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TRIKE-Magazin 1 | 2016 6 TRIKE-Magazin 1 | 2016 7 POWER AUS DER DOSE! Rewaco baut ein Trike mit reinem Elektroantrieb. Wir waren mit dem „Stromer“ exklusiv auf der Straße.

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TRIKE-Magazin 1 | 20166 TRIKE-Magazin 1 | 2016 7

POWER AUS DER DOSE!

Rewaco baut ein Trike mit reinem Elektroantrieb. Wir waren mit dem „Stromer“ exklusiv auf der Straße.

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TRIKE-Magazin 1 | 2016 9

ich gebe zu, ich habe Vorbe-halte, was elektrisch betrie-bene Fahrzeuge anbetrifft.

Auto – vielleicht, Motorrad – nicht wirk-lich, aber ein Trike mit Elektroantrieb? Geht's noch?

Nach unendlich vielen Kilometern und vierzig Jahren auf den Straßen dieser Welt heißt mein ganz persönliches Re-sümee zum perfekten Motorenkonzept: V8, mit mindestens fünf Litern Hubraum, Drehmoment ohne Ende und vor allem „Sound and Vibrations“.

„Das ist doch total antiquiert“, sagt Lea aus der Grafikabteilung. „Lass dich doch mal auf‚ was Neues ein“, meint Felix, un-ser Volontär und TM-Junior-Testfahrer, „vielleicht ist Elektro ja wirklich der An-trieb der Zukunft.“

Die Diskussion geht noch lange so wei-ter – Zeit haben wir genug – wir stehen im Stau auf der Autobahn A3 Richtung Köln. Unser heutiges Ziel ist Lindlar im Bergischen Land. Trikehersteller Rewaco hat die Redaktion des Trike-Magazins zu einem Exklusivtest des ersten elektrobe-triebenen Trikes auf deutschen Straßen eingeladen.

Im Rewaco-Showroom steht es dann direkt vor uns: das erste Trike mit einem hundertprozentigen Elektroantrieb. Auf Hochglanz poliert, in Blau, Weiß und Chrom. Auf den ersten Blick ist von der Elektrifizierung nichts zu sehen. Rewaco -Geschäftsführer und Hauptinitiator des Elektro-Projekts Harald Schmitz hat bei diesem Prototyp auf die Basis eines RF1- LT-3-Modells zurückgegriffen. Fahrwerk und Design des Rewaco-e-Trikes entspre-chen weitgehend dem der aktuellen Serie. Räder und Reifen wurden unver-ändert übernommen. Vorne 200/50-17, hinten 295/50-18. Nicht optimal für die

Effizienz, aber ein Trike hat nun mal brei-te Reifen, sonst wäre es kein Trike. Wir erfahren, dass es sich bei dem verwende-ten Elektromotor von Punch Powertrain um einen Vier-Phasen-geschalteten Re-luktanzmotor handelt, der keine Magnete enthält und nur aus ressourcenscho-nenden Metallen (es werden also keine Seltenen Erden benötigt) gefertigt wird.

Ein neuer Heckspoiler findet sich vor der - logischerweise - nicht mehr vorhan-denen Auspuffanlage. Offensichtlich sind die Zeiten der vollverchromten Trucker-auspuffanlagen definitiv vorbei.

Unter dem „Kofferraum“ versteckt sich bei diesem Prototyp ein groß dimensio-nierter Kühler samt Lüftereinheiten. Der sehr leistungsstarke Elektromotor von Punch Powertrain entwickelt im Betrieb

natürlich auch Wärme, die durch einen um den Motor

spiralförmig lie-genden Was-

s e r m a n t e l a b g e f üh r t wird. Der große Was-se rkühle r im Heck kühlt das

aufgeheizte

Kühlmittel auf Betriebstemperatur her-runter, da der Motor die Eigenschaft hat, bei ansteigender Temperatur seine Leis-tung zu verringern.

Die neue Antriebstechnik verbirgt sich komplett unter der mächtigen Heckklap-pe. Der moderne Elektromotor benötigt weder Getriebe noch Differenzial in der Hinterachse und logischerweise auch kei-ne Kupplung. Die entwickelte Leistung wird über eine Untersetzung von 10,56 : 1 an das im Elektromotor integrierte Diffe-rential übertragen.

Wer jetzt nicht unbedingt über Fach-wissen zum Thema Elektrofahrzeuge verfügt, denkt doch automatisch, dass gegenüber einem herkömmlichen Antrieb mit Verbrennungsmotor, Getriebe, Kupp-lung, Benzintank und allen Betriebs-stoffen eine Menge an Gewicht gespart werden kann. Tatsächlich aber wiegt das e-Trike sogar mehr, allerdings nur knapp 20 Kilogramm, denn die Batterien sind im wahrsten Sinne „bleischwer“. Einziger Trost – auch mit einer gesteigerten Batte-riekapazität der nächsten Generation und einer daraus resultierenden Reichweite von 250 Kilometern würde sich am Ge-samtgewicht nichts Wesentliches verän-dern.

Rewaco-Techniker Marcel Sausner ist für die elektrischen Systeme am e-Trike verantwortlich und erklärt uns Hand-habung und Funktionsweise. „Getankt“

Harald Schmitz hat Visionen und damit geht er nicht, wie einst von unserem Altbundeskanzler Helmut Schmidt empfohlen, zum Arzt, sondern direkt in die Rewaco-Entwicklungsabteilung. Er krempelt die Ärmel hoch, kreiert gemeinsam mit seinem Team einen elektrobetriebenen Prototyp und bringt ihn auch fahr-fertig auf die Straße. Seine Botschaft – egal ob Elektro-antrieb oder andere technische Entwicklungen – ist eindeutig: „Wir sind am Ball! Unser Ziel ist mehr Fahrspaß für unsere Kunden.“

InterviewJa, wird mit dem mitgeführten Ladekabel. Verschiedene Ladegeschwindigkeiten sind zu beachten, Reichweite und der Weg zur nächstgelegenen Ladestation sind nicht zu unterschätzende Faktoren bei einem elektrobetriebenen Fahrzeug. Eine ent-sprechend sorgfältige Planung ist also sehr ratsam (siehe Infokasten).

Währendessen hört es auf zu regnen und die Temperatur steigt auf mollige fünf Grad Celsius. Also ab auf die Stra-ße mit dem „Stromer“. Zündung an wie gehabt, dann die entsprechende Taste auf dem „Tank“ drücken, warten bis die Tas-te von Rot auf Grün wechselt, Fuß von der Bremse, am Gasgriff drehen und los gehtsssssss.

Sssssssss – exakt so hört sich das an. Fast völlig geräuschlos. Zu hören ist nur ein leises, sanftes Surren, ähnlich dem eines ferngesteuerten Spielzeugautos.

Ein grandioses Erlebnis, diese Kom-bination des derart vehement anschie-benden E-Antriebs mit der praktisch nicht vorhandenen Geräuschkulisse. Die Beschleunigung ist phänomenal. Begeis-terung macht sich breit.

Volontär Felix fährt eine Runde, ich fahre eine Runde. Dann noch mal. Dann noch mal. Dann ... das Grinsen aus der Helmluke wird immer breiter! Wir drehen am Gasgriff und geben jetzt mal richtig „Strom“.

Absolut beeindruckend, wie kraftvoll und geschmeidig der Elektroantrieb an-spricht. Das fette Drehmoment wird so blitzschnell aufgebaut, dass die breiten Reifen – die Straßen sind nass und kalt – sofort durchdrehen, und die Gashand muss extrem gefühlvoll regulieren. Nur das leise zischende Abrollgeräusch der breiten Reifen ist zu hören und mein bis-her so gepflegtes Sound-Argument: „Ich fahr' doch nicht mit einem Trike, das lei-ser ist als unsere Mikrowelle“, zerplatzt wie eine schillernde Seifenblase.

In puncto Drehmoment kann das e-Trike so richtig protzen, fette 236 New-tonmeter stehen zur Verfügung, und zwar aus dem Stand! Im Vergleich dazu liefert der Verbrennungsmotor mit 140 PS gera-de mal 152 Newtonmeter bei rund 4.000 Umdrehungen ab.

Auch Junior-Tester Felix ist sichtlich begeistert und pfeift für das Fotoshooting

Absolut ungewöhnlich: ein Elektroantrieb in einem fahrfertigen Trike

Alles noch im grünen Bereich? Was früher

die Tankuhr war, ist hier das Display für die Lade-kontrolle.

Auf Achse

Drehmoment satt

TRIKE-MAGAZIN: Wer Sie kennt, weiß wie innovativ Sie sind und wie konzentriert Sie neue Entwicklungen angehen. Wie sehen Sie die Zukunft?

HARALD SCHMITZ: Ein Unternehmen muss nicht 100 Jahre alt sein um innovativ zu sein, das beste Beispiel ist Tesla aus den USA. Noch können wir mit der Geschwindigkeit von Tesla nicht mithalten, aber mit unserem Technologiepartner Punch Powertrain aus Belgien holen wir schnell auf und verfügen über Entwicklungsressourcen, die Rewaco alleine in der Vergangenheit nicht stemmen konnte.

TRIKE-MAGAZIN: Wie kam es überhaupt zu der Idee, ein Trike mit Elektroantrieb zu entwickeln?

HARALD SCHMITZ: Die Idee, das E-Trike mit Hochdruck zu entwickeln, ging von Cor van Otterloo, dem CEO von Punch Powertrain, aus. Ich war sofort begeistert von der Idee, und dann war es auch nicht schwer, das Entwicklungsteam für das e-Trike zu begeistern.

TRIKE-MAGAZIN: Das E-Trike kommt einfach so aus der - Rewaco-Entwicklungsabteilung, voll funktionsfähig und fahrbar. Wie lange dauerte die Entscheidungsphase?

HARALD SCHMITZ: Wie auch bei der großen, alteingesessenen Automobil-Industrie ist der E-Antrieb bei Rewaco ein Zukunftsthema, unser Vorteil ganz klar, wir können an neue Themen ungezwungen herangehen, unsere Entscheidungswege sind kurz, und so legten wir mit der Entwicklung des E-Trikes sofort los.

TRIKE-MAGAZIN: Alle Achtung! Können wir davon ausgehen, dass wir in naher Zukunft mit weiteren Rewaco-Ideen rechnen dürfen?

HARALD SCHMITZ: Mit der Realisierung des E-Trikes ist mir klar geworden, dass rewaco noch viel viel mehr schaffen kann, wenn wir die Verwirklichung und die Umsetzung von Ideen nicht davon abhängig machen, was wir heute leisten können, und die Grenzen nicht da sind, wo die Vorstellungkraft endet. Alles ist möglich, entscheidend ist das Team mit dem du arbeitest, und wenn dann alle auch noch mit großer Freude mitmachen, wo sind dann noch Grenzen?

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Alles total easy: Rewaco-Techniker Marcel Sausner zeigt, wie die Batterien fachgerecht geladen werden. An einer Schnellladestation ist das in rund 30 Minuten erledigt.

Zündung einschalten. Fahrstufe drücken. Auf Grün warten und ab...

Konzentrieren... ... „Gas“... ... und weg!... Beschleunigung von null auf Hammer! Schwer zu beschreiben, deshalb demonstrieren wir das hier mal auf Bildern.

e-InfoSituation: Etwa 14.500 Benzin- und

Dieseltankstellen gibt es in Deutschland.

Für Fahrer von Elektrofahrzeugen stehen

zurzeit nur rund 4.800 Ladestellen zur

Verfügung. Wenn also Elektrofahrzeuge

in Deutschland irgendwann der Normal-

fall werden sollen, muss es auch deutlich

mehr Möglichkeiten geben, ein leerge-

fahrenes E-Auto, E-Trike oder E-Motorrad

wieder aufzuladen.

Kosten: Die Tarife sind nicht einheitlich,

teilweise wird Strom noch kostenlos an-

geboten, abgerechnet wird nach Kilowatt-

stunde oder nach Zeit. Aus dem Bundes-

wirtschaftsministerium heißt es, der Markt

für Elektrofahrzeuge laufe in diesem Jahr Quelle: ZDF Wiso / chargemap.com / Bundesminis-terium für Wirtschaft und Energie > www.bmwi.de

erst richtig hoch. Ein wichtiges Anliegen

seien dabei auch verbraucherfreundliche

Abrechnungsmöglichkeiten. Es gäbe derzeit

„verschiedene Modelle verschiedener An-

bieter im Markt, die sich derzeit noch in der

Entwicklung befinden“. Klar sei, dass es eine

„nachvollziehbare Preisfestsetzung geben

muss, da andernfalls auch die Akzeptanz der

Elektromobilität gefährdet werden könnte“.

Anwendung: Es gibt zwei un-

terschiedliche

Ladestationen.

Den Schnell-

lader und die

normale Lade-

station. Dabei

werden die

Schne l l l ader

vor allem bei Stromtankstellen einge-

setzt, da man hier meist schnell wieder

weitermöchte. Die normalen Ladestatio-

nen kommen dementsprechend oft in

den Parkhäusern oder zu Hause zum

Einsatz.

Positives Beispiel: Aldi Süd baut aktuell

an 50 Filialen Ladesäulen auf, an denen

Kunden die Batterien ihrer Elektroautos

umsonst füllen können.

Planung ist alles: 28.789 Ladestationen

in Europa und 4.269 Ladestationen in

Deutschland sind auf chargemap.com

gelistet.

Eine kostenlose App für iPhone und An-

droid gibt's zum Download.

durch die engen Kurven, immer knapp an der Reifenhaftgrenze, immer wieder begeistert von der Hammer-Beschleuni-gung. Fahrkomfort und Fahrsicherheit sind identisch mit dem herkömmlichen ST-3-Serientrike, da fällt es leicht, das Teil mal so richtig ranzunehmen. Und mit wachsender Begeisterung nimmt selbstverständlich auch das Tempo zu. 120...130...140... viel zu schnell für die Landstraße und da vorne geht's schon wieder in einen Kreisel. Also voll in die Eisen. Schrecksekunde! Ein heftiger Ad-renalinschub wärmt die Thermokombi

plötzlich von innen. Die Bremskraft reicht zwar aus, aber Sicherheit fühlt sich anders an. Immer wieder stellen wir fest, dass das tatsächlich gefahrene Tempo durch die extrem niedrige Geschräuschkulisse völ-lig unterschätzt wird und somit auch die „gewohnten“ Bremspunkte nicht passen.

Nach dem Fotoshooting geht's zurück zur Lagebesprechung. Unser Kritikpunkt „Bremsen“ wird vom Rewaco-Entwick-lungsteam sehr ernst genommen. „Da sind wir schon dran“, wirft Boris Brüg-gemann – verantwortlich für Vertrieb und Marketing – ein.

Details werden diskutiert, unsere ersten Fahreindrücke mit dem Technikerteam besprochen und verglichen.

Der von uns gefahrene e-Trike-Proto-typ leistet immerhin 136 PS. Das ist ein Wort, das müssen selbst alte Verbrenner-Hasen zugeben. Erst recht in der Kombi-nation mit dem oben genannten Gewicht bei höchster Akku-Kapazität. Und zwar „voll gestromt“, also mit reichlich Ki-lowattstunden an Bord. Die Reichweite ist abhängig von der Batteriekapazität in kWh, das heißt bei optimalen Bedin-gungen reicht das im Moment (12 kWh)

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für 100 bis 120 Kilometer. Mit der nächsten Generation der Batterien, die auch schon auf dem Markt ist, kommt das Rewaco-E-Trike auf eine Batte-riekapazität von 18 kWh, was dann einer Reichweite von im-merhin rund 250 Kilometern entspricht. Bei einer weiteren Optimierung der Batteriekapa-zität sind ohne Weiteres auch 300 Kilometer realistisch. Mit einer entsprechenden Schnell-ladung kann innerhalb von zir-ka 30 Minuten genug Energie für weitere 200 bis 300 Kilome-ter im „Tank“ sein.

Da war doch noch was. Ah ja, das Thema Sound bezie-hungsweise dessen Nichtvor-handensein. Ich wünsche mir von dem Rewaco-Entwick-lungsteam eine Sound-App für mein Smartphone. Aus mehre-ren Dutzend Motorgeräuschen kann ich dann meinen ganz individuellen Sound kreieren und direkt über Minikopfhörer unter den Helm in meine Oh-ren transformieren. Selbstver-ständlich drehzahlabhängig. Positiver Nebeneffekt: die Ge-räuschemission für die Umwelt ist minimal – der Sound in meiner Birne maximal. Viel-leicht hat so ein neuer Antrieb ja doch eine erstrebenswerte Zukunft. Lassen wir uns über-raschen.

Text + Fotos: Uli Rau