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Rechtsprechung 180 bbl 2008, Heft 5 Oktober © Springer-Verlag 2008 wie das Hauptgebäude bei Wegnahme (Wegdenken) des Einen oder des Anderen eindeutig unverändert selbstständig bestehen bleiben könnten. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die von der Bf herangezogenen Beispiele aus der Rsp des VwGH für die Qualifikation der „Werkzeugräume“ als Nebenge- bäude sprechen. Insoweit die Bf Entscheidungen in Be- zug auf Wintergärten nennt, ist sie darauf zu verweisen, dass in dem dem Erk v 20.4.2001, 2000/05/0245, zu- grundeliegenden Fall offen blieb, ob ein – als entschei- dend angesehener – funktionaler Zusammenhang zwi- schen einem als Wintergarten bezeichneten Raum und dem Hauptgebäude bestand, und dass im Erk v 17.5.1999, 98/05/0241, bei dieser Abgrenzung Wert auf das äußere Erscheinungsbild des Wintergartens gelegt wurde. Im vorliegenden Fall sprechen aber der funktionale Zu- sammenhang der „Werkzeugräume“ sowohl mit den jeweiligen Wohnungen und ihren Gartenflächen als auch innerhalb des Gesamtgebäudes sowie das äußere Erscheinungsbild dieser Räume gegen eine Qualifika- tion als Nebengebäude. Im Erk v 17.6.2003, 2002/05/1503, war ein an einer vorhandenen Metallkonstruktion mit Doppelstegplat- ten verkleideter „Verbindungsgang“ zu beurteilen, der zwei selbständige Gebäude (Betriebsanlagen) über die gemeinsame Grenze zweier Grundstücke ebenerdig verband. Dieser Gang wurde als selbständiges, von den beiden verbundenen Gebäuden trennbares, oberirdi- sches Bauwerk mit einem Dach und zwei Wänden iSd § 4 Z 6 NÖ BauO 1996 beurteilt. Zum Unterschied vom hier vorliegenden Fall war damals evident, dass dieses Gebäude keinen Aufenthaltsraum darstellt, sodass schon deshalb eine Vergleichbarkeit mit den hier vor- liegenden „Werkzeugräumen“ ausscheidet. Die Bf zitiert schließlich auch das Erk v 30.1.2007, 2004/05/0189, das zum Bgld BauG ergangen ist, das aber keine eigenständige Definition eines Nebenge- bäudes kennt. Dort wurde die technisch begründete Selbstständigkeit eines Nebengebäudes als wesentlich erachtet und diese Voraussetzung bei der Errichtung einer Garage ohne Seitenwand verneint, weil eine Be- gründung für die statische Selbstständigkeit fehlte. Da- raus kann aber angesichts der hier anzuwendenden Rechtslage nicht der Schluss gezogen werden, dass eine – nach Ansicht der Beschwerde im vorliegenden Fall – begründete statische Selbstständigkeit bereits ausreicht, um den „Werkzeugraum“ als Nebengebäude zu quali- fizieren. (Abweisung) Oberösterreich Präklusion; übergangener Nachbar DOI 10.1007/s00738-008-0481-4 §§ 32, 33 oö BauO 1994; § 42 AVG Die speziellen Präklusionswirkungen des § 32 oö BauO 1994 setzen – wie die Präklusionswirkun- gen des § 42 AVG – zwingend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung voraus. Wurde keine mündliche Bauverhandlung anbe- raumt, gelten für Parteien, denen keine Partei- stellung im Verfahren eingeräumt worden ist, die allgemeinen Regelungen für übergangene Par- teien. Übergangene Parteien haben in diesem Fall ein unbefristetes Recht auf Zustellung des Baubewil- ligungsbescheides. VwGH 29.4.2008, 2007/05/0306 <154> Bauplatzbewilligung; Grundstück mit verschiedenen Flächenwidmungen DOI 10.1007/s00738-008-0482-3 §§ 5 Abs 4, 12 Abs 2 oö BauO 1994; §§ 362, 364 Abs 1 ABGB; Art 5 StGG Auf einem Grundstück dürfen grundsätzlich nicht mehrere Bauplätze bewilligt werden. Ist ein Grundstück zum einen Teil als Bauland zum anderen Teil als Grünland gewidmet, ist die Erteilung einer Bauplatzbewilligung nur für den als „Bauland-Wohngebiet“ gewidmeten Teil des Grundstückes aber durchaus zulässig. VwGH 27.5.2008, 2007/05/0067 <155> Aus der Begründung: Eine ausdrückliche Regelung zur Frage einer Bauplatzbewilligung betreffend ein Grund- stück, das zum einen Teil als Bauland zum anderen Teil als Grünland gewidmet ist, findet sich in der Oö Rechts- ordnung nicht (vgl zB die diesbezügliche Regelung in § 11 Abs 4 NÖ BauO 1996). § 5 Abs 4 erster Satz Oö BauO 1994 verbietet ausdrücklich nur, dass mehrere Bauplätze auf einem Grundstück bewilligt werden. Zu- lässig ist hingegen, dass ein Bauplatz aus mehreren Grundstücken besteht (vgl hiezu § 5 Abs 4 zweiter Satz Oö BauO 1994). Der VwGH hat aus dem Recht des Eigentümers einer Liegenschaſt, seine Sache nach Willkür zu benützen (§ 362 ABGB), den Grundsatz der Baufreiheit abgelei- tet, der es dem Eigentümer (bzw mit seiner Zustim- mung auch einem Dritten) gestattet, jeden mit dem Gesetz in Einklang stehenden (§ 364 Abs 1 ABGB) Bauwillen zu realisieren. Die diesbezüglichen Eigentü- merrechte genießen auch den Grundrechtsschutz des Art 5 StGG (vgl VfSlg 8603/1979 und VfSlg 9306/1981) bzw des Art 6 MRK (vgl EGMR 25.10.1989, Allan Ja- cobsson, ÖJZ 1990, 246). Nach der Rsp des VwGH sind daher gesetzliche Beschränkungen im Zweifel zu Guns- ten der Baufreiheit auszulegen und ist vom Fehlen einer gesetzlichen Beschränkung der Freiheitssphäre des Eigentümers auszugehen (vgl hiezu das Erk v 14.11. 2006, 2006/05/0141, mwN). Ausgehend davon ist daher für die als Voraussetzung für eine Baubewilligung erforderliche Bauplatzbewilli- gung das Fehlen einer gesetzlichen Beschränkung auf

Präklusion; übergangener Nachbar

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Page 1: Präklusion; übergangener Nachbar

Rechtsprechung180bbl2008, Heft 5

Oktober

© Springer-Verlag 2008

wie das Hauptgebäude bei Wegnahme (Wegdenken) des Einen oder des Anderen eindeutig unverändert selbstständig bestehen bleiben könnten.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die von der Bf herangezogenen Beispiele aus der Rsp des VwGH für die Qualifikation der „Werkzeugräume“ als Nebenge-bäude sprechen. Insoweit die Bf Entscheidungen in Be-zug auf Wintergärten nennt, ist sie darauf zu verweisen, dass in dem dem Erk v 20.4.2001, 2000/05/0245, zu-grundeliegenden Fall offen blieb, ob ein – als entschei-dend angesehener – funktionaler Zusammenhang zwi-schen einem als Wintergarten bezeichneten Raum und dem Hauptgebäude bestand, und dass im Erk v 17.5.1999, 98/05/0241, bei dieser Abgrenzung Wert auf das äußere Erscheinungsbild des Wintergartens gelegt wurde. Im vorliegenden Fall sprechen aber der funktionale Zu-sammenhang der „Werkzeugräume“ sowohl mit den jeweiligen Wohnungen und ihren Gartenflächen als auch innerhalb des Gesamtgebäudes sowie das äußere Erscheinungsbild dieser Räume gegen eine Qualifika-tion als Nebengebäude.

Im Erk v 17.6.2003, 2002/05/1503, war ein an einer vorhandenen Metallkonstruktion mit Doppelstegplat-ten verkleideter „Verbindungsgang“ zu beurteilen, der zwei selbständige Gebäude (Betriebsanlagen) über die gemeinsame Grenze zweier Grundstücke ebenerdig verband. Dieser Gang wurde als selbständiges, von den beiden verbundenen Gebäuden trennbares, oberirdi-sches Bauwerk mit einem Dach und zwei Wänden iSd § 4 Z 6 NÖ BauO 1996 beurteilt. Zum Unterschied vom hier vorliegenden Fall war damals evident, dass dieses Gebäude keinen Aufenthaltsraum darstellt, sodass schon deshalb eine Vergleichbarkeit mit den hier vor-liegenden „Werkzeugräumen“ ausscheidet.

Die Bf zitiert schließlich auch das Erk v 30.1.2007, 2004/05/0189, das zum Bgld BauG ergangen ist, das aber keine eigenständige Definition eines Nebenge-bäudes kennt. Dort wurde die technisch begründete Selbstständigkeit eines Nebengebäudes als wesentlich erachtet und diese Voraussetzung bei der Errichtung einer Garage ohne Seitenwand verneint, weil eine Be-gründung für die statische Selbstständigkeit fehlte. Da-raus kann aber angesichts der hier anzuwendenden Rechtslage nicht der Schluss gezogen werden, dass eine – nach Ansicht der Beschwerde im vorliegenden Fall – begründete statische Selbstständigkeit bereits ausreicht, um den „Werkzeugraum“ als Nebengebäude zu quali-fizieren. (Abweisung)

Oberösterreich

Präklusion; übergangener Nachbar

DOI 10.1007/s00738-008-0481-4

§§ 32, 33 oö BauO 1994; § 42 AVG

Die speziellen Präklusionswirkungen des § 32 oö BauO 1994 setzen – wie die Präklusionswirkun­

gen des § 42 AVG – zwingend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung voraus.

Wurde keine mündliche Bauverhandlung anbe­raumt, gelten für Parteien, denen keine Partei­stellung im Verfahren eingeräumt worden ist, die allgemeinen Regelungen für übergangene Par­teien.

Übergangene Parteien haben in diesem Fall ein unbefristetes Recht auf Zustellung des Baubewil­ligungsbescheides.

VwGH 29.4.2008, 2007/05/0306 <154>

Bauplatzbewilligung; Grundstück mit verschiedenen Flächenwidmungen

DOI 10.1007/s00738-008-0482-3

§§ 5 Abs 4, 12 Abs 2 oö BauO 1994; §§ 362, 364 Abs 1 ABGB; Art 5 StGG

Auf einem Grundstück dürfen grundsätzlich nicht mehrere Bauplätze bewilligt werden.

Ist ein Grundstück zum einen Teil als Bauland zum anderen Teil als Grünland gewidmet, ist die Erteilung einer Bauplatzbewilligung nur für den als „Bauland­Wohngebiet“ gewidmeten Teil des Grundstückes aber durchaus zulässig.

VwGH 27.5.2008, 2007/05/0067 <155>

Aus der Begründung: Eine ausdrückliche Regelung zur Frage einer Bauplatzbewilligung betreffend ein Grund-stück, das zum einen Teil als Bauland zum anderen Teil als Grünland gewidmet ist, findet sich in der Oö Rechts-ordnung nicht (vgl zB die diesbezügliche Regelung in § 11 Abs 4 NÖ BauO 1996). § 5 Abs 4 erster Satz Oö BauO 1994 verbietet ausdrücklich nur, dass mehrere Bauplätze auf einem Grundstück bewilligt werden. Zu-lässig ist hingegen, dass ein Bauplatz aus mehreren Grundstücken besteht (vgl hiezu § 5 Abs 4 zweiter Satz Oö BauO 1994).

Der VwGH hat aus dem Recht des Eigentümers einer Liegenschaft, seine Sache nach Willkür zu benützen (§ 362 ABGB), den Grundsatz der Baufreiheit abgelei-tet, der es dem Eigentümer (bzw mit seiner Zustim-mung auch einem Dritten) gestattet, jeden mit dem Gesetz in Einklang stehenden (§ 364 Abs 1 ABGB) Bauwillen zu realisieren. Die diesbezüglichen Eigentü-merrechte genießen auch den Grundrechtsschutz des Art 5 StGG (vgl VfSlg 8603/1979 und VfSlg 9306/1981) bzw des Art 6 MRK (vgl EGMR 25.10.1989, Allan Ja­cobsson, ÖJZ 1990, 246). Nach der Rsp des VwGH sind daher gesetzliche Beschränkungen im Zweifel zu Guns-ten der Baufreiheit auszulegen und ist vom Fehlen einer gesetzlichen Beschränkung der Freiheitssphäre des Eigen tümers auszugehen (vgl hiezu das Erk v 14.11. 2006, 2006/05/0141, mwN).

Ausgehend davon ist daher für die als Voraussetzung für eine Baubewilligung erforderliche Bauplatzbewilli-gung das Fehlen einer gesetzlichen Beschränkung auf