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Einführung in das Öffentliche Recht für Nichtjuristen Priv. Doz. Dr. Thilo Rensmann LL.M.

Priv. Doz. Dr. Thilo Rensmann LL.M.. Bestimmtheit des Rechts (inhaltlich) Beständigkeit des Rechts (zeitlich) Vertrauensschutz 2 PD Dr. Thilo Rensmann

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Einführung in das Öffentliche Recht für Nichtjuristen

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◦ Bestimmtheit des Rechts (inhaltlich)

◦ Beständigkeit des Rechts (zeitlich) Vertrauensschutz

Rechtssicherheit

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Öffentliches Recht

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◦ Beispiel:

Landesgesetzgeber verschärft Anforderungen für Bachelor-Studiengang (Fremdsprachennachweis)

Gilt auch für Studenten, die bereits Studium aufgenommen,

aber Prüfung nicht abgelegt haben Kandidaten, die bereits Prüfung abgelegt

haben

Rechtssicherheit

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Öffentliches Recht

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Vertrauensschutz

◦ Frage der Zulässigkeit der Rückwirkung von Rechtsnormen

◦ Abwägung legislatives Gestaltungsinteresse ↔ individuelles Bestands-/Kontinuitätsinteresse

Rechtssicherheit

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Öffentliches Recht

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BVerfG (I. Senat) : Typisierte Vertrauenslagen

◦ Echte Rückwirkung: Einwirken auf abgeschlossenen Tatbestand (Lebensvorgang) grds. unzulässig Ausnahme: zwingende Gründe des Gemeinwohls

◦ Unechte Rückwirkung: Einwirken auf begonnenen, noch nicht abgeschlossenen Tatbestand (Lebensvorgang) grds. zulässig Ausnahme: überwiegende Vertrauensschutzinteressen

Vertrauensschutz

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Öffentliches Recht

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Verhältnismäßigkeit→ Grundrechte

Rechtsschutzgarantie◦ Kontrolle der Rechtsbindung der öffentlichen

Gewalt durch unabhängige Gerichte (Art. 92 ff.)◦ Effektiver Individualrechtsschutz (Art. 19 IV)

Rechtsstaatsprinzip

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Öffentliches Recht

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Ausgangsfall

BT und BRat beschließen Gesetz, nach dem jede weitere Erhöhung der Staatsverschuldung nur auf der Grundlage eines Volksentscheides vorgenommen werden darf.

Ist das Gesetz verfassungsmäßig?

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Art. 20 I: „demokratischer“ Bundesstaat

Art. 20 II: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“◦ Volkssouveränität

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Repräsentative Demokratie

Ausübung der Staatsgewalt◦ „in Wahlen und Abstimmungen“◦ „durch besondere Organe“ (Repräsentanten)

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Zum Ausgangsfall: Ausübung der Staatsgewalt durch Abstimmungen

Art. 20 II 2 GG „ … und Abstimmungen“◦ Explizit: Art. 29/118 a◦ Im Übrigen: „Verfassungsvorbehalt“◦ Verfassungsänderung?

Aber: Art. 79 III GG?

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Demokratische Legitimation

Alle Staatsgewalt muss vom Volk legitimiert sein◦ Unmittelbar

Bundestag◦ Mittelbar

Personell: „ununterbrochene Legitimationskette“ Sachlich: über Bindung an das Gesetz (vgl. Art. 20 III)

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Ausübung der Staatsgewalt durch Wahlen

Wahlakt für Funktionieren der mittelbaren Demokratie von entscheidender Bedeutung

Wahlgrundsätze, Art. 38 I (28 I 2)

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Ausgangswahl: „Familienwahlrecht“

Änderung des BWahlG:◦Eltern bekommen für jedes minderjährige

Kind eine zusätzliche Stimme◦Abwandlung: Minderjährige Kinder werden

wahlberechtigt, Stimmrecht wird durch Eltern ausgeübt

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Wahlgrundsätze, Art. 38 I (28 I 2)

Allgemeinheit Unmittelbarkeit Freiheit Gleichheit Geheime Wahl

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Wahlgrundsätze, Art. 38 I (28 I 2)

Allgemeinheit◦ Wahlrecht für alle Staatsbürger◦ Einschränkung, Art. 38 II

Weitere Absenkung möglich?

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Wahlgrundsätze, Art. 38 I (28 I 2)

Unmittelbarkeit◦ direkte Wahl der Abgeordneten, keine

Mittelsperson

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Wahlgrundsätze, Art. 38 I (28 I 2)

Freiheit◦ Kein Zwang/Einfluss auf Entscheidungsfreiheit

des Wählers

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Wahlgrundsätze, Art. 38 I (28 I 2)

Gleichheit◦ Zählwertgleichheit („one man, one vote“)◦ Erfolgswertgleichheit

Gleiches Gewicht für Zusammensetzung des Parlaments

Problem: 5 % Klausel (Art. 6 VI BWahlG)

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Wahlgrundsätze, Art. 38 I (28 I 2)

Geheime Wahl◦ Probleme: Familienwahlrecht

(„Treuhandmodell“); Briefwahl

Demokratieprinzip

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Öffentliches Recht

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Ausgestaltung des Wahlsystems durch BWahlG (vgl. Art. 38 II GG)

BWahlG: personalisierte Verhältniswahl ◦ „mit Personenwahl verbundene Verhältniswahl“

Erststimme (§§ 4, 5 BWahlG)◦ ½ der MdBs: direkte Wahl in den Wahlkreisen

Zweitstimme (§§ 4, 6 BWahlG)◦ ½ der MdBs: Wahl über Landeslisten◦ Verhältnisausgleich

Demokratieprinzip

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Ausgestaltung des Wahlsystems durch BWahlG (vgl. Art. 38 II GG)

Verhältnisausgleich◦ Verteilung der Mandate im Parlament nach

zusammengezählte Zweitstimmen Aber: 5 %-Klausel

◦ Unterverteilung: Mandatsverteilung auf die Landeslisten (§ 7 III BWahlG)

◦ Anrechnung der Direktkandidaten ( § 6 IV BWahlG)◦ Überhangmandate (§ 6 V BWahlG)

Demokratieprinzip

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Politische Parteien

Art. 21 I 1: Parteien wirken bei der politischen Willensbildung mit◦ z.B.: Aufstellung von Wahlbewerbern in Bund,

Ländern und Gemeinden◦ Einflussnahme auf die politische Willensbildung◦ Bindeglied zwischen Gesellschaft und Staat

Demokratieprinzip

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Politische Parteien

Definition → § 2 I PartG

Rechtlich organisiert als privatrechtlicher Verein

aber: „verfassungsrechtliche Institution“ (BVerfG)

Demokratieprinzip

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Verfassungsmäßige Rechte

Freiheit◦ Art. 21 I 2: Gründungsfreiheit◦ Betätigungsfreiheit

Chancengleichheit◦ bei Wahlen: Art. 21 I iVm Art. 38 I GG◦ ansonsten: Art. 21 I iVm Art. 3 I GG

Freiheitliche Demokratie/Mehrparteiensystem

Politische Parteien

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Parteienfinanzierung, §§ 18 ff. PartG

Prinzip der Staatsfreiheit, vgl. BVerfG 85, 264

◦ Staatliche Leistungen zulässig◦ Nur Teilfinanzierung◦ Vorrang der Selbstfinanzierung

Politische Parteien

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Parteiverbot, Art. 21 II

Reaktion auf Weimar

Werthafte Demokratie◦ Art. 1 GG◦ Art. 19 II GG◦ Art. 79 III GG

Wehrhafte Demokratie◦ Art. 9 II GG◦ Art. 18 GG◦ Art. 21 II GG

Politische Parteien

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Parteiverbot, Art. 21 II

Schutzgut: Freiheitliche demokratische Grundordnung

Gefährdungstatbestand: „kämpferisch-aggressive Grundhaltung“

„Parteienprivileg“: Feststellung der Verfassungswidrigkeit nur durch Bundesverfassungsgericht

Politische Parteien

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Art. 20 I: „Sozialer Bundesstaat“ Art. 28 I 1: „Sozialer Rechtsstaat“ Art. 23 I 1: „Sozialer Grundsatz“

Sozialstaatsprinzip

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Verbindliche Verfassungsnorm ◦ Gewährleistung sozialer Sicherheit u. Gerechtigkeit

Programmatische Norm◦ Finalprogramm, Optimierungsgebot◦ Ziel verbindlich; grds. freie Wahl der Mittel◦ auf Konkretisierung durch den Gesetzgeber angelegt

Kein unmittelbarer Anspruch des Einzelnen auf soziale Leistungen◦ Art. 1 I iVm Art. 20 GG → Hartz IV

Sozialstaatsprinzip

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Literaturhinweise

◦ Arndt/Rudolf, S. 17 ff.◦ Detterbeck, S. 2 ff.

Staatsstrukturprinzipien

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