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Poststrukturalismus – Postmoderne – Linguistic Turn

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Page 1: Poststrukturalismus – Postmoderne – Linguistic Turn

Poststrukturalismus – Postmoderne – Linguistic Turn

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Inhalt Form Kommunikation

„Sozial determinierte Bedeutungsmaschine“

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RAM(random access memory) – (Arbeits)speicher mit wahlfreiem Zugriff

Bedeutung Welt

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Inhalt Form Kommunikation

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Moderne - Postmoderne

„Die Wissenschaft ist von Beginn in Konflikt mit den Erzählungen „

Lyotard, Das postmoderne Wissen (1979)

„Die narrative Funktion verliert ihre Funktoren, den großen Heroen, die großen Gefahren, die großen Irrfahrten und das große Ziel. Sie zerstreut sich in Wolken, die aus sprachlich-narrativen, aber auch denotativen (ihre Substanz bezeichnenden), präskriptiven (vorschreibenden), deskriptiven usw. Elementen bestehen, von denen jedes pragmatische Valenzen (Wertigkeiten) sui generis mit sich führt. Jeder von uns lebt an Punkten, wo viele von ihnen einander kreuzen. Wir bilden keine sprachlich notwendigerweise stabile Kombinationen, und die Eigenschaften derer, die wir formen, sind nicht notwendigerweise mitteilbar.“ Lyotard

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„Informatisierung der Gesellschaft“ -Das Problem

„Sagen wir der Kürze halber, daß die Funktionen der Regulierung und daher der Reproduktion mehr und mehr den Verwaltern entzogen und Automaten anvertraut werden. Das große Problem wird zunehmend in der Verfügung über die Informationen liegen, die von diesen Automaten zu speichern sein werden, damit die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Die Verfügung über die Information fällt immer mehr in die Zuständigkeit von Experten aller Art.“

„Das wissenschaftliche Wissen ist eine Art des Diskurses. Nun kann man sagen, daß seit vierzig Jahren die sogenannten Pilotwissenschaften und -techniken die Sprache zum Gegenstand haben: Die Phonologie und die linguistischen Theorien, die Probleme der Kommunikation und die Kybernetik, die modernen Algebren und die Informatik, die Computer und die Sprachen, die Probleme der Sprachübersetzung und die Suche nach Vereinbarkeiten zwischen Sprachen – Automaten, die Probleme der Speicherung und die Datenbanken, die Telematik und die Perfektionierung „intelligenter“ Terminals. All das sind beredte Zeugen, und die Liste ist nicht einmal erschöpfend.“

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Das Selbst und das Netz

„Das Selbst ist wenig, aber es ist nicht isoliert, es ist einem Gefüge von Relationen gefangen, das noch nie so komplex und beweglich war. Jung oder alt, Mann oder Frau, reich oder arm, ist es immer auf „Knoten“ des Kommunikationskreislaufes gesetzt, seien sie auch noch so unbedeutend.“

„Die Neuerung besteht darin, daß in diesem Zusammengang die alten Attraktionspole, die Nationalstaaten, Parteien, Berufsverbände, Institutionen und historischen Traditionen, an Anziehungskraft verlieren. Sie müssen anscheinend auch nicht ersetzt werden, zumindest nicht auf ihrer Ebene. Die „Identifizierungen“ mit großen Namen, mit den Heroen der gegenwärtigen Geschichte, werden schwieriger. [Es gebe allenfalls noch Pseudo-Lebensziele] Diese bleiben dem Eifer jedes Einzelnen überlasen. Jeder ist auf sich selbst zurückgeworfen. Und jeder weiß, daß dieses Selbst wenig ist.“

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I. Strukturalismus – Linguistic Turn vor dem „Post“

Die Struktur der Zeichen und ihre Bedeutung

Die allgemeine Sprachwissenschaft Ferdinand de Saussure‘s (1857-1913)

und die Anthropologie Claude Lévi-Strauss‘ (1908)

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Die allgemeine Sprachwissenschaft (1916) Ferdinand de Saussure‘s (1857-1913)

Der konkrete Gegenstand unserer Wissenschaft ist also das im Gehirn eines jeden Einzelnen niedergelegte soziale Produkt, d.h. die Sprache

Langue – Sprache (als Regelsystem)

Parole – Rede

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soziale Teil der menschlichen Rede

Sprache

das Laut – Zeichen - Bedeutungssystem

eine „gegenwärtige Institution und ein Produkt der Vergangenheit“

als solches:

-ein System von Unterschieden

sowie

- stabil (der Hund heißt morgen noch Hund)

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synchron - geographisch

diachron

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Inhalt – Form - Kommunikation

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Sprache vereinigt nicht Name und Sache,

sondern Vorstellung und Lautbild:

selbständiges psychosoziales System

[„Volkheit“ statt Rasse]

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Syntagmatische und assoziative Beziehungen

-Serien

-Relationen

-Abstände

-Beziehungen

-Gefüge

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Claude Lévi-Strauss

Das wilde Denken (1962)

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„Jede Zivilisation hat die Tendenz, die gegenstandsbezogene Orientierung ihres Denkens zu überschätzen, was beweist, daß sie niemals fehlt. Wenn wir irrtümlicherweise glauben, der Wilde sei ausschließlich von seinen organischen und ökonomischen Bedürfnissen beherrscht, so berücksichtigen wir dabei nicht, daß er uns den gleichen Vorwurf macht und daß ihm seine eigene Wißbegier ausgeglichener erscheint als die unsere.“

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Die kalten und die heißen Gesellschaften

Wir haben an anderer Stelle vorgeschlagen, daß die unglückliche Unterscheidung zwischen „geschichtslosen Völkern“ und den anderen vorteilhaft ersetzt werden könnte durch eine Unterscheidung zwischen dem, was wir die „kalten“ und die „warmen“ Gesellschaften genannt haben: die einen versuchen dank den Institutionen, die sie sich geben, auf gleichsam automatische Weise die Wirkung zu annullieren, die die historischen Faktoren auf ihr Gleichgewicht und ihre Kontinuität haben könnten; und die anderen interiorisieren entschlossen das historische Werden, um es zum Motor ihrer Entwicklung zu machen.

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Gesellschaft als gelebte Logik und praktische Geschichte

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Klassifikationssystem der Hopi-Indianer

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Bestattungen bei den Krokitch, Gamutch Clans der australischen Wotjobaluk

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Verwandtschaft: Inzestverbot und Yorubo-Mythos

AB CD EF GH IJ KL

ABD CDB EFH GHF IJL KLJ

ABDF CDGH EFHJ GHFL IJLB KLJD

ABDFJ CDBHL EFHJB GHFLD IJLBF KLJDH

A-DFJ C-BHL E-HJB G-FLD I-LBFK-JDH

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Geschichte – Heiße und kalte Logik

– gelebt, klassifiziert, verschwunden

„Jede Episode einer Revolution oder eines Krieges löst sich in eine Vielzahl psychischer und individueller Bewegungen auf, jede dieser Bewegungen bringt unbewußte Entwicklungen zum Ausdruck, und diese wiederum lösen sich in Erscheinungen der Gehirn-, Hormon- oder Nerventätigkeit auf, die selbst wieder physischer oder chemischer Natur sind ... Infolgedessen ist die historische Tatsache nicht mehr „gegeben“ als die anderen; der Historiker oder der Agent des historischen Werdens konstituiert sie durch Abstraktion und gleichsam unter der Drohung eines unendlichen Regresses.“

„Die Geschichte ist ein diskontinuierliches Ganzes, das aus Geschichtsgebieten besteht, von denen jedes durch eine Eigenfrequenz und eine differentielle Kodierung des Vorher und des Nachher definiert ist. Zwischen den Daten, aus denen jedes sich zusammensetzt, ist der Übergang ebensowenig möglich wie zwischen rationalen und irrationalen Zahlen. Genauer gesagt: die jeder Klasse eigenen Daten sind irrationale in bezug auf alle Daten der anderen Klassen.“

„Was uns als eine größere soziale Freiheit erscheint und als eine größere intellektuelle Beweglichkeit, hängt also damit zusammen, daß wir lieber mit Einzelstücken, wenn nicht gar mit „Kleingeld“ operieren, während der Eingeborene ein logischer Scheffler ist: unablässig verknüpft er die Fäden, unaufhörlich zieht er alle Aspekte des Realen zusammen, seien diese nun physischer, sozialer oder geistiger Art. Wir handeln mit unseren Ideen, er dagegen hortet sie zu einem Schatz. Das wilde Denken setzt eine Philosophie der Endlichkeit in die Praxis um.“

„Damit eine Informationstheorie erarbeitet werden konnte, war es zweifellos unerläßlich, daß man entdeckte, daß die Welt der Information ein Teil oder ein Aspekt der natürlichen Welt ist.“

„Bis in die Mitte unseres Jahrhunderts hat es gedauert, bis sich lang getrennte Wege kreuzten: derjenige, der auf dem Umweg der Kommunikation zur physischen Welt Zugang findet, und derjenige, der, wie man seit kurzem weiß, auf dem Umweg der Physik zur Welt der Kommunikation Zugang findet. Der gesamte Prozeß der menschlichen Erkenntnis gewinnt so den Charakter eines geschlossenen Systems.“

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Linguistic Turn – Die Welt als Zeichen und Schrift

Dekonstruktion – Erzählung - Metahistory

Jacques Derrida (1930-2004)

Hayden White (1928)

Jean-François Lyotard (1924-1998)

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Dekonstruktion - Derrida

„Das, wovor man sich hüten muß, ich wiederhole es, ist der metaphysische Geschichtsbegriff. Es ist der Begriff der Geschichte als Geschichte des Sinns, [...] die sich herstellt, die sich entwickelt, die sich vollendet. Auf lineare Weise [...]: geradlinig oder zirkulär.“

Deswegen könne Abschluss nicht Form einer Linie haben. „Die Grenze ist durch immer unterschiedliche Risse, durch Spaltungen geprägt, deren Zeichen oder Narben alle philosophischen Texte tragen.“

„Was ich als Text bezeichne, ist auch dasjenige, was in „der Praxis“ die Grenzen eines derartigen Diskurses einzeichnet und überschreitet. So einen allgemeinen Text gibt es überall dort (das heißt überall), wo dieser Diskurs und seine Ordnung (Wesen, Sinn, Wahrheit, Bedeutung, Bewußtsein, Vorstellung usw.) überschritten werden, das heißt wo ihre Autorität wieder in die Stellung eines Zeichens (marque) in der Kette zurückversetzt wird, einer Kette, in bezug auf die er sich strukturbedingt in der Illusion befindet, sie bestimmen zu wollen oder das zu glauben.“

„Ich versuche, mich an der Grenze des philosophischen Diskurses aufzuhalten. [...] Die Philosophie „dekonstruieren“ bestünde demnach darin, die strukturierte Genealogie ihrer Begriffe zwar in der getreuest möglichen Weise und von einem ganz Inneren her zu denken, aber gleichzeitig von einem gewissen, für sie selbst unbestimmbaren, nicht benennbaren Draußen her festzulegen, was diese Geschichte verbergen oder verbieten konnte, indem sie sich durch diese irgendwie eigennützige Repression zur Geschichte machte.“

Man müsste in das „Spiel der différance, [einsteigen] das bewirkt, daß kein Wort, kein Begriff, keine höhere Aussage von der theologischen Gegenwart eines Mittelpunktes aus, die textuelle Bewegung und Verräumlichung der Differenzen zusammenfaßt und bestimmt.“

 

„Was mich interessierte ..., ist eine Art allgemeine Strategie der Dekonstruktion und zugleich eine „allgemeine Ökonomie“. Diese müßte es ebenso vermeiden, die binären Gegensätze der Metaphysik einfach nur zu neutralisieren, wie auch, sich einfach in dem geschlossenen Feld dieser Gegensätze anzusiedeln und sie somit zu bestätigen.“

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Metahistory: Story – Plot – Narrative

Hayden White, Geschichte als Dichtung

„Die Unterscheidung zwischen „Geschichte“ (story) und „Plot“ (plot) in der historischen Erzählung erlaubt uns, noch genauer zu bestimmen, was eine „narrative Erklärung“ (narrative explanation) beinhaltet. In der Tat kann einer gegebenen Ereignisfolge durch eine bestimmte Anordnung der in den Quellen berichteten Ereignisse eine Reihe verschiedener Plotstrukturen verliehen werden, ohne daß damit gegen den Wahrheitsgehalt der ausgewählten Fakten verstoßen würde.“

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Plotstruktur und „Master-Tropes“

„Master-Tropes“ – sinnstiftende Beziehung zum Gegenstand

Metapher

Synekdoche

Metonymie

Ironie

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Jean François Lyotard, Wissenschaftliches Wissen – Wissen als Erzählung

Was ich sage, ist wahr, weil ich es beweise; aber was beweist, daß mein Beweis wahr ist?

Sprachliches Wissen in narrativer Form

- Bildungen (Geschichten)

- Pluralität von Sprachspielen denotativ usw. Aussagen über alles mögliche möglich

- Situative Pragmatik (sozialer Akt)

- Einwirkung auf die Zeit (Rhythmik, Metrum)

Wissenschaftliches Wissen

1. Wissenschaftliche Wissen fordert Absonderung eines Sprachspiels, des denotativen

2. Von andern Sprachspielen getrennt

3. Kompetenz des Sprechenden wird gefordert

4. Gültigkeit nicht durch Wiedergabe

5. Diachrone Temporalität – Erinnerung und Entwurf

Konsequenz und Paradox:

Wissenschaftliches Wissen muss auf Erzählung als „Nicht-Wissen“ zurückgreifen, um sich zu legitimieren.

Dies habe die Meta Erzählungen von Freiheit, Fortschritt, Geist notwendig gemacht.

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Postmodernes Wissen

Die Erbringung des Beweises ... Gerät unter die Kontrolle eines anderen Sprachspiels, wo der Einsatz nicht die Wahrheit, sondern die Performativität ist, das heißt das bessere Verhältnis von Input/Output.

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Operationalisierungen:

Quentin Skinner (1940), „Cambridge School“ of intellectual historians

Reinhart Koselleck (1923-2006), Begriffsgeschichte

Frank Rexroth (Hg.), Meistererzählungen vom Mittelalter, HZ Beiheft 46 (2007)

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fortuna

virtù virtuoso

-Begriffssystem

-Kontext

-Bruch

Begriff Realität

Erfahrung

Erwartung

- Historizität des Begriffs

- Kollektivsingular

Skinner Koselleck

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„Das Geschäft des Historikers ist es freilich nicht zu richten, sondern zu berichten. Dementsprechend habe ich mich auf den vorhergehenden Seiten bemüht, nichts anderes zu tun als die Vergangenheit wiederzuentdecken und der Gegenwart vor Augen zu stellen, ohne den Versuch zu machen, die begrenzten und anfechtbaren Maßstäbe der Gegenwart zu Lob und Tadel der Vergangenheit zu verwenden.“

Skinner