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Porträtstücke von Peter Dell / von Georg Habich

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PORTRATSTUCKE

VON

PETfeR

DELL

VON

GEORO

HABICH

135

PORTRATSTUCKE

VON

PETER

DELL

VON

GEORG

HABICH

Das

groBe

Schaustiick

auf den

Bamberger

Domherrn

Willibald

von

Redwitz,

nur

in zwei

vollwertigen

Bronzeexemplaren

bekannt

(Berlin,

Kgl.

Miinzkabinett und

London,

Sammlung Oppenheimer,

Abb.

1),

bildet ein

kunstgeschichtliches

Problem.

Es

steht

unter

den Medaillen

des

XVI.

Jahrhunderts

vereinzelt da

und,

soviel ich

sehe,

ist niemals

ernsthaft

versucht

worden,

mit

dem

stattlichen

Stuck

einen

bestimmten

Meisternamen

zu

verknupfen.

Uber

die

Person des

Dargestellten

ist

nicht mehr

bekannt,

als die

Umschriften

besagen:

Conterfe(t)

H(errn)

Wilbalden

v

Redwiz

Thvmhern

z(u)

Bamberg

Vitzdom

z(u)

Wolfsperg

cz

seines Alters

XLIII

Iarn

und

auf

der

Riickseite:

Bei

Regiervng

des

ho(c)hwirdigen

Fvrsten vnd

H(errn)

H(errn)

Weiganden

Bischove

zv

Bam

b(er)g des Gesle(c)hts avch v(on) Redwiz A(nno) 1536] Willibald war also ein

Vetter

des

Bischofs

Weigand

von

Redwitz,

der den

Bamberger

Bischofstuhl

in den

Jahren

1522

bis 56 innehatte.

Nichts

in

seiner

Erscheinung

erinnert

an

den

geistlichen

Stand.

Die

reiche

Tracht,

eine

prachtige

Damastschaube und

goldgenestelte

Miitze,

ist

rein

weltlich,

und auch

das

energische

Profil

lieBe eher

an

einen

ritterlichen

als

an

einen

geistlichen

Herrn denken.

Die

Medaille,

ein

GuBstiick,

hat

113,5

mm

im

Durchmesser,

und

ungewohnlich

wie

diese

ihre

GroBe

ist

auch

die Form des Portrats

in

halber

Figur

mit

einem

dick

perligen

Rosenkranz

in den

Handen. Nicht minder

singular

ist

die

Ausstattung

mit

Spruchband

hinter

dem

Kopf.

?An

(ohne)

Got

Nichts?

lautet

die

Devise.

Ein

reich

gemusterter

Teppich

dient dem Brustbild als

Hintergrund.

Auch die

Wappenriickseite

fallt

aus

der

gewohnlichen

Typik.

Das stark reliefierte

Wappen

mit der

dekorativ

ge

haltenen

Helmdecke

scheint

gleichsam aufgelegt,

auf den

Fond

aufgesetzt,

ein

Eindruck,

der sich

noch

dadurch

verstarkt,

daB die Helmzier

sowohl

wie die

Rankenenden

der

Decke den

inneren,

kraftig

profilierten

Kreis

uberschneiden.

Auch

die

beiden

Rauten

zweige,.

die das

Ganze

einrahmen,

sind auf Medaillen

ungewohnlich.

Es

ist ein ein

heitlicher

Stil

von

ausgesprochener

Eigenart,

den

die

Medaille

aufweist.

Die

Figur

?

man

beachte

die

Verkiirzung

des rechten

Arms

?

und

in

gleicher

Weise

auch die

Wappenkomposition

ist

von

der Tendenz

beherrscht,

das

Relief

in

dekorativer

Weise

vom

Hintergrund

loszulosen,

den

Eindruck des Vollrunden

zu

erwecken. Beiden

Seiten

gemeinsam

ist dann die

derbe breite

Formgebung.

Trotz reichen

Details

fallt

sie

nirgends

ins

Kleine

oder

Minuziose.

Ein

spezifisch

bildhauerischer

Zug

ist dem

Stuck

eigen,

und hierdurch

unterscheidet

es

sich

von

der

gleiehzeitigen

Medaillenkunst,

die

gerade

in

Franken

um

diese

Zeit eine

entgegengesetzte

Entwicklung

nimmt

und,

was

goldschmiedmaBige

Finesse

anlangt,

damals einen kaum

zu

iiberbietenden

Hohe

punkt

erreicht

hatte.

Ganz

in

dekorativem

Geiste

halten sich

auch

die

Schriften.

Hart

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PORTRATSTUCKE

VON

PETER

DELL

VON GEORG

HABICH

137

WWWWWWWWMWMWWKBBKiMlBKt^w^BBiBmBB^BB

wEKBSBBBBBB'*~

(^mWMMM^BSB.l mi^SB^^B^^S^KmMMBlmW^^BS^KWWWWM^^mMTBi

Abb.

2.

Georg

Knauer

Holz.

Aus

Sammlung

R.

von

Kaufmann,

Berlin

und

ungelenk

sind

sie

offenbar

in

die

Form vertieft

eingegraben.

Die

steifen Charak

tere

verraten,

daB

es

ungewohnte

Arbeit

war,

die

der

Kiinstler

hier

leistete.

Besonders

deutlich

zeigt

die

Devise

auf

dem

Spruchband

den

handschriftlichen

Charakter.

Von

den

bekannten Medailleuren

der Zeit

kommt als Urheber

keiner

in

Betracht.

Der dekorative Charakter der Arbeit, die massive Form, weist vielmehr bestimmt auf

einen

Bildhauer

im

GroBen.

In

der

Bildhauerei,

namlich

in der

Epitaphplastik,

finden

sich denn auch die

nachsten

Analogien.

Typisch

fur die

Bronzegrabplatten

ist

die

Profilfigur

mit dem

Rosenkranz,

und der

aufgehangte

Teppich

im

Hintergrund

ist

ein

stehendes

Requisit

dieser

Monumentengattung.

Ganz

in der

Art

der

tektonisch

ver

wandten

Heraldik

an

Grabsteinen ist

auch die

Wappenruckseite

der

Medaille

angelegt.

Jahrbuch

d.

K.

PreuB.

Kunstsamml. 1918.

18

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138

PORTRATSTUCKE

VON

PETER

DELL

Kurz,

im

Kreise

der

Epitaphbildhauer,

und

zwar

in

Franken,

ist

der

Meister

ohne

Zweifel

zu

suchen.

Die

Medaille

gehort

eng

zu

einer

Gruppe

von

holzgeschnitzten Reliefportraten

kleinen MaBstabs. Auf die richtige Fahrte bringt ein neuerdings aus der Sammlung

v.

Kaufmann

in

Berlin

in den

Munchener

Kunsthandel

gelangtes

Reliefbildnis

des

Georg

Knauer1),

das

hier

in

naturlicher GroBe

in

Abbildung

erscheint

(Abb.

2).

Von der

Abb.

3.

Pankraz

Kemmerer

Holz.

Berlin,

Kaiser-Friedrich-Museum

selben

Hand,

wie mir

scheint,

ruhren

ferner

her:

das kleine

Portratstuck

des

Pankraz

Kemmerer

in Berlin

(Abb. 3)

und

weiter das

schone

Doppelbildnis

eines

ritterlichen

Paares

im

Viktoria-

und

Albert-Museum

in

London

(Abb.

4).

Wie

auf

der

Medaille

erscheinen

auf

den

Reliefs

die

Personen

durchweg

in

Halbfigur

sitzend,

und

zwar

in

einer

sehr

charakteristischen,

durch die

rundlich

abfallenden Schultern

bedingten

Silhouette.

Hier

wie dort

dominiert

das

schwere,

groB gemusterte

Kostiim

mit

wulstiger

Faltengebung

und dick

gebauschten

Armeln.

Samtlichen

Stiicken,

gemeinsam

ist

die

weiche

breite

Anlage

der

Form,

die

den

Eindruck

erweckt,

als handle

es

sich nicht

*)

Auktionskatalog

der

Sammlung

Richard

von

Kaufmann,

Lepke

und

Helbing,

Berlin

1918,

Nr.

336.

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VON

GEORG

HABICH

139

um

hartes

Holz,

sondern

um

pastose

Masse.

Ohne

weiteres

leuchtet

der

Zusammen

hang

zwischen

Redwitz

und

Kemmerer

ein,

aber

auch

Georg

Knauer

zeigt

verwandte

Zuge,

vor

allem

im

Kostum.

Durchgehend

ist der

Hintergrund

in

Schulterhohe hori

zontal abgeteilt. Bei Knauer erscheint hier wieder

der

aufgehangte Teppich. Was

anderseits

Kemmerer

und

Knauer

miteinander

verbindet,

ist

vor

allem

der

gleich

artige

architektonische

Rahmen

mit den

ubereinstimmenden,

in

Tiefschnitt

gegebenen

Pilasterfullungen

und dann die vollkommen

konforme

Schrift.

Ungemein

charakteri

stisch

ist endlich

die

gleichformige Behandlung

des

Hintergrundes

der

Kopfe

mit

den

strahnigen

Strichlagen.

Eine

fuhlbare

Differenz

zwischen

der Medaille und

den

Reliefs

wr^BSBWmBBB&^BBBB&SS

waMMnmaBMa^^BMmwWMMBBmMmLSmW^

WmWWWBB^BBMMMMmBBB&:'y^^

-^t^lT^im^rii^ii

'

JvS^^^BmmBmWt

^mmmmmmmmB^mm^^^ESBBBwBSSSKBB

Abb.

4.

Unbekanntes Paar

Holz. London, Victoria- und Albert-Museum

besteht

nur

in

der

Form

der

Schriftzeichen.

Aber der

Unterschied

erklart

sich

ohne

weiteres

aus

der

Technik. Die

Holzreliefs

tragen

die

Schrift

in

Hochschnitt,

die

Medaillenumschriften verraten

durch ihren

Duktus,

daB

sie nicht

im

Modell

erhoht,

sondern,

wie bereits

bemerkt,

im

Negativ

vertieft

angebracht

sind.

Als

eine

fiinfte

Arbeit

desselben Meisters

mochte

ich,

wenn

auch mit

geringerer

Sicherheit,

das Bildnis

eines Herrn mit

Namen

Wolfhart

von

Werensdorff

(Wernsdorf,

ein

Ort

bei

Bamberg)

anfuhren

(Abb.

5).

Das

Stuck

ist

mir nicht im

Original,

sondern

nur

aus einem GipsabguB imGermanischen Museum bekannt. Mit dem seitlichen Pilaster

abschluB und

der

zinnenartig

gekronten

Mauer

im

Hintergrund

steht

es

dem

Ehepaar

in

London

nicht

fern.

Es

ist

1528

datiert,

so

daB auch

das

freilich

ungleich

feinere

Londoner

Stuck

wohl

in

diese

fruhe Zeit

hinaufzurucken

ist.

Knauer

tragt

die

Jahr

zahl

1537(?),

ist

also

mit

der

Redwitz-Medaille

fast

gleichzeitig,

in deren Nahe

dann

auch

Kemmerer

zu

stellen

sein

wird.

18*

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140 PORTRATSTUCKE

VON

PETER

DELL

Das

Knauer-Relief

ist

signiert.

In dem Zwickel

rechts oben sind

die

Initialen

PD

angebracht.

Die

im

Katalog

vorgeschlagene Lesung

?post

dominum? kann

ich

mir nicht

zu

eigen

machen.

Vielmehr

scheint

es

mir

nicht

zweifelhaft,

daB hier das

von Kleinbildwerken und von Epitaphien bekannte Monogramm des Wiirzburger Bild

hauers Peter

Dell,

und

zwar

des alteren

dieses

Namens,

vorliegt.

Ober

Peter

Dell,

Vater

und

Sohn,

sind

wir

durch die

Studien

von

Leo

Bruhns

unterrichtet').

Der

altere Dell

wird schon 1501

unter

den

Gesellen

Tilmann

Riemen

.d&nEliiiuLiiiy&MHHi

*^M0^&&?fr* f^^^^^^B^^BS^^^B^^BB^^

^^^^BS^^^&T'fc^BBt''^^B^^^B^^^EBB^^Bmi^^B

Abb.

5.

Wolfhart

von

Werensdorff

Nach

Gips

Schneiders

genannt,

aber

erst

1534

wurde

er

Meister.

Er

fungierte

dann

in der Zunft

1541?49

als

Geschworener des Handwerks.

Sein

gleichnamiger

Sohn

erhielt

1551

das

Meisterrecht.

Aus

der Zahl der

Gesellen,

die

beide

beschaftigten,

ist

auf einen

groBeren

Werkstattbetrieb

zu

schlieBen.

Epitaphien

in

Stein

waren

es

vorwiegend,

was

sie

arbeiteten,

und eine

ganze

Anzahl

von

solchen

findet

sich

noch heute

in

den

Kirchen

des

Maingebiets

und

weiter

in

Hessen

sowie

in

Baden

zerstreut.

Nicht

weniger

als

elf

tragen

die

Signatur

PD.

Dasselbe

Monogramm

weist

eine

Reihe

von

Kleinbildwerken

auf,

bei denen ich

schon vor Jahren den Namen Peter Dell vermutungsweise vorgeschlagen hatte. Es sind

Reliefs

religios-dogmatischen

Inhalts:

Gnadenstuhl

im

Kaiser-Friedrich-Museum

in

Berlin,

])

Grabplastik

des

ehemaligen

Bistums

Wiirzburg,

Leipzig

1912,

S.

54.

?

Die beiden

Peter Dell

und

Thomas

Kistner,

drei

Wiirzburger

Bildhauer

des XVI.

Jahrhunderts,

Arch. d.

Hist.

Ver.

f.

Unterfranken,

Bd.

LV,

S. 105.

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VON

GEORG

HABICH

141

Kreuzigung,

Auferstehung

und eine

symbolisch-allegorische

Darstellung

der

Heilslehre

im

Griinen

Gewolbe

in Dresden

(Abb.

6

u.

7)

und

endlich eine

Allegorie

des christlichen

Glaubens im

Germanischen Museum. Die Initialen

erscheinen auf

dreien

der

Tafeln,

allerdings mehr monogrammatisch ineinandergestellt, aber der Duktus mit dem bauchigen

P

ist doch

unverkennbar

derselbe

wie

auf

dem

Knauer-Portrat.

Wegen

einer

Widmung

an

Herzog

Heinrich

von

Sachsen,

die eine

der

Dresdener

Tafeln

tragt,

hielt

man

die

Arbeiten fiir

sachsisch,

und

der Name des

frankischen Bildhauers

fand

keinen

Anklang.

Abb.

6.

Philipp

Melanchthon

Blei.

Oxford

Nun aber

bestatigt

Bruhns diese

Vermutung

auf

Grund

der

monogrammierten

fran

kischen

Epitaphien,

und

so

sehr diese auch

der

festen

Typik

ihrer

Gattung

unterliegen,

weisen

doch

manche

von

ihnen

stilistische

Vergleichungspunkte

mit

den

Holzbildwerken

auf.

So findet

sich als

ein

Beleg

fiir die

seltsam

symbolisierende

Neigung

des

Meisters

auf

einem

Stein

in

Hammelburg

(Bruhns,

Die beiden Peter

Dell,

Taf.

HI,

Abb.

4)

der

Kruzifixus,

von

einem

Weinstock

umrankt,

in

derselben

Stilisierung

und

offenbar auch

in

derselben

Bedeutung

wie auf

dem

Gnadenstuhl

in Berlin.

Die

Reliefs

sind

zum

Teil datiert. Zwei

von

den Dresdener Stiicken

tragen

die

Jahreszahlen 1528 und 1529. Die Allegorie in Niirnberg stammt aus dem Jahr, da Dell

zum

Meisterrecht

gelangte,

1534.

Der Berliner Gnadenstuhl

dagegen

ist 1548

entstanden,

also ein

Alterswerk.

Uberall

in

diesen

Kompositionen

erweist

sich

Dell

als

skrupel

loser

Eklektiker,

der

das

Gute

nahm,

wo

er

es

fand,

von

Holbein

und

Mantegna

')

Munchener

Jahrbuch

fur bildende

Kunst

I

(1916),

S.

123.

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142 PORTRATSTUCKE

VON

PETER

DELL

wie

von

dem

ihm

im

Grunde

wesensfremden

Hans

Leinberger,

mit

dem

man

ihn

in

Schulzusammenhang

hat

bringen

wollen. Aber

neben der

Leinbergers

schwungvolles

Barock

imitierenden

Kreuzigung

von

1528 in

Dresden

steht die

Auferstehung

daselbst

von 1529, die zwar in der Hauptfigur das Leinbergersche Pathos durch eine elegante

Emphase

zu

iiberbieten

trachtet,

aber

im

iibrigen

sich

eher

in der

Richtung

der

klassi

zistischen

Renaissance

etwa

der

Augsburger

Bildhauer

von

der Art

der

Daucher

und

Abb.

7.

Auferstehung

Holz.

Dresden,

Grimes

Gewolbe

(verkleinert)

des

Loy Heririg

bewegt.

Ein

ausgesprochen

akademischer

Zug

geht

durch die

figuralen

Kompositionen,

und der

abstruse

Symbolismus,

der ihren

geistigen

lnhalt ersetzen

soil,

macht die Sachen

nicht

schmackhafter. Der

stilistische

Zusammenhang

zwischen

den

Portratstiicken

und den

Figurenreliefs

ist bei der

gegenstandlichen

Verschiedenheit

naturgemaB

nicht

groB.

Immerhin

gibt

es

Vergleichungspunkte.

Die

strahnigen

Wolkenziige

wie bei Knauer und Kemmerer finden sich

genau

entsprechend

auf der

Dresdener

Auferstehung

(Abb.

7),

und die

Wolken

in

Form

von

schmalen

Banken

zu

Haupten

des

Werensdorff

sind ebenso

auf der

Allegorie

der Heilslehre in

Dresden

zu

finden

(Abb.

8).

Hier

erscheinen denn

auch

dieselben

halbierten

Balustern wie bei

Werensdorff

und

dem

Londoner

Doppelportrat

als

seitlicher

AbschluB.

Die

landschaft

liche

Ausgestaltung

des

Hintergrundes

der

beiden Londoner

Figuren

hat

in den

Pro

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VON

OEORO

HABICH

143

spekten

der

figiirlichen

Reliefs

mit

ihren

romantischen

Bergschlossern

eine nahe

Ana

logie.

Nicht

zu

ubersehen

sind

auch die

reichlich

angebrachten Schriften;

sie

zeigen

denselben

Duktus

wie

die

beschrifteten

Portratstucke.

Die Sitte, sich in Form kleiner Reliefplatten in Holz oder in Kelheimer Stein

portratieren

zu

lassen,

ist im

Anfang

des

XVI.

Jahrhunderts

in

ganz

Oberdeutsch

Abb. 8.

Allegorie

der

Heilslehre

Holz.

Dresden,

Griines

Gewolbe

(verkleinert)

land

verbreitet

und

steht im

Zusammenhang

mit

der

Entwicklung

der

Medaille

einerseits und der

Epitaphplastik

anderseits. Der

Schritt

von

diesen

Kleinreliefs

zur

Medaille

ist nicht

groB,

und

es

kann

nicht

iiberraschen,

wenn

sich

z.

B. auf

dem

prachtigen Reliefkonterfei des Herrn Schad von Mittelbiberach im Kaiser-Friedrich

Museum

(Voge, Katalog

Nr.

108)

dieselbe,

freilich

noch

nicht entratselte

Kunstlersignatur

findet

wie auf

einigen

Medaillen. Andere

Beispiele

dieser

Gattung

finden

sich

in

Museen und

Privatsammlungen,

so

die

stattliche

Landsknechtfigur

eines

Wolfgang

von

Thenn,

Kniestiick

sitzend,

mit

einer

Jagddarstellung

im

Hintergrund

(London,

Britisches

Museum,

Waddeston

Collection),

ferner die

mit den

Initialen

MW

bezeichnete

Halb

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144 PORTRATSTUCKE

VON

PETER

DELL VON

GEORG

HABICH

figur

eines

jungen

Mannes in einer

Landschaft

von

Altdorferschem

Charakter

im

Wiener

Hofmuseum

(v.

Schlosser,

Werke der

Kleinplastik,

Bd.

II,

Taf.

XXIII),

das

Brustbild

des

Georg

Tannstetter

und seines

kleinen

Sohnes im

Kloster

Melk,

ein

Unbekannter

in architektonischem Rahmen mit Adlerflug imWappen, Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum

(Amtliche

Berichte

Bd.

XXXIV,

S.

241)

usw.

Ein

hubsches Stuck

dieser Art

in

Stutt

gart,

Hans

Froschauer

darstellend,

ist als kleine

Holztafel mit

Schiebedeckel

eingerichtet

und

mit

einem

Kettchen

zum

Tragen

versehen.

Hierher

gehoren

weiter

die

kleinen

Steinmodelle

zu

Epitaphien.

Schon

das

Mittelalter

kannte

solche.

Die

Solenhofer

Platte

Ludwigs

des

Gebarteten

von

Bayern

Ingolstadt

in

Miinchen ist

das alteste

Beispiel.

Im XVI.

Jahrhundert

werden diese

kleinen

Reliefs,

von

denen

freilich nicht

recht

sicher

ist,

ob sie

wirklich

als

Mo

delle

fiir

die

groBe

Bildhauerarbeit

gedient

haben

oder

nur

als

zierliche

?Memento

mori?

aufbewahrt

wurden,

mit

besonderer

Feinheit

durchgebildet.

Otto Heinrich

von

der Pfalz besaB ein solches Miniaturepitaph in einem Kastchen in seinem Schreib

zimmer.

Das

reichste Stuck

dieser

Art,

eine

schone

Architektur

mit dem

Portrat des

Mainzer

Erzbischofs

Daniel Brendel

von

Homburg, gelangte

aus

der

Sammlung

Spitzer

an

Pierpont

Morgan

').

Es ist

signiert

HK

?

VB,

und auch

diese

Signatur

kennen

wir

von

einigen

Medaillen.

Etwa

im

Typus

der

Professorenepitaphien

halt sich eine Blei

plakette

mit dem

Bildnis

Melanchthons

im

Ashmolean-Museum

in

Oxford

(Abb. 6).

Auf

der

Riickseite

steht

vertieft,

vielleicht

von

Melanchthons

Hand:

NE

O

5

.

I

K

?1

N.

(sic).

Ein

Epitaph

im

kleinen

stellt

auch

das

Relief

bildnis

des

Ulmer

Superintendenten

Ludwig

Rabus

dar,

das

sich

ebenfalls bei

Pierpont Morgan

befindet.

Es

tragt

die

Signatur

HAB.

Von

den

Epitaphien

stammt

naturlich bei den

Portratstiicken die

architektonische

Um-,

rahmung,

und

auch Peter

Dell entlehnt

seine

Renaissancearchitekturen

dorther.

?

Schlichter,

sachlicher und

weniger

reflektiert

als in

seinen

figiirlichen

Zusammen

stellungen

zeigt

Dell sich in

diesen

kleinen

Bildnissen

jedenfalls

von

der

sympathi

scheren

Seite.

Er

bewegt

sich hier

auf

einem

Gebiet,

das ihm

von

seinem

eigentlichen

Metier

her

offensichtlich

vertraut

war,

und

auch die

Medaille

laBt seine

Geiibtheit

im

Portratistischen vorteilhaft

erkennen.

NACHTRAG

Wie ich erst wahrend des Druckes durch Herrn Geheimrat von Falke erfahre,

befindet sich

das

in

Holz

geschnitzte

Original

des Wolff

(sic)

von

Werensdorff

(siehe

oben

Seite

140,

Abb.

5)

im

Besitz

von

Baron

Heyking-Truntlack.

Das

Stuck

ist,

wie

mir im

GipsabguB entgangen

war,

auf dem

seitlichen

Baluster

oben

signiert:

P?D.

')

Abgebildet Early

German

Art,

Katalog

der

Ausstellung

des

Burlington-Klubs

1906,

Taf.

L,

22.

?

Collection

Spitzer

(groBer

Katalog),

Bois

et

pierres

de

Munich,

PL

XL