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bwohl die meisten Räder, die ich fahre, absolute High-End- Produkte sind, ist es doch ge- nau genommen immer „Stan- genware“, die ich bekomme. Die Rahmen sind mit den bes- ten Komponenten der klassi- schen Hersteller bestückt und auch bei den Lauf- rädern ist meist ganz hochwertiges Material verbaut. Bei Corratec hat man sich zum 25. Ge- burtstag der Marke entschieden, insgesamt drei Modelle der Marke strikt zu limitieren und nur 25 Exemplare davon anzubieten. Das Rennrad unter diesen drei Modellen ist das CCT Evo, das ich Anfang Juni bei meiner Durchreise in die Dolo- miten in Raubling persönlich abholte. Anders als auf der Website angekündigt, war es nicht mit An- bauteilen der Hausmarke ZZYZX komplettiert worden, sondern es kam im vollen AX-Lightness- Kleidchen daher. Sattelstütze, Vorbau, Lenker und Laufräder – alles edel und leicht und dazu nicht nur eine „normale“ Dura Ace Di2, sondern eine speziell für dieses Rad gravierte Gruppe, ein, wie ich finde, sehr schönes, weil dezentes Detail. Mein Rad hatte die Seriennummer 24, also ganz knapp vor „last, but not least …“ Die Farbgebung in Blau und viel Carbon- Schwarz ist für alle drei Modelle gleich und wer ein passendes Outfit im Schrank hat, der sieht mit dem CCT Evo immer extrem gut angezogen aus. Besonders hervorgehoben werden im Statement auf der Internetseite von Corratec „höchste Quali- tät, herausragende Fahreigenschaften und bayeri- sche Designkunst“ … Letztere war schnell er- DER BAYERISCHE LÖWE Zum 25-jährigen Firmenjubiläum von Corratec haben Konrad Ihrlbacher und sein Team mit dem CCT Evo ein feines Schmuckstück in einer limitierten Edition von 25 Stück herausgebracht. Unser Berglöwe Marcel Wüst hat diesen bayerischen Löwen zum Duell in den Dolomiten getrof fen. SPEZI- FIKATIONEN Rahmen Corratec CCT EVO 25 Years Edition Gruppe Shimano Dura Ace Di2 Kurbel Shimano Dura Ace 52/36 Steuersatz Acros, The Clamp Kassette 11-28 Laufräder AX Lightness Reifen Conti Competition Schlauchreifen 23 mm Vorbau AX Lightness 110 mm Lenker AX Lightness Carbon 42 cm Sattelstütze AX Lightness Sattel AX Lightness Carbon Gabel Corratec Carbon Preis 12.000 € Text Marcel Wüst Fotografie Stefan Schopf PROFI-TEST CORRATEC CCT EVO 25 YEARS EDITION O 136 PROCYCLING | SEPTEMBER 2016

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Page 1: protest SF DM HP - procycling.de · bwohl die meisten Räder, die ich fahre, absolute High-End- Produkte sind, ist es doch ge-nau genommen immer „Stan-genware“, die ich bekomme

bwohl die meisten Räder, die ich fahre, absolute High-End- Produkte sind, ist es doch ge-nau genommen immer „Stan-genware“, die ich bekomme. Die Rahmen sind mit den bes-ten Komponenten der klassi-

schen Hersteller bestückt und auch bei den Lauf-rädern ist meist ganz hochwertiges Material verbaut. Bei Corratec hat man sich zum 25. Ge-burtstag der Marke entschieden, insgesamt drei Modelle der Marke strikt zu limitieren und nur 25 Exemplare davon anzubieten. Das Rennrad unter diesen drei Modellen ist das CCT Evo, das ich Anfang Juni bei meiner Durchreise in die Dolo-miten in Raubling persönlich abholte. Anders als auf der Website angekündigt, war es nicht mit An-

bauteilen der Hausmarke ZZYZX komplettiert worden, sondern es kam im vollen AX-Lightness- Kleidchen daher. Sattelstütze, Vorbau, Lenker und Laufräder – alles edel und leicht und dazu nicht nur eine „normale“ Dura Ace Di2, sondern eine speziell für dieses Rad gravierte Gruppe, ein, wie ich finde, sehr schönes, weil dezentes Detail. Mein Rad hatte die Seriennummer 24, also ganz knapp vor „last, but not least …“

Die Farbgebung in Blau und viel Carbon- Schwarz ist für alle drei Modelle gleich und wer ein passendes Outfit im Schrank hat, der sieht mit dem CCT Evo immer extrem gut angezogen aus. Besonders hervorgehoben werden im Statement auf der Internetseite von Corratec „höchste Quali-tät, herausragende Fahreigenschaften und bayeri-sche Designkunst“ … Letztere war schnell er-

DER BAYERISCHE LÖWEZum 25-jährigen Firmenjubiläum von Corratec haben Konrad Ihrlbacher und sein Team mit dem CCT Evo ein feines Schmuckstück in einer limitierten Edition von 25 Stück herausgebracht. Unser Berglöwe Marcel Wüst hat diesen bayerischen Löwen zum Duell in den Dolomiten getroffen.

SPEZI- FIKATIONEN

RahmenCorratec CCT EVO 25

Years Edition

GruppeShimano Dura Ace Di2

KurbelShimano Dura Ace 52/36

SteuersatzAcros, The Clamp

Kassette11-28

LaufräderAX Lightness

ReifenConti Competition

Schlauchreifen 23 mm

VorbauAX Lightness 110 mm

LenkerAX Lightness Carbon 42 cm

SattelstützeAX Lightness

SattelAX Lightness Carbon

GabelCorratec Carbon

Preis12.000 €

Text Marcel Wüst Fotografie Stefan Schopf

PROFI-TESTC O R R AT E C C C T E VO 2 5 Y E A R S E D I T I O N

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kannt und subjektiv bewertet – die anderen beiden würde ich gleich nach meiner Ankunft in Alta Ba-dia drei Tage lang auf Herz und Nieren, oder besser auf Rahmen und Kette, prüfen.

Laut Wetterbericht sollte es einigermaßen schön werden und auch Klaus, der freundliche und kompetente Chef des Hotels Melodia del Bosco versprühte diesbezüglich Optimismus. Es gibt kaum eine bessere Region, grandiose Landschaf-ten zu erleben, gleichzeitig Radsportgeschichte auf den Spuren des Giro d’Italia zu atmen und dabei noch extrem hochwertiges Material zu testen. Rauf wie runter und das von gemäßigt bis extrem, gute Straßen, viele Kurven und sogar ein bisschen flach haben die Dolomiten im Angebot – perfekte

Bedingungen also für Radtests mit und ohne Fo-toshooting!

Da sich das Rad am Abend mit Turnschuhen auf dem Parkplatz schon gut anfühlte, auch in Bezug auf meine Sitzposition, beschloss ich, es zunächst in der Radgarage zu lassen und mit den Gästen meiner Radwoche köstlich zu Abend zu essen, denn Lenker- und Sattelfeinjustage konnten warten bis zum nächsten Morgen vor der Ausfahrt – der Hunger war größer!

Das für mich passende Set-up der Ax-Lightness- Parts erfolgte mit der nötigen Sorgfalt: Die Einstel-lung des Sattels dauerte seine Zeit, denn um es auf dem Ax-Gerät bequem zu haben, muss man die Sattelnase eher etwas weiter nach vorne schieben, um im hinteren Bereich mit den Gesäßknochen komfortabel zu sitzen … dagegen sollte die Verle-gung der Vorbauspacer nach unten und die Ein-stellung der Lenkerneigung ein Kinderspiel sein … dache ich!

Beim CCT Evo wurde auf viele Details geachtet, um die elegante Silhouette des Rades zu unter-streichen.

Das Spacertürmchen war ratzfatz drauf, aber die zum Fahrer zeigenden Schraubenköpfe der Len-kerklemmung waren nicht ganz optimal. Mit einem klassischen Drehmomentschlüssel nur schwer zu erreichen, musste ich dann auf gut Glück von Hand meiner Erfahrung vertrauen. Gra-de so schaffte ich es, die anvisierte Abfahrtszeit unserer Gruppe einzuhalten, und los ging es mit dem Vorsatz, dem neuen Ax-Chef Bernd Nolte gleich am Abend von meinen ersten Eindrücken zu erzählen (als ich dann abends bei Bernd Nolte an-rief, verkündete er mir, dass an den neuen Pro-dukten die Schrauben wieder „klassisch“ wären).

Sobald ich aber einklickte und losrollte, war das alles vergessen und ich genoss die ersten Meter mit meinem neuen Begleiter.

Superleicht, extrem stabil und schön wendig, das wusste ich nach 500 Metern schon, und ne-ben den bereits erwähnten Gravuren auf den Du-ra-Ace Komponenten waren auch die mit Isolier-

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PROFI-TEST

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ICH DANKTE INNERLICH FÜR DIE SEMICOMPACT-KURBEL MIT 52

UND 36 ZÄHNEN – DIESE IN VERBINDUNG MIT EINEM 28ER-RETTUNGSRING MACHTE

DIE KLETTERPARTIEN ENTSPANNT.

Der bayerische Löwe, die Jubilä-umsplakette und die Unterschrift des Firmengründers Konrad Ihrlbacher verzieren das Rad in dezenter Form.

band umwickelten Ventile in den Aerofelgen ein Zeichen für Liebe zum Detail – denn es gibt kaum etwas Nervigeres als klappernde Geräusche bei jeder Radumdrehung!

Die ersten Kilometer führten uns erst einmal bergab – und das auf der teilweise in bescheide-nem Zustand befindlichen Hauptstraße. Hier stand das Rad in den Serpentinen zu Anfang wie eine Eins, die Conti-Reifen hatten den gewohnt guten Grip und als die Straße weiter unten etwas holpriger wurde, kam nicht ein klapperndes Ge-räusch hinzu, das den Fahrgenuss getrübt hätte.

Obwohl die Hinterradbremse unter dem Tret-lager sitzt, hat man, um die Stabilität weiter zu erhöhen, den Steg, an dem normalerweise die Bremse sitzt, dennoch dort gelassen – bei den Rä-dern, die diesen Steg nicht hatten, fehlte mir in der Vergangenheit zumindest optisch etwas, also traf Corratec hier genau meinen Geschmack. Da man ziemlich schnell am Abzweig vom Furkelpass an-

kommt, konnte ich schon recht bald die Kletter-eigenschaften des CCT Evo testen, wobei es gera-de dort ja eher auf die Fitness des Fahrers als auf das Gewicht und/oder die Steifigkeit des Rades ankommt …

Ich dankte innerlich für die Semicompact-Kur-bel mit 52 und 36 Zähnen – diese in Verbindung mit einem 28er-Rettungsring machte die Kletter-partien entspannt, denn gerade wenn die Berge länger sind, ist es wichtig, einen Rhythmus zu fin-den, der einen nicht gleich überfordert.

Die Ax-Lightness-Laufräder hatten sich nicht nur auf der Abfahrt schnell angefühlt, sondern auch im unteren Teil des Passes gleich ein tolles Gefühl von Leichtigkeit und guter Beschleunigung hinterlas-sen. Bei dem verbauten Satz handelte es sich um die Variante mit den Extralite-Naben.

Neben einer unglaublichen seitlichen Stabilität durch spezielle Fertigungsprozesse (die Speichen-löcher werden nicht gebohrt, sondern gleich mit einlaminiert) halten sie bis zu 500 Kilogramm Speichenspannung aus, bevor sie geschrottet

SEPTEMBER 2016 | PROCYCLING 139

PROFI-TEST

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Edle Anbauteile von AX Lightness und Extralite passen zu diesem besonderen Jubiläums-Bike von Corratec.

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PROFI-TEST

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sind, und weniger als ein Drittel dieser Spannung haben die Speichen wirklich.

Besonders wenn die Bremse unter dem Tretlager sitzt, ist es durch die Verwindungskräfte in diesem Bereich extrem wichtig, dass die Laufräder nicht schlapp machen und somit an den Bremsklötzen reiben – auch einer der Gründe, warum man mir die Ax Wheels mit auf den Weg gegeben hatte. Mit vollem Erfolg, es gab kein Schleifen, egal, wie krass ich es auch versuchte!

Wenn ich im Stehen fuhr, fühlte ich mich fast wie auf meinem Rad zu Hause – in allen Lenkergriffpo-sitionen hätte ich mir allerdings etwas mehr Masse gewünscht – für mein Gefühl ist das Lenkerband einfach etwas dünn geraten, ein etwas dickeres Lenkerband würde dem Rad gut stehen. Schalten im Stehen war auch kein Problem – im Sitzen erst recht nicht! Denn wer die Di2 schon mal gefahren ist, der weiß, dass diese an Präzision kaum zu über-bieten ist, eine perfekte Einstellung vorausgesetzt.

Nachdem ich ausgangs einiger Haarnadelkur-ven die Beschleunigungsqualitäten des Corratec ausgiebig getestet (und für grandios! befunden) hatte, freute ich mich auf die Abfahrt.

Das von Klaus mitgeschickte Versorgungsfahr-zeug wartete auf der Passhöhe. Wir zogen uns tro-ckene Klamotten an und bald stürzten wir uns in die Abfahrt, auf der es quasi sofort anfing zu reg-nen. Haftreibung von Reifen und Bremsperfor-mance sind die zwei Faktoren, die neben Skills und Vertrauen in dieselben darüber entscheiden, wie schnell man im Nassen bergab fährt. Um es kurz zu machen: Ich war schnell … sauschnell.

Die Contis schienen ein fast schmatzendes Ge-räusch zu machen, so saugten sie sich an der Stra-ße fest, und die Ax Lightness waren, vor allem in Verbindung mit der Directmount-Bremse vorne, unglaublich gut zu verzögern. Fast sofort gab es gut dosierbaren Grip auf der Flanke und es ruckte rein gar nichts. Von verschlechterter Bremsleis-tung konnte absolut keine Rede sein, im Nassen fast besser als auf Alu, würde ich sagen. Auf den Kollegen mit den Scheibenbremsen musste ich unten übrigens mehr als zwei Minuten warten …

Auch die rennmäßige, wendige Geometrie macht das CCT Evo zum Vollblutrenner und schafft bei den Fahrern, die darauf stehen, einen riesigen Spaß - faktor, wenn es schnell und kurvig wird.

Die Steifigkeit der restlichen Komponenten, bei denen es auf diese Merkmale ankommt, war auch klasse. Gerade Lenker und Vorbau ließen trotz gerin-gen Gewichts keine Wünsche offen. Allein der Len-kerend überstülper schien am Anfang etwas gewöh-nungsbedürftig, aber da alle Corratecs damit ausge - stattet sind, passt es dann doch wieder ins Bild.

Dieses eine von nur 25 Exemplaren weltweit ist sicher ein Sammlerstück, das es auf jeden Fall ver-dient, im wahrsten Sinne des Wortes ausgiebig getreten zu werden. Es einfach nur im Wohnzim-mer aufzuhängen oder im Sammlerkeller aufzube-wahren, wäre echt, Perlen vor die Säue zu werfen.

Nach unserer Rückkehr über den Valparola, wo dann die Fotos entstanden sind, war ich um eine grandiose Tour und viele tolle Eindrücke reicher, letzteres dank der Nummer 24 in Schwarz-Blau.

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PROFI-TEST