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800 Kurze wissenschaftliche Mitteilungen Elinisehe Woohenschri ft Positive Stiekstoffbilanzen naeh 0perationen Von K. Sc~vL~IS (Eingegangen am 2~. Mai 196'2) Aus der Chirurgischen Universit/itsklinik Giei3en a. d. Lahn (Direk~or: Prof. Dr. K. VOSSSCHVL~rE) Sehon 1905 berichtete HEILE a tiber erh5hte Stickstoff- ausscheidung naeh Operationen. In den folgenden Jahrzehn- ten wurde dieses Ph/~nomen Gegenstand vielfMtiger Unter: suehungen. Die postoperative katabole Phase wurde ats eine schieksMhafte Erscheinung aufgefal~t, fiber deren Bedeutung fiir den Verlauf die unterschiedliehsten Auffassungen herrseh- ten. M~IE~ and WEa~E~ sprachen noeh 1960 a die Auffassung aus, alas aueh eine hohe Zufuhr yon Eiwei$ und Calorien in dieser PhaSe keinen Ausgteieh des Stickstoffhaushaltes her- befffihren kSnnten. and Elektrolyte in solchem Umfang zugesetzt, dal~ eine aus- reiehende Ernahrung mit ihnen Ms mSglich gelten mull Wir haben mit zwei Typen solcher infusionsfertiger LSsungen, dem Aminofusin Standard and dem Aminofusin 850, 60 Patienten postoperativ behandelt und unter verschiedenen Gesichtspunkten beobachtet. Bei I5 yon diesen wurde das Verhalten der hT-Bi]anzen bis zum 8. Tag nach den Operationen veffolgt. Das Ergebnis haben wir in der Tabelle zusammen- gefM~t. Die Tabelle zeigt, daft es mTglich ist, in den ersten 8 Tagen der postoperative~ Phase abdominater Eingriffe Tositive Stick- sto//bilanzen zu erzielen. Es geniigt eine auffMlend niedrige Zufuhr yon Calorien, um das l~-Defizit auszugleiehen, wenn tier Eiweii~haushMt vor tier Operation im Gleichgewicht war und das Angebot an essentiellen Aminos~uren und nicht- essentiellem Stickstoff im optimMen Verh/~ltnis und mit Er- g~inzung dutch Elektrolyte und Vitamine erfolgt. Von den in der Tabelle erfal~ten 15 FMlen erhielten 5 Patienten 1000 oder i Fall l~r. 1 2 I0 11 12 13 14 15 ? 56 $ 48 2 ? ? ? ? ? 34 ? 49 ? 59 Diagnose Bronchialcarcinom Pankreat/fis, Cholelithiasis, Cholecystolithiasis Cholelithiasis CholangiocysW- lithiasis Magenpelyp Carcinom in einer Gastroenterosto- mie vor 30 Jahren Uleus duodeni Magenperforation wegen Ulcus ven- trieuli Carcinom des Colon ascendens und Cholelithiasis Entziindliche Oeso- phagusstenose bei Hiatushernie Kardiacareinom Cholecystolithiasis Ulcus ventriculi Chronische Pankcea- t.itis, Choleeysto- lithiasis Uleus duodeni Tabelle Operation Pneumonektomie Sphincterotomie Choleeystektomie, Sphincterotomie Choleeystektomie, Sphincterotomie Magenresektion Magenresektion Magenresektion UbeI~i~hung IleocScMresektion, Cholecystektomie Oesophagogastro- stomie Jejuno-Oesophago- stomie Cholecystektomie Magenresektion Cholecystektomie, Sphincterotomie Magenresektion Infusionen in ~fl/Tag Amino- Aminofusin I 5% Glu- standard ] cosel~isung I 1000 500 t000 750 750 1000 1500 t500 1500 500 Tages- durchschnitt der l~-Bilanz in g -- 2,568 +10,833 + 0,073 + 2,090 + 6,595 + 0,270 + 2,988 -- 6,532 -- 1,658 -- 1,062 --12,003 + 2,440 -- 5,87O + 2,17 -- 17,01 Tagesdurch- schnitt der Calorienzufahr 850 1700 1275 1275 1700 1275 1700 1375 1475 1425 1000 1700 300 750 550 Seit den Arbeiten yon ABDERtIALDEN 1 fiber die MSglich- keiten der Erniihrung mit Aminosauregemisehen sind immer wieder Versuche unternommen worden, mit solehen Gemischen positive N-Bilanzen zu erreiehen. Nachdem die Bedeutung der essentietlen Aminosauren erkannt war (ROSES), glaubte man die Voraussetzung ffir diese Bemiihung zu kennen. Die Versuehe stfitzten sieh jetzt auf Eiweifthydrolysate, die intra- venOs verabreicht werden konnten; wobei anf/~nglieh haufig Unvertraglichkeitserseheinungen auftraten und im weiteren hOchstens eine Reduzierung der negativen Seite postoperativer N-Bilanzen nachgewiesen werden konn?~e (Scz4uB~RT s, EISEN- REICH U. SOI-IEDEL 2 U. ~.). Inzwischen stehen die Gemisehe der essentiellen Amino- s/~uren -- im optimalen Verh/iltnis <lurch nieht-essentietle N-Donatoren angereiehert -- fiir die intraven5se Therapie zur Verffigung. Diesen LTsungen sind Calorienspender, Vitamine weniger Calorien pro Tag; nur in einem Fall konnte hierbei noeh ein Ausgleieh erzielt werden. In den restlichen 10 regi- strierten KrankheitsfMlen wurden bis zu 1700 CMorien pro die gegeben; hier sind nur 3 negative Bilanzen zu verzeichnen. Es ist yon praktisehem Interesse zu kl/~ren, ob es dutch weitere Steigerung der CMorienzufuhr bei sonst unveranderter Zu- sammensetzung der InfusionslOsung gelingt, negative Bilanzen stets auszugleiehen. Literatur. 1 ABDERttALD:EI#, E. : Hoppe-Seylers Z. physiol. Chem. 77, 22 (1912). -- 2 EIs~R~IC~, F, u. F. SC~D~: ~rztl. Forsch. 5 (I), 385 (1951). 3 HEIL~, B. : Langenbecks Arch. klin. Chh'. 77, 1171 (1905). -- 4 M~I~R, A.L., u. M. W~NE~: :Nutr. et Dieta (Basel) 3, Suppl., 61 (1961). --5 RosE, W. C. : Fed. Proc. 8, 546 (1949). -- 6 SC~VBE~, O. : l~utr, et Dieta (Basel) 3, Suppl., 41 (1961).

Positive Stickstoffbilanzen nach Operationen

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Page 1: Positive Stickstoffbilanzen nach Operationen

800 Kurze wissenschaftliche Mitteilungen Elinisehe Woohenschri ft

P o s i t i v e S t i e k s t o f f b i l a n z e n n a e h 0 p e r a t i o n e n

Von K. Sc~vL~IS

(Eingegangen am 2~. Mai 196'2)

Aus der Chirurgischen Universit/itsklinik Giei3en a. d. Lahn (Direk~or: Prof. Dr. K. VOSSSCHVL~rE)

Sehon 1905 berichtete HEILE a tiber erh5hte Stickstoff- ausscheidung naeh Operationen. In den folgenden Jahrzehn- ten wurde dieses Ph/~nomen Gegenstand vielfMtiger Unter: suehungen. Die postoperative katabole Phase wurde ats eine schieksMhafte Erscheinung aufgefal~t, fiber deren Bedeutung fiir den Verlauf die unterschiedliehsten Auffassungen herrseh- ten. M~IE~ and WEa~E~ sprachen noeh 1960 a die Auffassung aus, alas aueh eine hohe Zufuhr yon Eiwei$ und Calorien in dieser PhaSe keinen Ausgteieh des Stickstoffhaushaltes her- befffihren kSnnten.

and Elektrolyte in solchem Umfang zugesetzt, dal~ eine aus- reiehende Ernahrung mit ihnen Ms mSglich gelten mul l

Wir haben mit zwei Typen solcher infusionsfertiger LSsungen, dem Aminofusin Standard and dem Aminofusin 850, 60 Patienten postoperativ behandelt und unter verschiedenen Gesichtspunkten beobachtet. Bei I5 yon diesen wurde das Verhalten der hT-Bi]anzen bis zum 8. Tag nach den Operationen veffolgt. Das Ergebnis haben wir in der Tabelle zusammen- gefM~t.

Die Tabelle zeigt, daft es mTglich ist, in den ersten 8 Tagen der postoperative~ Phase abdominater Eingriffe Tositive Stick- sto//bilanzen zu erzielen. Es geniigt eine auffMlend niedrige Zufuhr yon Calorien, um das l~-Defizit auszugleiehen, wenn tier Eiweii~haushMt vor tier Operation im Gleichgewicht war und das Angebot an essentiellen Aminos~uren und nicht- essentiellem Stickstoff im optimMen Verh/~ltnis und mit Er- g~inzung dutch Elektrolyte und Vitamine erfolgt. Von den in der Tabelle erfal~ten 15 FMlen erhielten 5 Patienten 1000 oder

i

Fall l~r.

1

2

I0

11

12

13

14

15

? 56

$ 48

2

?

?

?

?

? 34

? 49

? 59

Diagnose

Bronchialcarcinom

Pankreat/fis, Cholelithiasis, Cholecystolithiasis

Cholelithiasis

CholangiocysW- lithiasis

Magenpelyp

Carcinom in einer Gastroenterosto- mie vor 30 Jahren

Uleus duodeni

Magenperforation wegen Ulcus ven- trieuli

Carcinom des Colon ascendens und Cholelithiasis

Entziindliche Oeso- phagusstenose bei Hiatushernie

Kardiacareinom

Cholecystolithiasis

Ulcus ventriculi

Chronische Pankcea- t.itis, Choleeysto- lithiasis

Uleus duodeni

Tabelle

Operation

Pneumonektomie

Sphincterotomie

Choleeystektomie, Sphincterotomie

Choleeystektomie, Sphincterotomie

Magenresektion

Magenresektion

Magenresektion

UbeI~i~hung

IleocScMresektion, Cholecystektomie

Oesophagogastro- stomie

Jejuno-Oesophago- stomie

Cholecystektomie

Magenresektion

Cholecystektomie, Sphincterotomie

Magenresektion

Infusionen in ~fl/Tag

Amino- Aminofusin I 5% Glu- s tandard ] cosel~isung

I 1000

500

t000

750

750

1000

1500 t500

1500 500

Tages- durchschnit t der l~-Bilanz

in g

- - 2,568

+10,833

+ 0,073

+ 2,090

+ 6,595

+ 0,270

+ 2,988

- - 6,532

-- 1,658

-- 1,062

--12,003

+ 2,440

-- 5,87O

+ 2,17

- - 17 ,01

Tagesdurch- schnitt der

Calorienzufahr

850

1700

1275

1275

1700

1275

1700

1375

1475

1425

1000

1700

300

750

550

Seit den Arbeiten yon ABDERtIALDEN 1 fiber die MSglich- keiten der Erniihrung mit Aminosauregemisehen sind immer wieder Versuche unternommen worden, mit solehen Gemischen positive N-Bilanzen zu erreiehen. Nachdem die Bedeutung der essentietlen Aminosauren erkannt war (ROSES), glaubte man die Voraussetzung ffir diese Bemiihung zu kennen. Die Versuehe stfitzten sieh jetzt auf Eiweifthydrolysate, die intra- venOs verabreicht werden konnten; wobei anf/~nglieh haufig Unvertraglichkeitserseheinungen auftraten und im weiteren hOchstens eine Reduzierung der negativen Seite postoperativer N-Bilanzen nachgewiesen werden konn?~e (Scz4uB~RT s, EISEN- REICH U. SOI-IEDEL 2 U. ~.) .

Inzwischen stehen die Gemisehe der essentiellen Amino- s/~uren - - im optimalen Verh/iltnis <lurch nieht-essentietle N-Donatoren angereiehert - - fiir die intraven5se Therapie zur Verffigung. Diesen LTsungen sind Calorienspender, Vitamine

weniger Calorien pro Tag; nur in einem Fall konnte hierbei noeh ein Ausgleieh erzielt werden. In den restlichen 10 regi- strierten KrankheitsfMlen wurden bis zu 1700 CMorien pro die gegeben; hier sind nur 3 negative Bilanzen zu verzeichnen. Es ist yon praktisehem Interesse zu kl/~ren, ob es dutch weitere Steigerung der CMorienzufuhr bei sonst unveranderter Zu- sammensetzung der InfusionslOsung gelingt, negative Bilanzen stets auszugleiehen.

Literatur. 1 ABDERttALD:EI#, E. : Hoppe-Seylers Z. physiol. Chem. 77, 22 (1912). - - 2 EIs~R~IC~, F , u. F. S C ~ D ~ : ~rztl . Forsch. 5 (I), 385 (1951). 3 HEIL~, B. : Langenbecks Arch. klin. Chh'. 77, 1171 (1905). - - 4 M~I~R, A.L. , u. M. W ~ N E ~ : :Nutr. et Dieta (Basel) 3, Suppl., 61 (1961). - - 5 RosE, W. C. : Fed. Proc. 8, 546 (1949). - - 6 S C ~ V B E ~ , O. : l~utr, et Dieta (Basel) 3, Suppl., 41 (1961).