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3. Oktober 1990: Um die schwarz-rot-goldene Fahne gruppieren sich vor dem Reichstagsgebäude in Berlin die Fahnen aller Bundesländer Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1990- 1003-417 / CC-BY-SA 3.0 proKOMPAKT pro-medienmagazin.de proKOMPAKT 40 20 1

proKOMPAKT€¦ · Vize-Kandidatin: Kamala Harris ging als Kind und Jugendliche in eine Baptistengemeinde im kalifornischen Oakland. Sie sang dort im Chor – und besuchte mit ihrer

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3. Oktober 1990: Um die schwarz-rot-goldene Fahne gruppieren sich vor dem Reichstagsgebäude in Berlin die Fahnen aller BundesländerFoto: Bundesarchiv, Bild 183-1990-1003-417 / CC-BY-SA 3.0

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Am Samstag, dem 3. Oktober 2020, wird es die DDR seit 30 Jahren nicht mehr geben, stattdessen ein wiedervereinigtes Deutschland. Jubiläen wie diese

sind ein willkommener Anlass, um zurückzuschauen, sich zu erinnern und auch eine Bilanz zu ziehen. Verschiedene Umfragen, die in diesen Tagen und Wochen dazu veröffentlicht werden, lesen sich teilweise wie ein Zeugnis größerer Desillusion.

Zwei von drei Westdeutschen und mehr als drei von vier Ostdeutschen sind der Meinung, dass die beiden Teile des Landes noch nicht zusammengewachsen sind. Das ergab eine Studie, die infratest Dimap für den NDR durchführte. Diese Werte sind im Vergleich zum vorigen Jahr gestiegen – die Wahrnehmung „Wir sind ein Volk“ hat sich offenbar weiter eingetrübt. Ähnliche Zahlen ermittelte auch eine YouGov-Umfrage: Derzufolge finden knapp zwei Drittel der Deutschen, dass die Lebensverhältnisse noch zu unterschiedlich sind, um von einem abgeschlossenen Zusammenwachsen zu sprechen.

Eine detaillierte Erhebung der Bertelsmann-Stiftung stellte fest, dass im Osten eine andere Erzählung vom Einheitsprozess vorherrscht als im Westen: Die einen sehen vor allem die Leistung der DDR-Bürger mit den Demonstrationen und der Friedlichen Revolution, die schließlich zur „Wende“ führte; die anderen sehen den Zusammenbruch der DDR zuerst darin, dass der sozialistische Staat an seinen „wirtschaftlichen und politischen Unzulänglichkeiten“ scheiterte und schließlich das überlegenere System auch im Osten Einzug gehalten habe. Und so finden 71 Prozent der Ostdeutschen, ihnen gebühre mehr Anerkennung für ihren Beitrag zur Wiedervereinigung. Und auch etwas mehr als die Hälfte der Westdeutschen meint, dass ihnen mehr Dankbarkeit zustehe für ihre vor allem finanzielle Leistung bei der Deutschen Einheit.

Liebe Leserin, lieber Leser!

Es ist nun mal so wie in einer Beziehung: Es gehören zwei dazu – genaugenommen gehören hinsichtlich der Deutschen Einheit sogar noch sehr viel mehr dazu, ist sie doch auch ein Ergebnis weltpolitischer Prozesse. Sehr vielen Akteuren, namhaften und unbekannten, gebührt Anerkennung und Dank für ihren ganz eigenen Beitrag zur Wiedervereinigung. Das Jubiläum könnte ein Anlass sein, bewusst einmal aus der Perspektive eines anderen auf die Einheit und den Weg dorthin zu schauen. Das würde sicher helfen, den gefühlten Mangel an Wertschätzung etwas auszugleichen und vielleicht auch das eine oder andere noch herrschende Vorurteil abzubauen.

Es könnte sichtbarer werden, wie unzählige große und kleine Bausteine – Entscheidungen, Entwicklungen, Stimmungen oder Zeitfenster – letztlich die Einheit ermöglichten. Und gerade das – dieses immense Räderwerk, das zur Wiedervereinigung und zu einer völligen Neuordnung ganz Europas führte – kann umso dankbarer dafür machen, dass es überhaupt und noch dazu auf friedliche Weise dazu gekommen ist. Und am Ende könnte auch die Perspektive lohnen, dass die Deutschen eben ein bunter Haufen sind, die Städter anders als die auf dem Land, die im Gebirge anders als die am Meer, die im Osten ebenso anders wie die im Westen, Süden oder Norden.

Ihre pro-Redaktion

Jonathan Steinert

IMPRESSUM

Herausgeber Christliche Medieninitiative pro

Charlotte-Bamberg-Straße 2 | 35578 Wetzlar

Telefon 06441 5 66 77 00 | Telefax 06441 5 66 77 33

medieninitiative.pro | [email protected]

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Geschäftsführer Christoph Irion

Redaktionsleitung

Nicolai Franz (Digital), Jonathan Steinert (Print)

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Christlichen Medienmagazins pro. Wenn nichts

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Nachdruck und weitere Veröffentlichung nur auf

Anfrage bei der Redaktion.

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Das Christliche Medienmagazin pro ist ein Arbeitsbereich der Christlichen Medieninitiative pro e.V. und lebt von Ihrer Spende. pro-medienmagazin.de/spenden

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Zitate„Kirchliche und religiöse Themen finden ein breites Publikum, die Zahl der Zuschriften und Leserreaktionen ist regelmäßig hoch. Mir scheint, dass das Interesse an solchen Themen zuletzt noch gewachsen ist – vielleicht gerade, weil sich so viel ändert und alte Sicherheiten nicht mehr gelten.“Matthias Drobinski, Journalist der Süddeutschen Zeitung, in einer Antwort auf einen Leserbrief

„Wir wollen uns mit journalistischen Zeichen, mit Buchstaben und Bildern, auf den Weg machen, den Jesus zeigt.“So erklärt Arnd Brummer den Namen des Monatsmagazins chrismon, das er vor 20 Jahren gründete und mitherausgibt. „Chrismon“ ist griechisch und heißt: „Zeichen des Gesalbten“.

„Ich erlebe Gott am intensivsten, wenn ich unterwegs bin im Sport … vor allem auf dem Velo, das ist so eine Leidenschaft, bei der ich Gott ganz nahe bin.“Andrina Trachsel, Schweizer Meisterin 2019 im Ultracycling – sie fuhr eine Strecke von 1.000 Kilometern in 46 Stunden –, im Interview von jesus.ch

„Für mich ist der Sinn des Lebens tatsächlich: die Fähigkeiten, die ich habe, so einzusetzen, dass sie fruchtbar werden. Diese Fähigkeiten hat mir der liebe Gott so gegeben, und die muss ich umsetzen.“Der Psychiater und katholische Theologe Manfred Lütz im Interview des Deutschlandfunks

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Foto: Erzdiözese Freiburg

INITIATIVE

Bischöfe fordern internationales LieferkettengesetzMehr als 230 Bischöfe aus 43 Ländern fordern ein international geltendes Lieferkettengesetz. Sie haben die Erklärung „Sorgfaltspflichten für globale Lieferketten“ unterzeichnet. Dies teilte die Entwicklungsorganisation Misereor am Montag mit.

Foto: Volodymyr Hryshchenko/unsplash

IM MAI 2021

Ärzte-Berufsordnung soll an Urteil zur Sterbehilfe angepasst werden Nach dem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe soll nun auch die Ärzte-Berufsordnung angepasst werden. Diese untersagt aktuell die Hilfe zur Selbsttötung.

Foto: Photo by Tim Bish on Unsplash

FAMILIENRECHT

Lambrecht: Lesbische Paare sollen von Anfang an Eltern seinJustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will das Familienrecht reformieren. Einem Zeitungsbericht zufolge soll es dann möglich sein, dass von der Geburt des Kindes an Frauen in gleichgeschlechtlicher Ehe gemeinsam Eltern werden. Der FDP geht das nicht weit genug.

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US-WAHLKAMPF

Biden und Trump: Wie Feuer und WasserIm US-Präsidentschaftswahlkampf treten zwei Kandidaten gegeneinander an, die außer ihrem hohen Alter wenig gemein haben. Beide buhlen auch um die Gunst gläubiger Menschen, ohne die in den USA keine Wahl zu gewinnen ist. Wie stehen ihre Chancen bei den Frommen? Nicolai Franz

Der Herausforderer: Joe Biden

Glaube: Joe Biden spricht häufig öffentlich über seinen Glauben, wenn auch in ganz anderer Weise als Donald Trump. Im Laufe seiner langen Karriere – Biden ist

77 – hat er mehrere Schicksalsschläge erlitten. Seine erste Frau starb, auch sein Sohn Beau kam vor Jahren ums Leben. An seiner Hand trägt der Katholik Biden bis heute einen Rosenkranz, der seinem Sohn gehörte. Der ehemalige Vize-präsident von Barack Oba ma wurde katholisch erzogen und von Nonnen unterrichtet. Als Triebfeder für seine Einstellung in sozialpolitischen Fragen hat Biden Ende 2019 einen Vers aus dem Matthäus evangelium genannt: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen  geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Im August griff Trump Biden an, dieser wolle „die Bibel verletzen, Gott verletzen“ und sprach ihm den Glauben ab. Biden reagierte auf die Attacke mit einem Text, in dem er diese als schändlich geißelte und ein Bekenntnis zu seinem Glauben abgab.  Schwierigkeiten bekam der Politiker allerdings im Oktober 2019, als ein Priester ihm die Kommunion verweigerte. Der Grund: Seine liberale Haltung zur Abtreibung.

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aus Indien stammenden Mutter auch einen Hindu-Tempel. Religiöse Bezüge finden sich bei Harris vor allem, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht. Im Vorwahlkampf, in dem sie gegen Joe Biden antrat, nahm sie immer wieder Bezug auf das Vorbild des barmherzigen Samariters.

Unterstützung durch Christen: Es ist zweifelhaft, ob das Gespann aus Biden und Harris eine nennenswerte Zahl an Evangelikalen für sich gewinnen kann. Vor allem Harris gilt in konservativen christlichen Kreisen als absolute Reizfigur. In ihrer Karriere hatte sie sich immer wieder für ein Recht auf Abtreibung eingesetzt. Abgesehen davon könnte für evangelikale Wähler allerdings ein wichtiger Trump-Trumpf weggefallen sein: Die Ernennung von mehreren Richtern am Supreme Court. Trump hat dafür gesorgt, dass das Verfassungsgericht über Jahrzehnte von Konservativen dominiert werden könnte. Mit diesem Versprechen kann er also nicht mehr in den Wahlkampf ziehen. Es ist daher denkbar, dass moderate Evangelikale, vergleichbar mit ihren europäischen Geschwistern, sich angesichts der Eskapaden Trumps doch für Biden entscheiden. Wochen vor der Wahl gilt jedoch: Zwar hat Biden einen Vorsprung, doch noch ist alles offen.

Fordert Donald Trump in der US-Präsidentschaftswahl heraus: Demokrat Joe BidenFoto: Joe Biden

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Der Amtsinhaber: Donald Trump

Glaube: Der 74-jährige Amtsinhaber weiß, wie sehr er auf die Stimmen der Evangelikalen angewiesen ist – und nutzt dafür oft die ganz große Geste. So posierte Trump während der Black-Lives-Matter-Proteste mit einer Bibel in der Hand, was auf harte Kritik stieß. Er umgibt sich regelmäßig mit Pastoren, darunter auch Wohlstands evangelisten wie Paula White. Wie es mit Trumps persönlichem Glauben aussieht, ist schwer zu sagen. Er lässt gern für sich beten und zeigt das ebenso gern öffentlich. Mehrfach betonte er allerdings, Gott nie um Vergebung gebeten zu haben. „Ich mache nicht viele Dinge, die schlecht sind.“ Mit Trumps Bibelfestigkeit ist es offenbar nicht weit her. Anfang 2016 sprach er in der renommierten evangelikalen Liberty Universität und zitierte einen Vers aus dem Zweiten Korintherbrief, sprach aber wiederholt von „Two Corinthians“ anstelle von „Second Corinthians“, vermutlich weil im Manuskript wie üblich „2 Corinthians“ stand. Als Trump Ende August nach seiner Lieblingsbibelstelle gefragt wurde, wollte – oder konnte? – er darauf nicht antworten. Dies sei zu persönlich. Trotzdem bezeichnet Trump die Bibel als sein „Lieblingsbuch“.

Vize-Kandidat: Mike Pence ist die Schlüsselfigur an der Seite des Präsidenten. Zwischen Pence und Trump passt zumindest nach außen hin kein Blatt Papier. Anders als die vielen Berater, die Trump in seiner Amtszeit verschlissen hat, vollzog Pence seine Aufgabe geräuschlos und völlig loyal. Pence machte in jungen Jahren zwei Bekehrungen durch: Ursprünglich war er Demokrat und Katholik, bis er im College zum „wiedergeborenen“, also evangelikalen Christen und Republikaner wurde. Der Vizepräsident gilt als wichtigstes Bindeglied zwischen dem Präsidenten und den konservativen Christen.

Unterstützung durch Christen: Etwa 80 Prozent der weißen Evangelikalen haben vor vier Jahren Trump gewählt. Wer dachte, dass dessen erste Amtszeit oder die Pandemie etwas grundlegend daran ändern würde, scheint sich geirrt zu haben. Trotz vieler verbaler Ausfälle und dem Missmanagement der Corona-Krise gab die große evangelikale

Mehrheit Wochen vor der Wahl an, für Trump zu stimmen, auch wenn es Verstimmungen gibt. Zentrales Thema ist für die Evangelikalen die Haltung zur Abtreibung: Trump unterstützt Lebensschützer und bekämpft Organisationen wie Planned Parenthood, die Abtreibungen durchführen. Aufgrund von Trumps harter Haltung in dieser Frage dürften erneut wieder viele Christen für ihn stimmen – manche mit Zähne knirschen, andere aus voller Überzeugung.

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe 5/2020 des Christlichen Medienmagazins pro, das am 19. Oktober erscheint. Sie können die pro hier bestellen.

Der Republikaner Donald Trump hat aktuell das Amt des US-Präsidenten inne – und kämpft darum, dass das auch so bleibtFoto: White House

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NEUE RICHTERIN FÜR SUPREME COURT

Amy Barrett: Katholikin, Abtreibungsgegnerin und Kämpferin für einen Gottesstaat?Am Samstag hat Donald Trump Richterin Amy Coney Barrett als Nachfolgerin für die kürzlich verstorbene Ruth Bader Ginsburg nominiert. Doch die Kritik an ihrer Person ist groß. In den Medien wird ihr vorgeworfen, sie wolle das Reich Gottes bauen. Was aus christlicher Sicht damit gemeint ist, geht dabei jedoch unter. Eine Analyse von Martin Schlorke

Ist das Reich Gottes ein Gottesstaat, ähnlich wie ihn die Terrormiliz IS im Juni 2014 ausgerufen hat? Diesen Eindruck vermitteln jedenfalls Teile der deutschen Medienlandschaft,

seit US-Präsident Donald Trump die 48-jährige Amy Coney Barrett am Samstag als Nachfolgerin der kürzlich verstorbenen Supreme Court Richterin Ruth Bader Ginsburg nominiert hat. Im Internet ist zu lesen: „Juristische Kämpferin für ‚das Reich Gottes‘“ (Stern) oder „Wird sie Trumps Richterin für ‚das Reich Gottes‘?“ (Bild). Auf Twitter wurde zudem ein Beitrag tausendfach geteilt, in dem es heißt: „Al Qaida & ISIS haben soeben eine Erklärung herausgegeben, in der es heißt, ihr Endziel sei es, die Trennung von Kirche und Staat zu beenden und ein ‚Königreich Gottes‘ in den Vereinigten Staaten aufzubauen. Oh, mein Fehler, das war Amy Coney Barrett.“

Der Grund für diese Überschriften ist eine aus dem Zusammenhang gerissene Aussage Barretts. Im Jahr 2006 hielt die 48-Jährige eine Rede an der Notre Dame Universität im US-Bundesstaat Indiana. Dort sagte sie zu Studenten: „Denken Sie immer daran, dass Ihre juristische Laufbahn nur Mittel zum Zweck ist. Dieser Zweck ist der Aufbau des Reiches Gottes.“ Anschließend führte sie aus, dass es im Leben nicht darum gehe, Ruhm durch den Anwaltsjob zu erlangen, sondern „Gott zu kennen, zu lieben und ihm zu dienen“. Bei der Anhörung im Senat für ihren aktuellen Posten betonte Barrett 2017 allerdings, dass sie sich nur vom Gesetz und nicht von ihrem Glauben leiten lassen werde.

Barrett ist sicherlich keine unkomplizierte Person für das auf Lebenszeit vergebene Richteramt im Supreme Court. Die strenggläubige Katholikin und Mutter von fünf leiblichen und zwei Adoptivkindern ist laut der New York Times Mitglied der „People of Praise“, einer ökumenischen, theologisch

charismatischen Gemeinschaft. Aber auch unabhängig von der Religion sind Richter im Supreme Court prinzipiell ideologisch gefärbt – da ist Barrett keine Ausnahme. Während Ginsburg über Jahrzehnte für Gleichstellung und Reproduktion kämpfte, ist Barrett gewissermaßen der fleischgewordene Gegenentwurf. Als Befürworterin des sogenannten Originalismus vertritt sie außerdem die Ansicht, dass die Verfassung entlang ihres historischen Wortlauts interpretiert werden müsse. Links-liberale Politiker fürchten, dass nun Urteile im Abtreibungsrecht, in der Gesundheitspolitik, im Bezug zu Einwanderung oder zu gleichgeschlechtlichen Ehen geändert werden. Konservative Christen werden vor allem begrüßen, dass die neue Richterin sich für den Lebensschutz starkmacht.

Gottes Reich ist vielfältig

Und manch einer scheint auch einen Gottesstaat zu fürchten. Dabei fehlt bei den Vorwürfen im Bezug zu ihren Aussagen von 2006 nicht nur der Kontext, sondern auch theologisches Verständnis. Das Reich Gottes ist vieles, aber sicherlich kein weltlicher Staat, in dem streng nach biblischen Vorschriften gelebt werden muss oder in dem es Richter bräuchte. Das Reich Gottes setzt sich aus drei Ebenen zusammen. Es ist individuell, gemeinschaftlich und politisch. Das Taizé-Lied „The kingdom of God“ beschreibt diese Eigenschaften sehr gut. Dort heißt es: „The kingdom of god is justice and peace / and joy in the holy spirit / come lord and open in us / the gates of your kingdom”

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Amy Coney Barrett mit ihrem Ehemann JesseFoto: Wikipedia

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KIRCHEN IN WEISSRUSSLAND

Belarus: „Kirche hat sich komfortabel eingerichtet im autokratischen Regime“Der belarussische Autokrat Alexander Lukaschenko ließ sich am Dienstag für seine sechste Amtszeit vereidigen. Das Magazin Der Spiegel berichtet über die Verflechtung von Staat und orthodoxer Kirche in Belarus und dass sich die Mehrheit der orthodoxen Führungspersönlichkeiten angesichts der andauernden Proteste in Schweigen hüllt.Jörn Schumacher

Alexander Lukaschenko ist seit 1994 der Präsident von Weißrussland (Belarus), der sich gegen Neuwahlen verweigerte und schließlich am Dienstag während

noch laufender Proteste gegen das mutmaßlich gefälschte Wahlergebnis für seine sechste Amtszeit hat vereidigen lassen. Das Magazin Der Spiegel schreibt unter der Überschrift „Priesterprotest in Belarus: ‚Die Mächtigen verletzen die

Gesetze Gottes‘“, dass sich die Mehrheit der orthodoxen Führungspersönlichkeiten nicht an den Protesten gegen Lukaschenko beteiligt.

„Wer sich im Internet oder öffentlich kritisch äußert, kommt schnell in Kontakt mit den Sicherheitsbehörden, wird überwacht oder direkt angegangen“, schreibt Spiegel-Autorin Annette Langer. „Die russisch-orthodoxe Kirche

Die Kirchenoberen in Weißussland halten sich bei den Protesten gegen den Autokraten Lukaschenko weitestgehend heraus, kritisieren Interviewpartner des Magazins Der Spiegel. (Die Gedächtniskirche aller Heiligen in Minsk)Foto: David

in Belarus ist traditionell ebenso regierungsfreundlich wie die große Schwester im Osten, der sie untersteht.“ Auch wenn offiziell eine Nichteinmischungspolitik bestehe, ließen sich die Geistlichen von der Regierung Lukaschenkos instrumentalisieren. Am 22. August habe Lukaschenko bei einer Massenveranstaltung klargestellt, dass sich Geistliche aller Konfessionen aus der Politik herauszuhalten hätten.

Rund 48 Prozent der Belarussen sind offiziellen Angaben zufolge orthodoxen Glaubens, sie gingen aber längst nicht alle in die Kirche. Die katholische Kirche ist mit einer Million Gläubigen die zweitgrößte Konfession im Land. Der Priester Alexander Shramko erklärt, die belarussische Gesellschaft sei jedoch säkular, und der Einfluss der Kirchen auf die Massen ist „überschaubar“. Shramko war Priester in der Kirche des Heiligen Erzengels Michael in Minsk, doch er kritisierte den Moskauer Patriarchen Kirill, und deshalb sei ihm 2017 ein Schreibverbot erteilt worden, so der Spiegel. Ein Jahr später sei er zusätzlich aus allen Ämtern entfernt worden. Die Kirche denke von sich selbst, sie stehe über der Politik, erklärt Shramko. Er kritisiert, dass sich die Kirche angesichts der angespannten Situation in Belarus zurückhält und ist überzeugt: „Die Mächtigen verletzen die Gesetze Gottes.“ Wenn die Regierung Wahlbetrug betreibe und gewaltsam gegen ihre Bürger vorgehe, „muss die Kirche aufstehen, Stellung beziehen und einen Dialog einfordern“.

Die Leiterin des Vereins „Ökumenisches Zentrum“ und der Gruppe „Christliche Vision“ beim oppositionellen Koordinationsrat, Natallia Vasilevich, sagte gegenüber dem Magazin, die Kirchenführung habe sich „komfortabel eingerichtet im autokratischen Regime, das ihr symbolische,

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CHINA

Chinesisches Schulbuch: Jesus steinigt EhebrecherinIn einem chinesischen Schulbuch ist ein biblischer Bericht aus dem Johannesevangelium offenbar gezielt verfälscht worden. In dem Buch steinigt der Heiland gleich selbst eine Ehebrecherin.Norbert Schäfer

In China haben offizielle Stellen mutmaßlich einen biblischen Bericht in einem Schulbuch fälschen lassen. Das geht aus einem Bericht der Union of Catholic Asian News

(UCANews) vom Dienstag hervor. Das Schulbuch, das von der staatlichen „University of Electronic Science and Technology Press“ herausgegeben wird, hat zum Ziel, Schülern der berufsbildenden Sekundarschulen „Berufsethik und Recht“ zu vermitteln.

In dem Buch wird der biblische Bericht aus dem Johannesevangelium, in dem Jesus auf die Ehebrecherin trifft und ihr vergibt, falsch wiedergegeben. Dem Bericht von UCANews zufolge steinigt Jesus in dem chinesischen Schulbuch die Frau offenbar selbst mit den Worten: „Auch ich bin ein Sünder. Aber wenn das Gesetz nur von Menschen ohne Makel ausgeführt werden könnte, wäre das Gesetz tot.“ Im Original erlaubt Jesus der aufgebrachten Menge, die eine Ehebrecherin steinigen will, dass derjenige, der ohne Sünde ist, den ersten Stein werfen darf. Daraufhin lässt die Menge von der Frau ab. Auch Jesus verurteilt im Evangelium die Sünderin nicht und entlässt die Frau mit den Worten: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ In dem chinesischen Lehrbuch nimmt der biblische Bericht also eine vollkommen andere Wendung.

Die Verfälschung des biblischen Berichts wurde bekannt, nachdem Passagen des Buches in Sozialen Medien veröffentlicht wurden. Dem Medienbericht zufolge wurde die Fälschung von einem chinesischen Lehrer bestätigt. Der vertritt die Auffassung, dass die Autoren die Verfälschung zur Rechtfertigung der chinesischen sozialistischen Gesetze benutzt hätten. Die Buchautoren verfolgten mit der Fälschung die Absicht, Rechtsstaatlichkeit als oberstes Gebot in China darzustellen. Der chinesischen Quelle zufolge würden Bücher vor Veröffentlichung durch staatliche Schulbuchkommissionen geprüft. Die Inhalte können demnach regional abweichen.

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„Christus und die Ehebrecherin“ von Guercino aus dem Jahr 1621 dürfte so nicht in chinesischen Schulbüchern zu finden seinFoto: Giovanni Francesco Barbieri

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Foto: Silas Zindel GAiN Schweiz

ZUSTÄNDE IM FLÜCHTLINGSLAGER „KATASTROPHAL“

Gemeinsame Erklärung: „Moria darf sich nicht wiederholen!“Vertreter von christlichen Organisationen und Kirchen haben zusammen mit Politikern eine Erklärung abgegeben, in der sie die Zustände im zerstörten Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos verurteilen. Die Unterzeichner fordern schnelle Nothilfe und proklamieren: „Moria darf sich nicht wiederholen“.

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BERLIN

Initiative will Martin-Luther-Straße umbenennenDie Martin-Luther-Straße im Berliner Bezirk Schöneberg soll umbenannt werden. Dafür macht sich eine Initiative stark. Als Alternative schlagen sie eine Person vor, die im Zeitraum von Luthers Wirken als „Hexe“ in Wittenberg verbrannt wurde.Johannes Blöcher-Weil

Immer wieder wird aktuell die Umbenennung von Straßennamen diskutiert. Jetzt soll auch der Reformator Martin Luther dran glauben. Im Berliner Bezirk Schöneberg

möchte eine Initiative ihn vom Straßenschild verbannen. Sie prangern vor allem an, dass er in seiner Zeit „für ausgebeutete Menschen, Minderheiten und Frauen eine sehr negative Rolle gespielt“ hat.

Ein Dorn im Auge sind den Initiatoren die antijüdischen Schriften des Reformators. Luther sei zwar kein Antisemit im rassistischen Sinne gewesen, wurde aber von „diesen durchaus als Kronzeuge begriffen“. In einem Papier, das der Tageszeitung taz vorliegt, kritisieren sie darüber hinaus, dass der Name „ein Symbol für obrigkeitsstaatliche Hörigkeit bis ins Preußische Kaiserreich hinein“ sei. Alles in allem sei

der Name des Reformators für die Menschen heute „nicht erinnerungswürdig“.

Luther habe sich auch eindeutig gegen die aufständischen Bauern positioniert und dem sächsischen Kurfürsten geschrieben, dass man die Rebellen „wie tolle Hunde totschlagen“ solle. Die Initiative zur Umbenennung der Straße nennt sich „Prista-Frühbottin-Straßen-Team“. Die Wittenbergerin wurde um 1540 als „Hexe“ verbrannt und Luther habe diese Hinrichtung befürwortet, erklären die Initiatoren. Deswegen soll ihr Name auch den des Reformators ersetzen.

„Luther hat sich der staatlichen Autorität angebiedert“

Für die Initiatoren käme auch eine „Straße der Reformation“ infrage. Die Bedeutung der Reformation für die Frühe Neuzeit und die Aufklärung betonte der Sprecher der Initiative, Volker Schorling, gegenüber der taz als „eine Denkrichtung“. Luthers Prominenz bis heute verdanke sich ausschließlich seiner „Anbiederung an fürstliche Macht und die staatliche Autorität generell“.

Die Initiatoren hatten auch einzelne Parteien angeschrieben, um für das Anliegen zu werben. Allerdings wird eine Umbenennung von Linken, Grünen und SPD größtenteils kritisch gesehen. Berlin hatte zuletzt nach jahrelanger Debatte angekündigt, die Mohrenstraße im Stadtteil Mitte nach dem Philosophen Anton Wilhelm Amo umzubenennen.

Aufgrund seiner Einstellung zu Minderheiten ist Martin Luther für eine Berliner Initiative kein erinnerungswürdiger NameFoto: Harald Lange, fotolia

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NEUER FILM MIT TIL SCHWEIGER

Leider völlig hoffnungslos: Film „Gott, du kannst ein Arsch sein“„Gott du kannst ein Arsch sein“ ist der neue Film mit Til Schweiger. Er spielt darin einen Pfarrer. Wer jetzt erwartet, es würde in irgendeiner Weise um den Glauben gehen, der wird enttäuscht und findet sich einer mäßig-gut geschauspielerten Tragik-Komödie wieder, die „eine Liebeserklärung an das Leben“ sein will. Eine Kritik von Swanhild Zacharias

In „Gott, du kannst ein Arsch sein“ spielt Til Schweiger den evangelischen Pfarrer Frank, dessen 16-Jährige Tochter Steffi unerwartet und unheilbar an Krebs erkrankt und

nur noch wenige Monate zu leben hat. Sie hat gerade ihren Schulabschluss gemacht, die erste große Liebe gefunden und freut sich auf das Leben, das vor ihr liegt. Mit der Krebsdiagnose zerplatzen alle Träume. Das Titelzitat des Films lässt sich das Mädchen in die Haut eintätowieren. Der Film beruht auf der wahren Geschichte von Stefanie Pape und dem gleichnamigen Buch.

Nach diesen Informationen und dem provokanten Titel erwartet man als Zuschauer, dass der Film in irgendeiner Weise den christlichen Glauben thematisiert. Zum Beispiel in Form der Frage, warum Gott so etwas zulässt. Oder in Form des Vaters und Pastors, der mit Gott hadert, vielleicht am Glauben zweifelt oder sich an Gott wendet.

Leider wird man enttäuscht. In einem Nebensatz erwähnt Steffi gegenüber dem Zirkusjungen Steve, mit dem sie kurzzeitig durchbrennt und eine Art Roadtrip nach Paris erlebt, dass ihr Vater Pfarrer ist. Die Eltern wollten sie zu einer Chemotherapie überreden, doch Steffi möchte lieber noch was erleben, anstatt den Rest ihrer Tage im Krankenhaus zu verbringen. Vater Frank findet sich in einer – sehr kurzen – Szene des Films in der Kirche wieder, in der er zu seiner Frau Eva sagt: „Ich habe immer geglaubt, dass wir im Himmel oder

wo auch immer am Ende wieder zusammenkommen. Glauben reicht mir nicht mehr. Ich muss es wissen.“ Was genau er mit dieser Aussage meint, bleibt im Unklaren. Die Szene endet damit. An einer anderen Stelle fragt Steffis Mutter in voller Verzweiflung ihren Mann: „Wie krank muss dein Gott sein, wenn er dein Kind von den Eltern holt?“ Auch diese Frage wird offen gelassen. Und damit war es das an Inhalten, die den Glauben thematisieren.

Til Schweiger und Heike Makatsch spielen in „Gott, du kannst ein Arsch sein“ die Eltern der krebskranken SteffiFoto: Leonine

Der Titel verwirrt – denn er spielt keine Rolle

Am Ende des Films kehrt Steffi zu ihren Eltern zurück, alle versöhnen sich und das abschließende Fazit lautet: „Man muss das Leben lieben, wenn es klappen soll, weil es plötzlich vorbei sein kann.“ Laut Filmproduktionsfirma UFA soll der Film eine „Liebeserklärung an das Leben“ sein.

Schade, denn das Thema des Films ist prädestiniert dafür, sich mit dem Glauben und Gott auseinanderzusetzen. So, wie er jetzt ist, wirkt der Film unvollständig. Er vermittelt keinerlei Hoffnung, sondern die traurige Botschaft, dass mit dem Leben hier auf Erden alles endet. Vor diesem Hintergrund wirkt auch der Titel nicht mehr so provokativ – denn inhaltlich spielt er kaum eine Rolle. Eigentlich verwirrt er mehr, denn wer so

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„TOWNVILLAGE“

„Fischli“ in Winterthur – NZZ-Reporterin besucht Schweizer Freikirchen-DorfMitten in der Stadt Winterthur in der Nordschweiz gibt es ein freikirchliches Mehrgenerationen-Dorf namens „Townvillage“. Eine Reporterin der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) hat das Dorf besucht und trifft auf die „Fischli“, wie die Freikirchler in der Schweiz genannt werden.Jörn Schumacher

Pastor Johannes Wirth hat „früh Karriere gemacht – als Versager“, wie er der Reporterin der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) sagt. Mit 14 Jahren schloss er sich der

autonomen Jugend in Zürich an, Drogen und Alkohol gehörten zum Alltag. Wirth ging früh von der Schule ab und lebte von immer wechselnden Jobs. „Ich war voller Selbstzweifel. Ich suchte Anschluss, wollte irgendwo dazugehören.“ Als Sohn eines Pfarrers sei er zwar mit den christlichen Werten groß geworden, doch sein Umgang mit der Religion sei locker gewesen. „Als junger Rabauke war Glauben für ihn Nebensache“, schreibt NZZ-Autorin Sascha Britsko. Wirth heiratete, stürzte jedoch in eine Lebenskrise. Beide Ehepartner wandten sich wieder der Kirche zu, genauer gesagt, einer Freikirche, und das habe ihre Ehe gerettet.

Wirth hatte eine Vision, eine Jugendgruppe aufzubauen und sich um Drogensüchtige zu kümmern. Im Jahr 1990 war Wirth 35 Jahre alt und Pastor der Jugendgruppe der evangelischen Gemeinde von Christen (GvC) in Hegi. Die NZZ berichtet: „Wirth kniet vor seinem Bett und betet. ‚Jesus, was soll ich tun?‘ (...) Er hat gerade seinen gut bezahlten Job als Sportartikel-Einkäufer aufgegeben, um Drogensüchtigen beim Entzug zu helfen.“ Und es kamen viele Menschen zur Rehabilitation, und

Wirth wusste nicht, wohin mit ihnen. „Also tut Wirth das, was er in so einem Moment immer tut: Er fragt Gott.“

„Erste generationenübergreifende Wohnsiedlung, erbaut von einer Freikirche“

Beim Beten habe Wirth eine Vision gehabt. „Und plötzlich sah ich viele Häuser. Ich sah ein großes Areal, mit verschiedensten Menschen aus den unterschiedlichsten Generationen, in unterschiedlichen sozialen Situationen. Gesunde, Kranke, Drogensüchtige, Kinder, Alte. Ich wusste, es gibt ein Restaurant, ich wusste, hier werden Leute gepflegt, ich wusste, es gibt psychisch kranke Leute, die den Senioren etwas vorlesen. Jeder ist von Wert, und jeder dient dem anderen mit seinen Gaben.“

30 Jahre später ist diese Vision Wirklichkeit geworden. Die NZZ-Reporterin berichtet von der „ersten generationenübergreifenden Wohnsiedlung, erbaut von einer Freikirche“, im Stadtzentrum Neuhegi bei Winterthur in der Nordostschweiz. Der Name „Townvillage“ lässt anklingen, dass es sich um ein „Dorf in der Stadt“ handelt.

Mittlerweile ist Wirth 65 Jahre alt, Seniorpastor der Freikirche GvC Hegi und Präsident der Quellenhofstiftung. Die Siedlung gehört zu 80 Prozent dieser Stiftung, die restlichen 20 Prozent gehören der Kirche. Die von Wirth gegründete Stiftung war „der Anfang eines Projektes, das es in der Schweiz so noch nie gegeben hat“, so die NZZ. Neben Wohnraum gebe es hier ein Restaurant, einen Coiffeur, eine Physiotherapeutin, eine Ernährungsberaterin, einen Finanzberater, eine ambulante Pflegeinrichtung, eine Kinderkrippe, eine 24-Stunden-Rezeption und einen Eventsaal für die Gemeinde.

Im „ersten freikirchlichen Dorf der Schweiz“, im „TownVillage“ lässt die Freikirche GvC Winterthur Menschen aus aus allen Generationen, sozialen Schichten und kulturellen Hintergründen wohnen.Foto: Freikirche GvC Winterthur

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Page 13: proKOMPAKT€¦ · Vize-Kandidatin: Kamala Harris ging als Kind und Jugendliche in eine Baptistengemeinde im kalifornischen Oakland. Sie sang dort im Chor – und besuchte mit ihrer

AKTIVISMUS STATT JOURNALISMUS

„Fridays for Future“: Das ist kein Journalismus mehrKlimaschützer sind wieder auf den Straßen unterwegs. Und einige Journalisten würden wohl lieber als Aktivisten mit dabei sein, als sich auf den Kern ihrer Arbeit zu konzentrieren. Ein Kommentar von Swanhild Zacharias

Das Magazin Stern macht sich gemein mit den Aktivisten der Klimabewegung. Dafür hagelt es Kritik. Foto: Stern

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Fridays for Future“ ist zurück auf die Straßen. Das erste Mal nach Beginn der Corona-Pandemie sind deutschlandweit heute mehr als 400 Demonstrationen angemeldet. Allein

in Berlin werden für eine Mahnwache am Brandenburger Tor 10.000 Klimastreikende erwartet. Die von der Aktivistin Greta Thunberg ins Leben gerufenen Protestmärsche waren durch Covid-19 und die damit einhergehenden Maßnahmen zur Eindämmung des Virus zum Erliegen gekommen. Doch jetzt heißt es: „Wir sind wieder da! Wir sind nicht weg von der Bildfläche.“ So zitiert tagesschau.de Quang Paasch, den Berliner Sprecher der „Fridays for Future“-Bewegung.

In vielen Medien ist das neue Aufleben der Klimabewegung Thema. Manche gehen sogar einen Schritt über das übliche Berichten hinaus. Die aktuelle Ausgabe des Magazins Stern trägt den Titel „#keinGradweiter“ und ist in Zusammenarbeit mit der Bewegung „Fridays for Future“ entstanden. Die Journalisten des Wochenmagazins machen sich darin gemein mit der Klimabewegung und druckten in den Untertitel: „Die Klimakrise ist längst da. Was wir jetzt tun müssen, um uns zu retten.“ Auch auf den Sozialen Kanälen des Stern ging es gestern ums Klima. Die Accounts wurden zusammen mit Klimaaktivisten gestaltet.

Falsches Selbstverständnis

Man mag die Ziele der Klimabewegung wichtig und gut finden. Doch guter Journalismus geht anders. Die Aufgabe eines Journalisten ist es, unabhängig und möglichst objektiv über einen Sachverhalt zu berichten, Hintergrundinformationen zu liefern und das Thema gegebenenfalls einzuordnen. Meinungsbeiträge müssen klar gekennzeichnet sein. Sich mit einer Sache gemein zu machen und für diese zu kämpfen, ist nicht Sache des Journalismus. Das ist Aktivismus.

Dem Stern scheint dieses Verständnis abhanden gekommen zu sein. Er erntete für sein Vorgehen viel Kritik im Netz. So zitierte ein Nutzer auf Twitter zum Beispiel den legendären TV-Journalisten Hanns Joachim Friedrichs: „Ein Journalist macht sich nicht mit einer Sache gemein, auch nicht mit einer guten.“ Ein anderer schrieb: „Mal schauen, wie viele Zeitungen ihr an FFF Anhänger verkaufen werdet. Dieses Engagement – Journalismus ist das ja nicht mehr – wird sich bestimmt für euch rechnen.“

In der Tat könnte man sich fragen, ob die Macher des Sterns nicht eher wirtschaftliche als klimapolitische Ziele verfolgen. Denn die potenziellen Leser von gedruckten Heften wie Wochenmagazinen wie des Sterns sind wahrscheinlich weniger unter den Demonstranten auf der Straße zu finden, sondern eher in Wartezimmern, in denen der Lesezirkel ausliegt, wie es der Journalist Jan Fleischhauer süffisant kommentierte. Vielleicht geht es also ganz einfach um PR-Arbeit und darum, junge Leser zu gewinnen.

Auf den Punkt brachte es kürzlich der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer, Mathias Döpfner. Als er in seinem Amt

als Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger bestätigt wurde, sagte er in seiner Rede: „Wenn Journalisten von Aktivisten nicht mehr zu unterscheiden sind, dann können wir einpacken. Dann braucht es uns nicht mehr. Aktivismus ist das Gegenteil von Journalismus – auch wenn es um eine gute Absicht geht.“ Medien müssten Chronisten und Zeitzeugen sein anstatt „Missionare eines bestimmten Weltbildes“.

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ZUKUNFT DER JUGENDARBEIT

„Lasst uns Dinge mutig ausprobieren“In einem Online-Barcamp haben sich am Wochenende Multiplikatoren der Jugendarbeit Gedanken über die Zukunft der Kirche gemacht. pro hat bei einem der Initiatoren, Florian Karcher von der CVJM-Hochschule Kassel, nachgefragt, was seine wichtigsten Erkenntnisse waren und warum Kirche Jugendlichen einen Raum zum Experimentieren geben sollte.Johannes Blöcher-Weil

pro: Herr Karcher, wenn Sie an gelungene kirchliche Projekte der Jugendarbeit denken, was kommt Ihnen in den Sinn?Florian Karcher: Ich denke dabei in erster Linie an Projekte, die jungen Menschen einen Freiraum geben, um Dinge zu gestalten, auszuprobieren und Neues zu schaffen. Außerdem sind es häufig Ideen, die ihren gesellschaftlichen Kontext, die Region oder den Stadtteil im Blick haben und hinhören, wo der jeweilige Bedarf vor Ort ist.

Unter welchen Voraussetzungen haben Kirche und Jugendarbeit eine Zukunft?Neben dem Hören auf den konkreten Kontext, ist die wichtigste Voraussetzung, dass Kirche und Jugendarbeit sich neu ihrem Sendungsauftrag, also ihrer Mission, bewusst werden und sich darin verorten. Wir müssen immer wieder neu fragen, was es heißt, Teil von Gottes Mission zu sein, und was das konkret für uns bedeutet. Das kann ja ganz unterschiedlich aussehen.

Am Samstag haben Bischöfin Beate Hofmann (Evangelische Kirche Kurhessen-Waldeck) und Karsten Hüttmann (CVJM Deutschland) Impulse gesetzt. Wo lagen deren Schwerpunkte?Die Bischöfin hat zunächst das Thesenpapier der Evangelischen Kirche in Deutschland mit seinen Leitsätzen als „Sprungbrett“ genutzt, um allgemein über die Zukunft von Kirche und Jugendarbeit zu diskutieren. Sie hat den missionalen Charakter der Kirche unterstrichen. Kirche soll der Sendung Gottes in die Welt folgen und das in möglichst vielfältigen Formen. Wenn sie Räume für Neues öffnet, bedeutet dies keine Abwertung

des Bewährten. Sie erhofft sich einen „Push für Innovationen“, um neue Wege zu gehen.

Und Karsten Hüttmann?Er hat selbstkritisch eingeräumt, dass unsere Jugendarbeit meist auf bestimmte Milieus verengt ist. Er hat dazu ermutigt, Form und Sprache unserer Arbeit zu hinterfragen. Die Jugendlichen haben völlig unterschiedliche religiöse Sozialisationen. Zudem soll Jugendarbeit Räume zur Verfügung stellen, um christliche Spiritualität zu erfahren, die Jugendliche zu Hause nicht mehr erleben. Jugendarbeit soll

Sechs Personen haben das CVJM-Barcamp organisiert und Impulse für die Jugendarbeit der Zukunft gegebenFoto: CVJM Hochschule

Laborcharakter haben. Sowohl Hüttmann als auch Hofmann haben betont, dass eine zukunftsfähige Jugendarbeit über konfessionelle und Verbandsgrenzen hinweg denkt.

Sie haben gemeinsam Erfahrungen geteilt. Wo lag der Schwerpunkt des Austauschs?Die Teilnehmer haben diskutiert, wie in der Jugendarbeit Orte entstehen, an denen Menschen Glauben entdecken

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DIOSPI SUYANA

„Glaube ist keine Träumerei, sondern Realpolitik“Kann man durch Glaube auf dem Wasser laufen? Eine Frage, die für Klaus-Dieter John viele Jahre seines Lebens von existenzieller Bedeutung war. Zusammen mit seiner Frau errichtete der Arzt in den peruanischen Anden das Missionskrankenhaus Diospi Suyana. John hat seine Antwort gefunden. In seinem Buch „Auf dem Wasser laufen“ erzählt er davon. Eine Rezension von Immanuel Dobrowolski

Drei Geistliche wollen wie Jesus über das Wasser laufen und einen Fluss überqueren. Der erste schreitet vorsichtig über das Wasser, der zweite fällt hinein und

der dritte läuft festen Schrittes auf dem Nass. Fragt der Erste den Dritten: „Hätten wir unserem nassen Bruder nicht sagen sollen, wo die Steine liegen?“ „Welche Steine?“, fragt der Dritte. Mit dieser Anekdote eröffnet der Missionsarzt Klaus-Dieter John sein neues Buch „Auf dem Wasser laufen“.

Für John ist diese Geschichte mehr als ein Denkanstoß, sie ist für ihn existenziell. Dabei geht es nicht darum, ob ein Mensch tatsächlich über Wasser laufen kann, sondern im übertragenen Sinn um die Frage: „Kann man um echte Wunder beten?“ 2007 eröffnete John zusammen mit seiner Frau Martina, die auch Ärztin ist, in der peruanischen Andenstadt Curahuasi ein Missionskrankenhaus, Disopi Suyana. Auf Quechua, der indigenen Sprache der Region, bedeutet der Name des Spitals „Wir vertrauen auf Gott“.

Die Vision des deutschen Ehepaars war es, vor allem die indigene, oft arme Landbevölkerung medizinisch zu versorgen. Für eine Sprechstunde bezahlen die Patienten vier Soles, umgerechnet etwa einen Euro. Und für die Behandlung selbst, die auf höchstem medizinischen Niveau stattfindet, gibt jeder nur so viel, wie es ihm wirtschaftlich möglich ist. Diospi Suyana wird vor allem durch Spenden getragen. „Es dürfte auf der Welt kein zweites Missionsspital geben“, schreibt John,

„das arme Patienten auf so hohem Niveau behandelt, aber nur zu einem kleinen Teil von den Patienten selbst finanziert wird.“

Ungewöhnliche Zufälle – oder Wunder?

Das Buch erzählt die Geschichte des Krankenhauses seit seiner Einweihung bis heute. Eine Zeitspanne, in der immer wieder Gefahren und Bedrohungen für das Missionsspital auftauchen. John erzählt die Geschichte, wie Diospi Suyana am Ende alle Widerstände überwindet. Egal, ob diese aus der politischen Situation Perus heraus entstehen, ob finanzielle Probleme das Krankenhaus bedrohen, ob neue Spezialisten als Ärzte oder Menschen als Missionsmitarbeiter gebraucht werden. Selbst Schmutzkampagnen, korrupte Staatsanwälte oder eine Markenrechtsklage können Diospi Suyana nicht niederringen.

Das Krankenhaus wächst. Ein zweites Stockwerk wird gebaut, um mehr Menschen behandeln zu können, eine Schule für die Bevölkerung entsteht, eine Zahn- und eine Augenklinik kommen hinzu, auch eine orthopädische Werkstatt. Ebenso entsteht ein Medienzentrum des Spitals, das auf verschiedenen Frequenzen und über Satellit ein Radioprogramm sendet. Und immer wieder sind es oft glückliche Zufälle, die die Lage für Diospi Suyana retten und den Wachstum ermöglichen. Zufälle, so beschreibt es John, die „Atheisten als unverschämtes Glück und Christen als Wunder Gottes bezeichnen“.

Fest im Leben

Johns Buch ist keine religiöse Abhandlung. Es ist der Bericht eines gläubigen Menschen, der mit beiden Beinen im Leben verankert ist. Der Leser erfährt so nicht nur von dem christlichen Selbstverständnis, das dem Krankenhaus und auch dem Arzt zugrundeliegt, sondern er erhält auch Einblicke in die Medizin, in die Politik Perus, in das Aufbringen von

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2007 gründeten Klaus-Dieter und Martina John das Missionskrankenhaus Diospi Suyana in PeruFoto: Diospi Suyana e.V.

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CAROLIN HILLENBRAND

„Wein hat das Potential, Menschen zu verbinden“Sie war Deutsche Weinprinzessin 2019/2020 und promoviert aktuell zum Thema „Religion als Kitt oder Keil?“. Im Interview erzählt Carolin Hillenbrand, welche Rolle Wein im Christentum hat, was ihr Lieblings-Trinkspruch aus der Bibel ist und wie Religion zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen kann. Martin Schlorke

pro: Vor wenigen Tagen endete Ihre Amtszeit als Deutsche Weinprinzessin 2019/2020. Wie sind Sie vor einem Jahr zu diesem Amt gekommen?Carolin Hillebrand: Scherzhaft gesagt komme ich aus einer „Weinköniginnen-Dynastie“. Es war schon immer mein Traum, dieses „Erbe“ fortzuführen. Meine Mutter und meine Schwester waren bereits Gebietsweinköniginnen im Weinanbaugebiet Hessische Bergstraße. Außerdem ist mein Opa an der Bergstraße als „Eiswein-König“ bekannt. Ein besonderes Erlebnis war für mich eine Begegnung mit unserer Bergsträßer Winzerin Petra Gärtner, die 2001 Deutsche Weinkönigin war. Ich durfte als kleiner Wicht einmal ihre Krone aufsetzen. Ab da war für mich klar, dass ich auch einmal Weinkönigin werden will.

Sie waren Deutsche Weinprinzessin. Worin liegt der Unterschied zur Deutschen Weinkönigin?Wie meine Mutter und meine Schwester war ich 2018 / 2019 Gebietsweinkönigin der Hessischen Bergstraße. Aus den 13 Gebietsweinköniginnen werden dann die drei Deutschen Weinhoheiten gewählt – und da habe ich eine Krone heimgeholt. Ich bin ganz froh darüber, dass es die „silberne“ war, damit bin ich Weinprinzessin geworden. Deutsche Weinkönigin ist ein Ganztagsjob, als Deutsche Weinprinzessin bleibt noch Raum für andere Dinge, wie meine Promotion.

Was waren Ihre Aufgaben als Weinprinzessin?Als Weinprinzessin ist man Botschafterin und Repräsentantin für den deutschen Wein. So war es meine Aufgabe, die Menschen inner- und außerhalb Deutschlands für unsere Weinregionen und unseren Wein zu begeistern. Wein hat das Potential, Menschen, egal welchen Alters, welcher Herkunft oder welchen sozialen Status, zu verbinden. Auf einem Weinfest zum Beispiel kann man einfach über Gott und die Welt reden – was mir sehr viel Spaß macht Wein ist für diesen interkulturellen Austausch gewissermaßen das Medium.

Wie hat das das in Corona-Zeiten funktioniert?Das war in der Tat eine große Herausforderung. Eigentlich waren Auslandsreisen in China, den USA und Kanada geplant. Die sind alle weggefallen. Trotzdem war ich beispielsweise bei der großen Messe „Vinexpo“ in Paris im Einsatz, konnte eine Weinprobe in Rom halten und den Vatikan besuchen. Auf solchen Veranstaltungen kommt man mit unglaublich vielen Menschen aus aller Welt ins Gespräch – und da geht es natürlich nicht nur um Wein, sondern auch um Politik, Religion oder Glaube.

Und auch in der Bibel geht es oft um Wein. Welche Bedeutung hat Wein für das Christentum?Es gibt über 1.000 Stellen, in denen es in irgendeiner Form um Wein geht. Das Wort „Wein“ selbst kommt mehr als 400 Mal vor. Er spielt also offensichtlich eine große Rolle. Und mit Noah gibt es gewissermaßen auch den ältesten

Für Carolin Hillenbrand gehört Christentum und Wein zusammenFoto: Carolin Hillenbrand

dokumentierten Winzer. In 1. Mose 9,21 steht, dass Noah nach seinem Weingenuss entblößt und volltrunken in seinem Zelt lag. Aber auch in der christlichen Praxis ist Wein unglaublich wichtig. Wir feiern das Abendmahl mit Wein. Wein hat einen viel größeren Festcharakter als beispielsweise Wasser. Ein anderes Beispiel ist die Hochzeit zu Kana, auf der Jesus Wasser zu Wein verwandelte. Im Gegensatz zu anderen Religionen ist der Weingenuss im Christentum also auch positiv besetzt.

Sprechen Sie diese Verbindung von Wein und christlichen Glauben auf Vorträgen und Messen auch an?Ja, mein Lieblings-Bibel-Trinkspruch ist zum Beispiel aus Psalm 104: „Der Wein erfreut des Menschen Herz.“ Und mein Krönungsspruch lautet: „Der liebe Gott hat nicht gewollt, dass edler Wein verderben sollt’. Drum hat er uns nicht nur die Reben, sondern auch den nötigen Durst gegeben.“ Solche einfachen Sprüche führen dann oftmals zu tieferen

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Foto: TED Conference / Stacie McChesney

NONNE AUS TEXAS

Ordensschwester unter den „100 einflussreichsten Persönlichkeiten“ des Time Magazines

Die amerikanische katholische Nonne Norma Pimentel ist unter die 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2020 des Time Magazines gewählt worden. Pimentel ist Leiterin der Hilfsorganisation „Catholic Charities of the Rio Grande Valley“ mit Sitz in Texas. Sie habe den

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CHRISTLICHES VERLAGSWESEN

Ralf Markmeier wechselt zum Bonifatius VerlagRalf Markmeier wird im Oktober das Führungsteam im Bonifatius Verlag verstärken. 2022 soll der Verlagsfachmann die Geschäftsführung des Unternehmens übernehmen.Norbert Schäfer

Ralf Markmeier wird Leiter des Bonifatius Verlags. Das hat der Verlag mit Sitz in Paderborn am Dienstag mitgeteilt. Demnach verstärkt Markmeier das Führungsteam

zum 15. Oktober 2020. Markmeier soll unter anderem die Programmentwicklung für religiöse Sachliteratur verantworten und im Herbst 2021 zum Geschäftsführer Content und Handel avancieren. Der Verlag hat angekündigt, dass Markmeier zum Jahreswechsel 2021/2022 den derzeitigen Geschäftsführer des Unternehmens, Rolf Pitsch, ablösen soll.

Mit der frühzeitigen Nachfolgeregelung in der Geschäftsführung will das Unternehmen eigenen Angaben zufolge die Kontinuität in seiner strategischen Ausrichtung sichern. Das Programm des Verlages beinhaltet hauptsächlich wissenschaftliche und populäre Literatur zu den Themen Religion, Theologie, Ökumene und Kirchenmusik. Das

Unternehmen wurde 1869 gegründet und erzielte eigenen Angaben zufolge 2019 einen Umsatz von mehr als 30 Millionen Euro. „Mit Ralf Markmeier konnten wir einen exzellenten Kenner der Branche und einen inspirierenden Kopf für die Contentbereiche unseres Unternehmens gewinnen“, erklärte Pitsch zu der Personalie.

Markmeier reizt es eigenen Angaben zufolge, im Team eine über 150 Jahre währende Unternehmens- und Verlagsgeschichte fortzuschreiben. Bei Bonifatius sei der Wille zur Entwicklung sowie das Denken in Lösungen, nicht in Problemen, vorhanden. Wie der Verlag weiterentwickelt und wo zukünftig Schwerpunkte gelegt werden sollen, wollte Markmeier noch nicht preisgeben. „Ich habe natürlich eine Grundidee, die es gemeinsam auszuarbeiten und zu vertiefen gilt“, erklärte er gegenüber pro. „Die Stärke im Bereich ‚Ökumene‘ kann man im Wissen um die eigene Herkunft als Sprungbrett verstehen, um konfessionsübergreifend danach zu fragen, wie man heute so über den Glauben sprechen kann, dass davon viel bei den Menschen ankommt. Denn darum geht es.“

Um dem Druck der Digitalisierung und damit schrumpfender Margen zu begegnen, will Markmeier zuächst auf vorhandenen Stärken aufbauen und dabei Synergien des Bonifatius Buchverlags mit den eigenen Zeitschriften, Buchhandlungen, der Druckerei und der Mediengestaltung im Unternehmen nutzen. „Die Programmentwicklung – lebensnah, zielgruppenspezifisch, relevant – möchte ich eng mit den Bereichen Vertrieb, Marketing und Digitalisierung

Ralf Markmeier war von 2008 bis 2016 Geschäftsführer von Gerth MedienFoto: Hannes Krümmel

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Impuls

Dreißig Jahre „Deutsche Einheit“, ein Feiertag, ein Gedenktag, ein Danktag. Am 3. Okto-

ber 1990 endete die Trennung in zwei deutsche Staaten. Die alte Grenzlinie, oft ein Todesstreifen, wurde inzwischen vielerorts eine Lebensinsel für seltene Pflanzen und Tiere. Eine junge Generation ist herangewachsen, die mit Westpaketen und Ostverwandtschaft, mit Zonengrenze und Mauer nichts verbindet. Der Blick geht nach vorn in die Zukunft eines geeinten Landes. Dennoch hilft auch der Blick zurück auf eine friedliche Revolution mit Gebeten und Kerzen. Das hatte die Welt noch nicht gesehen, was die Deutschen da vollbrachten. Ein Grund zum Dank für die Einheit. Es ist eine Einheit in Vielfalt vom Rhein bis zur Oder, von Ostfriesland bis zum Ostallgäu. Unterschiedliche Kochrezepte, Dialekte und Mieten. Und gewiss, vieles hätte damals und in den Jahren danach besser laufen können.

Doch viele sehen das Geschehen von damals bis zur Stunde als Wunder aus Gottes Hand. Es begann mit Montagsgebeten in den Kirchen, mit dem Ver-trauen: Gott kann helfen und heilen. Psalm 33 ruft uns zu: „Wohl dem Volk, dessen Gott der HERR ist,

dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat! Der HERR schaut vom Himmel und sieht alle Menschen-kinder. Von seinem festen Thron sieht er auf alle, die auf Erden wohnen. Der ihnen allen das Herz geschaffen hat, achtet auf alle ihre Werke.“

Vertrauen wir gerade in diesen Zeiten neu auf Gottes Güte, achten wir auf seine Gebote als Angebote zum Leben. Lassen wir uns im Glauben gemeinsame Wege weisen.

Gesegnete Zeit,

Egmond Prill

EINHEIT

Vertrauen wir gerade in diesen Zeiten neu auf Gottes Güte, achten wir auf seine Gebote als Angebote zum Leben.

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