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16. November –31. Dezember 2015 Andrej Tarkowskij Sam Peckinpah

Programmheft Nov-Dez 2015

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Filmpodium Programmheft Nov/Dez 2015 / Programme issue nov/dec 2015 Andrej Tarkowskij (Tarkovsky) / Sam Peckinpah / Filmpodium für Kinder: DIE DREI RÄUBER (Tomi Ungerer) / CORN ISLAND (Ovashvili)

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Page 1: Programmheft Nov-Dez 2015

16. November –31. Dezember 2015

Andrej Tarkowskij Sam Peckinpah

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www.trigon-film.org – 056 430 12 30

Die Edition für Filmliebhabende

Das Filmgedicht wider die Ignoranz

Goldene Palme: Tschechow grüsst

Kino neu erfinden:In einer Einstellung

Drei Filme des grossen Ägypters

Schönheit und Geld

George Ovashvilisstarker Erstling

Herzensbrecheraus Havanna

Tauwetter oder: Nie wieder Krieg

65 Jahre jung:Das epochaleMeisterwerk

Der persönlichste Film des russischen Poeten: Zeitlos

Kore-edas sanfteBetrachtung zumAltwerden

Drei Schweizer Klassiker mit Begleitbuch

BLU-RAY

DVD

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01

Emergency CinemaUnser neues Programm steht im Zeichen zweier gegensätzlicher Cineasten: An der Nüschelerstrasse kommt es zum Showdown zwischen dem vergeis­tigten Filmpoeten Andrej Tarkowskij und dem grosskalibrigen Epiker Sam Peckinpah. Es gibt aber noch einen dritten Schwerpunkt:

Vor rund einem Jahr fand im Filmpodium erstmals das Human Rights Watch Film Festival statt. Starke Dokumentar­ und Spielfilme, begleitet von Referaten und Podiumsdiskussionen, führten vor Augen, wie in sogenannten Entwicklungs­ und Schwellenländern, aber auch im angeblich aufgeklärten Westen Menschenrechte verletzt werden.

Das Thema ist seither noch aktueller geworden, denn die Flüchtlings­krise, die aus dem syrischen Bürgerkrieg hervorgegangen ist, erfasst ganz Eu­ropa und beschäftigt die Welt. Mitte Dezember beherbergt das Filmpodium daher erneut eine Veranstaltung, die mit Hilfe des Kinos auf Missstände ab­seits der heilen Welt Schweiz aufmerksam macht. Diesmal ist es das Human Rights Film Festival Zurich HRFF, das in unserem Saal (und im Kino Riffraff) zu Gast ist und gleich mehrere NGOs wie Human Rights Watch und Méde­cins Sans Frontières zu seinen Partnern zählt.

Das Programm des HRFF Zurich finden Sie nicht im vorliegenden Heft. Um grösstmögliche Aktualität zu gewährleisten, wird es in einer separaten Broschüre veröffentlicht, die unsere Abonnentinnen und Abonnenten in ein paar Wochen erhalten und die auch im Kino aufliegt. Eine Veranstaltung le­gen wir Ihnen aber bereits jetzt ans Herz. Am Human Rights Watch Festival 2014 wurde das «emergency cinema» des syrischen Abounaddara­Kollektivs vorgestellt. Dieses produziert wöchentlich Filmbeiträge über die Menschen in Syrien und veröffentlicht die dokumentarischen Clips im Internet. Das Schaf­fen von Abounaddara ist identitätsstiftend für die Syrerinnen und Syrer in ih­rer verwüsteten Heimat und in der Diaspora. Gleichzeitig ist es ein bewusster Gegenentwurf zur Medienberichterstattung, die von Tätern, Opfern und Flüchtlingen spricht und dabei meist das Individuum und seine Würde ver­gisst. Deswegen hat das Kollektiv eine Initiative lanciert, die das Recht am eigenen Bild nicht nur für Prominente und Bürger westlicher Länder, sondern auch für Kriegsopfer und Flüchtlinge einfordert. Am 13. Dezember wird der Abounaddara­Sprecher Charif Kiwan im Filmpodium mit Schweizer Medien­ und Kunstschaffenden über diese Frage diskutieren. Die kurzen, bewegenden und oft verstörenden Filme von Abounaddara finden Sie auf www.vimeo.com oder auf der Facebook­Seite des Kollektivs.

Michel Bodmer

Editorial

Titelbild: Offret von Andrej Tarkowskij

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INHALT

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Andrej Tarkowskij 04

Vierzehn Jahre sind es her, seit das Filmpodium dem russischen Filmpoe­ten Andrej Tarkowskij eine umfas­sende Retrospektive gewidmet hat. Nun können wir sein Werk in neuen, restaurierten Kopien zeigen.

Einen frischen Blick auf die acht Spielfilme, die Tarkowskij zwischen 1961 und seinem Tod 1986 in 25 Jah­ren geschaffen hat, wirft auch unser langjähriger Referent Fred van der Kooij. Heute, da die Wahrnehmung von Andrej Rubljow, Der Spiegel oder Stalker weniger durch den Kal­ten Krieg verstellt ist, offenbart sich die formale Innovationskraft des Meisterregisseurs erst recht. Van der Kooij wird aber auch Tarkowskijs Nimbus hinterfragen.

Bild: Iwans Kindheit

Sam Peckinpah 12

Fast so legendär wie die Schiessereien in seinen Filmen waren die Scharmüt­zel, die Sam Peckinpah hinter der Ka­mera entfesselte: Kaum ein Cineast war in Hollywood so streitbar, wenn es um die Verwirklichung seiner filmi­schen Visionen ging; die Produzenten hatten selten Sinn für Peckinpahs ele­gische Epen über Helden, die am Wandel der Zeit scheitern, und schnit­ten viele seiner Filme um. Unsere Ret­rospektive, die erstmals sämtliche Ki­nofilme umfasst, zeigt, wie dieser Regisseur mit Werken wie The Wild Bunch, Junior Bonner und The Get­away eine Brücke vom klassischen Hollywood zum Kino der Postmo­derne geschlagen hat.

Bild: The Getaway

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INHALT

03

Das erste Jh.des Films: 1995 24

Von einem iranischen Mädchen, ei­nem vietnamesischen Rikschafahrer, amerikanischen Cops und Kriminel­len, französischen Halbstarken und nordafrikanischen Tuareg handeln die Jahrhundertfilme dieses Monats.

Bild: Cyclo

Premiere: Corn Island 30

Eine kleine, vergängliche Flussinsel zwischen Georgien und Abchasien und die Menschen, die sie vorüberge­hend bewohnen, erscheinen in George Ovashvilis Corn Island als universelle Parabel des menschlichen Daseins.

Bild (rechte Spalte): Corn Island

Filmpodium für Kinder: 32 Die drei Räuber

Waisenhaus oder Räuberhöhle? Das ist für die kleine Tiffany keine Frage. Witzige Adaption von Tomi Ungerers Bilderbuchklassiker, mit dem Meister selbst als Erzähler.

Einzelvorstellungen 34

IOIC-Soirées: Benjamin Christensens Häxan und Fritz Langs Die Nibelungen.

Human Rights Film Festival Zurich

Das Festival ist vom 10.–13. Dezem­ber im Filmpodium zu Gast. Details zum Programm finden Sie unter www.humanrightsfilmfestival.ch und in der separaten Broschüre.

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Andrej Tarkowskij

Die Mysterien des AlltagsNur acht Spielfilme hat der legendäre russische Filmpoet Andrej Tar-kowskij (1932–1986) in 25 Jahren geschaffen. Der vielseitig Begabte stu-dierte an der Filmhochschule in Moskau bei Michail Romm; schon sein Abschlussfilm, Die Walze und die Geige, liess 1961 aufhorchen. Anerken-nung fanden seine Filme aber vor allem ausserhalb der Sowjetunion; in Cannes etwa wurde Tarkowskij mehrfach ausgezeichnet. Neue Kopien und auch die Distanz von fast dreissig Jahren, die seit Tarkowskijs letztem Film Offret vergangen sind, öffnen neue Perspekti-ven auf sein einzigartiges Werk. Unser Filmdozent Fred van der Kooij hat einen sehr persönlichen Blick auf die Filme und ihren Schöpfer geworfen.

In Nostalghia (1983) betritt der traurige Held einen alten Stall und trifft dort auf eine Miniaturlandschaft, deren Naturalismus zunächst von einem darin platzierten Stuhl gestört wird, die jedoch bald mit der wirklichen Landschaft hinter dem Stall verschmilzt. Eine überraschende Synthese, deren Qualität noch gesteigert wird, indem die Miniatur offensichtlich eine russische Gegend abbildet, während die sich damit vereinigende Landschaft eine italienische ist. Das Heimweh­Thema des Films wird so auf eine erlebnisintensive Art berei­chert.

Abschied von der SowjetunionDas Heimweh ist autobiografisch. Andrej Tarkowskij hatte die Sowjetunion gerade mit der Begründung verlassen, es sei für ihn unmöglich geworden, dort zu arbeiten, zumal man sein Werk zensiere. Dies wurde im Westen treuherzig geglaubt. Allerdings habe ich in den Tausenden von Seiten, die dem Werk die­ses grossen Regisseurs mittlerweile gewidmet wurden, nur wenige Zeilen ge­funden, die darüber präziser Auskunft geben. Und wie erstaunt war ich, als ich feststellen musste, dass alle dort erwähnten Änderungsvorschläge der Filmkommission die Filme eindeutig verbessert hätten, mal abgesehen davon, dass keiner dieser Ratschläge für Tarkowskij bindend war. Mehr noch: Die Qualität von Der Spiegel (1975), den Tarkowskij wohl selbst als sein Meis­terwerk betrachtete, verdankt sich in wesentlichen Teilen den Vorschlägen der sowjetischen Filmkommission. Gerade zwei der innovativsten Aspekte

Proletarier mit Sinn für Musik: Die Walze und die Geige

< Ausgeklügelte Bildkompositionen: Iwans Kindheit

Fresko um Kunst im Konflikt mit Kriegspolitik: Andrej Rubljow<>

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dieses Films – die Besetzung der Mutter und der Ehefrau mit der gleichen Schauspielerin sowie der Einbezug dokumentarischen Materials – gehen auf deren Anregung zurück. Alle Kürzungsvorschläge wurden sofort zurückgezo­gen, wenn Tarkowskij sich weigerte, sie vorzunehmen. «Ich werde nichts der­gleichen tun», pflegte er in sein Tagebuch zu schreiben. Kaum aber war er im Westen, hatte er ein offenes Ohr für die Verstümmelungswünsche der dorti­gen Verleiher. Als man etwa in den USA aus Andrej Rubljow (1966) zwan­zig Minuten herausschneiden wollte, notierte er: «Natürlich kürze ich ihn.» Und ebenso klaglos tat er dies bei den französischen und italienischen Kopien seiner Filme. Aufschlussreich ist auch der Vergleich der kleinen, erst nach endlosen Verhandlungen genehmigten Budgets der beiden im Westen gedreh­ten Filme mit den nachgerade luxuriösen Produktionsbedingungen in der So­wjetunion. Die Dreharbeiten an Stalker (1979) etwa wurden nach dreieinhalb Monaten, als bereits zwei Drittel des Films im Kasten waren, vom Regisseur abgebrochen, weil dieser mit Verschiedenem unzufrieden war – nicht zuletzt mit jenem Cinemascope­Format, in dem er später im Westen wohl oder übel wieder drehen musste. Er bestand nicht nur erfolgreich auf einem Neudreh des gesamten Materials, sondern auf einer kompletten Neufassung des Dreh­buchs sowie auf dem Austausch der wichtigsten Mitarbeiter. All dies wurde ihm gewährt. Mit anderen Worten: Tarkowskij war weniger ein «Verfolgter des Regimes» als ein von diesem Privilegierter. Tatsächlich war der Chef der sowjetischen Filmindustrie, Filipp Ermash, so etwas wie sein Schutzengel, der ihm eines Tages sogar anvertraute: «Du kannst filmen, was du willst.» Dass Tarkowskijs Filme dennoch nur mit grössten Verzögerungen in die russischen Kinos kamen, lag vielmehr daran, dass sie in fast jeder Hinsicht den Werten der sowjetischen Gesellschaft offensiv widersprachen. Denn es besteht kein Zweifel daran, dass Tarkowskijs Weltbild ausgesprochen reaktionär war, seine Religiosität obskurantistisch und seine Frauenverachtung bestürzend. Und dennoch gehört manches in Tarkowskijs Filmen in seiner visuellen und akustischen Innovationskraft zum Besten, was für die Leinwand je geschaffen wurde.

Ein Meister des kontrollierten BildesSo gibt es im gleichen Film, in dem sich eine russische Landschaft mit einer italienischen vereint, eine Identitätsverwischung, deren technische Realisie­rung allein schon atemberaubend ist. Der Held schlendert durch eine Strasse, die mit ihren Anzeichen von Verwesung direkt aus Antonionis Il deserto rosso (1964) stammen könnte, an einem Kleiderschrank vorbei, der seltsam verlas­sen dasteht. Der Mann kehrt um und hält vor dem Objekt inne. Die Kamera schwenkt von ihm weg zum Schrank und zeigt eine verspiegelte Tür. Bereits gleitet die Hand des Mannes hin, um den Spiegel auf sich zu richten. Doch da­rin erscheint nicht er, sondern ein wesentlich älterer Mann. Der Effekt erin­

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nert an Jean Cocteaus Spiegelmanipulationen, etwa in Orphée (1950), nur dass Tarkowskij hier keinerlei Tricks anwendet. Es ist einzig und allein die ausgetüftelte Platzierung der beiden Schauspieler sowie eine bis auf den Mil­limeter kontrollierte und erst noch fahrende Kamera, was dieses kleine Wun­der eines Identitätstausches vor unseren Augen entstehen lässt.

Ähnliches wird in Offret (1986) erneut geschehen, und erst noch mit dem gleichen älteren Schauspieler. Dort erscheint dieser zwar nicht in einem Spiegel, sondern tritt in eine Reproduktion eines Gemäldes von Leonardo, das hinter einer reflektierenden Glasplatte an der Wand seines Zimmers hängt. So fügt er sich zu den antiken Personen im Bild, denen er ähnlich sieht, weil er sich den Schal seiner Frau um die Schultern gelegt hat. Und so sehr dies an jene Szene mit dem Spiegelschrank erinnert, so wenig überrascht es, dass die Gattin bald darauf seine Jacke trägt. Denn wenige bleiben in diesen Filmen, wer sie sind. Dafür ein letztes Beispiel.

In Der Spiegel bekommt der jugendliche Held, der das Alter ego des Re­gisseurs darstellt, Besuch von einer Frau, die starke Ähnlichkeit mit der gro­ssen Dichterin Anna Achmatowa hat. Es klingelt an der Tür, der junge Andrej geht öffnen, und als er zurückkommt, ist die Frau spurlos verschwunden. Durch einen Zufall fand ich heraus, dass Tarkowskijs Vater, der selbst Dich­ter war, als einer der wenigen den Sarg der Achmatowa auf dem Flug von Moskau nach Leningrad begleitete. Versteckt Autobiografisches bildet die Basis in fast allen Filmen dieses Regisseurs, und man freut sich jedes Mal, wenn man ihm dabei auf die Schliche kommt. Atemberaubend aber wird die kleine Szene erst durch einen Dunstfleck. Dieser befindet sich exakt an der Stelle, wo gerade noch die heisse Teetasse der verschwundenen Frau stand. Und während die Kamera darauf zufährt, löst sich der Fleck in nichts auf. Hat es je ein schöneres Bild für jenes alltägliche Mysterium gegeben, das wir un­sere Präsenz nennen?

Gemeinsam ist allen Beispielen eine seltsame Form von Destabilisie­rung: Nicht nur die Identitäten verlieren ihr Gleichgewicht, auch der Raum büsst seine Statik ein. Und Gleiches gilt, wie ich in meinen Vorlesungen zei­gen werde, für die Zeit. Dies alles geschieht niemals mittels Tricks oder Mon­tage, sondern in langen Einstellungen, die das Geschehen vor unseren Augen langsam, aber sicher aus der Balance bringen und so ein Zwischenreich zwi­schen Wirklichkeit und Traum entstehen lassen.

Fred van der Kooij

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> Nostalghia.> Solaris.

> Stalker..

> Der Spiegel.

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DIE WALZE UND DIE GEIGE (Katok i Skripka)

UdSSR 1961

«Sascha ist ein etwa siebenjähriger, überaus sen-sibler Junge, der lieber Geige als Fussball spielt und dafür von den Nachbarskindern als ‹Musi-kant› verspottet und derart übel malträtiert wird, dass dabei fast seine Geige zu Bruch geht. Uner-wartete Hilfe kommt von Igor, einem jungen Strassenarbeiter, der mit seiner roten Walze ge-rade den Hof teert: Er nimmt Sascha nicht nur in Schutz, sondern setzt ihn vor den Augen seiner neidisch zuschauenden Widersacher sogar ans Steuer der vielbewunderten Strassenwalze ... Eine einfache, unprätentiöse Geschichte, die mit poetisch-psychologischem Realismus erzählt wird. Traditionelle Elemente des alten Erzähl-kinos, des Sentimentalen und Belehrenden verknüpfen sich dabei mit einer bereits symbo-lisch über sich selbst hinausweisenden Bildspra-che. In relativ konventionellem Rahmen antizi-piert dieser Diplomfilm zentrale Motive und Stilformen späterer Tarkowskij-Filme.» (Hans-Joachim Schlegel, Programm Filmpodium Dez. 1996)

46 Min / Farbe / Digital HD / Russ/d // REGIE Andrej Tarkowskij

// DREHBUCH Andrej Tarkowskij, Andrej Michalkow-

Kontschalowskij // KAMERA Wadim Jussow // MUSIK

Wjatscheslaw Owtschinnikow // SCHNITT L. Butusowa //

MIT Igor Fomtschenko (Sascha), W. Samanskij (Sergej), N.

Archangelskaja (Mädchen), Marina Adshubej (Mutter).

IWANS KINDHEIT (Iwanowo djetstwo)

UdSSR 1962

Ein zwölfjähriger Waisenjunge wird im Zweiten Weltkrieg Kundschafter der Rotarmisten an der Ukrainefront. Ein in seiner eigenständigen Er-zähltechnik wie in seiner humanen Kraft bemer-kenswerter Film, der den grausam zerstörenden Zugriff des Krieges auf die kindliche Seele dar-stellt. Statt auf drastischen Naturalismus setzt Tarkowskij schon in seinem ersten langen Film auf ausgeklügelte Bildkompositionen, die die tra-gische Geschichte poetisch überhöhen.

«Andrej Tarkowskijs erster Spielfilm ist in ge-wisser Weise ein konventionell patriotischer Kriegsfilm der Sowjet-Ära, aber die visuelle Fort-schrittlichkeit, die der Regisseur der Erzählung hinzufügt, ist ausgesprochen persönlich und erstaunlich spirituell, geradezu transzendent.» (Richard Brody, The New Yorker, 29.2.2012)

95 Min / sw / DCP / Russ/d // REGIE Andrej Tarkowskij //

DREHBUCH Wladimir O. Bogomolow, Michail Papawa, nach

einer Kurzgeschichte von Wladimir O. Bogomolow // KA-

MERA Wadim Jussow // MUSIK Wjatscheslaw Owtschinnikow

// SCHNITT Ljudmila Fejginowa // MIT Kolja Burljajew (Iwan),

Walentin Subkow (Cholin), Jewgeni Sharikow (Galzew),

Sergej Krylow (Katassonow), Nikolaj Grinko (Grjasnow),

Walentina Maljawina (Mascha), Irma Tarkowskaja (Iwans

Mutter).

ANDREJ RUBLJOWUdSSR 1966

Tarkowskijs Monumentalwerk schildert den Le-bensweg des legendären Ikonenmalers Andrej Rubljow (etwa 1360 –1430): Rubljow, an huma-nistisch-aufklärerischen Ideen orientiert, wird Zeuge der menschenverachtenden Macht- und Kriegspolitik seiner Auftraggeber; Schuldgefühle und Selbstzweifel stürzen ihn in eine schöpferi-sche Krise, bilden zugleich jedoch die Triebfeder für eine jahrelange Auseinandersetzung mit der problematischen Position des Künstlers in Politik und Gesellschaft.

Der facettenreiche Film verweigert sich einer voreiligen Ideologisierung, meditiert vielmehr über die Zusammenhänge von Kreativität und Spiritualität – was das Missfallen der sowjeti-schen Behörden erregte, die den Film als «künst-lerisch unausgereift» bis Ende 1971 zurückhiel-ten.

«Trotz der vermeintlich fehlenden Form ist Andrej Rubljow präzise strukturiert und ästhe-tisch kohärent. Schöpfungsakte werden in Zer-störungsakten gespiegelt, Motive der Flucht, Visi-onen, Präsenz und Absenz: Je genauer man betrachtet, desto mehr sieht man. (…) Bisweilen erinnert das Filmbild an ein Gemälde Brueghels oder an einen mittelalterlichen Wandteppich, der sich entrollt.» (Steve Rose, The Guardian 20.10.2010)

186 Min /Farbe + sw / DCP / Russ/d // REGIE Andrej Tarkowskij

// DREHBUCH Andrej Michalkow-Kontschalowski, Andrej

Tarkowskij // KAMERA Wadim Jussow // MUSIK Wjatsche-

slaw Owtschinnikow // SCHNITT Ljudmila Fejginowa, Tatjana

Jegorytschewa, O. Schewkunenko // MIT Anatolij Solonizyn

(Andrej Rubljow), Iwan Lapikow (Kyrill), Nikolaj Grinko

(Daniel Tschornji, der Schwarze), Nikolaj Sergejew (Theo-

phanes, der Grieche), Irma Rausch (Närrin), Nikolaj Burlja-

jew (Borischka), Jurij Nasarow (Grossfürst/jüngerer Bruder

des Grossfürsten), Rolan Bykow (Gaukler), Michail Kononow

(Foma), Stepan Krylow (leitender Glockengiesser).

Andrej Tarkowskij.

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SOLARIS (Solyaris)

UdSSR 1972

Der Psychologe Kelvin wird zum Planeten Solaris geschickt, um unerklärlichen Vorkommnissen auf der dortigen Forschungsstation nachzuspü-ren. Auf der Station findet er ein einziges Chaos vor: Gibarjan hat sich umgebracht, Snaut ist de-pressiv und apathisch, Sartorius hingegen frene-tisch mit Arbeiten beschäftigt, deren Sinn Kelvin erst später zu verstehen beginnt. Eines Morgens wacht er neben einer jungen Frau auf, die seiner verstorbenen Gattin gleicht und deren Auftau-chen mit dem Solaris-Ozean in Zusammenhang zu stehen scheint.

Tarkowskij fühlte sich zu seinem ersten Sci-ence-Fiction-Film durch Kubricks 2001: A Space Odyssey herausgefordert, der ihm missfallen hatte und auf den er filmisch antworten wollte: Nach dem Roman von Stanislaw Lem erzählt er eine philosophische Fabel, in der er sich mit den Auswirkungen von virtueller Realität beschäftigt, lange bevor diese zum Schlagwort wurde.

«Tarkowskijs zugänglichstes und populärstes Werk, ein Höhepunkt des sowjetischen Genre-kinos.» (Rui Hortênsio da Silva e Costa, Österrei-chisches Filmmuseum Wien, März 2009)

167 Min / Farbe / DCP / Russ/d // REGIE Andrej Tarkowskij //

DREHBUCH Friedrich Gorenstein, Andrej Tarkowskij, nach

Motiven des Romans von Stanislaw Lem // KAMERA Wadim

Jussow // MUSIK Eduard Artemjew, nach Johann Sebastian

Bach // SCHNITT Ljudmila Fejginowa // MIT Natalja Bondart-

schuk (Harey), Donatas Banionis (Kris Kelvin), Nikolaj Grinko

(Kelvins Vater), Jurij Jarwet (Snaut), Anatolij Solonizyn (Sar-

torius), Sos Sarkisjan (Gibarjan), Wladislaw Dworshezkij

(Berton).

DER SPIEGEL (Serkalo)

UdSSR 1975

Ein Mann ist auf der Suche nach der verlorenen Zeit und seiner eigenen Identität. Sein privates Schicksal ist eng verbunden mit den gesellschaft-lichen Erschütterungen und Umbrüchen in der Sowjetunion zwischen 1930 und den späten sieb-ziger Jahren.

Tarkowskij folgt in seinem stark autobiogra-fisch geprägten Film der verschlungenen Struk-tur eines Bewusstseins und setzt an die Stelle li-nearer Erzähllogik poetische Brechung und Reflexion: So gleicht Der Spiegel einem komple-xen System sich gegenseitig kommentierender Spiegelbilder, die mit hoher Kunstfertigkeit inei-nandergefügt sind.

«Der Spiegel ist ein visuell transzendenter, künstlerisch einzigartiger autobiografischer Film über verlorene Unschuld und emotionale Ver-kümmerung. Als anachronistische Montage des modernen Lebens, persönlicher Erinnerungen, Traumbilder und historischen Archivmaterials ist Der Spiegel eine introspektive Reise durch die menschliche Existenz.» (Strictly Film School, filmref.com, 2001)

108 Min / Farbe / DCP / Russ/d // REGIE Andrej Tarkowskij //

DREHBUCH Alexander Mischarin, Andrej Tarkowskij //

KAMERA Georgij Rerberg // MUSIK Eduard Artemjew, Bach,

Purcell, Pergolesi // SCHNITT Ljudmila Fejginowa // MIT

Margarita Terechowa (Mutter/Natalja), Alla Demidowa (Lisa),

Ignat Danilzew (Alexej als Kind/Ignat), Oleg Jankowskij (Vater

des Erzählers), Anatolij Solonizyn (Gerichtsmediziner),

Nikolaj Grinko (Direktor der Druckerei), Innokentij Smoktu-

nowskij (Erzählerstimme), Arsenij Tarkowskij (Rezitator sei-

ner eigenen Gedichte).

Andrej Tarkowskij.

ANDREJ TARKOWSKIJ VORLESUNGSREIHE WIEDERGESEHEN MIT FRED VAN DER KOOIJ AB MI, 18. NOV. | 18.30 UHR

Wie bereits im Einleitungstext deutlich wird, ist unser langjähriger Filmdozent Fred van

der Kooij ein durchaus kritischer Verehrer von Andrej Tarkowskijs Schaffen und entdeckt

hinter der augenfälligen cineastischen Brillanz auch Fragwürdiges. Umso spannender

versprechen seine fünf Vorlesungen mit Analysen und Detailbetrachtungen von Einzelsze-

nen zu werden!

Auf die 90-minütige Vorlesung folgt jeweils nach einer Verpflegungspause eine Filmvor-

führung. Tickets für Film und Vorlesung sind separat erhältlich.

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STALKERUdSSR 1979

«Unter der Führung des ‹Stalkers›, eines Fähr-tenlesers und Ortskundigen, der am Rande der Welt in einer vom Verfall gezeichneten Industrie-landschaft lebt, begeben sich ein Wissenschaftler und ein Schriftsteller in die mysteriöse ‹Zone›, wo es einen Ort geben soll, an dem die geheimsten Wünsche in Erfüllung gehen. Die Expedition wird zur Reise in die Innenwelt der Protagonisten und zum Panorama einer gottverlassenen europäi-schen Zivilisation.» (Lexikon des int. Films)

«Stalker brach mit zahlreichen Konventionen und führte das SF-Genre an seine Grenzen, indem er vollständig auf technische Wunderwerke und andere Spielereien verzichtete. Die meiste Zeit gehen die drei Protagonisten durch die geheim-nisvolle ‹Zone›. Mit der ‹Zone› ist etwas gesche-hen, sie wurde – vielleicht durch Ausserirdische? – verändert. Überall lauern Fallen. Nur: Diese Fallen sind unsichtbar, treten nie in Erscheinung, die SF spielt sich vollständig im Kopf des Zu-schauers ab.» (Simon Spiegel, Programm Stadt-kino Basel, Januar 2008)

163 Min / Farbe / DCP / Russ/d // REGIE Andrej Tarkowskij //

DREHBUCH Arkadij Strugatzkij, Boris Strugatzkij // KAMERA

Alexander Knjashinskij // MUSIK Eduard Nikolajewitsch

Artemjew, Maurice Ravel, Richard Wagner, Ludwig van Beet-

hoven // SCHNITT Ljudmila Fejginowa // MIT Alexander

Kajdanowskij (Stalker), Alissa Frejndlich (Ehefrau des

Stalker), Natasha Abramowa (Marta, Tochter des Stalker),

Anatolij Solonizyn (Schriftsteller), Nikolaj Grinko (Professor).

Stalker ist auch einer der Wunschfilme der Mitglieder unse-

res Fördervereins Lumière. Da Fred van der Kooij in seiner

Vorlesung ausführlich darauf eingeht, verzichten wir auf eine

zusätzliche Einführung in den Film.

NOSTALGHIAItalien 1983

Andrej Gortschakow reist nach Italien, um eine Biografie über einen russischen Komponisten zu schreiben, der dort lebte und sich nach seiner Rückkehr nach Russland das Leben nahm. In Ita-lien überkommt ihn jedoch eine übermächtige Sehnsucht nach der geografischen wie spirituel-len Heimat.

«Tarkowskijs Filme sind noch immer relevant durch ihre unsagbare Spiritualität, die praktisch verschwunden ist in der heutigen technisierten Welt (…). Tarkowskij war überzeugt davon, dass das Kino sein vollständiges Potenzial als Kunst-

form nur erreichen könne, wenn es finanzielle In-teressen hinter sich liesse. Seine Filme bezeugen dies eindeutig.» (Kalvin Henely, slantmagazine.com, 30.5.2013)

«Tarkowskijs Filme gewähren das Glück des reinen Scheins: mit den Augen zu denken. Am An-fang von Nostalghia wird das Gewand einer Mari-enstatue geöffnet; Hunderte kleiner Vögel schwir-ren heraus, ihre Federn wirbeln durch die Luft und fallen zwischen den langen Reihen der Kerzen nieder, die das ganze Bild füllen; kleine, helle Federn im lichten Widerspiel der Flammen. Tarkowskij war der Herrscher dieses Lichts.» (Andreas Kilb, Zeit Online, 9.1.1987)

126 Min / Farbe / DCP / I/Russ/d // REGIE Andrej Tarkowskij

// DREHBUCH Andrej Tarkowskij, Tonino Guerra // KAMERA

Giuseppe Lanci // MUSIK Debussy, Verdi, Wagner, Beethoven

// SCHNITT Amedeo Salfa, Erminia Marani // MIT Oleg Jan-

kowskij (Andrej Gortschakow), Domiziana Giordano (Eugenia),

Erland Josephson (Domenico), Patrizia Terreno (Andrejs

Frau), Laura de Marchi (Frau mit Aktentasche), Delia Boc-

cardo (Domenicos Frau), Milena Vukotic (Gemeindeange-

stellte).

OFFRETSchweden/Frankreich 1986

Ein Intellektueller hat sich mit seiner Familie auf eine schwedische Insel zurückgezogen. Er zieht angesichts einer drohenden atomaren Katastro-phe eine radikale Konsequenz: Er bietet sich Gott als Opfer an, verstummt und zerstört alles, was er besitzt.

Offret ist der letzte Film Tarkowskijs und hat aus heutiger Perspektive einen beinahe propheti-schen Widerhall: Die Uraufführung in Cannes er-folgte einen guten Monat nach der Reaktorkata-strophe von Tschernobyl.

«Eine wort- und bildgewaltige poetische Vi-sion, die dem Materialismus der Welt in der Forderung nach Opferbereitschaft eine von spiri-tueller Sinnsuche erfüllte Gegen-Welt des Glau-bens gegenüberstellt. Mit Bildern von grosser Schönheit und rätselhafter Symbolik gelingt Tar-kowskij in seinem letzten Film eine Verbindung von poetischer Filmsprache und philosophisch-religiösem Diskurs.» (Lexikon des int. Films)

142 Min / Farbe / Digital HD / OV/d // REGIE UND DREHBUCH

Andrej Tarkowskij // KAMERA Sven Nykvist // MUSIK Johann

Sebastian Bach, schwedische und japanische Volksmusik //

SCHNITT Andrej Tarkowskij, Michal Leszczylowski // MIT Er-

land Josephson (Alexander), Susan Fleetwood (Adelaide), Va-

lérie Mairesse (Julia), Allan Edwall (Otto), Gudrun Gisladóttir

(Maria), Sven Wollter (Viktor), Filippa Franzen (Marta).

Andrej Tarkowskij.

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Sam Peckinpah

Verlorene MännerDie Studiobosse verteufelten ihn als versoffenen Querulanten, die zeitgenössische Kritik warf ihm Gewaltfetischismus vor. Sam Peckinpahs Werk entpuppt sich heute beim genaueren Hinsehen als differenziert und zeitlos sowie als wichtige Brücke zwischen dem klassischen Hollywoodkino und der Postmoderne.

Männer unter Hüten, Männer, von denen oft nicht mehr als ihre Posen blei­ben, Standbilder im Gegenlicht, Blickwechsel. Sie wissen, wo sie stehen. Des­halb lachen wir sie nicht aus. So ist das bei Peckinpah. Aber das ist nicht alles.

Peckinpahs Filme lassen sich nur in Gesellschaft aushalten. Im Kino. Weil die Erschütterungen, die sie bereiten, allein nicht zu ertragen wären. Weil man, um nicht völlig zu verzweifeln, spüren muss, wie bei den anderen Menschen vor derselben Leinwand im selben Augenblick das Herz einen Schlag aussetzt, weil auch für sie unglaublich ist, was sie da sehen. Dass ein Mann mit einem steifen Arm aus Versehen ein Kind erschiesst. Wie ein stiller Wissenschaftler mit steigender Gewaltlust seine Frau vor einer Horde Hand­werker verteidigt. Dass ein Gangster ein Ehepaar kidnappt, und die Frau, während er an ihren Brüsten herumdrückt, kaum aufhören kann zu giggeln, während ihr Mann gefesselt vor dem Bett sitzt. Dass Kinder fasziniert dem Töten zuschauen, statt sich zu verstecken und der Gewalt auszuweichen. Dass ein Hauptmann befiehlt, aus dem Schützengraben heraus die eigenen Leute abzuknallen. Dass fast jeder Akt des Tötens eine Unzahl unbeteiligter Toter mit sich bringt und am Ende nicht mehr zu entscheiden ist, welche Seite mehr Opfer zu beklagen hat, und ob es eine Rolle spielt und wofür. Das lässt sich nur im Kino ertragen, gross, laut, gemeinsam.

Seine Zeitgenossen haben Peckinpah meistens nicht geliebt. Die Produ­zenten nicht, die fast alle seine Filme kürzten, manche verhunzten (er hatte nie das Recht auf den Endschnitt), und die Kritiker und das Publikum oft auch nicht. Viele seiner Filme waren erst mal Flops. Nur The Getaway (1972), ein Thriller, den der Regisseur «die Geschichte einer guten Ehe» nannte, gespielt von Steve McQueen und Ali MacGraw, dem damals heissesten Paar Holly­woods, war sofort ein Riesenhit.

Zum Kopfjäger verkommen: Warren Oates in Bring Me the Head of Alfredo Garcia

Kriegsheld am Boden: Charlton Heston in Major Dundee<>

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Frei in der FormWie fast alle seine Filme ist The Getaway gut über die Zeit gekommen mit seiner für Peckinpah typischen assoziativ geschnittenen Eingangssequenz, in der wortlos alles erzählt wird, was wir wissen müssen, um zu verstehen, wa­rum Ali MacGraw mit einem schmierigen Politiker ins Bett geht, damit Steve McQueen aus dem Gefängnis kommt. Und auch dafür braucht man Gesell­schaft: um gemeinsam über die Freiheit zu staunen, die sich dieser Regisseur mit seinen Filmen nahm, nicht nur in dem, was in ihnen geschieht und was uns erschreckt, sondern in der Form, die auch den Zuschauer befreit – von dem, was er gewöhnt ist und was er erwartet. Peckinpah löst die Zeit mit Er­innerungsblitzen auf, die Steve McQueen im Gefängnis in den Kopf schiessen, wenn er ruhig auf seiner Pritsche liegt oder an der Teppichmaschine steht. Er verlangsamt die Bilder bis zum «freeze frame», in dem er die Zeit völlig still­stellt, wie am Anfang von Pat Garrett & Billy the Kid. Er zerschneidet das Bild in Splitscreens, in denen er Gleichzeitigkeit von unsortierten Ereignissen schafft, um eine Figur zu umreissen, etwa im Vorspann von Junior Bonner. Er arbeitet mit Zerstückelungen, Fragmentierungen, lange, bevor das postmo­dern genannt wurde. So wissen wir, gleich wenn es losgeht, mit wem wir es zu tun bekommen.

Peckinpah, geboren 1925, gestorben 1984, war ein zarter Mann und grosser Trinker, auch anderen Drogen zugewandt, ein Selbstzerstörer, der er­folgreich zu Werk ging. Seine Gesundheit war früh schon ruiniert und die Ge­schichten seiner Wutanfälle am Set sind Legion. Er begann Ende der fünfziger Jahre beim Fernsehen als Autor, später auch als Produzent von Western serien, bis er 1961 bei The Deadly Companions zum ersten Mal fürs Kino Regie führte. Und gleich am Anfang dieses ersten Films erschiesst ein trauriger Cow­boy (gespielt von Brian Keith), den seine ausgebleichte Armeehose als Nord­staatler ausweist, mit seinem steifen Arm aus Versehen ein Kind.

Schon hier stellt sich die Frage, die Peckinpah bis zum Ende umtreiben wird: Wer ist dieser Mann, und wer sind die Männer um ihn herum? Jeder träumt sich eine Geschichte zusammen oder versucht, der eigenen zu entkom­men, wie eben Brian Keith, der die Mutter des toten Kindes – gespielt von Maureen O’Hara –, die sich in den Kopf gesetzt hat, ihren Sohn neben seinem Vater zu begraben, bei ihrer wahnsinnigen Fahrt mit dem Kindersarg durch Apachengebiet begleitet. Die Probleme, die es mit sich bringt, eine Leiche ta­gelang durch die Wüste zu schleppen, hat Peckinpah hier noch ignoriert. 1974 drehte er dann einen seiner besten Filme genau darüber: Bring Me the Head of Alfredo Garcia. Warren Oates macht dort einmal Rast und lässt solange den in ein Tuch eingewickelten Kopf von Alfredo Garcia auf dem Beifahrer­sitz; ein Junge, der das Auto waschen will, kommt zu ihm gerannt und erzählt von den Fliegen, die den Wagen in Besitz genommen haben – wer will, wer kann so etwas ohne Gesellschaft ansehen?

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Gefangen in der GeschichteBei Peckinpah sterben die Männer nicht leicht. Viele sind bereits angeschla­gen, wenn der Film beginnt. In The Killer Elite, einem untypischen Film, weil er in San Francisco spielt und eine Gruppe Ninjas auftritt, herrlich unbehol­fen übrigens, nach heutigen Standards, macht sich Peckinpah daraus einen Witz und lässt James Caan, seinen Hauptdarsteller, böse anschiessen und dann für vierzig Minuten durch die Reha gehen, bis er wiederhergestellt ist und die Geschichte eigentlich erst losgeht. Charlton Heston wird in Major Dundee mit einem Pfeil im Bein vorübergehend kampfunfähig, William Hol­den kommt als Anführer des «Wild Bunch» mit einem steifen Bein kaum al­lein aufs Pferd, und in Cross of Iron muss auch James Coburn als Steiner ins Lazarett.

Diese Männer sind Verlorene, und sie halten sich an etwas fest, das schon vorbei ist. Alte Freundschaften zum Beispiel, in denen Loyalität mögli­cherweise auch bedeutet, aufeinander zu schiessen, weil die Geschichte zwei Männer (wie James Coburn und Kris Kristofferson in Pat Garrett & Billy the Kid, wie Charlton Heston und Richard Harris in Major Dundee, wie William Holden und Robert Ryan in The Wild Bunch) auf entgegengesetzte Seiten ge­spült hat, aber ihre Liebe zueinander bleibt, bis zum fatalen Ende. Dass Pe­ckinpah das Ende in Pat Garrett bereits im Vorspann vorwegnimmt und dann den Tod Garretts für die Dauer des Film herauszögert – das ist das Zeichen der grossen Zärtlichkeit, mit der Peckinpah immer wieder auf seine Figuren schaut.

Manchmal geht es den Frauen besser als den Männern. Senta Berger zum Beispiel, der Peckinpah als junger Deutschen in Hollywood die Gelegen­heit gab, zweimal dieselbe Rolle zu spielen: die schöne Frau aus einer anderen Welt, die dem Helden einen Ausweg aus einem Leben im Kampf, im Krieg, in der Gewalt zeigt. In Major Dundee (1965) und in Cross of Iron (1977) ent­scheiden sich die Helden anders – für den Kampf, den Krieg, die Gewalt, an der sie leiden und in der sie untergehen. Die Angst herauszufinden, wer sie sein könnten, wenn sie aufhören zu kämpfen, hält sie von der Frau fern, die sie begehren. Die Frage, was ihre Geschichte bedeutet, wenn sie aus ihr her­austreten. Die Furcht, dass nichts bleibt. Das sind für einen Filmemacher, der für seine Gewaltorgien berüchtigt war, ziemlich kniffelige Fragen. Und sie sind es, die seine Filme antreiben.

Verena Lueken

Verena Lueken ist Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

mit Schwerpunkt Film. Gerade erschien ihr Roman «Alles zählt» (Kiepenheuer & Witsch).

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> Straw Dogs. > Ride the High Country.

> The Deadly Companions..

> The Wild Bunch.

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THE DEADLY COMPANIONSUSA 1961

Ein rachsüchtiger Nordstaatler, als solcher unter dem Spitznamen Yellowleg bekannt, spürt nach fünf Jahren den Südstaatler Turk auf, der ihn im Bürgerkrieg zu töten versuchte. Nun zieht Turk mit dem smarten Gauner Billy durch den Westen. Um an Turk heranzukommen, gibt Yellowleg vor, er wolle mit den beiden die Bank in Hila City über-fallen. Doch andere Räuber kommen dazwischen, und beim Schusswechsel mit diesen tötet Yellow-leg versehentlich Mead, den kleinen Sohn der Tänzerin Kit. Diese ist in Hila City verfemt und will Mead deshalb im entfernten Siringo bestatten. Schuldbewusst begleitet Yellowleg sie gegen ih-ren Willen, samt Turk und Billy, der Kit begehrt. Der Weg des feindseligen Quartetts führt stracks durch das Gebiet mörderischer Indianer.

Nachdem Peckinpah mehrere Folgen der TV-Serie The Westerner mit Brian Keith produziert und gedreht hatte, verhalf ihm dieser zu seinem Spielfilmdebüt. Maureen O’Hara verkörpert die erste von vielen gutherzigen, zu Unrecht verrufe-nen Frauen in seinem Œuvre, und das hier ange-legte Motiv der nicht vertrauenswürdigen Reise-gefährten wird in Peckinpahs folgenden Filmen variiert und differenziert. The Deadly Companions ist zum ersten Mal in der Deutschschweiz zu se-hen, in einer restaurierten Kopie. (mb)

93 Min / Farbe / DCP / E/f // REGIE Sam Peckinpah // DREH-

BUCH Albert Sidney Fleischman, nach seinem Roman // KA-

MERA William H. Clothier // MUSIK Marlin Skiles // SCHNITT

Stanley Rabjohn // MIT Maureen O'Hara (Kit Tildon), Brian

Keith (Yellowleg), Steve Cochran (Billy Keplinger), Chill Wills

(Turk), Strother Martin (Pfarrer), Will Wright (Doctor Acton).

RIDE THE HIGH COUNTRYUSA 1962

Um 1900 sollen Steve und Gil, zwei angejahrte Westerner, zusammen mit dem jungen Heck ei-nen Goldtransport nach Sacramento bringen. Als sich ihnen unterwegs eine junge Frau anschliesst, geraten sie ihretwegen in Streit mit einer Gold-gräberfamilie. Obendrein muss Steve feststellen, dass er auch Gil und Heck nicht trauen kann. Peckinpahs zweiter Film entmythologisiert den Weste(r)n und begründet zusammen mit John Fords The Man Who Shot Liberty Valance (1961) den Spätwestern.

«An der Schwelle der sechziger Jahre wurde der gealterte Western wieder jung, indem er den gealterten Westen und den gealterten Westerner entdeckte, den Westen des angehenden 20. Jahr-

hunderts, der sich einer neuen Zeit anpasste und begann, sich mit seiner eigenen Legende zu be-schäftigen.» (Joe Hembus)

«Peckinpahs essenzielle Themen, die mühe-volle Suche nach Selbsterkenntnis, die Subjekti-vität von Wahrheit und Recht, der Ehrenkodex der Professionals und die Loyalität, die sich in Ex-tremsituationen bewähren muss, erheben schon seinen zweiten Kinofilm in den Rang eines Meis-terwerks.» (Frank Arnold/Ulrich von Berg: Sam Peckinpah – Ein Outlaw in Hollywood. Ullstein 1987)

94 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sam Peckinpah //

DREHBUCH N. B. Stone jr. // KAMERA Lucien Ballard //

MUSIK George Bassman // SCHNITT Frank Santillo // MIT

Joel McCrea (Steve Judd), Randolph Scott (Gil Westrum),

Mariette Hartley (Elsa Knudsen), Ronald Starr (Heck Long-

tree), R. G. Armstrong (Joshua Knudsen), Edgar Buchanan

(Richter Tolliver), John Anderson (Elder Hammond), L. Q.

Jones (Sylvus Hammond), Warren Oates (Henry Hammond),

James Drury (Billy Hammond), John Davis Chandler (Jimmy

Hammond), Jenie Jackson (Kate).

MAJOR DUNDEEUSA 1965

Gegen Ende des Bürgerkriegs wüten die Apachen unter Sierra Charriba gegen die Soldaten des Nordens. Der strafversetzte Major Amos Dundee sammelt eine Armee von Freiwilligen und Tunichtguten, gefangenen Südstaatlern und Schwarzen, um die Apachen nach Mexiko zu ver-folgen. Bis Sierra Charriba tot oder gefasst ist, soll der Waffenstillstand zwischen Dundee und sei-nem einstigen Weggefährten Ben Tyreen währen; danach rechnen sie ab. Unterwegs stossen sie in einem von Franzosen besetzten mexikanischen Dorf auf eine deutsche Arztwitwe, die von Dundee still und von Tyreen offen umworben wird.

Peckinpahs ungewöhnlicher Western, der die gängige Heldenglorifizierung unterläuft, charak-terlich komplexe Verlierertypen in den Vorder-grund stellt und deren fragwürdigen Gewalt-fetischismus ungeschönt darstellt, wurde durch nachträgliche Eingriffe des Produzenten ver-stümmelt, entschärft und zu konventioneller Genreunterhaltung umgebogen.

Sam Peckinpah: «Dundee war eines der schmerzlichsten Dinge, die mir in meinem Leben widerfahren sind. Wenn man einen Film macht, verliebt man sich in ihn. Er wird einem zum Teil des eigenen Lebens. Wenn man mit ansehen muss, wie er verstümmelt und in Stücke zerfetzt wird, ist es, als ob man ein Kind verliert. Dundee wäre ein schöner Film geworden, wahrscheinlich

Sam Peckinpah.

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18der beste, den ich in meinem Leben gemacht hätte.» (zitiert in Sight & Sound)

Die 11 Minuten längere, restaurierte Fassung, die erstmals im Filmpodium zu sehen ist, macht wieder spürbar, was Peckinpah mit der epischen 156-minütigen Urfassung von Major Dundee im Sinn hatte.

135 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Sam Peckinpah // DREH-

BUCH Harry Julian Fink, Oscar Saul, Sam Peckinpah, nach

einer Erzählung von Harry Julian Fink // KAMERA Sam Leavitt

// MUSIK Daniele Amfitheatrof // SCHNITT William A. Lyon,

Don Starling, Howard Kunin // MIT Charlton Heston (Maj. Amos

Charles Dundee), Richard Harris (Capt. Benjamin Tyreen), Jim

Hutton (Lt. Graham), James Coburn (Samuel Potts), Senta

Berger (Teresa Santiago), Michael Anderson jr. (Tim Ryan),

Mario Adorf (Sgt. Gomez), Brock Peters (Aesop), Warren Oates

(O. W. Hadley), Ben Johnson (Sgt. Chillum), R. G. Armstrong

(Reverend Dahlstrom), L. Q. Jones (Arthur Hadley).

THE WILD BUNCHUSA 1969

Ein verwilderter Haufen ehemaliger Soldaten überfällt Stationen der Eisenbahngesellschaft in Texas und verschachert die Beute an einen bruta-len und korrupten Machthaber in Mexiko. Als die-ser ein mexikanisches Mitglied der Bande als Aufrührer gefangen nimmt und foltert, wird der Zusammenhalt des «wild bunch» auf eine harte Probe gestellt.

Ein meisterhafter Western über die Verhält-nisse am Rande der mexikanischen Revolution (1913). Mit überzeugender ästhetischer Kraft werden Korruption, Gewalt und Missbrauch von Gesetz und Macht geschildert.

«Peckinpahs Film über die Desperados, die durch den amerikanischen Westen in das von der Revolution erschütterte Mexiko jagen und selber von einer Bande von Kopfgeldjägern gejagt wer-den, ist ein brillant inszeniertes Drama über die Unkontrollierbarkeit der Gewalt. Die Sequenzen des immer wieder in Zeitlupe bis zur Unerträglich-keit ausgekosteten Sterbens durch Gewalt erge-ben keineswegs eine zwar schaurig-schöne, aber fragwürdige Choreografie des Todes, wie viele Kritiker vor 28 Jahren meinten. Sie stehen viel-mehr als ästhetisch verfremdete Sinnbilder für eine Gesellschaft, die ihre Konflikte immer wieder mit dem Mittel der Gewalt zu lösen versucht.» (Urs A. Jaeggi, Programmheft Filmpodium 1998)

145 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Sam Peckinpah // DREH-

BUCH Walon Green, Sam Peckinpah, nach einer Story von

Walon Green, Roy N. Sickner // KAMERA Lucien Ballard //

MUSIK Jerry Fielding // SCHNITT Lou Lombardo // MIT Wil-

liam Holden (Pike Bishop), Ernest Borgnine (Dutch

Engstrom), Robert Ryan (Deke Thornton), Edmond O'Brien

(Freddie Sykes), Warren Oates (Lyle Gorch), Jaime Sánchez

(Angel), Ben Johnson (Tector Gorch), Emilio Fernández (Gen.

Mapache), Strother Martin (Coffer), L. Q. Jones (T. C.), Albert

Dekker (Pat Harrigan), Bo Hopkins (Clarence «Crazy» Lee).

THE BALLAD OF CABLE HOGUEUSA 1970

Von seinen Kumpanen ausgeraubt und ohne Nah-rung und Wasser in der Wüste zurückgelassen, stösst ein Goldsucher kurz vor dem Erschöp-fungstod auf eine Quelle, die ihn rettet. Nun kann er seine Rache planen. In ruhigem Rhythmus und epischer Breite inszenierter tiefgründiger Wes-tern, ohne die genreüblichen Brutalitäten.

«The Ballad of Cable Hogue war Peckinpah der liebste unter seinen 14 Filmen. Diese moralische Fabel über Versuchung, menschliche Schwäche und die erlösende Kraft der Liebe ignoriert alle Konventionen des Westerns, enthält aber den-noch die Quintessenz von Peckinpahs Kino, das vordergründig untrennbar mit diesen Konventio-nen verknüpft zu sein scheint. Doug McKinney formuliert es in seiner Studie des Regisseurs fol-gendermassen: ‹Man kann sich nicht des Ver-dachts erwehren, dass Peckinpah sich absicht-lich die schwierigste Aufgabe gestellt hat, die er sich vorstellen konnte. Das abgedroschenste Figuren arsenal als Ausgangsmaterial zu nehmen (...), dieses dann in der menschenleeren Weite der Wüste auszusetzen und zu probieren, was man daraus entwickeln kann.› Herausgekommen ist dabei eine eigenwillig-originelle Mischform aus Rachedrama, Liebesgeschichte und Komödie mit Slapstickeinlagen voller persönlicher State-ments zu den Dingen des Lebens, die ihn beweg-ten: Liebe, Freundschaft, Rache und Vergebung, Glaube an die eigenen Fähigkeiten, Überlebens-wille und die Aussöhnung mit Gott.» (Frank Ar-nold/Ulrich von Berg: Sam Peckinpah)

121 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sam Peckinpah //

DREHBUCH John Crawford, Edmund Penney // KAMERA

Lucien Ballard // MUSIK Jerry Goldsmith // SCHNITT Frank

Santillo, Lou Lombardo // MIT Jason Robards (Cable Hogue),

Stella Stevens (Hildy), David Warner (Joshua), Strother

Martin (Bowen), Slim Pickens (Ben), L. Q. Jones (Taggart),

Peter Whitney (Cushing), R. G. Armstrong (Quittner), Gene

Evans (Clete), William Mims (Jensen), Kathleen Freeman

(Mrs. Jensen), Susan O'Connell (Claudia).

STRAW DOGSGB 1971

Ein junger amerikanischer Mathematiker hat sich gemeinsam mit seiner attraktiven Frau in die ver-meintlich heile Welt auf dem Land im englischen

Sam Peckinpah.

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19Cornwall zurückgezogen, um dort ein Buch zu schreiben. Nicht ganz ohne eigenes Verschulden geraten die beiden in eine heftige Kontroverse mit den jungen Männern ihres Wohnortes, die immer weiter eskaliert. In der Situation äusserster Be-drohung durch skrupellose Gegner entwickelt sich der feinfühlige Intellektuelle zum Berserker.

«Straw Dogs ist ein Film mit einer ‹message›. (...) Deshalb sieht er anders aus und funktioniert anders als jeder andere des Regisseurs. Seine Botschaft lautet: Jeder Mensch, unabhängig von seiner Sozialisation und seinen Charakteranla-gen, ist in bestimmten Extremsituationen dazu fähig, mit derart unvorstellbarer Gewalt auf eine Herausforderung zu reagieren, dass er auf die Entwicklungsstufe eines Barbaren zurückgewor-fen wird.» (Frank Arnold/Ulrich von Berg: Sam Peckinpah)

113 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sam Peckinpah //

DREHBUCH Sam Peckinpah, David Zelag Goodman, nach

einem Roman von Gordon M. Williams // KAMERA John

Coquillon // MUSIK Jerry Fielding // SCHNITT Paul Davies,

Roger Spottiswoode, Tony Lawson // MIT Dustin Hoffman

(David Sumner), Susan George (Amy Sumner), Peter Vaughan

(Tom Hedden), T. P. McKenna (Major Scott), Del Henney

(Charlie Venner), Ken Hutchison (Norman Scutt), Colin

Welland (Reverend Hood), Jim Norton (Chris Cawsey), Sally

Thomsett (Janice Hedden), Donald Webster (Riddaway),

Len Jones (Bobby Hedden), David Warner (Henry Niles).

JUNIOR BONNERUSA 1972

Dort, wo früher die Pferde standen, werden jetzt die Autos abgestellt. Pferde existieren zwar noch, aber die Nachfahren der Cowboys kutschieren sie in eigens dafür konstruierten Anhängern zu den vielen grossen Rodeos in der Touristensaison. Ace «Junior» Bonner, ein Rodeoreiter, der noch unschuldig-naiv an die traditionellen Werte sei-nes Berufs glaubt, gerät deswegen in einen Kon-flikt mit seinem Bruder, der den Western-Mythos mit all seinen Bestandteilen kühl vermarktet. Ein psychologisch gut durchgezeichneter, kulturpes-simistischer, inszenatorisch geradliniger Film voller Wehmut und Melancholie.

«Junior Bonner ist ein Film über eine Heim-kehr, die es nicht mehr geben kann, über die Auf-weichung von Wertbegriffen, die aus der Tradition des Landes erwachsen sind, über den Verlust von Heimat und über Menschen, die sich damit abge-funden haben und versuchen, das Beste daraus

November 2015

PasoliNi / Ferrara vom exzess zur erlösuNg

Sam Peckinpah.

Page 22: Programmheft Nov-Dez 2015

> Junior Bonner.. > Cross of Iron.

> The Ballad of Cable Hogue..

> The Killer Elite.

> The Osterman Weekend.

> Pat Garrett & Billy the Kid.

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21zu machen, und andere, denen Amerika darüber fremd geworden ist. (...) Vielleicht ist Junior das Idealbild, das Peckinpah von sich selbst er-träumte. Junior tut nur, wovon er etwas versteht. Ruhe und Geborgenheit findet er nur bei denen, die seine Lebensauffassung oder seinen Beruf teilen.» (Frank Arnold/Ulrich von Berg: Sam Peckinpah)

100 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sam Peckinpah //

DREHBUCH Jeb Rosebrook // KAMERA Lucien Ballard //

MUSIK Jerry Fielding // SCHNITT Robert L. Wolfe, Frank

Santillo // MIT Steve McQueen (Junior «JR» Bonner), Robert

Preston (Ace Bonner), Ida Lupino (Elvira Bonner), Ben John-

son (Buck Roan), Joe Don Baker (Curly Bonner), Barbara

Leigh (Charmagne), Mary Murphy (Ruth Bonner), Bill McKin-

ney (Red Terwiliger), Sandra Deel (Schwester Arlis), Donald

«Red» Barry (Homer Rutledge), Charles Gray (Burt), Matthew

Peckinpah (Tim Bonner).

THE GETAWAYUSA 1972

Ein Gangster flüchtet mit seiner Frau und einer halben Million geraubter Dollar unter Zurücklas-sung vieler Leichen über die amerikanisch-mexi-kanische Grenze. Diese rasante Adaptation von Jim Thompsons schwarzem Krimi, die ihr Thema, das Problem des naiven Verhältnisses der ameri-kanischen Gesellschaft zur Gewalt, hinter der rei-sserischen Fassade sichtbar werden lässt, wurde zu Peckinpahs grösstem kommerziellen Erfolg. Massgeblich beteiligt war daran das damalige Traumpaar Steve McQueen und Ali MacGraw.

«Man würde dem amerikanischen Filmema-cher, der die Auseinandersetzung mit der Gewalt zu seinem wesentlichen Thema gemacht hat und es in allen Filmen von The Deadly Companions über Ride the High Country, The Wild Bunch bis hin zu Straw Dogs konsequent abwandelte, Unrecht tun, wollte man The Getaway einfach als zufälligen Unterhaltungsfilm abtun. Schwerer lesbar als die früheren Filme, ist auch dieses Werk Auseinan-dersetzung mit der Gewalt, vor allem aber Spie-gelbild einer Gesellschaft, die Gewalttätigkeit in ihre Normen kurzentschlossen integriert hat und dadurch jegliche Distanz zu ihr verliert.» (Urs A. Jaeggi, Programmheft Filmpodium 1998)

122 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sam Peckinpah //

DREHBUCH Walter Hill nach dem Roman von Jim Thompson

// KAMERA Lucien Ballard // MUSIK Quincy Jones // SCHNITT

Robert L. Wolfe // MIT Steve McQueen (Doc McCoy), Ali Mac-

Graw (Carol McCoy), Sally Struthers (Fran Clinton), Ben

Johnson (Jack Benyon), Al Lettieri (Rudy Butler), Slim Pi-

ckens (Cowboy), Richard Bright (Dieb), Jack Dodson (Harold

Clinton), Dub Taylor (Laughlin), Bo Hopkins (Frank Jackson),

Roy Jensen (Cully), John Bryson (Buchhalter).

PAT GARRETT & BILLY THE KIDUSA 1973

Im New Mexico des Jahres 1881 befindet sich der Wilde Westen im Umbruch. Reiche Rancher be-fördern den Revolverhelden Pat Garrett zum She-riff, um ihre eigenen Interessen zu schützen. Pat soll seinen früheren Weggefährten, den berüch-tigten Outlaw Billy the Kid, unschädlich machen. Fünf Tage Zeit gibt Pat seinem alten Freund, um sich aus dem Staub zu machen. Billy lässt das Ul-timatum verstreichen und wird verhaftet, kurz darauf gelingt ihm wieder die Flucht. Schon bald muss er jedoch begreifen, dass seine Zeit abge-laufen ist. James Coburn brilliert als nostalgisch-zynischer Pat Garrett, Kris Kristofferson gibt den naiv-gestrigen Billy. In einer Nebenrolle tritt Bob Dylan auf, der auch den Soundtrack beisteuerte.

«Pat Garrett & Billy the Kid ist vielleicht der langsamste Actionfilm der Filmgeschichte. (…) Es ist in diesem Spätwestern für alles immer schon zu spät. Fürs Heldentum und für die Liebe, für den Zugriff des Gesetzes, für Hoffnung und Verzweif-lung. Drehbuchautor Rudy Wurlitzer (…) lässt hier den Western kollabieren.» (Ekkehard Knörer, TAZ, 23.6.2006)

115 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Sam Peckinpah // DREH-

BUCH Rudy Wurlitzer // KAMERA John Coquillon // MUSIK

Bob Dylan // SCHNITT Roger Spottiswoode, Garth Craven,

Robert L. Wolfe u. a. // MIT James Coburn (Pat Garrett), Kris

Kristofferson (Billy the Kid), Bob Dylan (Alias, der Messer-

werfer), Jason Robards (Gov. Lew Wallace), Richard Jaeckel

(Sheriff Kip McKinney), Katy Jurado (Mrs. Baker), Slim

Pickens (Sheriff Baker), Rita Coolidge (Maria), Chill Wills

(Lemuel), John Beck (Poe), Aurora Clavel (Ida Garrett), Sam

Peckinpah (Sargtischler Will, ungenannt).

BRING ME THE HEAD OF ALFREDO GARCIA

USA 1974

Ein mexikanischer Feudalherr bietet eine Million Dollar für den Kopf des Mannes, von dem seine ju-gendliche Tochter ein Kind erwartet. Peckinpahs Film ist durchzogen von brutalen Sequenzen, und die Auseinandersetzung des Autors mit der Ge-walt ist verschlüsselter, wenn auch nicht weniger intensiv, als in seinen früheren Filmen.

«Die Morde in Bring Me the Head of Alfredo Gar-cia wachsen auf dem Boden einer Doppelmoral, die Peckinpah etwa so umschreibt: ‹Hier in die-sem Land (USA) macht sich jeder Sorgen um das Ende des Krieges, um die Rettung der Wälder und ähnliches Zeug; aber die gleichen Kreuzritter ge-hen morgens aus dem Haus und vergessen, ihre

Sam Peckinpah.

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22Frauen zu küssen und die Blumen zu giessen.› Diese Doppelmoral beherrscht Peckinpahs Film in allen Phasen im Formalen so gut wie in der Auswahl der Charaktere: Die Idylle ist eng ver-wurzelt mit dem Grauen, das gütige Gesicht von El Jefe kontrastiert mit seinem Charakter. (...) Er will sich rächen an dem, der ihm (nicht seiner Tochter) dieses Ungemach, diese Schande berei-tet hat.» (Urs A. Jaeggi, Programmheft Filmpo-dium 1998)

112 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Sam Peckinpah // DREH-

BUCH Gordon Dawson, Sam Peckinpah, nach einer Erzählung

von Frank Kowalski // KAMERA Alex Phillips // MUSIK Jerry

Fielding // SCHNITT Garth Craven, Robbe Roberts, Sergio

Ortega, Dennis E. Dolan // MIT Warren Oates (Bennie), Isela

Vega (Elita), Gig Young (Quill), Robert Webber (Sappensly),

Helmut Dantine (Max), Emilio Fernandez (El Jefe), Kris

Kristofferson (Paco), Chano Urueta (einarmiger Barman),

Jorge Russek (Cueto), Donnie Fritts (John), Don Levy (Frank),

Janine Maldonado (Theresa).

THE KILLER ELITEUSA 1975

Der CIA-Agent Mike Locken wechselt bei einem Auftrag die Fronten, verschont jedoch seinen Kol-legen und Freund George Hansen, indem er ihn kampfunfähig macht. Der schwer verletzte Han-sen tritt nach langer Rehabilitationsphase wieder den Dienst an, und es kommt zu einem finalen Du-ell.

«In The Killer Elite erzählte Peckinpah die Ge-schichte zweier Männer, die überleben, weil sie die Gewalt, die bisher das Einzige war, mit dem sie ihr Leben bestreiten und sich selbst definieren konnten, überwinden lernen. Neben Major Dun-dee, Straw Dogs und Junior Bonner ist dies einer seiner wenigen Filme mit einem Ende, das die vage Möglichkeit einer Zukunft offenlässt, aber wie David Sumner in Straw Dogs müssen Locken und Mac einen radikalen Neuanfang wagen, und wie Junior Bonner wird ihnen nichts anderes üb-rig bleiben, als vor den fremdbestimmten Le-bensbedingungen des modernen Amerika (von denen Peckinpah wie immer ein Szenario des Schreckens entwarf) zu fliehen. Wohin und ob es überhaupt ein Wohin geben kann, muss unausge-sprochen bleiben.» (Frank Arnold/Ulrich von Berg: Sam Peckinpah)

123 Min / Farbe / 35 mm / E // REGIE Sam Peckinpah // DREH-

BUCH Marc Norman, Stirling Silliphant, nach dem Roman von

Robert Rostand // KAMERA Philip Lathrop // MUSIK Jerry

Fielding // SCHNITT Garth Craven, Tony De Zarraga, Monte

Hellman // MIT James Caan (Mike Locken), Robert Duvall

(George Hansen), Arthur Hill (Cap Collis), Gig Young

(Laurence Weyburn), Mako (Yuen Chung), Bo Hopkins

(Jerome Miller), Burt Young (Mac), Tom Clancy (O'Leary),

Tiana (Tommie Chung), Kate Heflin (Amy), James Wing Woo

(Tao Yi), Matthew Peckinpah (Junge).

CROSS OF IRONGB/BRD 1977

Die Konfrontation des illusionslosen Feldwebels Steiner und des fanatischen, ordenssüchtigen Hauptmanns Stransky in einem Abschnitt der zu-rückgehenden deutschen Ostfront von 1943 steht auch für die Auseinandersetzung zweier unter-schiedlicher Grundauffassungen vom Sinn des Krieges. James Coburn und Maximilian Schell verkörpern idealtypisch die Kontrahenten.

«Alle Kriegsfilme verdammen den Krieg mit oberflächlichen Lippenbekenntnissen. Peckin-pah weiss, dass die Realität des Krieges jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegt. Man kann ihn nicht ‹beschreiben›. (...) Filme mit Aus-sagen gegen den Krieg zu befrachten, ist einfach, doch diese Aussagen heben sich tendenziell in ih-rer Visualisierung auf. Das Zeigen des Krieges – innerhalb der Grenzen des Erzählkinos – löst eine gegenläufige Eigendynamik von Action, rasanten Bildern und letztlich Identifikation aus. Cross of Iron ist einer der ganz seltenen Kriegsfilme, die diese Eigendynamik einkalkulieren und sich da-rum bemühen, ihren Attraktionswert zu unter-graben. (...) Peckinpah weigert sich, den Krieg mit Heldentum zu assoziieren. Vielleicht ist auch dies ein kleiner Schritt hin zur Verhinderung von Krie-gen.» (Frank Arnold/Ulrich von Berg: Sam Pe-ckinpah)

133 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sam Peckinpah //

DREHBUCH Julius J. Epstein, Herbert Asmodi, nach einem

Roman von Willi Heinrich // KAMERA John Coquillon //

MUSIK Ernest Gold // SCHNITT Michael Ellis, Tony Lawson,

Herbert Taschner // MIT James Coburn (Steiner), Maximilian

Schell (Stransky), James Mason (Brandt), David Warner

(Kiesel), Klaus Löwitsch (Krüger), Vadim Glowna (Kern),

Roger Fritz (Triebig), Dieter Schidor (Anselm), Burkhardt

Driest (Maag), Fred Stillkraut (Schnurrbart), Michael Nowka

(Dielz), Senta Berger (Eva).

CONVOYUSA 1978

«Convoy ist die Verfilmung einer Country-Ballade, welche die Legende vom Protest amerikanischer Truckers (Fernfahrer) gegen die Korruption der Polizei schildert. Peckinpah hat daraus ein ge-waltig inszeniertes Epos über den Mythos des Aufbruchs in die Freiheit und des Unterwegsseins geschaffen, das an die Eigenart des traditionellen

Sam Peckinpah.

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23Western erinnert, ja dessen Versatzstücke und dramaturgischen Eigenheiten übernimmt.» (Urs A. Jaeggi, Zoom, 17/1978)

«Peckinpah hat diese Ballade in Bilder umge-setzt; in Bilder, die vor allem die Herzen jener hö-herschlagen lassen, die sich irgendwo in ihrem Geiste einen Raum für jene Naivität bewahrt ha-ben, die sich freut, wenn Männer ihrer Sehnsucht nach Abenteuer, Selbstbestätigung und Freund-schaft folgen, die jubelt, wenn einer den Weide-zaun einreisst, der die grenzenlose Freiheit ein-schränkt, die leise erschauert, wenn einer galant zu Tanze bittet oder seiner Dame in den Sattel hilft. Convoy ist ein Film für Romantiker, Sehn-süchtige, Gefühlvolle, für solche, die im Kino noch lachen und weinen können, weil sich ihre Gefühle ansprechen lassen, auch wenn der Verstand viel-leicht davon abrät.» (Urs A. Jaeggi, Programm-heft Filmpodium 1998)

110 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sam Peckinpah //

DREHBUCH B. W. L. Norton, nach der Country-Ballade von

C. W. Call // KAMERA Harry Stradling // MUSIK Chip Davis //

SCHNITT Graeme Clifford, John Wright, Garth Craven // MIT

Kris Kristofferson (Martin Penwald, «Rubber Duck»), Ali

MacGraw (Melissa), Ernest Borgnine («Dirty» Lyle Wallace),

Burt Young (Bobby, «Pig Pen»), Madge Sinclair («Widow

Woman»), Franklyn Ajaye («Spider Mike»), Brian Davies

(Chuck Arnoldi), Seymour Cassel (Gouverneur Gerry

Haskins), Cassie Yates (Violet), Walter Kelley (Hamilton), J. D.

Kane («Big Nasty»), Billy E. Hughes («Pack Rat»).

THE OSTERMAN WEEKENDUSA 1983

Ein CIA-Agent steuert das Wochenendtreffen eini-ger Freunde in ein mörderisches Chaos, indem er sie durch manipulierte Bildaufzeichnungen als In-strument seiner Rache zu gebrauchen versucht. Bemerkens- und sehenswerte Variante eines Spi-onagefilms, deren Reiz in der vielschichtigen Be-schreibung der manipulativen Möglichkeiten des modernen Medienapparates liegt.

«The Killer Elite und The Osterman Weekend sind die verspieltesten Peckinpah-Filme. Ober-flächlich funktionieren sie als Geheimdienst-Dra-men über betrogene Freundschaft und Verrat bzw. Gegenverrat – und als solche bieten sie so-lide Unterhaltung – aber auf einer zweiten Ebene entlarven sie ihre Welt, die sie als amoralisch und hoffnungslos korrupt zu kritisieren scheinen, als gigantisch-lächerliches Spiel. Es existieren kei-nerlei klar gezogenen Fronten mehr, die die Ak-teure bei ihren Aktivitäten zueinander in Bezug setzen, keine verpflichtenden Feindbilder und Ideologien, die ihre Handlungen bestimmen und erst recht keine aufopferungsvollen, selbstlosen Idealisten, die für Wahrheit und Gerechtigkeit

kämpfen. Die Maxime eines gnadenlosen Jeder-gegen-Jeden hat endgültig von allen menschli-chen Beziehungsformen Besitz ergriffen, allein Profitgier, Verschlagenheit und Hinterlist ver-sprechen Erfolg, heldenhaftes Aufbegehren hat jeden Sinn verloren.» (Frank Arnold/Ulrich von Berg: Sam Peckinpah)

103 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Sam Peckinpah //

DREHBUCH Alan Sharp, Ian Masters, nach dem Roman von

Robert Ludlum // KAMERA John Coquillon // MUSIK Lalo

Schifrin // SCHNITT Edward M. Abroms, David Rawlins // MIT

Rutger Hauer (John Tanner), John Hurt (Lawrence Fassett),

Craig T. Nelson (Bernard Osterman), Dennis Hopper (Richard

Tremayne), Chris Sarandon (Joseph Cardone), Burt Lancas-

ter (Maxwell Danforth), Meg Foster (Ali Tanner), Helen

Shaver (Virginia Tremayne), Cassie Yates (Betty Cardone),

Sandy McPeak (Stennings), Christopher Starr (Steve Tanner),

Cheryl Carter (Marcia).

SAM PECKINPAH: PORTRAITFrankreich/Italien 2006

Umberto Berlenghini und Michelangelo Dalto, die Kuratoren der Peckinpah-Retrospektiven von Padua (2000) und Bologna (2006), haben als Autoren ein bewegendes Porträt von Peckinpah realisiert. Neben Interviews mit Darstellern, Mit-arbeiterinnen und Filmschaffenden wie Olivier Assayas und Alain Corneau sieht man darin auch Trailer und Raritäten, darunter Werbespots mit James Coburn und Ausschnitte aus Musikvideos von Julian Lennon.

«Berlenghini, der viele der Interviews im Do-kumentarfilm führte, weist darauf hin, dass Dalto und er ihren Film nach Peckinpahs Tod gemacht hätten. ‹Es ist unhöflich, schlecht von Toten zu re-den›, bemerkt er und fügt hinzu, dass abseits der Kamera viele von Peckinpahs Mitarbeitern ihm anvertraut hätten, der Regisseur sei ‹ein richtiger Mistkerl› gewesen.

Umso erstaunlicher also sind die Loyalität und die widerwillige Zuneigung, die Peckinpah bei den Schauspielerinnen und Technikern hervor-rief, die er so schlecht behandelte. ‹Er war ein Kerl, der wenigstens drei Stunden pro Tag ein Ge-nie war, manchmal auch länger, je nachdem wie viel er trank›, hat James Coburn einmal über ihn gesagt.» (Geoffrey Macnab, The Independent, 5.1.2009)

78 Min / Farbe / Digital SD / E/f // REGIE Umberto Berlenghini,

Michelangelo Dalto // MIT R. G. Armstrong, Senta Berger, James

Coburn, Katherine Haber, Olivier Assayas, Alain Corneau.

Sam Peckinpah.

Page 26: Programmheft Nov-Dez 2015

24Das erste Jahrhundert des Films

1995In der Selektion des Jahres 1995 drängt sich der urbane Lebensraum in den Vordergrund und verdichtet sich über die Filme hinaus zum facettenreichen Bild einer nun bereits zwanzig Jahre zurückliegenden Zeit. Jafar Panahis Erstling Der weisse Ballon beobachtet das Leben in der Stadt Teheran durch die Augen der siebenjährigen Razieh und erinnert dabei nicht nur in seiner humanistischen Haltung an Vittorio De Sicas Ladri di biciclette. Im hekti­schen Betrieb der sich wandelnden Millionenmetropole Ho­Chi­Minh­Stadt gerät der Fahrradklau in Cyclo wiederum zum Ausgangspunkt für eine blutige Parabel, die Genesis eines Mörders. Die schonungslose Brutali­tät, mit der Tran Anh Hung das Leben in der vietnamesischen Hauptstadt zeichnet, prägt auch David Finchers stilbildenden Neo­Noir Seven, das nihilistische Bild einer namenlosen amerikanischen Grossstadt und ihrer Bewohner. Michael Manns epischer Thriller Heat lässt die Düsternis der verregneten Strassen dem unterkühlten Lichtermeer des modernen Los Angeles weichen und nimmt damit den Look von Filmen wie The Dark Knight vorweg. Die anonymen Häuserschluchten der Metropole sind der würdige Schauplatz einer Premiere, wenn sich die Schauspiellegenden Al Pacino und Robert De Niro erstmals duellieren. Im ganz in Schwarzweiss gehaltenen La haine wird die Schilderung des Lebens in den Pariser Ban­lieues zur wütenden Anklage gegen heute immer noch gärende soziale Miss­stände. Einen Kontrapunkt setzen Nicolas Humbert und Werner Penzel, denen es mit Middle of the Moment gelingt, fernab grosser Ballungsräume das scheinbar zeitentrückte Leben der Tuareg auf die Leinwand zu bannen.

Marius Kuhn

Das erste Jahrhundert des FilmsIn der Dauerreihe «Das erste Jahrhundert des Films» zeigen wir im Lauf von zehn Jahren rund 500 wegweisende Werke der Filmgeschichte. Die Auswahl jedes Programmblocks ist gruppiert nach Jahr-gängen, woraus sich schliesslich 100 Momentaufnahmen des Weltkinos von 1900 bis 1999 ergeben. Referenzzahl ist jeweils der aktuelle Jahrgang, d. h. im Jahr 2015 sind Filme von 1915, 1925, 1935 usw. zu sehen.

Before Sunrise Richard Linklater, USA/ÖsterreichBetween the Devil and the Deep Blue Sea Marion Hänsel, Belgien/Frankreich/GBBraveheart Mel Gibson, USAClueless Amy Heckerling, USADead Man Jim Jarmusch, USADead Man Walking Tim Robbins, USADer Blick des Odysseus (To vlemma tou Odyssea) Theo Angelopoulos, GriechenlandGood Men, Good Women (Hao nan hao nu) Hou Hsiao-Hsien, Japan/TaiwanKids Larry Clark, USA

La cité des enfants perdus Marc Caro, Jean-Pierre Jeunet, FrankreichLand and Freedom Ken Loach, GBShanghai Serenade (Yao a yao, yao dao wai po qiao) Zhang Yimou, ChinaSigners Koffer Peter Liechti, SchweizThe Madness of King George Nicholas Hytner, GBThe Usual Suspects Bryan Singer, USAToy Story John Lasseter, USATwelve Monkeys Terry Gilliam, USAUnderground (Podzemlje) Emir Kusturica, Frankreich/Deutschland/Ungarn/Bundesrepublik Jugoslawien

Weitere wichtige Filme von 1995

Page 27: Programmheft Nov-Dez 2015

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SEVENUSA 1995

Bereits die legendäre und später oft zitierte Titel-sequenz zu den nervösen Klängen von Nine Inch Nails führt kompromisslos in die dunklen Ab-gründe, die David Fincher im weiteren Verlauf von Seven vor dem Zuschauer ausbreitet. Das bestä-tigt die erste Tatortbesichtigung: Der Magen des Opfers ist geplatzt, es hat sich sprichwörtlich zu Tode gefressen. In die Wand ist das Wort «Völle-rei» eingeritzt. Der kurz vor der Pensionierung stehende Cop Somerset und sein junger Nachfol-ger Mills gehen auf die Jagd nach dem Serienkil-ler John Doe, der seine Morde den sieben Todsün-den entsprechend inszeniert.

«Seven ist alles andere als ein gewöhnlicher Serienkiller-Film, auch wenn weitere bestiali-sche Morde folgen; er reicht auch weit über das Schema des Buddy-Movies hinaus. Seven entfal-tet ein apokalyptisches Grossstadt-Szenario. Schon mit seinem Erstling Alien 3 hat Regisseur David Fincher ein erstaunliches Gespür für visu-elle Geschlossenheit bewiesen, aber Seven lässt das dort Gesehene noch weit hinter sich. Gerade weil er in einer – nicht benannten – Stadt der Ge-genwart spielt, wirken die düsteren Settings umso unheimlicher. Alles in Seven ist verdreckt, verfallen, beständig regnet es, und Fincher hat seinen Bildern fast alle Farben genommen. Jede Einstellung wirkt, als wäre sie um einen Tick zu

dunkel belichtet. Die Tage werden zu Nächten und die Nächte verwandeln sich in Tage, ein Unter-schied findet sich nur in Nuancen. Einen solchen Mut zu monochromen Bildern im Scope-Format hat man im amerikanischen Mainstream-Kino selten gesehen.» (Rudolf Worschech, epd Film, 12/1995)

«Seven, ein düsterer, grausiger, entsetzlicher, aber auch intelligenter Thriller. Vielleicht zu verstörend für einige Zuschauer. Wer es aber ertragen kann, wird Filmhandwerk von hohem Rang sehen.» (Roger Ebert, Chicago Sun-Times, 22.9.1995)

127 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE David Fincher //

DREHBUCH Andrew Kevin Walker // KAMERA Darius Khondji

// MUSIK Howard Shore // SCHNITT Richard Francis-Bruce

// MIT Morgan Freeman (Somerset), Brad Pitt (Mills), Kevin

Spacey (John Doe), Gwyneth Paltrow (Tracy), Richard Round-

tree (Talbot), John C. McGinley (California), Reg E. Cathey (Dr.

Santiago), R. Lee Ermey (Polizeikommandant).

Das erste Jahrhundert des Films: 1995.

Page 28: Programmheft Nov-Dez 2015

26 Das erste Jahrhundert des Films: 1995.

DER WEISSE BALLON (Badkonake sefid )

Iran 1995

Jafar Panahis Der weisse Ballon erscheint in sei-ner Struktur und Haltung wie eine Abwandlung von Vittorio De Sicas Ladri di biciclette. Das junge Mädchen Razieh wünscht sich für das iranische Neujahr verzweifelt einen Goldfisch. Als sie von ihrer Mutter endlich das Geld dafür erhält und Razieh den Goldfisch kaufen will, beginnt eine Odyssee durch Teheran, die einen Querschnitt der Stadt und ihrer Bevölkerung zeigt.

«Mit menschlicher Wärme, Weisheit und perfekt konstruiert, könnte Der weisse Ballon gleichzeitig nicht simpler sein. (…) In Echtzeit erzählt – der gesamte Plot entfaltet sich in 85 Minuten –, besitzt Panahis Film eine Klarheit und Humanität, die an die Nachkriegsfilme des italie-nischen Neorealismus erinnert.» (Edward Guth-mann, San Francisco Chronicle, 15.3.1995)

Bereits in Jafar Panahis Erstling zeigt sich die durchdachte Simplizität, die auch die folgenden Werke des Regisseurs auszeichnet. In Cannes als bester Debütfilm prämiert, vom Iran jedoch spä-

ter als Kandidat für den Besten fremdsprachigen Film bei den Oscars zurückgezogen, bildet Der weisse Ballon auch den Beginn der schwierigen Beziehung zwischen dem Regisseur und der ira-nischen Regierung. Der traurige Höhepunkt war bislang das 2010 ausgesprochene Berufsverbot gegen Panahi, was diesen jedoch nicht am Filmen hindert, wie sein jüngst an der Berlinale ausge-zeichnetes Werk Taxi Teheran beweist, das zwan-zig Jahre nach Panahis Regiedebüt mit einer er-neuten Reise durch die iranische Hauptstadt zum Beginn seiner Karriere zurückkehrt.

85 Min / Farbe / 35 mm / OV/f // REGIE Jafar Panahi // DREH-

BUCH Abbas Kiarostami, Jafar Panahi, Parviz Shahbazi //

KAMERA Farzad Jadat // SCHNITT Jafar Panahi // MIT Aida

Mohammadkhani (Razieh), Mohsen Kafili (Ali), Fereshteh

Sadre Orafaiy (Mutter), Mohammad Shahani (Soldat), Anna

Borkowska (alte Frau), Mohammad Bakhtiar (Schneider),

Aliasghar Smadi (Ballonverkäufer), Hamidreza Tahery

(Reza).

Page 29: Programmheft Nov-Dez 2015

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MIDDLE OF THE MOMENTSchweiz/Deutschland 1995

«Länger ist es dunkel, dann weisse Funken auf der Leinwand, immer mehr. Sterne, Glühwürm-chen. Ein Feuer, Kratzer im Zelluloid – oder etwas anderes? Die Augen sind irritiert, finden keinen Fixpunkt: Gleich zu Beginn von Middle of the Mo-ment tut sich ein Stück Kino-Magie auf, man ver-sinkt im Schwarz des Raumes, sieht den Funken-regen – und ist bezaubert. (…) Nicolas Humbert und Werner Penzel (…) erzählen keine Handlung und trotzdem eine Geschichte. Sie erschliesst sich ganz aus den Bildern, aus deren Montage, aus Assoziationen und Gefühlen. Ihr Film führt eine selten gewordene Lebensart vor Augen: das Nomadentum, das Fixpunkte nicht als Zustand, sondern höchstens als vorübergehende Erschei-nung kennt. (…) Die schwarzweissen Bilder sind bestechend komponiert, lassen allerdings die Menschen nie hinter formaler Schönheit ver-schwinden und fügen sich mit der von Fred Frith komponierten Musik zu einem lyrischen Filmge-webe.» (Judith Waldner, Zoom, 4/1995)

80 Min / sw / 35 mm / OV/d/f // REGIE UND DREHBUCH Nicolas

Humbert, Werner Penzel // KAMERA Chilinski // MUSIK Fred

Frith, Josefina Lehmann, Attila Zombori // SCHNITT Gisela

Castronari, Nicolas Humbert, Werner Penzel.

CYCLO (Xich lo)

Vietnam/Frankreich 1995

Als Rikschafahrer verdient ein namenloser jun-ger Mann in Vietnams Hauptstadt seinen dürfti-gen Lebensunterhalt. Der Klau seines Fahrrads – und damit seiner Existenzgrundlage – zwingt ihn in die Kriminalität und macht ihn zum Mörder. Für Cyclo wurde Tran Anh Hung in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.

«Von den Banalitäten des handelsüblichen Er-zählkinos hat er nie etwas wissen wollen, und wenn er von den wahren Ausdrucksmöglichkei-ten des Films spricht, beruft er sich auf Ozu und Mizoguchi, Tarkowskij und Scorsese, vor allem aber auf Bresson. (…) Seine Kunst ist so schön, so erfindungsreich, dass aus dem Weg seines Hel-den durch eine mafiose Unterwelt tatsächlich eine Passionsgeschichte wird, wie man sie (…) einer Dostojewski-Figur zudenken mag. Dass dieser Film die heisse, gärende Ho-Chi-Minh-Stadt zu einem bestimmten Zeitpunkt realistisch verewigt, ist sein einer Sieg; sein anderer ist, mit welchem Furor er zugleich die Pforten eines visi-onären Kinos aufreisst.» (Der Spiegel, 46/1995)

123 Min / Farbe / 35 mm / OV/d/f // REGIE UND DREHBUCH

Tran Anh Hung // KAMERA Benoît Delhomme // MUSIK

Tiet Ton-That // SCHNITT Nicole Dedieu, Claude Ronzeau //

MIT Le Van Loc (Cyclo), Tony Leung Chiu-wai (Poet), Tran Nu

Yen-Khe (Schwester), Nguyen Nhu Quynh (Dame), Nguyen

Hoang Phuc (Zahn), Ngo Vu Quang Hal (Messer), Le Kinh Huy

(Grossvater).

Das erste Jahrhundert des Films: 1995.

Page 30: Programmheft Nov-Dez 2015

28 Das erste Jahrhundert des Films: 1995.

HEATUSA 1995

Das in kühles Blau getauchte Los Angeles dient als Bühne für ein episches Duell: Der Kriminelle Neil McCauley möchte mit seiner Mannschaft einen letzten Raub ausführen, um sich danach in den Ruhestand zu verabschieden. Doch der ehr-geizige Kommissar Vincent Hanna ist ihnen auf der Spur und zieht die Schlinge um die Gruppe im-mer enger.

«Man muss weit zurückgehen in der Ge-schichte des Polizei- und Gangsterfilms, um Par-allelen für die existenzielle Dimension zu finden, in die Michael Manns Film vordringt, und fühlt sich mehr als einmal an die Filme Jean-Pierre Melvilles erinnert. (…) In gleichem Masse, in dem die Schichten des landläufigen Gangster- und Polizistenprofils wie Folien abgeblättert werden, baut sich eine zweite, existenzielle Ebene auf, die fast genau zur Halbzeit des Films in einer Begeg-nung der Kontrahenten gipfelt, um danach in eine dritte, fatalistische Ebene überzugehen. Die Aus-sergewöhnlichkeit des Schauspieler-Duos De Niro und Pacino hilft dabei nicht unwesentlich mit. Nur einmal haben die beiden bisher gemein-sam in einem Film mitgewirkt, in Coppolas The

Godfather: Part II, doch selbst darin waren sie nicht zusammen auf der Leinwand zu sehen. (…) Es sind Szenen (…) und Einstellungen von überra-schend kontemplativer Qualität, die ungewöhn-lich starke Präsenz der Frauen, Unterspielungen sonst eher übertrieben extrovertierter Genre-Fi-guren und ins Chaotische generalisierte Schuss-wechsel zwischen Gangstern und Polizei, die das Geschehen vom üblichen Actionfilm mehr und mehr wegführen und die Handlung unmerklich zum Synonym für das Leben am Ausgang des 20. Jahrhunderts werden lassen. Die Schwenks über das nächtlich erleuchtete Los Angeles verlieren in ihrem Kontext alles Pittoreske, der Blick aus Neils unmöblierter Wohnung über die Unendlich-keit des Pazifiks vermittelt nichts als das Gefühl des Zurückgeworfenseins in die eigene Isola-tion.» (Franz Everschor, Filmdienst, 5/1996)

171 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE UND DREHBUCH

Michael Mann // KAMERA Dante Spinotti // MUSIK Elliot

Goldenthal // SCHNITT Pasquale Buba, William Goldenberg //

MIT Al Pacino (Vincent Hanna), Robert De Niro (Neil McCauley),

Val Kilmer (Chris Shiherlis), Jon Voight (Nate), Tom Sizemore

(Michael Cheritto), Diane Venora (Justine Hanna), Amy Bren-

neman (Eady), Ashley Judd (Charlene Shiherlis).

Page 31: Programmheft Nov-Dez 2015

29Das erste Jahrhundert des Films: 1995.

LA HAINEFrankreich 1995

Das Leben in den Banlieues – der alltägliche Rassismus und die Perspektivlosigkeit ihrer jun-gen Bewohner – ist das Thema von La haine. Ein Kumpel der drei Jugendlichen Vinz, Saïd und Hubert wird von der Polizei schwer misshandelt. Das ist der Vorfall, der die schwelenden Konflikte im Pariser Vorort eskalieren lässt. Atemlos fügt Mathieu Kassovitz dem noch jungen «cinéma beur» mit dieser Milieustudie eines seiner ein-drücklichsten Kapitel hinzu.

«La haine ist Kraft und Wut. Von der ersten Einstellung an foltert der Film uns mit der Inten-sität seiner Schwarzweiss-Bilder. (…) Die Span-nung, die Kassovitz in seine Szenen steckt, ist er-schreckend und aufregend zugleich. Im Stil des französischen Regisseurs steckt viel von Martin Scorseses elektrisierendem Expressionismus. Gleichzeitig finden sich Spuren von Spike Lees Tendenz zur mutigen, direkten Thematisierung sozialer Konflikte.» (Hal Hinson, The Washington Post, 10.5.1995).

«Die Wucht, mit der Kassovitz den Zuschauer in die Auseinandersetzungen der drei Freunde zieht, resultiert aus der filmischen Gestaltung,

aber auch aus dem hervorragenden Spiel der drei Hauptdarsteller, die der Geschichte hohe Authentizität verleihen. Schwarzweisse Bilder, harte Schnitte und die ausschliessliche Verwen-dung von Originaltönen erzeugen einen bedrän-genden Alltagsrealismus, der nicht nur den ‹so-zialen Riss› durch die französische Gesellschaft spürbar macht, sondern auch ein Gefühl für die Ausweglosigkeit seiner Helden vermittelt. (…) Doch sein Film ist über Authentizität und Doku-mentation hinaus weit mehr: eine lebensnahe Parabel über Gewalt und ihre Folgen, eine be-drängende, differenzierte Exkursion ins Innere des Hasses, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint, aber auch Anklage, die zum Handeln aufruft.» (Josef Lederle, Filmdienst, 21/1995)

98 Min / sw / 35 mm / F/d // REGIE UND DREHBUCH Mathieu

Kassovitz // KAMERA Pierre Aïm, Georges Diane // MUSIK

Assassin // SCHNITT Mathieu Kassovitz, Scott Stevenson //

MIT Vincent Cassel (Vinz), Hubert Koundé (Hubert), Saïd

Taghmaoui (Saïd), Karim Belkhadra (Samir), François Levan-

tal (Astérix), Marc Duret (Inspektor «Notre Dame»), Édouard

Montoute (Darty), Abdel Ahmed Ghili (Abdel).

Page 32: Programmheft Nov-Dez 2015

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Premiere: Corn Island

Kleines grosses WelttheaterDem georgischen Regisseur George Ovashvili, dessen Kinderporträt The Other Bank das Filmpodium 2011 vorgestellt hat, ist mit Corn Island ein vielschichtiges, mehrdeutiges Kunstwerk gelungen: Eine kleine ver-gängliche Flussinsel und ihre Bewohner werden zur universellen Para-bel des menschlichen Daseins. Das Werk hat bereits zahlreiche Festi-valpreise gewonnen und ist im Rennen um den Oscar in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film.

Schauplatz der Geschichte ist der Fluss Enguri im Westen Georgiens, der zum Teil die natürliche Grenze zwischen Georgien und der Republik Abchasien bil­det, deren Status bis heute umstritten ist – doch weist die geografisch prekäre Situation auf jede andere vergleichbar gelegene Konfliktzone. Der weite Atem, mit dem Ovashvili die Bilder inszeniert, übernimmt den natürlichen Rhythmus der Elemente, des Reifens der Pflanzen, der Verwandlungen der menschlichen Körper. Für sein grosses Welttheater von Geburt und Tod, Werden und Ver­gehen beansprucht Corn Island nur wenige Quadratmeter Erde.

Im Frühling bilden sich im Bett des Enguri kleine Inseln: fruchtbares Schwemmland, das von Bauern gerne bebaut wird. Ein alter Abchase nimmt eine der so entstandenen Inseln in Besitz, pflügt die Erde um, zimmert sich eine Hütte, bald hilft ihm seine Enkelin, übernimmt die einfacheren Auf­gaben. Der Mais gedeiht schnell, die Nahrung für den Winter scheint gesi­chert – doch gleichzeitig wachsen auch die Bedrohungen. Das Flusswasser steigt wieder an. Und das Urbarmachen eines Landstücks, dessen territoriale Zugehörigkeit uneindeutig ist, vollzieht sich unter den argwöhnischen Augen der Soldaten beider Seiten, die immer wieder wie aus dem Nichts auftauchen und auf Motorbooten in bewaffneter Kampfmontur das fragile Bauernleben bedrohen. Die Soldaten entdecken auch die Schönheit des heranreifenden Mädchens; einer von ihnen, ein Georgier, ein «Feind», der ein Auge auf die junge Frau geworfen hat, strandet eines Nachts schwer verletzt auf der Insel.

Von Frühling zu FrühlingDer Abchase versorgt den Verwundeten, bringt damit sich und seine Enkelin, die sich zu dem Unbekannten hingezogen fühlt, in grosse Gefahr. Aber noch unberechenbarer ist die Gewalt der Natur, die zerstörerische Kraft des Flus­ses. Geredet wird in diesem Film wenig; erzählt wird fast ausschliesslich in Bildern – und mit den Geräuschen der Elemente und Lebewesen: Der Fluss gurgelt, wispert, droht, die Vögel locken und warnen, durch die Klänge von Schaufel, Axt und Hammer des Bauern peitscht immer öfter ein Schuss. Eine

Page 33: Programmheft Nov-Dez 2015

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reichhaltige Geräuschpartitur, die nur selten durch Musik gesteigert wird. Ein Frühling, ein Sommer, ein Herbst, Pflügen, Säen, Ernten; das ist viel Zeit, die Ovashvili auf geheimnisvoll­magische Weise langsam und schnell zugleich er­zählt: in geruhsamen Kamerafahrten, die sich alle Zeit der Welt zu nehmen scheinen, immer wieder die Beobachtungsposition wechselnd – aber gleichzei­tig in narrativen Sprüngen, die das Leben im Zeitraffer vorbeiziehen lassen. Wenn am Ende der Frühling wiederkehrt, bleibt vom Früheren nur noch eine rätselhafte Spur.

Bettina Spoerri

Bettina Spoerri lebt und arbeitet als freie Kulturvermittlerin in Zürich.

CORN ISLAND / Georgien 2014100 Min / Farbe / DCP / OV/d/f // REGIE George Ovashvili // DREHBUCH George Ovashvili, Roelof Jan Minneboo, Nugzar Shataidze

// KAMERA Elemér Ragályi // MUSIK Iosif Bardanashvili // SCHNITT Sun-min Kim // MIT Mariam Buturishvili (Asida), Ilyas Salman

(Abga), Tamer Levent (Offizier).

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Filmpodium für Kinder: Die drei Räuber

Rein in die Räuberhöhle!Voller Charme, frecher Sprüche und fantasiereicher Bilder: Die drei Räuber ist ein märchenhafter Animationsfilm über ein gewitztes Waisenkind und drei gar nicht mal so schreckliche Räuber, nach dem Kinderbuchklassiker von Tomi Ungerer.

Nach dem Tod ihrer Eltern soll die kleine Tiffany in ein Waisenhaus gebracht werden. Unterwegs wird ihre Kutsche in einem dunklen Wald von drei Räu­bern überfallen: Sie sind die Herrscher des Waldes, die, in weite schwarze Mäntel gehüllt, mit hohen schwarzen Hüten auf dem Kopf und mit Donner­büchse, Pfefferblasebalg und rotem Beil bewaffnet, wohlhabende Reisende ausrauben und in die Flucht treiben. Die furchtlose Tiffany ist entzückt, wit­tert sie doch sogleich ihre Chance, dem Kinderheim zu entgehen: Sie gibt sich als Tochter eines reichen indischen Maharadschas aus und lässt sich von den Räubern als Geisel in ihre Räuberhöhle mitnehmen. Im Nu bringt sie Farbe

DIE DREI RÄUBER / Deutschland 200775 Min / Farbe / 35 mm / D // REGIE Hayo Freitag // DREHBUCH Bettine von Borries, Achim von Borries, Hayo Freitag, Tomi

Ungerer, nach dem Bilderbuch von Tomi Ungerer // MUSIK Kenneth Pattengale // SCHNITT Lars Jordan, Sascha Wolff //

MIT DEN STIMMEN VON Elena Kreil (Tiffany, das Waisenkind), Joachim Król (Räuber Malente), Bela B. (Räuber Flinn), Charly

Hübner (Räuber Donnerjakob), Katharina Thalbach (die wunderliche Tante), Erwin Leder (Kutscher), Hayo Freitag (Polizist),

Tomi Ungerer (Erzähler).

Page 35: Programmheft Nov-Dez 2015

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in die Höhle und erobert mit ihrem Charme die Herzen der gar nicht so schrecklichen Kerle.

1961 erschien Tomi Ungerers Bilderbuchklassiker «Die drei Räuber», knapp ein halbes Jahrhundert später adaptierte es der deutsche Regisseur Hayo Freitag für die Leinwand – das erste Mal überhaupt, dass ein Werk des legendären Autors und Zeichners verfilmt wurde. In Zusammenarbeit mit Ungerer schmückte Freitag die kurze Geschichte aus und bereicherte die ty­pisch Ungerer’sche Bildsprache mit skurrilen Akzenten, wobei er sich stilis­tisch an der Vorlage orientierte und deren Originalität bewahrte. Jedes Bild ist handgezeichnet, die Figuren sind sorgfältig animiert, die Hintergründe stimmig und gespickt mit witzigen Details. Die drei Räuber überzeugt durch seine gelungene Mischung aus Ironie, Fantasie und einer guten Prise kindli­cher Frechheit und Anarchie. Ungerer selbst führt mit sonorer Stimme als Off­Erzähler durch den Film, Joachim Król, Katharina Thalbach und Bela B. (Die Ärzte) finden sich in weiteren Sprechrollen, passend untermalt von einer rauen, scheppernden Räubermusik. Ein Märchenfilm über ein mutiges Mäd­chen, das sein Leben selbst in die Hand nimmt und so zu einer starken Iden­tifikationsfigur wird – ein Film, bei dem sich Erwachsene ebenso amüsieren dürften wie die Kinder.

Tanja Hanhart

ZURICH

9.–13. DEZ 2015RIFFRAFF / FILMPODIUM

HUMAN RIGHTS FILM FESTIVAL

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Page 36: Programmheft Nov-Dez 2015

34

Das Institut für incohärente Cinematogra­

phie (IOIC) widmet sich in der aktuellen

Saison dem Mittelalter im Stummfilm.

Zahlreich sind im frühen Kino die Filme,

die ihre Zuschauer durch Zeit und Ge­

schichte schweifen lassen, um sie dann um

die Erfahrung ihrer eigenen Vergangenheit

bereichert wieder in die Gegenwart zu ent­

lassen. Diese Geschichtsbilder von damals

werden, ganz im Sinne des IOIC, durch aus­

sergewöhnliche zeitgenössische Live­Ver­

tonungen mit der heutigen Gegenwart in

Beziehung gesetzt. Nach dem edlen Helden

Robin Hood im Oktoberprogramm geht es

nun um Hexen und germanische Mythen,

um Häxan und um Die Nibelungen.

Häxan ist ein hybrides Wesen. Sowohl doku-

mentarisch als auch mit dramatischen Sze-

nen erzählt Benjamin Christensens Film

die Geschichte der Hexerei vom Mittelalter

bis zur Neuzeit und ist zugleich eine Studie

darüber, wie Aberglauben und das Miss-

verstehen von Krankheiten zur Hysterie der

Hexenverfolgungen führen konnten. And-

rerseits zeigt der Film aber auch, inwiefern

das «moderne» Krankheitsbild der Hysterie

ebendieser Tradition entstammt. Das Mittel-

alter lebt also auch im Zeitalter Sigmund

Freuds fort.

Aufgrund der bildlichen Darstellung von

Folter, Nacktheit und Perversion wurde der

Film in vielen Ländern gekürzt, zensiert oder

gar ganz verboten. Heute fesselt er in erster

Linie wegen der expressionistischen Insze-

nierung und der düster-burlesken Gruselvi-

sionen.

Seit den sechziger Jahren erfährt Häxan im-

mer wieder neue Vertonungen, insbesondere

von Musikern aus den Bereichen Jazz und ex-

perimentelle Musik. Vertont wird der Film

diesmal vom internationalen Trio Riot. Das

energiegeladene Spiel der drei jungen Musi-

ker aus Dänemark, England und der Schweiz

erinnert an die britische Punk-Szene der

achtziger Jahre, wobei ihr Sound und Kompo-

sitionsstil irgendwo im Spannungsfeld zwi-

schen Ornette Coleman und Neuer Musik an-

gesiedelt sind. Alles in allem also die

notwendigen Ingredienzen, um der visuellen

Orgie auch akustisch gerecht zu werden.

HÄXAN / Schweden 1922104 Min / tinted / 35 mm / schwed./engl. Zw'titel // REGIE UND

DREHBUCH Benjamin Christensen // KAMERA Johan An-

kerstjerne // SCHNITT Edla Hansen // MIT Benjamin Chris-

tensen (Satan), Astrid Holm (Anna), Karen Winther (Annas

Schwester), Wilhelmine Henriksen (Apelone), Kate Fabian

(alte Magd), Oscar Stribolt (Mönch), Clara Pontoppidan

(Schwester Cecilia), Alice O'Fredericks (Nonne), Johannes

Andersen (Pater Henrik), Elith Pio (Johannes).

Vertonung: Trio Riot

Mette Rasmussen (Altsaxophon)

Sam Andreae (Tenorsaxophon)

David Meier (Schlagzeug)

https://trioriot.bandcamp.com

DO, 26. NOVEMBER | 20.45 UHR

IOIC­SOIREES DO, 26. NOVEMBER | 20.45 UHR

VON HEXEN UND MYTHEN SO, 27. DEZEMBER |17.00 UHR

Page 37: Programmheft Nov-Dez 2015

35

Neben der technischen Herausforderung,

die Welt der Mythen für das 20. Jahrhundert

wieder lebendig werden zu lassen, hat Fritz

Lang als die wichtigste Aufgabe bei der Ver-

filmung der «Nibelungen» eine klare Struk-

turierung des epischen Stoffes genannt.

Vier vollkommen in sich abgeschlossene,

einander geradezu feindliche Welten galt

es seiner Meinung nach streng zu unter-

scheiden: die adlig-überfeinerte Welt des

Königshofes in Worms, die mythisch-ge-

heimnisvolle Welt des jungen Siegfried, die

nordisch- eisige Welt der Brunhild sowie die

asiatische Welt Etzels und der Hunnen.

Durch diese vier Welten sollten die gleichen

Menschen auf vielfach sich kreuzenden

Wegen schreiten. Die bereits im mittelal-

terlichen Epos angelegte Verschränkung

verschiedener Zeiten, der archaischen Völ-

kerwanderungszeit und des höfischen Mit-

telalters, wirft nicht zuletzt die Frage nach

dem Fortleben des Archaischen im Aktuel-

len, der Mythen in der Moderne auf.

Für die neue Vertonung spannen vier

Musiker zusammen. Der Elektroniker und

Pianist Dadaglobal und der Saxophonist

und Gitarrist Steve Buchanan haben seit

2013 diverse Stummfilme vertont. Die Zu-

sammenarbeit zwischen der Sängerin und

Elektronikerin Iokoi und dem Elektroniker

und Produzenten Bit-Tuner wiederum be-

gann 2012. Jeder von ihnen wird jeweils

in einer der behandelten Welten den Lead

übernehmen. Und wie Fritz Lang in Die

Nibelungen eine neue Form für das alte

Epos gefunden hat, werden sich die vier

Musiker die Welt des frühen 20. Jahrhun-

derts für das frühe 21. Jahrhundert aufer-

stehen lassen.

DIE NIBELUNGEN, 1. TEIL: SIEGFRIED Deutschland 1924

150 Min / tinted / Digital HD / dt. Zw'titel // REGIE Fritz Lang

// DREHBUCH Thea von Harbou, Fritz Lang // KAMERA Carl

Hoffmann, Günther Rittau // SCHNITT Paul Falkenberg // MIT

Paul Richter (Siegfried), Margarete Schön (Kriemhild),

Hanna Ralph (Brunhild), Theodor Loos (König Gunther), Hans

Adalbert von Schlettow (Hagen Tronje), Bernhard Goetzke

(Volker von Alzey), Erwin Biswanger (Giselher), Georg John

(Schmied Mime/Nibelung Alberich), Gertrud Arnold (Königin

Ute), Hans Carl Müller (Gernot).

DIE NIBELUNGEN, 2. TEIL: KRIEMHILDS RACHE

Deutschland 1924

131 Min / tinted / Digital HD / dt. Zw'titel // REGIE Fritz Lang

// DREHBUCH Thea von Harbou // KAMERA Carl Hoffmann,

Günther Rittau // SCHNITT Paul Falkenberg // MIT Margare-

the Schön (Kriemhild), Rudolf Klein-Rogge (König Etzel),

Theodor Loos (König Gunther), Hans Carl Müller (Gernot),

Erwin Biswanger (Giselher), Frida Richard (Runenmagd),

Hans Adalbert von Schlettow (Hagen Tronje), Rudolf Rittner

(Markgraf Rüdiger von Bechlarn), Bernhard Goetzke (Volker

von Alzey), Fritz Alberti (Dietrich von Bern).

Vertonung: Dadaglobal, Iokoi, Steve Buchanan & Bit-Tuner

Dadaglobal (Elektronik, Piano)

Steve Buchanan (Altsaxophon, Gitarre, Elektronik)

Iokoi (Stimme, Elektronik)

Bit-Tuner (Elektronik)

https://soundcloud.com/dadaglobal

http://stevebuchanan.net/

http://iokoi.net/

http://bit-tuner.net/

SO, 27. DEZEMBER |17.00 UHR Zwischen den beiden Teilen: Spanferkel und Salatbuffet!

Weitere Informationen zum IOIC: http://ioic.ch

Page 38: Programmheft Nov-Dez 2015

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Sigurður Sigurjónsson Theodór Júlíusson

(HRÚTAR) Ein Film von Grímur Hákonarson

rams

Geschenke fürs ganze Jahr –ein Abonnement oder ein Plakat!Erhältlich an der Kinokasse

Page 39: Programmheft Nov-Dez 2015

37

DAS FILMPODIUM IST EIN ANGEBOT DES PRÄSIDIALDEPARTEMENTSin Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse, Lausanne/ZürichLEITUNG Corinne Siegrist-Oboussier (cs), STV. LEITUNG Michel Bodmer (mb)WISSENSCHAFTLICHE MITARBEIT Tanja Hanhart (th), Marius Kuhn (mk), Primo Mazzoni (pm) // PRAKTIKUM Vera Schamal // SEKRETARIAT Claudia Brändle BÜRO Postfach, 8022 Zürich, Telefon 044 412 31 28, Fax 044 212 13 77WWW.FILMPODIUM.CH // E-MAIL [email protected] // KINO Nüschelerstr. 11, 8001 Zürich, Tel. 044 211 66 66

UNSER DANK FÜR DAS ZUSTANDEKOMMEN DIESES PROGRAMMS GILT: Beta Film, Oberhaching; La Cinémathèque fran-çaise – Musée du cinéma, Paris; Deutsches Filminstitut – DIF, Wiesbaden; Filmcoopi, Zürich; Films sans frontières, Paris; Frenetic Films, Zürich; Look Now!, Zürich; Magnolias Films, Paris; Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden; Park Circus, Glasgow; Schwedisches Filminstitut, Stockholm; Sidonis Production, Paris; Studiocanal, Berlin; Tamasa Distribution, Paris; trigon-film, Ennetbaden; Walt Disney Studios Global Motion Pictures Operations, Burbank; Warner Bros. Entertain-

ment Switzerland GmbH, Zürich.

DATABASE PUBLISHING BitBee Solutions GmbH, Zürich // KONZEPTIONELLE BERATUNG Esther Schmid, Zürich

GESTALTUNG TBS & Partner, Zürich // KORREKTORAT N. Haueter, D. Kohn // DRUCK Ropress, Zürich // AUFLAGE 7000

ABONNEMENTE Filmpodium-Generalabonnement : CHF 400.– (freier Eintritt zu allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft) // Filmpodium-Halb-taxabonnement: CHF 80.– / U25: CHF 40.– (halber Eintrittspreis bei allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft) // Abonnement Programmheft: CHF 20.– // Anmeldung an der Kinokasse, über www.filmpodium.ch oder Tel. 044 412 31 28

IMPRESSUM

VORSCHAU

Stummfilmfestival

Unsere Filmgeschichtsreihe «Das erste

Jahrhundert des Films» erreicht die Jahre

1916 und 1926 – und diese bilden denn auch

den Schwerpunkt unseres 13. Stummfilm-

festivals. Filme von Mauritz Stiller und Ernst

Lubitsch stehen für das Jahr 1916 auf dem

Programm, für 1926 sind es Werke von John

Ford, King Vidor, Jean Renoir, Jakow Prota-

sanow und Michael Kertesz (besser bekannt

unter seinem späteren US-Namen Michael

Curtiz). Dazu kommen weitere Highlights,

etwa von und mit Max Linder oder aus

Schweden und China, wie immer in optima-

len Kopien und live begleitet – nicht nur am

Klavier!

Best of Benelux

In den neunziger Jahren machten einige

Filme und Cineasten aus den Benelux-Län-

dern Furore: Die rabiate Mediensatire C’est

arrivé près de chez vous von Rémy Belvaux,

André Bonzel und Benoît Poelvoorde, Jaco

van Dormaels Filmmärchen Toto le héros,

Luc und Jean-Pierre Dardennes Sozial-

drama La promesse und Alex van Warmer-

dams skurrile Fabel De Noorderlingen. Un-

sere Filmreihe zeichnet nach, was diese

Filmschaffenden und ihre Landsleute – da-

runter Theo van Gogh, Nanouk Leopold und

Marion Hänsel – in den letzten beiden Jahr-

zehnten an sehenswerten Filmen hervorge-

bracht haben.

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