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie in B.3.2 eine Konkretisierung erfahren. Hauptrechte beinhalten die Leistungsschutzrechte der Musikindustrie, die Musikinhalte zu vervielfältigen, zu vermarkten und in Form von Tonträgern zu distribuieren. Nebenrechte verbleiben in der Regel beim Künstler-Management, das die Rechte an Dritte zwecks weitergehender Verwer-tung von Musikinhalten und Künstlerimage übertragen kann. Über dritte Stakeholder ermög-lichte Verwertungsformen wären z.B. eine Konzerttour, Merchandisingprodukte oder auch Sponsoringverträge. Vgl. hierzu die Darstellung der Kompetenzverteilung zwischen Musikun-ternehmen und Künstler-Management in Abschnitt B.3.2.

33 Dies ist vor allem darin begründet, dass globale Superstars im US-Markt entwickelt und von dort aus weltweit vermarktet werden. Die internationale Skalierbarkeit zeigt sich beispielhaft für den Sponsoringmarkt, wo Marken wie PEPSI zweistellige Millionenbeträge für Co-Branding-Aktivitäten mit Superstars ausgeben. Vgl. hierzu auch die BRITNEY-SPEARS-Fallstudie in Ab-schnitt D.3.324.

34 „Auswertung“ bzw. „Verwertung“ sind gängige Begriffe im Medienmanagement, die auf die ökonomische Nutzung von Medieninhalten abstellen. Der allgemeine medienwirtschaftliche Wertschöpfungsprozess beinhaltet die Erzeugung, Bündelung und Distribution von Medienin-

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muss. Die Musikindustrie soll hierbei die Rolle eines Markentechnikers und Ver-

markters spielen, wobei sie die Kontrolle über den Markenführungs- sowie den

Wertschöpfungsprozess innehaben muss.35

Den Künstler als Marke zu begreifen, bedeutet, die umfangreichen Erkenntnisse

der modernen Markenführung zu nutzen, um die Person und die Leistung des

Künstlers bekannt zu machen und das einzigartige Vorstellungsbild dieser Leis-

tung in den Köpfen der Konsumenten aufzubauen und langfristig zu gestalten.

Markentheorien dienen in dieser Untersuchung als Bezugsrahmen, um den Pro-

zess der Künstlerentwicklung und -vermarktung ganzheitlich zu analysieren und

neue Ansätze der Marktbearbeitung für die Musikindustrie zu entwickeln. Im Fol-

genden werden Gegenstand und Besonderheiten von Musikmarken genauer be-

leuchtet und Implikationen für die Musikmarkenführung abgeleitet.

2. Besonderheiten von Musikmarken und Herausforderungen

an die Markenführung

Die erkenntnisleitende Basisthese „Popstar als Marke“ impliziert, den Künstler und

das gesamte Musikangebot als Musikmarke zu begreifen. Hierzu wird der Begriff

in seine semantischen Bestandteile „populäre Musik“ und „Marke“ zerlegt und zu-

dem der Medienbegriff abgehandelt. Anschließend werden Besonderheiten von

Musikmarken herausgearbeitet und resultierende Herausforderungen an die Mar-

kenführung formuliert.

2.1 Musikmarken als Untersuchungsgegenstand

Für die definitorische Abgrenzung des Markenbegriffs im Kontext des Musikmark-

tes erscheint es sinnvoll, zunächst den generellen Markenbegriff zu klären und

halten. Die Verwertung umfasst hierbei die Stufen der Bündelung sowie Distribution und be-schreibt damit die Monetarisierung der Medieninhalte. Der Begriff Verwertung soll in dieser Arbeit auch auf Musikinhalte und Künstler angewandt werden. Vgl. zu Wertschöpfungspro-zess in der Medienindustrie allgemein Schumann, M.; Hess, T. (2002), Grundlagen der Me-dienwirtschaft, 2. Aufl., Berlin, S. 10.

35 Der Musikmanager TIM RENNER sagte als Geschäftsführer des Musikunternehmens UNIVERSAL MUSIC DEUTSCHLAND, es ginge darum, „sich endlich von der antiquierten Vorstel-lung zu verabschieden, dass man lediglich ein Tonträgerhersteller sei. Ein moderner Musik-konzern muss wie ein Markenentwickler arbeiten, weil Musiker heute nichts anderes sind als Marken, die man multipel auswerten kann.“ Vgl. Clark, T. (2003), Universal bittet Künstler zur Kasse, in Financial Times Deutschland, 24. März, S. 13.