19
Psychische und neurobiologische Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence ihre Auswirkungen auf die Adherence [email protected] 9. Winterschool Obergurgl, 11.03.2013

Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence [email protected] 9. Winterschool Obergurgl,

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Psychische und neurobiologische Psychische und neurobiologische

Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Veränderungen in der Adoleszenz und ihre

Auswirkungen auf die AdherenceAuswirkungen auf die Adherence

[email protected]. Winterschool

Obergurgl, 11.03.2013

Page 2: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Hohe Dringlichkeit Risikoverhalten:„Handeln ohne zu denken“ Leichte Kränkbarkeit starke emotionale Schwankungen mangelnde Compliance narzisstischer Rückzug……

1. Verhaltensänderungen in der Adoleszenz

Pubertät: Mädchen 9-10 bis ca. 16 Jahre, Jungen 11-12, bis ca. 17 Jahren

Adoleszenz ca. 11./12. bis 18.-24. Lebensjahr oder Familiengründung, abhängig von historischem, Bildungsmoratorium, kulturellem Kontext, Schicht und Geschlecht.

Bischof-Köhler 2011, Erdheim 1993

Page 3: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Ist es eine gute Idee mit Haien zu schwimmen?

Riskantes Verhalten wird von Adoleszenten deutlich langsamer und weniger klar erkannt als von Kindern und Erwachsenen (Bleiberg et al 2012, 471)

Bleiberg, Rossouw & Fonagy (2012) Adolescent Breakdown and Emerging Borderline Pesonality Disorder: In Bateman & Fonagy Handbook of Mentalizing in Mental Health Practice. APA, Washington, DC,463-510

Page 4: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

2. Neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz

Umstrukturierung kortikaler und limbischer Schaltkreise.

• Die weiße Substanz nimmt linear zu• kurz vor der Pubertät Wachstum grauer Substanz im

Frontallappen, gefolgt von einem erheblichen Verlust eben dieser Zellen zwischen 15. u 25. Lebensjahr

Das Gehirn als Zielorgan der Geschlechtshormone

4Sisk CL & Zehr JL (2011) Pubertätshormone strukturieren Gehirn und verhalten von Jugendlichen; In Uhlhaas… 91-111

Page 5: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Zeitliche Abfolge der Reinfungsprozesse

Frühe Reifung subkortikaler Areale (Limbisches System) und verzögerte Reifung präfrontaler Kontrollareale (PFC, zuständig für Planung von Verhalten, Emotionssteuerung) führen zu einem spezifischen Ungleichgewicht, da das weiter gereifte limbische System zunächst die Oberhand über das noch nicht ausgereifte Kontrollsystem gewinnt (erhöhtes Risikoverhalten)

Konrad K Strukturelle Hirnentwicklung in der Adoleszenz 124-138

Page 6: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Emotionale Dringlichkeit und Reflexion

Quelle: Greimel 2011 sozial-affektive Entwicklung im Jugendalter, S. 158. In: Uhlhaas PJ & Konrad K. Das adloeszente Gehirn , Stuttgart

Page 7: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Zusammenfassung Neurobiologische Veränderungen

In der Adoleszenz kommt es zu grundlegenden Veränderungen in Neurotransmitter Systemen und in der Organisation von kortikalen Netzwerken (Abbau synaptischer Kontakte, Zunahme Kortiko-kortikaler Verbindungen), sowie einem erst herabgesetzten, dann zunehmenden Einfluss des präfrontalen Cortex.Adoleszente haben eine erhöhte Aktivität subkortikaler Strukturen, die sie sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen unterscheidet.Solche Übergänge sind häufig mit einer Destabilisierung verbunden, dies entspricht der Erfahrung der Adoleszenz als Krise, Die enorme Plastizität des adoleszenten Gehirns ist insbesondere für Umwelteinflüsse (Pädagogik und soziale Einflüsse, kultureller Kontext) offen.

Uhlhaas PJ & Konrad K (2011) Das adoleszente Gehirn. Eine Perspektive. In: Uhlhaas PJ & Konrad K ( Hrsg) Das adoleszente Gehirn, Kohlhammer Stuttgart, 261-264

Page 8: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

3. Psychische Störungen und Verhaltensprobleme in der Adoleszenz

Von den 14-15 jährigen Jugendlichen berichten in der Isle-of Wight Studie (Rutter et al 1976): 42-47% ein Gefühl des Unglücklichseins 20-23% Selbstwertkrisen 20% der Jungen und 29% der Mädchen Angstsymptome 12,5 Jungen und 14,8% Mädchen traurige Verstimmung 7% Suizidideen

Zwischen 5% u 40% der Jugendlichen zeigen Risikoverhalten (KIGGS/BELLA)

Herpertz-Dahlmann B ( 2011) Psychiatrische Erkrankungen in der Adoleszenz

Bühler A (2011) Risikoverhalten in der Jugend In: Uhlhaas PJ & Konrad K ( Hrsg) Das adoleszente Gehirn, Kohlhammer Stuttgart, 189-205

Page 9: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Die Prävalenz psychischer Störungen steigt in der Adoleszenz deutlich an

17-22% der Jugendlichen in Deutschland entwickeln ernsthafte psychische Störungen (KIGGS, BELLA)

Prävalenz erhöht für:Essstörungen, depressive Erkrankungen, spezifische Angsterkrankungen (Agoraphobie, Soziale Phobie, generalisierte Angsterkrankung) Störungen des Sozialverhaltens, Schizophrenie, Substanzkonsum (Rauchen, Cannabis, andere)

Lampert 2010. In: Hackauf H, Ohlbrecht H (Hrsg) Jugend und Gesundheit.44-65Erhart M & Ravens-Sieberer U (2010) In: Hackauf H, Ohlbrecht H (Hrsg) Jugend und Gesundheit.93-111

Page 10: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Substanzkonsum

Abnahme rauchender Jugendlicher zwischen 12-17 Jahren

Aber: Beginn von Substanzkonsum ist die zweite Lebensdekade (Alkohol, Cannabis, Tabak, andere illegale Drogen) Die bereits früh Auffälligen (bei 10%) sind stärker auch in anderen Problembereichen belastet, in der Regel Ausdruck von Anpassungsproblemen und z.T. schweren frühen Traumata

Bühler A (2011) Risikoverhalten in der Jugend . In: Uhlhaas PJ & Konrad K ( Hrsg) Das adoleszente Gehirn, Kohlhammer Stuttgart,189-205

Page 11: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Zunahme psychischer Probleme insbesondere

bei jungen Frauen ab dem 14.Lebensjahr

Weibliche Adoleszente geben generell niedrigere Werte für für persönliches Wohlbefinden an (außer Schule)

Zusammenhang zwischen Hormonwirkung (Hippocampus und Amygdala) und Neurotransmittern insbesondere von Östrogen und Serotonin,

stark fluktuierender Östrogenspiegel ist mit Stimmungsstörungen assoziiert.

Mädchen die früh in die Pubertät kommen sind gefährdeter, Jungs die spät in die Pubertät kommen ebenso (höchste Rate an Anpassungsstörungen und Suizidversuchen)

11Herpertz-Dahlmann B ( 2011) Psychiatrische Erkrankungen in der Adoleszenz In: Uhlhaas PJ & Konrad K ( Hrsg) Das adoleszente Gehirn, Kohlhammer Stuttgart,

Page 12: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Psychosoziale Einflussfaktoren

Etwa 80% der Jugendlichen geben gute personale, familiäre und soziale Schutzfaktoren an . Bei 10% Ressourcen gering, bei 10% deutliche Defizite/Risikofaktoren.

Risikofaktoren

Schulangst und Probleme mit Gleichaltrigen

Nutzung elektronischer Medien mehr als 3 Stunden am Tag

familiäre Einflüsse, psychische Erkrankung oder Delinquenz eines Elternteils, Arbeitslosigkeit eines Elternteils, alleinerziehende Eltern, oder erhebliche Konflikte zwischen den Eltern

Psychische Auffälligkeiten und Verhaltensprobleme bei Jugendlichen sind in Familien mit niedrigem Sozialstatus häufiger

Lampert 2010. In: Hackauf H, Ohlbrecht H (Hrsg) Jugend und Gesundheit.44-65Erhart M & Ravens-Sieberer U (2010) In: Hackauf H, Ohlbrecht H (Hrsg) Jugend und Gesundheit.93-111

Bühler A (2011) Risikoverhalten in der Jugend 189-205

Page 13: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

4. Auswirkungen auf die Adherence

• (Medikamenten) Compliance nimmt ab• Ansprechen auf emotionale Impulse

(kurzfristige Belohnung) nimmt zu, kognitive Kontrolle (Impulsaufschub, langfristige Planung) nimmt ab

• Starke Stimmungsschwankungen• Risikoverhalten nimmt zu (Substanzkonsum)• Bedeutung der Gleichaltrigen nimmt zu (der

Eltern/Autoritätspersonen nimmt ab)

Page 14: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Junge CF Frauen erleben mehr emotionale Belastung und Beeinträchtigung durch ihre Erkrankung. Ihr Selbstbewusstsein ist niedriger, sie sind häufiger von der Behandlung enttäuscht, ihre Adherence ist geringer (1).

Die Beziehung zum behandelnden Arzt und dem CF Team ist bei Jugendlichen ein wichtiger Einflussfaktor auf die Adherence (2)

1: Patterson JM, Wall M, Berge J, Milla C. Gender differences in treatment adherence among youth with cystic fibrosis: development of a new questionnaire. J Cyst Fibros 2008; 7(2):154-164).2: Ullrich G, Stahl K. Health care preferences and satisfaction in adolescents with CF. J Cyst Fibros 2010; 9(Suppl 1):99

Studienergebnisse am Beispiel CF

Page 15: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

5. Was tun?

• Stressfreien Raum schaffen• Selbstwert stabilisieren• Basale positive Arzt-Patient Beziehung fördern und

sichern (Transparenz)• Einfühlung, Kompromisse anstreben• Aktive Haltung (nachfragen, emotionales Erleben,

Zufriedenheit etc.) beziehungsfördernde Interventionen im Vordergrund

• Ressourcen?• Soziale Unterstützungssysteme einbeziehen

(Familie, Beratungsmöglichkeiten, Selbsthilfe, Gleichaltrige, evtl. soziale Kontrolle verstärken)

Page 16: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Förderung von Mentalisierung

In der Adoleszenz kommt es nicht nur zu einer Reaktivierung infantiler Konflikte sondern es werden in dieser Phase traumatische Belastungen aus der Kindheit handelnd in Szene gesetzt (Fonagy et al 2004).

Förderung der reflexiven Kompetenz (PFC, Mentalisierung) ist als Bewältigungsmechanismus entscheidend….

Fonagy P , Gergely G, Jurist EL, Target M (2004) Entwicklungsaufgaben der normalen Adoleszenz und adoleszenter Zusammenbruch In: Affektregulierung, Mentalisierung und die Entwicklung des Selbst.320- 342

Page 17: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Emotionaler Stress und der Umschlag zu Kampf und Flucht

(Mayes 2000, z. N. Bateman & Fonagy 2008) .

Page 18: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Stress jeglicher Art und intensive Emotionen behindern Reflexion (Aktivität im PFC) *

* Nicht nur in der Adoleszenz

Page 19: Psychische und neurobiologische Veränderungen in der Adoleszenz und ihre Auswirkungen auf die Adherence kirsch@eh-darmstadt.de 9. Winterschool Obergurgl,

Vielen Dank

für Ihre Aufmerksamkeit