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Getriebelehre Prof. Dr.-Ing. Thomas Pyttel, TH Mittelhessen Fachbereich 12 (M) April 2014

Prof.Dr.-Ing.ThomasPyttel,THMittelhessen Fachbereich12(M ... · Einfuhrung¨ 1 1. Einf¨uhrung Ein Getriebe ist eine mechanische Einrichtung gelenkig verbundener Glieder zur zwangl¨aufi-gen

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Getriebelehre

Prof. Dr.-Ing. Thomas Pyttel, TH Mittelhessen

Fachbereich 12 (M)

April 2014

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Literatur:Getriebetechnik, Volmer J., Vieweg 1989Getriebetechnik, Luck K., Modler K.-H-, Springer 1995Konstruktive Getriebelehre, Hagedorn L., Thonfeld W., Rankers A., Springer 2009

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Inhaltsverzeichnis

1. Einfuhrung 1

2. Systematik 22.1. Gelenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2. Glieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.3. Zwanglauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.4. Kinematische Ketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.5. Ubertragungswinkel und Ubersetzungsverhaltnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.6. Viergliedrige Koppelgetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3. Kinematische Analyse 163.1. Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3.1.1. Bewegung eines Punktes (2D) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.1.2. Bewegung einer Ebene (2D) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193.1.3. Geschwindigkeitspol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203.1.4. Beschleunigungspol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.2. Grafische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.2.1. Einheitenfestlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.2.2. Geschwindigkeitsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253.2.3. Beschleunigungsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313.2.4. Ubersetzungsverhaltnis mittels Polygonmethode . . . . . . . . . . . . . . 41

3.3. Analytische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433.4. Numerische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

3.4.1. Analytisch-Vektiorelle Methode (AVM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473.4.2. Finite-Elemente-Methode (FEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4. Kinetische Analyse 544.1. Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544.2. Grafische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544.3. Analytische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544.4. Numerische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

5. Synthese 585.1. Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585.2. Grafische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625.3. Analytische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645.4. Numerische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Anhang 68

A. Mathematische Grundlagen 68A.1. Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68A.2. Iterative Losung nichtlinearer Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

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Inhaltsverzeichnis 4

B. Softwaretool MD-LAB 74B.1. Datenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74B.2. Grafische Darstellung von Getriebeelementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

C. Details zur FEM-Methode 75

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Einfuhrung 1

1. Einfuhrung

Ein Getriebe ist eine mechanische Einrichtung gelenkig verbundenerGlieder zur zwanglaufi-gen Ubertragung von Bewegungen und Kraften.

Glieder: Gelenke:

- Gestell- An- und Abtrieb- Koppel- Gleitsteine

- Drehgelenk- Schubgelenk- Gleitgelenk- Walzgelenk

Getriebelehre

Analyse: Synthese:

- Systematik- Kinematik- Kinetostatik- Dynamik

- Bestimmung der kinema-tischen Abmessungen

- konstruktive Auslegung- Optimierung

Art der Bewegungsumwandlung

gleichformig: ungleichformig:

- Stirnradgetriebe- Reibradgetriebe- Riemengetriebe- Kettengetriebe

- Koppelgetriebe- Kurvenscheibenbetriebe- Schrittgetriebe

⇑ ⇑Maschinenelemente Getriebelehre

Der einsemestrige Kurs beschrankt sich auf Koppelgetriebe.

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Systematik 2

2. Systematik

2.1. Gelenke

Gelenke sind bewegliche Verbindungen der Glieder. Sie konnen unterteilt werden nach:

Art der Beruhrung

Punkt Linie Flache

Kugel/EbeneHohere Elementpaare (HEP)

Zylinder/EbeneHohere Elementpaare (HEP)

Ebene/EbeneNiedere Elementpaare (NEP)

Druck an Beruhrungsstelle hoch Druck an Beruhrstelle nied-rig.

Bewegungsverhalten an Beruhrstelle

Gleiten Walzen Schroten

Art der Relativbewegung der verbundenen Gelieder

Drehen Schieben Schrauben

Gelenkfreiheitsgrad f (max. f = 3 in Ebene)

1 2 3

Art der Paarung

formschlussig kraftschlussig stoffschlussig

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Systematik 3

Linienlaufige niedere Gelenke

Flachenlaufige niedere Gelenke

Hohere Gelenke

Eingliederung bezuglich NEP oder HEP nach Art der Beruhrung (und damit Druck an derBeruhrstelle).

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Systematik 4

Symbolische Darstellung von Gelenken und Freiheitsgrad:

Bezeichnung Symbol

Drehgelenk f=1 f=1

Schubgelenk (Gleit-stein)

f=1 f=1f=1

Schubgelenk (Hulse) f=1f=1 f=1f=1f=1

Kurvengelenk f=2 f=1

Beachte: Kein Gelenk ohne Glied. Gelenke sind immer Gliedpaarungen.

Der Gelenkfreiheitsgrad f ist die Zahl der in einem Gelenk moglichen Relativbewegungen zweierGlieder.

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Systematik 5

2.2. Glieder

Eingelenkglied ZweigelenkgliedZweigelenkglied DreigelenkgliedDreigelenkglied ViergelenkgliedViergelenkglied

GleitsteinGleitsteinGleitstein HulseHulseHulseHulseHulse Kurvenscheibe Kurvenrolle

Beispiele:

Viergelenkgetriebe Schubkurbel

Kurbelschleife Kurvengetriebe

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Systematik 6

2.3. Zwanglauf

Ein Getriebe ist zwanglaufig, wenn jeder Stellung des Antriebsgliedes die Stellung der ubrigenGlieder eindeutig zugeordnet ist.

n - Anzahl der Gliedere - Anzahl der Gelenkeb - Anzahl der Freiheitsgrade eines starren Korpersfj - Anzahl der Freiheiten von Gelenk juj - Anzahl der Unfreiheiten von Gelenk j (uj = b− fj)

Mit diesen Großen kann der Getriebefreiheitsgrad formal berechnet werden:

F = b(n− 1)−e∑

j=1

uj (2.1)

Ein Getriebe ist zwanglaufig, wenn die Anzahl der Antriebsbewegungen gleich dem Getriebe-freiheitgrad F ist.

Konkrete Anwendung auf den ebenen Fall:Einsetzen von b = 3 in (2.1)

F = 3(n− 1)−e∑

j=1

(3− fj) (2.2)

= 3(n− 1)− 3e+e∑

j=1

fj (2.3)

und Einfuhren von

e1 = Anzahl der Gelenke mitf = 1 (2.4)

e2 = Anzahl der Gelenke mitf = 2 (2.5)

e = e1 + e2 (2.6)

liefert

F = 3(n− 1)− 3(e1 + e2) + e1 + 2e2 (2.7)

F = 3(n− 1)− 2e1 − e2 . (2.8)

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Systematik 7

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Systematik 8

Beispiele:

Viergelenkgetriebe

1

2

2

33

4

4

n = 4

e1 = 4

e2 = 0

F = 9− 8 = 1

Schubkurbel

1

2

23

3

44

n = 4

e1 = 4

e2 = 0

F = 9− 8 = 1

Kurbelschleife

1 2

2

3

3

4

4

n = 4

e1 = 4

e2 = 0

F = 9− 8 = 1

Kurvengetriebe

1 2

2

33

4

4

n = 4

e1 = 4

e2 = 0

F = 9− 8 = 1

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Systematik 9

2.4. Kinematische Ketten

Weitere Abstraktionsstufe zur Darstellung von Getrieben. Sie zeigt nur den strukturellen Zu-sammenhang und gibt keine Hinweise auf die Gliedfunktion.

ϕ

ψ

Kinematische Kette Getriebe

Kinematische Ketten mit Drehgelenken:Annahme: Nur Gelenke mit f = 1Folgen: e2 = 0 e1 = e

F = 3n− 3− 2e

2 GG n2

3 GG n3

4 GG n4

n = n2 + n3 + n4...

Sechsgliedrige kinematische Ketten (F = 1):

Watt’sche Kette Stephenson’sche Kette

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Systematik 10

1

2 23

3

4

4

55

6

6

7

1

2

23

3

44

55

6

6

7

1

1

2

2

3

3

4

4

5

5 6

6

7

1

1

2

23

344

5

5

6

6

7

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Systematik 11

2.5. Ubertragungswinkel und Ubersetzungsverhaltnis

Der Ubertragungswinkel µ ist der spitze Winkel zwischen Ubertragungsglied und Abtriebsgliedbzw. zwischen absoluter und relativer Bewegungsrichtung des Gelenkpunktes.

µµ

ta

tr

Ubertragungsglied

angetriebenes Glied

Bei µ = 0 keine Ubertragung moglich!µ = 90 optimale Bewegungsubertragung.

Bei Koppelgetrieben sollte gelten µmin ≥ 40.

Beim Viergelenkgetriebe trifft µmin in einer der Gestelllagen auf.

µ1 = 49 = µminµ2 = 89

ϕ

Als Uberstetzungsverhaltnis i wird eingefuhrt:

i =ωAbtriebωAntrieb

(2.9)

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Systematik 12

2.6. Viergliedrige Koppelgetriebe

Viergelenkkette

Bedingung fur vollstandigen Umlauf des kleinsten Gliedes:

lmin

lmax

l′

l′′lmin + lmax < l′ + l′′ (2.10)

(Satz von Grashof)

Erzeugung von Grundgetrieben durch Gliedwechsel (jeweils ein Glied wird zum Gestell):

a) Kurbelschwinge (lmax → Gestell)b) Doppelkurbel (lmin → Gestell)c) Doppelschwinge (l′′ → Gestell)d) Parallelkurbel (l′ → Gestell)

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Systematik 13

Schubkurbelkette

Eines der vier Gelenke wird durch ein Schubgelenk ersetzt.

Bedingung fur vollstandigen Umlauf des kleinsten Gliedes:

ab

c

d

e

e+ lmin < lmax (2.11)

(falls e = 0 ⇒ a < b)

Erzeugung von Grundgetrieben durch Gliedwechsel:

a) Zentrische Schubkurbelb) Zentrische Schubschwingec) Zentrische umlaufende Kurbelschleifed) Zentrische schwingende Kurbelschleife

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Systematik 14

Schubschleifenkette

Zwei gegenuberliegende Drehgelenke werden durch Schubgelenke ersetzt.

a

b

c d

e1

e2

∗)

∗∗)

Schubschleifen konnen nur Schubbewegun-gen in Schwingbewegungen umformen undumgekehrt.

e1, e2 - Versetzungen

Begriffe:Schubrichtung konstant: → Schubgelenk ∗)Schubrichtung variabel: → Schubschleife ∗∗)

Erzeugung von Grundgetrieben durch Gliedwechsel:

a) Einfach versetzte Schubschleife - Schleife c als Hohlelementb) Einfach versetzte Schubschleife - Schleife a als Hohlelementc) Doppelt versetzte Schubschleife - Schleife d als Vollelementd) Doppelt versetzte Schubschleife - Gestell d als Hohlelement

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Systematik 15

Koppelkurven

Ein Punkt K einer mit der Koppel AB fest verbundenen Ebene heißt Koppelpunkt. K be-schreibt eine sogenannte Koppelkurve, wenn sich das Getriebe bewegt.

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Kinematische Analyse 16

3. Kinematische Analyse

3.1. Theoretische Grundlagen

3.1.1. Bewegung eines Punktes (2D)

Kartesische Koordinaten

x

y

O

P

~ex

~ey

~r

~r = x~ex + y~ey (3.1)

~v = x~ex + y~ey (3.2)

~a = x~ex + y~ey (3.3)

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Kinematische Analyse 17

Polarkoordinaten

r

ϕ

O

P~er

~eϕ

~r

~r = r~er (3.4)

~v = r~er + rω~eϕ (3.5)

~a = (r − rω2)~er + (2rω + rω)~eϕ (3.6)

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Kinematische Analyse 18

Naturliche Koordinaten

s

P ~et

~en~r

~r = ~r(s(t)) (3.7)

~v = v~et (3.8)

~a = v~et +v2

ρ~en (3.9)

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Kinematische Analyse 19

3.1.2. Bewegung einer Ebene (2D)

x

y

A

B

~eϕ~er

O ~ex

~ey

~rA

~rB

~rAB

rABϕ

E1

EK

~rB = ~rA + ~rAB (3.10)

= ~rA + rAB~er (3.11)

~vB = ~rA + rAB~er (3.12)

= ~rA + rABω~eϕ (3.13)

~aB = ~rA + rAB(ω~eϕ + ω~eϕ) (3.14)

= ~rA + rABω~eϕ − rABω2~er (3.15)

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Kinematische Analyse 20

3.1.3. Geschwindigkeitspol

x

y

~ex

~ey

A

B

M

~rA

~rB~vA

~vB

~rAB

~rM

~rMA

~rMB

(3.13) mit M als Bezugspunkt fur A und B:

~vA = ~vM + rMAω~eϕ (3.16)

~vB = ~vM + rMBω~eϕ (3.17)

wird ~vM = 0 gefordert, so folgt:

vA = rMAω (3.18)

vB = rMBω (3.19)

Der Projektionssatz folgt daraus durch Elimination von ω:

vArMA

=vBrMB

(3.20)

Da ~vM = 0 liegt eine reine Rotation um M vor. D.h. ~vA und ~vB mussen senkrecht auf ~rMA bzw.~rMB stehen. Damit kann der Geschwindigkeitspol M konstruiert werden, wenn die Richtungenvon ~vA und ~vB bekannt sind.

Vorgehen:

i) Richtungen von ~vA und ~vB einzeichnen.

ii) Diese Richtungen um 90 drehen.

iii) Schnittpunkt ist M .

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Kinematische Analyse 21

3.1.4. Beschleunigungspol

~rA

~rB

~rG

~rGA

~rGB

x

y

~ex

~ey

AA

BB

O

GG

~aA

~aB

~a tGA ~anGA

~a tGB

~anGB

γ

δ

ω

Ausgangspunkt ist Gleichung (3.15):

~aB = ~rA︸︷︷︸

Transl.

+ rABω~eϕ︸ ︷︷ ︸

Rot.-tang.

− rABω2~er

︸ ︷︷ ︸

Rot.-normal

Mit

~rA = ~aA (3.21)

rABω~eϕ = ~a tAB (3.22)

−rABω2~er = ~anAB (3.23)

folgt fur die Beschleunigung von B

~aB = ~aA + ~a tAB + ~anAB . (3.24)

Analog wird der Beschleunigungsvektor fur die Punkte A und B gemaß Gleichung (3.24) mitPunkt G als Bezugspunkt (Drehpunkt) formuliert:

~aA = ~aG + ~a tGA + ~anGA (3.25)

~aB = ~aG + ~a tGB + ~anGB . (3.26)

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Kinematische Analyse 22

Wenn G der Beschleunigungspol sein soll, muss gelten ~aG = 0 und damit

~aA = ~a tGA + ~anGA (3.27)

~aB = ~a tGB + ~anGB . (3.28)

Aus der folgenden grafischen Darstellung dieser Beziehungen kann eine wesentliche Informationbezuglich der Position von G und der Richtungen von ~aA und ~aB gewonnen werden.

A

B

G

~aA

~aB

~a tGA~anGA

~a tGB

~anGB

γ

δ

ω

tan γ =|~a tGA||~anGA|

=ωrGAω2rGA

tan δ =|~a tGB||~anGB|

=ωrGBω2rGB

Daraus folgt:

γ = δ (3.29)

Der vom Beschleunigungsvektor und seinem Anteil in n-Richtung eingeschlossene Winkel istfur alle Punkte der Ebene gleich! Er wird im folgenden mit β bezeichnet.

Damit kann der Beschleunigungspol G konstruiert werden, wenn die Richtungen von ~aA und~aB, der Winkel β (berechnet aus ω und ω2) sowie die Richtung von ω bekannt sind.

Vorgehen:

i) β berechnen.

ii) Richtungen von ~aA und ~aB einzeichnen.

iii) Diese Richtungen um Punkte A,B mit Winkel β in Richtung von ω drehen.

iv) Schnittpunkt ist G.

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Kinematische Analyse 23

Die Information bez. ~ω und ~ω ist bereits in ~aA und ~aB enthalten. Mit β = const. ist daher einalternativer Weg zur Konstruktion von G moglich:

A

B

Ga

a

b

b

g

g

~aA

~aA~aB

~aB

β

β

Vorgehen:

i) Beliebigen Punkt g festlegen.

ii) Von g aus ~aA, ~aB antragen

iii) ∆agb von A aus auf AB ubertragen.

iv) ag verlangern.

v) bg parallel in B verschieben.

vi) Schnittpunkt ist G.

Damit Beschleunigungspol G bestimmt sowie Winkel β!

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Kinematische Analyse 24

3.2. Grafische Verfahren

3.2.1. Einheitenfestlegung

Zeit t in [s] Geschwindigkeit v in[m

s

]

Weg s in [mm] Beschleunigung a in[m

s2

]

Maßstab =darstellende Große

wahre Große

• Zeitmaßstab Mt: t in [s] ; 〈t〉 in ]mm]

〈t〉 =Mt · t Mt in[mm

s

]

• Wegmaßstab: Ms: s in [m] ; 〈s〉 in ]mm]

〈s〉 =Ms · s Ms in[mm

m

]

• Geschwindigkeitsmaßstab: Mv: v in[m

s

]

; 〈v〉 in ]mm]

〈v〉 =Mv · vMv in

[mm

m/s

]

• Beschleunigungsmaßstab: Ma: a in[m

s2

]

; 〈a〉 in ]mm]

〈a〉 =Ma · aMa in

[mm

m/s2

]

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Kinematische Analyse 25

3.2.2. Geschwindigkeitsermittlung

Satz von Mehmke:

a

a b

b

c

c

p

P

A

B

C

~vA

~vA

~vB

~vB

~vC

~vC

~va

~vb

~vc

v-Plan

Werden die Geschwindigkeiten ~vA, ~vB und ~vC der Korperpunkte A, B und C um 90 gedrehtund in Richtung des Geschwindigkeitspols P angetragen, dann entsteht durch Verbinden derEndpunkte der Vektoren ~va, ~vb und ~vc das Dreieck ∆abc.

Die Dreiecke ∆ABC und ∆abc sind gleichsinnig ahnlich. (Satz von Mehmke)

Die von den Vektoren ~vA, ~vB und ~vC aufgespannte Figur wird Geschwindigkeitsplan (v-Plan)genannt.

Sind der Geschwindikeitspol P und die Geschwindigkeit eines Punktes bekannt, konnen mittelsdes v-Planes die Geschwindigkeiten weiterer Punkte ermittelt werden.

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Kinematische Analyse 26

Satz von Mehmke/Burmester:

Tragt man die Geschwindigkeiten von P aus ab, erhalt man ∆abc.

Tragt man die Geschwindigkeiten von A,B,C aus ab, erhalt man ∆A′B′C ′.

Die Dreiecke ∆abc, ∆ABC und ∆A′B′C ′ sind gleichsinnig ahnlich.

a

b

c

P

A

B

C

A′

B′

C ′

~vA

~vB

~vC

~va ~vb

~vc

Es gilt:

va

PA=

vb

PB=

vc

PCund analog

vA

PA=

vB

PB=

vC

PC(3.30)

Sind vA und P bekannt, kann mit PB und PC vB und vC bestimmt werden.

Konkret konnen aus obiger Figur mit vA = 3m/s vB und vC ermittelt werden.

3m/s

6 cm=

vB10.5 cm

=vC8 cm

⇒ vB = 5.25m/s , vC = 4m/s

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Kinematische Analyse 27

Beispiel: Gegeben sind die Punkte A, B und D auf einem Getriebeglied sowie die Geschwin-digkeiten ~vA und ~vB gemaß Skizze.Gesucht: ~vD nach Betrag und Richtung.

a

b

d

P

A

B

D

~vA

~vB

~vD

~va

~vb

~vd

Losung:

i) P erzeugen (Schnittpunkte der Senkrechten zu den Geschwindigkeiten ~vA und ~vB).

ii) ~vA, ~vB von P aus als ~va, ~vb abtragen → a, b erzeugen.

iii) Die zu ADB ahnliche Figur abd erzeugen (durch Parallele zu AD und BD).

iv) ~vd im ”Mehmke-Plan“ erzeugen.

v) ~vd im Punkt D senkrecht zu PD als ~vD eintragen.

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Kinematische Analyse 28

Beispiel: Viergelenkgetriebe mit einer gegebenen Geschwindigkeit

Geg.: ~vAGes.: ~vB, ~vC nach Betrag und Richtung

A

A0

B

B0

C

P

a

b

c

~vA

~vB

~vC

~va

~vb~vc

Losung:

i) P erzeugen (Schnittpunkt der Verlangerungen von AA0 und BB0).

ii) ~vA von P aus als ~va eintragen.

iii) Die zu ABC ahnliche Figur abc erzeugen (Parallele zu AB und BC).

iv) ~vb, ~vc im v-Plan erzeugen.

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Kinematische Analyse 29

v) ~vb, ~vc im Punkt B bzw. C senkrecht zu PB bzw. PC als ~vB, ~vC eintragen.

Alternative Losung:

A

A0

B

B0

C

P

a

b

c

~vA

~vB

~vC

~va

~vb

~vc

i) ∆ABC zeichnen.

ii) ~vA um 90 gedreht von A aus als ~va einzeichnen ⇒ a erzeugen.

iii) AB parallel verschieben durch a⇒ b→ ~vb.

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Kinematische Analyse 30

iv) BC parallel verschieben durch b⇒ c→ ~vc.

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Kinematische Analyse 31

3.2.3. Beschleunigungsermittlung

Satz von Mehmke:

a

a

b

b

cc

g

G

A

B

C

β

β

β

~aA

~aA

~aB

~aB

~aC

~aC

~aa

~ab

~ac

a-Plan

Werden die Beschleunigungen ~aA, ~aB und ~aC der Punkte A, B und C um den Winkel β gedrehtund in Richtung des Beschleunigungspols G angetragen, dann entsteht durch Verbinden derEndpunkte der Vektoren ~aa, ~ab und ~ac das ∆abc.

Die ∆ABC und ∆abc sind gleichsinnig ahnlich (Satz von Mehmke).

Die von den Vektoren ~aa, ~ab und ~ac aufgespannte Figur wird Beschleunigungsplan (a-Plan)genannt.

Sind der Beschleunigungspol G und die Beschleunigung eines Punktes bekannt, konnen mittelsdes a-Planes die Beschleunigungen weiterer Punkte ermittelt werden.

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Kinematische Analyse 32

Beispiel: Getriebeglied mit zwei gegebenen BeschleunigungenGegeben sind die Punkte A,B,D auf einem Getriebeglied sowie die Beschleunigungen ~aA, ~aBgemaß Skizze.Ges.: Beschleunigung ~aD nach Betrag und Richtung.

~~

~~

A

B

D

G

A′

B′

D′

~aA

~aA

~aB~aB

~aD ~aD′

a

a

bb

g

g β

β

β

Losung:

i) G erzeugen.

ii) ~aA, ~aB von A, B aus in Richtung G abtragen → A′, B′ erzeugen.

iii) Die zu ADB ahnliche Figur A′D′B′ erzeugen.

iv) ~aD′ im Mehmke-Plan eintragen (DD′).

v) ~aD′ um D mit Winkel β zuruck drehen.

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Kinematische Analyse 33

Beispiel: Viergelenkgetriebe mit zwei gegebenen Beschleunigungen

Geg.: ~aA, ~aB gemaß Skizze (Bemerkung: ~aB ist zwar gegeben aber abhangig von ~aA)Ges.: ~aC

A

A0

B

B0

C

A′

B′

C ′

a

b

b

G

g~aA

~aA

~aB~aB

~aC

~aA′

~aB′

~aC′

β

β

β

Losung:

i) G erzeugen.

ii) ~aA, ~aB von A, B aus in Richtung G abtragen → A′, B′ erzeugen.

iii) Die zu ACB ahnliche Figur A′C ′B′ erzeugen.

iv) ~aC′ im Mehmke-Plan eintragen (CC ′).

v) ~aC′ um C mit Winkel β zuruck drehen.

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Kinematische Analyse 34

Beispiel: Viergelenkgetriebe mit einer gegebenen Beschleunigung

Geg.: ~aA = ~anA mit |~aA| = 3.5m/s2

Ges.: ~aC(Bemerkung: ~vB ist nicht gegeben und muss als erstes bestimmt werden. Da ~aA = ~anA istω = konstant.)

P

A

A0

B

B0

C

A′

B′ C ′

a

b

g

~aA

~aA

~aB

~aB

~vA

~vB

~vAB

~vA′

~vB′ ~vC′

~vA′B′

~anAB

~anBRichtung von ~a tAB

Richtun

g von~atB

~anB + ~a tB = ~aA + ~anAB + ~a tAB

ω

Losung:

i) Einfuhren von Maßstaben:

Ms =1 cm

1m

Mv =1 cm

1m/s

Ma =1 cm

1m/s2

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Kinematische Analyse 35

ii) Geschwindigkeitspol P erzeugen.

iii) Bestimmung von ~vA:

v2A = |~anA| · AA0 = 3.5m/s2 · 3m⇒ vA = 3.24m/s

~vA gemaß Maßstab eintragen.

iv) Mit ~vA von P aus die zu ACB ahnliche Figur A′C ′B′ erzeugen.

v) vB dem v-Plan entnehmen → vB = 4.2m/s.

vi) Da ~vB = ~vA + ~vAB gilt, kann dem v-Plan auch vAB entnommen werden ⇒ vAB = 4m/s.~vAB in Skizze eintragen.

vii) Berechnung der Beschleunigungen:Da ~vAB senkrecht auf AB steht gilt

anAB =v2ABAB

→ anAB =16

9

m

s2→ anAB = 1.78

m

s2

Da ~vB senkrecht auf BB0 steht gilt

anB =v2BBB0

→ anB =4.22

7.2

m

s2→ anB = 2.45

m

s2

viii) Bestimmung von ~aB durch grafische Darstellung von

~aB = ~aA + ~aAB bzw. ~anB + ~a tB = ~aA + ~anAB + ~a tAB

~aA,~anB und ~anAB sind vollstandig bekannt. Von ~a tB und ~a tAB sind nur die Richtung bekannt.

- ~aA an beliebiger Stelle von Punkt g aus auftragen.- ~anAB an Spitze von ~aA antragen.- Richtung von ~a tAB senkrecht an Spitze von ~anAB antragen.- ~anB von g aus antragen.- Richtung von ~a tAB senkrecht an Spitze von ~anB antragen.- Schnittpunkt mit Richtung von ~a tAB liefert Punkt b.- Damit kann ~aB von g nach b eingetragen werden (aB = 3 m

s2).

- ~aB aus a-Plan auf Getriebepunkt B ubertragen.

ix) Nun kann ~aC wie im Beispiel zuvor konstruiert werden.

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Kinematische Analyse 36

Beispiel: Bewegungsanalyse Schachtgreifer

1

2

3 5

6

B0

vA

A

B

C

κ

e

Geg.:

AB = 800mm

B0B = 1880mm

BC = 1040mm

AC = 1280mm

e = 320mm

κ = 124

vA = 20 cm/s = konst.

Ges.:a) vCb) aC

Maßstabe:

〈s〉 = s ·Ms Ms =1mm

20mm

〈v〉 = v ·Mv Mv =1 cm

5 cm/s

〈a〉 = a ·Ma Ma =1 cm

1.25 cm/s2

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Kinematische Analyse 37

A

B

B0

C

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Kinematische Analyse 38

A

B

B0

C

P31 a

b

c

va

vA

vb

vc

vab

i) P von Schaufel erzeugen (P31).

ii) vA von P aus als ~va eintragen.

iii) Die zu ∆ABC ahnliche Figur ∆abc er-zeugen.

iv) vB, vC , vAB dem v-Plan entnehmen:

〈vB〉 = 3.1 cm→ vB = 15.5 cm/s

〈vAB〉 = 5.5 cm→ vAB = 27.5 cm/s

〈vC〉 = 9.6 cm→ vC = 48 cm/s

v) Beschleunigungen anB und anAB berech-nen:

anB =v2BBB0

=15.52 cm2

188 cm · s2 = 1.278 cm/s2

〈anB〉 = 1.022 cm

anAB =v2ABAB

=27.52 cm2

80 cm · s2 = 9.45 cm/s2

〈anAB〉 = 7.56 cm

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Kinematische Analyse 39

A = G

B

B0

C

b

c

β

β

ab

ac

aB

aB

aC

anB

anAB

atB

atAB

〈ac〉 = 15.3 cm

ac = 15.3 cm · 1.25 cm/s2

1 cm= 19.1

cm

s2

i) G erzeugen. (G = A, da vA = konst. gegeben).

ii) Im a-Plan ~aB ermitteln (Grafische Darstellung von ~aB = ~aA + ~aAB bzw. ~anB + ~a tB =~anAB + ~a tAB mit aA = 0. ~anB und ~anAB sind vollstandig bekannt. Von ~a tB und ~a tAB sind nurdie Richtung bekannt.)

iii) ~aB von B aus in Richtung G eintragen (um β gedreht).

iv) Die zu ∆ABC ahnliche Figur ∆abc erzeugen.

v) ~aC durch Drehung von ~ac erzeugen.

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Kinematische Analyse 40

aC = 〈aC〉/Ma = 15.3 cm · 1.25 cm/s2

1 cm= 19.1 cm/s2

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Kinematische Analyse 41

3.2.4. Ubersetzungsverhaltnis mittels Polygonmethode

Die Polygonmethode ist ein grafisches Verfahren zur Ermittlung von Momentanpolen. Ausdem Abstandsverhaltnis spezieller Pole folgt direkt das gesuchte Ubersetzungsverhaltnis. DieseVorgehensweise wird Polstreckenverfahren genannt.

Die Polygonmethode basiert auf dem Satz von den 3 Momentanpolen:

Die drei Momentanpole dreier bewegter Ebenen Ej, Ek, El liegen auf einer Geraden

jk

jllk

Das konkrete Vorgehen wird am Viergelenksystem demonstriert:

1 2

2

3

3

4

4

31

42

32

21

43

41

Polygon

Anzahl der Pole: Polmatrix:

z =

(n

2

)

=n

2(n− 1)

12 13 1423 24

34

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Kinematische Analyse 42

Vorgehensweise:

i) Bezeichnung samtlicher Getriebeglieder. (1 ist immer das Gestell).

ii) Aufzeichnen von n Polygonpunkten. (Jeder Eckpunkt wird nummeriert und entsprichteinem Glied.)

iii) Kennzeichnen der durch Gelenke gegebenen Pole durch dicke Verbindungslininen im Po-lygon.

iv) Markieren der ubrigen Pole durch dunne Lininen.

v) Der gesuchte Pol ist Schnittpunkt zweier Polgeraden. Diese zwei Polgeraden konnen uberzwei

”Dreiecke“ uber dem gesuchten Pol im Polygon bestimmt werden.

Beispiel: Gesuchter Pol 13:∆132 mit den Seiten 13− 32− 21∆134 mit den Seiten 13− 34− 41Die Nummernfolge der Seitenbezeichnung liefert die jeweilige Polgerade.

Das Ubersetzungsverhaltnis i kann wie folgt als Verhaltnis zweier Polstrecken dargestellt wer-den:

ilj−kj =ωljωkj

=jk − kl

jl − kl(3.31)

Wird die Winkelgeschwindigkeit relativ zum Gestell gemessen folgt:

il1−k1 =ωl1ωk1

=1k − kl

1l − kl(3.32)

Konkret folgt fur das Verhaltnis zwischen Abtrieb und Antrieb i des obigen Viergelenksystems:

i41−21 =ω41

ω21

=12− 24

14− 24. (3.33)

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Kinematische Analyse 43

3.3. Analytische Verfahren

Das folgende analytische Verfahren basiert auf den Regeln der komplexen Vektoralgebra. DieDarstellung eines Punktes in der Ebene als komplexe Zahl ist hier die Alternative zur Verwen-dung eines Ortsvektors. Der Vorteil dieses Vorgehens besteht in einem klaren Formalismus zurAbleitung der kinematischen Beziehungen.

x

y

~ex

~ey

A

A0

B

B0l1

l2

l3

l4

ϕ

ϕ31

ψ

Der Weg von A0 nach B kann uber A oder uber B0 erfolgen. In der Gaußschen Zahlenebenelasst sich daher formulieren:

l2eiϕ + l3e

iϕ31

︸ ︷︷ ︸

von A0 nach B uber A

= l1 + l4eiψ

︸ ︷︷ ︸

von A0 nach B uber B0

(3.34)

Das Ziel der folgenden Umformungen ist eine Darstellung ψ = f(ϕ).

• Umstellen:l3e

iϕ31 = l1 + l4eiψ − l2e

iϕ (3.35)

• konjugiert komplexe Darstellung bilden:

l3e−iϕ31 = l1 + l4e

−iψ − l2e−iϕ (3.36)

• (3.35) · (3.36) : (Damit Eliminieren von von ϕ31)

l23 = (l1 + l4eiψ − l2e

iϕ)(l1 + l4e−iψ − l2e

−iϕ) (3.37)

• Ausmultiplizieren:

l23 = l21 + l1l4e−iψ − l1l2e

−iϕ (3.38)

+ l4eiψl1 + l24 − l4e

iψl2e−iϕ

− l2eiϕl1 − l2e

iϕl4e−iψ + l22

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Kinematische Analyse 44

• Ersetzen der e-Funktion durch Winkelfunktionen, siehe Nebenrechnung 1

l23 = l21 + l22 + l24 + 2l1l4 cosψ (3.39)

− 2l1l2 cosϕ

− 2l2l4 cos(ϕ− ψ)

• Anwenden des Additionstheorems cos(ϕ− ψ) = cosϕ · cosψ + sinϕ · sinψ

0 = l21 + l22 − l23 + l24 + 2l1l4 cosψ (3.40)

− 2l1l2 cosϕ

− 2l2l4(cosϕ cosψ + sinϕ sinψ)

• Einfuhren von Abkurzungen

A = 2l1l4 − 2l2l4 cosϕ (3.41)

B = −2l2l4 sinϕ (3.42)

C = l21 + l22 − l23 + l24 − 2l1l2 cosϕ (3.43)

0 = A cosψ + B sinψ + C (3.44)

• (3.44) Umstellen nach ψ:Mit

cosψ =1− tan2 ψ

2

1 + tan2 ψ

2

sinψ =2 tan ψ

2

1 + tan2 ψ

2

0 = A

(

1− tan2 ψ

2

)

+B

(

2 tanψ

2

)

+ C

(

1 + tan2 ψ

2

)

(3.45)

= A− A tan2 ψ

2+ 2B tan

ψ

2+ C + C tan2 ψ

2(3.46)

entsprechend Nebenrechnung 2 (quadratische Gleichung fur tanψ

2)

tanψ

2=

B ±√B2 + A2 − C2

A− C(3.47)

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Kinematische Analyse 45

ψ = 2arctanB ±

√B2 + A2 − C2

A− C(3.48)

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Kinematische Analyse 46

Nebenrechnung 1

eiϕ = cosϕ+ i sinϕ e−iϕ = cosϕ− i sinϕ

eiϕ − i sinϕ = cosϕ e−iϕ + i sinϕ = cosϕ

2 cosϕ = eiϕ + e−iϕ

−l1l2e−iϕ − l1l2eiϕ = −l1l2 (e−iϕ + eiϕ)

︸ ︷︷ ︸

=2 cosϕ

−l2l4(eiϕe−iψ + e−iϕeiψ) = l2l4(ei(ϕ−ψ) + e−i(ϕ−ψ)︸ ︷︷ ︸

=2 cos(ϕ−ψ)

)

−l2l4(eiϕe−iψ + e−iϕeiψ) = −2l2l4(cosϕ · cosψ + sinϕ · sinψ)

Nebenrechnung 2

Mit tan ψ

2= x wird die zu losende Gleichung (3.47) wie folgt dargestellt:

0 = A− Ax2 + 2Bx+ C + Cx2

= −(A− C)x2 + 2Bx+ C + A

= x2 − 2B

A− Cx− C + A

A− C

x1,2 =B

A− C±

B2

(A− C)2+C + A

A− C

=B

A− C±

B2

(A− C)2+

(C + A)(A− C)

(A− C)2

und mit (C + A)(A− C) = A2 − C2

=B

A− C± 1

A− C

√B2 + A2 − C2

=B ±

√B2 + A2 − C2

A− C

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Kinematische Analyse 47

3.4. Numerische Verfahren

3.4.1. Analytisch-Vektiorelle Methode (AVM)

x

y

s

A

A0 B B0

l2l3

~ex

~ey ~e2 ~e3ϕ

ϕ31

Geschlossenheitsbedingung:l2~e2 − l3~e3︸ ︷︷ ︸

= s~ex︸︷︷︸

(3.49)

von A0 nach B uber A von A0 nach B direkt

Umstellen von (3.49) und Zerlegen von ~e2, ~e3 in x, y Richtung liefert:

l2 cosϕ~ex + l2 sinϕ~ey − l3 sinϕ31~ex − l3 cosϕ31~ey − s~ex = 0 (3.50)

Da die x und y Richtung senkrecht aufeinander stehen, folgen daraus zwei unabhangige Glei-chungen:

f1 = l2 cosϕ− l3 sinϕ31 − s = 0 (3.51)

f2 = l2 sinϕ− l3 cosϕ31 = 0 (3.52)

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Kinematische Analyse 48

Bei gegebenem Winkel ϕ handelt es sich um 2 nichtlineare Gleichungen fur die 2 Unbekanntenϕ31 und s. Damit bei dem dargestellten Vorgehen ein eindeutig losbares Gleichungssystementsteht, muss allgemein gelten:

p = g − (n− 1) (3.53)

Wobei gilt:p - Anzahl der notwendigen Schleifen, g - Anzahl der Gelenke, n - Anzahl der Glieder.

Wenn Gleichung (3.53) erfullt ist, dann hat das ebene Getriebe den Freiheitsgrad F=1.

Mit den Ableitungen von (3.51) und (3.52) nach den Unbekannten ϕ31 und s kann die fur dieNewtoniteration notige Jacobimatrix ausfgestellt werden:

J =

∂f1∂ϕ31

∂f1∂s

∂f2∂ϕ31

∂f2∂s

=

[

−l3 cosϕ31 −1

l3 sinϕ31 0

]

(3.54)

Die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen konnen nach erfolgter Newtoniteration im Rah-men einer Nachlaufrechnung bestimmt werden.

Berechnung der Geschwindigkeiten

f1 = −l2 sinϕ · ϕ− l3 cosϕ31 · ϕ31 − s = 0 (3.55)

f2 = l2 cosϕ · ϕ+ l3 sinϕ31 · ϕ31 = 0 (3.56)

Die gesuchten Geschwindigkeiten treten in (3.55) und (3.56) linear auf. Das heißt, es entstehtein lineares Gleichungssystem fur ϕ31 und s.

[

−l3 cosϕ31 −1

l3 sinϕ31 0

]

︸ ︷︷ ︸

Identisch mit Jacobi-Matrix!Keine Iteration notig!

[

ϕ31

s

]

=

[

l2 sinϕ · ϕ−l2 cosϕ · ϕ

]

(3.57)

Berechnung der Beschleunigungen

f1 = −l2(cosϕ · ϕ2 + sinϕ · ϕ)− l3(− sinϕ31 · ϕ231 + cosϕ31 · ϕ31)− s = 0 (3.58)

f2 = l2(− sinϕ · ϕ2 + cosϕ · ϕ) + l3(cosϕ31 · ϕ231 + sinϕ31 · ϕ31) = 0 (3.59)

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Kinematische Analyse 49

Die gesuchten Beschleunigungen treten wiederum linear auf. Das heißt, es entsteht ein linearesGleichungssystem fur ϕ31 und s.

[

−l3 cosϕ31 −1

l3 sinϕ31 0

]

︸ ︷︷ ︸

Identisch mit Jacobi-Matrix!Keine Iteration notig!

[

ϕ31

s

]

=

[

l2 cosϕ · ϕ2 + l2 sinϕ · ϕ− l3 sinϕ31 · ϕ231

l2 sinϕ · ϕ2 − l2 cosϕ · ϕ− l3 cosϕ31 · ϕ231

]

(3.60)

3.4.2. Finite-Elemente-Methode (FEM)

Idee des Verfahrens: Unterteilung des Getriebes in einzelne (Finite) Elemente. Fur jedes Elementkann vorab eine Elementgleichung formuliert werden. Aus diesen Elementgleichungen kann reinformal das nichtlineare Gleichungssystem zur Bestimmung der unbekannten Knotenkoordiantenaufgebaut werden.Das Vorgehen wird am Beispiel demonstriert:

i

j

x

y

A

A0

B

B0

1

1

22

3 3

4

4

~ex

~ey

- Knoten i

- Element j

ϕ

Element 1 reprasentiert den rotatorischen Antrieb. Die Elemente 2, 3 und 4 sind Stabelemente.

Elementgleichungen:

f1 : (y2 − y1)/(x2 − x1) = tanϕ (3.61)

f2 : (x2 − x1)2 + (y2 − y1)

2 = l21 (3.62)

f3 : (x3 − x2)2 + (y3 − y2)

2 = l22 (3.63)

f4 : (x4 − x3)2 + (y4 − y3)

2 = l23 (3.64)

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Kinematische Analyse 50

Randbedingungen:

x1 = 0 (3.65)

y1 = 0 (3.66)

x4 = 0 (3.67)

y4 = 0 (3.68)

Damit liefert dieses Vorgehen 8 Gleichungen fur 8 Unbekannte Knotenkoordinaten. Nach Ein-arbeitung der Randbedingungen (3.65) - (3.68) in (3.61) - (3.64) verbleibt ein nichtlinearesGleichungssystem fur die Knotenkoordinaten x2, y2, x3 und y3. Dieses wird mit dem Newton-verfahren gelost. Analog zur analytisch-vektoriellen Methode konnen im Rahmen einer Nach-laufrechnung Knotengeschwindigkeiten und Beschleunigungen bestimmt werden.

Mit

x =

x2y2x3y3

J =

∂f1∂x2

∂f1∂y2

∂f1∂x3

∂f1∂y3

∂f2∂x2

∂f2∂y2

. . ....

∂f3∂x2

......

∂f4∂x2

. . . . . .∂f4∂y3

(3.69)

J =

y2 − y1(x2 − x1)2

1

x1 − x20 0

2(x2 − x1) 2(y2 − y1) 0 0

−2(x3 − x2) −2(y3 − y2) 2(x3 − x2) 2(y3 − y2)

0 0 −2(x4 − x3) −2(y4 − y3)

(3.70)

und geeigneten Startwerten fur x2, y2, x3, y3 konnen fur einen gegebenen Winkel ϕ die denElementgleichungen entsprechenden Knotenkoordinaten x2, y2, x3, y3 gefunden werden.

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Kinematische Analyse 51

Beispiel: Schubkurbel

11

2

2

3

3

~ex

~ey

ϕ

f1 : (y2 − y1)/(x2 − x1) = tanϕ (3.71)

f2 : (x2 − x1)2 + (y2 − y1)

2 = l22 (3.72)

f3 : (x3 − x2)2 + (y3 − y2)

2 = l23 (3.73)

Das System hat 6 Knotenkoordianten x1, y1, ..., y3. Davon sind 3 bedingt durch Randbedingun-gen bekannt:

x1 = 0, y1 = 0, y3 = 0

Die drei unbekannten Knotenkoordinaten x2, y2, x3 konnen durch Losen des Gleichungssystems(3.71), (3.72), (3.73) bestimmt werden (3 Gleichungen fur 3 Unbekannte). Die Losung erfolgtwieder mittels Newtoniteration ausgehend von

x =

x2

y2

x3

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Kinematische Analyse 52

f =

(y2 − y1)/(x2 − x1)− tanϕ

(x2 − x1)2 + (y2 − y1)

2 − l22

(x3 − x2)2 + (y3 − y2)

2 − l23

J =

∂f1∂x2

∂f1∂y2

∂f1∂x3

∂f2∂x2

∂f2∂y2

∂f2∂x3

∂f3∂x2

∂f3∂y2

∂f3∂x3

Die Einarbeitung der Randbedingungen in f vereinfacht die Berechnung von J. Es folgt:

f =

y2/x2 − tanϕ

x22 + y22 − l22

(x3 − x2)2 + y22 − l23

J =

−y2 · x−22 x−1

2 0

2x2 2y2 0

−2(x3 − x2) 2y2 2(x3 − x2)

Geschwindigkeitsberechnung

Um Geschwindigkeiten zu erhalten, sind die Elementgleichungen (3.71), (3.72), (3.73) nachder Zeit abzuleiten. Mit Berucksichtigung der Randbedingungen folgt zunachst:

(y2x2

)•

− (tanϕ)• = 0 (3.74)

(x22)• + (y22)

• − (l22)• = 0 (3.75)

[(x3 − x2)

2]•

+ (y22)• − (l23)

• = 0 (3.76)

Das Ausfuhren der Zeitableitung fuhrt auf:

y2x2 − y2x2x22

− (1 + tan2 ϕ)ϕ = 0 (3.77)

2x2x2 − 2y2y2 = 0 (3.78)

2(x3 − x2)(x3 − x2) + 2y2y2 = 0 (3.79)

Dieses Gleichungssystem fur die drei unbekannten Geschwindigkeiten x2, y2 und x3 kann uber-sichtlich in der Matrixform

−y2 · x−22 x−1

2 0

2x2 −2y2 0

−2(x3 − x2) 2y2 2(x3 − x2)

x2

y2

x3

=

(1 + tan2 ϕ)ϕ

0

0

(3.80)

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Kinematische Analyse 53

dargestellt werden. Dabei fallt auf, dass die Koeffizientenmatrix wieder identisch mit der Jacobi-Matrix ist. Somit kann mit den durch die Newtoniteration bestimmten Koordianten x2, y2, x3und den als gegeben vorausgesetzten Werten fur ϕ und ϕ das Gleichungssystem (3.80) aufgebautwerden. Da dieses linear ist, kann es direkt nach den gesuchten Geschwindigkeiten x2, y2, x3aufgelost werden.

Beschleunigungsberechnung

Um die Beschleunigung zu erhalten, werden die bereits einmal nach der Zeit abgeleiteten Ele-mentgleichungen (3.77), (3.78), (3.79) ein weiteres mal nach t differenziert.

y2x2 − y2x2x22

− (y2x2 + y2x2)x22 − y2x2 · 2x2x2x42

− (1 + tan2 ϕ)(ϕ+ 2ϕ2 tanϕ) = 0 (3.81)

2(x2x2 + x2x2)− 2(y2y2 + y2y2) = 0 (3.82)

2(x3x3 + x3x3 − x3x2 − x3x2 − x2x3 − x2x3 + x2x2 + x2x2) + 2(y2y2 + y2y2) = 0 (3.83)

Diese drei Gleichungen bilden wiederun ein lineares Gleichungssystem. Die ubersichtliche Ma-trixdarstellung

−y2x−22 x−1

2 0

2x2 −2y2 0

2(x2 − x3) 2y2 2(x3 − x2)

x2

y2

x3

=

y2x2x22

+y2x2x22

− 2x22y2x32

+ (1 + tan2 ϕ)(ϕ+ 2ϕ2 tanϕ)

2(−x22 + y22)

2(−x23 + x3x2 + x2x3 − x22 − y22)

(3.84)

macht deutlich, dass wiederum nur die rechte Seite durch Einsetzen bekannter Großen bestimmtwerden muss, da die Koeffizientenmatrix auf der linken Seite die Jacobimatrix ist.

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Kinetische Analyse 54

4. Kinetische Analyse

4.1. Theoretische Grundlagen

Die Kenntnis der Krafte in Getrieben ist Voraussetzung fur eine Dimensionierung von Gelenkenund Gliedern im Sinne der Festigkeitslehre. Bei der Bestimmung dieser Krafte sollte zwischensich langsam und sich schnell bewegenden Getrieben unterschieden werden. Bei ersteren konnendie Gesetze der Statik angewendet werden. Wenn sich jedoch Glieder schnell bewegen, dann tre-ten in der Regel auch große Beschleunigungen auf. In diesem Fall mussen dann Tragheitskrafteund -momente mit in die Berechnung eingehen. Impuls- und Drehimpulsbilanz liefern die dasSystem beschreibenden Bewegungsdifferentialgleichungen. Im Falle von offenen kinematischenKetten mussen diese durch Zeitintegration gelost werden. Bei einem Getriebe hat man aber inder Regel eine geschlossene kinematische Kette. Ist zusatzlich noch die Winkelgeschwindigkeitdes Antriebsgliedes gegeben, dann sind auch die Beschleunigungen bekannt. Mit diesen Be-schleunigungen und gegebenen Massen konnen die aktuellen Tragheitskrafte bestimmt werden.Damit kann dann das Problem in Analogie zur Statik gelost werden und man spricht in derGetriebelehre von Kinetostatik.

4.2. Grafische Verfahren

Spielen grafische Verfahren bei der kinematischen Analyse auch heute noch wegen ihrer An-schaulichkeit und der Moglichkeit schnell einen ersten Entwurf fur eine spezielle Getriebelosungzu erstellen, eine Rolle, sind sie zur Ermittlung von Kraften nicht mehr zeitgemaß. Die gra-fischen Verfahren sind aus der Grundlagenausbildung im Fach Technische Mechanik bis aufwenige elementare Operationen vollstandig verschwunden. Dementsprechend erscheint es nichtsinnvoll, hier nochmal damit anzufangen.

4.3. Analytische Verfahren

Die als Kinetostatik bezeichnete Vorgehensweise soll am Viergelenksystem demonstriert werden.

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Kinetische Analyse 55

x

y

g

M2

M4Ω

2

3

4S2

S3

S4

ϕ2

ϕ3

ϕ4

~ex

~ey

Das Antriebsglied 2 rotiert mit konstanter Winkelgeschwindigkeit Ω. Alle weiteren kinema-tischen Großen (ϕ2, ϕ2, ϕ3, ϕ3, xS3, yS3, ϕ4, ϕ4) sind daraus bereits bestimmt. Ausgehend voneinem geforderten Abtriebsmoment M4 ist nun das notwendige Antriebsmoment M2 zu berech-nen. Es wird das in der Grundlagenmechanik eingeubte Vorgehen angewendet:

• Glieder freischneiden

• Lager-, Gelenkreaktionen und Gewichtskrafte eintragen

• d’Alembert’sche Tragheitslasten (translatorisch sowie rotatorisch) eintragen

• Pro Glied Impuls- und Drehimpulsbilanz aufstellen

• Gleichgewichtssystem nach den unbekannten Gelenkkraften sowie dem Antriebsmomentauflosen.

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Kinetische Analyse 56

A

A0

B

B0

S2

S3

S4

ϕ2

ϕ3

ϕ4

F x12

F y12

F x23

F x23

F y23

F y23

F x34

F x34

F y34

F y34

F x14

F y14

FG2

FG3

FG4

M2 M4

m2lS2Ω2

m3xS3

m3yS3

JS3ϕ3

JS4ϕ4m4lS4ϕ4

m4lS4ϕ24

x

y

Hinweis: Am Glied 3 werden die d’Alembertschen Tragheiten bezogen auf das raumfeste karte-sische Koordinatensystem eingetragen. Dagegen beziehen sich die Tragheiten bei Glied 2 und 4auf ein mitdrehendes Polarkoordinatensystem, da diese Glieder jeweils um A0 bzw. B0 rotieren.Eine d’Alembert’sche Tragheitskraft am Glied 2 in ~eϕ-Richtung entfallt, da ϕ2 = Ω = konst.und damit ϕ2 = 0 ist. Ebenfalls entfallt damit das Glied JSϕ.

Dynamisches Krafte- und Momentengleichgewicht (Impuls- und Drehimpulsbilanz):

Glied 2

→: F x12 + F x

23 +m2lS2Ω2 cosϕ2 = 0 (4.1)

↑: F y12 − F y

23 − FG2 +m2lS2Ω

2 sinϕ2 = 0 (4.2)x

A0: M2 + FG2 lS2 cosϕ2 − F x

23l2 sinϕ2 − F y23l2 cosϕ2 = 0 (4.3)

Glied 3

→: −F x23 −m3xS3 − F x

34 = 0 (4.4)

↑: F y23 −m3yS3 − FG

3 − F y34 = 0 (4.5)

x

A: −JS3ϕ3 +m3xS3lS3 sinϕ3 −m3yS3lS3 cosϕ3 (4.6)

−FG3 lS3 cosϕ3 + F x

34lS3 sinϕ3 − F y34lS3 cosϕ3 = 0 (4.7)

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Kinetische Analyse 57

Glied 4

→: F x34 + F x

14 +m4lS4ϕ24 cosϕ4 +m4lS4ϕ4 sinϕ4 = 0 (4.8)

↑: F y34 + F y

14 +m4lS4ϕ24 sinϕ4 −m4lS4ϕ4 cosϕ4 − FG

4 = 0 (4.9)x

B0: −M4 −m4lS4ϕ4lS4 − JS4ϕ4 − FG4 lS4 cosϕ4 (4.10)

−F x34l4 sinϕ4 + F y

34l4 cosϕ4 = 0 (4.11)

9 Unbekannte: F x12, F

y12, F

x23, F

y23, F

x34, F

y34, F

x14, F

y14,M2

4.4. Numerische Verfahren

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Synthese 58

5. Synthese

Ist eine gegebene Bewegungsaufgabe mit einem Getriebe zu realisieren, dann muss zunachstder geeignete Getriebetyp gefunden werden. Anschließend sind die Abmessungen der Getriebe-glieder festzulegen. Dafur unterscheidet man in

Typensynthese Maßsynthese· Gelenkgetriebe · exakt· Kurvengetriebe · approximiert· Planetenrader

Fur die Typensynthese ist es sinnvoll entsprechend VDI 2727 eine Einteilung bezuglich derBewegung des Antriebes vorzunehmen (Drehen, Schieben, Fuhren).

5.1. Theoretische Grundlagen

Die im folgenden angegebenen Verfahren beschranken sich auf die oft in der Praxis vorkom-menden Viergelenkgetriebe.

Die Bewegungsaufgabe wird definiert, indem Punkte auf einer zu durchlaufenden Koppelkurveoder Lagen einzelner Getriebeglieder vorgegeben werden.Zunachst soll fur das dargestellte Viergelenkgetriebe festgestellt werden, wie viele diskrete Be-dingungen maximal formuliert werden konnen.

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Synthese 59

x

y

A

A0

B

B0

P

a

b

ce

f

ϕ ψ

γ

Entspricht die Anzahl der vorgebbaren Bedingungen der Anzahl der vorgegebenen Bedingungen,dann ist das System vollstandig beschrieben.

Punktezuordnung

Die Koordinaten des auf der Koppelkurve liegenden Punktes Pi sind Funktionen der das Ge-triebe beschreibenden Parameter:

xPi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.1)

yPi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.2)

Zu jedem Punkt Pi gehort ein zu bestimmender Winkel ϕi des Antriebsgliedes. Wird nun einPunkt vorgegegeben, so stehen 2 Gleichungen (xP , yP ) den 9+1 Unbekannten gegenuber. Bei2 Punkten andert sich das Verhaltnis auf 4 zu 9+2. Erst bei 9 Punkten (i = 9) ist das Systemvollstandig beschrieben (18 Gleichungen, 9+9 Unbekannte).

Anzahl der Unbekannten 9 + iAnzahl der Gleichungen 2iSystem vollst. beschrieben, wenn i = 9

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Synthese 60

Lagenzuordnung

Die Lage eines Getriebegliedes kann uber die Koordinaten eines Punktes des Gliedes und einenWinkel beschrieben werden. Damit existieren fur jede Lage die 3 Gleichungen:

xPi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.3)

yPi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.4)

γi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.5)

Wird eine Lage vorgegeben, so stehen den 3 Gleichungen 9+1 Unbekannte gegenuber. Bei 4 vor-gegebenen Lagen ist das System bis auf eine Unbekannte vollstandig bestimmt (12 Gleichungen,9+4 Unbekannte).

Anzahl der Unbekannten 9 + iAnzahl der Gleichungen 3iSystem vollst. beschrieben, wenn i = 4 + Vorgabe

fur eine Unbek.

Wird pro gegebener Lage noch der Winkel ϕ vorgegeben, ist das System bereits mit 3 vor-gegebenen Lagen vollstandig bestimmt. Alternativ kann die Lage des Gliedes auch uber dieVorgabe von zwei auf dem Glied liegenden Punkten erfolgen. Damit existieren fur jede Lage 4Gleichungen:

xPi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.6)

yPi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.7)

xQi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.8)

yQi = f(xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, c, e, f, ϕi) (5.9)

Anzahl der Unbekannten 9 + iAnzahl der Gleichungen 4iSystem vollst. beschrieben, wenn i = 3

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Synthese 61

Winkelzuordnung

Es wird ein bestimmter Winkel ψ des Abtriebsgliedes gefordert. Diese Forderung wird uber dieGleichung

ψi = f(λ, µ, ν) (5.10)

beschrieben. Dabei werden die konkreten Abmessungen durch die Verhaltnisse

λ =a

dµ =

b

dµ =

c

d(5.11)

ersetzt. Der Winkel ϕi kommt nun in der Funktion f nicht mehr als zu bestimmende Große vor,da zu einem Winkel ψi des Antriebs stets ein Winkel ϕi des Abtriebs angegeben werden muss.Ohne ϕ macht die Vorgabe von ψ keinen Sinn.Bei Vorgabe eines Winkels stehen einer Gleichung 3 Unbekannte gegenuber. Bei Vorgabe von3 Winkeln ist das System dann wieder vollstandig bestimmt (3 Gleichungen, 3 Unbekannte).

Anzahl der Unbekannten 3Anzahl der Gleichungen iSystem vollst. beschrieben, wenn i = 3

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Synthese 62

5.2. Grafische Verfahren

2 Lagen Synthese

Aufgabenstellung: Gegeben sind die Lagen 1 und 2 in einer Ebene.Gesucht: A0, B0

A0

A1

A2

B0

B1

B2

a12

b12

P12

φ12

2φ12

2

1) A, B auf Ebene festlegen.2) Pol P12 uber Mittelsenkrechten a12, b12 erzeugen.3) A0, B0 nach Bedarf frei auf a12, b12 wahlen.

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Synthese 63

3 Lagen Synthese

Aufgabenstellung: Gegeben sind die Lagen 1, 2, 3.Gesucht: A0, B0

A0

A1

A2

A3

B0

B1

B2

B3

a12 a23

a31 b12

b23

b31

1) A, B auf Ebene festlegen.2) Mittelsenkrechten a12, a23, a31 erzeugen. Schnittpunkt → A0

3) Mittelsenkrechten b12, b23, b31 erzeugen. Schnittpunkt → B0

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Synthese 64

5.3. Analytische Verfahren

Winkelzuordnung

Zur vollstandigen Bestimmung des Systems mussen 3 Winkelzuordnungen gegeben werden:

ψ1 ∼ ϕ1

ψ2 ∼ ϕ2

ψ3 ∼ ϕ3

A

A0

B

B0

ϕ ψ

ϑ

a

b

c

d

−−→A0A+

−→AB =

−−−→A0B0 +

−−→B0B (5.12)

a cosϕ+ c cosϑ = d+ b cosψ (5.13)

a sinϕ+ c sinϑ = 0 + b sinψ (5.14)

Durch Quadrieren und Addieren von Gleichung (5.13) und (5.14) kann der Winkel ϑ eliminiertwerden.

c2 = a2 + b2 + d2 + 2bd cosψ − 2ad cosϕ− 2ab cos(ψ − ϕ) (5.15)

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Synthese 65

Division durch 2ab und Umstellen liefert

mit

k1 =d

ak2 =

d

bk3 =

a2 + b2 − c2 + d2

2ab(5.16)

k1 cosψ − k2 cosϕ+ k3 = cos(ψ − ϕ) (5.17)

Einsetzen der 3 gegebenen Winkelzuordnungen in diese Gleichung liefert:

cosψ1 − cosϕ1 1

cosψ2 − cosϕ2 1

cosψ3 − cosϕ3 1

k1

k2

k3

=

cos(ψ1 − ϕ1)

cos(ψ2 − ϕ2)

cos(ψ3 − ϕ3)

(5.18)

Damit konnen k1, k2 und k3 bestimmt werden. Wenn nun d gewahlt wird, dann ist uber k1 undk2 auch a und b bestimmt. Einsetzen von a und b in die Beziehung fur k3 ergibt c.

Punktezuordnung

Werden fur ein Getriebeglied Lagen vorgegeben, kann dieses Problem auch uber eine Punkte-zuordnung gelost werden. Bei 3 vorgebenen Lagen sind mindestens 6 Punkte bekannt, da jedeLage uber 2 Punkte beschrieben wird. Werden fur die 2 Punkte die Positionen der jeweiligenGelenke gewahlt, dann kann die entsprechnede Punktezuordnung elegant uber Kreisgleichungenerfolgen.Da die Lange c der Koppel durch den Abstand der Punkte bekannt ist und der Abstand f nichtin die Betrachtung eingeht, verbleiben als Unbekannte xA0, yA0, xB0, yB0, a, b, ϕi.Bei Vorgabe von 6 Punkten ist dann das System vollstandig bestimmt (6+6 Unbekannte, 12Lagen).

x

y

A1

B1

A2

B2

A3

B3

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Synthese 66

Die gegebenen Punkte A1, A2, A3 mussen auf Kreis mit dem Mittelpunkt A0 und dem Radiusa, B1, B2, B3 auf Kreis mit dem Mittelpunkt B0 und dem Radius b liegen.Damit lasst sich fur den Kreis um A0 formulieren

(xA1 − xA0)2 + (yA1 − yA0)

2 = γ2 (5.19)

(xA2 − xA0)2 + (yA2 − yA0)

2 = γ2 (5.20)

(xA3 − xA0)2 + (yA3 − yA0)

2 = γ2 (5.21)

Dieses Gleichungssystem muss nach den 3 Unbekannten xA0, yA0, a aufgelost werden:

(5.19) in (5.20)

(xA2 − xA0)2 + (yA2 − yA0)

2 = (xA1 − xA0)2 + (yA1 − yA0)

2 (5.22)

(5.19) in (5.21)

(xA3 − xA0)2 + (yA3 − yA0)

2 = (xA1 − xA0)2 + (yA1 − yA0)

2 (5.23)

Ausmultiplizieren

x2A2−2xA2xA0+x2A0+y

2A2−2yA2yA0+y

2A0 = xA1−2xA1xA0+x

2A0+y

2A1−2yA1yA0+yA0 (5.24)

Umstellen

−2xA2xA0 − 2yA2yA0 + 2xA1xA0 + 2yA1yA0 = −x2A2 − y2A2 + x2A1 + y2A1 (5.25)

Ausklammern

xA0(−xA1 + xA2) + yA0(−yA1 + yA2) =1

2(−x2A1 + x2A2 − y2A1 + y2A2) (5.26)

(5.23) analog. Damit:

[

(xA2 − xA1) (yA2 − yA1)

(xA3 − xA1) (yA3 − yA1)

][

xA0

yA0

]

=1

2

[

x2A2 − x2A1 + y2A2 − y2A1

x2A3 − x2A1 + y2A3 − y2A1

]

(5.27)

Damit ist A0 bekannt. Das analoge Vorgehen fur den Kreis um B0 liefert

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Synthese 67

[

(xB2 − xB1) (yB2 − yB1)

(xB3 − xB1) (yB3 − yB1)

][

xB0

yB0

]

=1

2

[

x2B2 − x2B1 + y2B2 − y2B1

x2B3 − x2B1 + y2B3 − y2B1

]

(5.28)

5.4. Numerische Verfahren

Numerische Verfahren nutzen zur Synthese in der Regel die Methoden der mathematischenOptimierung. Dazu wird das System zunachst so beschrieben, dass bei bekannten Abmessun-gen die Kinematik fur einen vollstandigen Umlauf berechnet werden kann. Die an das Getrie-be gestellten Bedingungen werden mathematisch durch eine Zielfunktion beschrieben. MittelsMonte-Carlo-Methode oder Gradientenverfahren werden nun die als variabel definierten Para-meter des Getriebes so lange modifiziert, bis die Zielfunktion moglichst gut erfullt ist.

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Mathematische Grundlagen 68

A. Mathematische Grundlagen

A.1. Komplexe Zahlen

x

y

A

A

A sei eine komplexe Zahl. In der Gauß’schen Zahlenebene gilt dann:

A = x+ iy (A.1)

Alternativ kann A mit Hilfe des Abstands OA = l und dem Winkel ϕ dargestellt werden:

A = leiϕ (A.2)

Die Gultigkeit von (A.2) kann mit Hilfe der zu A konjugiert komplexen Zahl A gezeigt werden:

A = x+ iy A = leiϕ

A = x− iy A = le−iϕ

x+ iy = leiϕ

x− iy = le−iϕ

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Mathematische Grundlagen 69

Die Multiplikation der jeweils linken und rechten Seiten der beiden letzten Gleichungen liefert

(x+ iy)(x− iy) = l2eiϕ−iϕ

x2 + y2 = l2

Weiterhin kann A noch auf Basis von Winkelfunktionen dargestellt werden.Mit

x = l cosϕ und y = l sinϕ (A.3)

folgt fur (A.1)

A = l cosϕ+ il sinϕ (A.4)

Gleichsetzen mit (A.2) und Kurzen von l fuhrt auf die Euler’sche Relation

eiϕ = cosϕ+ i sinϕ (A.5)

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Mathematische Grundlagen 70

A.2. Iterative Losung nichtlinearer Gleichungen

• Taylorreihe

f(x) = f |x0 + f ′|x0(x− x0) + ... (A.6)

Bsp.:

f(x) =1

2x2 + 1

Naherung mittels Gleichung (A.6) fur x = 3ausgehend von bekannter Losung fur x0 = 2:

f(3) ≈ 3 + 2 · (3− 2)

5, 5 ≈ 5, 0 x x

y

f ′|x0

f

x0

• Losen einer nichtlinearen Gleichung

Mit f(x) = 0 folgt aus Gleichung (A.6)

0 = f |x0 + f ′|x0(x− x0) + ... (A.7)

Abbrechen nach dem 1. Glied und umstellennach x liefert:

x = x0 −f |x0f ′|x0

Ausgehend von einem Startwert x0 ist x eine er-ste Naherung fur f(x) = 0. Durch wiederholtesAnwenden mit jeweils x0 = x kann die Losungverbessert werden.

y

x0 xx1x2x3

f ′|x0

f

Beispiel: Gesucht ist die Losung der Gleichung

f(x) = 0 =1

2x2 − 2

Mit dem gegebenen Startwert fur x

x0 = 3

folgt fur die Iteration:

x1 = 3− 2, 5

3= 2, 167

x2 = 2, 167− 0, 347

2, 167= 2, 006

x3 = 2, 006− 0, 013

2, 006= 2, 000

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Mathematische Grundlagen 71

• Numerischer Algorithmus

Mit f = f |x0 , J = f ′|x0 und q = x− x0 folgt fur die Gleichung (A.7) die Darstellung:

0 = f + Jq (A.8)

Bei gegebenem Startwert x0 kann damit gemaß

q = −J−1f

undx = q + x0

eine neue Naherung fur x bestimmt werden.

Wird die Vorgehensweise auf die Losung von Gleichungssystemen angewendet, sind f und qdurch die Spaltenmatrizen f, q und J durch die Jacobimatrix J zu ersetzen.

x = x0

f = f(x)

J = J(x)

q = −J−1f

xi = q+ x

x = xi

i = 1, k

MATLAB Code:

clear all;

x=3;

for i=1:3

f = x^2/2 - 2.;

J = x;

q=-inv(J)*f;

x=q+x

end

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Mathematische Grundlagen 72

Beispiel: Gesucht sind die Werte fur u, v, so dass die beiden nichtlinearen Gleichungen

f1 : 0 = 2− u2 − v2

f2 : 0 = 1− u2 + v2

erfullt sind.

Mit

f =

[

2− u2 − v2

1− u2 + v2

]

und J =

∂f1∂u

∂f2∂u

∂f1∂v

∂f2∂v

=

[

−2u −2v

−2u +2v

]

sowie den gegebenen Startwerten fur u und v

x0 =

[

1

1

]

folgt fur die Iteration:

i=1 i=2 i=3

x =

[

1

1

]

f =

[

0

1

]

J =

[

2 −2

2 2

]

q =

[

0, 25

−0, 25

]

x1 =

[

1, 25

0, 75

]

x =

[

1, 25

0, 75

]

f =

[

−0, 125

0

]

J =

[

−2, 5 −1, 5

−2, 5 1, 5

]

q =

[

0, 025

−0, 04167

]

x2 =

[

1, 2247

0, 7071

]

x =

[

1, 2247

0, 7071

]

...

(exakte Losung: x =√

32, y =

√12)

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Mathematische Grundlagen 73

MATLAB Code:

clear all;

x=[1 ; 1];

for i=1:6

u=x(1); v=x(2);

f(1,1)=2-u^2-v^2;

f(2,1)=1-u^2+v^2;

J(1,1)=-2*u;

J(1,2)=-2*v;

J(2,1)=-2*u;

J(2,2)=+2*v;

q=-inv(J)*f;

x=q+x

end

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Softwaretool MD-LAB 74

B. Softwaretool MD-LAB

B.1. Datenstruktur

B.2. Grafische Darstellung von Getriebeelementen

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Details zur FEM-Methode 75

C. Details zur FEM-Methode

MATLAB Code zum Viergelenksystem aus Kapitel 3.4.2:

clear all;

x1=0.; y1=0.; x4=95.; y4=0.;

l1=28.8617 ;l2=88.5099 ;l3=70.8802 ;

q=[28. ; -7. ; 75. ; 68.];

phi = -0.2450;

phi = 0.;

for i=1:5

x2=q(1); y2=q(2); x3=q(3); y3=q(4);

f(1,1)=tan(phi) - (y2-y1)/(x2-x1);

f(2,1)=(x2-x1)^2 +(y2-y1)^2 -l1^2;

f(3,1)=(x3-x2)^2 +(y3-y2)^2 -l2^2;

f(4,1)=(x4-x3)^2 +(y4-y3)^2 -l3^2;

J(1,1)=((y2-y1)/(x2-x1)^2;

J(1,2)=1./(x1-x2);

J(1,3)=0.;

J(1,3)=0.;

J(2,1)=2*(x2-x1);

J(2,1)=2*(y2-y1);

J(2,1)=0.;

J(2,1)=0.;

J(3,1)=-2*(x3-x2);

J(3,2)=-2*(y3-y2);

J(3,3)= 2*(x3-x2);

J(3,4)= 2*(y3-y2);

J(4,1)=0;

J(4,2)=0;

J(4,3)=-2*(x4-x3);

J(4,4)=-2*(y4-y3);

dq=-inv(J)*f;

qn=q+dq

q=qn

end

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Details zur FEM-Methode 76

f1f1

Stab

f = (x2 − x1)2 + (y2 − y1)

2 − l21 = 0 (C.1)

Pro Element eine Zeile der Jacobi-Matrix, im Voraus ableiten. Dann nur noch fullen.

∂f

∂x1= 2(x2 − x1) · (−1) (C.2)

∂f

∂x2= 2(x2 − x1) · 1 (C.3)

∂f

∂y1= 2(y2 − y1) · (−1) (C.4)

∂f

∂y2= 2(y2 − y1) · 1 (C.5)

R-Antrieb

f = tanϕ− y2 − y1x2 − x1

(C.6)

∂f

∂x1=

y1 − y2(x1 − x2)2

(C.7)

∂f

∂x2= − y1 − y2

(x1 − x2)2(C.8)

∂f

∂y1= − 1

x1 − x2(C.9)

∂f

∂y2=

1

x1 − x2(C.10)

Geschwindigkeiten ermitteln

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Details zur FEM-Methode 77

2(x2 − x1)(x2 − x1) + 2(y2 − y1)(y2y1) = 0 (C.11)

∂f

∂x1= −2(x2 − x1) (C.12)

∂f

∂x2= 2(x2 − x1) (C.13)

∂f

∂y1= −2(y2 − y1) (C.14)

∂f

∂y2= 2(y2 − y1) (C.15)

Schieber

tan β =x2 − x1y2 − y1

(C.16)

f =y2 − y1x2 − x1

− tan β = 0 (C.17)

∂f

∂x1= . . . analog R-Antrieb

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Details zur FEM-Methode 78

Allgemein:

f = (a− b)2 + (c− d)2 − l2 (C.18)

∂f

∂a

∂f

∂b

∂f

∂c

∂f

∂d

2(a− b) −2(a− b) 2(c− d) −2(c− d)

Speziell:

f2 = (x2 − x1)2 + (y2 − y1)

2 − l21 (C.19)

f2,x2 f2,x1 f2,y2 f2,y12(x2 − x1) −2(x2 − x1) 2(y2 − y1) −2(y2 − y1)

f3 = (x3 − x2)2 + (y3 − y2)

2 − l22 (C.20)

f3,x3 f3,x2 f3,y3 f3,y32(x3 − x2) −2(x3 − x2) 2(y3 − y2) −2(y3 − y2)

f4 = (x4 − x3)2 + (y4 − y3)

2 − l23 (C.21)

f4,x4 f4,x3 f4,y4 f4,y32(x4 − x3) −2(x4 − x3) 2(y4 − y3) −2(y4 − y3)

Allgemein:

f = tanϕ− c− d

a− b(C.22)

fa fb fc fdc−d

(a−b)2d−c

(b−a)21b−a

1a−b

Speziell:

f1 = tanϕ− y2 − y1x2 − x1

(C.23)

f1,x2 f1,x1 f1,y2 f1,y1y2−y1

(x2−x1)2y1−y2

(x1−x2)21

x1−x2

1x2−x1

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Notizen:

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Notizen: