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Prävenons-Newsleer 2/2010 Assmann-Sſtung für Prävenon | Johann-Krane-Weg 23 | 48149 Münster Tel.: 0251 - 13 12 36 0 | Fax: 0251 - 13 12 36 12 | E-Mail: info@assmann-sſtung.de | Web: www.assmann-sſtung.de Risiko-Management bei Hypertriglyzeridämie Bei Herzinfarkt gefährdeten Personen hat sich der Begriff des „Globalrisikos“ durchgesetzt, welcher die gleichzeige Besm- mung der wichgsten klassischen Risikofaktoren (LDL-Chole- sterin, HDL-Cholesterin, Triglyzeride, systolischer Blutdruck, Diabetes mellitus, Zigareenrauchen, Familienanamnese, Le- bensalter) beinhaltet. Das Globalrisiko wird mit Scores oder mit Algorithmen berechnet (Abb. 1). Lipidsenker können ver- ordnet werden, wenn das Globalrisiko bei asymptomaschen Personen mehr als 20 % in 10 Jahren beträgt (Primärpräven- on) bzw. bei allen Paenten in der Sekundärprävenon. Immer deutlicher hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass erhöhte Triglyzeridwerte (>150 mg/dl), insbesondere in Kom- binaon mit niedrigen HDL-Cholesterinwerten (<35 mg/dl bei Männern, <45 mg/dl bei Frauen), das kardiovaskuläre Risiko erhöhen (Abb. 2-8), selbst wenn LDL-Cholesterin-Zielwerte erreicht werden. Die Daten der gerade veröffentlichten AC- CORD-Studie 1 zeigen zum Beispiel, dass unter einer Stan-Mo- notherapie (Simvastan) die Ereignisrate bei Diabekern mit Dyslipidämie (Triglyzeride >204 mg/dl und HDL-Cholesterin <34 mg/dl) um etwa 70 % höher ist als bei allen anderen Dia- bekern. In einer mulvariaten Analyse der PROCAM-Daten 2,3 sind HDL- Cholesterin und Triglyzeride unabhängige Risikofaktoren; mit den Laborwerten Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyzeri- de lässt sich ein Unterkollekv von Infarkt-Risikopaenten de- finieren (Lipid-Trias), welches bei etwa jedem 6. Herzinfarkt bei Männern angetroffen wird (Abb. 6). Insofern stellt sich die Frage, wie therapeusch vorzugehen ist, wenn sich durch Änderung der Lebensgewohnheiten (Ge- wichtsredukon bei Übergewicht, regelmäßige körperliche Bewegung, Raucherentwöhnung, herzgesunde Ernährung mit weitgehendem Verzicht auf Alkohol, Einschränkung von Zu- cker und zuckerhalgen Lebensmieln, Bevorzugung von Fe- fischen wie Makrele, Lachs, Sardinen, Thunfisch oder Hering, die alle reich an Omega-3-Fesäuren sind) die Triglyzeride nicht normalisieren lassen. Sofern sekundäre Hypertriglyzeri- dämien (z.B. bei Adipositas, Alkoholismus) und genesche Formen der Hypertriglyzeridämie (z.B. Lipoproteinlipase-Man- gel, Apo C-II-Defizienz, fam. kombinierte Hyperlipidämie, fam. Dysbetalipoproteinämie Typ III) ausgeschlossen sind, wobei letztere im Regelfall eine molekulare Diagnosk und Einschal- tung eines Spezialisten erfordern, ist zu überlegen, ob und ggf. welche Medikamente erforderlich sind. Sowohl in der Primärprävenon bei hohem Globalrisiko als auch in der Sekundärprävenon sind zur Erreichung von LDL-Cholesterin-Zielwerten die Stane die Medikamente der Wahl. Aufgrund der Ergebnisse einer Meta-Analyse, basierend auf 14 randomisierten Stanstudien mit 90.000 Teilnehmern, kann erwartet werden, dass die Senkung des LDL-Cholesterins um etwa 40 mg/dl (unabhängig vom Ausgangswert) mit einer etwa 20%igen Redukon vaskulärer Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall, koronare Revaskularisierung) einhergeht. 4 Auch bei Diabekern und Personen mit metabolischem Syndrom ist die Stan-Medikaon mit einer deutlichen Risikoredukon für kardiovaskuläre Ereignisse verbunden. Die ACCORD-Studie hat gezeigt, dass die Kombinaonstherapie von Simvastan und Fenofibrat im Regelfall einer Monotherapie mit Simvastan bei Diabekern nicht überlegen ist. 1 Sofern allerdings bei Di- abekern mit Stan-Monotherapie die LDL-Cholesterin-Ziel- werte zwar erreicht sind, dennoch eine ausgeprägte Dyslipidä- mie vorliegt (z.B. Triglyzeride >200 mg/dl und HDL-Cholesterin <35 mg/dl), ist die Komedikaon wahrscheinlich mit einem besseren Nutzen-Risiko-Verhältnis verbunden. Für die Kome- dikaon bei Personen mit ausgeprägter Dyslipidämie eignet sich außer Fenofibrat auch Nikonsäure (1,5 - 2 g/d), die nicht nur das HDL-C um ca. 20 - 25 % erhöht bzw. Triglyzeride um ca. 15 - 25 % senkt, sondern auch zu einer Redukon des LDL- C und des Lp(a)-Spiegels führt und als Monotherapie bzw. in Kombinaon mit einem Stan kardiovaskuläre Ereignisse gün- sg beeinflusst. 5 Schließlich lassen sich Triglyzeride effekv durch Omega-3-Fesäuren senken, z.B. in konzentrierter Form als Kapseln (2 - 4 g/d), wobei deren kardioprotekve Wirkung nachgewiesen ist und auf einer Vielzahl von Wirkmechanis- men beruht (z.B. anarrhythmischer Effekt). 6 Assmann-Sſtung für Prävenon Münster, im April 2010 Zweck der gemeinnützigen Sſtung ist die Förderung von Wissenschaſt, Forschung und des öffentlichen Gesundheitswesens im Bereich der Prävenon. The ACCORD Study Group. Effects of combinaon lipid therapy in type 2 diabetes mellitus. N Engl J Med. 2010;doi:10.1056/NEJMoa1001282. Assmann G, Cullen P, Schulte H. Simple scoring scheme for calculang the risk of acute coronary events based on the 10-year follow-up of the Prospecve Cardiovascular Münster (PROCAM) study. Circulaon. 2002;105(3):310-315. Assmann G, Schulte H, Cullen P, Seedorf U. Assessing risk of myocardial infarcon and stroke: new data from the Prospecve Cardiovascular Münster (PRO- CAM) study. Eur J Clin Invest. 2007;37(12):925-932. Baigent C, Keech A, Kearney PM, et al. Efficacy and safety of cholesterol-lowering treatment: prospecve meta-analysis of data from 90,056 parcipants in 14 randomised trials of stans. Lancet. 2005;366(9493):1267-1278. Bruckert E, Labreuche J, Amarenco P. Meta-analysis of the effect of niconic acid alone or in combinaon on cardiovascular events and atherosclerosis. Ath- erosclerosis. 2010;doi:10.1016/j.atherosclerosis.2009.12.023. Fruchart JC, Sacks FM, Hermans MP, et al. The Residual Risk Reducon Iniave: a call to acon to reduce residual vascular risk in dyslipidaemic paents. Diab Vasc Res. 2008;5(4):319-335. 1. 2. 3. 4. 5. 6. Sofern Sie den Prävenons-Newsleer (6 x pro Jahr) er- halten wollen, sich für Updates der PROCAM-CD oder für weitere Hinweise zur Nutzung der PROCAM-Tests und für Neuigkeiten in der Prävenvmedizin interessieren, können Sie sich im Internet unverbindlich und kostenfrei anmelden: www.assmann-sſtung.de/aerzte

Präventions-Newsletter 2/2010 - assmann-stiftung.de · Assmann G, Schulte H, Cullen P, Seedorf U. Assessing risk of myocardial infarction and stroke: new data from the Prospective

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Präventions-Newsletter 2/2010

Assmann-Stiftung für Prävention | Johann-Krane-Weg 23 | 48149 MünsterTel.: 0251 - 13 12 36 0 | Fax: 0251 - 13 12 36 12 | E-Mail: [email protected] | Web: www.assmann-stiftung.de

Risiko-Management bei Hypertriglyzeridämie

Bei Herzinfarkt gefährdeten Personen hat sich der Begriff des „Globalrisikos“ durchgesetzt, welcher die gleichzeitige Bestim-mung der wichtigsten klassischen Risikofaktoren (LDL-Chole-sterin, HDL-Cholesterin, Triglyzeride, systolischer Blutdruck, Diabetes mellitus, Zigarettenrauchen, Familienanamnese, Le-bensalter) beinhaltet. Das Globalrisiko wird mit Scores oder mit Algorithmen berechnet (Abb. 1). Lipidsenker können ver-ordnet werden, wenn das Globalrisiko bei asymptomatischen Personen mehr als 20 % in 10 Jahren beträgt (Primärpräventi-on) bzw. bei allen Patienten in der Sekundärprävention.

Immer deutlicher hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass erhöhte Triglyzeridwerte (>150 mg/dl), insbesondere in Kom-bination mit niedrigen HDL-Cholesterinwerten (<35 mg/dl bei Männern, <45 mg/dl bei Frauen), das kardiovaskuläre Risiko erhöhen (Abb. 2-8), selbst wenn LDL-Cholesterin-Zielwerte erreicht werden. Die Daten der gerade veröffentlichten AC-CORD-Studie1 zeigen zum Beispiel, dass unter einer Statin-Mo-notherapie (Simvastatin) die Ereignisrate bei Diabetikern mit Dyslipidämie (Triglyzeride >204 mg/dl und HDL-Cholesterin <34 mg/dl) um etwa 70 % höher ist als bei allen anderen Dia-betikern.

In einer multivariaten Analyse der PROCAM-Daten2,3 sind HDL-Cholesterin und Triglyzeride unabhängige Risikofaktoren; mit den Laborwerten Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyzeri-de lässt sich ein Unterkollektiv von Infarkt-Risikopatienten de-finieren (Lipid-Trias), welches bei etwa jedem 6. Herzinfarkt bei Männern angetroffen wird (Abb. 6).

Insofern stellt sich die Frage, wie therapeutisch vorzugehen ist, wenn sich durch Änderung der Lebensgewohnheiten (Ge-wichtsreduktion bei Übergewicht, regelmäßige körperliche Bewegung, Raucherentwöhnung, herzgesunde Ernährung mit weitgehendem Verzicht auf Alkohol, Einschränkung von Zu-cker und zuckerhaltigen Lebensmitteln, Bevorzugung von Fett-fischen wie Makrele, Lachs, Sardinen, Thunfisch oder Hering, die alle reich an Omega-3-Fettsäuren sind) die Triglyzeride nicht normalisieren lassen. Sofern sekundäre Hypertriglyzeri-dämien (z.B. bei Adipositas, Alkoholismus) und genetische Formen der Hypertriglyzeridämie (z.B. Lipoproteinlipase-Man-gel, Apo C-II-Defizienz, fam. kombinierte Hyperlipidämie, fam. Dysbetalipoproteinämie Typ III) ausgeschlossen sind, wobei letztere im Regelfall eine molekulare Diagnostik und Einschal-tung eines Spezialisten erfordern, ist zu überlegen, ob und ggf. welche Medikamente erforderlich sind.

Sowohl in der Primärprävention bei hohem Globalrisiko als auch in der Sekundärprävention sind zur Erreichung von LDL-Cholesterin-Zielwerten die Statine die Medikamente der Wahl. Aufgrund der Ergebnisse einer Meta-Analyse, basierend auf 14 randomisierten Statinstudien mit 90.000 Teilnehmern, kann erwartet werden, dass die Senkung des LDL-Cholesterins um etwa 40 mg/dl (unabhängig vom Ausgangswert) mit einer etwa 20%igen Reduktion vaskulärer Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall, koronare Revaskularisierung) einhergeht.4 Auch bei Diabetikern und Personen mit metabolischem Syndrom ist die Statin-Medikation mit einer deutlichen Risikoreduktion für kardiovaskuläre Ereignisse verbunden. Die ACCORD-Studie hat gezeigt, dass die Kombinationstherapie von Simvastatin und Fenofibrat im Regelfall einer Monotherapie mit Simvastatin bei Diabetikern nicht überlegen ist.1 Sofern allerdings bei Di-abetikern mit Statin-Monotherapie die LDL-Cholesterin-Ziel-werte zwar erreicht sind, dennoch eine ausgeprägte Dyslipidä-mie vorliegt (z.B. Triglyzeride >200 mg/dl und HDL-Cholesterin <35 mg/dl), ist die Komedikation wahrscheinlich mit einem besseren Nutzen-Risiko-Verhältnis verbunden. Für die Kome-dikation bei Personen mit ausgeprägter Dyslipidämie eignet sich außer Fenofibrat auch Nikotinsäure (1,5 - 2 g/d), die nicht nur das HDL-C um ca. 20 - 25 % erhöht bzw. Triglyzeride um ca. 15 - 25 % senkt, sondern auch zu einer Reduktion des LDL-C und des Lp(a)-Spiegels führt und als Monotherapie bzw. in Kombination mit einem Statin kardiovaskuläre Ereignisse gün-stig beeinflusst.5 Schließlich lassen sich Triglyzeride effektiv durch Omega-3-Fettsäuren senken, z.B. in konzentrierter Form als Kapseln (2 - 4 g/d), wobei deren kardioprotektive Wirkung nachgewiesen ist und auf einer Vielzahl von Wirkmechanis-men beruht (z.B. antiarrhythmischer Effekt).6

Assmann-Stiftung für PräventionMünster, im April 2010

Zweck der gemeinnützigen Stiftung ist die Förderung von Wissenschaft, Forschung und des öffentlichen Gesundheitswesens im Bereich der Prävention.

The ACCORD Study Group. Effects of combination lipid therapy in type 2 diabetes mellitus. N Engl J Med. 2010;doi:10.1056/NEJMoa1001282.Assmann G, Cullen P, Schulte H. Simple scoring scheme for calculating the risk of acute coronary events based on the 10-year follow-up of the Prospective Cardiovascular Münster (PROCAM) study. Circulation. 2002;105(3):310-315.Assmann G, Schulte H, Cullen P, Seedorf U. Assessing risk of myocardial infarction and stroke: new data from the Prospective Cardiovascular Münster (PRO-CAM) study. Eur J Clin Invest. 2007;37(12):925-932.Baigent C, Keech A, Kearney PM, et al. Efficacy and safety of cholesterol-lowering treatment: prospective meta-analysis of data from 90,056 participants in 14 randomised trials of statins. Lancet. 2005;366(9493):1267-1278.Bruckert E, Labreuche J, Amarenco P. Meta-analysis of the effect of nicotinic acid alone or in combination on cardiovascular events and atherosclerosis. Ath-erosclerosis. 2010;doi:10.1016/j.atherosclerosis.2009.12.023.Fruchart JC, Sacks FM, Hermans MP, et al. The Residual Risk Reduction Initiative: a call to action to reduce residual vascular risk in dyslipidaemic patients. Diab Vasc Res. 2008;5(4):319-335.

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Sofern Sie den Präventions-Newsletter (6 x pro Jahr) er-halten wollen, sich für Updates der PROCAM-CD oder für weitere Hinweise zur Nutzung der PROCAM-Tests und für Neuigkeiten in der Präventivmedizin interessieren, können Sie sich im Internet unverbindlich und kostenfrei anmelden:

www.assmann-stiftung.de/aerzte

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Daten aus der PROCAM-Studie*

* Nähere Erläuterungen zu den Abbildungen: siehe www.assmann-stiftung.de/aerzte

9101

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PROCAM530 Ereignisse, 11.123 Männer im Alter von 35 bis 65 Jahren bei Studieneinschluss

PROCAM PROCAM

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PROCAM

PROCAM

1 von 7 Personen erleidet innerhalb von 10 Jahren einen Herzinfarkt

*Die LIPID TRIAS tritt bei 1 von 6 Herzinfarkt-Patienten auf.