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82 MESSER MAGAZIN PORTRÄT DIETMAR POHL, MESSERDESIGNER UND -EXPERTE 82 MESSER MAGAZIN

PORTRÄT DIETMAR POHL, MESSERDESIGNER UND -EXPERTE€¦ · tom Knife Show. Dort traf er al-le vier großen Knife Maker, die bekannte Filmmesser machten: Jimmy Lile, Gil Hibben, Jack

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Page 1: PORTRÄT DIETMAR POHL, MESSERDESIGNER UND -EXPERTE€¦ · tom Knife Show. Dort traf er al-le vier großen Knife Maker, die bekannte Filmmesser machten: Jimmy Lile, Gil Hibben, Jack

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PORTRÄT DIETMAR POHL, MESSERDESIGNER UND -EXPERTE

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PORTRÄT DIETMAR POHL, MESSERDESIGNER UND -EXPERTE

> Es ist der Traum vieler Men-schen: Mit dem sein täglich Brotverdienen, was einem am mei-sten Spaß macht. Leider klapptdas in den seltensten Fällen.Dietmar Pohl zeigt, dass es geht– mit viel Engagement und einwenig Glück.

Pohl, Jahrgang 1966, wurdeschon früh mit dem Messervirusinfiziert. Als Zehnjähriger be-wunderte er das Fallschir-mjäger-Kappmesser sei-nes älteren Bruders, dergerade seinen Wehr-dienst ableistete. DasFallmesser und seineMechanik faszinie-

ren ihn bis heute. Die Affinitätzum Thema Messer wurde ihmquasi in die Wiege gelegt, dennin der Familie besaß das Militärstets einen hohen Stellenwert.Kein Wunder, dass sich DietmarPohl als Jugendlicher vor allemfür militärische Messer interes-sierte.

„Damals gab’s aber nichtviel“, berichtet er heute. Außer

Nachbauten des amerikani-schen Ka-Bar-Kampfmes-sers und dem Bundes-

wehr-Soldatenmesser warkaum etwas auf dem deut-

schen Markt. Anfang der 80erJahre kam dann das Glock

Feldmesser heraus. Klar, dassDietmar eines haben musste.

Schließlich kam der Film,der bei vielen heutigen Messer-fans eine Schlüsselrolle spielte:Rambo (First Blood). SylvesterStallone als messerschwingen-

der Einzelkämpfer und sein ge-waltiges Jimmy-Lile-Survival-Knife gaben der Messerindustrieeinen wichtigen Impuls und leg-ten die Keimzelle für zahlreiche

spätere Messermacher. DietmarPohl ging es nicht anders: Erverschwand, nachdem er denFilm gesehen hatte, sofort imKeller und feilte in sein Ka-Bareinen Sägerücken.

Damit nicht genug: Er woll-te unbedingt ein richtiges Ram-bo-Messer haben, doch das wargar nicht so einfach: „Das größ-te Problem damals war die In-formationsbeschaffung“ erzählter. Google und das Internetstand noch in den Sternen. Alsobesorgte er sich 1986 bei derKölner Firma Messer Matheisenerstmal ein amerikanisches„Knives“-Jahrbuch, fand darin

Der Messervirus infizierteDietmar Pohl als Zehn-jährigen. Er wurde ihn niemehr los.

DER MESSERMANNEr hat das geschafft, wovon viele träumen: Dietmar Pohl hat aus dem Hobby Messer eine erfolgreiche Karriere gemacht. Er ist heute als Designer, Experte, Buchautor und Manager gefragt.Text: Hans J. Wieland • Fotos: Hans J. Wieland, Archiv Pohl, Archiv Böker

Der Anfang: Die Originalzeichnung von Dietmar Pohl aus dem Jahr 1994 und das spätereSerienmodell des Böker Speedlock. Interessant sind die unterschiedlichen Projektnamen.

Evolution: Das Speedlock T4 ist

die letzte Generationdes erfolgreichen

Springmessers aus Solingen, das Dietmar

Pohl entwarf.

Mit Experten-unterstützung: DasMagnum T-MarinerTauchermesse entwickelte Pohl zusammen mit dem Extrem-taucher Jens Höner.

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Folgen diese Einladung habenwürde. Gil Hibben erzähltenämlich einem weiteren Messe-besucher davon: Ernst-WilhelmFelix-Dalichow, dem Chef derSolinger Firma Böker. Der wie-derum lud postwendend Hibbenund Pohl zum Besuch ein. Sokamen Dietmar Pohl und dieFirma Böker in Kontakt.

Etwa ein halbes Jahr späterfragte Dietmar Pohl bei Bökeran, ob er dort nicht in den Se-mesterferien ein betriebswirt-schaftliches Praktikum machenkönne. Er konnte. „Man zeigtemir einige Entwürfe und fragtemich, was ich davon halte“, be-richtet er aus diesem Praktikum.„Ich sagte, dies oder das würde

ich anders machen.“ Die Ant-wort von Felix-Dalichow: „Na,dann mach’ mal.“ So entstandendie ersten Pohl-Entwürfe.

Das Praktikum lag erst we-nige Monate zurück, da klingel-te bei Dietmar Pohl das Telefon:Die Firma Böker bot ihm einenVollzeit-Job an, in Produktent-wicklung und Marketing. DasProblem dabei: Er musstezunächst sein Studium beenden.Man einigte sich auf einenKompromiss: Pohl arbeitete vonFrühjahr bis Winter 1994 inTeilzeit bei Böker, während ernoch seine Diplomarbeitschrieb.

In dieser Zeit entstand auchsein wichtigster Entwurf: das

die Adresse von Gil Hibben undrief ihn an. Er bestellte bei dembekannten Messermacher einoriginal „Rambo III“. Als eskam – wir schreiben das Jahr1987 – war es das erste Stückdieses Typs in Deutschland.

Seit 1988 sammelt DietmarPohl handgefertigte CustomKnives – zunächst ausschließ-lich Film-Messer. Dieses nichtganz billige Hobby finanziertesich der Student der Wirt-schaftswissenschaften (und heu-tige Diplom-Ökonom) in denSemesterferien mit harterSchichtarbeit bei Bayer Chemie.1990 besuchte er zum erstenMal eine amerikanische Messer-ausstellung, die California Cus-

tom Knife Show. Dort traf er al-le vier großen Knife Maker, diebekannte Filmmesser machten:Jimmy Lile, Gil Hibben, JackCrain und Herman Schneider.Mit Gil Hibben verbindet ihn

seitdem eine herzliche Freund-schaft.

Bei einem weiteren Treffenim Jahre 1993 – diesmal bei derMesserausstellung in Paris – ludDietmar Pohl seinen Freund GilHibben nach Deutschland ein.Er konnte nicht ahnen, welche

Hollywood-Messer hattenes Dietmar Pohl angetan.Heute spielen seine eige-nen Entwürfe im Film mit.

Custom Knives aus der Sammlung: Das Bowie von Joe Keeslar (links) bekam er 1994 von seiner Familie geschenkt. Das Tactical Wakizashi vonWally Hayes machte er sich zum 40. Geburtstag selbst zum Geschenk.

Reine Handarbeit: Jedes Pohl-Design entsteht seit mehr als 13 Jahrenauf dem Zeichenblock.

Entwicklungsstufen: Das Speedlock 3000 von der Zeichnung über denvon Pohl selbst gebauten Holzprototyp bis hin zum Serienmodell.

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Feinarbeit: Hier werden die Griff-schalen von Hand angepasst.

Speedlock. Die Anregung zudem erfolgreichsten deutschenSpringmesser kam durch einenBericht eines US-Magazins überdas „Black Knife“ des Messer-machers Ron Miller – einSpringmesser mit gefrästemAlukörper und Spiralfeder. DieFirmen Al Mar und Benchmadebrachten bald Kopien auf denMarkt.

Pohl adaptierte das Spiralfe-derkonzept und entwarf drum-herum einen Messerkörper, wieman ihn noch nie gesehenhatte. Inzwischen ist diedritte Generation desE r f o l g s m o d e l l s(Speedlock T4) aufdem Markt.

Von 1995 bis 2007 war Diet-mar Pohl für das Design derMagnum Collection Jahresmes-ser verantwortlich, ebenfallseine extrem erfolgreiche Seriefür Sammler. Die Nachfrage ist

teilweise so hoch, dass die Serieausverkauft ist, bevor das erste

Stück ausgeliefert ist. Da-neben entstanden auf sei-nem Zeichenblock (bisheute wird jeder Entwurf

mit Bleistift auf Papier ge-zeichnet, allen Computer-De-

Das Speedlock ist einesder erfolgreichsten modernen Messer und einMeilensten für Böker.

sign-Programmen zum Trotz)verschiedene Messermodelle fürdie Serien von Walther, Heck-ler&Koch, SIG Sauer oder Ka-lashnikov. Dabei versucht Diet-mar Pohl immer, ein verbinden-des Element zu den Schusswaf-fen zu finden, wie zum Beispieldie Struktur des Griffs.

Seine Messer haben es in-zwischen selbst zu Filmruhmgebracht: Das Collection-Mes-ser 1998 zum Beispiel schafftees in die Hollywood-Produktion„The Fight Club“ mit Brad Pitt,und das Speedlock IItauchte in denHänden vonS c h a u -spie-

Serienerfolg:Das bislang letzte

Magnum CollectionMesser aus der Feder von

Dietmar Pohl (2007). Diekomplette Edition war

bereits nach kurzer Zeitausverkauft.

Heute ein gesuchtes Sammlerstück:Mit diesem Bolster Guard Design

startete 1995 die Pohl-Design-Serie derMagnum Collection Knives.

Kompetenter Rat: Das Design des Böker Orca

entwickeltePohl zusammen

mit Bernd Soens und der GSG-9.

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lerin Halle Berry im letzten Ja-mes-Bond-Film mit PierceBrosnan auf.

Durch seinen Beruf, dergleichzeitig sein Hobby ist(auch dem Messersammeln ister treu geblieben), hat DietmarPohl viele Menschen kennenge-lernt und Kontakte geknüpft. Erhat oft mit Spezialeinheiten vonMilitär und Polizei zu tun, istseit 1997 Mitglied im BundDeutscher Militär- und Poli-zeischützen, hat ausgezeichneteKontakte zu Einheiten wieGSG-9, SEKs, Fernspähern undden Kampfschwimmern. Mitden denen schwamm er auchschon durch die eiskalte Ostsee.Im Jahr 2001 absolvierte er in

Virginia, USA, erfolgreich ei-nen SWAT-Team-Lehrgang(SWAT = Special Weapons andTactics). Alles keine leichtenÜbungen: „Manchmal frage ich

mich schon, was ich hier eigent-lich mache“, sagt er lachend.

Doch diese Erfahrungenfließen in seine Messerentwürfeein: Das Böker Orca Taucher-messer zum Beispiel wur-de zusammen mit derGSG-9 ent-w i c k e l t ,

das T-Mariner-Tauchermesserwird derzeit von den Kampf-schwimmern geprüft.

Dietmar Pohl geht den Din-gen gern auf den Grund, und erwill wissen, worüber er spricht.Deshalb machte er schon 1993bei Gil Hibben einen Messer-baukurs. Von ihm lernte er auchdas Messerwerfen. Bei DanielWinkler in dessen Blockhütte inden Bergen vonNorth Ca-

rolina lernte er 1995 dasSchmieden. Bei Jim Wagner,Nahkampfausbilder für Polizeiund Sondereinheiten wie derGSG-9, absolvierte DietmarPohl einen Personal-Protection-Instruktoren-Lehrgang. Die bei-den entwickelten später zusam-men für Böker das Reality-Ba-sed-Blade-Messer. Auf seinerAgenda für 2008 steht ein Bajo-nett- und Messerkampflehrgangin Quantico, Virginia, zu demihn das Martial Arts Center ofExcellence des U.S. MarineCorps eingeladen hat.

Heute ist Dietmar Pohl inter-national bekannt und gefragt –

Praktische Erfahrung zusammeln, ist sein Ziel – obbeim Messermachen odermilitärischen Training.

Waffendesigner unter sich: Links Michael T. Kalashnikov, rechts Dietmar Pohl, bei einerBöker-Pressekonferenz 2003.

Treffen 1996: Pohl konnte Nahkampflegende Col. RexApplegate zur Zusammenarbeit mit Böker bewegen.

Vom Namensgeber abgesegnet:Das Böker Kalashnikov AK-47 von Dietmar

Pohl fand den ungeteilten Zuspruch des legendären Konstrukteurs. Michael T.

Kalashnikov zeigte sich begeistert .

Nach den Speedlocks die erfolg-reichste Messerserie von Dietmar Pohl: Magnum Kalashnikov AK 74.

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PORTRÄT DIETMAR POHL

Dietmar Pohl kam über das Hobby Messersammeln zum Beruf. Er war 13Jahre lang für die Solinger Firma Böker tätig und entwickelte dort unteranderem das Speedlock-Springmesser. Außerdem machte er sich alsBuchautor und Experte für taktische Einsatzmesser und Filmmesserinternational einen Namen. Dietmar Pohl ist seit kurzem für die FirmaEickhorn Solingen Limited tätig.

Kontakt:Eickhorn-Solingen LimitedLöhdorfer Str. 7242699 SolingenTel. 0212-66050

KURZPORTRÄT

Dietmar Pohl hat bislang nebenzahlreichen Artikeln für verschie-dene Zeitschriften (unter andereauch für das MESSER MAGAZIN)drei Bücher geschrieben, die je-weils in mehrere Sprachen über-setzt wurden. Alle drei sind in un-serem Buchshop (S. 56) erhältlich.Im Laufe des Jahres 2008 er-scheint der nächste Titel, der sichmit Kampfdolchen beschäftigt.

Gefühlte Wassertemperatur null Grad: Dietmar Pohl zusammenmit Spezialkräften der Bundeswehr nach einem gemeinsamenTauchgang für sein Buch „Messer deutscher Spezialeinheiten“.

BUCHTIPPnicht nur als Designer, sondernauch als kompetenter Experte,Berater und Buchautor. Nach 13Jahren und mehr als 50 umge-setzten Messerentwürfen hat ervor kurzem die Firma Bökerverlassen, um sich neuen Aufga-ben zuzuwenden: Er baut beider Firma Eickhorn SolingenLimited, die vor allem Messerfür Militär und Behörden produ-ziert, ein Produktprogramm fürden Zivilmarkt auf.

Daneben widmet er sich ver-stärkt der Autorentätigkeit.Außerdem soll es in absehbarerZeit eine neue Messerserie untereigenem Namen geben. Kaumvorstellbar, dass es kein Erfolgwird. <