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Betrieb Portalkran, Kohlebansen und Hochbunker dürfen in einem Bahnbetriebswerk dieser Größe nicht fehlen. Das gesamte Bekohlungs- Areal einschließlich der Hochbauten erhielt eine dezente Patinierung auf der Basis von Humbrol-Farben. In der Ära der DB AG undenkbar: Reges Treiben herrscht rund um den Fachwerk- Güterschuppen. Klein- Da werden Träume wahr: Mit seinem bayerischen Groß-Bw setzt Sven Rohmann einmal mehr Maßstäbe für die Spur Z schränkt. Seine Devise: „Man muß den Leuten zeigen, was im Modellbau mit dem Maßstab l: 220 möglich ist." Und das macht Rohmann mit wachsendem Erfolg. „Wie es wirkt, wenn in einer richti- gen Umgebung Züge fahren", beweist der versierte Diora- men- und Anlagenbauer mit immer neuen Schaustücken. Jüngstes Kind aus der Hobby- werkstatt des Doppeldoktors ist sein bayerisches Groß-Bw. Auf knapp 1,3 Quadratmetern hat der 36jährige ein vorbild- gerechtes Dampf- und Diesel- Bahnbetriebswerk der Epoche III im Miniclub-Format errich- tet. „Kein konkretes Vorbild", so erzählt mir Rohmann, habe er sich ausgesucht, sondern „eine bayerische Mixtur". „In der Hauptsache Würzburg und Lindau" lieferten dem gebürti- gen Frankfurter die Anregun- gen. „Die Struktur sollte den Richtlinien entsprechen, aber nicht hundertprozentig, weil es sich um ein aus der Länder- bahnzeit kontinuierlich ge- wachsenes Bw handelt", um- reißt Rohmann sein Konzept. Der Z-Bahner, dessen Vor- liebe sonst Schwarzwälder Mo- tiven gilt (siehe „Z-Flocken" im MODELLEISENBAHNER 12/97), hatte einen besonderen Grund, sich diesmal nach Bay- ern zu orientieren: „Das Groß- Bw sollte die Heimat der Bau- • Mit Herz ist Dr. Dr. Sven Rohmann nicht nur von Berufs wegen bei der Sache. Der Kar- diologe aus Reinheim ist ein begeisterter Z-Bahner, der sich nicht aufs Sammeln be- 100 Modelleisenbahner 10/1998

Portalkran, Kohlebansen Basis von Humbrol-Farben. In der ... · Portal-ehkran, Kohlebansen und. Hochbunker von Kibri sind dank Humbrol-Patina ihres Kunststoffglanzes beraubt, selbst

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Page 1: Portalkran, Kohlebansen Basis von Humbrol-Farben. In der ... · Portal-ehkran, Kohlebansen und. Hochbunker von Kibri sind dank Humbrol-Patina ihres Kunststoffglanzes beraubt, selbst

Portalkran, Kohlebansen und Hochbunker dürfen in einem Bahnbetriebswerk dieser Größe nicht fehlen. Das gesamte Bekohlungs-Areal einschließlich der Hochbauten erhielt eine dezente Patinierung auf der Basis von Humbrol-Farben.

In der Ära der DB AG undenkbar: Reges Treiben herrscht rund um den Fachwerk-Güterschuppen.

Klein-

Betrieb Da werden Träume wahr: Mit seinem bayerischen Groß-Bw setzt Sven Rohmann einmal mehr Maßstäbe für die Spur Z

schränkt. Seine Devise: „Man muß den Leuten zeigen, was im Modellbau mit dem Maßstab l: 220 möglich ist."

Und das macht Rohmann mit wachsendem Erfolg. „Wie

es wirkt, wenn in einer richti-gen Umgebung Züge fahren", beweist der versierte Diora-men- und Anlagenbauer mit immer neuen Schaustücken. Jüngstes Kind aus der Hobby-werkstatt des Doppeldoktors ist sein bayerisches Groß-Bw. Auf knapp 1,3 Quadratmetern hat der 36jährige ein vorbild-gerechtes Dampf- und Diesel-Bahnbetriebswerk der Epoche III im Miniclub-Format errich-tet.

„Kein konkretes Vorbild", so erzählt mir Rohmann, habe er sich ausgesucht, sondern „eine bayerische Mixtur". „In der Hauptsache Würzburg und Lindau" lieferten dem gebürti-gen Frankfurter die Anregun-gen. „Die Struktur sollte den Richtlinien entsprechen, aber nicht hundertprozentig, weil es sich um ein aus der Länder-

bahnzeit kontinuierlich ge-wachsenes Bw handelt", um-reißt Rohmann sein Konzept.

Der Z-Bahner, dessen Vor-liebe sonst Schwarzwälder Mo-tiven gilt (siehe „Z-Flocken" im MODELLEISENBAHNER 12/97), hatte einen besonderen Grund, sich diesmal nach Bay-ern zu orientieren: „Das Groß-Bw sollte die Heimat der Bau-

• Mit Herz ist Dr. Dr. Sven Rohmann nicht nur von Berufs wegen bei der Sache. Der Kar-diologe aus Reinheim ist ein begeisterter Z-Bahner, der sich nicht aufs Sammeln be-

100 Modelleisenbahner 10/1998

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reihe 18 werden." Und zu 4

diesen Pazifiks gehört nun einmal ein weiß-blaues Be-triebswerk.

„So ein Heimat-Bw sollte man allein schon wegen der Größe zu einem selbständigen Anlagenthema machen", warnt der penible Modellbah-ner vor allzu naßforschem Drauflosbauen. Schließlich er-

forderten die Dampflokomoti-ven einen hohen Wartungs-und Versorgungsaufwand. Man dürfe den Umfang allein der Freilandeinrichtungen keinesfalls unterschätzen, rät Rohmann.

Und nichts wirke stören-der, so seine Erfahrung, als ein aus Platzgründen erfolg-ter Verzicht auf Teile der

Bw-Infrastruktur. Bevor es ans Bauen geht, „mache ich erstmal eine Zeichnung, wie ich mir das Ganze vorstelle, klein und jede Menge Be-trieb", schildert der Reinhei-mer die Planungsfrühphase.

Zu der gehört auch die Überlegung, „was ich gerne alles auf der Anlage haben möchte", erzählt Rohmann.

Als da wären: Bekohlungs-, Besandungs- und Entschlak-kungsanlagen, Wartungsein-richtungen, Freilandwaschan-lage und Rohrblasgerüst, Ring-lokschuppen, Drehscheiben, Verwaltungs- und Loklei-tungsgebäude, Werkstatt, La-ger, Reparaturhalle, Ortsgü-teranlage, Schrottplatz, Stell-werk, Dieseltankstelle und

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Der Halbrund-Lokschuppen nach bayerischen Vorbildern ist Kernstück des Groß-Bws mit zwei Drehscheiben, in Z eine echte Seltenheit.

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ein Bahnbushaltepunkt. Dar-über hinaus mußte noch Platz sein für eine am Bw vorbei-führende Durchgangsstrecke.

„Und das alles muß irgend-wie zufällig wirken", ergänzt der stolze Modell-Bw-Besitzer. Zufällig? Wieso das? Ganz einfach, erklärt der Anlagen-bauer geduldig: Das angenom-mene Vorbild wäre schließ-lich auch nicht in einem Stück am Reißbrett entstan-den.

„Dieser Zufall ist ziemlich harte Planung gewesen", räumt Sven Rohmann ein. Die Einzelheiten, die mehr als ei-nen Skizzenblock füllen, be-hält der kreative Kopf für sich, aber soviel immerhin verrät er: „Ich nenne es die Spatenstichmethode, bei der keine Achse des gestalteten Modells mit einer Außenachse des Basisbretts parallel ver-läuft."

Den konstruktiven Anfang machte der Inständige Ringlok-schuppen. Klar war: „Ich wollte nicht den typischen Märklin-Schuppen haben", er-innert sich Rohmann. Gleich sechs Packungen des Göppin-ger Lokunterstandes ver- 102

Kein Zug von der Stange: Die 62008 hat vierachsige Abteil-wagen am Haken, die in kei-nem Geschäft zu kaufen sind. brauchte er. „Vorbildgerecht habe ich die diversen Seiten-mauern durch Spantenwerk ersetzt", schildert der Modell-bauer sein Vorgehen. Die Spanten gibt's Übrigens als Märklin-Ersatzteil.

„Problematisch wurde die einheitliche Außenmauerge-staltung, da die Millimeter der Seitenwände ja nun fehl-ten." Rohmann stellte schnell fest, daß bei einem mehr als sechsständigen Halbrund-schuppen ein einfacher Aus-gleich, nämlich die Kürzung der Bodenplatte, wegen der erheblichen Veränderung der Gleisgeometrie ausschied.

„Hier helfen nur noch die übrigen Mauerteile und Mut zur Improvisation", sagte sich der Tüftler aus Reinheim. Die Lücken fütterte er mit Mauer-streifen auf. Auch Fugenkitt leistete gute Dienste.

Auch auf dem Dach waren Nacharbeiten nicht zu umge-hen. Rohmann trennte alle Dachteile und setzte sie ein-zeln paßgenau auf das Span-

Für einen kräftigen Farbtupfer sorgt die Zuggarnitur aus Donnerbüchsen in roter Länder-bahnlacki rung. e

Da schau her: Eine echte Rarität auf Z-Gleisen ist diese als 031021 gesuperte Märklin-Serien-03.

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tenwerk. Kleinteile aus der Kibri-Fabrikpackung runde- ten die Dachausstattung ins- besondere des Werkstätten- baus ab. Nach dem Einsatz des Humbrol-Patina-Sets wirkt das dezent verwitterte Dach wie aus einem Guß.

Der Turmanbau, wiederum aus der Fabrikpackung von Kibri, mit der Lageranliefe-rung daneben ist farblich dem Bw angepaßt. „Entsprechend dem Anspruch, ein bayeri-sches Bw nachzubauen", färb-te Rohmann alle Mauerteile in einem Ockerton und hob die Steine der Fenstereinrah-mung mit Weiß hervor. Das verlangte eine ruhige Hand und viel Geduld. „In solchen Augenblicken verflucht man die Idee, einen großen Ring-

lokschuppen bauen zu wol-len", gibt der Mediziner un-umwunden zu.

Kein Wunder, daß Roh-mann von dem ursprünglich geplanten zweiten Lokschup-pen abkam. „Auf ihn habe ich zugunsten der Freistände ver-zichtet und postuliert, daß der zweite Lokschuppen im Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde", hat der pfiffige Hesse freilich ei-ne wesentlich besser klingen-de Begründung parat.

Wie auch immer, die Zer-störungsthese rechtfertigt je-denfalls zusätzlich das Vor-handensein einer zweiten Drehscheibe. „Es ist meines Wissens das erste Mal, daß im Maßstab 1:220 ein Halbrund-Ringlokschuppen nach bayeri-

schem Vorbild realisiert wur-de, und es dürfte auch einma-lig in der Spur-Z-Szene sein, daß zwei Drehscheiben in ei-nem Groß-Bw installiert sind", läßt Rohmann den Stolz des Pioniers anklingen.

Der Werkstattanbau ent-stand übrigens im sogenann-ten Kit-bashing aus nicht be-nötigten Rinklokschuppen-teilen. Auch die anderen Ge-bäude des Dioramas, das durchaus einmal Bestandteil einer größeren Z-Anlage wer-den könnte, würde ich so in keinem Ladenregal finden. „Ich habe jeden Bausatz ver-ändert", beeilt sich der Mo-dellbaumeister mir zu versi-chern.

Den Rechteckschuppen enttarnt Rohmann als ein N-Modell von Arnold, den gro-ßen Bockkran als Kibri-Pro-dukt. Auch das Gebäude der Verwaltung und Lokleitung, etwas unterhalb der die Frei-stände bedienenden ersten Drehscheibe, ist ein Böblinger Grundprodukt: Zwei Kibri-Packungen des Bahnhofs Ro-dach gerieten unter den ge-schickten Händen des Herz-spezialisten durch Kombina-tion der Wohnhausteile zu ei-nem ein Stockwerk höheren Bau mit Seitenanbauten. Der rankende Efeu von MZZ mit

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Gleich zwei Versorgungsgleise mit Zapfsäulen sind auf den wachsenden Andrang der Dieselloks eingerichtet.

Auch im Bahnbetriebswerk sind durstige Kehlen zu löschen, zur Not auch schon mal mit auswärtigem Gerstensaft aus Schwaben.

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Heki-Flockengespinst als Zu-tat macht die historische Di-mension des Bauwerks ebenso deutlich wie die zwei Jugend-stilleuchten von Railex. Der weiß-blaue Fahnenmast (Roh-werder) vor dem freistaatli-chen Verwaltungsbau darf na-türlich ebenso wenig fehlen wie das sicher schon sehn-

lichst erwartete Brauereifahr-zeug.

Doch was ist das? Ich

Vor bunt gemischtem Güterzug stehen die typisch bayerischen Flügelsignale (Beier) für Lokalkolorit

Auf dem Modell-Schrottplatz landen folgerichtig die Teile, für die der Dioramenbauer sonst keine Verwendung mehr hat.

stut-ze ein wenig. Bier aus Schwa-ben? Dieser Stuttgarter Lie-ferwagen muß sich doch glatt verirrt haben!

Während ich noch über den Gerstensaft nachsinne, muß für eine Detailaufnahme

einer der selbst in diesem Maßstab erstaunlich naturali-stischen Bäume weichen. „Macht nichts", meint der Modellgärtner und holzt das gute Stück aus eigener Züch-tung ab. „Die nächste Baum-generation ist schon in Arbeit

und wird noch besser", per-fektioniert Rohmann die Draht-Drilltechnik ständig weiter.

Stimmig sind auch die De-tails der Behandlungs- und Versorgungsanlagen. Portal-drehkran, Kohlebansen und

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Hochbunker von Kibri sind dank Humbrol-Patina ihres Kunststoffglanzes beraubt, selbst die Kohletaschen er-fuhren eine Alterung. „Auch im Modell sollte man berücksichtigen, daß die Kohle erst einmal zum Kohlebansen

Lagerannahme: Der Lkw ist ein Beier-Umbau; der dreiachsige Kleinlaster stammt von MZZ.

hat er sich auch für die Sand-aufbereitung (Faller) und für die Entschlackungsanlagen zu eigen gemacht.

So wirkt die Szenerie über-zeugend, wenn die gefüllten Hunte (Westmodell) per Schlackenkran (Umbau eines Westmodell-Bockkrans) zum Schlackenwagengleis trans-portiert werden, um die Lö-sche in die wartenden Schlak-kenwagen (Märklinumbau von Krüger) zu kippen. Den

Kontrast zur Welt der Arbeit besorgt das Grün, das am Bw-Rand üppig wuchert,

„Eisenbahn nd Land-uschaft, dafür ist Z prädesti-niert", sagt Ro ann im hmBrustt n der Übero zeugung. Schon als 13jähriger hat er seine Liebe zur Miniclub-Mo-dellbahn entdeckt. Aber an-gefangen hat es, „wie sich das gehört, mit einer H0-Bahn", so anno 1968. Als der Keller voller Märklin war, kam eine Spur-Z-Anfangspackung gera-de recht. Seither ließ ihn die Miniclub nicht mehr los, machte auch während der Studienjahre jeden Ortswech-sel mit.

„Die Modelleisenbahn muß fahren, muß Spaß machen, aber der Rest muß auch stim-men." Rohmann sagt's, und da ist es doch, worauf wir bei- de gewartet haben: Er lächelt.

Karlheinz Haucke

transportiert werden muß", findet der Modellbauer. Und ohne Zufahrgleis für die Koh-lewaggons geht das nicht.

Da die große Bahn für den Transport des schwarzen Gol-des so ziemlich alles einsetz-te, was Räder hatte und wie ein offener Güterwagen aus-sah, braucht auch der Modell-bahner nicht wählerisch zu sein. „Je älter und vergam-melter, desto besser", meint Rohmann. Diesen Grundsatz