34
LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10 Programm 28. 01. 2015 Silben, Fortsetzung Kernsilben und Silbenappendizes Die präferierte Silbe Flache vs Hierarchische Struktur Silbifizierung: Die Zerlegung in Silben Die letzte Klausur: was könnte da so drankommen?

PowerPoint-Präsentation: 11. Sitzung: Silbenstruktur ... · Unter Verwendung dieses Konstruktes können bestimmte sprachliche Phänomene, z.B. Distributions - und Frequenzverhältnisse,

  • Upload
    vobao

  • View
    215

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Programm 28. 01. 2015 Silben, Fortsetzung • Kernsilben und Silbenappendizes • Die präferierte Silbe • Flache vs Hierarchische Struktur • Silbifizierung: Die Zerlegung in Silben Die letzte Klausur: was könnte da so drankommen?

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Kernsilben und Silbenappendizes

Silbe: σ

p l ʊ m p 1 6 8 5 1

Onset Nukleus Coda

(Hall 2011:231)

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Kernsilben und Silbenappendizes

Silbe: σ

p l ʊ m p 1 6 8 5 1

Onset Nukleus Coda

s 3

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Kernsilben und Silbenappendizes

Silbe: σ

t r ʊ ŋ k 1 6 8 5 1

Onset Nukleus Coda

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Kernsilben und Silbenappendizes

Silbe: σ

t r ʊ ŋ k 1 6 8 5 1

Onset Nukleus Coda

ʃ 3

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Kernsilben und Silbenappendizes

Silbe: σ

t r ʊ ŋ k 1 6 8 5 1

Onset Nukleus Coda

ʃ 3

s 3

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Kernsilben und Silbenappendizes

Silbe: σ

t r ʊ ŋ k 1 6 8 5 1

Onset Nukleus Coda

ʃ 3

s 3

»APPENDIX« »APPENDIX«

»KERNSILBE«

Konform mit Sonoritätsprinzip

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Kernsilben und Silbenappendizes Beispiele:

Appendix Onset Nukleus Koda Appendix strong s t r ɔ ŋ splat s p l æ t grips g r ɪ p s texts t ɛ k s t s strips s t r ɪ p s strengths s t r ɛ ŋ θ s

Die Frage danach, wie genau Appendizes in die Silbenstruktur eingebaut sind oder nicht, werden wir hier nicht vertiefen. Festzuhalten ist nur, dass über diesen Punkt kein durchgängiger Konsens herrscht.

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Einzelsprachliche Unterschiede Jede Einzelsprache weist ihre eigene, individuelle Silbenstruktur auf: was in Sprache X geht, geht ggf nicht in Sprache Y. Beispiel: die Kombination von velarem Plosiv + alveolarem Nasal ist im Deutschen Onset zulässig, im Englischen Onset nicht.

r l m n v p t p t k g ʃ

Pracht, Platz, trüb, Krach, klein, Knauf, Qual, Gnade, Schritt, schlank, Schmalz, Schnee, Schweiß, Spatz, Stock

+ + + + +

+ + + + + + +

prey, please, try, cry, clean, grief, glide, shrew

+ + + + +

+ + + + + + + +

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Einzelsprachliche Unterschiede Die Ausgestaltung von Onset, Nukleus und Koda variiert m.a.W. in den Sprachen der Welt. Was eine mögliche Silbe ist, kann sich also erheblich unterscheiden. Beispiel Onset Deutsch-Swahili:

Onset Deutsch *nd *nda, *ndo Swahili nd nde.ge 'Vogel', nda.ni 'innen' Deutsch *ntʃ *ntscha, *ntschi Swahili ntʃ nchi.ni 'in der Stadt' Deutsch *ndʒ *ndscho, *ndschi Swahili ndʒ nja 'Hunger', nji.a 'Straße'

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Einzelsprachliche Unterschiede Einen wichtigen Fingerzeig auf die möglichen Silbenstrukturen einer Einzelsprache können auch die der phonologischen Struktur der Sprache angepassten Lehnwörter aufweisen:

Englisch Nukleus σ Swahili Nukleus σ tape

[eɪ] [(C)CVC]

tepu [tɛːpu] [ɛ:]

[(C)CV] steak steki [stɛːki] note

[əʊ] noti [nɔːti]

[ɔ:] phone foni [fɔːni]

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Einzelsprachliche Unterschiede Einen wichtigen Fingerzeig auf die möglichen Silbenstrukturen einer Einzelsprache können auch die der phonologischen Struktur der Sprache angepassten Lehnwörter aufweisen:

Englisch: Christmas text club dress glass (zum Trinken) disc slum plus bolt grotesque

Japanisch: kurisumasu tekisuto kurabu doresu gurasu disuku suramu purasu boruto gurotesuku

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Aus breit angelegten typologischen Studien lassen sich aber durchaus Aussagen über bestimmte Regelhaftigkeiten und/oder Präferenzen machen, die universal beachtet werden, die also in vielen oder sogar in allen Sprachen der Welt vorzufinden sind. Einige allgemeingültige Aussagen lauten... • Alle Sprachen haben Silben. • Alle Silben haben einen Nukleus. • In allen Sprachen bilden kurze Vokale Nuklei. • In allen Sprachen ist σ[C zulässig ("alle Sprachen können einen

nicht-leeren Onset haben"). Neben derartigen Allaussagen oder absoluten Universalen können weiterhin bestimmte Präferenzen für mögliche Silbenstrukturen beobachtet werden, die als Tendenzen in Form von statistischen Universalien formuliert werden können.

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe

Merke: egal, wie komplex die Strukturmuster sein mögen, [CV]σ taucht in allen Sprachen auf. Auf dieser Basis kann die offene Silbe mit einem Konsonanten im Onset als»präferierte«, da höchstfrequente Silbenstruktur gesehen werden.

Sprache in der Sprache mögliche Silbenstrukturen Hua (PN) CV Thargari (AUS) CV CVC Cayuvava (BOL) CV V Arabela (PER) CV CCV Sedang (LAOS) CV CVC CCV(C) Mazatekisch (MEX) CV V CCV Klamath (CAL) CV CVC CVCC Mokilesisch (MicN) CV CVC V(C) Totonak (MEX) CV CVC CVCC CCV(C)(C) Finnisch CV CVC V(C) (C)VCC Spanisch CV CVC V(C) CCV(C) Holländisch CV CVC V(C) CCV(C) (C)(C)VCC

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Sprache in der Sprache mögliche Silbenstrukturen Hua (PN) CV Thargari (AUS) CV CVC Cayuvava (BOL) CV V Arabela (PER) CV CCV Sedang (LAOS) CV CVC CCV(C) Mazatekisch (MEX) CV V CCV Klamath (CAL) CV CVC CVCC Mokilesisch (MicN) CV CVC V(C) Totonak (MEX) CV CVC CVCC CCV(C)(C) Finnisch CV CVC V(C) (C)VCC Spanisch CV CVC V(C) CCV(C) Holländisch CV CVC V(C) CCV(C) (C)(C)VCC

Die»präferierte« Silbe

Hier wird auch deutlich, auf welcher Grundlage implikative Universalien etabliert werden können: Wenn eine Sprache [CVC]σ aufweist, so weist sie auch [CV]σ auf. Wenn eine Sprache [VC]σ aufweist, so weist sie auch [CVC]σ auf.

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Der Status von [CV]σ als präferierte Silbe zeigt sich aber nicht nur in quantitativen Untersuchungen. Er hat auch einen Reflex in 1. der diachronen Entwicklung von Sprachen 2. im Spracherwerb

Latein Italienisch vi.du.a ve.do.va ru.i.na ro.vi.na pac.tu.i.re pat.to.vi.re

AHD NHD hlut laut hwiz weiß hruofan rufen

Zu 1: (Vennemann 1988)

[V]σ → [CV]σ σ[CCV → σ[CV

AE PDE cniht knight /naɪt/ gnæt gnat /næt/ wlispian lisp writan write /raɪt/

AE PDE /læmb/

/læːm/ /wumb/ /wuːm/

VCC]σ → VC]σ

/sæng/ /sæŋ/

(Hogg (ed) 1992)

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Der Status von [CV]σ als präferierte Silbe zeigt sich aber nicht nur in quantitativen Untersuchungen. Er hat auch einen Reflex in 1. der diachronen Entwicklung von Sprachen 2. im Spracherwerb

Zu 2: poes 'cat' input output /pus/ [pu]

klaar 'finished' /klar/ [toto]

aapie 'monkey' /api/ [tapi]

[ka] auto 'car' /oto/

[CVC]σ → [CV]σ [CCVC]σ → [CV]σ

[V]σ → [CV]σ

schaap 'sheep' /sxap/ [hap] [CCVC]σ → [CVC] σ dicht 'closed' /dɪxt/ [dɪs] [CVCC]σ → [CVC] σ

(Levelt et al 2000)

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Der Status von [CV]σ als präferierte Silbe zeigt sich aber nicht nur in quantitativen Untersuchungen. Er hat auch einen Reflex in 1. der diachronen Entwicklung von Sprachen 2. im Spracherwerb

(Levelt et al 2000 (2009: 254)) Zu 2:

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Genau um genau diese Tendenzen zu erfassen, dienen Silbenanlaut- und Silbenauslautgesetz:

(Hall 2011:219)

(Hall 2011:221)

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Für den hier verwendeten Ausdruck »präferierte« Silbe finden Sie in der Literatur auch die Bezeichnungen »am wenigsten markierte« Silbe oder »optimale« Silbe. Dabei ist zu bedenken, dass diese Ausdrücke jeweils aus einem spezifischen theoretischen Gebäude stammen. Der Begriff Markiertheit wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Rahmen der Prager Schule für die Phonologie und Morphologie motiviert (Stichwörter Merkmalhaft/Merkmaltragend vs Merkmallos) und bezieht sich im engeren Sinne auf Differenzen in den Merkmalsmengen, die Oppositionspaare von sprachlichen Elementen aufweisen. Beispiel: Die Laute [b] und [p] teilen sich die Artikulationsmerkmale [+bilabial] und [+plosiv]. Sie unterscheiden sich allein in der Stellung der Glottis. [b] weist entsprechend auch das Merkmal [+stimmhaft] auf, durch welches [p] nicht ausgezeichnet ist. In dieser Hinsicht ist [b] merkmalhafter als [p], [b] ist markiert, [p] ist unmarkiert.

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Für den hier verwendeten Ausdruck »präferierte« Silbe finden Sie in der Literatur auch die Bezeichnungen »am wenigsten markierte« Silbe oder »optimale« Silbe. Dabei ist zu bedenken, dass diese Ausdrücke jeweils aus einem spezifischen theoretischen Gebäude stammen. Unter Verwendung dieses Konstruktes können bestimmte sprachliche Phänomene, z.B. Distributions- und Frequenzverhältnisse, generalisiert beschrieben werden. Beispiel: Weist eine Sprache das markierte Element X auf, weist sie auch das unmarkierte Element Y der Opposition auf. Dieses ist eine Beispiel für eine implikative Universale, die mit Bezug auf das Konzept Markiertheit formuliert wird. Ein Beispiel hatten dafür hatten wir gerade gesehen. Während der Begriff zu Beginn relativ klar umrissen war, wurde er im Laufe der Zeit und durch die Übertragung in andere Subsysteme (Syntax und Semantik) stark verwässert.

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Für den hier verwendeten Ausdruck »präferierte« Silbe finden Sie in der Literatur auch die Bezeichnungen »am wenigsten markierte« Silbe oder »optimale« Silbe. Dabei ist zu bedenken, dass diese Ausdrücke jeweils aus einem spezifischen theoretischen Gebäude stammen. In den sechziger Jahren bezeichnete das Konstrukt nicht mehr »nur« ein positives Merkmal, das einem Element zukommt sondern bezog sich auf die Frage, wie komplex die Beschreibung eines Elementes innerhalb der Sprachbeschreibung aussah. Im Rahmen der Syntax und der damals gängigen Verfahren, Satztypen wie Fragesatz, Imperativ, Passiv, Objektfrontierung, Spaltsatz usw. aus Aktiv-Deklarativen abzuleiten, wäre die Beschreibung dieser Formen also komplexer, sie galten als »markiert«. Heutzutage bedeutet »markiert« bei vielen Autoren nicht mehr als »Ausnahmefall«, »unmarkiert« dagegen »Normalfall« (was immer das heißt). Entsprechend nehmen einige Autoren an, dass dieses Konzept unbrauchbar, da im Wesentlich mit »Frequenz« gleichsetzbar ist.

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Die»präferierte« Silbe Für den hier verwendeten Ausdruck »präferierte« Silbe finden Sie in der Literatur auch die Bezeichnungen »am wenigsten markierte« Silbe oder »optimale« Silbe. Dabei ist zu bedenken, dass diese Ausdrücke jeweils aus einem spezifischen theoretischen Gebäude stammen. Der Begriff der »optimalen« Silbe stammt aus der Optimalitätstheorie, einem Ansatz, der versucht, die in der Sprachen der Welt beobachteten Variationen auf der Grundlage eines einheitlichen Satzes von Restriktionen zu beschreiben, die in den Einzelsprachen jedoch unterschiedlich "gerankt" sind. Es gibt zahlreiche Arbeiten zur (Silben-)Phonologie im Rahmen der OT, die wir hier nicht vertiefen werden. Für Sie ist wichtig, dass zahlreiche Begriffe Fachbegriffe sind, auch wenn sie in der Alltagssprache verwendet werden. »Optimal« bedeutet in der Alltagssprache soviel wie 'bestmöglich', 'ideal', 'perfekt'. Im Rahmen der OT bezeichnet »optimal« eine sprachliche Einheit, die die postulierten Restriktionen am besten erfüllt.

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Flache und hierarchische Strukturen Sprachliche Einheiten wie Phoneme, Silben und Morpheme, Wörter, Sätze, Texte stellen in aller Regel eine Aneinanderreihung, also eine lineare Anordnung von Elementen dar: ein Element folgt auf das andere, immer in einer bestimmten Reihenfolge. Sprachliche Einheit 'Satz':

Politiker-Placement | ist | eine | Abwandlung | des | Ausdrucks | "Produkt-Placement" | mit | dem | Produktplatzierungen | im | Film | und | in | Fernsehsendungen | bezeichnet | werden.

*Film | mit | und | Produktplatzierungen | eine | ist | bezeichnet | Abwandlung | des | Ausdrucks |"Produkt-Placement" | dem | werden | im | in | Politiker-Placement | Fernsehsendungen .

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Flache und hierarchische Strukturen Sprachliche Einheiten wie Phoneme, Silben und Morpheme, Wörter, Sätze, Texte stellen in aller Regel eine Aneinanderreihung, also eine lineare Anordnung von Elementen dar: ein Element folgt auf das andere, immer in einer bestimmten Reihenfolge.

Sprachliche Einheit 'Wort':

Produktplatzierungen

Produkt | platz | ier | ung |en

*Platz| ung| ier | produkt|en

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Flache und hierarchische Strukturen Sprachliche Einheiten wie Phoneme, Silben und Morpheme, Wörter, Sätze, Texte stellen in aller Regel eine Aneinanderreihung, also eine lineare Anordnung von Elementen dar: ein Element folgt auf das andere, immer in einer bestimmten Reihenfolge.

Sprachliche Einheit 'Silbe':

tracht

t| r | a| x|t

*r | t | a | t | x

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Flache und hierarchische Strukturen Tatsächlich aber lassen sich innerhalb solcher Ketten Einheiten ausmachen, die in irgendeiner Form enger zusammengehören und quasi Einheiten in der Einheit ausmachen. Solche Einheiten werden in der Linguistik als Konstituenten bezeichnet. So können wir innerhalb der Silbe die Konstituenten Onset, Nukleus und Koda ausmachen, die insb. bei Onset und Koda aus durchaus mehr als nur einem Segment bestehen können. Auch innerhalb anderer, komplexer linguistischer Einheiten können wir Konstituenten identifizieren: Wort: Dampfschiffkapitän [[Dampfschiff] kapitän] Satz: Der Klempner kommt nicht [[Der Klempner] [kommt nicht]]

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Flache und hierarchische Strukturen Die komplette Darstellung davon, wie sich eine Einheit in Konstituenten aufteilt, wird als Konstituentenstruktur bezeichnet. Bezüglich der Notation gibt es verschiedene Formen, sehr beliebt sind Baumgraphen und Klammerausdrücke. Zwei Beispiele für (hierarchische) Strukturen:

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Flache vs hierarchische Strukturen In den bisherigen Ausführungen sind wir stets von einer Silbenstruktur ausgegangen, in der sich die Silbe aus den 3 Konstituenten Onset, Nukleus und Koda zusammensetzt, die auf der gleichen Stufe stehen. Einer weit verbreitete Annahme nach unterteilt sich die Silbe auf der obersten Ebene aber zunächst in zwei Konstituenten, nämlich den Onset und den sog. Reim, und der Reim in Nukleus und Coda:

Silbe: σ

Onset Nukleus Coda

[[ ]Onset [ ]Nukleus [ ]Coda]σ

[[p r]Onset [a]Nukleus [l]Coda]σ

Silbe: σ

Onset

Coda Nukleus

[[ ]Onset [[ ]Nukleus [ ]Coda]Reim]σ

[[p r]Onset [[a]Nukleus [l]Coda]Reim]σ

Reim

Flache/lineare Struktur Hierarchische Struktur

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Flache vs hierarchische Strukturen

Wie der Name 'Reim' schon sagt, dient der Umstand, dass für Reime in der Poesie im wesentlichen Nukleus und Coda relevant sind, als ein Argument zur Begründung dieser Stuktur (fein, schwein, klein, mein, sein usw.)

Ein weiteres Argument sind Daten, die belegen, dass zwischen Nukleus und Koda größere phonotaktische Beschränkungen vorliegen als zwischen Onset und Nukleus:

[[ ]Onset [[ ]Nukleus [ ]Coda]Reim]σ

The claim made is that cooccurence restrictions between peak and coda are always more likely to exist than are restrictions between either peak or coda and the onset (Selkirk 1978)

Whereas practically any onset can be combined with any rhyme to form a proper English syllable, there are severe limitations on what peak can precede what coda. (Halle &Vergnaud 1978)

Die Frage danach, welche Struktur vorzuziehen ist, ist allerdings nicht endgültig geklärt, d.h. es gibt auch Stimmen, die eine flache Struktur für sinnvoller erachten. Für eine Diskussion siehe Hall 2011: 246-251

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Silbifizierung Vorweg: phonologische Silben entsprechen nicht notwendigerweise orthographischen Silben.

Bei 'einfach-gestrickten' Wörtern wie Panade, Honolulu oder Titikaka stellt sich die Frage danach, wie diese sich in Silben zerlegen, nicht: die Silbengrenze liegt hier immer zwischen den präferierten Silben:

Pa.na.de, Ho.no.lu.lu, Ti.ti.ka.ka: CV.CV.CV, CV.CV.CV.CV, CV.CV.CV.CV

Anders sieht das aus bei Wörtern, die im Wortinneren Konsonantenverbindungen aufweisen, also z.B.

Fabrik CVCCVC

Signal CVCCVC

Wo sind hier die Silbengrenzen?

fab.rik und sig.nal, also CVC.CVC, oder

fa.brik und si.gnal? CV.CCVC

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Silbifizierung

fab.rik - sig.nal CVC.CVC

fa.brik - si.gnal CV.CCVC

Die Zerlegung von Fabrik in fab.rik bzw. Signal in sig.nal würde darüberhinaus bedeuten, dass die Auslautverhärtung im Deutschen nicht ausnahmslos wäre.

Danach gäbe es Silben, die nicht der Auslautverhärtung unterliegen, nämlich [fab] und [ziːg].

Das ist aber nicht der Fall.

konform mit Onsetmaximierung

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Silbifizierung

"größtmöglich" = in der jeweiligen Sprache.

r l m n v p t p t k g ʃ

+ + + + +

+ + + + + + + + + +

+ +

+ + + + + + + +

Deutsch: si.gnal

Englisch: sig.nal (unterliegt auch nicht der Auslautverhärtung)

LS4 WiSe 14-15 PHONOLOGIE S. Hackmack Uni Bremen FB 10

Klausur Sehen Sie sich zur Vorbereitung auf die Klausur die Präsentationen der einzelnen Sitzungen an - diese sind immer ein guter Gradmesser für die potentiell möglichen Fragen.

Sehen Sie sich auch die Übungsbögen im Netz an, die ebenfalls anzeigen, was und wie gefragt werden könnte.

Einen letzten, klausurrelevanten Fragebogen können Sie ab kommender Woche im Netz herunterladen.

Der Schwerpunkt in der letzten Klausur wird zu einem kleinen Teil auf Fragen zum Thema 'Phonemetablierung' (also das aufgreifen, was Sie in der letzten Klausur bearbeitet haben) und zu einem größeren Teil auf Silbenstrukturen liegen. Worüber Sie auf jeden Fall Bescheid wissen sollten, sind Konzepte wie Onset, Nukleus und Co, die diversen Silbengesetze und die Argumentation zur präferierten Silbe.

Phonetische Umschrift und Kenntnis darüber, dass z.B. [k] ein stimmloser velarer Plosiv und [e] ein halbhoher Vorderzungenvokal ist (und was das bedeutet) wird vorausgesetzt.