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ZInsO-Aufsätze 1078 ZInsO 25/2010 * Der Autor ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei STS Schulz Tegtmeyer Sozien in Essen. Er ist u.a. im Forderungseinzug in Insolvenzverfahren tätig. 1 Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die per- sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei PKH (Prozesskostenhilfe- vordruckverordnung – PKHVV) v. 17.10.1994, BGBl. I 1994, S. 3001. 2 LAG SchlH, Beschl. v. 5.3.2009 – 5 Ta 50/09, ZInsO 2009, 936. 3 Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt, Der PKH-Anspruch des Insolvenzver- walters, 2007, Rn. 2.42; Jaeger/Henckel/Gerhardt/Windel, InsO, 2007, § 80 Rn. 170. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.2.2004 – 13 W 57/03, ZInsO 2004, 556; OLG München, Beschl. v. 29.5.1998 – 15 W 1502/98, ZIP 1998, 1197; OLG Köln, Beschl. v. 5.4.1994 – 20 W 10/94, ZIP 1994, 724; Gelpcke/Hellstab/ Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.54, 2.56; Pape, ZIP 1988, 1293, 1297 f.; Zöl- ler/Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 116 Rn. 4. 5 Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.43. 6 BGH, Beschl. v. 28.2.2008 – IX ZB 147/07, ZInsO 2008, 378; BGH, Beschl. v. 27.9.2007 – IX ZB 172/06, ZInsO 2007, 1225; BAG, Beschl. v. 28.4.2003 – 2 AZB 78/02, ZIP 2003, 1947 f. = LNR 2003, 27104; BVerwG, Beschl. v. 8.2.2006 – 8 PKH 4/05 (8 C 4/04), ZIP 2006, 1542 f. = LNR 2006, 10957; FG Brandenburg, Beschl. v. 14.10.2003 – 2 S 1708/03, ZInsO 2004, 53. 7 MünchKomm-InsO/Hefermehl, 2. Aufl. 2008, § 208 Rn. 10, 34 f. 8 BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 101/02, ZInsO 2003, 465 f. 9 BAG, Beschl. v. 28.4.2003 – 2 AZB 78/02, ZIP 2003, 1947 = LNR 2003, 27104; OLG Dresden, Beschl. v. 21.9.1998 – 19 W 953/98, ZIP 1998, 1758; OLG Köln, Beschl. v. 11.6.1990 – 16 W 36/90, ZIP 1990, 936; Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.58; Jaeger/Henckel/Gerhardt/ Windel (Fn. 3), § 80 Rn. 170; Pape, ZIP 1988, 1291, 1297; MünchKomm- ZPO/Motzer, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 13. Insolvenzgericht anzuzeigen. Das Insolvenzgericht ist an die Anzeige gebunden und macht die Masseunzulänglichkeit öf- fentlich bekannt. Wenn schon keine eigene Prüfungskompe- tenz des Insolvenzgerichts besteht, besteht erst recht keine Prüfungskompetenz des Prozessgerichts. Das Prozessgericht ist an die angezeigte Masseunzulänglichkeit gebunden 8 und hat aufgrund der Anzeige PKH zu bewilligen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Masseunzulänglichkeit nachträg- lich wieder weggefallen ist. Dies hat der Insolvenzverwalter in seinem PKH-Antrag dann zu offenbaren. Auch wenn keine Masseunzulänglichkeit besteht, kann PKH zu bewilligen sein. Die fehlende Masseunzulänglichkeit schließt eine Bewilligung von PKH auch dann nicht aus, wenn der vorhandene Barbestand zur Abdeckung der Pro- zesskosten ausreichen würde. Es ist zu berücksichtigen, dass der Insolvenzverwalter für eine geordnete Abwicklung des Insolvenzverfahrens über liquide Mittel verfügen muss. Der Handlungsspielraum des Insolvenzverwalters muss sicherge- stellt sein, damit dieser zukünftige Aufgaben erfüllen kann. 9 Aus diesem Grunde sind für eine geordnete Abwicklung des Insolvenzverfahrens Rückstellungen zu bilden. Auch kann sich aus einer Vielzahl von zu führenden Rechtsstreitigkeiten I. Voraussetzungen der PKH Die Bewilligung von PKH für den Insolvenzverwalter richtet sich nach §§ 114 ff. ZPO. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist gem. § 114 Satz 1 ZPO, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Weitere Voraussetzungen für die Be- willigung von PKH ergeben sich aus § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Danach muss es ausgeschlossen sein, dass die Prozesskosten aus der Insolvenzmasse aufgebracht werden können. Weiter- hin muss es den am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten un- zumutbar sein, die Prozesskosten aufzubringen. Die Fragen der Leistungsunfähigkeit der Insolvenzmasse und der Unzumutbarkeit von Kostenvorschüssen durch die wirtschaftlich Beteiligten stellen regelmäßig den Schwer- punkt von PKH-Anträgen des Insolvenzverwalters dar. Die- se Fragen sind ausführlich darzustellen. Das Ausfüllen eines Vordrucks über die persönlichen und wirtschaftlichen Ver- hältnisse des Insolvenzschuldners ist dagegen weder mög- lich noch erforderlich. Der Insolvenzverwalter ist nach § 1 Abs. 2 PKHVV 1 von der Einreichung eines solchen Vor- drucks befreit. 2 1. Leistungsunfähigkeit der Insolvenzmasse Ein Anspruch auf PKH besteht nur bei einer Leistungsunfä- higkeit der Insolvenzmasse. Das ist der Fall, wenn die Kosten für den beabsichtigten Rechtsstreit aus der Masse nicht bestrit- ten werden können. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist der Barbestand der Masse. 3 Von dem Barbestand der Masse sind die Massekosten i.S.d. § 54 InsO und die sonstigen Massever- bindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO abzuziehen. Nur ein nach Ab- zug der Massekosten und Masseverbindlichkeiten verbleiben- der Barbestand kann für einen Kostenvorschuss herangezogen werden. 4 Zwar können auch sonstige Vermögenswerte in die Betrachtung mit einzubeziehen sein. Das gilt aber nur, wenn diese kurzfristig realisierbar sind. 5 Ansonsten scheidet eine Einbeziehung von sonstigen Vermögenswerten aus. Bei Masseunzulänglichkeit ist ohne Weiteres davon auszuge- hen, dass die Kosten des Rechtsstreits nicht aus der Masse aufgebracht werden können. 6 Der Insolvenzverwalter darf bei Masseunzulänglichkeit keine Neumasseverbindlichkei- ten begründen. Neumasseverbindlichkeiten wären auch die Prozesskosten des beabsichtigten Rechtsstreits. Die Feststel- lung des Vorliegens von Masseunzulänglichkeit fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Insolvenzverwalters. 7 Er hat die Masseunzulänglichkeit gem. § 208 Abs. 1 InsO dem Prozesskostenhilfe für Insolvenzverwalter unter Berücksichtigung der Berechnungs- methode des OLG Hamm von Rechtsanwalt/Fachanwalt für IT-Recht/Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Dr. Bernd Lorenz, Essen * Der folgende Beitrag stellt die wesentlichen Aspekte dar, die bei der Bewilligung von PKH für den Insolvenzverwalter zu berücksichtigen sind. Dabei geht er insbesondere auf die durch die Rechtsprechung des 27. ZS des OLG Hamm vorgeschla- gene Berechnungsmethode zur Ermittlung des den Gläubigern zumutbaren Kostenvorschusses ein. Weiterhin werden Fragen erörtert, die sich im Zusammenhang mit PKH-Anträgen in Mahn- und Rechtsmittelverfahren ergeben.

Prozesskostenhilfe für Insolvenzverwalter unter ... · willigung von PKH ergeben sich aus § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Danach muss es ausgeschlossen sein, dass die Prozesskosten aus

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ZInsO-Aufsätze1078 ZInsO 25/2010

* Der Autor ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei STS Schulz Tegtmeyer Sozien in Essen. Er ist u.a. im Forderungseinzug in Insolvenzverfahren tätig.

1 Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die per-sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei PKH (Prozesskostenhilfe-vordruckverordnung – PKHVV) v. 17.10.1994, BGBl. I 1994, S. 3001.

2 LAG SchlH, Beschl. v. 5.3.2009 – 5 Ta 50/09, ZInsO 2009, 936.

3 Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt, Der PKH-Anspruch des Insolvenzver-walters, 2007, Rn. 2.42; Jaeger/Henckel/Gerhardt/Windel, InsO, 2007, § 80 Rn. 170.

4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.2.2004 – 13 W 57/03, ZInsO 2004, 556; OLG München, Beschl. v. 29.5.1998 – 15 W 1502/98, ZIP 1998, 1197; OLG Köln, Beschl. v. 5.4.1994 – 20 W 10/94, ZIP 1994, 724; Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.54, 2.56; Pape, ZIP 1988, 1293, 1297 f.; Zöl-ler/Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 116 Rn. 4.

5 Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.43.

6 BGH, Beschl. v. 28.2.2008 – IX ZB 147/07, ZInsO 2008, 378; BGH, Beschl. v. 27.9.2007 – IX ZB 172/06, ZInsO 2007, 1225; BAG, Beschl. v. 28.4.2003 – 2 AZB 78/02, ZIP 2003, 1947 f. = LNR 2003, 27104; BVerwG, Beschl. v. 8.2.2006 – 8 PKH 4/05 (8 C 4/04), ZIP 2006, 1542 f. = LNR 2006, 10957; FG Brandenburg, Beschl. v. 14.10.2003 – 2 S 1708/03, ZInsO 2004, 53.

7 MünchKomm-InsO/Hefermehl, 2. Aufl. 2008, § 208 Rn. 10, 34 f.

8 BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 101/02, ZInsO 2003, 465 f.

9 BAG, Beschl. v. 28.4.2003 – 2 AZB 78/02, ZIP 2003, 1947 = LNR 2003, 27104; OLG Dresden, Beschl. v. 21.9.1998 – 19 W 953/98, ZIP 1998, 1758; OLG Köln, Beschl. v. 11.6.1990 – 16 W 36/90, ZIP 1990, 936; Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.58; Jaeger/Henckel/Gerhardt/Windel (Fn. 3), § 80 Rn. 170; Pape, ZIP 1988, 1291, 1297; MünchKomm-ZPO/Motzer, 3. Aufl. 2008, § 116 Rn. 13.

Insolvenzgericht anzuzeigen. Das Insolvenzgericht ist an die Anzeige gebunden und macht die Masseunzulänglichkeit öf-fentlich bekannt. Wenn schon keine eigene Prüfungskompe-tenz des Insolvenzgerichts besteht, besteht erst recht keine Prüfungskompetenz des Prozessgerichts. Das Prozessgericht ist an die angezeigte Masseunzulänglichkeit gebunden8 und hat aufgrund der Anzeige PKH zu bewilligen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Masseunzulänglichkeit nachträg-lich wieder weggefallen ist. Dies hat der Insolvenzverwalter in seinem PKH-Antrag dann zu offenbaren.

Auch wenn keine Masseunzulänglichkeit besteht, kann PKH zu bewilligen sein. Die fehlende Masseunzulänglichkeit schließt eine Bewilligung von PKH auch dann nicht aus, wenn der vorhandene Barbestand zur Abdeckung der Pro-zesskosten ausreichen würde. Es ist zu berücksichtigen, dass der Insolvenzverwalter für eine geordnete Abwicklung des Insolvenzverfahrens über liquide Mittel verfügen muss. Der Handlungsspielraum des Insolvenzverwalters muss sicherge-stellt sein, damit dieser zukünftige Aufgaben erfüllen kann.9 Aus diesem Grunde sind für eine geordnete Abwicklung des Insolvenzverfahrens Rückstellungen zu bilden. Auch kann sich aus einer Vielzahl von zu führenden Rechtsstreitigkeiten

I. Voraussetzungen der PKH

Die Bewilligung von PKH für den Insolvenzverwalter richtet sich nach §§ 114 ff. ZPO. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist gem. § 114 Satz 1 ZPO, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Weitere Voraussetzungen für die Be-willigung von PKH ergeben sich aus § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Danach muss es ausgeschlossen sein, dass die Prozesskosten aus der Insolvenzmasse aufgebracht werden können. Weiter-hin muss es den am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten un-zumutbar sein, die Prozesskosten aufzubringen.

Die Fragen der Leistungsunfähigkeit der Insolvenzmasse und der Unzumutbarkeit von Kostenvorschüssen durch die wirtschaftlich Beteiligten stellen regelmäßig den Schwer-punkt von PKH-Anträgen des Insolvenzverwalters dar. Die-se Fragen sind ausführlich darzustellen. Das Ausfüllen eines Vordrucks über die persönlichen und wirtschaftlichen Ver-hältnisse des Insolvenzschuldners ist dagegen weder mög-lich noch erforderlich. Der Insolvenzverwalter ist nach § 1 Abs.  2 PKHVV1 von der Einreichung eines solchen Vor-drucks befreit.2

1. Leistungsunfähigkeit der Insolvenzmasse

Ein Anspruch auf PKH besteht nur bei einer Leistungsunfä-higkeit der Insolvenzmasse. Das ist der Fall, wenn die Kosten für den beabsichtigten Rechtsstreit aus der Masse nicht bestrit-ten werden können. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist der Barbestand der Masse.3 Von dem Barbestand der Masse sind die Massekosten i.S.d. § 54 InsO und die sonstigen Massever-bindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO abzuziehen. Nur ein nach Ab-zug der Massekosten und Masseverbindlichkeiten verbleiben-der Barbestand kann für einen Kostenvorschuss herangezogen werden.4 Zwar können auch sonstige Vermögenswerte in die Betrachtung mit einzubeziehen sein. Das gilt aber nur, wenn diese kurzfristig realisierbar sind.5 Ansonsten scheidet eine Einbeziehung von sonstigen Vermögenswerten aus.

Bei Masseunzulänglichkeit ist ohne Weiteres davon auszuge-hen, dass die Kosten des Rechtsstreits nicht aus der Masse aufgebracht werden können.6 Der Insolvenzverwalter darf bei Masseunzulänglichkeit keine Neumasseverbindlichkei-ten begründen. Neumasseverbindlichkeiten wären auch die Prozesskosten des beabsichtigten Rechtsstreits. Die Feststel-lung des Vorliegens von Masseunzulänglichkeit fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Insolvenzverwalters.7 Er hat die Masseunzulänglichkeit gem. § 208 Abs. 1 InsO dem

Prozesskostenhilfe für Insolvenzverwalter unter Berücksichtigung der Berechnungs­methode des OLG Hammvon Rechtsanwalt/Fachanwalt für IT-Recht/Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Dr. Bernd Lorenz, Essen*

Der folgende Beitrag stellt die wesentlichen Aspekte dar, die bei der Bewilligung von PKH für den Insolvenzverwalter zu berücksichtigen sind. Dabei geht er insbesondere auf die durch die Rechtsprechung des 27. ZS des OLG Hamm vorgeschla-gene Berechnungsmethode zur Ermittlung des den Gläubigern zumutbaren Kostenvorschusses ein. Weiterhin werden Fragen erörtert, die sich im Zusammenhang mit PKH-Anträgen in Mahn- und Rechtsmittelverfahren ergeben.

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ZInsO-AufsätzeZInsO 25/2010 1079

10 BGH, Beschl. v. 27.9.1990 – IX ZR 250/89, NJW 1991, 40 f. = LNR 1991, 14521; Zöller/Geimer (Fn. 4), § 116 Rn. 6.

11 BGH, Beschl. v. 14.7.2005 – IX ZB 224/04, ZInsO 2005, 877; BGH, Beschl. v. 18.9.2003 – IX ZB 460/02, ZInsO 2003, 941; BGH, Beschl. v. 15.1.1998 – IX ZB 122/97, NJW 1998, 1229 = LNR 1998, 20855; Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.407 ff.; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia (Fn. 7), § 80 Rn. 89.

12 OLG Celle, Beschl. v. 23.8.2006 – 9 W 75/06, ZInsO 2007, 331; OLG Hamm, Beschl. v. 26.9.2002 – 8 W 29/02, ZIP 2003, 42; OLG Jena, Beschl. v. 26.2.2001 – 7 W 6/01, ZInsO 2001, 268; OLG Rostock, Beschl. v. 2.9.1997 – 7 W 63/97, ZIP 1997, 1710; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 16.6.1997 – 21 W 30/97, ZIP 1997, 1600; MünchKomm-ZPO/Motzer (Fn. 9), § 116 Rn. 12; Zöller/Geimer (Fn. 4), § 116 Rn. 6, 10a.

13 OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 3.1.2001 – 3 W 51/00, LNR 2001, 21999; Pape, ZIP 1988, 1293, 1304 f.; Pape, ZIP 1990, 1529, 1531; Zöller/Geimer (Fn. 4), § 116 Rn. 6, 10b.

14 KG, Beschl. v. 27.6.2005 – 12 W 31/05, ZInsO 2005, 992; Gelpcke/Hell-stab/Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.276; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 80 Rn. 120.

15 BGH, Beschl. v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, ZInsO 2004, 501; Gelpcke/Hellstab/Wache/Weigelt (Fn. 3), Rn. 2.328; Zöller/Geimer (Fn. 4), § 116 Rn. 7a.

16 OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2006 – 27 W 77/06, ZIP 2007, 147 = LNR 2006, 31876; OLG Hamm, Beschl. v. 21.6.2005 – 27 W 17/05, ZIP 2005, 1711; OLG Hamm, Beschl. v. 9.6.2005 – 27 W 41/05 = LNR 2005, 18434; OLG Hamm, Beschl. v. 24.3.2005 – 27 W 44/05, ZInsO 2005, 1050 f.

17 BVerwG, Beschl. v. 8.2.2006 – 8 PKH 4/05, ZIP 2006, 1542, 1544 = LNR 2006, 10957; BGH, Beschl. v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, ZInsO 2004, 501; BGH, Beschl. v. 24.3.1998 – XI ZR 4/98, NJW 1998, 1868 = LNR 1998, 15712.

18 BGH, Beschl. v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, ZInsO 2004, 501; BGH, Beschl. v. 8.10.1992 – VII ZB 3/92, NJW 1993, 135, 136 f. = LNR 1992, 14448; BGH, Beschl. v. 27.9.1990 – IX ZR 250/89, NJW 1991, 40 f. = LNR 1990, 14340.

19 BGH, Beschl. v. 8.10.1992 – VII ZB 3/92, NJW 1993, 135, 136 f. = LNR 1992, 14448.

ne oder nur eine geringfügige Verbesserung ergibt, sind sie dagegen nicht wirtschaftlich beteiligt bzw. ihnen ist ein Vor-schuss nicht zumutbar.15 Das OLG Hamm hat hierzu festge-stellt, dass als Kleingläubiger alle Gläubiger anzusehen sind, die mit weniger als 5 % an der Gesamtsumme der fest-gestellten Insolvenzforderungen beteiligt sind.16 Hierbei handelt es sich um eine praktikable Abgrenzung von Klein- und Großgläubigern. Indes kann, soweit einzelne Forderun-gen noch nicht geprüft wurden, nicht alleine auf die festge-stellten Forderungen abgestellt werden. Auch angemeldete Forderungen sind zu berücksichtigen, soweit sie noch nicht geprüft wurden.

dd) Öffentliche Hand

Umstritten ist die Frage, inwieweit der öffentlichen Hand ein Vorschuss zumutbar ist. Grds. ist auch der öffentlichen Hand ein Vorschuss zumutbar. Insbesondere ist dem Steuer-fiskus und damit dem Finanzamt ein Vorschuss zumutbar.17 Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung allerdings für die Arbeitsverwaltung18 und damit für die Bundesagentur für Arbeit sowie für die Sozialversicherungsträger.19 Dies wird damit begründet, dass diese Institutionen über keine Haushaltstitel für Prozesskostenvorschüsse verfügen und solche Haushaltstitel den Institutionen auch nicht zumutbar sind.

ergeben, dass der Barbestand nicht ausreicht, um die Prozess-kosten für sämtliche Rechtsstreitigkeiten aufzubringen.

2. Keine Finanzierung durch die wirtschaftlich Beteiligten

Ein Anspruch auf PKH besteht nur, wenn den wirtschaftlich Beteiligten eine Finanzierung des Prozesses nicht zumutbar ist. Wirtschaftlich Beteiligte sind Dritte, deren Befriedi-gungschancen sich bei einem Obsiegen des Insolvenzver-walters verbessern.10

a) Vorschusspflichtige Dritte

Bei der Erstellung von PKH-Anträgen ist zunächst der Per-sonenkreis der vorschusspflichtigen Dritten einzugrenzen. Dritte können als vorschusspflichtige Personen ausscheiden, weil sie entweder nicht wirtschaftlich beteiligt sind oder weil ihnen ein Vorschuss nicht zumutbar ist.

aa) Insolvenzverwalter

Der Insolvenzverwalter ist zwar Massegläubiger seiner Vergütungsansprüche. Nach zutreffender Auffassung ist er aber entweder nicht wirtschaftlich Beteiligter oder ihm ist die Erbringung eines Vorschusses nicht zumutbar.11 Das gilt nach zutreffender Auffassung auch dann, wenn bei ei-nem Erfolg des Prozesses vornehmlich die Vergütungsan-sprüche des Insolvenzverwalters befriedigt werden.12 Der Insolvenzverwalter nimmt eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe wahr. Mit dieser Aufgabe ist es unver-einbar, wenn er Prozesse auf eigenes Kostenrisiko führen muss.

bb) Massegläubiger

Umstritten ist die Frage, ob Massegläubiger wirtschaftlich Beteiligte sind oder ob ihnen ein Vorschuss zumutbar ist. Eine Auffassung lehnt dies mit der Begründung ab, dass sich Massegläubiger ohne eine bevorzugte Behandlung nicht auf Geschäfte mit dem Insolvenzverwalter einlassen würden.13 Nach zutreffender Auffassung ist auch Masse-gläubigern als wirtschaftlich Beteiligten ein Kostenvor-schuss zumutbar.14 Im Rahmen des § 116 ZPO ist alleine ein wirtschaftlicher Maßstab zugrunde zu legen, sodass es nur auf eine Verbesserung der Befriedigungschancen ankommt. I.Ü. sind Massegläubiger aufgrund der vorrangigen Befrie-digung die Ersten, die von einem Prozesserfolg profitieren. Massegläubigern ist nur dann ein Vorschuss nicht zumutbar, wenn sie auf das Prozessergebnis nicht angewiesen sind, weil sie ohnehin mit einer vollen Befriedigung ihrer Forde-rung rechnen können.

cc) Insolvenzgläubiger

Insolvenzgläubiger sind wirtschaftlich Beteiligte, wenn sich durch einen erfolgreichen Prozess ihre Befriedigungschan-cen erhöhen. Das ist dann der Fall, wenn sich für sie die später auszuschüttende Quote erhöht. Wenn sich für sie kei-

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teil, dass die Ergebnisse genauer, gerechter und vorherseh-barer als eine bloße wertende Abwägung sind.

Auch das OLG Hamm hält nach der Entscheidung des BGH an seiner Berechnungsmethode fest.24 Aus diesem Grunde soll im Folgenden dargestellt werden, welche Berechnun-gen der Insolvenzverwalter in seinen PKH-Anträgen anzu-stellen hat.

aa) Berechnung des Mehrerlöses

In einem ersten Schritt ist festzustellen, welcher Mehrerlös durch die beabsichtigte Klage entsteht. Ausgangspunkt die-ser Feststellung ist der einzuklagende Betrag einschließlich Zinsen. Von diesem Betrag können im Einzelfall Abzüge vorzunehmen sein.

Ein Abschlag kann sich aufgrund eines hohen Prozessrisi-kos ergeben. Ein hohes Prozessrisiko kann sich daraus erge-ben, dass der Fall Rechtsfragen beinhaltet, die in der Recht-sprechung umstritten oder noch nicht höchstrichterlich entschieden sind. Ein solches besteht auch dann, wenn der Insolvenzverwalter die Klage auf Mindermeinungen stützt. Ferner kann aus der Beweislast ein hohes Prozessrisiko fol-gen. Wenn der Insolvenzverwalter für strittige Punkte be-weispflichtig ist, stellt dies ein Prozessrisiko dar. Dabei ist zu berücksichtigten, dass der Insolvenzverwalter sowieso regelmäßig Schwierigkeiten in der Beweisführung ausge-setzt ist. Die Geschäftsunterlagen des Insolvenzschuldners sind nach der Betriebsstilllegung oftmals eingelagert. Dies macht es mühevoll, einzelne Unterlagen wiederzufinden und herauszusuchen. Ehemalige Mitarbeiter stehen regel-mäßig nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zur Verfü-gung, um zu strittigen Punkten befragt werden zu können.

Ein Abschlag kann ferner aufgrund eines hohen Vollstre-ckungsrisikos vorzunehmen sein. Ein hohes Vollstreckungs-risiko kann sich aus einer schlechten Bonitätsauskunft bzgl. des Klagegegners ergeben. Wenn z.B. eine Auskunft bei Creditreform25 zu einem schlechten Bonitätsindex führt, be-steht ein erhebliches Vollstreckungsrisiko.

bb) Berechnung des Verbesserungsbetrags

In einem zweiten Schritt ist festzustellen, welcher Verbesse-rungsbetrag auf die Gläubiger im Fall des Obsiegens in dem

ee) Arbeitnehmer

Weiterhin scheiden Arbeitnehmer des Insolvenzschuldners regelmäßig als vorschusspflichtige Gläubiger aus.20 Arbeit-nehmer sind i.d.R. wirtschaftlich nicht besonders leistungs-stark. Hinzu kommt, dass sie aufgrund der Insolvenz ihren Arbeitsplatz verloren haben. Mit dem Arbeitslosengeld ha-ben sie aber i.d.R. nur ein geringes Einkommen.

ff) Fazit

Als vorschusspflichtige Personen kommen Massegläubiger und Großgläubiger von Insolvenzforderungen in Betracht. Reicht der durch die Klage erzielte Mehrerlös nur für eine Befriedigung der Masseverbindlichkeiten aus, können nur Massegläubiger vorschusspflichtig sein. Führt der Mehrer-lös zu einer verbesserten Befriedigung von Masse- und Großgläubigern, können Masse- und Großgläubiger vor-schusspflichtig sein. Wenn der Mehrerlös für eine Tilgung der Masseverbindlichkeiten nicht benötigt wird, können nur die Großgläubiger vorschusspflichtig sein.

b) Unzumutbarer oder unzureichender Vorschuss

Hinsichtlich der verbleibenden Gläubiger stellt sich die Fra-ge, ob und in welcher Höhe ihnen ein Vorschuss zumutbar ist. Das OLG Hamm hat zu dieser Frage in einer Reihe von Entscheidungen eine verlässliche Berechnungsmethode aufgestellt.21 Danach ist den Gläubigern ein Vorschuss in der Höhe zumutbar, in der sie den auf sie entfallenden Verbesse-rungsbetrag selber in einem Rechtsstreit einklagen würden. Zu berechnen ist der Verbesserungsbetrag, der auf die Gläu-biger bei einer erfolgreichen Prozessführung entfällt. An-hand des Verbesserungsbetrags ist festzustellen, welcher Vorschuss den Gläubigern für den beabsichtigten Rechts-streit zumutbar ist. Die Summe der zumutbaren Vorschüsse ist mit den Kosten für den beabsichtigten Rechtsstreit zu vergleichen. Anhand des Vergleichs ist festzustellen, ob die zumutbaren Vorschüsse die Kosten des beabsichtigten Rechtsstreits decken.

Der BGH22 und einige Stimmen in der Literatur23 haben die Berechnungsmethode des OLG Hamm kritisiert. Eine ma-thematische Berechnungsmethode soll für die Entscheidung über die PKH ungeeignet sein. Der BGH hat allerdings nicht in Abrede gestellt, dass in den Fällen, in denen nach der Berechnungsmethode der Vorschuss zur Finanzierung des Prozesses nicht ausreicht, PKH zu bewilligen ist. Viel-mehr führt der BGH aus, dass PKH auch aus anderen Grün-den zu bewilligen sein kann. Demnach kann die Berech-nungsmethode des OLG Hamm weiterhin zur Feststellung, welcher Vorschuss den Gläubigern zumutbar ist, herangezo-gen werden. Der Vorteil dieser Berechnungsmethode liegt darin, dass durch eine mathematische Berechnung festge-stellt werden kann, ob der den Gläubigern zumutbare Vor-schuss zur Finanzierung des beabsichtigten Rechtsstreits ausreicht. Eine mathematische Berechnung bietet den Vor-

20 BAG, Beschl. v. 28.4.2003 – 2 AZB 78/02, ZIP 2003, 1947 f. = LNR 2003, 27104; BGH, Beschl. v. 27.9.1990 – IX ZR 250/89, NJW 1991, 40 f. = LNR 1990, 14340; BGH, Beschl. v. 8.10.1992 – VII ZB 3/92, NJW 1993, 135, 136 f. = LNR 1992, 14448.

21 OLG Hamm, Beschl. v. 31.7.2007 – 27 W 31/07, ZInsO 2007, 1049; OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2006 – 27 W 77/06, ZIP 2007, 147 = LNR 2006, 31876; OLG Hamm, Beschl. v. 21.6.2005 – 27 W 17/05, ZIP 2005, 1711; OLG Hamm, Beschl. v. 9.6.2005 – 27 W 41/05, LNR 2005, 18434; OLG Hamm, Beschl. v. 24.3.2005 – 27 W 44/05, ZInsO 2005, 1050.

22 BGH, Beschl. v. 6.3.2006 – II ZB 11/05, ZInsO 2006, 369.

23 Beutler/Voss, EWiR 2006, 415; Gelpcke, ZIP 2006, 1522; Küpper/Heinze, ZInsO 2007, 680, 686.

24 OLG Hamm, Beschl. v. 31.7.2007 – 27 W 31/07, ZInsO 2007, 1049.

25 URL: http://www.creditreform.de.

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rungsbeträgen, erhebliche Kostenvorschüsse zuzumuten. Die Höhe des Vorschusses steht in diesem Fall außer Ver-hältnis zum erzielten Verbesserungsbetrag. Aus diesem Grunde ist den Gläubigern ein Vorschuss nicht zuzumu-ten, bei denen der Vorschuss den Verbesserungsbetrag übersteigt.

dd) Vergleich des zumutbaren Vorschusses mit den Prozesskosten

In einem vierten Schritt ist zu überprüfen, ob der den Gläu-bigern zumutbare Vorschuss zur Finanzierung des beabsich-tigten Rechtsstreits ausreicht. Hier ist ein Vergleich zwi-schen dem den Gläubigern zumutbaren Vorschuss und den Prozesskosten des beabsichtigten Rechtsstreits anzustellen. Hinsichtlich der Prozesskosten des beabsichtigten Rechts-streits sind für erstinstanzliche Zivilverfahren 3,0 Gerichts-gebühren nach der Nr. 1210 KV GKG, 2,5 Rechtsanwalts-gebühren nach der Nr. 3100, 3104 VV RVG, die Post- und Telekommunikationspauschale nach der Nr. 7002 VV RVG und 19 % USt nach der Nr. 7008 VV RVG zugrunde zu le-gen.

c) Unzumutbarer Koordinierungsaufwand für den Insolvenzverwalter

Der BGH hat die Berechnungsmethode des OLG Hamm als zu schematisch kritisiert.28 Der BGH hat allerdings nicht in Abrede gestellt, dass in den Fällen, in denen nach der Be-rechnungsmethode der Vorschuss zur Finanzierung des Pro-zesses nicht ausreicht, PKH zu bewilligen ist. Wenn der Vor-schuss allerdings ausreichen würde, ist entsprechend dem BGH zu prüfen, ob nicht andere Gründe für die Bewilligung von PKH eingreifen.

PKH kann auch dann zu bewilligen sein, wenn der Vor-schuss der Gläubiger ausreichen würde, um die Prozesskos-ten abzudecken. Insbesondere kann sich aus einer Vielzahl von vorschusspflichtigen Gläubigern ergeben, dass PKH zu bewilligen ist. Nach dem BGH ist dem Insolvenzverwalter nämlich in diesem Fall der Koordinierungsaufwand nicht zumutbar.29 Der Insolvenzverwalter müsste sämtliche Gläu-biger anschreiben und um einen Vorschuss bitten. Dabei müsste er jedem einzelnen Gläubiger vorrechnen, welcher Vorschuss ihm konkret zumutbar ist. Wenn eine Beweisauf-nahme erforderlich wird, müsste der Insolvenzverwalter wiederum alle Gläubiger anschreiben und um einen Vor-schuss für Sachverständigengutachten oder Zeugen bitten. Dieser Koordinierungsaufwand ist dem Insolvenzverwalter bei einer Vielzahl von Gläubigern nicht zumutbar.

Rechtsstreit entfallen würde. Hier ist auszurechnen, inwie-weit sich die Quote durch den Massezufluss erhöht. Dabei ist festzustellen, mit welcher Quote der Gläubiger ohne und mit dem Mehrerlös zu rechnen hat. Kommen Insolvenzgläu-biger als vorschusspflichtige Personen in Betracht, sind von der Teilungsmasse die vorweg zu befriedigenden Massever-bindlichkeiten in Abzug zu bringen. Anhand der Quotener-höhung ist der Verbesserungsbetrag für jeden einzelnen Gläubiger zu berechnen.

In einigen Fällen kann sich ergeben, dass die Gläubiger kei-nen Verbesserungsbetrag zu erwarten haben. Das ist der Fall, wenn sich auch bei Realisierung der Forderung aus dem beabsichtigten Rechtsstreit die Quote nicht erhöht. Weiterhin ist dies bei Klagearten der Fall, die nicht auf Zah-lung gerichtet sind wie z.B. bei Anfechtungsklagen. In die-sen Fällen ist den Gläubigern ein Vorschuss generell unzu-mutbar. Den Gläubigern kommt durch die beabsichtigte Klage kein wirtschaftlicher Vorteil zugute, da für sie keine Verbesserung der Befriedigungschancen zu erwarten ist. Ein Gläubiger ist jedoch nicht verpflichtet, sich an den Kos-ten eines Rechtsstreits zu beteiligen, von dessen Ausgang er nicht profitiert.26

cc) Berechnung des zumutbaren Vorschusses

Bei einem Verbesserungsbetrag ist in einem dritten Schritt festzustellen, wie hoch die Prozesskosten wären, wenn der Gläubiger den Verbesserungsbetrag selber einklagen würde. Dies ergibt den dem jeweiligen Gläubiger zumutbaren Vor-schuss. Für die Berechnung der Vorschüsse sind 3,0 Ge-richtsgebühren nach der Nr. 1210 KV GKG, 2,5 Rechtsan-waltsgebühren nach den Nr. 3100, 3104 VV RVG, die Post- und Telekommunikationspauschale nach der Nr. 7002 VV RVG und 19 % USt nach der Nr. 7008 VV RVG zugrun-de zu legen. Die Kosten für den gegnerischen Rechtsanwalt sind nicht einzubeziehen. Die Gläubiger sind nämlich kei-nen Kostenerstattungsansprüchen der Gegenseite ausge-setzt. Bei einem Prozess des Insolvenzverwalters, den die Gläubiger finanzieren, richten sich die Kostenerstattungsan-sprüche ausschließlich gegen die Insolvenzmasse.

Schwächen weist die Berechnungsmethode bei geringen Verbesserungsbeträgen auf. Ergibt sich bspw. ein Verbes-serungsbetrag von 30 €, wäre dem Gläubiger nach den v.g. Grundsätzen ein Vorschuss von 89,25 € für ein erstins-tanzliches Zivilverfahren zumutbar. Das Problem hängt damit zusammen, dass bei geringen Streitwerten die Pro-zesskosten verhältnismäßig hoch sind. Einem Gläubiger kann jedoch ein Vorschuss nicht zugemutet werden, der den Verbesserungsbetrag übersteigt.27 Bei einem erfolg-reichen Prozess würde der Gläubiger zwar seinen Vor-schuss zurückerhalten und zusätzlich den Verbesserungs-betrag bekommen. Den Vorschuss erhält der Gläubiger nämlich bei erfolgreicher Vollstreckung des Kostenfest-setzungsbeschlusses zurück. Den Verbesserungsbetrag er-hält der Gläubiger bei erfolgreicher Vollstreckung des Ur-teils. Es ist jedoch unverhältnismäßig den Gläubigern von geringen oder sogar verschwindend geringen Verbesse-

26 BGH, Beschl. v. 20.9.1994 – X ZR 20/93, NJW 1994, 3170; OLG Naum-burg, Beschl. v. 23.1.2002 – 1 W 32/01, ZInsO 2002, 586.

27 Vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschl. v. 17.3.2004 – 4 W 269/03, wonach ein Vorschuss, der unwesentlich unter dem Verbesserungsbetrag liegt, nicht zumutbar ist.

28 BGH, Beschl. v. 6.3.2006 – II ZB 11/05, ZInsO 2006, 369.

29 BGH, Beschl. v. 6.3.2006 – II ZB 11/05, ZInsO 2006, 369 f.

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zu erwarten haben. In diesen Fällen ist den Gläubigern aber ein Vorschuss sowieso nicht zumutbar. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass dem öffentlichen Interesse an der Insolvenz-abwicklung eine eigenständige Bedeutung für die Bewilli-gung von PKH zukäme. Vielmehr handelt es sich um ein zusätzliches Argument, das zum Tragen kommt, wenn den Gläubigern ein Vorschuss sowieso nicht zumutbar ist.

e) Fazit

Das OLG Hamm hat eine verlässliche Berechnungsmethode entwickelt, die genaue, gerechte und vorhersehbare Ergeb-nisse liefert. Wenn ein PKH-Antrag mit einer entsprechen-den Berechnung und unter Berücksichtigung der Ausfüh-rungen des BGH vorgelegt wird, bewilligen die Gerichte meiner Erfahrung nach regelmäßig PKH. Dabei ist aller-dings abweichend vom OLG Hamm zu berücksichtigen, dass auch Massegläubiger vorschusspflichtig sein können.

3. Regel­Ausnahme­Verhältnis

Umstritten ist die Frage, ob die Bewilligung von PKH für den Insolvenzverwalter die Regel und die Ablehnung die Ausnahme bilden soll. Der BGH nahm dies zunächst in der Entscheidung v. 27.9.1990 unter Hinweis auf die Gesetzes-begründung an.32 Die Entscheidung korrigierte der BGH mit der Entscheidung v. 24.3.1998.33 In der Entscheidung v. 23.3.2006 hat der BGH diese Frage wiederum bejaht.34 Auch das BAG geht in seiner Entscheidung v. 28.4.2003 von dem Regel-Ausnahme-Verhältnis aus.35

Der BGH hat in seiner Entscheidung v. 24.3.1998 zutreffend ausgeführt, dass sich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis aus der Gesetzesbegründung nicht ergibt. Soweit im Entwurf eines Gesetzes über die PKH v. 17.7.1979 die Versagung der PKH als Ausnahme von der Regel bezeichnet wird,36 beziehen sich diese Ausführungen auf eine Fassung einer Norm, die nicht Gesetz geworden ist. In § 114c Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs war die Zumutbarkeit der Mittelaufbringung durch die wirt-schaftlichen Beteiligten als Versagungsgrund für die PKH ausgestaltet. Die Fassung des Entwurfs hat keinen Eingang in die endgültige Fassung des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO gefunden.

Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der PKH. Die Verfolgung von Ansprü-

Der BGH hat festgestellt, dass jedenfalls bei fünf vorschuss-pflichtigen Gläubigern, dem Insolvenzverwalter der Koordi-nierungsaufwand nicht mehr zumutbar ist. Die Frage, ob auch bei einer geringeren Zahl von Gläubigern, der Koordi-nierungsaufwand unzumutbar ist, hat der BGH offengelas-sen. Nach hier vertretener Ansicht ist dem Insolvenzverwal-ter schon bei drei Gläubigern der Koordinierungsaufwand nicht mehr zumutbar. Auch bei drei Gläubigern entsteht be-reits ein erheblicher Arbeitsaufwand. Hinzu kommt, dass je mehr Gläubiger zu einem Vorschuss herangezogen werden müssen desto unwahrscheinlicher wird die Prozessfinanzie-rung. Es besteht die Gefahr, dass die Gläubiger auf die Pro-zessfinanzierung durch die anderen Gläubiger vertrauen. Wenn ein Gläubiger die Finanzierung des Rechtsstreits ver-weigert, kann u.U. der gesamte Prozess nicht mehr geführt werden. Dieses Risiko steigt an je mehr Gläubiger zu einem Vorschuss herangezogen werden müssen. Lediglich bei ein oder zwei vorschusspflichtigen Gläubigern erscheint es des-halb gerechtfertigt, diese zu einem Vorschuss heranzuziehen.

d) Öffentliches Interesse an der Insolvenz­abwicklung

Der Insolvenzverwalter nimmt eine im öffentlichen Interes-se liegende Aufgabe wahr.30 Er ist mit der geordneten und rechtlich gesicherten Abwicklung von Unternehmen vor al-lem zum Schutz sozial Schwächerer betraut.31 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob das öffentliche Interes-se an der Insolvenzabwicklung als eigenständiger Grund für die Bewilligung von PKH anzuerkennen ist.

Einerseits ist es Aufgabe des Insolvenzverwalters für eine ge-ordnete Abwicklung des Unternehmens zu sorgen. Dazu zählt auch die Rechtsverfolgung durch den Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter treibt Forderungen gegen Dritt-schuldner bei, macht Anfechtungsansprüche nach §§ 129 ff. InsO, Haftungsansprüche gegen Geschäftsführer nach § 64 GmbHG, § 130a Abs. 2 HGB und Ansprüche wegen nicht er-brachter Einlagen gegen Gesellschafter geltend. Es ist nicht einzusehen, dass diese Personen wegen der Insolvenz nichts mehr zu zahlen brauchen. Vielmehr kommt der Rechtsverfol-gung durch den Insolvenzverwalter mit dem Ziel der Masse-anreicherung ein schutzwürdiges öffentliches Interesse zu.

Andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Insol-venzabwicklung auch im Interesse der Gläubiger liegt. Durch die Geltendmachung von Ansprüchen erhöht sich für die Gläubiger die Quote. Es sind am ehesten die Gläubiger, die von Prozessen des Insolvenzverwalters profitieren. Vor diesem Hintergrund muss das öffentliche Interesse zurück-treten, wenn Massegläubiger oder Großgläubiger einen Rechtsstreit trotz eines zu erwartenden erheblichen Verbes-serungsbetrags nicht finanzieren. Anderenfalls bestünde in jedem Fall ein Anspruch auf Bewilligung von PKH.

Folglich kann das öffentliche Interesse an der Insolvenzab-wicklung nur dann einen Grund für die Bewilligung von PKH darstellen, wenn es keine Massegläubiger oder Groß-gläubiger gibt, die einen erheblichen Verbesserungsbetrag

30 BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – IX ZB 130/05, ZInsO 2006, 427; BGH, Beschl. v. 18.9.2003 – IX ZB 460/02, ZInsO 2003, 941; BGH, Beschl. v. 27.9.1990 – IX ZR 250/89, NJW 1991, 40, 41 f. = LNR 1990, 14340.

31 BGH, Beschl. v. 27.9.1990 – IX ZR 250/89, NJW 1991, 40 f. = LNR 1990, 14340.

32 BGH, Urt. v. 27.9.1990 – IX ZR 250/89, NJW 1991, 40 = LNR 1990, 14340; so auch BGH, Beschl. v. 8.10.1992 – VII ZB 3/92, NJW 1993, 135 = LNR 1992, 14448.

33 BGH, Urt. v. 24.3.1998 – XI ZR 4/98, NJW 1998, 1868 f. = LNR 1998, 15712.

34 BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – IX ZB 130/05, ZInsO 2006, 427.

35 BAG, Beschl. v. 28.4.2003 – 2 AZB 78/02, ZIP 2003, 1947 = LNR 2003, 27104.

36 BT-Drucks. 08/3068, S. 26, URL: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/08/030/0803068.pdf.

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37 LAG Hamm, Beschl. v. 25.5.2009 – 14 Ta 844/08, LNR 2009, 28530; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.1.2008 – 7 Ta 251/07, LNR 2008, 10609; LG Hagen, Beschl. v. 12.7.2007 – 3 T 374/07; Zöller/Geimer (Fn. 4), § 121 Rn. 5.

38 BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – IX ZB 130/05, ZInsO 2006, 427; BGH, Beschl. v. 11.11.2004 – IX ZB 48/04, ZInsO 2004, 1348.

39 BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – IX ZB 130/05, ZInsO 2006, 427.

40 BGH, Beschl. v. 17.9.2008 – IV ZR 343/07, NJW 2009, 440 = LNR 2008, 24697.

41 BGH, Urt. v. 3.11.2005 – 4 U 36/05; BGH, Urt. v. 17.10.2000 – XI ZR 312/99, NJW 2001, 305.

42 BGH, Urt. v. 21.10.2008 – XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 f. = LNR 2008, 25575.

43 Zöller/Geimer (Fn. 4), § 119 Rn. 16.

einen anderen Rechtsanwalt übertragen, der als Vergütung für seine Tätigkeit PKH erhält.

Es kann nicht nur ein einzelner Rechtsanwalt beigeordnet werden, sondern auch eine Rechtsanwaltsgesellschaft nach § 59l BRAO, eine Partnerschaftsgesellschaft oder eine So-zietät. Nach dem BGH kann im Rahmen der PKH auch eine in der Form einer GbR betriebene Sozietät beigeordnet wer-den.40 Der Vorteil der Beiordnung einer Sozietät gegenüber der Beiordnung eines einzelnen Anwalts liegt darin, dass im Verhinderungsfall eines Anwalts dieser nicht erst seinen Kollegen aus der Sozietät für die Wahrnehmung des Ter-mins zur mündlichen Verhandlung bevollmächtigen muss. Auch beim Ausscheiden eines Rechtsanwalts aus der Sozie-tät kann der Rechtsstreit ohne Weiteres durch einen Kolle-gen aus der Sozietät fortgesetzt werden.

III. PKH in bestimmten Verfahrensarten

Im Folgenden wird noch auf Besonderheiten der Bewilli-gung von PKH in bestimmten Verfahrensarten eingegangen.

1. Mahnverfahren

PKH kann auch für das Mahnverfahren bewilligt werden. Ein Rechtsanwalt wird – wie bereits dargestellt wurde – für das Mahnverfahren jedoch nicht beigeordnet.

Der Mahnbescheid ist dem Mahngericht zusammen mit dem PKH-Antrag zu übersenden. Das Beifügen einer Anspruchs-begründung ist für den Erlass des Mahnbescheids nicht er-forderlich. Es ist aber darauf zu achten, dass die Forderungen im Mahnbescheid hinreichend genau individualisiert wer-den. Die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB tritt nur bei einem Mahnbescheid mit gem. § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend individualisierten Forderungen ein.41 Hierzu ist es erforderlich, entweder im Mahnbescheid jede einzelne Rechnung mit Rechnungsnummer anzugeben oder dem Drittschuldner vor Eintritt der regulären Verjährung42 ein gesondertes Schreiben mit einer Aufstellung über die of-fenen Rechnungen zu übersenden und in dem Mahnbescheid auf dieses Schreiben Bezug zu nehmen.

Im Mahnverfahren entscheiden das Mahngericht und das Prozessgericht einzeln über die Bewilligung von PKH.43 Das Mahngericht entscheidet also nur über die PKH für das

chen im Insolvenzverfahren und die geordnete Abwicklung des Insolvenzverfahrens stellt zwar ein schutzwürdiges öf-fentliches Interesse dar. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Fäl-len, in denen keine PKH zu bewilligen ist. Immer dann, wenn eine ausreichende Insolvenzmasse für den Rechtsstreit zur Verfügung steht, bedarf es keiner PKH. Es ist nicht ein-zusehen, warum bei einer ausreichenden Insolvenzmasse auf Staatskosten prozessiert werden soll, und die Allgemeinheit die Prozesskosten mit ihren Steuergeldern aufbringen soll. Auch wenn den Gläubigern ein Vorschuss zumutbar ist, scheidet PKH aus. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es nur ein oder zwei Großgläubiger gibt, die bei erfolgreicher Prozessführung einen erheblichen Verbesserungsbetrag zu erwarten haben. Im Hinblick auf die zahlreichen Fälle, in de-nen PKH nicht in Betracht kommt, lässt sich ein generelles Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht feststellen.

II. Beiordnung eines Rechtsanwalts

Wenn PKH bewilligt wird, stellt sich die Frage, ob dem In-solvenzverwalter auch ein Rechtsanwalt beizuordnen ist. § 121 ZPO unterscheidet danach, ob eine Vertretung durch Rechtsanwälte vorgeschrieben ist oder nicht. Wenn eine Ver-tretung durch Rechtsanwälte vorgeschrieben ist, wie dies z.B. gem. § 78 Abs. 1 ZPO vor den LG, OLG und dem BGH der Fall ist, ist nach § 121 Abs. 1 ZPO ein Rechtsanwalt bei-zuordnen. Wenn eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben ist, kommt es nach § 121 Abs. 2 ZPO darauf an, ob eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten wird.

Im Mahnverfahren ist eine Vertretung durch einen Rechtsan-walt nicht erforderlich.37 Das Ausfüllen eines Mahnbescheids ist so einfach, dass ein Rechtsanwalt hierfür nicht benötigt wird. Der Anspruch braucht lediglich beziffert und mit eini-gen vorgegebenen Stichworten individualisiert zu werden. Der Insolvenzverwalter erhält für das Mahnverfahren zwar PKH, aber nur für die zu zahlenden Gerichtsgebühren. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts kommt nicht in Betracht.

Weiterhin stellt sich die Frage, ob es erforderlich ist, dem Insolvenzverwalter einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn er selber Volljurist ist. Nach dem BGH darf der Insolvenz-verwalter, auch wenn er selber Volljurist ist, Aufgaben die ohne volljuristische Ausbildung im Allgemeinen nicht zu lösen sind, auf einen Rechtsanwalt übertragen.38 Nach § 5 Abs. 1 InsVV kann ein Insolvenzverwalter, der Rechtsan-walt ist, für Tätigkeiten, die ein nicht als Rechtsanwalt zuge-lassener Verwalter angemessenerweise einem Rechtsanwalt übertragen hätte, Gebühren und Auslagen nach dem RVG aus der Insolvenzmasse entnehmen. Wenn der Insolvenzver-walter für seine eigene Tätigkeit gesonderte Gebühren ver-langen kann, dann kann er die Tätigkeiten auch auf andere Rechtsanwälte übertragen, die dafür Gebühren erhalten. Diese Erwägungen gelten nach dem BGH auch im Rahmen des § 121 Abs. 2 ZPO.39 Anderenfalls wäre der Insolvenz-verwalter gezwungen, Prozesse aus privaten Mitteln zu fi-nanzieren, was dem Zweck der PKH widerspricht. Dem-nach darf der Insolvenzverwalter die Prozessführung auf

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ZInsO-Aufsätze1084 ZInsO 25/2010

44 Zöller/Greger (Fn. 4), vor § 128 Rn. 20; Zöller/Heßler (Fn. 4), § 519 Rn. 1.

45 BGH, Beschl. v. 24.5.2000 – III ZB 8/00, NJW-RR 2000, 1590 = LNR 2000, 19436.

für den Insolvenzverwalter vorteilhaft sein, wenn er für den Rechtsstreit noch Unterlagen heraussuchen und aufbereiten muss.

2. Rechtsmittelverfahren

In Rechtsmittelverfahren kann sich das Problem stellen, dass während der laufenden Rechtsmittelfrist nicht über den PKH-Antrag entschieden werden kann. Wenn der Insolvenzverwal-ter z.B. gegen ein erstinstanzliches Urteil Berufung einlegen will, besteht das Problem, dass eine bedingte Berufungseinle-gung nicht möglich ist. Ein Rechtsmittel kann nicht unter der Bedingung eingelegt werden, dass das Rechtsmittel nur für den Fall eingelegt wird, dass PKH bewilligt wird. Die beding-te Einlegung von Rechtsmitteln ist wegen der Bedingungs-feindlichkeit von Prozesshandlungen, die unmittelbar auf die Verfahrenslage einwirken, ausgeschlossen.44 Der Insolvenz-verwalter kann sich damit behelfen, dass er zunächst nur den PKH-Antrag innerhalb der Rechtsmittelfrist stellt. Nach der Bewilligung von PKH ist dann das Rechtsmittel einzulegen. Wenn die Rechtsmittelfrist zu diesem Zeitpunkt bereits abge-laufen ist, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bean-tragen. Einer bedürftigen Partei ist nach der Entscheidung über den PKH-Antrag regelmäßig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Partei dann ohne ihr Ver-schulden gehindert war, die Frist einzuhalten.45

Mahnverfahren. Wenn der Drittschuldner Widerspruch ein-legt, ist ein Abgabeantrag zu stellen. Der Rechtsstreit wird daraufhin an das Prozessgericht abgegeben. Beim Prozess-gericht ist dann erneut ein PKH-Antrag zu stellen und eine Anspruchsbegründung einzureichen. Die Anspruchsbegrün-dung ist beizufügen, damit das Prozessgericht gem. § 114 Satz 1 ZPO prüfen kann, ob die Rechtsverfolgung hinrei-chende Aussicht auf Erfolg bietet.

Zu beachten ist, dass es nicht möglich ist, das streitige Verfah-ren nur für den Fall der Bewilligung der PKH durchzuführen. Nach § 696 Abs. 3 ZPO tritt durch die Abgabe des Mahnver-fahrens an das Prozessgericht Rechtshängigkeit ein. Dies ist ein entscheidender Nachteil des Mahnverfahrens gegenüber einer direkten Einreichung einer Klage. Bei einer Einreichung einer Klage, die erst nach der Bewilligung von PKH erhoben werden soll, besteht die Möglichkeit zunächst die Erfolgsaus-sichten des Rechtsstreits auszuloten, ohne dass hierfür Kosten entstehen. Der Drittschuldner nimmt aufgrund des PKH-An-trags und des Klageentwurfs regelmäßig im PKH-Verfahren zu den Erfolgsaussichten der Klage Stellung. Aufgrund seiner Stellungnahme besteht die Möglichkeit die Erfolgsaussichten zu beurteilen. Ggf. kann der PKH-Antrag vor Rechtshängig-keit zurückgenommen werden, ohne dass Gerichtskosten und gegnerische Rechtsanwaltskosten für das Verfahren entstehen.

Andererseits bietet das Mahnverfahren den Vorteil, einen Mahnbescheid gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB zur Hemmung der Verjährung zu erwirken. Das kann insbesondere dann

Massekostenbeiträge bei Immobiliarverwertungvon Steuerberater Harald Bächer, Weiden i. d. OPf.*

Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit Zweifelsfragen bei der Immobiliarverwertung aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht.

I. Vorbemerkung

Der BFH hat mit Urt. v. 18.8.20051 entschieden, dass ein Massekostenbeitrag bei einer Immobiliarverwertung steuer-bar und steuerpflichtig ist. Im Streitfall lag ein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG vor. Veräußert also ein Insolvenzverwalter (genauer: Insolvenzverwalter – als Vertreter des Insolvenz-schuldners –) ein Grundstück selbst und wird die Insolvenz-masse aufgrund einer Vereinbarung mit dem Grundpfand-rechtsgläubiger zu einem (geringfügigen) Prozentsatz an dem Verkaufserlös beteiligt, führt der Insolvenzverwalter ähnlich wie ein Makler oder ein Geschäftsbesorger an den Grundpfandrechtsgläubiger eine Leistung gegen Entgelt aus, so der BFH. Das Urteil ist bei den Insolvenzverwaltern als auch den Steuerrechtlern auf Unverständnis gestoßen, da der V. Senat des BFH eine unterschiedliche Behandlung der Massekostenbeiträge bei beweglichen Sachen (Sicherungs-eigentum) und bei Immobilien vorgenommen hat, die so nicht nachvollziehbar ist. Auch die Finanzverwaltung zwei-felte wohl zunächst daran, ob das Urteil über den entschie-denen Einzelfall hinaus Anwendung finden sollte, da eine Veröffentlichung dieses Urteils erst im BStBl. II im Jahr

2007 erfolgte. Trotz einhelliger Kritik im Schriftum findet das Urteil in der täglichen Beratungspraxis Anwendung.2 Die Finanzverwaltung weist die Insolvenzverwalter schon kurz nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf diesen Problemkreis hin.3 Demnach ist das Urteil von den Insol-venzverwaltern zu beachten, sofern sie sich keinen Haf-tungsansprüchen aussetzen wollen.

Richtig ist, dass die Massekostenbeiträge steuerbar und steuerpflichtig sind, wenn ein umsatzsteuerlicher Unterneh-mer – vertreten durch den Insolvenzverwalter – ein Be-triebsgrundstück (umsatzsteuerliches Unternehmensvermö-gen) im Rahmen seines Unternehmens veräußert.

* Der Autor ist als Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV e.V.) auf die Beratung/Vertretung von Insolvenzverwaltern speziali-siert und in eigener Kanzlei tätig.

1 BFH v. 18.8.2005 – V R 31/04, BStBl. II 2007, S. 103 = ZInsO 2005, 1214.

2 Abschn. 2 Abs. 3 UStR.

3 Merkblatt der Finanzverwaltung unter Tz. „5. Besonderheiten bei der Um-satzsteuer“.