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Z. Anal. Chem. 275, 177-185 (1975)- 1975 Programmierte gemeinsame Auswertung charakteristischer Banden in den Raman- und Infrarotspektren organischer Substanzen * B. Schrader Abteilung f/Jr Theoretische Organische Chemic der UniversitfitDortmund W. Meier Institut f/jr Spektrochemieund Angewandte Spektroskopie, Dortmund Eingegangen am 25. Januar 1975 Programmed Simultaneous Evaluation of Characteristic Bands in the Raman and Infrared Spectra of Organic Com- pounds. The presence or absence of skeletal elements and substituents of an "unknown" sample maybe determined by a sequence of yes/no decisions, concerning frequency and relative intensity of the characteristic bands in its infrared and Raman spectrum. The decision criteria given as a table may atso be used in a graphical form or as a computer program for automatical interpretation. This simultaneous evaluation of both spectra is more reliable than the usual procedure of treating the spectra separately. Zusammenfassung. Die Anwesenheit oder das Fehlen von Gertistelementen oder Substituenten in einer ,,unbekann- ten" Substanz kann bestimmt werden durch Antworten aufdie Fragen einer Entscheidungskette fiber die Anwesen- heit und die relative Intensit/it von charakteristischen Banden im Infrarot- und Ramanspektrum. Die Entschei- dungskriterien sind in Tabellenform gegeben, sie k6nnen auch graphisch als Anlegetafeln oder in Form eines Com- puterprogramms zur automatischen Interpretation dienen. Da beide Spektren gemeinsam ausgewertet werden, sind die Aussagen zuverl/issiger als bei getrennter Auswertung des Infrarot- und Ramanspektrums. Spektrometrie, Raman/Spektralphotometrie, IR; programmierte Auswertung. 1. Einleitung Seit den ersten Untersuchungen der Infrarotspektren einer gr6Beren Zahl organischer Substanzen dutch Coblentz im Jahre 1905 [7] weil3 man, dab Baugruppen der Molekfile sich durch charakteristische Banden zu erkennen geben k6nnen. Sic sind auf charakteristische Schwingungen zurfickzuffihren, bei ihnen ist die Schwingungsenergie in einer bestimmten Bindung oder Gruppe lokalisiert. Dies ist dann der Fall, wenn a) ein in seiner Masse von den tibrigen Atomen abweichendes Atom oder b) eine von den tibrigen Kraftkonstanten abweichen- de Kraftkonstante oder c) eine besondere Atomgruppierung (Ring oder Kettenverzweigung) vorliegt. Infrarot- und Ramanspektrum vermitteln komple- mentfire Abbildungen der gleichen Schwingungen im Lichte der Anderungen des Dipolmoments und der Polarisierbarkeit. Das Infrarotspektrum zeigt beson- * Teil IX der Reihe Ramanspektroskopie und Molektil- struktur; VIII vgl. Schubert, R., Ansmann, A., Bleckmann,P., u. Schrader, B. : J. Mol. Structure (ira Druck). ders gut polare Substituenten oder Baugruppen, w/ihrend das Ramanspektrum besser die Schwin- gungen der Molekiilgeriiste zeigt. Daher ist es sinn- voll, die charakteristischen Schwingungen nicht nur durch ihre Frequenz, sondern auch durch ihre Infra- rot- und ihre Ramanintensitgt zu charakterisieren. Eine Bande bei 1380 cm-1 kann z.B. ganz verschiedene Strukturelemente anzeigen,je nachdem, mit welcherrelativen Intensit~it sic im Infrarot- und Ramanspektrum auftritt. Ist diese Bande sehr stark im Ramanspektrum, aber schwachim Infrarotbereich, so deutet sic auf einetotalsymmetrische Ring- schwingungeines Naphthalins oder (Iso)Chinolinshin. Ist sic in beiden Spektren sehr stark, so ist eine Nitrogruppe wahr- scheinlich;zeigt sic sich im Raman- und Infrarotspektrummit mittlerer Intensit~it, so deutet dies auf eine Methylgruppe als Substituent eines aromatischen Ringes oder einer Doppel- bindung; ist sie aber nur im Infrarotspektrum mit mittel- starker Intensit~it zu sehen, so ist eine Methylgruppean einem ges~ittigten Molek/jlger/jst wahrscheinlich. Beide Spektren, gemeinsamausgewertet,gebenalso vielbestimmtereAussagen, als wenn man jedes einzeln betrachtet. Aus historischen Grtinden hat man bisher meist nur die Banden in den Infrarotspektren ausgewertet, die bekannten Handbficher yon Bellamy, Colthup u. a.

Programmierte gemeinsame Auswertung charakteristischer Banden in den Raman- und Infrarotspektren organischer Substanzen

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Z. Anal. Chem. 275, 177-185 (1975)- �9 1975

Programmierte gemeinsame Auswertung charakteristischer Banden in den Raman- und Infrarotspektren organischer Substanzen *

B. Schrader

Abteilung f/Jr Theoretische Organische Chemic der Universitfit Dortmund

W. Meier

Institut f/jr Spektrochemie und Angewandte Spektroskopie, Dortmund

Eingegangen am 25. Januar 1975

Programmed Simultaneous Evaluation of Characteristic Bands in the Raman and Infrared Spectra of Organic Com- pounds. The presence or absence of skeletal elements and substituents of an "unknown" sample maybe determined by a sequence of yes/no decisions, concerning frequency and relative intensity of the characteristic bands in its infrared and Raman spectrum. The decision criteria given as a table may atso be used in a graphical form or as a computer program for automatical interpretation. This simultaneous evaluation of both spectra is more reliable than the usual procedure of treating the spectra separately.

Zusammenfassung. Die Anwesenheit oder das Fehlen von Gertistelementen oder Substituenten in einer ,,unbekann- ten" Substanz kann bestimmt werden durch Antworten aufdie Fragen einer Entscheidungskette fiber die Anwesen- heit und die relative Intensit/it von charakteristischen Banden im Infrarot- und Ramanspektrum. Die Entschei- dungskriterien sind in Tabellenform gegeben, sie k6nnen auch graphisch als Anlegetafeln oder in Form eines Com- puterprogramms zur automatischen Interpretation dienen. Da beide Spektren gemeinsam ausgewertet werden, sind die Aussagen zuverl/issiger als bei getrennter Auswertung des Infrarot- und Ramanspektrums.

Spektrometrie, Raman/Spektralphotometrie, IR; programmierte Auswertung.

1. Einleitung

Seit den ersten Untersuchungen der Infrarotspektren einer gr6Beren Zahl organischer Substanzen dutch Coblentz im Jahre 1905 [7] weil3 man, dab Baugruppen der Molekfile sich durch charakteristische Banden zu erkennen geben k6nnen. Sic sind auf charakteristische Schwingungen zurfickzuffihren, bei ihnen ist die Schwingungsenergie in einer bestimmten Bindung oder Gruppe lokalisiert. Dies ist dann der Fall, wenn

a) ein in seiner Masse von den tibrigen Atomen abweichendes Atom oder

b) eine von den tibrigen Kraftkonstanten abweichen- de Kraftkonstante oder

c) eine besondere Atomgruppierung (Ring oder Kettenverzweigung) vorliegt.

Infrarot- und Ramanspektrum vermitteln komple- mentfire Abbildungen der gleichen Schwingungen im Lichte der Anderungen des Dipolmoments und der Polarisierbarkeit. Das Infrarotspektrum zeigt beson-

* Teil IX der Reihe Ramanspektroskopie und Molektil- struktur; VIII vgl. Schubert, R., Ansmann, A., Bleckmann, P., u. Schrader, B. : J. Mol. Structure (ira Druck).

ders gut polare Substituenten oder Baugruppen, w/ihrend das Ramanspektrum besser die Schwin- gungen der Molekiilgeriiste zeigt. Daher ist es sinn- voll, die charakteristischen Schwingungen nicht nur durch ihre Frequenz, sondern auch durch ihre Infra- rot- und ihre Ramanintensitgt zu charakterisieren.

Eine Bande bei 1380 cm -1 kann z.B. ganz verschiedene Strukturelemente anzeigen, je nachdem, mit welcher relativen Intensit~it sic im Infrarot- und Ramanspektrum auftritt. Ist diese Bande sehr stark im Ramanspektrum, aber schwach im Infrarotbereich, so deutet sic auf eine totalsymmetrische Ring- schwingung eines Naphthalins oder (Iso)Chinolins hin. Ist sic in beiden Spektren sehr stark, so ist eine Nitrogruppe wahr- scheinlich; zeigt sic sich im Raman- und Infrarotspektrum mit mittlerer Intensit~it, so deutet dies auf eine Methylgruppe als Substituent eines aromatischen Ringes oder einer Doppel- bindung; ist sie aber nur im Infrarotspektrum mit mittel- starker Intensit~it zu sehen, so ist eine Methylgruppe an einem ges~ittigten Molek/jlger/jst wahrscheinlich. Beide Spektren, gemeinsam ausgewertet, geben also viel bestimmtere Aussagen, als wenn man jedes einzeln betrachtet.

Aus historischen Grtinden hat man bisher meist nur die Banden in den Infrarotspektren ausgewertet, die bekannten Handbficher yon Bellamy, Colthup u. a.

178 Z. Anal. Chem., Band 275, Heft 3 (1975)

A \ / . . . . . . [1

I ~ , I )

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r ~ . . . . . r~ 3000 zooo

Abb. 1. Anlegetafel zum gemeinsamen Auswerten yon Infra- rot- und Ramanspektren aromatischer 6-Ringe: A Naph-

\

V

// ! L

..J

~_ . ' ~ m IR . v $

r~ ~ - ~ R A �9 W - - "

1000 ~ [cm-'] 0 thalin, (Iso)Chinolin; B monosubstituiertes; D meta-; E para-disubstituiertesBenzolderivat

C ortho-;

[2-4 , 8,14] erw~ihnen die Intensit~t im Ramanspek- trum nut selten. Inzwischen sind Ramanspektrometer in vielen Laboratorien zu finden, aber auch in den Handbfichern der analytischen Ramanspektroskopie [9, 11,13] finden sich nut vereinzelt Angaben fiber das Infrarotspektrum. In vielen Publikationen fiber ein- zelne Probleme werden zwar Infrarot- und Raman- spektrum gemeinsam diskutiert, aber eine wirkungs- volle gemeinsame Auswertung beider Spektren ist - insbesondere ffir den weniger Gefibten - mangels geeigneter Hilfsmittel sehr mfihsam.

Die vorliegende Arbeit soll die gemeinsame Aus- wertung beider Spektren erleichtern. Insbesondere soll gezeigt werden, in welcher Reihenfolge und wie man zun~ichst die Aussagen fiber das Molekfilgerfist und dann fiber die vorhandenen Substituenten aus- werten kann. Entscheidungskriterien sind tabella- risch zusammengestellt, in denen jeweils nach Banden in bestimmten Bereichen mit bestimmter relativer Intensit/it gefragt wird. Je nachdem, ob ein Kriterium zutrifft oder nicht, findet man Hinweise auf verschie- dene weitere Fragen, die schliel31ich mit einer Aus- sage fiber die wahrscheinlich vorhandene Gruppierung abschliel3en. Ein wesentlicher Vorzug dieses Systems ist, dab es immer definierte (positive oder negative) Aussagen liefert: ,,X IST VORHANDEN" oder ,,X IST NICHT VORHANDEN". Das Verfahren zwingt auch dazu, die Banden nicht einzeln, sondern im Zusammenhang mit den anderen charakteristi- schen Banden der gleichen Gruppe in sinnvoller Reihenfolge auszuwerten.

Derartige Verfahren sind seit langem aus den Pflanzenbestimmungsbfichern bekannt [15], und sie wurden auch sehr erfolgreich zur Analyse der Schwin- gungsspektren von Steroiden [19], von Benzolderiva- ten [17] und zur Infrarot-Strukturanalyse [22] an- gewandt.

Die hier in Tab. 1 zusammengestellten Entschei- dungskriterien kann man auch, wie Abb. 1 zeigt, graphisch in Form von Anlegetafeln zur direkten Interpretation der Spektren verwenden. In Form eines Computerprogrammes sollen die Tabellen die automatische Auswertung der Spektren erm6glichen. Es ist weiterhin geplant, Aussagen fiber die Sicherheit dieses Verfahrens zu gewinnen, sowie eine Ver- besserung der Reihenfolge der Fragen und eine Ver- feinerung der Entscheidungskriterien zu erzielen, indem man das Programm so organisiert, dab es aus Fehlern ,,lernt" [16]. Im Gegensatz zu den ffir die Auswertung der Massenspektren entwickelten ,,ler- nenden" Rechenprogrammen [12] geht unser Verfah- ren von empirisch und aus Berechnungen gewonnenen Kenntnissen aus.

2. Erliiuterung des Auswerteschemas

In dem Schema, Tab. 1, werden die h~tufigsten Kom- binationen der Elemente C, H, O, N, S, C1, Br und J berficksichtigt. Vorkenntnisse fiber die vorhandenen Elemente oder Gruppen werden nicht vorausgesetzt.

Das Schema berficksichtigt Raman- und Infrarot- spektrum der reinen unverdfinnten Substanz in flfis-

B. Schrader und W. Meier: Auswertung charakteristischer Banden in den Raman- und Infrarotspektren 179

Tabelle 1. Auswerteprogramm, Erklfirung im Text GERUSTE

G I AROMATISCHE VER~INDUNGEN

MR, Bereich AV RA IR Bereich AV RA IR Brgebnis Verzweigung +

G 1.1 3150...2975 M M 1620...1560 M

G 1.2 1620...1560 M M keine Banden 11OO.,. 700 S

G 1.3 3150...2975 M M mehr.scnarfe ~anden 1560...1330 S

G 1.4 1390,..~360 N V~ W

G 1 . 5 lulO,.. 390 VS(P~

G 1.6 IO55...1015 VS(P) 770... 735

G 1.7 660... 620 M(DP) 860... 800

G I.~ 1 1 o o . . . 700 S

G 1.9

G 1.51

G 1 . 5 2

G 1,53

M 'AROMAT. 6-RING'

'HEXASU~ST. BENZOL*'

W 'AROMAT. 5-RING'

'NAPNTHALIN,(ISO)CBINOLIN'

G 2 . 1

G 2 . 2

G2.3

G 2.4

G 2.5

G 2.6

G 2.31

G 2,32

G 2.13

G 2.14

G 2.15

G 2.16

G 3 . 1

G 3 . 2

G 3 , 3

G 3 . 3 1

G 3.32

S 'O-DISUBST. BENZOL*'

S 'P-DISU~ST. BENZOL*'

'I,2,3-;I,2,4-TRI- TETRA~UBST. BENZOL*'

'PENTASUBST. BENZOL*'

IO35...1015 S(P) 630... 605 M(DP) 770... 730 S 710... 690 S

765... 645 M(P) 9OO... 810 M 810... 75O S 725... 680 M

565... 505 M(DP) 875... 830 M 850... 8OO S 73O... 675 S

G2 OLEFINE ETC.

'MONOSUBST. BENZOL*'

'M-DISUBST. BENZOL*'

'I,3,5-TRISUBST. BENZOL*'

3150...2975 M M

1680...1665 N VS W 'TETRASUBST. OLEFIN'

1680...1620 N VS W 'OLEFIN'

16OO...1580 N VS W 860... 840 S W 'KONJ. 6-RING-DIEN'

1515...1500 N VS W 920... 900 S W '5-RING-DIEN'

1220...12OO VS W 'CYCLOPROP~N'

1670.,.1630 N VS W 1605...1590 N W S 'E-TRANS DIEN'

16B~...Ig65 VS M 840... 800 S 'TRISUBST. ODBFIN'

1680...1665 VS VW 970... 960 S 'TRANS DISUBST, OLEFIN'

1660...1655 VS 730... 675 M 'CIS DISUBST, OLEFIN'

1660...1645 VS 890 S 'VINYLIDEN'

1650...1640 VS 990 S 910 S 'MONOSUBST. OLEFIN'

G 3 GESATTIGTE GER~STE

3000...2800 S S 1480...1420 M S '2LLIPH. CH'

13OO M VW 720 VW M *(CR2)p,p>4**'

MEBRERE BANDEN 1 3 9 0 . . . 1 3 6 0 W S

1385 S 1 3 6 0 . . . 1 3 3 0 M 1370 S 1170 M

840... 750 VS 'ISOPROPYL'

1395 M 1370 S 1250, 1210 M

G 3.33

G 3.4 820... 700 VS W

G 3.5 930... 820 VS W

O 3.6

S 1.1 STARKE BANDE(N)ODER FL~qKE 37OO...3150

S 1.2 ~INE BA~ND~ 3700...3150 (=X)

S 1.21 X VW M

S 1.22 3350 VB W VS

S 1.221 3100...2990

S 1.222 IO85...IO20 S S

S 1.223 1130,..1085 M M 1000... 920 M M

S 1,224 1205...1130 S S

S 1.23 3350...3280 B M S 1570...1510 W M

S 1.24 3160 ~ M M

G 1.4

G 2

G 2 <G2)

G 2

O 1 . 5 1

G 2

G 2

G 2

G 2 (G2)

G 2

G 2

G 2 (G2)

G 2.3

G 3 (G3)

G 2,31

G 3

G 3

G 3 (G3)

G 3

G 3

G 3

O 3

G 3

G 3

G 3.2 (G3,6)

S I

G 3.31 (3.4)

S I

750~650 VS 'TERT. BUTYL' S I

IUNTERSCHIEDL. CH 3 S I

~CYCLOHEX~' S I

'CYCLOPENTAN, -BUTAN' S I

'GES~TTIGTE GER~STE OHNE H?' S I

SUBSTITUENTEN

8 I. ON r NH~ ECH (BEREICB 3700...3150~

'OH,NH,ECN'

x/2 VS 'X = OBERTON CO'

'ROH'

1620...1560 1250o..1150 M M 'PHENOL'

'PRIM. ROH'

8 8 0 . . . 810 5OO... 450 ,, 'SEC. ROH'

770.,. 730 S 360... 350 M 'TERT, ROH'

1680...1630 S VS 1310...1250 S M 750... 700 M 'CONHR'

1690...1670 S S 'y-LACT/W4'

S 1.2 (s2)

S 1,21($1.3)

s 2

$I .221 ($I .23)

S 2

S 2

S 2

S 2

S 2

* vgl. aucn die ObertSne im IR-Spektrum be• 2OOO...1650 Cm-I~(2, 3, 4, 8, 14}.

**A Ccc(n-CqH2q+2); q=4:425; 5:4o6; 6:373; 7:311; 8:283; 9:249; 10:231; 12:194; 16:150; >16:2495/q.

180

T~ELL~ I AUS WE RTEP ROGR~

Z. Anal. Chem., Band 275, Heft 3 (1975)

NR. Bereich ~v RA IR Bereich ~v RA IR Ergebnis Verzweigung +

S 1.25 3160 B M M 1650...1640 S S

S 1.26 3500...3350 B W S 1620...1560 M M 1360...1250 S

S 1.27 3380.,.3300 B M M 1280...1130 M S 900.,. 85O S W

S 1.28 3335...3300 W M 2140.,.21OO VS w 675.,. 620 W S

S 1.3 ZWEI B~DEN 37OO...3150

S 1.31 3360,.,3320 B, 1690...1650 S S 3220...3180 B M M 1650...1580 M M

S 1.32 3450...3330 B M W 1640...1560 B W M 3330...3250 S M

S 1.4 ~HR~J~S ZWEI B~DEN 3700...3150

S 1.5 FL~WKE,MAXIMUM BEI 1750...1690 W VS %3OOO VB W VS 1690...1630 S W

S 1.6 FLANK~,Maximum bei ~3ooo VB W S '~NH~'

S 2 CH, SH (BEREICH 2975...2400)

'~-LACTAM'

'R2NH, AROM.'

'R2NH ALIPH.'

'~CH'

'CONH 2 '

'RNH 2 '

'MEHRERE NH, OH'

'COOH, DIMER'

S 2.1 B~DE(N) 2975...2400

S 2.2 26OO...2550 S W 780... 550 S N 'SH'

S 2.3 2975"...2850

S 2.31 1390,..1360 M M 'CH3-C=C , CH3~'

S 2.32 1390,..1360 VW M 'CH3-ALK.'

S 2.4 2840...2810 M M 2750,..2690 M M 1730...1690 M VS 'ALDEHYD'

S 2.5 2850...2620 M M 1460...1440 M M 'OCH 3 '

S 2.6 2820,..2770 M M 1440...1410 M M 'NCH 3 '

S 3 X{Y, X=Y=Z etc. (BEREICH 2400...190Q) s 3.1 STARKE B~DE(N)

24OO...1900* 'C~C, C~N, C=C=C, X=Y=Z ETC.'

S 3.2 23OO.,.2250 ~ S VW VS '-N=C=O'

S 3.3 2280...2215"* VS M 385... 350 M M '-CHN'

S 3.31 2240,..2215 ~ VS S 1620...1560 M M BZ~1650 S '~-CEN; C=C-CHN'

S 3.4 2260...2180 ~ VS VW 'R-CEC-R'

S 3.5 ~22OO S S ~21OO VS VS '-N=C=S'

S 3.6 2200...21OO W S 1420...1120 S W 'C=C=O '

S 3.7 2185...2120 ~ S VS '-N~C 80DER S~C~N'

S 3.S 2160...2080 ~ M VS 1260...1210 VS M '-N=N@=N e'

S 3.9 2145...2115 ~ VW VS ~1460 S W '-N=C=N-'

S 3.10 2140...2100 VS M 3335...3300 W M 675... 620 W S '-C~C-'

S 3.11 2080 S 880 S '>C=C=C=C< '

S 3,12 2050..,1990 W VS '>C=C=N-'

S 3.13 1980..,1930 VW S 1130...1075, 11OO...1050 VS W '>C=C=C<'

4 C=O~ C=C, X=Y ETC. (BEREICH 19OO,..1560)

$ 4.1 STARKE BA/qDE (N) 19OO...1560 'C=O, C=N, C=C '

S 4.2 1900...1635 B M VS 'C=O, VERGL. TAB, 2'

S 4.21 ZWEI BA~DEN 1900...1635

S 4.211 ~3OOO VB W VS 1750...1690 W VS 1690...1630 S W 'COOH, DIFFER'

S 4.212 1870.,.1800 S VS 1790...1730 M S 1200...IOOO S VS 'CO-O-CO'

S 4.22 EINE Bm~D~ 19OO...1635

S 4.221 2840...2810 M M 2750...2690 M M 1730...1690 M VS 'ALDEHYD'

S 4.222 1770...1720 M VS ZWEI BANDEN 1280...1030 M VS 'RCOOR'

S 4.223 1760...1675 'KETON'

S 4.224 1675...1635 'AMID, VERGL. S I'

S 4.3 1680.,.1580 N VS W 'C=C, VERGL. G 2'

S 4.4 1620...1560 M M 'ARO~IAT, VERGL. G I'

S 4.5 1670,'..1620 S M 'C=N'

S 4.6 1640...1560 B W M 'NH 2 VERGL. S I'

S 2

S

S 2

SI.31 (SI.4)

S 2

S 2

S 2

S 2

S 2

S 2.2 (S 3)

S 3

S 2.31 ($2.4)

S 2.4

S 2.4

S 2.5

S 2.6

S 3

S 3.2 (S 4)

S 4.2 (S 4.6)

S 4.21 (S 4.3)

S 4.211 (S 4a2)

S 4.3

S 4.3

S 4.221 (S 4.3)

S 4.3

S 4.3

S 4.3

S 4.3

* B~ACHTE OD % 2500; CD 2300...2000

** OBERER TEIL DES BEREICHES BEI ALIPHATISCHEN~ UNTERER BEI KONJUGIERTEN GEROSTEN

B. Schrader und W. Meier: Auswertung charakteristischer Banden in den Raman- und Infrarotspektren

TABELLE 1 AUSWERTEPROGP~

181

NR. ~ereich AV RA IR Bereich ~9 RA IR Ergebnis Verzweigung +

S 5 NO 2 , C-O, SO x (BEREICH 1560...1OO0)

S 5.1 STARNE IR-BANDE(N) 1560...1000 (AUSSER ~1450) 'NO2, C-O, SO x' S 5.2

S 5.2 1580...1530 M VS 1380...13OO VS S 'R-NO 2 '

S 5.3 1130...1080 W S 850... 800 VS W 'R-O-R'

S 5.4 ZWEI ~DEN 1280...1030 M VS 1770...1720 M VS 'R-CO-O-R'

S 9.8 1280...1240 VS M 900... 820 M S 'SUBST. EPOXID'

S 5.6 1240...1050 M VS 3350 VB W VS 'ROH, VERGL. S 1.12' S 6

S 5.8 1070...1040 M VS 780... 580 S W 'R-SO-R'

S 5.9 1350...1270 W VS 1160...1120 S S 780... 580 S W 'R-SO2-R'

S_6 HALOGENDERIVATE, C-S, S-S, 0-O, ETC. (BEREICH 1000...300)*

S 6.1 SEHR STARKE BANDE (N) 1OO0... 300

S 6.2 BANDE(N) 700... 480

S 6.3 MEHRERE BANDEN 9OO... 200 sowie

S 6.4 780... 550 S W

S 6.41 2600...2590 S W

S 6.42 540... 460 VS W

S 6.43

S 6.5 900... 780 S W

S 6.6 550... 450 VS W 1110...1000

S 6.7

'HALOGEN,C-S, S-S, O-O ETC.' S 6.2

VS VS 'MONO-HALOGENDERIVAT**, VERGL. ABB. 3' S 6.4

VS W 'POLYHALOGENDERIVAT**' S 6.7 W VS

W VS

IR-S- H ,

'R-S-S-R'

'R-S-R'

'C-O-O-C'

'Si-O-Si'

'ENDE'

S 6.41

S 6.6

S 6.6

* Bes aromatischen Verbindungen sind Aussagen aus diesem Bereich unsicher

** CI, Br, J, aber nicht F.

(S 6)

(S6.7)

(S6.5)

siger oder fester Phase. Die Frequenzen sollten mit einer Toleranz von _+ 5 cm -1 in den Spektren ablesbar sein. Die Entscheidungskriterien beginnen mit einer Kennzeichnung: G: Gertist, S: Substituent, sowie einer laufenden Nummer . Die Frequenzen bzw. die Frequenzbereiche gelten mit einer Toleranz von _+10cm -1, bei Angabe yon ~ gilt ___50cm-< Die Intensit/iten im Raman- ( , ,RA") bzw. Infrarot- ( , , IR") Spektrum sind durch 5 Stufen charakterisiert" VW very weak, W (weak), M (medium), S (strong), VS (very strong).

Eine als VS gekennzeichnete Bande ist die st/irkste Bande im Spektrum. Bei dem Vergleich mit den Spektren gilt das Kri ter ium der IntensitS~t als erfiillt, wenn eine Abweichung von + 1 Intensit/itsstufe auf- tritt. Die Breiten der Banden werden wie folgt gekenn- zeichnet" N (narrow) ~ A~ < 10 cm -1, ohne Kenn- zeichnung A A~ ~ 10cm =1, B (broad) ~ A~

5 0 c m -1, VB (very broad) ~ A~ > 100cm -1. SchlieBlich wird gelegentlich der Depolarisationsgrad im Ramanspek t rum charakterisiert P (polarized)

Q < 6/7, DP (depolarized) ~ ~ = 6/7. Danach folgt die Kennzeichnung eines Merk-

mals (,,X"), falls das Kri ter ium zutrifft, lautet die Antwort : ,,X vorhanden", falls es nicht zutrifft: ,,X abwesend". Danach folgt eine Sprunganweisung, bei positiver Antwort springt man zu dem Kriterium, dessen N u m m e r ohne Klammer gegeben ist, bei negativer zu dem in Klammern angegebenen. Ist keine

Nummer angegeben, so folgt das in der nfichsten Zeile angegebene Kriterium.

Ein typisches Entscheidungskriterium lautet: S 2.4 2840 . . . 2810 RA, IR M; 2750 . . . 2690 RA, IR M; 1730 . . . 1690 R A M, IR VS: , , A L D E H Y D " $2.5.

Hier soil gepr/ift werden, ob in den Bereichen 2840 . . . 2810 cm -~ und 2750.. . 2690 cm -1 im Infrarot- und Raman- spektrum Banden mittlerer Intensit/it auftreten und ob zu- sfitzlich eine Bande im Bereich 1730... 1690 cm -1 vorhanden ist, die im Ramanspektrum mittlere und im Infrarotspektrum sehr starke IntensitS.t zeigt. Trifft dies zu, so lautet die Antwort ,,ALDEHYD IST VORHANDEN" und es folgt das mit S 2.5 bezeichnete Kriterium. Trifft das Kriterium nicht zu, so lautet die Antwort ,,ALDEHYD IST NICHT VORHAN- DEN", und das in der n~ichsten Zeile stehende Kriterium wird geprfift. Ein weiteres Beispiel:

S 4.21 ZWEI BANDEN 1900... 1635; S 4.211 (S 4.22).

Es soil gepriift werden, ob zwei Banden im Infrarot- oder Ramanspektrum im Bereich 1900... 1635 cm -I auftreten. Die Antwort muB auch dann ,,ja" lauten, wenn im IR-Spek- trum z.B. nur eine Bande bei 1720 und im Ramanspektrum nut eine bei 1650 cm -1 auftritt. Trifft das Kriterium zu, so wird als folgendes S 4.211 geprfift, trifft es nicht zu, so folgt S 4.22.

Die Auswertung verlfiuft nach folgenden Gesichts- punkten : Zun/ichst entscheidet eine Reihe von Fragen fiber Charakteristica des Molek/ilgerfistes. Dabei werden Dreifachbindungen und kumulierte Doppel- bindungen nicht berficksichtigt. Nach der Beant-

182 Z. Anal. Chem., Band 275, Heft 3 (1975)

Tabelle 2. Die charakteristischen Frequenzen von Carbonylderivaten X - C O - Y in kondensierter unverdfinnter Phase

0 (-) -NR 2 -NHR -NH 2 -C=C - -~ -SR -R -H ~OH -OR -O-C=C- -CI -O-C-R

-CSC-

-C=C- 1545

1552 r

1434

(16431 1675 1692 (169o) 1718

1583

H3C- 1421

1565 R-

1429

16o3 Li-

1365

C13C- 1655

1689 F3C-

1448

~/~ -

0 -

,0 -

1653 1778 1748

1634 1721

(16511 1774 1778 1639

(15291 1731 172o

1628 1767

1 5 6 o 1710

1655 1825 ~ 1640

1555 4756

164o 1805" 1638

1540 1745

1670 1666

1502 1525

1727

1711

1663 ~:167o~ 17o5 166o 1699 17oo 172o

1643 ~:17OO/ 166o ~

1663 1695 1699 1667 1653 1693 171o 1717 1730

1671 1632 ~

1658 1689 1665 1684 1723 1748

1617 1645 e

1679 (~16741 1715 1687 1692 1722 1715 174o 1763

1625 (C~693) 1675 e

167o (tf167o) 1722 1693 169o 1716 1725 1735 1742

1637 ~fl7oo1 1652 ~

169o 1754 17Oo 1710 1738 (1746) 172o 1727

161o 1654 ~

1699 1742 1718 1767 1768 1769 -

1617 1687 ~

17o3 1785 1721 1761 177o 1789 18oo

1626 177o

- 1658 - 1699 1713

1639 1653 - 1684 17o9 173o

1806

179o

18o3

181o

1689 169o - 1716 1744 177o -

I

- [ - - 1782 i , 1830[ - -

188o

1812

1818

1772

1854

1782

wortung der Kriterien ffir aromatische und olefinische Strukturelemente (G 1, G 2) wird auf die am deut- lichsten erscheinenden ges/ittigten Strukturelemente geprfift (G 3). Da bei Uberlagerung mehrerer Merk- male hier falsche Aussagen erscheinen k6nnen, sollte man zus/itzlich im Zweifelsfalle das NMR-Spektrum befragen. Falls gesfittigte Strukturelemente keine H-Atome tragen, so weist die Aussage: ,,GESATTIG- TE GERUSTE OHNE H?" darauf hin, dab fiber diese Frage nicht direkt entschieden werden kann.

Nun schliel3t sich die Fragenkette nach den Sub- stituenten an. Hier sind die Kriterien in Gruppen nach Spektralbereichen zusammengefaBt. Bei Carbo- nyl- und Halogenderivaten lassen sich die Kombina- tionsm6glichkeiten verschiedener Merkmale und geo- metrischer Anordnungen schwierig in einem Ent- scheidungsbaum anordnen. Daher haben wir bier die entscheidenden Daten in Tabellen zusammengestellt

(Tab. 2). Das Kriterium S 6.2 illustriert die Tatsache, dab die C-X-Valenzschwingung bei Monohalogen- derivaten gleichzeitig im IR- und Ramanspektrum sehr stark ist. Falls jedoch mehrere C-X-Bindungen gekoppelt schwingen, so ist eine der Schwingungen sehr stark im Raman- und schwach im IR-Spektrum, bei der oder den anderen ist es umgekehrt (Kriterium S 6.3).

Die in den Tabellen zusammengestellten Daten stare- men aus den bereits zitierten Handbfichern [2 - 4, 8, 9, 11,13,14,21]. Sie wurden von uns an Hand eigener Erfahrungen und durch Prfifung an Spektrensamm- lungen [18] ausgew~hlt, abgeglichen und geordnet.

Die Anwendung des Auswerteprogramms sei an einem Beispiel demonstriert: Wir nehmen an, dag die Substanz, die den Spektren in Abb. 2 zugrundeliegt, noch nicht bekannt sei [181.

Die Frage G 1.1 ffihrt sofort zur Antwort:

B. Schrader und W. Meier: Auswertung charakteristischer Banden in den Raman- und Infrarotspektren 183

Abb. 2. Infrarot- und Ramanspektrum (oben bzw. unten) von 1-Naphthylisocyanat, flfissig (lnfrarot: A 15 g, B capillar,

C60 g, D 500 g; Raman: 0,1 ml, Verstfirkung I 1 x , H0,2 x) [lS]

,,AROMAT. 6-RING IST VORHANDEN",

es folgt Frage G 1.4; die st~irkste Bande des Ramanspektrums bei 1345 cm -1 mit einer (relativ) schwachen IR-Bande bei gleicher Frequenz ffihrt zur Antwort:

, ,NAPHTHALIN ODER (ISO)CHINOLIN IST VORHAN- DEN".

Damit ist die Frage nach den aromatischen Strukturelementen beantwortet. Nun folgt G 2, die Prfifung auf olefinische Elemente. Kriterium G 2.1 trifft zu, G 2.3 trifft aber nicht zu, also heil3t die Antwort:

,,OLEFIN IST NICHT VORHANDEN".

Nachdem auch die folgenden Kriterien G 2.4 bis G 2.6 nicht zutreffen, folgt der Sprung zu G 3, der Prfifung auf ges/ittigte Elemente. Das erste Kriterium trifft hier nicht zu, die Antwort G 3.6:

,,GES~TTIGTE GERUSTE OHNE H?"

weist darauf hin, dab gesfittigte Gerfiste ohne H-Atome nicht erkannt werden k6nnen. Es folgt nun S 1, die Prfifung auf Banden oder Flanken im Bereich > 3150 cm -1. Nur bei dem mit grol3er Schichtdicke (60 gin) aufgenommenen IR-Spek- trum sieht man schwache Kombinationst6ne, antwortet also mit ,,nein", erhfilt die Antwort

,,OH, NH, -~ CH IST NICHT VORHANDEN"

und wird verwiesen nach S 2. Hier beantwortet man das erste Kriterium S 2.1 mit ,,nein". Daher folgt der Sprung ~nach S 3. Nachdem Frage S 3.1 mit ,,ja" beantwortet ist, folgt auch ,,ja" auf die Frage S 3.2 2300 . . . 2250 B RA VW, IR VS :

, , - N = C = O " ,

da das IR-Spektrum eine sehr starke Bande bei 2271 cm -1 zeigt, die im Ramanspektrum sehr schwach ist. Man findet also :

, , - N = C = O IST VORHANDEN"

und gelangt zu S 4. S 4.2 und S 4.3 sind negativ zu beant- worten. S 4.4 verweist auf die aromatische Struktur, alle folgenden Fragen des Bereichs S 4 werden negativ beantwor- tet. Da im Bereich 1550. . . 1000 cm - t i m IR-Spektrum nur Banden yon h6chstens mittlerer Intensitfit auftreten, lautet die Antwort auf S 5.1 ,,nein" und man kommt mit der Aussage

,,NO2, C - O, SOx NICHT VORHANDEN"

zu S 6. Da man im Bereich 1000. . . 300 cm -1 keine sehr starken Banden verzeichnet, gelangt man zu S 6.7 mit der Aus- sage:

,,ENDE".

Das Auswerteprogramm weist also auf eine Isocyanat- Gruppe an einem Naphthalin- oder (Iso)Chinolingerfist bin.

3. Diskussion und Ausblick

Frequenzen und Intensitfiten im Infrarot- und R a m a n - spektrum einer Substanz sind grundsfitzlich von allen Strukturdetails abhfingig, v o n d e r Ar t der Atome, vom Verknfipfungsmuster , von den Bindungsordnun- gen und -winkeln. Infrarot- und R a m a n s p e k t r u m sind also , ,Fingerabdrficke" der Substanz. Ma n k6nnte sie zu ihrer Identifizierung verwenden, h/itte man nur die Spektren aller zu identifizierenden Sub- stanzen in einer leicht befragbaren Vergleichsspektren- Sammlung zur Verffigung. N u n sind aber angesichts 4 Mill ionen bekannter organischer Verbindungen bis- her nur ungeffihr 100000 Infrarot- und 10000 R a m a n - spektren publiziert. D a viele im analytischen L a b o r anfallenden , ,unbekannten'" Substanzen noch nicht in den Spekt rensammlungen vertreten sind, kann das Verfahren zur automat ischen Identifizierung durch

184 Z. Anal. Chem., Band 275, Heft 3 (1975)

X

H -f - l, .iil . . . .

-,c- ~ Pa I I I I I I L I l l l I I I l l l ~ l l l l l l l l l ] l l l l '

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X . H J,' -1!.1 SCH ~ ~ i i I

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' - . , _ a , 700 Icm-I

-.C- Abb. 3. Die charakteristischen Valenzschwingungsfrequenzen lung (antiperiplanar) zur C-X-Bindung. Bei offenkettigen von gesS.ttigten monosubstituierten Chlor-, Brom- und Jod- Verbindungen ist das Rotationsisomere PH, Snn bzw. Tnn H am Kohlenwasserstoffen X = C1, Br, J. P primgres, S sekundS.res, stS.rksten vertreten. Bei Cyclohexanderivaten entspricht der T terti~.res C-Atom, Subskript: Substituent(en) in trans-Stel- axialen C - X-Bindung SH. H., der/iquatorialen Scc

Bibliothekssuche [10], Abb. 2 nicht immer erfolgreich sein.

Eine reizvolle M6glichkeit zur Identifizierung ist die vollst/indige Berechnung der Frequenzen und Inten- sitfiten des Schwingungsspektrums und die Anpassung der Modellparameter bis zur besten Clbereinstimmung zwischen berechneten und gemessenen Spektren [1,5, 6,20]. Der erforderliche Aufwand rechtfertigt dieses Verfahren nur bei speziellen Problemen, die mit Hilfe der empirischen Daten nicht gel6st werden k6nnen, wie Fragen der Stereochemie und bei Molekiilen mit starken Wechselwirkungen von Baugruppen.

Vergleich des Spektrums L der ,,unbekannten" Sub- stanz mit Referenz- --* spektren (Bibliotheks- suche)

Berechnung der Frequen- zen und Intensit/iten (Spektrensimulation)

Identifizierung yon Substanzen

Ermittlung der Struktur- daten

Auswertung charakte- Hinweise auf vorhandene ristischer Raman- und ~ und abwesende Bausteine

lnfrarotbsnden

Man ist daher auch in Zukunft auf die Auswertung der charakteristischen Banden angewiesen, auch wenn dieses Verfahren Fehlbeurteilungen nicht ausschliel3en kann. Das vorliegende Schema soll dabei die Vorteile

der gemeinsamen Auswertung von Infrarot- und Ramanspektren aufzeigen.

Auf die Grenzen und die Erfolgschancen der Aus- wertung charakteristischer Banden in den Schwin- gungsspektren muB hier aber hingewiesen werden. Eine charakteristische Schwingung einer Gruppierung sollte nur wenig oder immer in fihnlicher Weise mit dem Mole- kfilrest gekoppelt sein. In Wirklichkeit treten jedoch hfiufig sehr unterschiedliche mechanische oder durch das Valenzelektronensystem vermittelte Wechselwir- kungen mit dem Molekiilrest auf. Zum Teil fiihren diese zu erwfinschten Aussagen fiber die Natur des Molektilrestes. Gelegentlich entstehen aber, z.B. bei Substituenten am Benzolring, delokalisierte Schwin- gungen, die keine Rfickschlfisse mehr auf den Sub- stituenten erlauben. Das vorliegende Schema geht vom Idealfall aus und wird daher bei starken St6rungen der charakteristischen Schwingungen zu falschen Resul- taten fiihren mtissen. Weiterhin werden auch dann falsche Ergebnisse zu erwarten sein, wenn sich die charakteristischen Banden verschiedener gleichzeitig vorhandener Substituenten derart fiberlagern, dab zuffillige Koinzidenzen mit dem Bandensystem eines weiteren Substituenten auftreten.

Da bei der Ausarbeitung des Schemas die analyti- sche Anwendbarkeit im Vordergrund stand, wurden meist nur starke, oft sogar nur die intensivsten Banden in bestimmten Bereichen der Spektren (entsprechend den ,,letzten Linien" der Atomspektroskopie) berfick- sichtigt. Bei der f,)berlagerung verschiedener Merk- male sollten sie daher eher erkennbar sein als schwache Banden, auch wenn diese ,,charakteristischer" hin-

B. Schrader und W. Meier: Auswertung charakteristischer Banden in den Raman- und Infrarotspektren 185

sichtlich ihrer F requenzkons t anz sein sollten. Weiter- hin wurden besonders breite charakter is t ische Fre- quenzbereiche berficksichtigt. M a n wird daher hS.u- tiger zu viele als zu wenige M e r k m a l e finden.

Die Abschni t te S 5 und S 6 der Tab. 1 umfassen charakter is t ische Banden im Bereich 1 5 6 0 . . . 300 cm -1. Hie r t re ten aber auch Banden var iabler Lage und Intensit/i t a romat i scher Systeme auf [ 2 - 4 , 9, 22]. D a h e r k6nnen sichere Aussagen fiber die hier behandel ten Subst i tuenten nur bei Substanzen mi t ges/ittigten Gerf is ten erwar te t werden. A u f j e d e n Fall sollte m a n hier zus/itzlich auch auf die in Frage k o m - menden Elemente durch einfache Nachweis reak t ionen (Lassaigne- oder Beilstein-Probe) prfifen.

N a c h dem ersten D u r c h l a u f sollte m a n weiterhin prfifen, ob und wie die angezeigten Ergebnisse mit- e inander vere inbar sind. M a n sollte zus/itzliche Infor- ma t ionen z.B. aus der p H - oder L6sungsmit te l - abh/ingigkeit der Spekt ren suchen, sowie durch Aus- wer tung der N M R - , UV- und Massenspekt ren .

Wit danken dem Fonds der Chemie und der Deutschen Forschungsgemeinschaft ffir Sachbeihilfen, die die vorliegende Arbeit f6rderten.

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Prof. Dr. B. Schrader, Lehrstuhl fiir Organ. Chemie der Universit/it Dortmund, D-4600 Dortmund-Eichlinghofen, August Schmidt-Str. 6, Bundesrepublik Deutschland