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3/2016 Ergebnisse einer Umfrage Psychologisches Denken und Handeln im Lebensraum Schule SchwerpunkChema Geflüchtete junge Menschen als Lernende PSYCHOLOGIE FÜR DIE SCHULE Fachzeitschri+ des Landesverbandes bayerischer Schulpsychologinnen und Schulpsychologen He+ 3, November 2016

PSYCHOLOGIE FÜR DIE SCHULE - lbsp.de · 2018. 7. 26. · Unser Vorhaben im Referat Öffentlichkeitsarbeit war es, uns bekannte Personen, Ins^tu^onen und Verbände anzuschreiben

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3/2016

ErgebnisseeinerUmfrage Psychologisches DenkenundHandelnimLebensraumSchule

SchwerpunkChemaGeflüchtete jungeMenschenals Lernende

PSYCHOLOGIEFÜRDIESCHULE

Fachzeitschri+desLandesverbandesbayerischerSchulpsychologinnenundSchulpsychologenHe+3,November2016

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LiebeLeserinnenundLeser,

sovieleFremdehier inunseremLand!EinLand,dasnurunsDeutschengehört!?EinLand, fürdaswireinWir-Gefühlentwickelthaben!?DasFremdeausschließt?DieZeit,inderMenscheninunseremLandausgegrenztwurden,istnochgarnichtso langeher.UnddenFehlervonAusgrenzungenwolltenwireigentlichniemehrmachen.

NunabersindFremdeinunserLandgekommen–Gäste,diesoanderssindalswir.Nicht nur, dass siemit ihrerMuVersprache ankommen odermit eher dür+igem

Englisch, siehabenauchnocheineandereReligion,ganzandereSiVen,einanderesVerständnisvonFamilie, und schließlich kleiden sie sich teilweise völlig anders. Ein bisschenwissenwir ja. Aus demFernsehen.OderausdemUrlaub.Aberhierbeiuns?

EineRadikalforderungimSinnevon„Diesollensichanpassen,wennsiezuunskommen!“istarrogant.FüreingelingendesMiteinandermüssensichwohlbeideSeitenbewegen.WäreesnichteinZeichenvonReife,wenneineechteWillkommenskulturentsteht, indemMenschen,dieschonsehr langehierleben,sichderMenschen,dieneuhiersind,annehmenundsiebegleiten?

VorallemKindersolltensichwillkommenfühlen,siesindbesondersangewiesenauffesteStrukturen,aufverstehbareRegeln,aufVerlässlichkeit,aufEntgegenkommen.Siewissenamallerwenigsten,obsieaufZeitdasind,wie langesiedaseinwerden.VieleKinderhabenkeine intensive,harmonischeVer-wurzelunginihremHerkun+sland,vielleichtüberhauptkeinposi^vesHeimatgefühlentwickelnkönnen.

Dazugehörigkeitbeginntdamit,wiewirdieunerwartetenGästenennen.„Flüchtlinge“scheinteinsehrkomplexer Begriff zu sein. „Geflüchtete“, „Zufluchtsuchende“, „Neuankömmlinge“ oder „Neuankom-mende“sindrechtsprödeBegriffe,dievielleichtmehraufwühlenalsgläVen.NacheinerRechercheaufhVp://www.sprachlog.de/(S^chwort„Flüchtlinge“)habenwirvonderRedak^onunsfür„GeflüchteteMenschen“entschieden.DerBegriff„Mensch“sollimMiVelpunktstehen.WirsprechenvonMenschenmitganzsubjek^vemErlebenundVerhalten,vonbesonderenIndividuen,dieRechtebesitzen,diealleMenschen haben.Undmenschlichwollenwirmit ihnen umgehen. Auchwenn in einzelnen Ar^kelnnoch„Flüchtlinge“zulesenist,möchtenwirgerne,dassdieLeserdenneuenBegriffmithören!

MitdemSchwerpunkVhema„GeflüchtetejungeMenschenalsLernende“indieserAusgabewollenwireinenBeitrag,einenBausteinfüreineposi^veWillkommenskulturbieten.SchuleundPsychologiekön-nenvieldazubeitragen,geflüchtetenjungenMenschendasAnkommenzuerleichtern.WirhabendazuTextezusammengestellt,diedieSitua^onderjungenMenschenverdeutlichen,u.a.diemöglicheschu-lische Betreuung, das Leben in einerWohngemeinscha+, die Probleme einer psychotherapeu^schenBegleitung.UndnichtzuletzteinAr^kelüberinterkulturelleSensibilitätundKompetenz.

EinandererTeilderAusgabeenthältdieAntwortenaufunsereUmfrage,welcheBedeutungpsychologi-schesDenkenundHandelnfürdenLebensraumSchulehabenkönnteodersollte.DieRollederPsycho-logiewird–fürunssehrerfreulich–durchgängigposi^vgesehen.

MitdenbestenGrüßendesRedak^onsteams

� UweSchuckert

Editorial

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Bildquelle:Wikipedia 1

SehrgeehrteLeserinnenundLeser,

dievorliegendeAusgabeder„PsychologiefürdieSchule“istumfangreichergewordenalsursprünglichgeplant.Wirhabenunsaberdafürentschieden,IhnenkeinedervonunsgesammeltenInforma^onenvorzuenthalten.

VielleichtwollenSieinAnbetrachtdesUmfangseineAuswahltreffen.DazueinpaarTipps:

DieZitateausdenAntwortenunsererUmfragezumpsychologischenDenkenundHandelnimLebens-raumSchulevermiVelneinenEindruckvonderVielfaltderÜberlegungen,diedieAntwortendenange-stellthaben.SiefindendievollständigenAntwortenamSchlussunsererZeitschri+.

ImSchwerpunktGeflüchtete jungeMenschenals Lernende sind durchaus unterschiedlicheAspekteenthalten:EineHinführungzumThemamitGedankenzurMigra^onundschulischenIntegra^on,einekurzeDarstellungderSchriVe,dieeinAsylbewerber inDeutschlanddurchlaufenmuss,Ausführungenzu relevanten zentralen Begriffen: interkulturelles Lernen, interkulturelle Sensibilität, Kommunika^onundKompetenz.

Einbereitsvor längererZeit in „Zeitonline“veröffentlichtes InterviewmitdemdamaligenLeiterderSek^on Schulpsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen enthält Hin-weiseauftrauma^sierteKinderundzeigtUnterstützungfürLehrkrä+eundSchulenauf.

WennSieinteressiert,wieunbegleiteteminderjährigeFlüchtlingeaufgenommenwerden,sinddiebei-denTeil-InterviewsmitderWohngemeinschaVfürFlüchtlingeaufschlussreich.InErgänzungdazustehtdas Interviewmit der Schulpsychologin, das ihreArbeitmit geflüchteten jungenMenschen an einerstäd^schenBeruflichenSchuleinNürnbergvorstellt.

DanebengibtesverschiedeneModellederBeschulung.WirhabenderSchlaU-SchuleinMünchendieGelegenheitzueinerDarstellungihresKonzeptesgegeben.

UndlastbutnotleasthatdieRedak^onnützlicheLiteraturundLinksfürSiezusammengetragen.

Von TUBS - Eigenes Werk Diese Vektorgrafik wurde mit dem Adobe Illustrator erstellt.Diese Datei wurde mit Commonist hochgela1 -den.Diese Vektorgrafik enthält Elemente, die von folgender Datei entnommen oder adaptiert wurden: United States in the world (W3).svg (von TUBS)., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22345141

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InhaltsverzeichnisEditorial 3

PsychologischesDenkenundHandelnimLebensraumSchule 5AWelchenStellenwertsollpsychologischesDenkenundHandelnimschulischenFeldhaben? 5BZitateausdenStatements 6

GeflüchtetejungeMenschenalsLernende 9HerausforderungenfürdiebayerischenSchulen 9VorstandLBSPAspektederMigraYonundschulischenIntegraYon 12IngoHertzstell GeflüchteteMenscheninDeutschland-vonderAnkunVbiszurAnerkennung 13WiltrudRichterVonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz 16Dr.WolframHoffmann „EinGefühlvonSicherheit" 24 Zeit-InterviewmitStefanDrewesWohngemeinschaVfürFlüchtlingskindere.V. 26DominikLangerimInterviewmitIngoHertzstellTeil1:DieEinrichtung 26Teil2:ErfahrungenmitdenUMF 29SchulpsychologischeArbeitmitgeflüchtetenjungenMenschen inderBeruflichenSchule5derStadtNürnberg 34Dr.NicoleLämmermannimInterviewmitIngoHertzstellTraumaYsierteSchülerausMigrantenfamilien-ProblemeundUnterstützungsbedarf 42Dr.WolframHoffmannStabilisierungundRessourcenakYvierung-SchulpsychologieanderSchlaU-SchulefürjungeGeflüchtete 46VerenaKratzerLiteraturundLinks 48

Rezensionen 52BernhardJehle(Hrsg.)(2016).HerausforderungVielfalt–Schulegemeinsamgestalten 52(IngoHertzstell)KörperlicheAkYvierungwirkttherapeuYschbeiProblemkindern:EffektevonBewegungauf exekuYveFunkYonenbeiKindernmitADHS(Dr.WolframHoffmann) 52VierbeinergebenneuenLebensmut–EinsatzvonHundenbeiProblemkindern(Dr.WolframHoffmann) 54

PsychologischesDenkenundHandelnimLebensraumSchule 55CÜbersichtüberdieAutorinnenundAutorenderStatements 55DAlleStatements 56

Impressum 66�5 4

InteresseandieserZeitschriV?Sie sind nichtMitglied des LBSP undmöchten trotzdem in Zukun+ informiert werden, wenn eine

neueAusgabeder„PsychologiefürdieSchule“aufderHomepagedesLBSPsteht?DannklickenSiehierLINKundsendenunseineE-Mail.Wirversichern,dasswirIhreE-Mail-Adresse

nichtanderwei^gverwendenundaufkeinenFallanDriVeweitergebenwerden.VielenDankfürIhr

InteresseundIhrVertrauen!

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VieledervonunsmitdieserFragestellungAnge-sprochenenwarenderMeinung,dasspsycholo-gisches Denken und Handeln aus dem Lebens-raumSchulenichtmehrwegzudenkenist,jadassbeides diesen Raum noch umfassender und in-tensiverdurchdringensollte.

BrauchtdennSchuleüberhauptnochmehrPsy-chologie?Esgibtdochseitmehralsvierzig Jah-renanbayerischenSchulenSchulpsychologinnenundSchulpsychologen!

NachunsererAuffassungwäreesfalsch,diePsy-chologie ausschließlich auf Expertenwissen und–handelneinzuschränken.VielmehrsolltesiealleBereiche des schulischen Lebens durchdringenundfüralledortHandelndeneinleitendesPrin-zip sein. Das trifft nach unseremVerständnis inbesonderemMaßefürdieLehrkrä+ezu.Fürsiefängt es bereits vor der eigenverantwortlichenBerufstä^gkeit in Studium und Seminarausbil-dung an. Wohl gibt es schon in diesen beidenberuflichen Qualifika^onsphasen das Fach Psy-chologie,abereshatdortnoch langenichtdenStellenwert, den es haben sollte, um kün+igeLehrkrä+e im psychologischen Denken zu prä-gen, wie viele der Wortmeldungen darlegen.Undnichtalle,dieinderSeminarausbildungPsy-chologie vermiVeln, sind ausgewiesene Psycho-logen.–MehrnochalsdieLehrkrä+esolltendieVerantwortlichen psychologisch geschult sein,also Schulleiter und Funk^onsinhaber in derSchulverwaltung,denn sie könnendenGeist ei-nerSchulenachhal^gprägen.FürdieseAufgabebietensichVeranstaltungenanderDillingerAka-demie für Lehrerfortbildung und Personalfüh-rungoder individuellesCoachingdurcherfahre-

nePsychologenan.

Aberauch imErziehungs-undUnterrichtsgesetz(BayEUG),inderSchulordnung(BaySchO),indenministeriellen Erlassen sollte psychologischesKnowhowebensomaßgeblichseinwiedasjuris-^scheDenken.

ZwarhatBayernmitüber800Schulpsychologin-nen und Schulpsychologen eine große Zahl vonExperteneingesetzt, jedochbeigenaueremHin-sehenerkenntman,dassdieseo+nurmiteinemFün+el oder Viertel ihrer Arbeitszeit psycholo-gisch arbeiten können: Umgerechnet in dasStundendeputat eines Vollzeitpsychologenschrump+dieZahlmassiv.DenEinsatzzeitlichzuerweitern, würde psychologisches Handeln imschulischen Feld sofort beachtlich verbessern.Diese Kapazitäten könnten genutztwerden, umdas Inklusionskonzept psychologisch zu fundie-ren,umspeziellefachkompetenteKursefürKin-dermitLegasthenieoderzurGruppenbetreuungvonProblemschülern (z.B. solchemitAufmerk-samkeits- oder Angststörungen) einzurichten.Flächendeckend angebotene Supervisions- undIntervisionskreise durch Schulpsychologen mitZusatzqualifika^on können Lehrkrä+e in ihrempädagogisch-psychologischen Handeln stärken.Psychologisch fundierte Schulentwicklungspro-zesse ermöglichen es den Schulen, sich besseraufbevorstehendeVeränderungeneinzulassen.

Wie Schule aussieht, wenn ihr der psychologi-sche Geist fehlt, kann man an der „schwarzen

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PsychologischesDenkenundHandelnim LebensraumSchuleUmfragedesLBSPimSommer2016

A WelchenStellenwertsollpsychologischesDenkenundHan-delnimschulischenFeldhaben?

PsychologischesDenkenundHan-delnimLebensraumSchule

Die Verantwortlichen sollten psychologisch ge-schult sein, also Schulleiter und Funktionsinha-ber in der Schulverwaltung.

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Pädagogik“ sehen, die früher vielfach nochherrschteundandiesichdieälterenLehrkrä+e,wie der Autor dieser Zeilen, noch gut erinnernkönnen.BisindiespätenfünfzigerJahredesletz-ten Jahrhunderts hinein wurde an bayerischenSchulen noch tüch^g mit dem Rohrstock ge-schlagen, sogar noch länger wurden Schüler inden Arrest geschickt, auf die Eselsbank gesetzt,vorMitschülern bloßgestellt odermit sinnlosenStrafarbeiten belegt (z. B. hundertmal: Ich darfnicht schwätzen). Hilflose und pädagogisch wiepsychologisch überforderte Lehrkrä+e zeigteno+professionelles Fehlverhalten, das siebei ei-ner fundierten psychologischen Ausbildung si-chernicht gezeigt häVen. Psychologischbewan-dertePädagogenundPoli^kerhabendiese ver-fehlten Erziehungsmethoden in den zurücklie-genden Jahrzehnten GoV sei Dank SchriV fürSchriVabgeschafft.

UnserVorhaben imReferatÖffentlichkeitsarbeitwar es, uns bekannte Personen, Ins^tu^onenund Verbände anzuschreiben und zu befragen,weshalb ihnen psychologisches Denken undHandeln im Lebensraum Schule wich^g er-scheint:IndiesemSinnebatenwirvorallemBil-dungspoli^ker,Lehrer-undElternverbändesowieuniversitäre Einrichtungen in Bayern um einStatement.

InkeinerdervorliegendenAntwortenistdieBe-deutungpsychologischenDenkensundHandelnsfür die Schule bestriVen worden, doch werdenunterschiedliche Aspekte für wich^g gehalten.-Die Antworten sind insgesamt so umfangreich,dasswirzuersteinmalaufdenfolgendenSeiteninFormausgewählterZitateeinenEindruckvondenvielfäl^genundunterschiedlichenErwartun-gen an die Psychologie in der Schule präsen^e-ren. Die vollständigen Statements können amSchlussdieserZeitschri+nachgelesenwerden.

Der GesamVenor der zugesandten Beiträge be-sagt: (Schul-)Psychologie an Bayerns Schulen istnichtmehrwegzudenkenundunverzichtbar. IhrBeitrag für den Lebensraum Schule sollte sogarnocherweitertundver^e+werden.

Dr.WolframHoffmann

B ZitateausdenStatements

WelcheBedeutungkommtIhrerMeinungnachpsychologischemDenkenundHandelnimLebensraumSchulezu?WelcheVorstellungenundErwartungenverbindenSiedamit?

6Förderung der Kommunikationskompetenz der Lehr-

kräfte (…) Stärkung der elterlichen Erziehungskompe-

tenz (Paede, Bayerischer Elternverband)

(…) kann es auch immer besser gelingen, die psy-chologische Sensibilisierung auf die Lehrerschaft und (…) auf die Erziehungsberechtigten auszuwei-ten. (Schubert, OStD a.D.)

Professionelles Handeln ist besser reflek-tiert und weniger beliebig; flexibles und angemessenes Handeln wird wahrscheinli-cher. (Prof. Drechsel, Universität Bamberg)

Psychologisches Denken und Handeln muss nicht nur

fester Bestandteil des Lehramtsstudiums sein, sondern

auch in internen und externen Fortbildungen ständig the-

matisiert werden. (Wild, MdL SPD)

(…) einen menschlicheren und respektvol-

leren Umgang in der Schule zu unterstüt-

zen (Ziegler, Mutter)

PsychologischesDenkenundHan-delnimLebensraumSchule

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Frage: Wie kann schulpsychologisches Denken und Han-

deln in den Schulen verankert werden? Erster Ansatz-

punkt: die Lehrerbildung und -fortbildung muss psycholo-

gisches Knowhow vermitteln (…). Zweiter Ansatzpunkt: wir

brauchen an Schulen multiprofessionelle Teams und in

diesen Teams muss die Profession Schulpsychologie ge-

stärkt werden, (…). (Gehring, MdL Bündnis 90/Die Grü-

nen)

(…) verändert die Auseinandersetzung mit psychologi-

schen Inhalten die Denkweise und damit auch das Verhal-

ten der Auszubildenden bzw. Schülerinnen und Schüler.

(Altenthan, VLB Bayern)

Psychologie ist meines Erachtens aus der

Schule überhaupt nicht wegzudenken. (Neubauer,

MB für die Gymnasien in Oberfranken)

(…) dazu beitragen, das Verhalten des Ge-genübers zu verstehen und angemessen zu reagieren. (Prof. Schütz, Universität Bam-berg

(…) um das richtige Lernen zu erlernen, und das geht

nicht ohne psychologisches Wissen, denn Pädagogik

reicht hier nicht aus. (Jungfer, Diplomsupervisorin)

(…) die Hintergründe des Handelns von Schülern und

Lehrern transparenter zu machen und somit ihre Gefühle,

Motive und Denkweisen besser zu verstehen. (Luger,

Psychosoziale Beratungsdienste)

Durch präventive Arbeit und das Aufgreifen aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen tragen Schulpsychologen ganz wesentlich dazu bei, Probleme zu erkennen (…) (Trautner, MdL CSU)

(…) die Schulpsychologie als Integrati-onshelfer im Rahmen der Beschulung der Flüchtlinge gebraucht (…) (Dr. Prölß-Kam-merer/Wojciechowski, Stadträtinnen SPD)

Die psychologische Unterstützung im Umfeld der Schule ist ein wichtiger Baustein für die Integration der jungen Menschen in die Gesellschaft. (Ziegentha-ler, Amt für Berufliche Schulen Nürnberg)

Mit einem kräftigen Ausbau der Schulpsycholo-

gie investieren wir sinnvoll in die Zukunft unser

Schulen. (Leo, Stadträtin Die Grünen)

(…) gerade jetzt, wo Kinder stark belastet und

verängstigt sind, gerade jetzt, wo auch wir mit un-

seren Gefühlen oftmals an Grenzen kommen,

brauchen wir die psychologische Expertise der

Schulpsychologen an den Schulen. (Fleischmann,

BLLV)

PsychologischesDenkenundHan-delnimLebensraumSchule

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Ich würde die Schulpsychologie gerne eingebettet sehen in

ein professionelles Beratungssystem, das der gesamten Schul-

familie schnell und unbürokratisch zur Verfügung steht. (Güll,

MdL SPD)

Psychologisches Wissen und Handeln ist unerläss-

lich, wenn es um die Prävention und Intervention

von möglichen Krisen im Schulalltag geht (…) (Ka-

gerbauer, Universität Erlangen-Nürnberg)

Wenn Psychologie eine Wissenschaft ist, die sich mit dem Erleben und Verhalten des Menschen beschäftigt, dann gehört psychologisches Denken in die Schule. (Jehle, IPSN)

Psychologisches Denken und Handeln ergänzt didaktische, pädagogische und fachliche Kompetenzen. (Prof. Piazolo, MdL Freie Wähler)

Der zunehmende Leistungsdruck in den letzten Jahren, die Viel-

falt der Teilleistungsstörungen benötigt eine gute fachliche, psy-

chologische Begleitung, die der Lehrer/in im normalen Schulalltag

nicht leisten kann (Sczygiel / Scherle, LVL Bayern e.V)

Für pädagogische Professionelle ist (…) solides

psychologisches Wissen und dessen Nutzung für

die Organisation von Lehr-Lernarrangements sowie

die Diagnostik und Beratung unabdingbar. (Prof.

Scheunpflug, Universität Bamberg)

Psychologisches Denken und Handeln im Lebens-raum Schule halte ich dann für wichtig, wenn es unter-stützt, sich selbst und andere in kritischen Situationen realistisch einzuschätzen und Handlungsmöglichkeiten zu finden. (Bauer, Rektorin i. R.)

Umso dringlicher ist es, die psychologi-sche Dimension des Menschseins im Bildungs-geschehen bewusst zu machen und dement-sprechend menschgerecht zu handeln. (Dr. Lehmeier, PI München)

PsychologischesDenkenundHan-delnimLebensraumSchule

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DiebayerischenSchulenstehenmitderBeschu-lungvongeflüchtetenKindernundJugendlichenvor großen Herausforderungen, die von Seitender Lehrkrä+e, der Schulleitungen und derSchuladministra^on mit Ernstha+igkeit und mitviel Bemühen um Nachhal^gkeit angegangenwerden.NebenderBereitstellungvonMiVelnimStaatshaushaltinbemerkenswertemUmfangfürdie Einrichtung vonÜbergangsklassen,Deutsch-kursen und für sons^ge personelle AusstaVungwurde auch das Tä^gkeitsvolumen von KIBBSdurch eine weitere Anrechnungsstunde proKIBBS-Mitgliederhöht.

Der LBSP begrüßt dieseMaßnahmen ausdrück-lich als zielführend. Gleichzei^g wir+ der LBSPjedoch auch einen nüchternen Blick auf dieSchullandscha+undaufdiequan^ta^vundqua-lita^v ges^egenenpädagogischenErfordernisseundmerktan,dass

• die zeitliche und psychische Belastung der

Lehrkrä+e jetztschonundweiterhinabsehbar

alsenormzubetrachtenist,

• die Traumafolgeeffekte bei Kindern und Ju-

gendlichen zunehmend offenbar werden und

denUnterrichtundSchulalltagerheblichirri^e-

renkönnen,

• dieRadikalisierungsgefahrdermännlichenwie

weiblichen geflüchteten (wie auch der nicht

geflüchteten)Jugendlichendurchfundamenta-

lis^scheunddurchausauchterroris^scheInfil-

tra^on realis^sch istundmehrBeachtungfin-

denmuss.

Lehrkrä+eundpädagogischesBetreuungsperso-nalindenSchulenbenö^genvermehrtfachkun-digeHilfe,wennBildungundIntegra^onderKin-der/JugendlichenmitFluchterfahrungnachhal^gErfolghabensoll.

Um die transkulturell gül^gen Ideale derMenschheit und Tugenden und Ziele einer derHumanität verpflichteten Gesellscha+ an dienachkommendeGenera^onweitervermiVeln zukönnen, bedürfenmaterielle Hilfen, Schutz undAusstaVung für ein menschenwürdiges Lebeneiner Ergänzung durch intensive pädagogischeBetreuung und psychologische Exper^se. DerVorstand des LBSP wird dies weiterhin bei denpoli^schundadministra^vVerantwortlichenvor-tragen.

ZudemwirdimMai2017derVerein"FörderungderPsychologie inder Schulee.V." inengerAb-s^mmung und Koopera^on mit dem LBSP eineFachtagungausrichtenzudenThemenneueKul-turen an den Schulen, kulturbeachtende schul-psychologischeBeratungundGefahrenderRadi-kalisierung.

VorstandLBSP

HerausforderungenfürdiebayerischenSchulen

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GeflüchtetejungeMenschenalsLernende

SchwerpunkChemaGeflüchtetejungeMenschenalsLernende

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MigraYon

ImBrockhauswirdMigra^ondefiniertals„Formdes Ortswechsels (Mobilität), bei der EinzelneoderGruppendenSiedlungsraumihrerPopula@-onverlassenoderwechseln“ .2

SeitjehersindMenschengewandert,habenihreHeimat verlassen und anderwei^g eine neueHeimatgefunden.NichtnureinzelneMenschenhaben sichaufWanderscha+begeben, sondernauchganzeStämmeoderVölker.DieGeschichtekennt viele verschiedene Beispiele, die Anlässekönnenunterschiedlichernichtsein.

Begaben sich ganze Völker(-scharen) auf Wan-derscha+, gab es dafür ganz unterschiedlicheGründe:Der Lebensraumwurde zu eng, die Er-oberungandererGebietelockte,mansuchtederBedrohungdurchandereVölkerauszuweichen.–Mitunter verließ auch nur ein Teil eines Volkesden angestammten Raum, um einer poli^schenoderreligiösenVerfolgungzuentgehen.

Natürlich kann auch ein einzelner Mensch mitoder ohne Familie emigrieren. Ein Mensch istneugierig und entdeckungsfreudig. Ermuss sei-nenLebensraumerweitern,umseineErnährungzu sichern. Er schließt sich um der LiebewilleneinemanderenStamman.ErziehtineinemKon-fliktoderimKampfumdieVormachtdenKürze-ren und verlässt die Gruppe. EinMenschmussseineGemeinscha+verlassen,weilergegenRe-geln verstoßenhatundausgeschlossenwird. Erverlässt seineHeimat–möglicherweiseaufZeit–ausberuflichenoderwirtscha+lichenGründen.EinMenschverlässtsein inKämpfeverwickeltesHeimatland, um anderswo in Frieden leben zukönnen.

Ankun+ und Leben in einem fremden LandmitandererSpracheundKultur,einemanderenpoli-^schen System, anderen religiösen Konzepten,mit der Erwartung der Integra^on des Migran-ten,desAsylsuchendenstelltdiesenvorerhebli-che Probleme. Er ist kein Gerufener! Wie alsowirderakzep^ert?WiefindeterWohnungundArbeit? Kann oder darf er seine Lebensweisebewahren? Wie lange kann oder muss er blei-ben?Aberauch:WiekannerimKontaktbleibenmitseinerFamilie?Kannersienachholen?Bietetdas Land, in das er gekommen ist, das, was ersicherhoffthat?

Die Antworten auf diese Fragen fallen sehr un-terschiedlichaus,vonwarmherzigerundhilfsbe-reiter „Willkommenskultur“ bis hin zu strikterAblehnung derAufnahme, von Toleranz des Le-benss^ls bis hin zu Ausschluss und Verfolgung.DieeuropäischenStaatenhabenkeinenKonsens,dieMeinungen innerhalb einer Gesellscha+ lie-gen weit auseinander. Wie kann da Integra^ongelingen?

Trotzdem: Immer mehr Menschen werden zuMigranten, indem sie aus Krisengebieten flüch-tenundinanderenLändernZufluchtsuchen.DieVereintenNa^onen sprechenvonweltweit65,3MillionenMenschenaufderFlucht.DasKinder-hilfswerkUnicefgehtinseinemaktuellenBericht"Entwurzelt"(„Uprooted“)von28MillionenKin-dern und Jugendlichen auf der Flucht aus, einüberpropor^onaler Anteil. In der PressemiVei-lung werden sechs Forderungen der Unicef an3

dieRegierungenaufgestellt:

1. Geflüchtete und migrierte Kinder, insbeson-dereunbegleiteteKinder,müssenvorGewaltundAusbeutunggeschütztwerden.

2. Die InhaLierung von Kindern aufgrund ihresAufenthaltsstatusmussauNören.

Brockhaus. Das Taschenlexikon in 24 Bänden. Gütersloh / München 2010. Bd. 14, S. 4952.2

https://www.unicef.de/presse/2016/report-kinder-entwurzelt/1219123

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AspektederMigraYonundschuli-schenIntegraYon

Menschen verlassen ihr Heimatland, um anders-wo in Frieden leben zu können.

AspektederMigraYonundschulischen IntegraYonIngoHertzstell

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3. DieWahrungderFamilieneinheit istderbes-teWeg, Kinder zu schützen und ihnen einensicherenrechtlichenStatuszugeben.

4. AllegeflüchtetenundmigriertenKindermüs-sen Zugang zu Bildung und Gesundheitsver-sorgung sowiepsychosozialerBetreuungha-ben.

5. FluchtursachenmüssenbekämpLwerden.

6. IndenTransit-undZielländernmüssenMaß-nahmen gegen Fremdenfeindlichkeit, Diskri-minierung und Marginalisierung gefördertwerden.

GeflüchtetejungeMenscheninderSchule

2015 hat Deutschland viele der Migran^nnenundMigrantenvorallemausdemNahenOstenaufgenommen.Darunterbefindensichauchvie-leKinderundJugendliche,zumTeilmitihrerFa-milie,zumTeilunbegleitet,fürdiesichdieFragederBeschulungundAusbildungstellt.

In den deutschen Bundesländern wird viel –wennauchunterschiedlichviel–getan,umdenFlüchtlingen und Asylsuchenden zu helfen. Dasgilt auch oder insbesondere für die Kinder undJugendlichen.SiebesuchenSchulen,Sprach-undBerufsintegra^onsklassen, erhalten damit eineZukun+sperspek^ve.

„EineganzeMengeSchulenundvieleLehrkräLeengagieren sich vorbildlich für dieNeuankömm-linge und beweisen damit ihre Solidarität mitderen Erfahrungen und Schicksalen. Sie ak@vie-ren nicht nur ihre pädagogischen Kompetenzen,sondern auch ihre Menschlichkeit und Hilfsbe-reitschaL. 4

Viele der geflüchteten jungen Menschen sindwissbegierig, mo^viert und bereit, sich einzu-bringen.Doch istdiese„Selbs^ntegra^on“nichtimmer problemlos. Größtes Hindernis ist – zu-mindest in der Anfangszeit – die Sprache, wasdieVerständigungmitdenMitschülerinnenundMitschülern, aber auchmit den Lehrkrä+en er-schwert. Das andere Problem ist der Umstand,dass eine Reihe von ihnen unter den Nachwir-kungenderFluchtleidet.DazuheißtesineinemSchreibendesIns^tutsfürPädagogikundSchul-psychologie der Stadt Nürnberg (IPSN) vom02.12.2015:

„KinderundJugendlicheleidenunterdenFolgender Trauma@sierung im HerkunLsland, auf derFluchtund/oderdieUnterbringungssitua@onhiermitderoLnochlangeunsicherenPerspek@vefürdie weitere Lebenssitua@on der Familie. Umsowich@ger istdieStabilisierungdurcheinegewis-seNormalitätdesAlltagsineinerSchule.“

VieleInforma^onenundFortbildungenfürLehr-krä+e,Beratungslehrkrä+esowieSchulpsycholo-ginnenundSchulpsychologentragendemRech-nung. Lehrkrä+e sollten trauma^sierte Kinderund Jugendliche erkennen können, sollten aberdieTrauma^sierungennichtvonsichausanspre-chen.Wich^gist,dassKindernundJugendlichenmit trauma^schenErfahrungenVerständnis,Ak-zeptanz und Sicherheit vermiVelt werden, dasssie posi^ve Erfahrungen in der Klassengemein-scha+machen,indemsieinmöglichstvieleAk^-vitäten einbezogen werden. Dazu tragen „klaresichwiederholendesoziale,zeitlicheundräumli-cheStrukturen“ (ebd.)bei.AuchRituale,Ablen-kungen, die Möglichkeit, Gefühle zu äußern,oder Selbstwirksamkeitserfahrungen haben sichalshilfreicherwiesen.

Das alleine genügt aber o+nicht. EtlichedieserKinder und Jugendlichen werden in der Schulevon ihren trauma^schen Erlebnissen eingeholt,zumal,wennsiedemUnterrichtsprachlichoder

Pressemitteilung des LBSP am 12.09.20154

�11 11

AspektederMigraYonundschuli-schenIntegraYon

Schule muss für die geflüchteten jungen Men-schen ein sicherer Ort sein.

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inhaltlich nicht zu folgen vermögen. Die Folgensind Unkonzentriertheit und Unruhe bis hin zuFlashbacks, bei denen die trauma^schen Erfah-rungen gedanklich erneut he+ig erlebtwerden.Wenn das im Unterricht geschieht, muss dieLehrkra+wissen,wiesiedamitangemessenum-gehenkann,sollteauchwissen,beiwemsiesichbeisolcherBelastung inkonkretenFällenUnter-stützung–etwa inFormvonSupervision, kolle-gialen Fallbesprechungen, individuellem Coa-ching–holenkann.IneinerPressemiVeilungdesBerufsverbands Deutscher Psychologinnen undPsychologen(BDP)heißtesdazu:

Das Engagement der Schulen und Lehrer ist anvielen Stellen bewundernswert. Mit hoher päd-agogischerKompetenzwerdenvieleSchülerkurz-fris@gaufgenommenundihnennachdenschwe-ren Erfahrungen ein sicherer Ort in der Schulegegeben“, sagt Stefan Drewes, Vorsitzender derSek@on Schulpsychologie im BDP. „Die Schulenbenö@gen jedoch psychologische Unterstützungbeim Umgang mit trauma@sierten Kindern undJugendlichenundvorallemHilfen,dasallesauchselbstzuverarbeiten.“ 5

FürSchülerinnenundSchülermitderar^genBe-lastungsreak^onenkanneinespezifischepsycho-therapeu^sche Behandlung hilfreich sein. Vor-aussetzung sind aber hinreichende Verständi-gungsmöglichkeiten sowie ein Mindestmaß anStabilisierung. Auch die Eingangsphase einerPsychotherapie dient im Allgemeinen noch derStabilisierung. Zu bedenken ist auch, dass fürvieleFlüchtlinge–vorallemausdemarabischenRaum – nicht wissen, was Psychotherapie ist,und aus Scham nicht offen über das Erlebtesprechen.DolmetschermitgleicherHerkun+wiedieKlientenkönnenbeiderKommunika^onhel-fenundkulturelleMiVlersein.DerTherapiepro-zesserfordertGeduld,einevertrauensvolle the-

rapeu^scheBeziehungbautsicho+nurlangsamauf. 6

Lehrkrä+e müssen sensibilisiert werden für diebesondere Situa^on und die besonderen Be-dürfnissederFlüchtlinge,speziellfürdieBedürf-nisseder Kinder und Eltern.Alsonicht nurVer-anstaltungen zu Flucht und Trauma, sondernauchsolchezufremdenKulturenundReligionen,zudenBildungssystemenderHerkun+sländer,zuinterkulturellemLernenbieten sichan. Interkul-turelle Kompetenz trägtwesentlich zumVerste-henvonundzurVerständigungmitMigran^nnenundMigrantenbeiundbildeneineGrundlagefürdie angestrebte Integra^on nicht nur in derSchule,sonderngrundsätzlich inunsererGesell-scha+.

InnerhalbdesSchulsystemssteheninberatenderFunk^onSchulpsychologinnenundSchulpsycho-logen sowie Beratungslehrkrä+e als Ansprech-partner zurVerfügung, sei es in zentralenBera-tungsstellen, sei es vor Ort in den Schulen, au-ßerdem die Mitglieder der Kriseninterven^ons-und -bewäl^gungsteams Bayerischer Schulpsy-chologinnen und Schulpsychologen (KIBBS).(Auch in anderen Bundesländern gibt es solcheTeams, die Bezeichnungen variieren.) Für denstaatlichen Bereich in Bayern finden sich Infor-ma^onen unter hVps://www.schulberatun-g.bayern.de/.ZudenAufgabengehörtnichtnurdie Beratung und Betreuung im Einzelfall, son-dernauchdieKoopera^onundAbs^mmungmitinner- wie außerschulischen Einrichtungen, vorallem Schulverwaltung, Jugendamt, Jugendsozi-alarbeitanSchulen(JaS),Polizei,Kinder-undJu-gendpsychiatrie,Flüchtlingsheimen,niedergelas-senen Kinder- und Jugendlichenpsychiatern und–therapeuten. Ohne Vernetzung und AustauschisteineerfolgreicheBegleitungderjungenMen-schen mit Migra^ons- bzw. Fluchthintergrundnichtmöglich.

IngoHertzstell

[email protected]

BDP-Pressemitteilung vom 20.08.20155

Der psychologische Psychotherapeut Hassan El Khomri im Interview mit der „Ärzte Zeitung“, abgedruckt in „Der Ge6 -sundheitsberater“, Februar 2016, S. 21

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AspektederMigraYonundschuli-schenIntegraYon

Interkulturelle Kompetenz trägt wesentlich zum Verstehen von und zur Verständigung mit Mi- grantinnen und Migranten bei.

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Mit ihrerAnkunV inDeutschlanderreichenge-flüchteteMenschen – oV nach Jahren der Be-drohung–sicherenBoden.DochGewissheit,obsieund ihreFamilienhierdauerhaV lebenundarbeitenkönnen, gibt es erstmitder endgülY-genEntscheidungüberihrenAsylantrag.

SchriCedesdeutschenAsylverfahrens1. EinreiseundAsylgesuch

Für alle in Deutschland ankommenden Asylsu-chenden gilt: Sie müssen sich unmiVelbar beioder nach ihrer Ankun+ bei einer staatlichenStelle als asylsuchendmelden. Dies kann schonanderGrenzegeschehenoder später im Inlandbei einer Sicherheitsbehörde (zum Beispiel derPolizei), Ausländerbehörde oder bei einer Auf-nahmeeinrichtung.

2. ErstverteilungundRegistrierung

HiererfolgtdieRegistrierungmitFoto,Fingerab-drücken etc. Jede Person – auch Kinder ab 14Jahren – erhält einen Auskun+snachweis, derzumAufenthalt inDeutschlandberech^gtsowiezum Bezug staatlicher Leistungen (Unterbrin-gung,medizinischeVersorgung,Verpflegung).

Nach dem Königsberger Schlüssel werden dieAsylsuchenden auf die verschiedenen Bundes-länder verteilt. Für 2016 sind die Hauptaufnah-meländer Nordrhein-Weswalen (21 %), Bayern

(15%) und Baden-WürVemberg (12%). Amwe-nigsten betroffen sind Bremen (0,9%), Saarland(1,2%)undMecklenburg-Vorpommern(2,%).ZurErstverteilung s. auch dieWebsite des Bundes-amtsfürMigra^onundFlüchtlinge(BAMF) :7

3. Asylantrag–Aktenanlage

Etwa nach sechs Monaten werden die Asylsu-chendenaufgefordert,beieinerStelledesBAMFpersönlich zu erscheinen und einen offiziellenAsylantragzustellen.EineAktemitdenpersönli-chenDatenwirdangelegt.DieAntragstellendenwerden fotografiert; von Personen ab dem 14.Lebensjahr werden zusätzlich Fingerabdrückegenommen. Die Daten werden mit denen desAusländerzentralregisters sowie des Bundeskri-minalamtes abgeglichen, um zu überprüfen, obes sich um einen Erstantrag, einen Folgeantragoder möglicherweise einen Mehrfachantraghandelt.

Mit Hilfe eines europaweiten Systems wird au-ßerdem ermiVelt, ob ein anderer europäischerStaat für die Durchführung des Asylverfahrenszuständigseinkönnte.

NachStellung ihresAsylantragserhaltendieAn-tragstellendeneineBescheinigungüberdieAuf-enthaltsgestaVung. Diese weist sie gegenüberstaatlichen Stellen als Asylantragstellende ausundbelegt,dasssiesichrechtmäßiginDeutsch-land au}alten. Die AufenthaltsgestaVung ist

http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Erstverteilung/erstverteilung-node.html 7

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GeflüchteteMenscheninDeutschland–vonderAnkunVbiszurAnerkennungalsAsylberechYgte

GeflüchteteMenscheninDeutschland–vonderAnkunVbiszurAnerkennungalsAsylberechYgteWiltrudRichter

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räumlich auf den Bezirk beschränkt (Residenz-pflicht), in dem sich die zuständige Aufnahme-einrichtungbefindet.

4. PrüfungnachdemDublinVerfahren

Hierwirdfestgestellt,welchereuropäischeStaatfür die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist.ZumDublin-Raum gehören dieMitgliedsstaatender Europäischen Union, Norwegen, Island, dieSchweiz sowie Liechtenstein. Falls bereits in ei-nem Dublin-Staat asylrechtlicher Schutz erteiltwurde, ist eine weitere Asylantragsprüfung inDeutschlandnichtmöglich.

Der Antragsteller erhält dann ggf. einen Be-scheid,dasserindenbetreffendenStaatausrei-sen muss. Gegen diese Entscheidung kann diebetroffenePersonKlageerheben.

5. DiepersönlicheAnhörung

DiepersönlicheAnhörung ist fürdieAntragstel-lenden der wich^gste Termin innerhalb ihresAsylverfahrens. Die Anhörung findet wieder inderStelledesBAMFstaV,beiderauchdie Ak-tenanlage erfolgt ist.Hier sind die sogenanntenEntscheiderinnenundEntscheiderfürdieDurch-führung der Anhörung zuständig. Sie laden dieAntragstellenden zu diesem Termin, an demauch eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscheranwesend ist. Das Ziel der Anhörung ist es, dieindividuellen Fluchtgründe zu erfahren, ^efereErkenntnisse zu erhalten sowie Widersprücheaufzuklären.

Die Antragstellenden stellen ihren LebenslaufundihreLebensumständedar,schilderndenRei-sewegund ihreigenesVerfolgungsschicksal.Au-ßerdem äußern sie ihre Einschätzung der Um-stände, die sie bei einer Rückkehr in ihr Her-kun+sland erwarten. Bei alldem sind sie ver-pflichtet,wahrheitsgemäßeAngabenzumachenund BeweismiVel vorzulegen, sofern sie diesebeschaffen können. Das können Fotos sein,Schri+stücke von der Polizei oder anderen Be-hörden,gegebenenfallsauchärztlicheAVeste.

Die Schilderungenwerdenübersetzt undproto-kolliertundimAnschlussandieAnhörungfürdieAntragstellenden rückübersetzt. Sie bekommensoGelegenheit,dasGesagtezuergänzenoderzukorrigieren. Schließlichwird ihnen das Protokoll

zur Genehmigung durch die Unterschri+ vorge-legt.

6. EntscheidungdesBundesamts

Auf Basis der persönlichen Anhörung und dereingehendenÜberprüfungvonDokumentenundBeweismiVeln entscheidet das Bundesamt überdenAsylantrag.DieEntscheidungwirdschri+lichbegründet und den Beteiligten, den Antragstel-lenden oder Verfahrensbevollmäch^gten sowiedenzuständigenAusländerbehördenzugestellt.

Bei jedem Asylantrag prü+ das Bundesamt aufGrundlage des Asylgesetzes, ob eine der vierSchutzformen – Asylberech^gung, Flüchtlings-schutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschie-bungsverbot – vorliegt. Nur wenn keine dieserSchutzformen in Frage kommt,wirdderAsylan-tragabgelehnt.

AnerkennungderAsylberechYgung (Art.16aGG)

Asylberech^gtunddemnachpoli^schverfolgtisteinePerson,dieaufgrundihrerRasse,Na^onali-tät, poli^schen Überzeugung, religiösen Grund-entscheidungenoderZugehörigkeit zueinerbe-s^mmtensozialenGruppeimFallederRückkehrin ihr Herkun+sland einer schwerwiegendenMenschenrechtsverletzungausgesetztseinwird.

ZuerkennungdesFlüchtlingsschutzes(§3AsylG)

Auf Basis der Genfer Flüchtlingskonven^on gel-ten Menschen als Flüchtlinge, die sich aus be-gründeterFurchtvorVerfolgungvonstaatlichenoder nichtstaatlichen Akteuren aufgrund ihrerRasse, Religion, Na^onalität oder poli^schenÜberzeugung außerhalb des Herkun+slands be-finden.

ZuerkennungdessubsidiärenSchutzes (§4AsylG)

Subsidiär schutzberech^gt sind Menschen, dies^chhal^geGründedafürvorbringen,dassihnenin ihremHerkun+sland ein ernstha+er Schadendroht, wie z. B. Todesstrafe, Folter oder eineernstha+eindividuelleBedrohungdesLebensimRahmeneines interna^onalenoder innerstaatli-chenbewaffnetenKonflikts.

NaYonalesAbschiebungsverbot

Ein schutzsuchenderMensch darf nicht rückge-

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GeflüchteteMenscheninDeutschland–vonderAnkunVbiszurAnerkennungalsAsylberechYgte

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führtwerden,wenndieRückführungindenZiel-staateineVerletzungderEuropäischenKonven-^on zum Schutz der Menschenrechte undGrundfreiheiten(EMRK)darstelltoderwenndorteineerheblichekonkreteGefahr fürLeib,LebenoderFreiheitbesteht.

7. RechtsmiCelgegendieEntscheidung

Nur wenn für keine der vier Schutzformen dieVoraussetzungen erfüllt sind, erhalten Antrag-stellende einen ablehnenden Bescheid, verbun-denmiteinerAbschiebungsandrohung.DenBe-troffenenstehen indiesemFallRechtsmiVel zurVerfügung. Sie können gegen die EntscheidungdesBundesamtesklagen.

8. AusgangdesAsylverfahrens

Aufdieendgül^geEntscheidungdesBundesam-tes – den Abschluss des Asylverfahrens – folgtentwederdasAufenthalts-bzw.BleiberechtoderaberdieAusreisepflicht.

Stand:Oktober2016

Quelle:BundesamtfürMigra^onundFlüchtlinge(2016).AblaufdesdeutschenAsylverfahrens.EinÜberblicküberdieeinzelnenVerfahrens-schriVeundrechtlichenGrundlagen.

DieBroschürekannalsPDFheruntergeladenwerden:LINK:BAMF

WiltrudRichter

[email protected]

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GeflüchteteMenscheninDeutschland–vonderAnkunVbiszurAnerkennungalsAsylberechYgte

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DassMenschen, die aus einem anderen Kultur-kreis kommen, gutgemeinte Gesten auch völligmissverstehen, konnte Oliver Kahn bei einemGastspiel inJapanerfahren:ErküsstedieAbitu-rien^n,dieihnmiteinemBlumenstraußbegrüß-te,mitzweihe+igenKüssenaufdieWangen.DasMädchenberichtetehinterher,dasssieamliebs-tenvorScham imBodenversunkenwäre. In Ja-panwirdKüsseninderÖffentlichkeitalsäußerstero^scheHandlungmissverstanden,dieSchandeüber das Mädchen bringen kann. (Wahrlich,2002,S.1)

Dass unterschiedliche kulturelle Normen sogarschon in der Schule eine mediale Rolle spielenkönnen, zeigt das aufsehenerregende Beispieleiner16-jährigenSchülerininNiedersachsen,diedenNikab(nichtBurka,wiefälschlichbehauptet)in der Schule trägt, der nur den Augenschlitzfreigibt.Sieweigertsich,ebensowieihreEltern,

diesenabzulegen.DieSchulbehördezeigtsichindiesemFallvöllighilflos,siekannderSchulenuranraten, geduldig auf eine Verhaltensänderungder Schülerin hinzuwirken. („Die Welt“,01.10.2016)

BeideBeispielemachendeutlich,wiewich^gesist, Menschen mit einem anderen kulturellenHintergrundzuverstehenundmitihnenineinenAustauschzutreten,derzwischenihrenundun-serenkulturellenundsozialenTradi^oneneinenfruchtbarenAusgleichschafft.DieseFähigkeitistbesonders für Lehrkrä+e im Umgangmit Schü-lerelternundSchülernwich^g.

Unter„interkulturellerKompetenz“verstehtmanindiesemZusammenhangdieFähigkeit,mitPer-sonen oder Gruppen aus anderen Kulturen er-folgreichundangemessenumgehen zu können.EsistdieFähigkeit,sichaufMenschenmiteinemanderen Hintergrund so einzulassen, dass sichjede der beiden Seiten verstanden und akzep-^ertfühlt.DieseFähigkeitkannentwederschonin jungen JahrenvorhandenseinoderdurchEr-fahrungundErziehungentwickeltundgefördertwerden.DieserProzesswirdals„interkulturellesLernen“bezeichnet.DieGrundlagefürerfolgrei-che „interkulturelle Kommunika^on“ bilden „in-terkulturelleSensibilität“undWissenumdiekul-turelle Eigenart des Anderen (Wahrlich, S. 1f).ZumbesserenVerständnisderBegrifflichkeitde-finiertman „Interkulturelle Kommunika^on“ alseinenDialogzwischenPersonenmitunterschied-lichem Hintergrund, „interkulturell sensibel“ isteine Person dann, wenn sie um das kulturelleAnderssein Bescheid weiß, und „interkulturellkompetent“istjemanddann,wennerdassensi-belberücksich^gt.

Er versteht und berücksich^gt also in Zusam-menarbeitmitMenschenaus fremdenKulturenderenVorstellungen,ihreArtderWahrnehmung,

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VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz

VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenzDr.WolframHoffmann

Nikab als Keidung mancher moslemischer Frauen(Quelle: CC BY 2.0,hCps://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=383341

EinwichYgesErziehungsziel:Menschenbesserverstehen,dieanderssind

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ihre Gefühle und ihr Verhalten. Dabei dürfenVorurteile keine Rolle spielen, sondern esmusseineGrundhaltungderOffenheitundAkzeptanzvorherrschen. In diesem Zusammenhang sindbesonders Kenntnisse über die jeweilige Unter-schiedlichkeitrelevant.

BeidenzweiinBamberginterna^onalaufgestell-ten Firmen gehörendaher Schulungen zu inter-kultureller Kompetenz zu den selbstverständli-chenFortbildungsangebotenderMitarbeiter. Imgleichen Sinne sollte diese Kompetenz auch imschulischenBereichgefördertwerden.

DieinterkulturelleSensibilitätwirdinderschuli-schenAlltagsrealitätinzunehmendemMaßevonLehrkrä+en und einheimischen Schülerinnenoder Schülern gefordert, seitdem in vielen Ge-genden Deutschlands keine kulturelle Homoge-nität mehr besteht, sondern Schülerinnen undSchülerelternmit ganz unterschiedlichem kultu-rellenHintergrundanderschulischenKommuni-ka^onteilnehmen.Dabeispielenz.B.Speisevor-schri+en,religiöseFeiertage,FormenderBegrü-ßungundKommunika^onsowiedieunterschied-liche Bewertung vonMann und Frau sowie derSexualitäteineRolle(Toprak,2010,S.38f).

Dazu Beispiele aus dem interkulturellen Schul-alltag:

1. EintürkischerVateralsElternbeiratverlangt,dass inderSchulmensakeinSchweinefleischmehr angebotenwerdendürfe, dadiemos-lemischen Schüler dadurch in Versuchungkämen, selbst ein Hotdog oder eine Brat-wurst zu probieren. Ein anderer Vater kri^-sierte, dass während des Ramadans in derSchule untertags Gebäck oder MiVagessenangebotenwürden; dadurchwürdenmosle-mischeSchülerimFastenmonatausgegrenzt.

2. Eine moslemische SchülermuVer verweigertdem Klassleiter, den sie besucht, den GrußmitderausgestrecktenHand,wasdieseralsAblehnungerlebt.Dasbeeinträch^gtdieBe-ziehungmassiv,wasdieSchülermuVeroffen-sichtlichauchmerkt.Sehrüberrascht istderKlassleiter, als sie beimnächstenMalHand-schuhe trägt und ihm zur Begrüßung dieHandreicht.

3. Ein moslemischer Elternvertreter biVet den

Rektor einer überwiegend von Jungen be-suchten MiVelschule, dass Klassleiter undLehrerder8.KlassenurmännlicheLehrkrä+esein sollten, denn vor einer Lehrerin häVendieJungenkeinenRespekt.DerRektorweistdaraufhin,dassdiejugendlichenMigranten-kinder sich daran gewöhnen sollten, dass inunserer Gesellscha+ Männer und Frauengleichberech^gtsindunddasssiegegenübereiner weiblichen Lehrkra+ den gleichen Re-spekt wie gegenüber einem Mann zeigensollten.

4. MoslemischeElternmeldeten immerwiederihre Töchter ab, wenn die Klasse ins Schul-landheim oder zu Wandertagen gehen. Au-ßerdem verlangten sie, dass im Biologieun-terrichtkeineSexualkundestaÄindendürfe.Als einige türkische Eltern dann noch denTöchtern verboten haben, am Schwimmun-terricht teilzunehmen, sagte Heinz Busch-kowsky, der bekannte Berliner Bezirksbür-germeister von Neukölln (mit einem über-wiegendemMigrantenanteil),man solle sol-chenElterndasKindergeldkürzen.

5. Die Klassleiterin einer 8. Klasse der MiVel-schule erfährt davon, dass ihre 14-jährigeSchülerin aufWunsch der Eltern mit einem18-jährigenJungeninderTürkeiverlobtwur-de. Sie biVet darau}in die Eltern zu einemGespräch,woihrklarmitgeteiltwird,dasssiedasgarnichtsangehe.

6. Der 12-jährige Hamsa, Sohn türkischer El-tern, wird im Pausenhof immer wieder inSchlägereien verwickelt, o+ gehen sie sogarvon ihmaus.DieKlassleiterinbestelltdieEl-ternein,abernurderVaterkommt.Derfin-det das Verhalten Hamsas gar nicht proble-ma^sch: „Ich sage ihm immer, du bist keinMädchen, dumusst dich durchsetzen, sonstwirstdukeinrich^gerMann.Ichhalteesfürrich^g,dassersichnichtbeleidigenlässt.“

VeränderungenanSchulen

AndiesenBeispielensiehtman,wiesehrsichdieschulische Welt verändert hat. Es gibt Schulenmit zwei DriVel Migrantenkindern (Berlin-Neu-kölln). Ähnliches sieht man in Frankfurt, woSchüler stolz sagen: „Ich bin ein Frankfurter

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VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz

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Türk“und in Sportvereinen, Spielotheken, Loka-len, Restaurants nur innerhalb der türkischenCommunity verkehren. Deutsche Schüler inMi-norität werden dann häufig als „Kartoffeln“ be-zeichnet. ( Wahrlich, S. 3f). Gleiches berichtetetwameine Schwiegertochter, die die Schule ineinem Bamberger Vorort besucht hat und mitzwei Mitschülern die einzigen „Kartoffeln“ wa-ren,die inderPause imSchulhof für sichalleinstanden,weilsiedentürkischen,russischenundportugiesischen Gesprächen der Anderen nichtfolgenkonnten.

InterkulturelleKommunikaYon

WiemanmitanderenMenschenkommuniziert,meint jederMensch eigentlich zu wissen, dochschon, wenn man sich in einem anderen Landbefindet,schwindetdieseSelbstverständlichkeit:MankannmancheWorte,Zeichen,Gestennichtverstehenodersichselbstnichtverständlichma-chen. So geht es offensichtlich Menschen, dieauseinemanderenKulturkreis zuunskommen:ausAfghanistan,Syrien,Somalia.Auchwirselbstsindo+unsicher,obdas,waswirihnenmiVeilenwollen, auch rich^g verstandenwurde, nämlichdann,wennwirunsmitverständnislosenBlickenkonfron^ertsehen.

VerbaleKommunikaYon

Migranten brauchenmitunter Jahre, bis sie diedeutscheSprachesobeherrschen,dassesnichtpermanent zu Missverständnissen kommt. EinäthiopischerJunge,demichaufgeschriebenhat-te,ersolleam15.05.um10Uhrzumirkommen,kam–wie ermeinte – pünktlichum15.05Uhran.DerdeutscheDialogteilnehmermuss immerzuerst einschätzen, wie weit sein Gegenüber inderSprachentwicklungistundmussgegebenen-falls seine Sprache entsprechend so vereinfa-chen,dasssieverstandenwerdenkann.Aberdasist für Lehrkrä+e ja kein Problem, denn damithabensietäglichzutun.

Hier ist aber hohe Sensibilität notwendig, dennman kann dabei kränkende Fehler machen,wennman etwa zu jemandemmit hinreichendelaborierterSprachkompetenz inwohlwollenderAbsicht mit einem vereinfachten – womöglichgramma^kalischfalschem–Deutschspricht(„du

morgen kommen?“). Diese FehleinschätzungkannvomGegenübersogaralsBeleidigung(sei-nerIntelligenz)erlebtwerden.

NonverbaleKommunikaYon

Die nonverbale Kommunika^on ist mitunternochwich^ger als die verbale,wie einschlägigeUntersuchungenzeigen,dennsiehatelementareAussagekra+. (Wahrlich, 2002, S. 4f) Wenn ichjemandenumarme,dannsagtdasvielmehrausals die Bemerkung „Ich finde dich neV“. HierspieltderKörperkontakteineganzwich^geRol-le. Als ich selbst nach demAbitur in der Türkeiwar, wurde ich von Männern zum Abschied inderRegelaufdieWangengeküsst,währendmirjungeFrauenallenfallsdieHandgaben,o+nichteinmal das. Orientalische Migranten setzen dieGes^k auch intensiver ein, als wir das tun. Sieinterpre^erenunsere–o+unbewusste–Ges^kgelegentlichfalsch(z.B.alsAblehnung),weilwirnichtdiesesGes^kbewusstseinhaben.AuchdieProxemik, der Körperabstand, ist unter Gender-Perspek^vewich^g:BeiMännernausdemorien-talischenKulturkreiskommtmansichkörperlicho+ näher als bei uns, cross-gender, also gegen-über einer Frau, sollte der Körperabstand aberimmergrößersein.

Wie unterschiedlich Ges^k von deutschen oder

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VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz

Kulturelle Überschneidungssituation (Quelle: http://www.ikud-seminare.de/veroeffentlichungen/interkulturelle-kompetenz.html)

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Migra^onspersonen interpre^ert werden kann,wird besonders deutlich in der Geste, bei derDaumenundZeigefingerzueinemKreisgeformtwerden. Von Deutschen wird das allgemein alsAnerkennung,als„hervorragend,ausgezeichnet“interpre^ert, in orientalischen Ländern teils alsBeschimpfung mit dem Anus-Symbol, teils alsAufforderungzumGeschlechtsverkehrgedeutet.

WerteorienYerung

JugendlicheebensowieErwachsene imorienta-lischen-islamischenKulturkreis sind in ihremLe-ben sehr stark auf ihre zentralenWerte ausge-richtet,diebeiunsvielfacheinegeringereRollespielen: auf ihre Religion, auf Familie, auf ihrenspezifischenEhrbegriffunddieSolidarität,bezo-genaufFamilieoderdieFreundesclique.Zentra-leBegriffeinderinterkulturellenKommunika^onsindReligion,EhreundGewalt.DieEhrewirdaufbes^mmte Lebensbereiche fokussiert: z.B. aufdie Sexualität/Ero^k, Jungfräulichkeit, dasAnse-henvonFamilienmitgliedern,dieeigeneReligionoder die Rolle als (kün+iger) Mann (Toprak, S.42).

DieseWertegiltes zuverteidigen,nowallsauchmitEinsatzvonGewalt.WerdenProphetenMo-hammed, die MuVer, die Schwester oder dieganze Familie beleidigt, muss persönlich sofortzurRechenscha+gezogenwerden(Ceylan,2010)EinextremesBeispiel istdasAVentatauf„Char-lieHebdo“am09.01.2016,wonachderVerspot-tungvonMohammedunddem IslamderMord

alsgerechteStrafeangesehenwurde.HarmloserwirddasnatürlichindenPausenhöfenausfallen,wennetwaeinMitschüleranderBambergerBe-rufsschule die Ehre der Familie beleidigte („ihrKameltreiber“);danngiltes,dieseWerte–auchmitden Fäusten– zu verteidigen.Denndas gilthöher als staatliche Gesetze wie im obigen Falloder als schulische Vorschri+enwie im zweitenFall.Manmeint,denKonfliktauchdann inKaufnehmenzumüssen,wennmansichdamitinWi-derspruch zu ins^tu^onellen Geboten befindet,etwa, wenn man jemanden zusammenschlägt,derdieEhrederSchwesterbeleidigthat.

DasStereotyp

Einewich^ge Rolle in der interkulturellen Kom-munika^on spielen Stereotype, genauer gesagt:dasEthno-oderReligionsstereotyp.BeimStereo-typ handelt es sich um „eine im AlltagswissenpräsenteBeschreibungvonPersonenoderGrup-pen, die sehr einprägsam ist und einen als ty-pisch behaupteten Sachverhalt vereinfacht. Siesindgleichzei@grela@vstarreüberindividuellgel-tende und weit verbreitete Vorstellungsbil-der“(1922vonWalterLippmannformuliert).Siesind Teil einer unbewussten kogni^ven Zuord-nung (LexikonderPsychologie:„Stereotyp“).Siekönnen jedoch mitunter auch posi^v gemeintsein (dieDeutschensindpünktlichund tüch^g).Stereotypesindnichtimmerfair,abersiewirkenfastimmersehrnachhal^gundeffek^vaufmen-schlichesVerhalten.Wirallesindnichtfreidavon–obesunsgefälltodernicht;siesindeinesozia-leRealität.

DasStereotypunddieRealität

Nega^ve Elemente beim Türken-Stereotyp sind:häufige Kriminalität, Gewaltbereitscha+, Ma-chismo, Unterdrückung der Frau, typisches Tür-ken-Deutsch – das könnenBegriffe sein, die as-soziiert werden (Toprak, S. 42). Es gibt demge-genüber aber auchdie durchschniVliche Türkin,die selbstbewusst ist, sehr gut Deutsch spricht,kein Kop+uch trägt und mit ihren FreundinnenUrlaubaufIbizamacht.

OhneZweifelwirdunsereMeinungüberMigran-tenmassivvondenMedienbeeinflusst.DieMe-thoden sind verschieden: Der erfolgreiche Fuß-

VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz

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ballspieler aus der Türkeiwird in der Berichter-staVung „Deutscher" genannt,währendderBe-rufsschüler und U-Bahn-Schläger ein „Türke“bleibt.Die türkischeCommunity inDeutschlandistbeiweitemkeinehomogeneGruppeunddieallerwenigsten sind auch kriminell oder sympa-thisierenmitdemTerrorismus(ebd.).

Genauere Studien zu Einstellungen und Verhal-tenvonMigrantenzeigen,dassesdeutlicheUn-

terschiede unter den Personen mit Migra^ons-hintergrund gibt, vor allem nach demBildungs-grad, dem Grad der Integra^on und der DauerdesAufenthaltsinunseremLand.(Baieretal.,S.38)

Die Gruppe der Türkischstämmigen macht denweitausgrößtenTeilderMigra^onspopula^onin

unseremLandaus,eshandeltsichumrundvier-einhalb Millionen Mitbewohner in unseremLand.Manmusssienatürlichdahingehenddiffe-renzieren, ob es sich um die erste oder zweiteGenera^onhandeltundwie langesiebereits inDeutschland leben. Allerdings haben viele vonihnen ein ähnliches Ethno-Stereotyp von dereinheimischenBevölkerung,wieumgekehrtauchdieseihrEthno-Stereotypvonihnenhat.

DieKMK-Beschlüsse

Die Ständige Konferenz der Kultusminister derLänderinderBundesrepublikDeutschlandhatinihrem Beschluss vom 25.10.1996 i. d. F. vom05.12.2013 die Notwendigkeit interkulturellerSensibilität und Kompetenz an den Schulen er-kannt und dazu ausführliche Handreichungenherausgegeben,diesichsinngemäßinderGrafik(sieheoben)vereinfachtwiederfindet. 8

AusderkulturellenDiversitätkönnendasWissen

http://www.ikud-seminare.de/veroeffentlichungen/interkulturelle-kompetenz.html 8

VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz

20Leitgedanke: Sensibel mit der Herkunft des An-deren umgehen

Interkulturelle Kompetenz

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und das Verständnis der am schulischen LebenBeteiligten bereichert werden. Es werden aberimAlltagauchimmerwiederKonfliktsitua^onenentstehen, bei denen sich einer der beidenKommunika^onspartner nicht akzep^ert fühlt.Hierbei darf es kein einsei^ges Bewertungs-schemageben–etwaindemSinne,dassimmerdiekulturellePosi^ondesMigrantendominierenmuss –, sondern dass abgewogen wird, ob diePosi^on der Person mit Migra^onshintergrundberücksich^gt wird (man darf moslemischenSchülernkeinSchweinefleischanbieten)oderdiehiesigevorherrschendekulturellePosi^onakzep-^ertwerdenmuss (Schwimmunterricht und dieUnterrichtsinhalte inBiologie sind füralleSchü-lerverbindlich).

DerLeitgedankesolltedabei sein:SowohlRück-sichtaufdieandereKulturzunehmenalsauchingleichem Maße die Akzeptanz unserer Kultureinzufordern, wie sie durch die Verfassung unddieUnterrichtsgesetzegegebenist.

DieBedeutungvonHerkunVundSprache

NachihrerHerkun+gefragtzuwerden,istfürdiemeisten Personen mit Migra^onshintergrundoderMigranteno+sehrunangenehm,siehörenaus der Frage: „Sagen Sie einmal, auswelchemLandkommenSiedenn?“die impliziteAussage:„Sie sind hier fremd, Sie gehören gar nicht zuuns.“ Oder sie interpre^eren daraus: „Sie spre-chen so schlecht Deutsch, dass man gleichmerkt,dassSiekeinDeutschersind.“Migranten,mitdenenichbefreundetbin,sagenmir,dasssieesimmerstört,wennsiejemandenneukennen-lernen,dasssiemeistgleichimerstenoderzwei-ten Satz nach derHerkun+ gefragtwerdenundsodenEindruckhaben,dassmanaufdieseWei-se sofort eine Barriere zwischen ihnen auÇaut.BeiSchülernspieltdasnocheinegrößereRolle,weilsieindiesemAlternochmehralsErwachse-ne denWunsch haben, zur Gesellscha+ und zudenGleichaltrigendazuzugehören.

Die Fähigkeit, Menschen mit anderem kulturel-lenHintergrundbesser zu verstehenund zu ak-zep^eren, könnte im schulischen Bereich da-durchgefördertwerden,dassdiekulturellenEi-genarten von Migranten der ersten, zweitenoder driVen Genera^on Lehrkrä+en in Fortbil-

dungsangeboten verständlich gemacht und inRollenspielsitua^onen erprobt werden können.FürSchülerkönntedasüberspezifischeLernzielein verschiedenen Unterrichtsfächern vermiVeltwerden(vgl.KMK-Beschluss,2013).

Kenntnis der wichYgen Elemente der anderenKultur

Zum Grundwissen jeder Lehrkra+, die mit Mi-grantenkindernzutunhat,gehörenetwaKennt-nisse der wich^gen Alltagsregeln der anderenReligion oder der Pflichten für den Gläubigen,dennnachUmfragenspieltdieReligionfürMos-lemseinedeutlichgrößereRollealsfürChristen(Fastenzeit, Alkoholverbot, genderspezifischesVerhalten, Jungfräulichkeit bei Mädchen). (vgl.Toprak,S.41)

RespektvordenNormenderanderenKultur

Nachdemman Kenntnis von den zentralen Vor-schri+enhat,solltemansieauchrespektvollbe-rücksich^gen: In der Schulmensa sollten immerAlterna^venzuverbotenenSpeisenundGeträn-ken angebotenwerden.Wich^g ist dabei auch,dass dieser Respekt genauso vonden einheimi-schenSchülerneingefordertwird.

RespekYeren der Werteordnung der anderenKultur

Die Familie, die Religion, die Freundes-CliquespielenindiesenKultureneinegrößereRollealsüblicherweisebeiuns.DassolltemanimKontaktmit den Eltern, aber auch mit den Schülernselbst stets berücksich^gen. Bei beiden Bezugs-gruppensolltemanauchSensibilitätbeiSprach-verwendung und -bewertung zeigen. „Sie spre-chenabergutDeutsch!“kannetwaalskränkenderlebt werden, wenn jemand davon ausgeht,dassersogutwieeinDeutschersprichtundsichalsDeutscherdefiniert.

VermiClungundErklärungunsererspezifischenWerte

Interkulturelle Kompetenz bedeutet allerdingsnicht, jedesVerhalteneinesGegenüberszu ak-zep^eren: Im schulischen Kontext etwa mussman immerdeutlichmachen,dassMännerundFrauen, Jungen und Mädchen gleichwer^g undgleichberech^gtsind.ÄhnlichverhältessichmitderÜberzeugung,dasserstdievolljährigejunge

VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz

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Frau,freivonjederBeeinflussung,eineEheein-gehen darf und dass ein Eheversprechen imminderjährigen Alter und ohne Zus^mmung ei-nesMädchensgegendeutschesGesetzverstößt.

MetakommunikaYon

Manchmalistessinnvoll,imGesprächmitSchü-lerinnenundSchülernoderSchülerelterninMe-takommunika^onüberdieUnterschiededeskul-turellenKontexteszusprechen,diesedeutlichzumachenunddie unterschiedlichenPerspek^venwertneutral zu erklären, aber andererseits auchunseregesetzlichfestgelegtensozialenRegelnzuverdeutlichen: „Auchwenn jemanddeine Fami-liebeleidigt(„Kameltreiber“),darfstduihnnichtzusammenschlagen.“

EthnostereotypeinderdeutschenComedy

DjangoAsyl/Quelle:Wikipedia 9

Die Inhalte von Stereotypen kannman ambes-ten in den Comedy-Präsenta^onen studieren:Django Asyl, sein Comedy-Kollege Kaya YanaroderBülentCeylar sinddiebekanntenComedy-Stars,diemitdenEthno-undReligionsstereoty-penspielen,z.B.,indemsiewieDjangoAsyloderBülentCeylarextremdenDialektNiederbayernsoder Mannheims sprechen oder sich kenntnis-reich als deutsche Insider geben und dabei dasEthnostereotyp des landesfremden Türken adabsurdumführen.

KayaYanar/Quelle:Wikipedia 10

Interessant in diesem Zusammenhang: BülentwolltefrüherimmerBillygenanntwerden,bisererst mit 18 seinen Namen Bülent akzep^erenkonnte. Django z.B. bringt die Zuhörer zum La-chen,indemersagt,erhäVeseinebeiihmwoh-nenden Eltern gedrängt, die deutsche Staatsan-gehörigkeitzuerwerben,denn–„IchmagkeineTürkeninmeinemHaushaben.“UndKayaspieltmit einer deutschen Redensart, wenn er sagt:„Lasst doch die Kirche im Dorf – aber dieMo-scheeinderStadt.“

BülentCeylar/Quelle:Wikipedia 11

Dr.WolframHoffmann

[email protected]

Von Hofbräu München Pressestelle - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=464004079

Von Dingsss - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1280076910

Von Michael Schilling - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3433959711

VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz

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LiteraturBaier,Dirketal. (2010).KinderundJugendliche in

Deutschland. Gewalterfahrung, Integra^on, Me-

dienkonsum. Zweiter Bericht zum gemeinsamen

Forschungsprojekt des Bundesministeriums des

Innern und des KFN. Kriminologisches For-

schungsins^tut Niedersachsen e.V: Forschungs-

berichtNr.109.IndiesemBerichtwirdimKapitel

4 „Religion, Integra^on und abweichendes Ver-

haltenvonJugendlichen“aufdenForschungsbe-

richtvonCeylaneingegangen.

Ceylan, Rauf (2010). Prediger des Islam. Wer sie

sind undwas siewirklichwollen. Freiburg: Her-

der Verlag / Zugleich als Lizenzausgabe bei der

Bundeszentralefürpoli^scheBildungerschienen.

Ikud-Seminare:

Link:Seminare

KMK-Beschluss vom 25.10.1996 i. d. F. vom

05.12.2013: Interkulturelle Bildung und Erzie-

hunginderSchule:

Link:KMK-Beschluss

Lexikon der Psychologie (2000). Heidelberg: Aka-

demischerVerlag.Darin:DasStereotyp

Toprak, Ahmet (2010). Integra^onsunwillige Mus-

lime.EinMilieubericht.Freiburg:Lambertus-Ver-

lag.

Wahrlich, Heide (2002). Interkulturelle Kommuni-

ka^on. Die wortlose Sprache im Kulturkontakt.

ReferataufderIAKM-Studienwoche2002.

Link:IAKM

VonderinterkulturellenSensibilitätzurinterkulturellenKompetenz

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EinBeitragausDIEZEITNr.29/2016 12

DIEZEIT:HerrDrewes,wievielevonKriegundFluchttrauma^sierteKindersitzeninunserenKlassen-zimmern?

StefanDrewes:DieTUMünchenstellte2015ineinerStudiefest,dass20ProzentallersyrischenFlücht-lingskinder in einer bayerischen Erstaufnahmeeinrichtung eine posVrauma^sche Belastungsstörungzeigten.Das lässtsichabernichtverallgemeinern.Esgibtdazukeinerealis^schenZahlen.Wich^gist,dassLehrerwissen,woranmaneineTrauma^sierungerkennt.AberwirsolltendasAugenmerknichtzustarkdaraufrichten.

ZEIT:Warumnicht?

Drewes:WeilmanmitdenmeistenderKindergutarbeitenkann,siefügensichindenSchulalltagein,sindwissbegierig,interessiert,neugierigundentwickelnsichposi^v.AlsdiesogenannteFlüchtlingswel-

leaufunszukam,warbeidenLehrerngroßeAngstundUnsicherheitzuspüren:Schaffenwirdasüber-haupt?DieKinder sinddochalle schwergestörtund trauma^siert!Dafür sindwirnichtausgebildet!VieleLehrerhabensichindenvergangenenMonatenmitdemThemaauseinandergesetztundspürennun,dasssieeineMengeleistenkönnen.

ZEIT:IstjedeFluchtschoneinTrauma?

Drewes:EineFlucht,dieWochendauert,übersMeerunddurchmehrereLänder führt, ist fürKinderkeinAbenteuer.Dasisteinetrauma^scheErfahrung.SieerlebendabeiauchdieAnspannungunddenStressderEltern,aufdiesieabsolutangewiesensind.DerVerlust ihresZuhauses, ihrerFreunde,dieUnsicherheit,wieesmitdemRestderFamilieweitergeht,dernoch imHeimatland lebt.Eine solcheSitua^ondurchlebenzumüssenbedeutetabernichtautoma^sch,dasseszueinerposVrauma^schen

Belastungsstörungkommenmuss.DaskanndieSchulemitverhindern.

ZEIT:IstdieSchuleeinOrtderHeilung?

Drewes:IchwürdeehervoneinemVerarbeitungsortalsvoneinemOrtderHeilungsprechen.WennesdieSchuleschafft,diesenKinderneinGefühlvonSicherheitzugeben,undLehrerinderLagesind,Be-ziehungenundBindungenaufzubauen,dannkönnendieKindernacheinerFluchtbeginnen,hier ihreErlebnisse zu verarbeiten undmit neuen Erfahrungen zu überschreiben. Kinder haben ein Potenzial,sichschnellaufNeueseinzulassen.Dasmüssenwirnutzen.EinesichereundstabileUmgebung,inderesRitualeundeinenAlltaggibt,indermanVerständnishatfürsomancheunerklärlicheVerhaltenswei-sedesKindesundinderUnterstützungangebotenwird–dasalleshil+.

ZEIT:WorankönnenLehrererkennen,obeinKindtrauma^siertist?

Vom Verlag für die „Psychologie für die Schule“ lizensierter Abdruck. Dieses Interview von Jeanette Otto mit Stefan 12

Drewes ist erschienen in DIE ZEIT Nr. 29/2016, 7. Juli 2016.

EinGefühlvonSicherheit

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FlüchtlingskinderanSchulen

"EinGefühlvonSicherheit"Lehrerkönnenvielbewirken,geradeauchinderArbeitmittraumaYsiertenFlüchtlingskindern,sagtderSchulpsychologeStefanDrewes

Interview:JeanneheOho

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Drewes: Es gibtKinder,diedurchplötzlichesaggressivesoder reizbaresVerhaltenauffallen.Die sehrstark auf Gerüche und Geräusche reagieren, die sie an bes^mmte Erlebnisse erinnern. Wenn dieschrecklichen Bilder wieder hochkommen, kann das zu Panik- und AngstaVacken führen. Es könnenaberaucheins^lleszurückgezogenesVerhalten,SelbstverletzungenundplötzlicheLeistungseinbrüchesein,diesichbemerkbarmachen.

ZEIT:Wiegehtmanmiteinemtrauma^siertenKindimUnterrichtambestenum?

Drewes:WirratenLehrern,zunächstnachihremBauchgefühlzugehen.JedesKindistanders,daisteswich^g,genauzubeobachten.NatürlichsolltemandemSchülerGesprächsangebotemachen,ohneihnzubedrängen.EinenJungen,dergesehenhat,wieseinVatererschossenwurde,solltemannichtfra-

gen:Wie fühlstdudich jetztohnedeinenVater?Das solltemaneinemTherapeutenüberlassen. Ichverstehe,dassesnichtleichtist,aufdasKindzuzugehen,wennmanimmerdarandenkenmuss,wasesdurchgemachthat.DerVorschlag,mitdenanderenJungsFußballzuspielen,wirktdaschonseltsam.Abereskannebensehrhilfreichsein,demKindeineneueNormalitätzueröffnen,ihmdieMöglichkeitzugeben, sozialeKontaktezufinden, sichalsTeileinerGemeinscha+zusehen.WirmachenLehrernauch immerwiederklar: Ihr seidkeineTherapeuten, ihr seidPädagogen!EureAufgabe istes,Bezie-hungen zu den Kindern aufzubauen, Entwicklungen anzustoßen. Wich^g ist, dass sich Lehrer nichtselbstblockierenoderunnö^gzurückhalten,nurweilsiedenken,dieKinderbrauchteneigentlichetwasganzanderes.

ZEIT:DabeigehtdieAufgabe,diedenLehrernindenFlüchtlingsklassenzukommt,schonweitüberdas

Unterrichtenhinaus.

Drewes:Ja,dasistso.UndwirerlebenvieleLehrer,diedasmitFreudeannehmen,weilsiesichendlichmalwiederalsPädagogenfühlenundspüren,beidenKindernetwasbewirkenzukönnen.DaistalsosehrvielBegeisterungdabei,abermirmachtauchSorge,wieLehrermitdiesergroßenBelastungundVerantwortunglangfris^gumgehenwerden.Vielesindemo^onalsostarkandenSchicksalenderKin-derbeteiligt,dasskaumnochDistanzda ist.WenneinKindplötzlichwiederverschwindet,weiles ineineandereUnterkun+umziehenmussundineineneueSchulegeht,dannsiehtderLehreralles,waserselbsterreichtundaufgebauthat,inGefahr.

ZEIT:Wieerschöp+sinddieLehrerbereits?

Drewes: Sie ziehenviel EnergieausdenErfolgen ihrerArbeit, aber sicherdrohteinigendieErschöp-

fung.Wirmüssenaufpassen,dassdieLehrernichtaneinenPunktkommenundsagen:Ichkannnichtmehr,ichwillmichdemGanzennichtmehrstellen,ichmöchtedanichtmehrsonahdransein.EinfachweilsiesichüberlangeZeitsostarkemo^onalbelasten.

ZEIT:GibtesgenügendUnterstützung?

Drewes:WirhabenalsSchulpsychologeninvielenBundesländernFortbildungenangeboten,dieKursewarensofortvollundmehrfachüberbucht.WasLehrerbrauchen,istkollegialeUnterstützungundSu-pervision.DieMöglichkeit,sichauszutauschen,ummitdenSchicksalenderKindernichtalleingelassenzuwerden.SchulleiterhabenhiereinebesondereVerantwortung,zusehen,wieesihnengeht,obmanmehrRota^on indasSystembringenmuss,nicht immerdieselbenLehrermitdemUnterricht indeninterna^onalenKlassenbeau+ragensollte.AlsvoreinigenJahrendieerstenSchulendieInklusionum-

setzten,gabesauchdiebesondersengagiertenLehrer,diesichsofortindieneueAufgabegestürztha-

EinGefühlvonSicherheit

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ben.Als siedannerschöp+warenundnichtmehrkonnten, sagtendieanderen:Wirhaben jagleichgesagt,dassdasnichtfunk^onierenkann!

ZEIT:WasbrauchenSchulenundLehrer,wenndieZahlderFlüchtlingskindersohochbleibt?

Drewes:Die SchulenbraucheneineausreichendeAusstaVungmit Lehrern.DieUnterversorgung,diezumTeil schonvorderFlüchtlingswelleherrschte,macht sich jetztbesondersbemerkbar.Wich^g istaucheinschulnahesUnterstützungssystemmitPsychologenoderSozialpädagogen,diemanzuratezie-henkann–geradewennesKindergibt,derenTraumatasichverfes^genunddiedanndochtherapeu^-scheHilfebrauchen.WirSchulpsychologensindinvielenBundesländernfürLehrerkaumgreiÇar,weilesvielzuwenigevonunsgibt.InNiedersachsenzumBeispielkommen15 000SchüleraufeinenSchul-psychologen,inNordrhein-Weswalensindes8.400Schüler,inBerlin5.000.MancheBundesländerha-bengeradeneueStellengeschaffen;dasisteingutesSignal.DenndieseUnterstützunghabennichtnurdieFlüchtlingskinder,sondernauchdieLehrerverdient.

StefanDreweswarbisSeptember2016zehnJahre langVorsitzenderderSek@onSchulpsychologie imBerufsverbandDeutscherPsychologinnenundPsychologene.V.

Teil1DieEinrichtungTräger

Träger der Wohngemeinscha+ ist der Anfang1994 gegründete gemeinnützige Verein „Wohn-gemeinscha+ für Flüchtlingskinder Nürnberge.V.“ DerVerein,demheuteca.200Mitglieder13

angehören, wurde mit dem Ziel gegründet,FlüchtlingskindernmehrHilfezukommenzu las-sen,alsesderJugendschutzdamalsvermochte.

Grundsätzlich werden unbegleitete Flüchtlingeunter 18 Jahren vom Jugendamt in Obhut ge-nommen und geeigneten Einrichtungen zuge-wiesen.Nicht alle finden einenPlatz in Jugend-hilfeeinrichtungen.VielekommennurinJugend-schutzeinrichtungenohnepädagogischeBetreu-ung unter; lediglich das Wich^gste wie Anmel-

dungbeimEinwohnermeldeamt–o+nurdiese!–, Ausweis, Duldung oder Schulplatz wird gere-gelt.

Der Verein ist Mitglied im BundesfachverbandUnbegleitete Minderjährige Flüchtlinge mit Sitzin München (www.b-umf.de) und im Paritä^-schenWohlfahrtsverband.

Haus

Das Haus ist Eigentum der Stadt Nürnberg undwurdeimNovember1994vomVereinangemie-tet. Vom Jugendamt als vollsta^onäres sozial-pädagogisches Heim eingestu+, bietet es Platzfür zwölf Kinder und Jugendliche im Alter vonzwölf bis 18 Jahren, sechs Jungen und sechsMädchen.InderRegelsinddieKinder/Jugend-lichenca.14bis16Jahrealt,darunterehersel-ten,z.B.durchdieTrennungvonderFamiliebei

http://fluechtlingskinder-nuernberg.org/ 13

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WohngemeinschaVfürFlüchtlingskinder Nürnberge.V.InterviewmitHerrnDominikLanger,derseit2008imHausistunddieWohngemeinschaVleitet.Kursiv:ZitateausdemGespräch

WohngemeinschaVfürFlüchtlings-kinderNürnberge.V.

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derFlucht. EinJungeistgerade13geworden.14

MitseinemAngebotfürJungenundMädchen–zurzeitgibtesachtJungenundfünfMädchen –15

bildet die Wohngemeinscha+ eher eine Aus-nahme,diemeistenHeimenehmennur Jungenauf.Dashängtdamitzusammen,dassderAnteilder weiblichen unbegleiteten minderjährigenFlüchtlingebeinurca.fünfProzentliegt.KönnenkeineMädchenzugewiesenwerden,werdendiefreienPlätzeschonmalmitJungenbesetzt.

Die jungen Menschen leben auf rela^v engemRaum,jezweiteilensicheinZimmer.DerTages-ablauf ist streng geregelt: Aufstehen um 6 Uhr,Frühstück, Schule, Hausaufgaben, gemeinsamesAbendessen, Lernen oder Selbstbeschä+igung,ab22UhrNachtruhe.WährendderSchulzeitgibtesfreieZeitnuramSamstagnachmiVagundamSonntag. Die Privatsphäre ist erheblich einge-schränkt, aufgrund der räumlichen Enge gelingtesnichtimmer,jedem/jederJugendlicheneineausreichende Privatsphäre zu geben; das stärktaberauchdenWunsch,ineineeigeneWohnungzuziehen.

Wer auszieht – die Verweildauer liegt bei ca. 2Jahren–,wirdnichtalleingelassen.Seitca.2000besteht bereits das außenbetreuteWohnen fürJugendliche, die das Haus verlassen, aber nochnichtganzselbständigsind.

Im August 2014 wurde außerdem eine kleineWohngruppe „Impuls“ für fünf Jugendliche mitTeilzeitbetreuung (Montag bis Freitag, jeweilsvon14.00–20.00Uhr)eingerichtet.Solcheteil-sta^onäre Betreuung ist üblich für unbegleiteteminderjährige Flüchtlinge (UMF) ab 16 oder 17Jahren.

Personal

PersonalkostenwieauchAusstaVungwerdenimWesentlichen vom Jugendamt getragen. In derWohngemeinscha+ arbeiten sechs hauptamtli-che Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: drei Di-

plom-Sozialpädagogen, zwei haben den MasterinSozialerArbeit,einDiplompädagoge.EineKol-leginundeinKollegebringenvielErfahrungmit.Die Arbeit erfordert große Sensibilität, da dieUMFgrößtenteils schwer trauma^siert sind.DieMitarbeiter besuchen regelmäßig Fortbildungenetwa zum (sich ständig ändernden) AsylrechtoderzumUmgangmittrauma^siertenFlüchtlin-gen. Aufgrund des ges^egenen TherapiebedarfsmachteineMitarbeiteringeradedieAusbildungzur Traumatherapeu^n. Ziel ist ein therapeu^-scher Fachdienst vor Ort. Bisherwurde der Be-darf durch externe niedergelassene Psychothe-rapeutenabgedeckt.

Verständigung

Die UMF kommen aus sehr unterschiedlichenLändern / Kon^nenten: Syrien, Eritrea, Äthiopi-en,Somalia,Afghanistan,aberauchIndien.

AfrikanischeFlüchtlingesprechenmeistEnglisch,bei solchen aus dem asia^schen Raum ist eskomplizierter.Mit etwas Glück sind JugendlicheimHaus oder es gibt Kontaktemit Ehemaligen,die über die gerade benö^gten Sprachkenntnis-sen verfügen. Nowalls werden professionelleDolmetscher zugezogen. Ansonsten verständigtmansichmitHändenundFüßen.DerAnfangistschwierig,aberirgendwiefunk^oniertesschon.

EinBeispiel fürdieVerständigung:Neu imHaussindzweikurdischeJungen.HierhilLderUmwegüberArabisch.ZweiMädchen imHaussprechenArabisch und inzwischen gut Deutsch, der einekurdische Junge spricht etwas Arabisch undübersetztdannfürdenanderenJungen.

Zusammenleben

Die Wohngemeinscha+ kann als große Familiegesehen werden mit Toleranz, Rücksichtnahmeundgegensei^gerHilfe.

NichtnurnachHerkun+sländern,auchnachKul-turen und Religionen sind die Heimbewohner

In solchen Fällen hilft die Wohngemeinschaft bei der Suche nach Angehörigen, arbeitet mit dem Roten Kreuz oder, falls es sich um 14

ein Kind aus Eritrea oder Äthiopien handelt, mit dem deutsch-äthiopischen Radiosender „Amarek“ zusammen. Die Suche ist oft schwierig, weil die Schleuser den Flüchtlingen häufig eine neue Identität geben. Die Flüchtlinge reisen unter falschem Namen ein, manche Kinder kennen diesen dann nicht.

Hausbewohner zum Zeitpunkt des Interviews: Nationalität: Irak 2, Indien 3, Eritrea 5, Äthiopien 2, Afghanistan 1/ Religion: Moslem 15

4, Sikh 3, Orthodox 6 / Geschlecht: Mädchen 5, Jungs 8 / Alter: 14 Jahre: 1, 16 Jahre: 5, 17 Jahre 5, 18 Jahre 2. Langer: „Die wi-dersprüchliche Bewohneranzahl ergibt sich aus der Überbelegung. Offiziell haben wir 12 Plätze. Wir sind aber momentan mit einem Jugendlichen überbelegt.“

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WohngemeinschaVfürFlüchtlings-kinderNürnberge.V.

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bunt gemischt.Momentan kommen aus Eritreakatholisch-orthodoxeundmoslemischeJugendli-che. Auch die zwei kurdischen Jungen und dieJugendlichen aus Afghanistan und Syrien sindMoslems.ZweiJugendlicheausIndiensindSikhs.EsgabauchschonChristenausdemIrak,dievorVerfolgunggeflohenwaren.

Die Zusammensetzung macht die Arbeit nichteinfach. Wir versuchen, auf alles Rücksicht zunehmen;dasgelingtunsmeistensganzgut,na-türlichnicht immerperfekt.AktuellesBeispiel istderRamadan,derwirktsichaufdenkomplehenAlltagaus.WirhabenalsWohngruppeklareRe-geln und feste Zeiten, das Essen findet immergemeinschaLlich stah, das ist wich@g für dieGruppendynamik und für die Beziehung zumHaus. BeimRamadanmussman Rücksicht neh-men.Wermitmacht, muss natürlich nicht beimEssenanwesendsein,darfspäteressenundspä-terinsBehgehen.

InderRegelbereiteteineHauswirtscha+erindasEssenzusammenmitdenJugendlichenzu, lehrtsiekochen.Zielistes,denJugendlicheneinbreitgefächertes Wissen auch zum Thema Haushaltzu vermiVeln, damit die Jugendlichen später indereigenenWohnunglebenkönnen.

BeimEssen istzubeachten:MoslemsessenkeinSchweinefleisch, Sikhs kein Rindfleisch. Deshalbgibt esmeistensHähnchen. Flexibilität ist ange-sagt:MomentansindaucheinpaarVeganerda-bei. So fasten Eritreer drei Mal im Jahr, essendannvegan(keine@erischenProdukte),damüs-senwirdraufreagieren.AmAnfangwaressehrschwierig, gerade auch für dieHauswirtschaLe-rin,alle12Personeneinigermaßengleichzube-handeln, inzwischen ist es ganz gut eingespielt.

Inzwischenwissenwir,[email protected] isst, versuchen jedes Land, jedeKultur vomEssen her zu beglücken. Besonders über das Es-senfühltmansichwohl,dasolleseinemgutge-hen. Jugendliche sind mit eingebunden, ent-scheidenimSinnederPar@zipa@onmit.

Einmal imMonatfindeteineGruppenkonferenzstaV, bei der alle Anliegen besprochen werdenkönnen. Dabei vertriV ein Betreuer die Interes-sen der Betreuer, ein Sprecher vertriV die derJugendlichen,meist istdasder,deramlängstenimHauswohnt.

KooperaYon

Ohne eine gute Koopera^on ginge vieles nicht.Sie besteht mit Therapeuten, mit Schulen, mitSportvereinen,mitderPolizei,mitÄrzten(eshatsicheinStammvonFachärztenaufgebaut:Neu-rologe, Psychiater, Orthopäde, Hautarzt (stress-bedingte psychosoma^sche Hauterkrankungensind häufig), Frauenarzt (viele Flüchtlingsmäd-chen kennendas nicht, die Betreuerinnenmüs-sen es ihnen nahebringen. Problem: Bei jungenMädchen,diebeschniVenundzugenähtsind,istes ganz schwierig, ein solches Themaanzuspre-chen, zumal meist eine Opera^on notwendigwird).

Wich@g sind die Koopera@onen in derNachbar-schaL, so mit dem NachbarschaLsverein desStadheils:TeilnahmeamStadheilfest,amWeih-nachtsmarktmiteigenemStand.Wirwollenbe-kannt sein, damit die Leute weniger Angst voruns haben, damit weniger Probleme entstehen.DiebesteMethodeistes,offenaufdieNachbarnzuzugehen,anStadheilak@vitätenteilzunehmen.DieKoopera@onmitdemSportvereinermöglichtdenKontaktmitKindernderAnwohner.AuchmitbeidenKirchen (ev. und kath.)machenwir ganzviel,z.B.TreffenmitdemSeniorenkreis (wirba-ckenKuchen)odermitdenGospelkids.

Nichtunwich^gistauchdieZusammenarbeitmitderPolizei,diebeispielsweise inVorträgenüberdasdeutscheRechtssystem,das rich^geVerhal-ten im Verkehr oder über Internetsucht infor-miert.Manche Jugendliche haben großeMühe,aufdenständigenGriffzumHandy/Smartphonezuverzichten.ZumSchutzderJugendlichenwirdwährend der Nachtruhe das hausinterne WiFi

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WohngemeinschaVfürFlüchtlings-kinderNürnberge.V.

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abgeschaltet.

DieKoopera^onmitIHKundHandwerkskammeristeingroßesThema.Diesehabensichstarkge-macht fürAusbildungsplätze für jungeFlüchtlin-ge. Es gibt keine direkte fallbezogene Zusam-menarbeit,aber imRahmenvonArbeitskreisen,diepoli^schak^vsind.

Die Koopera^on mit AusbildungsstäVen ist fürdasHausnichtsorelevant,eherfürdieambulan-teBetreuung.Eineposi^veZusammenarbeiter-gibt sich, wenn z. B. Betriebe Prak^kumsplätzefür die Jugendlichen anbieten.Oder der Schrei-ner oder der Neurologe einen Ausbildungsplatzhat.

VieleJugendlichesindschonausderHeimatAr-beitgewohnt,dieFamilienfordernLeistungodereinen Beitrag zum Familienunterhalt ein. DieRückmeldungen der AusbildungsstäVen zeigeneine hohe Mo^va^on, Aufgaben werden kaumverweigert. Viele Flüchtlingsmädchenwollen imGegensatz zu deutschen Jugendlichen in dieAl-tenpflege. Diese ist einMangelberuf und damitChance.

UnterstützungfürdieArbeit

Der Verein „Wohngemeinscha+ für Flüchtlings-kinderNürnberge.V.“ ist zwarder Träger, kannabermitdenMitgliedsbeiträgendieArbeitnichtfinanzieren.DerAlltagwirdüberdasJugendamtfinanziert, alsoEntgelte,GehaltderMitarbeiter,Verpflegung für die Jugendlichen, Miete desHauses,Materialien,TaschengeldfürdieJugend-lichen (pro Woche ca. 40 Euro). Alles Weiteremussmit Spenden (Geld- und Sachspenden) fi-

nanziert werden: Privatpersonen, Praxen, Fir-men,Schulen.Lehrkrä+erufenan,weilihreKin-der gerne mal was Gutes tun möchten (solcheAnrufe haben nach dem großen Zustrom vonFlüchtlingenzugenommen).

Daesnur12JugendlicheimHausgibt,musseh-renamtlichenHelfernzumTeilabgesagtwerden.

DieWeitergabevonInforma^onenandieÖffent-lichkeitoderdenEmpfangvonöffentlichenPer-sonen oder Firmen sieht Herr Langer als Ver-pflichtungen, die so gut wie möglich befriedigtwerden. Für die Jugendlichen ist das mitunterbelastend, „sie fühlen sich durch die Manegegeführt“.

Interview:IngoHertzstell

DominikLanger,Jahrgang1979,istDiplom-Sozi-alpädagoge (FH) und leitet seit acht Jahren dieWohngemeinscha+ für Flüchtlingskinder. SeineZiele: den unbegleitetenminderjährigen Flücht-lingen auf Augenhöhe begegnen und ihnen soeineZukun+sperspek^veaufzeigen.

LinkzurHomepage: hVp://fluechtlingskinder-nuernberg.org/

LinkzumThema:Spiegel-Online

Teil2:ErfahrungenmitdenUMF 16

ThemenFlucht ist das allgegenwär@ge Thema,wobei eslange Zeit auch verdrängt und vor sich her ge-schobenwird.Wirversuchen immerwieder,das

UMF Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge sind junge Menschen bis 18 Jahren, die ohne Sorgeberechtigte oder deren Bevollmäch16 -tigte eingereist sind. Im September 2016 betrug ihre Zahl in Deutschland mehr als 51.000.

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Erlebte stückchenweise mit den Jugendlichenaufzuarbeiten,weilspätestens,wenndasThemaAsylverfahrenansteht,kommt’sknallhartaufdenTisch. Damüssen die Jugendlichen drauf vorbe-reitet sein, der Sachbearbeiter beim Bundesamtnimmt keine Rücksicht darauf, da werden dieFragen gestellt, die das Bundesamt einfachbraucht, um entscheiden zu können, ob einerasylberech@gt ist ja oder nein. Drum muss das

irgendwannthema@siertwerden,nichtnurinderTherapie.

Wir versuchen, das Thema im Alltag aufzugrei-fen, vorsich@gundSchrih für Schrih. ImAnfangdem Jugendlichen erst mal Zeit geben, ihn an-kommen lassen. dann versuchen, ihn therapeu-@sch anzubinden, sei es bei NiedergelassenenoderinderKinder-undJugendpsychiatrieimKli-nikumNord. Da sind viele unserer Jugendlichenangebunden, so inStabilisierungstherapienoder

Gruppentherapien.Das versuchenwir zubeglei-ten und zusammen mit den Therapeuten lang-sam aufzuweichen, dass die Jugendlichen überihreErlebnissesprechen,damitsieaufdasAsyl-verfahrenvorbereitetsind.

Einwich^gesThema ist auchdie Familie.WennderKontaktnochdaist:WiegehtesmeinerFa-milie?WennderKontaktnichtdaist:WasistmitmeinerFamilie?WoistmeineFamilie?

Wenn jemand länger im Heim lebt, kommen

auch ganz normale Erwachsenwerden-ThemenzurSprache:Schule,Freundscha+en,Liebe–wassodazugehört.

Die Auseinandersetzung mit den Themen „er-wachsen werden“ und „allein leben“ beginntfrüh.Die Jugendhilfe endet in der Regelmit 18.Unser Ziel ist es, den Jugendlichen möglichstschoneinhalbesJahrvorher indieeigeneWoh-nung zu schicken, damit er da noch ambulantbetreutwerdenkannundseineSitua@onmitHil-

fe meistern kann. Nach dem engen Raum imHeim müssen die Jugendlichen lernen, auf sichallein gestellt zu sein bzw. auch allein zu sein.Wennmanalleinist,kommendieganzenGedan-kenunddas istnicht soeinfach.Deshalb istdie

ambulante Betreuung bzw. therapeu@sche [email protected] muss aufgefangen werden. Ein halbes Jahristeherkurz,einJahrwäreop@mal.

Wenn die Spendengelder reichen, gibt es zwei-mal im Jahr eine mehrtägige Freizeit, eine imSommer,eine imWinter.Dannmerktman,dassdieJugendlichenauchnochKindersind.Sieblü-henauf, lassendieProblemefüreineWocheim

Heimzurück.Diemeistenschaffendasganztoll,lassen los, sindwirklich ausgelassen.Man kannsie dann mit einfachsten Sachen glücklich ma-chen.

KonflikteKonflikteentstehenbeispielsweiseaufgrundvonVerständigungsproblemen. Jemand versteht et-was völlig falsch, weil er nicht versteht und re-agiert dann falsch. Das passiert ganz o+. ZiehtmanDolmetscherhinzu,kommto+raus,dassesnichtsDrama^scheswar.

Gelegentlich kommt es zu Konflikten zwischenJugendlichen und Mitarbeitern, hauptsächlichmitdenJugendlichen,diesichmitderJugendhil-fe schwer tun.Wenn jemand nichtmitarbeitet,sichausklinkt,sindKonflikteangesagt.InsolchenFällen trifft das Jugendamt aufgrund der halb-jährlichen Hilfeplangespräche meist die Ent-scheidung,dasssienichtinderJugendhilfeblei-benkönnen.

UnterdenJugendlichensindKonfliktemeistkul-

turell bedingt, weil o+ völlig fremde Kulturenaufeinandertreffen. Beispiel: Wir hahen einmaleineGruppe,diehalbausJugendlichenausViet-nam und halb aus Jugendlichen aus Äthiopien

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bestand.DasindzweiWeltenaufeinandergetrof-fen.Daswarwahnsinnig,seiesessensmäßig,seiesdieAnsichten.–OderReligion:Wenndieeinensichzurückziehenundbetenwollten,wolltendieanderenwasanderesmachen.

SchuleDie Erfahrung zeigt, dass UMF größere Bleibe-Chancenhaben,wenn sie in SchuleundAusbil-dungerfolgreich sind.DasZielheißt:AufenthaltdurchBildungerlangen.

Ankömmlingeunter16JahrenwerdengleichamerstenTagbeimSchulamtangemeldetundmüs-sensoschnellwiemöglichindieSchule.InNürn-berg gibt es an drei Mihelschulen Übergangs-klassen auch für Schüler mit Migra@onshinter-grund, die mit den Eltern da sind. Da wirdDeutsch als Zweitsprache bzw. Fremdspracheunterrichtet.

Ankömmlinge über 16 Jahren sind [email protected]ühereingroßesProblem,die

AngebotewarenoLnicht passend. Jetzt gibt esin Nürnberg ein Vorbereitungsjahr „sprachlicheIntegra@on“:zweiJahreintensiverDeutschunter-richt mit einer Einstufung je nach Vorkenntnis-sen. Es sind zurzeit ca. 200 Flüchtlinge vomAn-alphabeten bis solchen mit rela@v guten Vor-kenntnissen.BeigutenLeistungenkönnensiedenQualimachen.

Der Schulbesuch ist von der im Heimatland be-suchten Schule unabhängig, da oL nicht nach-

vollziehbar.

Herr Langer betont die gute Zusammenarbeitmit den Schulen, vor allem mit der Dr.-Theo-Schöller-Schule (MiVelschule), die die meistenaus dem Haus besuchen, wobei auch die Er-reichbarkeit eine Rolle spielt.Mit Lehrern undSchulleitung besteht ein reger Austausch. Diekennenuns seit10,15 Jahren.Wir sinddort re-gelmäßiginElterngesprächen.

Der Kontakt mit den Beruflichen Schulen läu+

meistübereineSchulsozialarbeiterin.Eristnichtsointensiv,weildieseeineVielzahlvonSchülernzubetreuenhat.

Die Jugendlichen sind rela^v angespannt, weilschulisch viel gefordert wird. Sehr viele habenNachmiVagsunterricht, dann müssen die Haus-aufgaben gemacht werden, 3-4 mal dieWochekommt eine Nachhilfekra+, Studenten gebenzusätzlich Einzelnachhilfe, einmal in derWocheist eine pensionierte Deutschlehrerin im Haus,am Samstag außerdem eine Honorarkra+ fürDeutschundMathema^k.

Diemeisten Jugendlichenmachen indendurch-schnihlichzweiJahrenHeimaufenthaltdenQua-li,dasistfürvieleschoneinRiesenerfolg.DiesesJahr macht einer aus Indien die Mihlere Reife,einer aus Vietnamhat letztes Jahr sein Fachab-itur gemacht. Meist sind das Jugendliche, diejungkommenundsomitmehrZeithabenunddieeinegewisseVorbildungmitbringen.JugendlicheausLändernwieAfghanistanoderIrakoderSyri-en,dieunterschlechtenVerhältnissengelebtha-

ben,habendakaumeineChance.

ZukunVinDeutschlandEinige Jugendliche haben Chancen, dass ihnenüber das Asylrecht der Flüchtlingsstatus zuge-sprochenwird,abernichtalle,mancheNa^onensindohneChance.

BeispieleinerAbschiebung:EinjungerNigerianerohne jegliche Vorkenntnisse war vier Jahre imHaus. Er hat den Quali nicht geschafft (Mathe,Lesen,SchriLlichsehrschwach).AlleMöglichkei-ten wurden ausgeschöpL, aber da Nigeria alssicheresHerkunLslandeingestuList,wurdenalleAnträgeabgeschmehert.

DieBildungisto+dieeinzigeChance,einengesi-cherten Aufenthalt zu bekommen: erfolgreicher

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Schulbesuch, gut abgeschlossene Lehre und ge-lungeneIntegra^onindiedeutscheGesellscha+.DasHeimversuchtdurchKoopera^onenmitdenKirchenvorOrt,mitSportvereinendenJugendli-chen Kontakte zu Einheimischen zu vermiVeln,wasauchderFörderungderdeutschenSprachedient.

Von den rund 180 Jugendlichen, die in derWohngemeinschaLgelebthaben,wurdenureine

Handvoll abgeschoben, einige sind freiwillig zu-rückgekehrt,einpaarsinduntergetaucht.

WennsieunseremsteinigenWegfolgen,denwirvorgeben, und wenn sie mitarbeiten und aucheine Eigenmo@va@onmitbringen, dann schaffenwir es imSchnih schon,alsobei80%würde ichsagen, dass sie eine ZukunL inDeutschland ha-ben.Vielevon ihnenhabenhier inzwischeneineArbeit, habeneineFamiliegegründet,habenei-geneKinder.

Mit Schulabschluss und abgeschlossener LehrebestehensehrguteChancenaufeinengesicher-ten Aufenthalt, selbst aus Ländern, wo sieSchwierigkeiten gehabt hähen, hier zu bleiben.Sohabenein JugendlicherausBangladeschundeinerausPakistaneineKochlehreerfolgreichab-geschlossen,dieHärtefallkommissiondesBayeri-schen Landtags hat ihnen den Aufenthalt inDeutschlandzugestanden.

Nach Einschätzung von Herrn Langer nehmen

rund80%derJugendlichendieHilfesehrgutan,sind dankbar und froh, der Situa^on in ihremLandentkommenzusein,undsetzenallesdaran,sichhiereineZukun+aufzubauen.Manchewol-lenauf keinenFallmehr in ihr Land zurück, vorallem wenn sie dort niemanden mehr haben,manche wollen zurück, wenn die Verhältnissewiederstabilsind.MithoherMo^va^on,weilesdefini^v um ihre Zukun+ geht, nutzen sie jedeChance.

Diemeistensinddurchdas,wassieerlebthaben,was ihnen passiert ist, schon sehr erwachsen.Wirhabenschonauch,aberbeiweitemnichtdieProblememitderPubertätwiebeigleichaltrigendeutschen Jugendlichen. Im Heimatland musste

manschnellalleinereifwerden,waraufsichal-leine gestellt, musste gewisse Situa@onenmeis-tern;dasindsieschonrela@vweit,übernehmendie Verantwortung für sich. Aber es gibt auchAusnahmen.Manche konnten das Konstrukt Ju-gendhilfe nicht annehmen, manche waren sostark trauma@siert, dass sie sich auf gar nichtseinlassen konnten. Manche waren auch zu reiffür die Jugendhilfe, weil ihnen etwa von den

Schleusern vorgegeben wurde, sich jünger zumachen.WennsieinWirklichkeitAnfang20sind,passtdasKonzeptfürsienicht,siebrechenrela-@vschnellaus.

WeitergabevonErfahrungenAuthen@sch sein, ehrlich sein, auf Augenhö[email protected] aufgrund des Erlebten, es sind auch keineJugendlichen mehr, sondern teilweise junge Er-wachsene,denenmanmitvielRespektbegegnensollte. Undman solltewirklichmit Vorsicht und

Geduld akzep@eren, wenn jemand noch nichtsoweitist.Manchererzähltnach3Monatensei-ne Lebensgeschichte und öffnet sich und bihetum Hilfe, manche schaffen es in drei Jahrennicht. Aber das muss man in gewisser Art undWeiseakzep@eren,mankannesnichterzwingen.

DieLehrer,dieunskennen,sindschonsehrfein-fühligundwirklichverständnisvoll.Wennein Ju-gendlichermalgarnichtbelastbar ist imUnter-richt, dann wird er auch mal nach Hause ge-

schickt. Oder wenn ein Jugendlicher gegen Re-gelnverstößt.Wirhabenrela@vvielJugendliche,die ineiner sehr schwerenPhase sindunddannoLinderSchulefehlen.

Wennwirmit einerneuenSchule zu tunhaben,gibtesdurchausProbleme,weildasVerständnisfehlt.DasistdanneineAufgabefüruns,sichmitdenLehrernzu treffenundsiezusensibilisieren.Wir achten als Einrichtung darauf, dass der Ju-gendlichenichtschwänztoderblaumacht.Wenn

deralsoeinenTag inderWoche fehlt,dannhatdas seine Gründe, z. B. starke Schlafstörungen,starkeAlbträumeoderFlashbacks,dannistnacheinersolchenNachtnichtandenSchulbesuchzudenken. Es gibt manche Schüler, denen wird es

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mihen imUnterrichtzuviel,dannmussmanalsLehrer versuchen, besonnen zu reagieren undden Jugendlichen aus der Situa@on rauszuneh-men.

HerrLangerwünschtsichvondenKoopera^ons-partnern,dasssieoffensind,auchfürKri^koffensind, für Anregungen. Die Betreuer kennen dieJugendlichen gut undwissen,wieman ambes-ten mit ihnen umgeht, könnten den Koopera -̂

onspartnernTippsgeben,wiemanetwasandersmachen könnte, wie man in bes^mmten Situa-^onenflexiblerreagierenkönnte.

GeradeweiterführendeSchulen kennen sicho+nichtsogutaus,manchmalistnureinFlüchtlingin der Klasse. Da ist es besonders wich^g, denJugendlichennichtalleinzulassen.DieErfahrun-gen mit den Schulen sind jedoch sehr unter-schiedlich.

Manchmal gibt es ganz tolle Lehrer und ganz

tolleKlassen,soimBeispieldesVietnamesen,derseinFachabiturgemachthat.DieUmstellungvonder Mihelschule auf die Realschule war rich@gheLig,dannkamdieFremdsprachehinzu,dieervorhernichtgelernthahe,alsoEnglischintensiv.Lehrerin und Klasse haben ihn immer wiederaufgefangen, Schüler haben gesagt „KommmitunsnachHause,wirbringendirdasbei,wirma-chendasmitdirzusammen.“AlsesumdenAuf-enthalt ging, hat jeder Schüler einen Brief ge-

schrieben.DieseBriefewurdenvonder Lehrerinan die Härtefallkommission geschickt. Das istnatürlich op@mal, wenn der Jugendliche nichtnur von uns an dieHand genommenwird, son-dernauchvonderSchule.

Interview:IngoHertzstell 33

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Dr. Nicole Lämmermann ist Diplompsychologinundarbeitet als Schulpsychologinmit einerhal-ben Stelle im Ins^tut für Pädagogik und Schul-psychologie der Stadt Nürnberg (IPSN). SeitHerbst2015betreutsieandenberuflichenSchu-lenderStadtFlüchtlingeundderenLehrkrä+e. 17

Das Interview gibt Einblick in die Inhalte, aberauch in organisatorische wie inhaltliche Proble-me, die für die schulpsychologische Arbeit mitjungen Asylbewerbern und Asylbewerberinnen,die an beruflichen Schulen lernen, charakteris-^schsind.

SiesindjetztseiteinemJahralsSchulpsychologintä@g und haben einen neuen Aufgabenbereichmit den Asylbewerbern und Asylbewerberinnenübernommen, die an der kommunalen Berufli-chen Schule 5 (B5) unterrichtetwerden.WelcheErwartungenhahenSieanIhreneueArbeit?

NL: Von meinen Erwartungen her kann ich sa-gen, dass ich schon eine Vorstellung haVe,wasauf mich zukommen würde, weil ich zuvor alsLeitung und Fachdienst zweier Wohngruppengearbeitet habe bzw. davor bereits in einer inTeilzeit betreuten Wohngruppe, wobei in dereinenWohngruppezumgrößtenTeilJugendlichemit Fluchthintergrund lebten. Insofern kannteichdieProblemederjungenMenschenschon.

WiewarderStartindieseAufgabe?

NL: IchbinvonderSchulleitungundvomKolle-gium mit offenen Armen empfangen worden,weil der Bedarf an schulpsychologischer Unter-stützung in dem Bereich gesehen wurde undvonseiten der Schulleitung und der Lehrer sehrdringendwar. Insofernbin ichoffenempfangenworden, und mein Angebot ist von Anfang anauchgutangenommenworden.

Gab es auch neue Erfahrungen, die sich für SieausderArbeitergebenhaben? Istetwaswich@-gesNeueshinzugekommen?

NL: Für meine spezielle Arbeit war es wich^g,das Beschulungssystem der B5 kennenzulernenunddenRahmen,wiedasfunk^oniert. 18

EshabensichfünfSäulenherausgebildet

WiesahIhreArbeitkonkretaus?

NL:EshabensichfünfSäulenherausgebildet,diejetztHandlungsfelder inmeinemArbeitsbereichsind.

Eine Säule ist die Beratung und Unterstützungeinzelner Schülerinnen und Schüler im Sinnepsychologischer Unterstützung oder auch dieWeitervermiVlungzurPsychotherapie,wenneinSchüler eine intensive Unterstützung braucht.AberauchGruppenangebotezuschaffenfürdie

In der Beruflichen Schule 5 werden bereits seit dem Schuljahr 2010/11 berufsschulpflichtige Asylbewerberinnen und Asylbewerber in 17

Klassen zur Sprach- und Berufsintegration unterrichtet; die Zahl der Klassen nahm dabei kontinuierlich zu. Um eine adäquate Be-treuung zu gewährleisten, wurde eine zusätzliche halbe (schul-)psychologische Stelle durch die Stadt Nürnberg geschaffen.

Seit Juli 2015 ist die B5 als eine von bayernweit 21 Modellschulen am Projekt „Perspektive Beruf für Asylbewerber und Flüchtlin18 -ge“ beteiligt. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen dem Projektpartner Stiftung Bildungspakt Bayern, dem Exklusiv-sponsor Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissen-schaft und Kunst. Deren Ziel ist es, Konzepte zur Förderung von jugendlichen Asylbewerbern und Flüchtlingen zu identifizieren und weiterzuentwickeln.Das Modellprojekt ist auf vier Schuljahre angesetzt und konzentriert sich unter anderem auf folgende Schwerpunkte:- Umgang mit heterogenen Lerngruppen- Wissenstransfer in multiprofessionellen Teams- Festsetzung von Standards in der Sprachvermittlung- Sensibilisierung von Lehrkräften und anschließende schulische AngeboteDie Modellschulen haben im Zuge des Projekts die Möglichkeit, sich miteinander zu vernetzen und gemeinsame Arbeitsfelder zu definieren. Ein wissenschaftlicher Beirat bietet zusätzlich berufspädagogisch fundierte Hilfestellung bei der Gewinnung und Umset-zung der Ergebnisse, die jeweils vor Ort in die pädagogische Arbeit mit den Jugendlichen einfließen.

SchulpsychologischeArbeitmitgeflüchtetenjungenMenscheninderBeruflichenSchule5derStadtNürnbergIngoHertzstellimInterviewmitFrauDr.NicoleLämmermann

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jungenMenschen,umsiezu(unter-)stützen.Ichhabe eine kunsVherapeu^sch-pädagogischeGruppe durchgeführt und eine Lehrerin bei derDurchführung eines Entspannungstrainings un-terstützt.

DieandereSäuleistdieUnterstützungderLehr-krä+e. Zum einen fallbezogen: Wenn Lehrermerken, dass junge Menschen Trauma^sierun-genhaben,besprecheichmitihnen,wiesiesichin der Klasse gegenüber dem Schüler verhaltenkönnen. Dann aber auch Lehrer unterstützen,wenndiesesehrbelastetsind.Ichhabegemein-sammitmeinerKolleginvonderJugendsozialar-beitanSchulen(JaS)rela^vschnelleinmul^pro-fessionelles Team ins Leben gerufen, das allezwei Wochen tagt und wo Lehrer sich zu be-s^mmtenThemenoderzubes^mmtenSchülernUnterstützungholenkönnen.

InderArteinerSupervision?

NL: Nein, eher ein mul^professionelles Nach-denkenübereinenFall.ZumTeamgehörennochder Mobile Sonderpädagogische Dienst (MSD),alsoSonderschullehrer,dannebendieJaS,ichalsSchulpsychologin und die Lehrkrä+e, die in denFallinvolviertsindoderandemThemaInteressehaben.

Als driVe Säule habe ich Fortbildungen für dieLehrer an der B 5 angeboten, sei es innerhalbder Schule im Rahmen von SchiLFs oder amIPSN: Fortbildungen z. B. zum Thema Trauma -̂sierungen. Teilweise habe ich auch gruppen-oder klassenbezogene Angebote ausgearbeitet;es gab also viel konzep^onelle Arbeit im erstenJahr. Beispielsweise sindwir dabei, ein Konzen-tra^onstraining zu erarbeiten. Das habe ich inZusammenarbeitmitzweiLehrkrä+engemacht-speziell für Menschen mit Trauma^sierungen.DieEntwicklungistjetztfastabgeschlossen,aberwir haben es noch nicht ausprobiert, das solljetztAnfangdesnächstenSchuljahrsgeschehen.

Als vierte Säule sehe ich die Vernetzungsarbeit,also die Koopera^onmit niedergelassenen Psy-chotherapeuten, Kliniken, teilweise den Sozial-pädagogenausdenGemeinscha+sunterkün+en,Freiwilligen.Sieisteinsehrwich^gerBaustein.

Die letzte Säule ist der Bereich der Präven^on,der natürlich auch noch ein großer Bereich ist

undwosichauchnocheinigesentwickelnmuss.

Wie ist Vernetzung zu verstehen? Gegensei@geInforma@on über die Angebote oder auch derdirekteAustauschübereinzelneSchüleroderein-zelneProjekte?

NL:VernetzungisteherderAustauschüberwei-tereUnterstützungsmöglichkeitenfürdiejungenMenschen.Sobin ich ineinemArbeitskreis,dersich speziell an Psychologen und Fachdiensterichtet,diemit jungenFlüchtlingenarbeiten.Dagehtesz.B.vielumdenAustauschvonMetho-den, von Informa^onen über Gesetzesänderun-gen; prak^sch alles, was man braucht, um indem Bereich gut arbeiten zu können. Da findetaucheinegegensei^geUnterstützungstaV.

Istauchdasgegensei@geKennenlerneneinZiel,um zuwissen, anwen ich einen Schülerweiter-verweisenkann?

NL:Das istnatürlichaucheinPunkt,Psychothe-rapeuten kennenzulernen, zu gucken, wer hatKapazitäten, zu gucken, wie arbeiten die Klini-ken, was haben die für Strukturen, in welchenFällenkannichPersonendorthinverweisen.

Wer ist fürdie Schüler zuständig?NochdieKin-der-undJugendpsychotherapeuten?

NL:Nochbis21sinddieKinder-undJugendpsy-chotherapeuten zuständig, aber ab 18 auchschon Erwachsenentherapeuten. Da kommt eszuÜberschneidungen.ImKlinikumgibteseinenBereichderAdoleszenz,indendieSchülerinderRegelreinfallen.

WassinddasfürjungeMenschen?

Was sind das für jungeMenschen? Flüchtlinge,die hier um Asyl nachgesucht haben?Wo kom-mensieher?

NL:DerGroßteil der jungenMenschen,mit de-nen ich zu tun haVe, ist unbegleitet nachDeutschlandgekommen.DiehabeninderRegeleinen Asylantrag gestellt. Sie sind überwiegendmännlich im Alter zwischen 16 und 21 Jahren,sind also noch schulpflich^g und können so ander beruflichen Schule beschult werden. EinGroßteilder jungenMenschenstammtausSyri-en,esgibteinigeausdem Irak,Afghanistan,Al-banien, Iran, Eritrea – wir haben viele jungeMenschenausEritreaundÄthiopien.Somaliaist

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aucheinLand,daso+vorkommt.

Heißt „unbegleitet“, dass sie sich allein auf denWeg gemacht haben, weil vielleicht die Familiedas so wollte, oder weil sie etwa während derFluchtvonihrerFamiliegetrenntwurden?

NL: Es gibt natürlich beides, aber die meistenjungen Menschen, die ich kennengelernt habe,sindtatsächlichalleineweggegangen.

MitwelcherMo@va@on?

NL:MitderMo^va^on, ein sicheres Leben füh-renzukönnen.VielesindausKriegsgebietenge-kommen, haben auch schon Angehörige durchkriegerischeAk^vitätenverlorenundhaVenein-fachAngstumihreigenesLeben.Undo+sahensieauchwirtscha+lichkeineMöglichkeit,gutzuüberleben.

Wie kommen diese jungen Menschen hier zu-recht?Wiewerdensiebetreut?

NL:Die16-bis18-JährigenwerdenvomJugend-amtbetreut.WennsieGlückhaVenundvordem18. Lebensjahr in Nürnberg angekommen sind,können sie auch darüber hinaus noch betreutwerden. Diejenigen, die schon 18 sind, bekom-mendieseHilfenichtmehr;diesindmehroderwenigeraufsichgestellt.

Quelle:Fotolia

WiekommendiejungenLeutezuIhnen?Erhaltensie denHinweis auf die Beratungsstelle von derSchule?OdergehenSieindieKlassenundstellensichdortvor?

NL: Tatsächlich beides. Ich war während desSchuljahresimmerwiederbeiExkursionendabei,wennbeispielsweiseLehrermitihrenKlasseninsPlanetariumgegangensind. IchhabedaeinfachdieChanceergriffen,kurzzusagen,wer ichbin,wasmeineAufgabeistundinwelchenFällensich

die jungenMenschen anmichwenden können.Wenn ich das Thema Schlafstörungen und Alb-träumeundKopfschmerzenangesprochenhabe,dannhabensichinderRegel in jederKlasseeinbiszweioderdreiLeutesofortbeimirgemeldetundwollteneinenTerminausmachen.

O+merkenaberauchdieLehrer,dasseinSchü-ler große Probleme hat, dass er im Unterrichteinschlä+,dasseseineplötzlicheWesensverän-derung gibt, dass der Schüler es nicht mehrschafft, regelmäßig in die Schule zu kommen,dass er über starke Kopfschmerzen klagt. DieLehrerhabenimIPSNeineFortbildungzurTrau-ma^sierung bekommen und sind von daher fürsolche Symptome sensibilisiert. Sie sprechenmichdannan,und ichmacheeinenTerminmitdemSchüleraus.

DieStellungderFrauistimIslameineanderealsin unserer Kultur.Wie kommen Sie als FraumitdenjungenMännernzurecht?Oderwiekommendie jungenMännermit Ihnen als Frau zurecht?BegegnenSiedaauchVorurteilen?

NL: Die bisherigen Begegnungen waren immervon viel gegensei^gem Respekt geprägt. Auchdie meisten Lehrerinnen an der B5 berichten,dassesdawenigeProblemegibt.EinislamischerSchülerhatdaseinerLehrerinderB5gegenübereinmalsoausgedrückt:Esgebe3Frauen imLe-beneinesMannes.DieersteseidieMuVer,dannkämedieLehrerinunddanndieeigeneFrau.AlledreieröffnetendemManndieWelt.DaherhabeervielRespektvorFrauen.

SchwierigeTerminplanung

Wie viele Termine haben Sie mit einer halbenStellezurVerfügung?

NL:Leideristesdadurch,dassesvieleAufgaben-felder sind, die Zeit tatsächlich ziemlich knapp.Ich könnte wesentlichmehr Stunden brauchen,umdenBedarfabzudecken.Dasgilt füralleBe-reiche. Eine besondere Schwierigkeit ist bei derTerminplanung,dassdiejungenMenscheneso+nicht schaffen, einen zwei Wochen im VorausvereinbartenTermineinzuhalten.WennderLeh-rerdenSchülernichtbegleitet,istesganzo+so,dassderjungeMenschzumvereinbartenTerminnicht vorderTür steht.DafürabereineViertel-

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stunde später jemandanderesmiteinemZeVelmiteinemanderenDatum.DasisteinPunkt,beidemichüberlege,wieichdasimnächstenSchul-jahrbessergestaltenkann;vielleichtkönnendieLehrer eine Erinnerungsfunk^on übernehmen.Aber das ist teilweise schwierig, weil sie schonsehrvieleAufgabenimKopfhaben.

Ist das Einhalten der Termine eine Frage derMentalität?

NL:Dasist,denkeich,eineKombina^onausvie-len verschiedenen Dingen. Zum einen sind dieSchülero+schonalleindeswegensehrübermü-det, weil sie in den Gemeinscha+sunterkün+ennicht genügend Schlaf finden. Vor zwei TagenhabeicheinenjungenMannbeimirgehabt,deran sich eine stabile Persönlichkeit hat, der aberein Zimmer in einer Gemeinscha+sunterkun+hat,indemlauterjungeMännersind,diewederbeschult werden noch einer Arbeit nachgehenund deren Tagesablauf so aussieht, dass sietagsüber schlafen und nachts die ganze Nachtwach sind, Alkohol trinken und laut sind. DerjungeMannkannnachtsüberhauptnicht schla-fen, und das hat bei ihm dazu geführt, dass ersehr viele Fehlzeiten in der Schule haVe. TotaleÜbermüdung kann ein Grund sein, warum einjunger Mensch zu dem vereinbarten TerminnichtvormeinerTürsteht.

Es kann auch sein, dass jemand mein Zimmernicht gefunden hat, weil das BBZ (Berufsbil-dungszentrum)einziemlicherDschungel istunddieOrien^erung immernocheingroßesThemaist.Eskannauchsein,dassderSchülerdieWer-^gkeitvonbes^mmtenTerminennichtversteht:„Was soll ichdaüberhaupt?“. IchhaVe letztenseine junge Frau, die haVe z. B. einen TerminbeimGesundheitsamt,wo es umdie Begutach-tungfüreinePsychotherapieging,ander ihrei-gentlich wahnsinnig viel gelegen ist. Aber siewussteeinfachnicht,wasdieserTerminwar,dashaVe sie weder sprachlich noch inhaltlich ver-standen. Sie wusste auch nicht, dass sie selbereinen Dolmetscher dafür mitbringen musste,und insofern ist der kompleVe Termin geplatzt.

Das sind o+ wirklich große Verständigungspro-bleme. Hinzu kommen teilweise ein anderesZeitverständnis, ein anderes Verständnis vonPünktlichkeit, eine andere Mentalität. Das isteine ganze Fülle von Faktoren, diedazu führen,dassjemandnichtinmeinemZimmerlandet.

Was ich noch ergänzen muss – was auch ganzwich^g ist –, dass die jungen Menschen o+überhaupt keine Planungsstruktur haben. Diehaben keinen Terminkalender, in dem steht „andemTaghab‘ichdasunddas“.DiehabeneinenPacken von ZeVeln, und wenn sie dann zu mirkommen,dannbreitensieersteinmalihrenHau-fenZeVelausundfragenmich„Waswardenndanochmal?“. Ihnen hier zu helfen, ist aber eineVoraussetzung, umüberhaupt psychologisch ar-beitenzukönnen.

Die Traumafolgestörungen habe ich auch nochnichtgenannt,diesindabero+einGrund,war-um jemand gar nicht mehr in der Schule er-scheint. Oder an einem Tag nicht in der Schuleerscheint,weilesihmeinfachnichtgutgeht.EinKonglomeratvonGründen.

Gremienarbeit

WelcheBedeutunghatfürSiedieGremienarbeit,also die Arbeit in Arbeitskreisen? Werden hierLösungenfürdiegenanntenProblemegesucht?

NL: Die Vernetzung istwahnsinnigwich^g,weildieRessourcenanallenStellennichtausreichenundeineUnterstützungnur funk^onierenkann,wenn die einzelnen Systeme sehr gut ineinan-dergreifen.Mansolltebedenken,waseinSozial-pädagogeineinerGemeinscha+sunterkun+leis-ten muss. In den städ^schen Einrichtungen istmeinesWissens der Schlüssel 1 Sozialpädagoge(Vollzeit) für 100 Personen, in den staatlichenEinrichtungen1:150;daswirdo+nichterfüllt .19

EsgibtGemeinscha+sunterkün+e,diehabengarkeinenSozialpädagogen.DieeinzelnenPersonenalleine können das nicht leisten, was an Unter-stützungnotwendig ist.Deswegenbedarf es ei-nersehrengenVernetzung.

Heißtdasauch,dassnichtnurdieeigeneProfes-

„Von einer Vollzeitkraft sollen 150 Ausländerinnen und Ausländer betreut werden.“ (Nr. 4.1 AsylSozBR BY) In der Praxis wird dieser 19

Schlüssel überschritten: „Erstens sollte man die Betreuungsquote tatsächlich noch einmal genauer anschauen, denn sie liegt zum Teil auch deutlich über den 1 : 180 Personen. Für die Diakonie habe ich mir das einmal angesehen: Wir sind da im Durchschnitt bei 1 zu 270 […].“ (Lisa Scholz, DW, Anhörung 2014: 15)

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SchulpsychologischeArbeitmitgeflüchte-tenjungenMenscheninderBerufsschule

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sionalität gefordert ist, sondern im EinzelfallauchandereBereichemitabzudeckensind?Alsodass Sie sich umDinge kümmern, die eigentlichnicht psychologisch sind, aber VoraussetzungenfürIhreArbeitsind?

NL: Das ist zwar nicht wünschenswert, aber inder Praxis kommtman o+ nicht darum herum.Dazugehörtauch,umdieEckezudenkenundzuüberlegen, was können Personengruppen, dieoriginär nichts mit dem Thema zu tun haben,trotzdemfürdie jungenMenschen leisten.Manversuchtnatürlich,dieRollenklarzukriegenunddassjederinseinerProfessiondasmacht,waserkann, und dass er soweit möglich dabei bleibt.Vernetzung bedeutet dann also auch, wie dieProfessionen sich gegensei^g unterstützen kön-nen.

Kann denn den hilfesuchenden Asylbewerbernklar gemachtwerden, dass es eine solche Tren-nunggibt?

NL:Nein,überhauptnicht,dasistganzschwierig.DasistganzschlechtzuvermiVeln,weildaauchwieder das Verständnis fehlt, und o+, weil dasvielkomplexeristalsmandenkt.EinBeispiel:EinjungerMann,derAnfangdesSchuljahreszumirkam,hatersteinmalgesagt, erhabekeinePro-bleme mit seinen Gefühlen oder mit seinemKopf oder mit seinen Gedanken, aber er habeOhrenschmerzen. In demMoment habe ich ge-dacht,mitOhrenschmerzen sei er beimir nichtan der rich^gen Stelle. Das passiert ö+er, dassdie Leute nicht wissen, was die Funk^on einerbes^mmten Person ist. Ein halbes Jahr späterwar er noch einmal bei mir mit verbessertenSprachkenntnissen und ich hab mich noch ein-mal intensivermit ihm ausgetauscht; ichwolltewissen,wieesihmgeht,weilerinverschiedenenBereichen sehr auffällig war. In dem Gesprächkam heraus, dass diese Ohrenschmerzen da-durch entstanden sind, dass er im Heimatlandvon der Polizei zusammengeschlagen wordenwarunddurchSchlägeaufdieOhrendasTrom-melfell geplatzt ist. Insofern war es eigentlichdocheinThema,mitdemerbeimirrich^gwar,weil es die Folge einermassivenGewaltanwen-dungwar,mitderernachwievorgroßeProble-mehaVe.Aberdasimmersogenauherauszufin-

denmitdenSprachschwierigkeiten,beidenun-terschiedlichen Kulturen,mit dem,was bei denjungen Menschen schon an Verständnis da ist,dasisto+einezeitaufwändigeSache.

AnliegenderjungenMenschen

Mit welchen Anliegen kamen die jungen Men-schenzuIhnen?

NL:DasisteineganzinteressanteFrage.Daswa-ren tatsächlich zu einemgroßen Teil Traumafol-gestörungen und zum anderen großen Teil dieaktuelle Lebenssitua^on, die sehr belastend ist.DazugehörtdieSitua^onindenGemeinscha+s-unterkün+en, wo die Leute einfach sehr wenigRuhe für sich finden. Ich habe ganz o+ erlebt,dass sich Schlafstörungen zusätzlich verfes^gthaben,weilkeineSchla}ygienemöglichist.DasseheichalseingroßesProbleman,beidemichimmerwiederandieGrenzenderUnterstützungstoße. Ichüberlegezusammenmiteinernieder-gelassenenPsychotherapeu^n,wiemaneinkur-zesUnterstützungsangebot strickenkann,damitdie Ressourcen an psychologischer Unterstüt-zungausreichen.Wirkommenaber immerwie-derandenPunkt,dassessehrschwierigist,dieLeute psychisch zu stabilisieren, wenn die Le-bensumständenichtstabil sind.Mankannnichtan den Albträumen der jungen Leute arbeiten,wenn die in der Nacht überhaupt keine Ruhefinden. Schlafstörungen und Albträume, Kopf-schmerzenundKonzentra^onsproblemesinddieHauptgründe, warum die Schüler zu mir kom-men,sowieteilweiseauchDepressionen.

WiesiehtesmitschulischenProblemenaus?

NL: Schulprobleme eher weniger, weil die B 5vomSystemherdaraufganzguteingehenkann.Es gibt einen Eingangstest, wenn die jungenMenschen kommen, und sie werden dann jenach Niveau einer bes^mmten Klasse zugeteilt.Wenn jemand eine starke Blockade hat, ist eranfangs vielleicht in einer schwachen Klasse;wenn sich die Blockade löst, kann er die Klassewechseln.Es isteine spezielleBeschulung–an-dersalsananderenSchulen.Schulproblemesindalsonicht vorrangig, dadie Lehrer sehr versiertsindimUmgangmitdenSchülern.

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BewährtesundGeplantes

Was wird bleiben aus der Arbeit des zurücklie-gendenSchuljahres?Oderwasmüssteauchan-dersgemachtwerden?

NL:Was sich bewährt hat, ist die enge Zusam-menarbeit mit der Jugendsozialarbeit an Schu-len, mit den Lehrkrä+en, mit der Schulleitung,mit den anderen Schulpsychologen; diese engeZusammenarbeit funk^oniert sehr gut und istsehr hilfreich. Die Einzelberatung der Schülerfunk^oniertausmeinerSichtauchgutundwirdnatürlich fortgesetzt werden. Ich habe einekunstpädagogische Gruppe ini^iert, auch diewird imnächstenSchuljahrweitergeführt.Aller-dingssolldieseArbeitnochmalintensiverindenKlassen vorgestellt werden, was das eigentlichist. Die Schüler sollen da auch mal mitmachenund das Projekt kennenlernen können. Für dasnächsteSchuljahr ist außerdemeinKonzentra -̂onstraininggeplant,dasauchevaluiertwird.

NL:EinneuesProjektfüreinekleineGruppevontrauma^sierten Schülern, das noch staÄindensoll, ist eine ^ergestützteMaßnahme, zunächstals Pilotprojekt ein eintägiges Programmauf ei-nemDemeter-Bauernhof. Das soll ein stabilisie-render Tag sein, an dem es darum gehenwird,dassdie jungenMenschenEntspannungsverfah-ren kennenlernen, ihre Aufmerksamkeit wiedermehrnachaußenrichtenkönnen–vielleicht imSinne des Modewortes „mindfullness“ –, Tiereversorgen können, aber auch reflek^eren kön-nen, wie sie sich selbst versorgen können, wassie sich selbst Gutes tun können. Das ist eineIdee, die hoffentlich nächstes Schuljahr umge-setztwerdenkann.

WieschaffenSiedasalles?

NL:Also,derStadtratistdafür,dassmeineStun-denaufgestocktwerden.DasistmitdemAsylpa-ket beantragt. Aber ob und wann das von derStadtbewilligtwird,stehtindenSternen.

Welche Empfehlungen oder Tipps können SieSchulpsychologen, LehrkräLen oder auch IhrenKoopera@onspartnernwiedenÄrztengeben?

NL:Was ich ganz wich^g finde ist, eine kultur-sensible Haltung in der Beratung einzunehmenundimmerwiederzureflek^eren,wassindmei-ne eigenen Gedanken zu dem Thema, was hat

deranderewirklichgesagtundgemeint.Ichver-sucheimmer,sehroffenindenBeratungsprozessreinzugehen, weil ich mir ganz o+ nicht sichersein kann, was mein Gegenüber gerade meint.Das,findeich,isteigentlichdieBasis,umindie-semBereichalsBeraterarbeitenzukönnen.

Quelle:Fotolia

UnddieVernetzung istdasAundO,dassmög-lichstvieleBereicheaneinemStrangziehen,umdiejungenMenschenzuunterstützen.UnddabeidieeigenenGrenzenzukennenundauchzure-spek^eren. Die jungen Menschen haben einesehr großeBedür+igkeitundeinen sehr großenHilfebedarf, das kann eine Person nicht alleinetragen.Wennichnichtausbrennenwill,mussichdasakzep^erenundGrenzensetzen–vorallemauchalsLehrkra+.Dasfindeichganzwich^g.

Welche Bedeutung hat in dem ZusammenhangSupervision?

NL:SupervisionistausmeinerSichtganzwich^g.EsgibtfürdieLehrkrä+eanderB5dasAngebotvon einer Kollegin aus dem Teamder Schulpsy-chologie, dass sie an einer Supervisionsgruppeteilnehmenkönnen.

HabenSienocheinenAspekt,denSieansprechenmöchten?Vielleicht eine Bihe an die Koopera@-onspartner?

NL: Ichweißnicht,obdaszuspezifisch ist.EineBiVeandieÄrztewäre, sichdessenbewusst zusein,dasso+kein(sprachliches)Verständnisda-fürda ist,wieMedikamenteeinzunehmensind.Manche junge Menschen bringen ihre Medika-mente zumirmit: „Ichweiß gar nicht,was dasallesist.Dashabichgenommenundweißnicht,ob ich das noch nehmen soll, da haVe ich Ne-benwirkungen.“ Die haben o+ einen Medika-

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mentencocktail, weil sie auch die Ärzte wech-seln,wonichtdaraufgeachtetwird,wasdievor-herschongenommenhaben,wohlauch,weilessprachlich o+ nicht rich^g zu eruieren ist. DabräuchteeseigentlichDolmetscherauchimärzt-lichen SeÑng, wo so etwas gut abgeklärt underklärtwird.Kurz:EsherrschteinegroßeVerwir-rungmit denMedikamenten.O+ ist auch nichtklar, dass eineMedika^on aufDauer nicht einePsychotherapieersetzenkann.

Kultursensibilität

SiehabenmitverschiedenenKulturenzutunundhaben die Kultursensibilität angesprochen. WiehabenSiesichinformiertüberdieverschiedenenKulturen?MitjemandemausEritreaumzugehenistsicherandersalsmitjemandemausSyrien.

NL: Eine kulturelleKompetenz fürdie einzelnenLänderzubekommen,isteineSache,diemitderZeitwächst, indemmandieMenschen kennen-lernt,darüberliest,Fortbildungendazubesucht.Aber unabhängig davon, ob man die einzelneKulturgutkennt,isteswich^g,miteineroffenenHaltung an das Ganze heranzugehen. Ich musswissen,dass icho+nichtweiß,wieetwas inter-pre^ertwird oderwie ich etwas zu interpre^e-ren habe. Diese Offenheit im Herangehen unddemMenschenalsMenschenzubegegnenundzuversuchen,dieeigenenVorannahmenzuhin-terfragen,Vorannahmen,wie jemandZeitplant,wie jemand denkt, wie jemand ein Verständnisvonbes^mmtenDingenhat.Wennjemandz.B.nicht kommt, sollte meine Vorannahme nichtautoma^sch sein, er sei ein unpünktlicherMenschoderdieWer^gkeitdesTerminsseinichtda. Es ist besser nachzufragen, warum er nichterschienenist,alssichselberdieAntwortzuge-ben.

Fazit

Wenn Sie ein Fazit ziehen: Ist das eine befriedi-gendeArbeit?OderwürdenSiesagen„Naja,ichhab mich da auf etwas eingelassen, ich würd’snichtwiedertun.“?

NL: Ich empfinde die Arbeit defini^v als erfül-lend. Es ist ein Arbeitsfeld, das mir sehr vielFreudebereitet, sowohl inZusammenarbeitmitden Schülern, die o+ sehr mo^viert sind, auch

hierinihremLebenFußzufassen,unddieauchsehr gerne die Hilfe annehmen, dieman ihnenanbietet, als auch mit den Lehrkrä+en, die einsehr großes Engagement zeigen undmit denendieZusammenarbeitauchsehrgutfunk^oniert.

HerzlichenDankfürdasInterviewundweitervielErfolgfürIhreArbeit!

Interview:IngoHertzstell

Dr.NicoleLämmermann,Jahrgang1977,erwarb2003 das Diplom in Psychologie an der FAU inErlangen.NachAbschlussdesStudiumsarbeitetesieschwerpunktmäßigmitKindern/JugendlichenundihrenFamilieninunterschiedlichenFeldern.Während dieser Zeit bildete sie sich zur Kunst-therapeu^n fort (2006). 2013 erfolgte die Pro-mo^onimFachPsychologieanderLMUinMün-chen.

Von2006–2011arbeitetesiealspsychologischeLeitungundKinder-undFamilientherapeu^n imCDTC in Curacao, in dem delfingestützte Thera-piedurchgeführtwird.ImRahmenihrerTä^gkeitals Leitung und Fachdienst der Wohngruppendes „Schlupfwinkel“ in Nürnberg unterstützteFrauDr.LämmermannerstmalsauchUnbegleite-te Minderjährige Flüchtlinge. Seit September2015 führt sie dieseAufgabe als Schulpsycholo-gindes IPSN fort,wosie schwerpunktmäßigdieschulpsychologischeBetreuungvonberufsschul-pflich^gen Asylbewerberinnen und Asylbewer-bern sowie von EU-Migranteninnen und EU-Mi-grantenübernommenhat.

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LiteraturAvci-Werning, M. (2015): Herausforderungen für

die Schulpsychologie – Flüchtlinge in der Bera-

tung.In:PraxisSchulpsychologie,2015(1),S.6-7

Lämmermann,N.&Stradtner,E.(2016):Geflüchte-

te Jugendliche in junge Erwachsene in berufli-

chen Schulen. Schulpsychologische Handlungs-

felder – Bedarf und Unterstützung. In: Jehle,

Bernhard (Hrsg.) (2016): Grundkurs Schulma-

nagementXIV.HerausforderungVielfalt–Schule

gemeinsamgestalten.Kronach:CarlLink,S.215-

221

Lafranchi, A. (2004): Kinder aus Kriegsgebieten in

europäischen Einwanderungsländern – Trauma,

Flucht, Schule und Therapie. Online verfügbar

unter: hVp://www.systemagazin.de/bibliothek/

texte/lanfranchi_KriegstraumaKinder.pdf Zuletzt

aufgerufenam28.08.2016

Mecheril,P. (2004):Beratung inderMigra^onsge-

sellscha+. Paradigmen einer pädagogischen

Handlungsform. In: Treichler, Andreas & Cyrus,

Norbert (Hrsg.) Handbuch Soziale Arbeit in der

Einwanderungsgesellscha+.Grundlinien,Konzep-

te,Handlungsfelder,Methoden. Frankfurt a.M.:

Brandes&Apsel,S.371-387

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FalldarstellungHassanA., 21 Jahre, Flüchtling ausAfghanistan,kommt in meine psychotherapeu^sche Praxis,seine unterschiedlichen Klagen ergeben als Ge-samtbild die Diagnose: ICD 10 43-1 = PosVrau-ma^scheBelastungsstörung.

ErerzähltvoneinemlangenundbeschwerlichenWeg nach Deutschland. Wegen der AngriffedurchTalibanundwegenderbürgerkriegsähnli-chen Zustände flieht die siebenköpfige Familievon Hassan in den Iran. Dort findet der VatervorübergehendGelegenheitsarbeiten,mitdenenerdieFamilieüberWasserhaltenkann.Hassan,damalsnochnichteinmal16Jahre, istderStolzdesVaters:ersolleseinmalbesserhaben.Des-halb schickt derVater denMinderjährigenüberMiVelsmännermitGeldversehenbisnachIstan-bul. Dort soll er zu einem verabredeten Zeit-punkt einen Schlepper treffen, der ihn weiterbringen soll. Hassan schließt sich dort einerGruppevonAfghanenan.ÜbereinenWeg, vondemHassanpartoutkeineEinzelheitenverratenwill,kommternachBayern.Ermussvieldurch-gemacht haben, denn nachts wacht er immerwieder nach Albträumen (Flashbacks) auf. Der16-JährigekommtineinKinderheimderCaritas:„Dortwar es eigentlich sehr gut, die Leute unddie Kinder waren neV“. „Dann habe ich einenFehler gemacht: Mit 18 wollte ich in ein Heim

von erwachsenen Asylbewerbern. Das war diereinsteHölle:DawarenMenschenausverschie-denen Na^onen. Da gab es immer Streit,manchmal Schlägereien. O+ waren es Missver-ständnisse,manchmalwarderAlkohol imSpiel.Daswarsehrschlimm.“

Hassanbeschreibt verschiedene Symptome:DieAlbträume, die Einschlaf- und Durchschlafstö-rungen (er schlä+ mit Unterbrechungen höchs-tens 4 Stunden), de Arbeitshemmungen, die eram Erwachsenenkolleg erlebt (dabei will er un-bedingt studieren), dieÄngste, speziell die sozi-alphobischenZustände(„NachderSchulewillichniemandenmehrsehen,dannwill ichnuralleinimZimmersein!“),dazukommendiffusepsycho-soma^scheBeschwerden.DieUrsache fürdieseStörungen liegen eindeu^g in der belastendenSitua^on in Afghanistan (zwischen 12 und 15Jahren) und in der schwierigen Zeit der FluchtnachDeutschland.Manmuss davon ausgehen,dass sich die PosCraumaYsche Belastungsstö-rung nicht so verschärV häCe, wenn er schongleichnachseinerAnkunV inDeutschlandpro-fessionellbehandeltwordenwäre.Dabei ist je-dochzubeachten,dasszunächsteineStabilisie-rungsphase erfolgen muss, erst im AnschlussdaranistdieBehandlungderTraumataeffek^v.

VersorgungpsychischkrankerjungerFlüchtlinge

Das Schicksal vonHassan ist typisch für die so-genannten „unbegleiteten minderjährigenFlüchtlinge“,die fast immerzwischen14und18Jahre alt sind. Die Erfahrung zeigt, dass kaumeiner von ihnen den langen Fluchtweg seelischunbeschadet durchlebt hat. Ihnenmuss beson-dereFürsorgezukommen.

„Unbegleitete Minderjährige gehören zu derschutzbedürLigsten Personengruppe überhaupt.Sie sind mit die gefährdetste Gruppe der Men-schen auf der Flucht. Ohne elterliche FürsorgegelangensiealleinenachEuropa.NachihrerAn-kunL inDeutschland ist der Staat in der Pflicht,

TraumaYsierteSchülerausMigrantenfamilien-ProblemeundUnterstützungsbedarf-Dr.WolframHoffmann,Psychotherapeut

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TraumaYsierteSchülerausMigrantenfamilien-ProblemeundUnterstützungsbedarf

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dasKindeswohlzugewährleisten.SeineAufgabeistes,dieseKinderundJugendlichenbestmöglichzu schützen. In Deutschland ist die Kinder- undJugendhilfe für die Versorgung, Betreuung undden Schutz von unbegleiteten Minderjährigenzuständig. UnbegleiteteMinderjährige haben inden Einrichtungen der Kinder- und JugendhilfeeinengesichertenSchutzraum.“ 20

Esistdavonauszugehen,dasseingroßerTeildergeflüchteten jungen Menschen aus den Kriegs-gebieten Syriens undAfghanistans trauma^siertist. Ein posVrauma^sches Belastungssyndrom(ICD k10 F 43.1) sollte aber nach allen Erkennt-nissenderPsychotherapieumgehendbehandeltwerden, um die vorgesehene Integra^on einesJugendlichen nicht massiv zu behindern. DieseKinderundJugendlichenspielendabeieineganzbesondereRolle,dadieseStörungenlebenslangepsychischeProblemeverursachenkönnen,wennsieunbehandeltbleiben.

DieBundespsychotherapeuten-undderBundes-ärztekammerhat einModellprojekt fürdieVer-sorgung psychisch kranker Flüchtlinge vorge-schlagen (s. Literaturhinweise und Links), gehtdarin aber nicht speziell auf minderjährigeFlüchtlinge ein. Deren (finanzielle) Versorgungerfolgt durch die Kinder- und Jugendhilfe undwird im Wesentlichen durch die Änderungenvom1.11.2015imSGBVIIIgeregelt.

EinepsychologischeBetreuung von (unbegleite-tenoderbegleiteten)Kindernund Jugendlichenund die nö^gen psychologischen Hilfen durch

Fachleutesindunerlässlich.VieleausdieserPro-blemgruppe werden wohl längere Zeit unterposVrauma^schen Belastungsstörungen leiden.Für den professionell angemessenen UmgangdamitgibtesjedochnichtgenügendKinder-undJugendlichenpsychotherapeuten. Das Problemwird zwar gesehen, eine flächendeckende Lö-sungistabernichterkennbar.

Einganzwich^gerPunktistdieEinbeziehungvonqualifizierten Dolmetschern (besonders für Ara-bischundFarsi) ,dadieFlüchtlingemeistnicht21

Deutsch (o+ auch nicht Englisch) sprechen. DieSorgeumdieunbegleitetenKinderundJugendli-chennimmtdabeieinenbesonderenStellenwertein;siemüssenalsbesondersvulnerabelgelten,da ihnendieEinbindungundderSchutzderFa-milie fehlen. Die Aufnahme in den Bundeslän-dernsollteamKindeswohlunddembesonderenSchutzbedürfnis von unbegleitetenminderjähri-genFlüchtlingenausgerichtetsein.Auchauslän-discheKinderundJugendlichemüssenAnspruchauf Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe ha-ben,dasbedeutet,dasssiebeispielsweiseeinenHortbesuchenkönnenoderanSportangebotender Jugendarbeit teilnehmen können. Dabei isteswich^g,dassentwederderDolmetscheroderder Psychotherapeut auch den kulturellen undreligiösen Hintergrund des jugendlichen Pa^en-tenundseinerFamilierich^geinordnenkann.

EinzweiterAspekt istdieSchaffungmul^moda-lerVersorgungsangebote,dieaufeinanderabge-s^mmtegestu+epsychotherapeu^scheundme-dizinischeModuleenthalten.ZufördernistdabeiauchderEinsatzvonKindern-undJugendlichen-psychotherapeuten,speziellvorbereiteterSchul-psychologen und Fachärzte für Kinder- und Ju-gendpsychiatriefürdieVersorgungvonunbeglei-tetenminderjährigenFlüchtlingen.Insbesondereist dabei ein sogenanntes „Transi^onsmanage-ment“nachdemErreichendes18.Lebensjahresvorzusehen,beidemdieBegleitungbeimÜber-gang in den Beruf und das Alleinleben in einereigenen Wohnung durch entsprechende Fach-leute gesichert wird, damit diese Zielgruppe

https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/04/2016-04-11-vermisste-minderjaehrige-fluechtlinge.html20

Die Kosten dafür werden bisher nicht übernommen. Bei Behördengängen wird oft erwartet, dass Dolmetscher mitgebracht werden. 21

Im Integrationsgesetz vom 07.07.2016 sind keine Leistungen für Übersetzer vorgesehen.

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nicht aus einem sehr behüteten SeÑng in Le-bensbedingungen entlassen werden, bei denensie völlig allein gelassen sind. Dabei ist zu for-dern, dass die begonnenen Behandlungs- undBildungsmaßnahmen fortgesetzt werden undnicht mit Erreichen der Volljährigkeit mit dem18. Lebensjahr aus fadenscheinigen Gründenvorschnellbeendetwerden.

Schulpsychologinnen und Schulpsychologen alsschulische„Ersthelfer“

Bei der bisherigen Versorgung besteht gegen-wär@g in einigen Regionen Bayerns ein erhebli-cherMangel.

BeiderVersorgungder jungenFlüchtlingekönn-tennunSchulpsychologinnenundSchulpsycholo-gen ins Spiel kommen: Sie könnten, da Kinderund Jugendliche von Anfang an umgehend be-schultwerdensollen,ersteAnsprechpartnersein,stellensiedochfürdieeingeschultenFlüchtlingeeine niedrige Zugangsschwelle dar. Sie sind fürdiejeweiligenSchülerinnenoderSchülerleichtzuerreichen und können die Betreuung dort über-nehmen,wo–wiebekannt ist–nichtgenügendKinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zurVerfügungstehen.

DafürmüsstenaberzweiVoraussetzungengege-bensein.DurchFortbildungsveranstaltungenundSupervisionsangebote könnten berufserfahreneSchulpsychologen auf diese besondere Aufgabevorbereitet werden. Zusätzlich müssten ihnenAnrechnungsstunden zugeschrieben werden ,22

damit sie sich auch zeitlich auf diese Aufgabeeinstellenkönnten.

LiteraturhinweiseundLinksDiemedizinischeundpsychotherapeu^scheVer-sorgung von Asylbewerbern ist grundlegend imAsylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) (Link)geregelt.DieseVersorgungerscheint jedochun-zureichend. Sowohl Bundestherapeutenkammerals auch Bundesärztekammer machen sich füreine bessere Versorgung stark. Sachverständige

wie einige Opposi^onsparteien sehen ebenfallsHandlungsbedarf, wie bei einer Anhörung zurmedizinischen Versorgung für Flüchtlinge am08.06.2016 im Bundestag deutlich wurde. EinBericht zu dieser Anhörung findet sich auf derNachrichtenseitedesBundestags:

(Link:Nachrichtenseite).

Bundesärztekammer(BÄK):

hVp://www.bundesaerztekammer.de/.

Weitere Hinweise zur Versorgung von Flüchtlin-gen:Link:VersorgungvonFlüchtlingen

EinenÜberblicküberdas vonBPtKundBÄKer-arbeiteteModellgibteinePressemiVeilung: Link:PressemiVeilung

LinkzumModellprojekt:Link:Modellprojekt

Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK):hVp://www.bptk.de/

Die BPtK hat einen „Ratgeber für Flüchtlingsel-tern. Wie helfe ich meinem trauma^siertenKind?“erstellt.DerRatgeberinformiertdarüber,wiesichtrauma^sierteKinder jenachAlterver-haltenundzeigtanvielenkonkretenSitua^onen,wieElternrich^greagierenkönnen.

Es liegt auch eine arabische und eine englischeVersionvor.

Link:Link:Ratgeber

Hinweis der „Psychologie für die Schule“-Re-dakYon:DieserRatgeberkönnteauchfürLehr-kräVevonInteressesein.

Bundesvereinigung Verhaltenstherapie im Kin-des-undJugendalter(BVKJ)e.V.(BVKJ)

Der NewsleVer 1-2016 enthält einen BerichtübereinInterviewmitderKinder-undJugendli-chenpsychotherapeu^nSimoneWasmer,diedieKinder- und Jugendabteilung des Behandlungs-zentrum für Folteropfer e.V. im Zentrum ÜBER-LEBENinBerlinleitet,zumThema„Psychosoziale& psychotherapeu^sche Versorgung minderjäh-riger Flüchtlinge“. Diese Einrichtung istMitgliedder bundesweitenArbeitsgemeinscha+ der Psy-chosozialenZentrenfürFlüchtlingeundFolterop-fer(www.baff.de)

In Bayern sind staatliche Schulpsychologinnen und Schulpsychologen immer auch Lehrkräfte, die auf ihr Stundensoll sogenannte 22

Anrechnungsstunden für die schulpsychologische Tätigkeit bekommen. Die Zahl der Anrechnungsstunden variiert – z. T. in Abhän-gigkeit von der Schulart – von zwei bis zwölf Stunden. (vereinfachte Darstellung)

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LinkzumNewsleVer:

Link:NewsleVer

LinkzumInterview:

Link:InterviewMetzner,F.,Reher,C.,Kindler,H.,Pawils,S.(2016).

Psychotherapeu^sche Versorgung von begleite-

ten und unbegleitetenminderjährigen Flüchtlin-

gen und Asylbewerbernmit Traumafolgestörun-

gen inDeutschland. In: BundesgesundheitsblaV,

Mai2016,Band59,Nr.5:642-651.

Link zu dieser Ausgabe des Bundesgesundheits-

blaVesmitweiteren Ar^keln zur Versorgungssi-

tua^onvonFlüchtlingen:

Link:BundesgesundheitsblaV

LinkzurZusammenfassungdesAr^kels:

Link:Springer-Verlag

InderZusammenfassungwirdu.a.deutlich,dass

−miteinerweiterenZunahmevonminderjährigen

Flüchtlingenzurechnenist,

−viele von diesen in ihrer Heimat oder während

der Flucht trauma^sche Erfahrungen gemacht

haben,

−psychische Erkrankungen bei Nichtbehandlung

chronischwerdenkönnen,

−die psychotherapeu^sche Behandlung vor allem

in spezialisierten psychosozialen Behandlungs-

zentrenerfolgt,

−niedergelassene Therapeuten nicht über „evi-

denzbasierten Behandlungsmethoden für die

dolmetschergestützte Psychotherapie von min-

derjährigenFlüchtlingenundAsylbewerbern,die

auch deren Entwicklungsstand berücksich^gen“

verfügen. 45

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Gabriele Schmid-Mühlbauer unterstützt als Di-plompsychologinanderSchlaU-SchuledieArbeitder Lehrkrä+e und SchulsozialarbeiterInnen. ZuihrenAufgabengehörenEinzelfallarbeitundKri-seninterven^on. Sie führt psychodiagnos^scheGesprächemit den SchülerInnen durch, erstelltpsychologische Stellungnahmen und vermiVeltSchülerInnenanexterneFachstellenwieKlinikenund PsychotherapeutInnen. Außerdem entwi-ckeltsie–inengerKoopera^onmitdenpädago-gischen Fachkrä+en – Förderpläne und Unter-stützungsmaßnahmen für die SchülerInnen derSchlaU-Schule und bietet in den KlassenWork-shops an, beispielsweise zur Förderung der so-zialenKompetenz.

Frau Schmid-Mühlbauer, Sie kümmern sich ander SchlaU-Schule um denWissenstransfer ei-nes psychologischen Grundverständnisses undMaßnahmen indenSchulalltag,diezumGelin-gen des Unterrichts für junge Geflüchtete bei-tragen.Wasbedeutetdas?

GabrieleSchmid-Mühlbauer:IcharbeiteengmitdemTeamderLehrkrä+eundSchulsozialarbeiterund Schulsozialarbeiterinnen zusammen, umunsereKlassenodereinzelneSchülerundSchü-lerinnenentsprechendder jeweiligenBedürfnis-se zu begleiten. Ziel ist individuelle BetreuungwieauchFörderung,damitdieSchülerundSchü-lerinnen bestmöglich lernen können. Die Be-dürfnisseanpsychologischerUnterstützungsinddabeivielfäl^gundsitua^onsabhängig.

InwelchenSituaYonenwerdenSieakYv?

Gabriele Schmid-Mühlbauer:NebenKriseninter-ven^onenbeispielweisebeiKonfliktenzwischenSchülern und Schülerinnen einer Klasse werdeich bei psychischen Problemen eines Schülersoder einer Schülerin ak^v, die zu schulischenProblemen oder zu Problemen im Alltagslebenführen. Meist werden zunächst die Lehrer und

Lehrerinnen aufmerksam,weil ein Schüler odereine Schülerin häufig fehlt, ständig zu spät zumUnterricht erscheint oder den Unterricht stört.Hinter diesen störenden und auffälligen Verhal-tensweisenkönnenz.B.Schlaf-undKonzentra^-onsstörungenodereine innereUnruheundAn-spannung aufgrund trauma^scher Erlebnissestecken.

MitwelchenThemenkommendieSchülerundSchülerinnenzuIhnen?

Gabriele Schmid-Mühlbauer: Aufgrund derFluchterfahrungen und aktuellen Lebensum-ständeunsererSchülerundSchülerinnenspielenTraumafolgestörungen, Depression und soge-nannte somatoforme Störungen – das sind Stö-rungen, die sich körperlich äußern, z.B. Kopf-oderBauchschmerzen,aberdurcheineUntersu-chung beim Haus- oder Facharzt organmedizi-nischnichtausreichenderklärtwerdenkönnen–einewich^ge Rolle. Diese stehen aber nicht al-lein. Ich beschä+igemich ebensomit der Lern-förderungundvermiVledenSchülernundSchü-lerinnenLerntrainingsmitunserenexternenKo-opera^onspartnern oder bespreche mit ihnenStrategienzurBewäl^gungvonStress.

WiegehenSieinderEinzelfallarbeitvor?

Gabriele Schmid-Mühlbauer: Schülergesprächesindeinwich^gerTeilmeinesArbeitsalltags,wo-beiichhäufigdieersteAnlaufstellebin.Zunächstführeichdiagnos^scheGespräche,umdenSchü-ler oder die Schülerin kennenzulernen, um dasProblem besser zu verstehen und einzuordnenund um den Handlungsbedarf zu ermiVeln. O+geht es dann um Stabilisierung undAk^vierungvonRessourcen,nichtTherapie.BeiTherapiebe-darf vermiVle ich die Schüler und Schülerinnenanexternepsychiatrischeoderpsychotherapeu-^scheFachstellenundbahnedenErstkontaktan.VieleJugendlichehabennochkeineKrankenkas-

StabilisierungundRessourcenakYvierung–SchulspsychologieanderSchlaU-SchulefürjungeGeflüchteteInterview:VerenaKratzer

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StabilisierungundRessourcenakYvierung-SchulpsychologieanderSchlaU-Schule

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senkarteundmüssensichfürBehandlungenso-genannte Krankenscheine beim Amt holen. BeiderBeantragungvonTherapienfürdiesejungenMenschen unterstütze ich durch psychologischeStellungnahmen, um die Indika^on und Dring-lichkeitfüreineBehandlungherauszustellen.

Sie kontakYeren externe Fachstellen, arbeitenaberauchimTeamengzusammen.WiewichYgistdas?

Gabriele Schmid-Mühlbauer: Um individuelleLösungenzufinden,einen reibungslosenAblaufzuermöglichenundRessourcenaufMitarbeiter-ebene zu schonen, sind ein interdisziplinärerAustausch und Zusammenarbeit wich^g. WennmichderjeweiligeSchüleroderdieSchülerinvonderSchweigepflichtentbindet, spreche ichmichmitmeinenKolleginnenundKollegen,aberauchExternen wie den Jugendhilfe-Betreuer/innenderJugendlichenab.

Waszeichnet ihreArbeitmit jungenGeflüchte-tenaußerdemaus?

Gabriele Schmid-Mühlbauer: Sprachsensibilitätist ein wesentlicher Faktor der Arbeit an derSchlaU-Schule,auchderpsychologischenArbeit.Esistmirwich^g,denSchülernundSchülerinnengenauzuerklären,wasbeispielsweiseSchweige-pflicht bedeutet undwas die Unterschiede zwi-schen psychiatrischen und psychotherapeu -̂schen Einrichtungen sind. Falls nö^g, ziehe icheinen Dolmetscher oder eine Dolmetscherinheran. Die SchlaU-Schule bietet Stabilisierungund eine enge individuelle Betreuung, dabei isteswich^g,dieSelbstwirksamkeitunddieSelbst-ständigkeitderJugendlichenzufördern.Essen -̂ellbeiunsererArbeit istes,daseigeneHandelnunddasHandelnimTeamzureflek^eren.

WiebindenSieReflexionundAustauschalsfes-tesElementinIhrenArbeitsalltagein?

Gabriele Schmid-Mühlbauer: Ein bedeutsamesElement unserer Arbeit ist die Supervision. Nurdurch die Möglichkeit, sich regelmäßig, zeitnahund vertrauensvoll im Team, zusammenmit ei-ner externen Supervisorin und deren neutralenBlick auszutauschen, können Unsicherheiten,Frustra^on und dysfunk^onale Dynamiken imTeam verstanden und aufgelöstwerden. Vor al-lemwennUns^mmigkeiten zwischendenKolle-

ginnenundKollegenzueinemFallbestehenodermandasGefühlhat, sichumsich selbst zudre-hen, ist der Impuls einer externen Beratung inder Supervision sinnvoll. Im Team besprechenwirallesechsbisachtWocheninFallsupervisio-nenEinzelfälleundstärkensounserenfachlichenBlick, unsereHaltung imTeamundunseren Zu-sammenhaltimKollegenkreis.

GabrieleSchmid-Mühlbauer

Foto:Privat

KurzporträtGabrieleSchmid-Mühlbauer,Dr.phil.,Dipl.-Psych.

Studium der Psychologie (Diplom) an der Lud-wig-Maximilians-Universität inMünchenundander Humboldt-Universität in Berlin. Promo^onan der Universität Basel/Schweiz im BereichEntwicklungspsychologie. Langjährige Tä^gkeitimBereichKlinik,Wissenscha+undLehreanderKlinik für InnereMedizin mit Schwerpunkt Psy-chosoma^k, Charité Universitätsmedizin, BerlinsowieanderKlinik fürPsychosoma^scheMedi-zinundPsychotherapie,KlinikumrechtsderIsar,Technische Universität, München. Aktuell nochinWeiterbildungzurPsychologischenPsychothe-rapeu^n (Verhaltenstherapie) für Erwachsene,Kinder und Jugendliche. Schwerpunkte im Be-reich Entwicklungs- und klinische Psychologiesowie psychologisch/psychotherapeu^sche As-pektenachFluchtundMigra^on.

WassteckthinterSchlaU?SchulanalogerUnterrichtfürjungeGeflüchtete

Der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. unter-stütztjungeFlüchtlingeimAltervon16bis21(inAusnahmefällen 25) darin, ihr Menschenrechtauf Bildung und Schule wahrzunehmen und ander Gesellscha+ teilzuhaben. Die SchlaU-Schule

StabilisierungundRessourcenakYvierung-SchulpsychologieanderSchlaU-Schule

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des Vereins begleitet seit dem Jahr 2000 jungeGeflüchtete von der Alphabe^sierung über denstaatlichenSchulabschlussbis zumAusbildungs-abschluss.Seit2004istdieSchlaU-SchulealsBe-rufsförderungseinrichtunggemäßArt.36Abs.1,S.1,Nr.3,BayEUGanerkannt.Aktuellbesuchenetwa 320 SchülerInnen die Alphabe^sierungs-,Grund-, MiVel- und Abschlussstufe der SchlaU-Schule. 2016 absolvierten 90 SchülerInnen denErfolgreichen beziehungsweise QualifizierendenMiVelschulabschluss oderMiVlerenBildungsab-schluss. Die Abschlussquote liegt derzeit bei 97Prozent.Etwa100Alumnibesuchennach ihremSchulbesuch jährlich das Nachbetreuungspro-gramm SchlaU – Übergang Schule-Beruf wäh-rend ihrer Ausbildung oder ihres weiterführen-denSchulbesuchs.

Quelle:TrägerkreisJungeFlüchtlingee.V.

DieSchlaU-Schulebeschä+igtetwa45Lehrkräf-teunterschiedlicherFachrichtungenundSchular-ten,achtSozialpädagogInnenundeineSchulpsy-chologin. Rund 200 Ehrenamtliche unterstützendie Schule, die vor allem in der Nachhilfe tä^gsind.DieFinanzierungderSchuleberuhtaufei-ner Mischfinanzierung zwischen öffentlichenMiVeln, S^+ungsmiVelnundnicht zweckgebun-denenSpenden.

Die SchlaU-Schule versteht Schule als sicherenOrtund RaumdesgemeinsamenLernens,derPersönlichkeitsentwicklung fördert und Zu-kun+schancen eröffnet. Die unterschiedlichenLebenswege und Lernbiografien der SchülerIn-nen erfordern eine individuelle Begleitung. ImUnterschied zur Regelschule setzt das SchlaU-Konzept deshalb auf ein durchlässiges Klassen-stufensystem und geringe Klassenstärken vonmaximal16LernendenproKlasse.DasLehrprin-

zip „Jede/n dort abholen, wo er/sie steht“ unddie intensivepsychosozialeBetreuungbietetge-regelteAlltage, klare Regeln und starke Bezugs-personenalssichereGrundlage,umsichinihremneuenLebensabschniVzurechtzufinden.

Im Zentrum der Lehre steht der Erwerb derdeutschenSprache.ZusätzlichzumUnterricht inDeutschalsZweitspracheerhaltendieSchülerIn-nen Fachunterricht, der sich neben dem Rah-mencurriculumbayerischerMiVelschulenandenLebenswirklichkeiten der SchülerInnen orien-^ert.DerUnterricht ist sprach-undkultursensi-belkonzipiert.DasFachMathema^kistausdemKlassenverbundausgegliedertundwirdineinembegleitendenKurssystemunterrichtet.

WeitereInforma^onenunter:

www.schlau-schule.de

16JahrePraxiserfahrunginderBildungsarbeitmitjungenGe-flüchtetenDie SchlaU-WerkstaV für Migra^onspädagogikagiert unter dem Dach des Trägerkreis JungeFlüchtlinge e. V. als unternehmenseigenes Ins^-tut.GegründetimJanuar2016werdendieErfah-rungendervergangenen16JahreBildungsarbeitinderMigra^onsgesellscha+undimSchulanalo-genUnterrichtfürJungeFlüchtlingemul^pliziert,indem auÇauend auf bestehender, aber auchselbst durchgeführter Forschung konkrete Pro-blemlösungenerarbeitetwerden.Zudeneinzel-nenTä^gkeitsbereichenderSchlaU-WerkstaVfürMigra^onspädagogik zählen neben der For-schungsarbeit die Herausgabe einer umfangrei-chen Materialreihe für den Unterricht mit neuzugewandertenJugendlichensowieeinfaceVen-reiches Fortbildungsangebot und die fachlicheBegleitung der einzelnen Fachbereiche derSchlaU-Gruppe inFragenderWeiterentwicklungundQualitätssicherung.

WeitereInforma^onenunter: www.schlau-werkstaV.de

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StabilisierungundRessourcenakYvierung-SchulpsychologieanderSchlaU-Schule

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Literatur

BücherundBroschürenBerliner Senatsverwaltung für Bildung, Wissen-

scha+ und Forschung (Hrsg.) (2010). Islam und

Schule.HandreichungfürLehrerinnenundLehrer

anBerlinerSchulen.2.erw.Aufl.

LinkHandreichung

Borde, T., David,M. (Hrsg.) (2007):Migra^onund

seelische Gesundheit, Psychische Belastungen

undPotenziale.Frankfurt:MabuseVerlag

Braun,F.&Lex,T.(2016).BeruflicheQualifizierung

vonjungenFlüchtlingeninDeutschland.EineEx-

per^se.München:DeutschesJugendins^tute.V.

Braun, F.& Lex, T. (2016). Zur beruflichenQualifi-

zierung von jungen Flüchtlingen. Ein Überblick.

München:DeutschesJugendins^tute.V.

Bundeskoordina^on Schule ohne Rassismus –

SchulemitCourage(Hrsg.)(2015).Islam&Schule

Das Handbuch für Pädagog*innen. Aktualisierte

Fassung

LinkHandbuch

Bundesregierung. Beau+ragte für Migra^on,

Flüchtlinge Integra^on (Hrsg.) (2016).Einwande-

rungslandDeutschland.DieFaktenimÜberblick.

Link:FaktenimÜberblickBundesregierung. Bundesministerium des Innern

(Hrsg.) (2015).Willkommen inDeutschland– In-

forma^onenfürZuwanderer(deutsch).

Link:Informa^onenfürZuwandererBundesregierung. Bundesministerium für wirt-

scha+liche Zusammenarbeit und Entwicklung

(Hrsg.)(2016).Perspek^venfürFlüchtlingeschaf-

fen.Fluchtursachenbekämpfen,Aufnahmeregio-

nen,Flüchtlingeunterstützen.

Link:MaterialDimo Zito. Traumatherapie mit jungen Flüchtlin-

gen. In: Petra Dieckhoff (Hrsg.) (2010). Kinder-

flüchtlinge. Theore^scheGrundlagen und beruf-

lichesHandeln.Heidelberg:SpringerVSVerlagfür

Sozialwissenscha+en.S.125-140

Dollase,R.,Kliche,T.,Moser,H.(Hrsg.)(1999).Poli-

^schePsychologiederFremdenfeindlichkeit.Op-

fer – Täter –MiVäter.Weinheim,München: Ju-

venta

Genkova, P., Ringeisen, T., Leong, F. T. L. (Hrsg.)

(2013). Handbuch Stress und Kultur. Interkultu-

relle und kulturvergleichende Perspek^ven.

Wiesbaden:Springer

Ins^tutfürPädagogikundSchulpsychologie(Hrsg.)

(2013). Schule interkulturell.Geschichte–Theo-

rie–pädagogischePraxis amBeispielNürnberg.

Würzburg:EchterVerlag

Kaddor,L.(2016).DieZerreißprobe.WiedieAngst

vor dem Fremden unsere Demokra^e bedroht.

Berlin:Rowohlt

Kizilhan, J. (2007). Interkulturellemedizinisch-psy-

chologische Begutachtung: Kulturspezifische Be-

sonderheiten bei Migranten mit einer PosVrau-

ma^schen Belastungsstörung. In: Trauma und

Gewalt.02/2007,S.232-239

Kizilhan, J., Beremejo, I. (2009).Migra^on, Kultur,

Gesundheit. In: Bengel, J., Jerusalem,M. (Hrsg.)

(2009). Handbuch der Gesundheitspsychologie

undMedizinischen Psychologie.GöÑngen:Hog-

refe.S.509-518

Kizilhan, J. (2010). Migra^on, Iden^tät und Ge-

sundheit.In:Familiendynamik.2010,35(1), S.50-59

Kreis Borken - Regionale Schulberatungsstelle

(Hrsg.)(2015).Flüchtlingskinder.Schulealssiche-

rerOrt.

Link:Handbuch

Kumbier, D. & Schulz von Thun, F. (Hrsg.) (2006).

Interkulturelle Kommunika^on: Methoden, Mo-

delle, Beispiele. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt

TB,5.Aufl.2011

LiteraturundLinks

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GeflüchtetejungeMenschenalsLernendeLiteraturundLinks

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Machleidt,W., Heinz, A. (Hrsg.) (2010). Praxis der

interkulturellen Psychiatrie und Psychotherapie.

Migra^onundpsychischeGesundheit.München:

UrbanundFischerVerlag

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-

WürVemberg (Hrsg.) (2015). Flüchtlingskinder

und jugendliche Flüchtlinge in der Schule. Eine

Handreichung. 2. veränderte Aufl. November

2015

Link:Handbuch

OSZE-Büro für Demokra^sche Ins^tu^onen und

Menschenrechte(Hrsg.).PädagogischerLeiwaden

zurBekämpfungvonDiskriminierungundIntole-

ranz gegenüber Muslimen – Mit Bildungsarbeit

gegenIslamophobie(76Seiten)

Link:Leiwaden

Schmidt-Salomon,M.(2016).DieGrenzenderTole-

ranz.WarumwirdieoffeneGesellscha+verteidi-

genmüssen.München/Berlin:Piper

Schneider, J. (2014). Genera^onMix. Die superdi-

verseZukun+unsererStädteundwaswirdaraus

machen.Münster:WaxmannVerlag

Schweizer,G. (2016). Islamverstehen.Geschichte,

KulturundPoli^k.StuVgart:KleV-CoVa

Thomas, A., Kinast, E.-U., Schroll-Machl, S. (Hrsg.)

(2003). Handbuch interkultureller Kommunika^-

on und Koopera^on. 2 Bde.: Bd. 1: Grundlagen

undPraxisfelder, Bd. 2: Länder, Kulturenund in-

terkulturelle Berufstä^gkeit. GöÑngen: Vanden-

hock&Ruprecht.2.überarb.Aufl.2005

Toprak, Ahmet (2015). Muslimische Familien in

Deutschland.Sozialisa^on,Erziehung,Geschlech-

terrollen.In:Blaschke-Nacar,G.&Hößl,S.(Hrsg.)

(2015). Islam und Sozialisa^on. Wiesbaden:

Springer-Verlag,S.175-196

Toprak, A., El-Mafaalani, A. (2016). Muslimische

Kinder und Jugendliche in Deutschland. Lebens-

welten,Denkmuster,Herausforderungen.St.Au-

gus^n/Berlin.2.,kompleVneuüberarb.Aufl.

Toprak, A., Weitzel, G. (2016). Deutschland, das

Einwanderungsland. Wie die Integra^on junger

Geflüchteter gelingen kann. Wiesbaden: Sprin-

gerVS

Unfallkasse Nordrhein-Weswalen (Hrsg.) (2015).

Flüchtlingskinder und jugendliche Flüchtlinge in

Schulen, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen

(Die Broschüre enthält Informa^onen für päd-

agogisches Personal über dieAuswirkungen von

Trauma,TrauerundvomLebenineinerfremden

Kultur.)

Link:Broschüre

Wogau, R. (Hrsg.) (2004). Therapie und Beratung

vonMigranten. Systemisch-interkulturell denken

undhandeln.Weinheim:Beltz

FilmeDokumentarfilm„Neuland“vonAnnaThommen.Informa^onen:

Link:Film

Kri^k: hVp://www.epd-film.de/filmkri^ken/neu-land

FilmezumThemaIslamunter:

Link:Filme

Medienprojekt Wuppertal (Hrsg.). Muslimfeind-lichkeit: Eine Filmreihe über an^muslimischenRassismus.Bezugunter:

Link:Filmreihe

MaterialienfürdieSchuleBundesregierung: Schulbuchstudie Migra^onundIntegra^on

Link:Schulbuchstudie

SprachförderunginderSchule

- ISB-Handreichung MitSprache fördern: ErsterBand: Formale Sprachbeherrschung und Aus-druckskompetenz

- ISB-HandreichungMitSprache fördern:ZweiterBand:Schreib-undLesekompetenz

- Leisen, Josef: Handbuch Sprachförderung imFach. Sprachsensibler Fachunterricht in der Pra-xis,KleV-Verlag,2013.

=> siehe auch weitere Ideen und MaterialienzumDownloadunter:www.josefleisen.de

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GeflüchtetejungeMenschenalsLernendeLiteraturundLinks

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- Deutsch als Zweitsprache. Sprache gezielt för-dern,SchroedelVerlag,2011.

-Hoffmann,Reinhild;Weis,Ingrid:Lehrerbüche-reiGrundschule:DeutschalsZweitsprache-alleKinderlernenDeutsch:Sprachenlerneninmehr-sprachigenLerngruppen.Praxisorien^erteAnsät-ze der Sprachförderung. Für alle Jahrgangsstu-fen,CornelsenVerlag,2011.

Deutsch-EinstufungstestsdesGoethe-Ins^tuts:

Link:Einstufungstest

Lektüren

Arrival Aid. Empfehlungen im NewsleVer Okto-ber2016:

• FabioGeda:"ImMeerschwimmenKrokodile"-EinewahreGeschichte.KnausVerlag,München2011

• WolfgangBauer:„ÜberdasMeer-MitSyrernauf der Flucht nach Europa“. edi^on Suhrkamp2014

Link:ArivalAid

Neulande.V.:NeuLandZeitung

Link:Neulandzeitung

Die NeuLandZeitung dient als Sprachrohr ge-flüchteter Menschen und Migranten. Hier sindsie selbstdieAutoren. IhrenThemensindkeineGrenzengesetzt.

Blicktausch.Flüchtlingeerzählen.DerBlogeinesarabisch sprechenden Helfers, der geflüchtetenMenscheneineS^mmegibt:hVp://blicktausch.-com/

Vorträge

Munz, D.: Versorgung psychisch kranker Flücht-linge

Link:Vortrag

ZeitschriVen-undZeitungsarYkel

Islam:

Link:SüddeutscheZeitung

Toprak, A. (2016). Von gegensätzlichen Wertenund Erwartungen. Zur Passung von Schule undElternhäusern. In:MagazinSchüler–WissenfürLehrer. Themenschwerpunkt Werte. Seesen:

Friedrich-Verlag.2016.

Link:Friedrich-Verlag

Schneider, Jens (2015). Flüchtlingspoli^k: Inte-grierenwieeinrich^gesEinwanderungsland. In:FrankfurterRundschau,06.10.2015

Link:FrankfurterRundschau

ZeitschriVen/Zeitungen

Ins^tut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik(Hrsg.).Migra^onundSozialeArbeit.

Link:ISS-FFM

Neulande.V.:NeuLandZeitung

Link:Neulandzeitung

Die NeuLandZeitung dient als Sprachrohr ge-flüchteter Menschen und Migranten. Hier sindsie selbstdieAutoren. IhrenThemensindkeineGrenzengesetzt.

Trauma.Zeitschri+ fürPsychotraumatologieundihreAnwendungen(früherZeitschri+fürPsycho-traumatologie und Psychologische Medizin(ZPPM))

Link:Zeitschri+

Themenschwerpunkt: Trauma^sierung bei Kin-dern – Entwicklungslinien der Diagnos^k undTherapie.ZPPM,Jg.2/2004/He+4

Links/Blogs

Bundesamt für Migra^on und Flüchtlinge(BAMF): Informa^onszentrum Asyl undMigra^-on

Link:BAMF

BDP:ErfolgreichesHilfsprogrammfürFlüchtlinge

Link:BDP

Blicktausch.Flüchtlingeerzählen.DerBlogeinesarabisch sprechenden Helfers, der geflüchtetenMenscheneineS^mmegibt:

Link:Blicktausch

Evangelische Jugendsozialarbeit in Bayern: Ver-zeichnisderJugendmigra^onsdiensteinBayern

Link:Verzeichnis

Interna^onale Organisa^on fürMigra^on (IOM)Deutschland:Link:IOM

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Jugendliche ohne Grenzen (JOG). BundesweiterZusammenschluss von jugendlichen Flüchtlin-gen.

www.jospace.net

GemeinsameErklärungvonKultusministerkonfe-renz,Organisa^onenvonMenschenmitMigra -̂onshintergrundundBildungsmedienverlagen:

Link:KMK

LeMi. Der bundesweit tä^ge Verein stellt vor-handene wissenscha+liche Erkenntnisse undprak^sche Erfahrungen zur Integra^on andererKulturenallenLehrkrä+enzurAnwendunginderSchulebereit.

hVp://www.lemi-ev.de/

LeMi –BayerischesNetzwerk für Lehrkrä+emitMigra^onsgeschichte

hVp://www.lemi-netzwerk.de/

Refugium. Diese Website bietet Informa^onenund Unterstützung für geflüchtete Menschen,derenWohlbefindenbeeinträch^gtist.

www.refugeeum.eu

Sachverständigenrat deutscher S^+ungen fürIntegra^onundMigra^on(SVR)

hVp://www.svr-migra^on.de/

TrägerkreisjungeFlüchtlingee.V.:

hVp://www.schlau-schule.de/

Dazu gehört auch SchlaUWerkstaV fürMigra -̂onspädagogik:

hVp://www.schlau-werkstaV.de/

Zusammenstellung:RedakYonsteam

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Jehle, Bernhard (Hrsg.) (2016).Grundkurs SchulmanagementXIV. Herausforderung Vielfalt –Schule gemeinsam gestalten.Kronach:CarlLink.IngoHertzstell

Das Ins^tut fürPädagogikundSchulpsychologieder Stadt Nürnberg (IPSN) haVe anlässlich des50-jährigen Bestehens des Pädagogischen Ins -̂tuts–heuteTeildes IPSN– imNovember2015zu einer Tagung eingeladen. Der Sammelbandenthält ausgewählte Tagungsbeiträge, die dieVielfaltpädagogischerHerausforderungen,schu-lischer Entwicklungen und kommunaler Gestal-tungsmöglichkeiten in unserer Zeit widerspie-geln. Der dargestellte aktuelle Diskussionsstand– beispielha+e Erfahrungen aus Bayern, Baden-WürVemberg, Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz–berücksich^gtgesellscha+licheUmbrüchewie Globalisierung, Migra^on und Integra^on,Diversität, Digitalisierung oder Umweltaspekte,wiesiesichinderSchuleniederschlagen.WelcheAntwortenkönnenStaatundvorallemKommu-neaufdieFragendesHerausgebers imVorwort(S.VI)geben?

„HerausforderungVielfalt!WasbedeutetVielfaltund worin bestehen die Herausforderungen fürdie Schule?WäreHeterogenität nicht treffenderals Vielfalt? Schule gemeinsam gestalten! DieSchulevorOrtoderdasSystem?Organisa@ons-,Personal- oderUnterrichtsentwicklung?Wer sollbei der Gestaltung von Schule zusammenarbei-ten?“

Die Ausführungen und Antworten der Autorin-nenundAutorenausWissenscha+,Poli^k,Ver-waltungundPraxissindebensovielfäl^gwieun-terschiedlich.DerSchlusssatzvonBernhardJehlebeschreibtdiePerspek^ve:

„Es geht nichtmehr in erster Linie darum, Kin-dern und Jugendlichen Wissen zu vermiVeln.Vielmehrmüssenwirsieallsei^gsostärken,dass

sie sich in einer Zukun+ behaupten und dieseauch mitgestalten können, die unsere heu^genVorstellungenübersteigt.“(S.240)

Ansätze dazu finden sich in diesem Buch, dassichanSchulaufsicht,schulischeFührungskrä+e,Lehrkrä+e, Lehrerbildungsins^tute einerseits,aber auch an Eltern, Schülerinnen und Schülerwendet, und machen es interessant und anre-gend–füralleander Ins^tu^onSchule interes-siertenPersonen.

EinBlickindieFachpresseDr.WolframHoffmann

Durch Förderung der Motorik kann man diegeisYgen Fähigkeiten von ADHS-Schülern för-dern

Die Zeitschri+ „Der Neurologe und Psychiater“berichtetvonStudien,wiemandurchSportundGymnas^k auch wich^ge kogni^ve Fähigkeitendieser Zielgruppeweiterentwickeln kann, in de-nengeradedieseSchülerDefizitehaben.Darauszusammenfassenddiewich^gstenAussagen:

KörperlicheAkYvierungwirkttherapeuYschbeiProblemkindern: Effekte von Bewegung aufexekuYveFunkYonenbeiKindernmitADHS

Die Kernsymptome einer Aufmerksamkeitsstö-rungmithyperkine^schemSymptomäußernsichdurch RuhelosigkeitunddieUnfähigkeit,Ak^vi-tätensteuernund regulierenzukönnen.Außer-dem fällt es diesen Kindern schwer, sich übereinelängereZeitaufAufgabenzukonzentrieren.Es gibt zwar viele bewährte therapeu^sche An-sätze, z.B.Neurofeedback,Ergotherapie,Bewe-gungstherapie/Psychomotorik.Trotzdemstehengenerell die Pharmakotherapie (Ritalin) und dieVerhaltenstherapieimMiVelpunkt.

DieBedeutungderkörperlichenAk^vierungwirdbei der ADHS-Therapie im Allgemeinen zu sehrvernachlässigt,auchwennihreBedeutungschonlängsterkanntist.

Neben den erwähnten Kernsymptomen vonADHS zeigen sichmeist auchDefizite im Lesen/Rechtschreiben,DyskalkulieoderGedächtnisstö-

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rung.Hierfürwerdenvorallemmangelndeexe-ku^ve Funk^onen verantwortlich gemacht.KennzeichnendfürKindermitADHS istzwarzu-meist ihr hyperak^ves, unaufmerksames undimpulsives Handeln. Aber auch kogni^ve Defizi-te,diesichaufmangelndeexeku^veFunk^onenzurückführen lassen, gehören zu den Sympto-meneinesADHS.SportundweiterekörperlicheAk^vierungenkönnennachweislichdabeihelfen,dieseexeku^ven Funk^onenzuverbessernunddieAufmerksamkeitzusteigern.

Obwohl bei ADHS-Schülern o+mals gravierendeEinschränkungen in der Grob- und Feinmotorikfestgestelltwerden, finden imRahmender the-rapeu^schen Versorgung meist nur die kogni -̂ven Defizite Beachtung, die häufig mit schuli-schen Problemen verbunden sind, nicht jedochdie motorischen Defizite. MiVels Pharmakothe-rapie(z.B.Ritalin)oderspeziellerkogni^verTrai-ningseinheiten wird dabei ein Therapieerfolgversucht. Die häufigen Nebenerscheinungen(Appe^tlosigkeit, Einschlafschwierigkeiten etc.)derMedikamente und der geringe Anreiz einesVerhaltenstrainingsschmälernjedochdieAVrak-^vitätfürdieSchülerbeieinersolchenTherapie.

Unterexeku@venFunk@onensindselbstregulato-rische, kogni@ve Prozesse höherer Ordnung zuverstehen, die für selbstständiges, vorausschau-endes Planen und Handeln erforderlich sind.Studien differenzieren die drei wesentlichenFunk@onen: Inhibi@on, Arbeitsgedächtnis undkogni@veFlexibilität.

ADHS-Schüler haben erfahrungsgemäß Ein-schränkungen in diesen Bereichen. Aufschluss-reicheStudienzeigenindiesemZusammenhang,dasssichdurchkörperlicheAk^vitätdieexeku -̂ven Funk^onen bei dieser Schülergruppe, aberauchbeisymptomfreien,gesundenKindernstei-gernlassen.MitHilfeeinerspeziellenTest-BaVe-rie(MovementAssessmentBaVery)werdenmo-torische Fähigkeiten erfasst, nach Einsatz ver-schiedener körperlicher Ak^vierungsmethodenlassen sichVerbesserungendesArbeitsgedächt-nisses erkennen. Es zeigt sich, dass eine deutli-che Korrela^on zwischen der Gesamtmotorikund den Leistungen des Arbeitsgedächtnissesbesteht. Besondere Erfahrungen wurden bei

Handgeschicklichkeit, Ballfer^gkeit undBalance-haltengemacht.DieS^mula^onvonhirnorgani-schen Prozessen spielt dabei offensichtlich eineRolle. Ergänzend dazu erfolgte bei den KindernundJugendlichendieentsprechendePsychoedu-ka^on.

AufprivaterEbenesollteeszunächstdieAufga-bederElternsein,denKindernSpaßundFreudeankörperlicherAk^vitätzuvermiVelnundsiezugrob-oderfeinmotorischenTrainingszumo^vie-ren.KindersolltenabervondenElterndazuge-zielt angeleitet und gefördert werden. Hierzukönnte man auch die Zusammenarbeit mit ei-nemSportvereinsuchen.Idealwäreeinmindes-tens 60-minü^ges Training pro Woche. Beson-derswirksamwarenbeiADHS-Pa^entenKleVer-kurse an KleVerwänden wegen der Förderungvon Handmotorik, Balance, Körperkoordina^on,Beobachtung,Wahrnehmungetc.DerNeurologeundPsychiater,April2016, Jg.17,

Nr.4,S.30

VierbeinergebenneuenLe-bensmutDassderUmgangmitTiereneinebesondereRol-lefürMenschen,besondersfürJugendlichespie-lenkann, istschonseit langembekannt.Pferde,Delfine,KatzenundHundewurdendabei schonmehrfach eingesetzt. Der folgende Beitrag ausder Zeitschri+ „Der Psychiater und Neurologe“berichtet vonder Kynotherapie, der therapeu^-schenVerwendungvonHunden:

EinsatzvonHundenbeiProblemkindern

DerVereinVITAAssistenzhundee.V. verhil+mitseinenGefährtenauf vierPfotenMenschenmitBehinderung oder massiven psychischen Pro-blemen zumehr Lebensqualität. Für dieses En-gagement wurde der Vereinmit dem Preis desCharityAwards2015ausgezeichnet.

EinBeispiel: Ein als TherapiehundausgebildeterRetrieverundseinTrainerMr.Wintersindinzwi-scheneineingespieltesTeam.DerTherapiehundfördertundfordertz.B.einenheute12-jährigenJungen täglich.DurchdenUmgangmitdemAs-sistenzhund hat sich die Feinmotorik des Schü-lersCanentscheidendverbessert,seineKonzen-

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tra^onsfähigkeit ist ebenso ges^egen wie seinSelbstbewusstsein und seine Selbstständigkeit.Der Vater von Can sagt dazu: „Can weiß nun,dasserdochetwaskann“.Tatsächlichbereicherndie sorgfäl^g ausgewählten, bei Paten aufgezo-genen und sozialisierten Hunde nicht nur dasLeben vieler behinderter Jugendlicher, sondernauchdasihrerFamilien.DieHunde–GoldenundLabrador Retriever –, heben heruntergefalleneGegenständeauf, appor^erenklingelndeTelefo-ne,assis^erenbeimAusziehenderKleidungundholenimNowallHilfe.

Der Einsatz dieserAssistenzhundeerscheint be-sonders sinnvoll bei Kindern mit geis^ger, kör-perlicher oder mul^pler Behinderung, bei Ju-gendlichen mit Au^smus, eventuell auch beiADHS-Kindernmit sehr stark ausgeprägter Sym-ptoma^k. Au^s^sche Kinder/ Jugendliche undandere Schüler mit Kontaktproblemen oder so-ziophoben Symptomen, die sich schwer tun imKontaktmit anderenMenschen, finden leichterVertrauenzuHundenalszuPersonen.

DerNeurologeundPsychiater,April2016, Jg.17,

Nr.4,S.19

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PoliYkThomasGehring,MdL,bildungspoli^scherSpre-cherderFrak^onBündnis90/DieGrünen

MarYnGüll,MdL,VorsitzenderdesAusschussesfürBildungundKultus,Bildungspoli^scherSpre-cherderSPD-Landtagsfrak^on

Elke Leo, Nürnberg, Stadtratsfrak^on Die Grü-nen, stellv. Frak^onsvorsitzendeund schulpoli -̂scheSprecherin

Prof. Dr. Michael Piazolo, MdL, Stellv. Landes-vorsitzender und Generalsekretär der FREIENWÄHLERBayern

Dr.AnjaPrölß-Kammerer,Nürnberg,SPD-Stadt-ratsfrak^on, Frak^onsvorsitzende und schulpoli-^sche Sprecherin /AnitaWojciechowski,Nürn-berg, SPD-Stadtratsfrak^on, Mitglied des Schul-ausschussesundgesundheitspoli^sche Spreche-rin

Carolina Trautner, MdL CSU, Mitglied des Aus-schussesfürBildungundKultus

MargitWild,MdL,MitgliedimAusschussfürBil-dungundKultus,VorsitzendederArbeitsgruppeInklusion in der SPD-Landtagsfrak^on, Stellver-tretendeVorsitzendederSPD-Landtagsfrak^on

UniversitätProf.Dr.BarbaraDrechsel,ProfessurfürPsycho-logische Grundlagen in Schule und Unterricht,UniversitätBamberg

Tanja Kagerbauer, Dipl.-Psych., Wissenscha+li-che Mitarbeiterin / Lehrbeau+ragte am Lehr-stuhl für Pädagogische Psychologie und Exzel-lenzforschung der Friedrich-Alexander-Universi-tätErlangen-Nürnberg

MaritaLuger,Dipl.-Psych.,StudentenwerkErlan-gen-Nürnberg, LeiterinPsychosozialeBeratungs-dienste

Prof.Dr.AnneCeScheunpflug,LehrstuhlfürAll-gemeinePädagogik,UniversitätBamberg

Prof.Dr.AstridSchütz, Lehrstuhl fürPersönlich-keitspsychologie und Psychologische Diagnos^k,Personal- und Sozialpsychologie, UniversitätBamberg

SchuleSophia Altenthan, Mitglied des Geschä+sfüh-renden Vorstandes des Verbands der Lehrer anberuflichenSchulenBayern(VLB)

ElisabethBauer,Rektorini.R.

Simone Fleischmann, Vorsitzende des Bayeri-schenLehrer-undLehrerinnenverbands(BLLV)

BernhardJehle,LeiterdesIns^tutsfürPädagogikundSchulpsychologiederStadtNürnberg

Anneliese Jungfer, Diplom Sozialpädagogin, Di-plomSupervisorinDBSH

Dr. Heinz Lehmeier, Leiter des PädagogischenIns^tutsderStadtMünchen

Dr.EdmundNeubauer,LeitenderOberstudiendi-rektor,Ministerialbeau+ragterfürdieGymnasieninOberfranken

HenrikePaede,StellvertretendeVorsitzendedesBayerischenElternverbands

WolfgangSchubert,Oberstudiendirektora.D.

ChrisYneSczygiel/TanjaScherle,LandesverbandLegasthenie&DyskalkulieBayerne.V.(LVL)

UlrichZiegenthaler, LeiterdesAmts fürBerufli-cheSchulenderStadtNürnberg

BarbaraZiegler,MuVer

PsychologischesDenkenundHandelnim LebensraumSchule

C ÜbersichtüberdieAutorinnenundAutorenderStatements

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PsychologischesDenkenund HandelnimLebensraumSchule

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WelcheBedeutungkommtIhrerMeinungnachpsychologischemDenkenundHan-delnimLebensraumSchulezu?WelcheVorstellungenundErwartungenverbindenSiedamit?

PoliYkThomasGehring

Psychologisches Denken und Handeln gehört indie Schule, denn Schule ist nicht nur ein Lern-,sondern immer auch ein Lebensraum. Das giltfür die Halbtagesschule und nochmehr für dieGanztagesschule.SchuleisteinOrt,andemKin-derundJugendliche„ankommen“undsichwohl-fühlen können müssen, mit ihren emo^onalen,psychischen, entwicklungsbedingten Bedürfnis-senwieauchmit ihrenNöten,dievielfäl^gseinkönnen.DieseBedürfnisseundNötemüssenvondenLehrkrä+enimRahmenihrerErziehungsver-antwortungwahr-undernstgenommenwerdenundsiebrauchen,geradewennesumdieNöteder Schülerinnen und Schüler geht, die Unter-stützung der Schulpsychologen. Aber auch Ler-nenundLehrenimengerenSinnwirdkeinenEr-folghaben,wenndiepsychologischeDimensionausgeblendet ist. Erfolgreiches Lernen brauchtdie intrinsische Mo^va^on der Lernenden, hatalsoimmereinenpsychologischen„Background“.Zudem haben viele junge Menschen Lernpro-bleme,mandenkenuranTeilleistungsstörungen,die ohne psychologisches Denken und Handelnnichtgelöstwerdenkönnen.Undauchwennwirnur an einige Aufgaben für alle Schulen heutedenken– Inklusion,AufnahmevonFlüchtlingen,VeränderungderLebensweltunddes familiärenUmfelds von Kindern und Jugendlichen – esbleibtnureinFazit:PsychologischesDenkenundHandeln gehört in den LebensraumSchule. AusSicht eines Bildungspoli^kers stellt sich ange-sichtseinessolchenFazitsdannganzkonkretdieFrage: Wie kann schulpsychologisches DenkenundHandelnindenSchulenverankertwerden?

ErsterAnsatzpunkt:dieLehrerbildungund -fort-bildungmusspsychologischesKnowhowvermit-

telnwie Entwicklungspsychologie, ersteDiagno-sefähigkeit, psychologisches Handlungswissen.Zweiter Ansatzpunkt: wir brauchen an Schulenmul^professionelle Teams und in diesen Teamsmuss die Profession Schulpsychologie gestärktwerden, umeinewich^geRolle spielen zu kön-nen.Wirwerdenbeantragen, imnächstenDop-pelhaushalt mehr Ressourcen zur Verfügung zustellen. Konkret: Lehrkrä+e mit der AusbildungSchulpsychologiemüssenbiszu50ProzentihresDeputats für die schulpsychologische Tä^gkeitaufwendenkönnen.DaswürdeeineVerdrei-bisVervierfachung der Schulpsychologie in Bayernbedeuten.WohlgemerktesfehlennichtdieKöp-fe, es fehlt den Fachkrä+endie Zeit für ihre Tä-^gkeit. Und wir müssen diese Tä^gkeit in denSchulen gut verknüpfen mit einem gut ausge-bautenBeratungsnetzindenRegionen.

Ich setzemich dafür ein, dass Schulpsychologiezur Regelaufgabe einer Schule, die als Lebens-raumverstandenwird,gehört.Esdarfnichtsein,dassmannurdannnachSchulpsychologenru+,wenn wieder etwas Schlimmes an einer SchuleoderimUmfeldeinerSchulepassiertist.

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MarYnGüll

Als ehemaliger Schulleiter und qualifizierter Be-ratungslehrereinergroßenHauptschuleweißichumdieenormeBedeutungder schulpsychologi-schen Unterstützung für unsere Schülerinnenund Schüler, Eltern sowie Lehrkrä+e. IchwürdedieSchulpsychologiegerneeingebeVetseheninein professionelles Beratungssystem, das dergesamten Schulfamilie schnell und unbürokra-^schzurVerfügungsteht.Dazuistesnotwendig,dass die Schulpsychologinnen und Schulpsycho-logenmehr Kapazitäten aus ihrem Stundenkon-^ngentbekommen,ausmeinerSichtmindestensdieHäl+eihresDeputats.DieZahlderSchülerin-nen und Schüler, die psychologische Hilfe brau-chen,steigtinmeinerWahrnehmungindenletz-tenJahrendeutlichan.Dagehtesnichtnurumdas Erkennen von Teilleistungsstörungen, ADHS

D AlleStatements

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oder ADS, Themen wie Mobbing, Essstörungenund andere überfordern „normale“ Lehrkrä+e.Die SPD-Landtagsfrak^on hat dem schulpsycho-logischenDienstschonimmereinegroßeBedeu-tung im Lebensraum Schule zugemessen. Unddiese Bedeutungwird durch die große AufgabederIntegra^onnochwachsen.Zielistesdeshalb,einerseits die Kapazitäten zu vergrößern, ande-rerseits alle jungen Lehrkrä+emit schulpsycho-logischer Ausbildung in den Schuldienst zu ho-len.

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ElkeLeo

Schulpsychologiemussdringendausgebautwer-den. Die Themen sind heute vielfäl^ger gewor-den. Neben z.B. Lernproblemen, schulischenÄngsten und Konflikten zwischen Lehrer*innen,Schüler*innenundElternoderMobbinginjegli-cher Form gehören sehr ernstha+e Krisensitua-^onen, sehr o+ auch von außen in die Schulegetragen,zudengroßenHerausforderungen,dieohne psychologische Hilfe nicht bewäl^gt wer-den können. Auch die Lehrkrä+e brauchen hierdie Unterstützung der Schulpsychologie. Dempräven^venArbeitenkommteineebensogroßeBedeutung zu. Dies braucht Zeit, die mit denheu^gen Ressourcen nicht vorhanden ist. EinintensiverAustauschzwischenSchulpsychologie,Schulsozialpädagogik und Lehrkrä+en führt zuguten Konzepten, die den Umgang in und mitKrisensitua^onen professioneller und vielleichtsogarerleichternkönnen.DieseAufgabendürfennichtzuLastenvonEinzelberatungund/oderBe-handlunggehen.Miteinemkrä+igenAusbauderSchulpsychologie inves^eren wir sinnvoll in dieZukun+unserSchulen.

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MichaelPiazolo

InderSchulesollsichdiePersönlichkeitunsererKinder in einem möglichst op^malen Umfeldentwickeln.DieSchulzeitistnebenderErziehungdurchdieElternundimAnschlussanfrühkindli-cheBildungs-,Betreuungs-undErziehungsange-boteentscheidendfürdiepsychischeReifeunse-rer Kinder, das soziale Verhalten und damit für

die Entwicklung und Zukun+ unserer Gesell-scha+.

Neben einemguten Schul- undBildungssystem,fürdaswiralsPoli^kerganzheitlichverantwort-lichsind,gutausgebildetenundmo^viertenLeh-rern spieltdie Schulpsychologiedahereineent-scheidende Rolle. Psychologisches Denken undHandeln ergänzt didak^sche, pädagogische undfachliche Kompetenzen. Davon profi^ert dieSchulfamiliegemeinsamundauchjederEinzelneinerheblichemMaßeunddamitauchdieQuali-tätvonSchuleundUnterricht.

IchdarfhierzudasBildeinesgutbehütetenGar-tensbemühen,indemaufjedeseinzelnePflänz-chengeachtetwird.Fürmichwäredieseinauchan Schulen wünschenswerter Idealzustand. Al-lein diemit der Schulpsychologie in den schuli-schen Alltag einziehenden Werte „Sensibilität“und „Zeit“ sind inderheu^genGesellscha+ lei-der knappe Güter und daher ein enormerMehrwert. Gleichzei^g sind sie auch enormwich^g fürdieEntwicklung jedesEinzelnenundeinerGemeinscha+.SichZeitnehmen,zuhören,beraten und mit Kompetenz dabei helfen, aufvielfäl^ge Situa^onen mit angemessenem Han-deln und Maßnahmen zu reagieren, oder dieVor-undNachsorgeinKrisensitua^onen,alldiesundnochweiteresbietetdiePsychologie,derenBedeutungfürdenLebensraumSchuleausmei-nerSichtleiderimmernochunterschätztwird.

Im Zuge der Integra^on von FlüchtlingskindernundderBeschulunginÜbergangsklassenwerdendie Kompetenzenunddie Rolle der Psychologienun aber deutlicher sichtbar und für mich giltdaherdasFazit:DerLebensraumSchulekanninder heu^gen Zeit nur im aufeinander abge-s^mmten Zusammenspiel zwischen Pädagogikund Psychologie erfolgreich gestaltet werden.Setzenwirunsdafürein.Gewinner sindunsereKinderundinderFolgewiralle.

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AnjaPrölß-Kammerer/AnitaWojciechowski

SchuleisteinwesentlicherTeildesLebensraumsvon Kindern und Jugendlichen – gerade in derGanztagschule verbringen die Kinder und Ju-gendlichendengrößtenTeildesTagesunterder

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Woche in der Schule. Neben demGanztag ver-ändern auch andere Rahmenbedingungen denAlltagderKinderundJugendlichen:Schnelllebig-keit, die Vielfalt derMedien, hohe Leistungsan-forderungen sowie auch gesellscha+liche Her-ausforderungenwie Integra^on–Migra^on,Ar-mutoderauchpsychischeErkrankungen.

Die Aufgaben der Schulpsychologie im Schulall-tag sind daher vielfäl^g: Von der Beratung Ein-zelner oder Gruppen, der Interven^on z.B. beiKrisenbewäl^gung oder Kompetenztrainings,Präven^onsmaßnahmen,ebensowiederEvalua-^on der Ergebnisse. Aktuell wird beispielsweiseauch die Schulpsychologie als Integra^onshelferim Rahmen der Beschulung der Flüchtlinge ge-braucht sowie dient sie als MiVler zwischenSchule-Elternhaus-unddemKindbzw.Jugend-lichen,z.B.beischulischenÄngsten,beiMobbingoderanderenKonflikten.Dabei spieltdieSchul-psychologie auch eine wich^ge Funk^on alsVermiVleranweiterführendeSystemebzw.ver-netztdieunterschiedlichenMaßnahmen.

WirhabeninNürnbergimIns^tutfürPädagogikundSchulpsychologieeinkompetentesTeamvonSchulpsychologInnen, das sowohl Schülerinnen,Eltern und Lehrerinnenberät undbei allen Fra-genundSchwierigkeiten imZusammenhangmitSchuleUnterstützunganbietenkann.Diesistge-rade in der Großstadt erforderlich, um Kindernund JugendlichenHilfe anbieten zu können, umden schulischen Anforderungen aber auch denAnforderungen des gesellscha+lichen Lebensgerecht werden zu können. Dies ist allerdingskeine kommunale Aufgabe allein, sondern hiermusssichauchderFreistaatandenKostenundLeistungenbeteiligen – dieAnforderungenwer-den insgesamt sicher eher größer als kleinerwerden.

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CarolinaTrautner

Schulpsychologen leisten an unseren Schuleneinenwich^genBeitragfüreineintakteSchulfa-milie. Themen wie Inklusion, (Cyber-)MobbingoderauchderUmgangmitsozialenNetzwerkenspielen eine immer wich^gere Rolle im Alltagunsrer Schüler. Hier gilt es, wie in den tradi^o-

nellen Feldern der Beratung, unseren KindernundJugendlichenbegleitendzurSeitezustehen.Durch präven^ve Arbeit und das Aufgreifen ak-tueller gesellscha+licher Entwicklungen tragenSchulpsychologenganzwesentlichdazubei,Pro-blemezuerkennen,zubenennenunddierich^-genMaßnahmenzuergreifen–zumWohleeinesintaktenLernumfelds.

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MargitWild

ImSchuljahr2014/15wurdeandenneunstaatli-chen Schulämtern in knapp 1.000 Fällen zumThemenkomplex Mobbing beraten. Doch derGang zum Schulamt ist schon die zweite oderdriVe Stufe der Eskala^onsleiter – der ersteSchriVistimmerinterninderSchulezumachen.Lehrkrä+emüssen inder Lage seinMobbing zuerkennen,dennhäufigbleibendieOpferstumm–ausScham.NeueFormenderKommunika^on– sozialeNetze,WhatsAppund Snapchat –ma-chenesdenTäternheuteeinfacherdennje:DieOpferkönnensichdemMobbingnichtmehrent-ziehen,physischerDruckmusslängstnichtmehrangewandtwerdenundderKreisderpoten^el-len Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist enormges^egen.Das stellt Lehrkrä+eund Schulleitun-genvorneueHerausforderungen,dennMobbingfindetnichtmehrnurimKlassenzimmeroderaufdemSchulgeländestaV,sondern24StundenamTag,siebenTagedieWoche.

Zweites Beispiel: Im Schuljahr 2013/14 wurdenbayernweit7.670SchülerinnenundSchülerdemFörderschwerpunkt „emo^onale und sozialeEntwicklung“ zugeordnet. Die Häl+e von ihnenwurdeanFörderzentrenunterrichtet,dieandereHäl+e an den Regelschulen. Dort treffen sie inteilsviel zugroßenKlassenaufeineheterogeneSchülerscha+.EineLehrkra+,einKlassenzimmer,30 Kinder: Rhythmisierung, Differenzierung undHandlungsorien^erung werden in diesem Um-feldzueinerHerausforderung.

DriVesBeispiel: in jedemSchuljahr tretenmehrals 300 Lehrkrä+ewegenDienstunfähigkeit vor-zei^g in den Ruhestand. Depression, Burn-OutoderSuchtproblema^kensindmitverantwortlichfürdieseZahlen.

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Drei unterschiedliche Beispiele, die zeigen, dasspsychologisches Denken und Handeln aus demSchulalltag nicht wegzudenken ist. Lehrkrä+e,Schulleitungen,Eltern,SchülerinnenundSchüler– jeder Teil der Schulfamilie fordert eine ent-sprechende Betreuung ein. Ausgebildete Schul-psychologen bekommen an Gymnasien für ihreTä^gkeiten in der Regel vier Anrechnungsstun-den,anRealschulenmaximal zwölfundanMit-telschulen immerhin 17. Der dazugehörige Auf-gabenkatalog allerdings ist lang und eine Schul-psychologin, die für 1.200 Schülerinnen undSchüler und 100 Lehrkrä+e Ansprechpartnerinseinsoll,musswirklichsehreffizientundhinge-bungsvollarbeiten,umdiesemAnspruchgerechtwerdenzukönnen.

PsychologischesDenkenundHandelnmussnichtnur fester Bestandteil des Lehramtsstudiumssein, sondern auch in internen und externenFortbildungenständigthema^siertwerden.Esistein wich^ges und elementares Puzzlestück fürdie Bewäl^gung der vielen Herausforderungen,diesichSchulestellenmuss: Inklusionund Inte-gra^onsindnurzweiS^chwörtervonvielen.

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UniversitätBarbaraDrechsel

Akteure im Handlungsraum Schule verfügenüber alltagspsychologische Theorien zu schuli-schen Lernen und Leben. Diese Alltagstheorienhelfen zwar o+ im eigenen Erfahrungsraum, siesind jedoch aufgrund mangelnder Generalisier-barkeitnichtinderLage,„alltagstaugliches“pro-fessionelles Handeln anzuleiten. Wissenscha+-lich-psychologische Theorien und Denkweisensind empirisch gestützt (also eher generalisier-bar) und helfen bei der systema^schen Be-schreibung,Erklärung,VorhersageundPräskrip-^on (dem Bereitstellen von Technologien) impädagogischen Handlungsfeld. ProfessionellesHandelnistbesserreflek^ertundwenigerbelie-big; flexibles und angemessenes Handeln wirdwahrscheinlicher.

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TanjaKagerbauer

PsychologischesDenken undHandeln ist im Le-bensraum Schule von größter Bedeutung. JedeSchule, jede Klasse setzt sich aus unterschied-lichstenIndividuenzusammen.SchülerinnenundSchülerbringensehrindividuelleVorerfahrungenund Bildungsaspira^onen mit; sie zeigen unter-schiedlicheStärkenundSchwächen,sieverfügenüber höchst heterogene Ressourcen, mo^va^o-naleVoraussetzungen,sozialeundkulturelleLe-bensweltenundsiebefindensich insehrunter-schiedlichen Entwicklungsphasenwährend ihrerSchullauÇahn. Vor diesem Hintergrund ist esvonaußerordentlicherBedeutungfürLehrkrä+e,über fundiertes psychologischesWissen zu ver-fügen; zu nennen sind hierbei neben der Päd-agogischen Psychologie ebenso entwicklungs-psychologische und sozialpsychologische Kennt-nisse sowie Aspekte der Differen^ellen Psycho-logie,umnureinigeBereichezubenennen.

Nebeneinerop^malenVorbereitungaufdiebe-rufliche und damit gesellscha+liche Integra^onjungerMenschen erfordert auch die Diagnos^kvonLernergebnissenhöchsteKompetenzaufsei-ten der Lehrkra+. Sie setzt zudem voraus, dassLehrkrä+esensibilisiertsind,Hinweiseaufspezi-elle Begabungen und Leistungsexzellenz, aberauchaufpoten^elleTeilleistungsschwächenoderemo^onaleProblemezuerkennenundggf.ent-sprechende Pfade zur weiteren Diagnos^k undFörderungzubahnen.

Zahlreiche Forschungsbefunde zeigen, dass eingutes Schul- und Klassenklima essen^ell ist fürop^maleLernprozesse;auchhier istpsychologi-sches Wissen von äußerstem Nutzen, um op^-male Rahmenbedingungen zu schaffen, aberauch, um die eigene Gesundheit der Lehrkra+langfris^g aufrecht zu erhalten und zu fördernsowieBurnout-Prozessenvorzubeugen.

Psychologisches Wissen und Handeln ist uner-lässlich, wenn es um die Präven^on und Inter-ven^on von möglichen Krisen im Schulalltaggeht, seien es Kommunika^onsprobleme im all-täglichenMiteinander zwischen Lehrkrä+en, El-ternsowieSchülerinnenundSchülernoderauchkrisenha+eSitua^onendurchEreignissewieUn-fälle,GewaltoderSuizid.

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Die Bedeutung der Psychologie ist daher vonimmenser Bedeutung und sollte auf höchstemNiveaufestverankertseinimLehramtsstudium.

VorstellungenundErwartungen

In der Lehramtsausbildung kommt einer an-spruchsvollen Auseinandersetzung mit fundier-tem, aktuellem psychologischen Wissen sowieaktuellenForschungsergebnissenbereitseinfes-terPlatzzu.IdealerweisekanndieserStellenwertinderAusbildung zukün+igweiter gestärktundggf.ausgebautwerden.Zumeinenmusshierbeider Anteil an Semesterwochenstunden für dietheore^sche Auseinandersetzung mit psycholo-gischen Inhalten berücksich^gt werden. Ebensowich^gsindaberauchhohezeitlicheKapazitätenderStudierenden,umprak^scheErfahrungeninschulpsychologischen Tä^gkeitsfeldern zu sam-meln.

Beides ist im äußerst umfangreichen Lehramts-studiumjeop^malzukombinierenundanaktu-elle Herausforderungen kon^nuierlich zu adap-^eren.

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MaritaLuger

Ausmeiner Sicht kanndie Psychologie fürDen-ken und Handeln im Bereich der Schule vielesehrwich^geAnregungenundHilfengeben.

Sie kannhelfen, dieHintergründedesHandelnsvon Schülernund Lehrern transparenter zuma-chenundsomit ihreGefühle,Mo^veundDenk-weisen besser zu verstehen. Beispiel Mobbing:Es können Zusammenhänge von herabwürdi-gendem Verhalten beim Angreifenden und ver-letzten Gefühlen beim Gegenüber deutlichergemacht oder hilfreiche Sichtweisen der Akzep-tanz vermiVeltwerden,wie dasAnderssein desGegenübersertragenwerdenkann.Amwich^gs-ten sindmirdabeinicht so sehrdiepsychologi-schenInhalteundFakten,sondernderliebevolleBlickaufdenMenschen,ummehr(Mit-)Mensch-lichkeitindieSchulenzubringen.

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AnneCeScheunpflug

Angesichts der zunehmenden Komplexität des

Aufwachsens in einer globalisierten und indivi-dualisiertenWelt steigen die Anforderungen andiekompetenteBegleitungvonKindernund Ju-gendlichen in der Schule wie außerhalb. Fürpädagogische Professionelle ist dafür solidespsychologischesWissenunddessenNutzungfürdie Organisa^on von Lehr-LernarrangementssowiedieDiagnos^kundBeratungunabdingbar.

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AstridSchütz

DaPsychologie grundlegendeErkenntnisseüberdasErlebenundVerhaltenvonMenschenliefert,ist sie für Interak^onen im Kontext Schule vonenormerBedeutung.

Die Erkenntnisse sind relevant für Interak^onenim Lehrkollegium, im Klassenraum und in Zu-sammenhang mit der Elternarbeit. Sie könnendazu beitragen, das Verhalten des Gegenüberszuverstehenundangemessenzureagieren.

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SchuleSophiaAltenthan

Den Anforderungen, die an die Schulen heutegestelltwerden,kannmitUnterstützungderPsy-chologiesicherlichbesserbegegnetwerden.Wiedie Erfahrungen in denberuflichen Schulen zei-gen, verändertdieAuseinandersetzungmitpsy-chologischen InhaltendieDenkweiseunddamitauch das Verhalten der Auszubildenden bzw.SchülerinnenundSchüler.Auszubildendeinsozi-alpädagogischen Berufen gehen aufgrund ihrerSensibilisierung fürdaseigeneErlebenundVer-haltensowiedasderanderenhäufigreflek^erterund verantwortungsvoller miteinander um undreagieren bei Problemen von Mitschülerinnenund Mitschülern verständnisvoller als andereAuszubildende. Mehr psychologisches DenkenundHandelnimSchulalltagwärehinsichtlichzu-nehmender sozialer und psychischer Problemeder Jugendlichen daher wünschenswert. ÜberUmsetzungsmöglichkeitensollteinallenSchular-tennachgedachtwerden.

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ElisabethBauer

PsychologischesDenkenundHandelnimLebens-raumSchulehalteichdannfürwich^g,wennesunterstützt, sich selbst und andere in kri^schenSitua^onen realis^sch einzuschätzen undHand-lungsmöglichkeitenzufinden.

Dazu wären meines Erachtens Lehrerstundennotwendig, in denen psychologische SeminareangebotenwürdenmitThemenderKommunika-^on und Selbsterfahrung, auch Fallbesprechun-gen könnte ich mir vorstellen. Die LehrendenmüsstenauseinemunterrichtsrelevantenAnge-botwählenkönnen,diesaberobligatorisch.

Was die Online-Zeitschri+ “Psychologie für dieSchule” angeht, so habe ich keinen Zweifel anihrem pädagogischen Niveau und der RelevanzderThemen.Ichbinabereherskep^sch,wasdieWirkungauf Schule, Lehrende,Unterrichtssitua-^onangeht.

Die ehemaligen KollegInnen sindmeines Erach-tensmeist bis zur Erschöpfung ausgelastet undwürdendieZeitschri+vermutlichnurseltennut-zen.Mirjedenfallswürdeessogehen.

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SimoneFleischmann

Inderaktuellengesellscha+lichenSitua^onsindSchulen nicht nur Bildungseinrichtungen, son-dernstehenalssozialesBrennglasganzanderenHerausforderungengegenüber.WiralsLehrerin-nenundLehreranallenSchularten,wollendieseAufgabe annehmen: wir wollen die Kinder undJugendlicheninihrerGanzheitlichkeitwahr-undannehmen.Wirwollenhinschauenundhandeln.Dazu aber brauchen wir Unterstützung. Unter-stützung von Experten und Unterstützung impsychologischen Bereich. Nicht die Lehrerinnenund Lehrer können alles, nicht wir sind es, diealle diese Kompetenzen haben, sondern wirbrauchenMul^professionelle TeamsanunserenSchulen. Schulpsychologen für die Kinder undJugendlichenundderenKompetenzfüruns:wirbrauchen Supervision als Lehrerinnen und Leh-rer. Gerade jetzt, wo die gesellscha+lichen Auf-gabennochmehrandenSchulenangenommenwerdensollen,geradejetzt,woKinderstarkbe-lastetundverängs^gtsind,geradejetzt,woauch

wir mit unseren Gefühlen o+mals an Grenzenkommen, brauchen wir die psychologische Ex-per^se der Schulpsychologen an den Schulen.DerBLLVfordertschonlangeeinedeutlicheFrei-stellung der Schulpsychologen vom Unterricht,damit sie mehr Zeit haben, die psychologischeExper^se den Schülern und Lehrern zur Verfü-gungzustellen.DerLebensraumSchulebrauchtdieseUnterstützung,wennwirdieHerausforde-rungen rund um die Integra^on, die Inklusion,denGanztagunddie IndividuelleFörderungbe-wäl^genwollen.

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BernhardJehle

"Wenn Psychologie eine Wissenscha+ ist, diesich mit dem Erleben und Verhalten des Men-schen beschä+igt, dann gehört psychologischesDenkenindieSchule.DennohneKenntnis dar-über, wie Kinder und Jugendliche sich und dieWelt erleben und - unabhängig von Schule -handeln, sind weder ein erfolgreicher Wissens-und Kompetenzerwerb noch dieGestaltung derSchule als Lern-und Lebensraumzu realisieren.Es muss also mehr psychologisches Denken indie Kollegien. Reale Schulpsycholog*innen sindaber ebenfallsnö^g,daauchLehrpersonenmitpsychologischer Sensibilität ohneprofundeAus-bildungkeinepsychologischeKompetenzhaben,wasdurchauszuunprofessionellem"Psychologi-sieren"führenkann.

Im IPSNhabenwirdieErfahrunggemacht,dassdie Zusammenarbeit zwischen (Schul)psycholo-gie und Pädagogik zu Arbeitsergebnissen führt,die ohne Koopera^on nicht zu erzielen sind.Denn die Schulpsychologie unterstützt Schüle-rinnen und Schüler, Lehrkrä+e und Eltern mitpsychologischen

Methoden und psychologischem Wissen. DiePädagogikmachtalsHandlungswissenscha+Vor-schläge,wie die Bildungs- und Erziehungspraxisverbessertwerdenkann.DieZukun+inmul^pro-fessionellen Teams aus pädagogischen, psycho-logischen, sozialpädagogischen und Fachleutenweiterer Disziplinen. Dies zeigen inklusiv arbei-tendeEinrichtungenschonheute."

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AnnelieseJungfer

DieSchule istheutemehrdenn jezuständig fürdas„rich^geLernen“.ImZeitalterderElektronikund digitalenWelten hat jeder genügend Infos,jedochnichtdieFähigkeitdiesaltersspezifischzugebrauchen. Die Familie kann das nicht leisten,so bedarf es Angebote für den Schüler/in, umdas rich^ge Lernen zu erlernen, und das gehtnicht ohne psychologisches Wissen, denn Päd-agogik reicht hier nicht aus.Misserfolge führenrasch zu Desinteresse am Geschehen, zumalnoch bekannt ist, dass Jungen weniger in ihrerfrühenKindheitLobfürihrVerhaltenbekommenund von daher schon angekratzt sind, wenn esumKri^kgeht.

Schüler sollten nicht über Nachhilfe frustriertwerdenunddamitkeineZeitmehrhabenetwasKrea^ves zu tun , sondern die Fähigkeit entwi-ckelnkönnenrich^gzu lernen,zuexperimen^e-ren. Hier wäre das Angebot des Schulpsycholo-gen gefragt. Mit so wenig Stundenkon^ngent,dieeinesolcheFachkra+aneinerSchuleseitherhat,kanndiesnichtgeleistetwerden.FürsolcheAufgaben sind auch keine Schulsozialarbeiter,Jugendsozialarbeitzuständig.

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Dr.HeinzLehmeier

DerBildungsau+ragvonSchuleschließtdiefrag-lose Zurichtung von Menschen für vorherr-schende gesellscha+liche Zwecke aus. DerMenschistMiVelpunkt–auchwenndergegen-wär^geMainstream(Ökonomisierung,Selbstop-^mierung, Funk^onieren bis zur Erschöpfung)diesen Anspruch nicht wirklich miVrägt. Umsodringlicher ist es, die psychologischeDimensiondesMenschseinsimBildungsgeschehenbewusstzu machen und dementsprechend menschge-rechtzuhandeln.Konkret istdamitdieAufgabeverbunden, in den Bildungseinrichtungen an ei-nerKulturderAchtsamkeitzuarbeiten:individu-ell, kollek^v und auf der Ebene der gesamtenOrganisa^on. Was steht dem entgegen? Nichtselten eine angstgebundene Kultur der Anpas-sungsbereitscha+, Geschä+igkeit und Selbstdar-stellung. Ruhe und Konzentra^on zu fördern,echte menschliche Begegnung zu ermöglichen,

interessiert wahrzunehmen und Verstehen an-zubahnenwärenDimensionen,überdiePsycho-logie mithelfen kann, an Bildungseinrichtungenangswreie Räume für menschliche Entwicklungmit aufzutun.DiesenBeitrag kann sie allerdingsnur leisten,wosienichtbereitsselbstzueinemBestandteil der Anpassungstechnologie gewor-den ist und staVdessen kri^schbegründet Posi-^onbezieht.

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EdmundNeubauer

Psychologie istmeinesErachtensausderSchuleüberhaupt nicht wegzudenken. Eine Lehrkra+,die nicht mit hoher psychologischer Sensibilitätfür Individuen und psycho-soziale Prozesse imKlassenverband agieren würde, ist kaum vor-stellbar. Insofern ist der Stellenwert psychologi-schen Vorgehens in der Schule hoch und ver-dient, gerade im Zusammenhang mit der zu-nehmenden Heterogenität der Schülerscha+,immergrößereBeachtungundBedeutung.

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HenrikePaede

Psychologie im Lebensraum Schule hat die Auf-gabe, den Kreislauf alter Lehr- und Belehrungs-tradi^onen zu durchbrechen, Schule vom Kind,seinerGesundheitundseinerEntwicklungherzudenkenund es anstelle des Lehrers in denMit-telpunktzustellen.ImEinzelnen:

• Einfluss auf die Art derWissensvermiVlung –langweiligerVortragoderak^veseigenesErar-beiten

• Werbung für undUnterstützung von individu-ellenLernmethoden– jedesKindlerntaufan-dereWeiseambesten

• FörderungderKommunika^onskompetenzderLehrkrä+e – wie rede ichwertschätzendmitundüberKind,Eltern,Kollegen?

• Förderung einer posi^ven und auch anlassun-abhängigen Feedbackkultur zwischen Kind, El-tern,Lehrer

• Schulungder Lehrkrä+e inHinblick auf Erken-nenvonKrisenbeiKindern– familiäreKrisen,Gewalt,Missbrauch,Mobbing

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PsychologischesDenkenund HandelnimLebensraumSchule

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• KompetenzvermiVlungimUmgangmitanders-ar^genKindern–ADHS,behinderteKinder,zus^lleKinder...

• Unterstützung der Lehrkrä+e bei dem Pro-blem,mitunerreichbarenEltern inKontakt zutreten

• VermiVlungsozialerKompetenzenderKinder–VorbeugunggegenAusgrenzungundMobbing

• Kriseninterven^on

• StärkungderelterlichenErziehungskompetenz–ElternabendezurUnterstützungdesLernens,derpersönlichenEntwicklungderKinderoderzuErziehungsproblemen,Einzelberatung

• Präsenz in obigemSinne auch im außerunter-richtlichenTeil, zumBeispiel imoffenenGanz-tag. Hiermüssen unter Umständen pädagogi-sche Laien an die Hand genommen und ge-schultwerden!

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WolfgangSchubert

„Niewaressowertvollwieheute.“-Diesbinichversucht zu sagen als Antwort auf diese FrageundalseinzentralesResümeemeinerletzten14Berufsjahre, in denen ich an zwei Schulen alsSchulleiter tä^g sein dur+e, einer deutschenAuslandsschule und einem bayerischen Gymna-sium. Die Erfahrung hat mich einfach gelehrt,dassindividuelle(undgelegentlichauchkollek -̂ve)ProblemlagenimmerhäufigereinerBetrach-tung aus psychologischen Blickwinkel bedürfenunddasses fürdieSchulleitungvonkon^nuier-lich zunehmenderBedeutung ist, sichdabei aufprofessionellenschulpsychologischenRatstützenzukönnen,undzwarsowohlumsichdemEinzel-falladäquatwidmenzukönnenalsauchumdieeigeneSensibilisierungfürdieunterschiedlicheneinschlägigen Problemlagen sukzessive auszu-bauen. In dieser Hinsicht waren die zahllosenGespräche mit den Schulpsychologinnen undSchulpsychologen stets eine Quelle wich^gerInforma^onwie auch häufig Anstoß fürweiter-führendeeigeneÜberlegungen.

Esverstehtsichvonselbst,dassvordemHinter-grund solcher Erfahrungen „psychologischesDenken und Handeln“ aus dem Lebensraum

Schule nicht mehr wegzudenken sind, sonderndass es höchst wünschenswert erscheint, dasssie kün+ig fester denn je dort verankert undauchmitdenerforderlichenStrukturenversehensein mögen. Dann kann es auch immer bessergelingen,diepsychologischeSensibilisierungaufdieLehrerscha+und–woerforderlich–aufdieErziehungsberech^gten auszuweiten. Der Wegistdurchdiegesellscha+licheEntwicklungvorge-zeichnet,ersteWegstreckensindauchschoner-folgreich zurückgelegt. Oder traut sich heutenochjemandeineschulpsychologischeInterven-^onkurzerhandals„Psychokram“abzutun?

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ChrisYneSczygiel/TanjaScherle

Welche Bedeutung kommt Ihrer Meinung nachpsychologischem Denken und Handeln im Le-bensraumSchulezu?

PsychologischesDenkenundHandelnspielteineimmer größere Rolle im Alltag der Schule. Derzunehmende Leistungsdruck in den letzten Jah-ren,dieVielfaltderTeilleistungsstörungenbenö-^gt eine gute fachliche, psychologische Beglei-tung, dieder Lehrer/in imnormalen Schulalltagnicht leistenkann.Manerlebtes immerwieder,dassKinderdiesemDrucknichtgewachsensindund psychisch erkranken. Neben einer außer-schulischen ärztlichen Betreuung, ist in solchenFälleneinegutpsychologischeBegleitung inderSchulezwingenderforderlich.

ElternundauchLehrkrä+emüssendieMöglich-keit haben sich beim SchulpsychologischenDienstBeratungzuholenundsogemeinsamda-für sorgen, dass die seelischeGesundheit unse-rerKindererhaltenbleibtbzw.wiederhergestelltwird.

Ein weiterer Aspekt ist, dass durch die hohenZuwanderungen viele trauma^sierte Kinder inunsere Schulen eingegliedert werden müssen,die eine dringende Betreuung durch die Schul-psychologen/innen erfahren müssen. Gerade indiesemBereich stoßen Lehrkrä+e ohneweitereUnterstützunganihreGrenzen,wennzurregulä-ren Beschulung noch Kinder mit einem bishervon Krieg und Terror geprägtem Leben zu inte-grieren sind. Die Rolle des Schulpsychologen/in

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ist hier eine sehr zentrale und unbedingt not-wendige Stütze damit ein funk^onierendesSchullebenstaÄindenkann.

Welche Vorstellungen und Erwartungen verbin-denSiedamit?

DerSchulpsychologe/in sollte fürdieElternundbedür+igen Schüler/innen gut erreichbar seinund im Nowall schnelle Hilfe anbieten können.Leider zeigt aber die Praxis, dass dies leider inden seltensten Fällenmöglich ist. DieWartezei-tensindzu lange,daviel zuvieleSchüler/inneneinem Schulpsychologe/in zugeteilt werden. Eswäre wünschenswert, dass viel mehr Schulpsy-chologen für diese wich^gen Aufgaben, dieenormeZeit binden, vomMinisteriumbereitge-stelltwerden.

Auch sollte der/die Schulpsychologe/in eineVermiVlungsrolle zwischen Schülern/innen undLehrer/innen einnehmen. O+ lassen sich auspsychologischer Sichtweise andere Lösungsan-sätzefüreineProblembewäl^gungfinden.

HoheErwartungen stellenwir auchandieFort-undWeiterbildungsbereitscha+undMöglichkei-ten der Schulpsychologen/in. Durch die sichständig wachsenden Herausforderungen in vie-len Bereichen ist dies eine wich^ge und unab-dingbareNotwendigkeit.

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UlrichZiegenthaler

Psychologisches Denken und Handeln im enge-ren Sinne spielt im beruflichen BildungsbereichanverschiedenenSchulartendurchdieVeranke-rung in StundentafelnundLehrpläneneinegro-ßeRolle,etwaanderFach-undBerufsoberschu-le,anderFachakademiefürSozialpflegeoderander Berufsfachschule für Kinderpflege. Darüberhinaus ist im Rahmen der Lehrerbildung eineprofunde Ausbildung der jungen Lehrkrä+e inFragen der Lern- oder Entwicklungspsychologieunerlässlich.

WegenderzunehmendenHeterogenitätunsererSchülerscha+ wird die Unterstützung aller Mit-gliederderSchulfamiliedurchschulinterneoder-externeSchulpsychologen immerwich^ger.Diean den beruflichen Schulen eingesetzten Schul-psychologinnenund

-psychologen unterstützen die Lehrkrä+e durchschulinterne Fortbildungen, bei der Erstellunggesamtschulischer Konzep^onen und natürlichdurch zahllose Einzelberatungsgespräche mitbelastetenSchülerinnenundSchüler.Angesichtsder hohen Fallzahlen von jugendlichen Asylbe-werbern und Flüchtlingen – wir beschulen imSchuljahr 2016/17 annähernd 65 Klassen inNürnberg- hat sich das Tä^gkeitsfeld der Schul-psychologinnen und -psychologen noch einmaldeutlichausgeweitet.DavieleFlüchtendedurchihre Erlebnisse im Heimatland und auf demFluchtweg trauma^siert sind, ist die Unterstüt-zungderindeneinschlägigenKlassenunterrich-tendenLehrkrä+ebeiderBetreuungder jungenMenschen unerlässlich. Die psychologische Un-terstützung imUmfeldderSchule isteinwich^-gerBausteinfürdieIntegra^onderjungenMen-schenindieGesellscha+.

DerAusbauderschulpsychologischenBetreuungvor Ort muss ein vordringliches Ziel der Bil-dungspoli^k bleiben. Ich erhoffe mir deshalbdringend eine personelle Aufstockung in allenSchularten. Ich erwarte aber sowohl von denLehrkrä+en als auch von den Schulpsychologin-nen und -psychologen vor Ort eine enge Ab-s^mmung und eine vertrauensvolle Zusammen-arbeit, zu der fürmich auchein intensiverAus-tauschvon Informa^onenallerhandelndenPer-sonen vor Ort zählt. Insofern ist der Titel derZeitschri+„PsychologiefürdieSchule“auchpro-gramma^schzuverstehen.DieSchulpsychologiemuss durch die Arbeit mit allen Beteiligten dieZiele der Schule vor Ort unterstützen und sichnichtalseinevomKontextderSchulelosgelösteSta^oninnerhalbdesSchulgebäudesdefinieren.

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BarbaraZiegler

Wir nehmen das G8 im Besonderen und dasbayerische Schulsystem im Besonderen als sehrleistungsorien^ert war, das durch hohen DruckinwenigZeitkaumRücksichtaufdieIndividuali-tätunddieEntwicklungderJugendlichennimmt.Siesollen"funk^onieren".

HieristnebenwünschenswertenÄnderungenimSystem und ggf. "besserer" Pädagogik das psy-

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chologische Denken und Handeln in der SchulesichereinguterundwertvollerAnsatz,umz.B.

• Jugendlichen zu helfen, mit Druck und Leis-tungsorien^erungumzugehen,

• BewusstseinfürdieIndividualitätundEntwick-lungsunterschiede der Jugendlichen zu schaf-fen,gerneverbundenz.B.mitdenKenntnissenausderHirnforschung,

• Lehrern zu helfen, "besseren" Unterricht zumachen,z.B. individuelle,kompetenzorien^er-teMethoden zu finden, den Druck zu verrin-gern, sowie mit den Herausforderungen, diedie Jugendlichen an die Lehrer stellen, besserumgehenzukönnen,

• einen menschlicheren und respektvollerenUmganginderSchulezuunterstützen,

• Lehrmethoden psychologisch zu hinterfragenundAlterna^venaufzuzeigen.

Mussdaswirklichsein,dassKindervordergan-zen Klasse stehen und abgefragt werden odervorsingenmüssen??Hierhil+schoneinBlickaufandereBundesländer, indenendasauchandersgeht.Wasbringtdas–außerderBefolgungderTradi^on: Das haben wir immer schon so ge-macht.

Ist es nicht traurig, dass die Jugendlichen zumTeil hochmo^viert und freudig auf neue Fächerzugehen und nach einem Jahr völlig frustriertdenSpaßunddasInteresseandenFächernver-lorenhaben?AktuellesBeispiel:Chemie9.Klas-se, erste Tochter – durch ihren Chemie-studier-ten Papa hochmo^viert – ist nun völlig abge-schreckt;zweiteTochteraneineranderenSchuleinFranzösischdasgleiche.

Wir haben die Schulpsychologie an der SchulebisherimdirektenGesprächundinderdirektenUnterstützung für unsere Tochter posi^v erlebt,jedoch könnten wir uns im GesamtlebensraumSchuleundimHinblickaufdieLehrerhiersichernochvielmehrvorstellen.

SoweitausunsererindividuellenSicht.

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