35
ISSN 0073-8433 PUBLIKATIONEN ZU WISSENSCHAFTLICHEN FILMEN SEKTION TECHNISCHE WISSENSCHAFTEN NATURWISSENSCHAFTEN SERIE 9 • NUMMER 7 • 1986 FILM C 1574 Das ebene Doppelpendel The Planar Double Pendulum INSTITUT FÜR DEN WISSENSCHAFTLICHEN FILM • GÖTTINGEN

PUBLIKATIONEN ZU WISSENSCHAFTLICHEN FILMENtib.flowcenter.de/mfc/medialink/3/de8c3fb33499874fb2ef9b4c5c5cd03a... · Das Doppelpendel besteht aus zwei aneinandergehängten einfachen

Embed Size (px)

Citation preview

ISSN 0073-8433

PUBLIKATIONEN ZU WISSENSCHAFTLICHEN FILMEN

SEKTION

TECHNISCHE WISSENSCHAFTEN NATURWISSENSCHAFTEN

SERIE 9 • NUMMER 7 • 1986

FILM C 1574

Das ebene Doppelpendel The Planar Double Pendulum

INSTITUT FÜR D E N W I S S E N S C H A F T L I C H E N FILM • GÖTTINGEN

Angaben zum Film: T o n f i l m ( K o m m . , deutsch oder engl.), 16 m m , farbig, 306 m , 281/2 m i n (24 B/s). Hergestellt 1984, veröffentlicht 1985. D e r F i l m ist für die V e r w e n d u n g i m Hochschulunter r i cht bestimmt. Veröffendichung der F o r ­schungsgruppe „ K o m p l e x e D y n a m i k " der Universität B r e m e n , Prof. D r . P. H . R I C H T E R , D r . H . -J. S C H O L Z , unter Mi ta rbe i t v o n F. G U D E R , U . K U B I T S C H E C K , J. L A U C K N E R u n d Prof . W . SlE-GERT, u n d d e m Institut für den Wissenschaftl ichen F i l m , Gött ingen, W . GROßE; K a m e r a : G . M A T Z D O R F ; Schnitt: R . F E L D M A N N , E. F ISCHER; C o m p u t e r s i m u l a t i o n : D r . H . - J . S C H O L Z , U . K U B I T S C H E C K , F . G U D E R .

Zitierform: R I C H T E R , P.H. , H.-J. S C H O L Z und INST. WlSS . F I L M : Das ebene Doppelpendel - The Planar Double Pendulum. Film C 1574 des r W F , Göttingen 1985. Publikation von P.H. R I C H T E R und H.-J. S C H O L Z , Publ. Wiss. Film., Sekt. Techn. Wiss./Naturw., Ser. 9, Nr. 7/C1574 (1986), 35 S.

Anschrift der Verfasser der Publikation: Prof. Dr. P.H. R I C H T E R , Dr. H.-J. S C H O L Z , Universität Bremen, Institut für Dynamische Systeme, D-2800 Bremen.

PUBLIKATIONEN Z U WISSENSCHAFTLICHEN FILMEN Sektion BIOLOGIE Sektion P S Y C H O L O G I E • PÄDAGOGIK Sektion E T H N O L O G I E Sektion T E C H N I S C H E WISSENSCHAFTEN Sektion M E D I Z I N N A T U R W I S S E N S C H A F T E N Sektion G E S C H I C H T E • PUBLIZISTIK Herausgeber: H.-K. G A L L E • Redaktion: E. B E T Z , I. S I M O N

PUBLIKATIONEN Z U WISSENSCHAFTLICHEN FILMEN sind die schriftliche Ergänzung zu den Filmen des Instituts für den Wissenschaftlichen Film und der Encyclopaedia Cinematogra-phica. Sie enthalten jeweils eine Einführung in das im Film behandelte Thema und die Begleitum­stände des Films sowie eine genaue Beschreibung des Filminhalts. Film und Publikation zusammen stellen die wissenschaftliche Veröffentlichung dar. PUBLIKATIONEN Z U WISSENSCHAFTLICHEN FILMEN werden in deutscher, englischer oder französischer Sprache herausgegeben. Sie erscheinen als Einzelhefte, die in den fachlichen Sektionen zu Serien zusammengefaßt und im Abonnement bezogen werden können. Jede Serie besteht aus mehreren Lieferungen.

Bestellungen und Anfragen an: Institut für den Wissenschaftlichen Film Nonnenstieg 72 • D-3400 Göttingen Tel. (05 51) 20 22 02

© Institut für den Wissenschaftlichen Film, Göttingen 1986 ISSN 0073-8433

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

F I L M E F Ü R F O R S C H U N G U N D H O C H S C H U L U N T E R R I C H T

P E T E R , H . R I C H T E R , H A N S - J O A C H I M S C H O L Z , Bremen, und I N S T I T U T F Ü R D E N W I S ­

S E N S C H A F T L I C H E N F T L M , Göttingen:

Film C 1574

Das ebene Doppelpendel The Planar Double Pendulum

Verfasser der Publikation: P E T E R H . R I C H T E R und H A N S - J O A C H I M S C H O L Z

Mit 10 Abbildungen und 1 Tabelle

Inhalt des Films: Das ebene Doppelpendel. Durch Computer-Experimente wurde es möglich, die komplexe Dynamik dieses klassischen Beispiels der Mechanik zu beschreiben. Zunächst werden die Bewe­gungsformen des Doppelpendels vorgestellt, dann wird mit Hilfe der Methode des Poincaré-Schnitts ein qualitativer Überblick über die komplexe Dynamik gegeben mit besonderer Berück­sichtigung irrationaler Windungszahlen (Goldener Schnitt).

Summary of the Film: The Planar Double Pendulum. Computer experiments made it possible to describe the complex dynamics of this classical example in mechanics. To begin with, the various types of motion of the double pendulum are presented. With the help of the method of Poincaré sections, a qualitative survey of the complex dynamics follows, with special emphasis on irrational winding numbers (golden ratio).

Résumé du Film: Le double-pendule plan. Il a été possible au moyen d'expérimentations à l'ordinateur de décrire la dynamique complexe de cet exemple classique de mécanique. Tout d'abord les formes de mouve­ment du double-pendule sont présentées, puis un aperçu qualitatif sur la dynamique complexe est donné à l'aide de la méthode de la section de Poincaré, avec prise en considération particulière des nombres de spires irrationnels.

3

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Allgemeine Vorbemerkungen 1. Einleitung

„Dreihundert Jahre nach Newton sollten wir eigentlich wissen, was seine Gleichungen uns über das qualitative Verhalten konservativer Systeme mit zwei Freiheitsgraden leh­ren" - so MICHAEL V. BERRY in einem vielbeachteten Übersichtsartikel ([2]), der das aktuelle Interesse von Physikern und Mathematikern an der Klassischen Mechanik reflek­tiert. Tatsache aber ist, daß wir erst jetzt zu sehen beginnen, was alles in diesen scheinbar so einfachen Gleichungen steckt. Denn erst seit kurzem haben wir Zugang zu ihren Lösungen. Es bedurfte der Entwicklung moderner Computer, den Reichtum an Kom­plexität aufzudecken, der schon den einfachsten Systemen innewohnt. Gegenwärtig er­leben wir eine Phase, in der ausgiebiges mathematisches Experimentieren zunächst die Phänomene zutage fördert, während die theoretische Analyse dann immer wiederkeh­rende Szenarien zu verstehen sucht.

Das ebene Doppelpendel ist ein Beispiel unter vielen. Jeder Physikstudent hat in den Übungen zur Theoretischen Mechanik seine Bewegungsgleichungen hergeleitet, viel­leicht sogar den Grenzfall kleiner Schwingungen im Detail analysiert (LANDAU u. LlF-SHITZ [7]). Keiner aber hat sich ohne aufwendige Computersimulationen einen Begriff davon machen können, wie ungemein komplex das Verhalten dieses Systems für typische Arrfangsbedingungen ist. Anläßlich eines Mechanik-Kurses an der Universität Bremen wählten wir es eher zufällig aus, um „nichtintegrable Dynamik" zu illustrieren - und waren selbst überrascht, wie ergiebig es sich als Demonstrationsobjekt erwies. Unser Film zeigt zunächst ein reales physikalisches Doppelpendel, das unter dem Einfluß schwacher Reibung langsam Energie verliert. Sein Bewegungsablauf ist so verwickelt, daß man ihn im einzelnen unmöglich vorhersagen kann. Woran liegt das? Ist die Reibung dafür verantwortlich oder erzeugt ein innerer Mechanismus die komplexe Phänomenolo­gie? In unseren folgenden Computerexperimenten wird die Reibung eliminiert und es zeigt sich, daß dabei die Komplexität erst voll zur Entfaltung kommt. Sie ist also wesent­lich eine Eigenschaft des konservativen (= reibungsfreien) Systems. Der Einfluß der Reibung besteht lediglich darin, uns nach und nach die verschiedenen Energiebereiche vor Augen zu führen, ehe am Ende der triviale Fall des ruhenden Doppelpendels herge­stellt ist. Es ist nicht leicht, einen Mechanismus dingfest zu machen, der das komplexe Verhalten des Doppelpendels im einzelnen erzeugt. Eine eher negative und allgemeine Charakteri­sierung ist mit der Feststellung gegeben, daß nicht genügend viele Konstanten der Bewe­gung existieren: Ein System mit n Freiheitsgraden (hier: n = 2) ist nämlich genau dann integrabel, wenn es n unabhängige konstante Integrale besitzt. Im Falle des Doppelpen­dels ist aber i.a. nur die Energie konstant, es fehlt also ein zweites Integral. Dieses Argument ist insofern nützlich, als es abstrakt plausibel macht, daß komplexe Bewegung die Regel, einfache dagegen die Ausnahme ist. Denn die Konstanz gewisser Integrale wird immer nur in Spezialfällen erfüllt sein. Tatsächlich liegt ein solcher Spezial­fall vor, wenn wir das Doppelpendel ohne Schwerkraft betrachten. Denn dann ist außer der Energie auch der Drehimpuls eine Konstante der Bewegung.

4

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C1574

Wie aber machen wir uns intuitiv klar, daß „ein bißchen Schwerkraft" einen qualitativen Unterschied bedeutet? Wir meinen, daß nur Erfahrung im Umgang mit konkreten Syste­men eine derartige Intuition hervorbringen kann. Der traditionelle Mechanik-Kurs ver­mittelt sie nicht. Wir bieten deshalb diese elementare Filmstudie als Ergänzung an und hoffen, daß sie zu ähnhchen Experimenten mit anderen einfachen Systemen anregt. Der nächste Abschnitt stellt die verschiedenen Bewegungsformen des Doppelpendels vor und erörtert ohne mathematische Formeln die qualitativen Züge seiner Bewegung. Das Ziel ist dabei ein intuitives Verständnis für den Unterschied von regelmäßigem und chao­tischem Verhalten. Anschließend wird in Abschnitt 3 die Methode der Poincaré-Schnitte vorgestellt, die in einem einzigen Bild das Langzeitverhalten einer Vielzahl von Trajekto-rien kondensiert. Abschnitt 4 diskutiert dann anhand solcher Schnitte das Verhalten des Doppelpendels im Detail. Dabei begegnen wir einem Szenario, das wir im fünften und letzten Abschnitt gesondert betrachten: dem Zerfall der letzten quasiperiodischen Bewe­gung vor der globalen Ausbreitung des Chaos. Es gehört zu den aufregenden Entdeckun­gen in der rüchtlinearen Physik, daß dieses Szenario durch das Verhältnis des G o l d e ­nen S c h n i t t s beherrscht wird. Grundlegende Arbeiten der Mathematiker V. l . ARNOLD ([1]) und J. MOSER ([9]) hatten das zwar nahegelegt, doch stammt die erste überzeugende Evidenz aus Computerexperimenten des Plasmaphysikers J.M. GREENE ([5]). Unseres Wissens ist das Doppelpendel der erste Fall eines konkreten klassisch­mechanischen Systems, für das dieses Szenario explizit demonstriert wurde.

2. Bewegungsformen des Doppelpendels Das Doppelpendel besteht aus zwei aneinandergehängten einfachen Pendeln (Abb. 1). Es kommt fürs erste nicht darauf an, ob wir an eine physikalische Realisierung denken (Abb. la) oder an den mathematischen Spezialfall (Abb. lb), den alle folgenden Compu­terexperimente beschreiben. Wichtig ist, daß beide Pendel drei qualitativ unterschiedliche Bewegungen ausführen können: Rotation im positiven Sinne, Rotation im negativen (Uhrzeiger-)Sinne und Schwingungen. Dabei wollen wir vereinbaren, die Bewegung des ersten Pendels durch den Winkel <p! zu beschreiben, also relativ zur Ruhelage, und die des zweiten Pendels durch Winkel <p2, d.h. relativ zum ersten.

Bei n i e d r i g e r E n e r g i e können beide Pendel nur kleine Schwingungen um ihre Ruhelage ausführen. Solange die Amplituden dieser Schwingungen kleiner als etwa 10° sind, verhält sich das Doppelpendel in guter Näherung wie zwei linear gekoppelte har­monische Oszillatoren (LANDAU u. LlFSHTTZ [7]). Seine Bewegung ist eine lineare Superposition zweier Eigenschwingungen, die i.a. in einem irrationalen Verhältnis zuein­ander stehen. Von den neun möglichen Kombinationen, die sich aus den je drei Bewegungstypen der einzelnen Pendel ergeben, ist also genau eine typisch für die niedrigen Energien. Die ande­ren acht lassen sich bei hohen Energien beobachten. Zum Beispiel kann das erste Pendel rotieren (der Winkel (p^ läuft um), während das zweite Pendel im Zentrifugalpotential schwingt (der Winkel <p2 erreicht die Werte ± n nicht). Das System hat dann einen hohen Drehimpuls. Dieser ist bei gleicher Gesamtenergie reduziert, wenn der Winkel <p2

ebenfalls rotiert. Die Winkel und <p2 können im gleichen Sinne oder entgegengesetzt

5

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

rotieren. Der Fall gegensinniger Rotation ist derjenige mit dem geringsten Gesamtdreh¬impuls. Es wird sich herausstellen, daß in diesem Bereich die regelmäßige Bewegung am längsten dem Einbruch des Chaos standhält.

Bei sehr h o h e n E n e r g i e n spielt die Schwerkraft gegenüber den Trägheitskräften keine Rolle (im Experiment läßt sich dieser Grenzfall durch eine horizontale Lage des Doppelpendels realisieren). Dann ist der Drehimpuls eine Konstante der Bewegung. Bei mittleren Energien ist er das nicht. Entsprechend ändert sich bei hohen Energien der Typ der Bewegung nicht, bei mittleren Energien finden Ubergänge statt. Sind etwa die Anfangsbedingungen so eingestellt, daß beide Pendel im gleichen Sinne rotieren, so bleibt dieser Bewegungstyp bei hoher Energie für alle Zeiten erhalten (vorausgesetzt ist immer die Abwesenheit von Reibung). Bei mittleren Energien wird dagegen früher oder später eines der beiden Pendel schwingen statt zu rotieren. Bei hoher Energie, d.h. bei konstan­tem Drehimpuls, sind die Bewegungstypen durch scharf definierte Werte des Drehim­pulses voneinander getrennt. Diese Trennung weicht auf, wenn die Schwerkraft spürbar wird und als äußeres Drehmoment den Drehimpuls verändert. Die Tabelle 1 zeigt im Uberblick, wie die verschiedenen Bewegungstypen aneinander grenzen. Wir erkennen, daß Separatrizen immer dadurch charakterisiert sind, daß eine Rotation in eine Oszillation übergeht — so wie es das einfache Pendel tut, wenn die Ener­gie gerade ausreicht, den Punkt des instabilen Gleichgewichts zu erreichen. Wir haben ein Gefühl dafür, daß solche Situationen eine delikate Balance darstellen, die durch Störungen

6

Tabelle 1: Bewegungstypen bei niedriger und hoher Energie Diese Tabelle kommentiert die neun Kombinationen aus den je drei Bewegungsarten der beiden Pendel. Bei niedriger Energie gibt es allein die Kombination Oszillation/Oszillation (Feld in der Mitte). Bei hohen Energien sind die acht anderen Möglichkeiten realisiert. Direkte Ubergänge (Separatrizen) sind durch Schraffur markiert. Die einzelnen Felder enthalten Bemerkungen über den Gesamtdrehimpuls und über die Stabilität des Typs gegenüber einer schwach störenden Schwerkraft.

^ ^ ^ ^ 2. Pendel (cp2)

1. Pendel (cp,)

+ Rotation Oszillation - Rotation

+ Rotation anfällig gegen \ Störung durch \ Schwerkraft \

/ /1111111111111 f 11111111111111111111 /1

dominant bei J hohem positiven ; Drehimpuls /

dominant bei geringem Drehimpuls

111111 / 11111111 / / / /1 / / / /1111111111111

Oszillation

Il111/11II/II111!1!//1111177711111177

bildet sich erst mit Schwerkraft deutlich aus

1111111111111111111111111111111111111

typisch für geringe Energie

1111111 f t f 11 f f f 111111111 f f 11111111111

bildet sich erst mit Schwerkraft deutlich aus

1111111111111111111111111111111111111

- Rotation

1111111111111111111111111111111111111

dominant bei / geringem i Drehimpuls J

dominant bei hohem negativem ' Drehimpuls \

1111111111111111111111111111111111111

anfällig gegen Störung durch Schwerkraft

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

leicht nach der einen oder anderen Seite ausbricht (Überschlagen -*• Rotation, Zurückfal­len -»• Oszillation). Tatsächlich zeigt die Computersimulation, daß hierin die Komplexi­tät der Bewegung gründet. Unter dem Einfluß der Schwerkraft steht es bei mittleren Energien immer wieder „auf des Messers Schneide", ob die Bewegung so oder so verläuft.

Unabhängig von den bisher diskutierten Bewegungstypen können und müssen wir noch die Unterscheidung zwischen periodischer, quasiperiodischer und chaotischer B ewegung erörtern. P e r i o d i s c h ist die Bewegung, wenn sie in regelmäßiger Folge zur Ausgangssitua­tion zurückkehrt. Die meisten Anfangsbedingungen führen nicht zu solchen periodi­schen Bewegungen - auch R e s o n a n z e n genannt. Wir werden jedoch weiter unten sehen, daß Resonanzen eine wichtige Rolle für das globale Verständnis der Dynamik spielen, eben weil sie eine ausgezeichnete Wahl der Anfangsbedingungen erfordern. Als auffälligste Resonanz erweist sich die Bewegung, bei der das erste Pendel mit genau der Periode schwingt, mit der das zweite rotiert. Allgemeiner finden wir für jeden in Tabelle 1 erwähnten Typ Resonanzen, wenn die Bewegungen der beiden Winkel je für sich perio­disch sind und wenn die Perioden im Verhältnis ganzer Zahlen zueinander stehen.

Q u a s i p e r i o d i s c h heißt die Bewegung, wenn sie in regelmäßiger Folge wieder in die Nähe der Ausgangssituation führt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die beiden Winkel je für sich periodisch sind mit irrationalem Verhältnis der beiden Perioden. Das ist offen­bar eine weniger einschränkende Bedingung als die für Resonanzen. Häufig jedoch ist eine Zerlegung der Bewegung in zwei für sich genommen periodische Bewegungen nicht möglich. Dann nennen wir die Bewegung c h a o t i s c h . Typisch wäre etwa der Fall, daß ein Pendel zunächst rotiert, dabei aber Energie an das andere Pendel abgibt und in sei­ner Rotation langsamer wird, bis es schließlich an den Punkt der folgenreichen Entschei­dung kommt: schlägt es noch einmal über oder kehrt es um. An solchen Punkten trennen sich die Trajektorien von Doppelpendeln, auch wenn sie anfangs lange Zeit eng beieinan­der gelegen haben.

Der Film illustriert diese Unterscheidung der Bewegungsformen mit dem folgenden Trick. Man denke sich im Punkt der zweiten Pendelmasse ein Lämpchen angebracht und nehme dessen Leuchtspur auf. Eine periodische Bewegung liefert dabei eine geschlossene Spur (Abb. 2a). Die Spur einer quasiperiodischen Bewegung ist ähnlich regelmäßig, wenn auch nicht in sich geschlossen (Abb. 2b). Die chaotische Bewegung hinterläßt eine charakteristisch andersartige Spur (Abb. 2c); zwei zunächst sehr ähnlich verlaufende Spuren divergieren plötzlich, wenn sie am Scheideweg zwischen Oszillation und Rotation ein wenig differie­ren (Abb. 3). Wir haben das Auseinanderlaufen der Trajektorien für einen besonders chaotischen Fall (E = 4, siehe unten) im folgenden Computerexperiment studiert. Für etwa 20 zufällig gewählte Anfangssituationen betrachten wir je zwei B ahnen, die zunächst um lediglich 10"6

Winkeleinheiten getrennt sind. Wir tragen in Abb. 4 den Logarithmus der Winkeldif­ferenz gegen die Zeit auf. Trotz starker Schwankungen ist doch deutlich ein linearer Trend erkennbar, also ein exponentielles Anwachsen der Winkeldivergenz. Zur Illustra­tion dessen, was Chaos hier bedeutet, haben wir abgeschätzt, daß ein Regentropfen in

8

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Abb. 3. Empfindliche Abhängigkeit von den Anfangsbedingungen. Zunächst sind die Spuren sehr ähnlich, dann laufen sie plötzlich auseinander, weil einmal (links) das äußere Pendel zurück­schwingt, während es rechts durchrotiert

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

1 km Entfernung mit seiner zusätzlichen Anziehungskraft einen Unterschied bewirkt, der unser Doppelpendel von etwa 1 m Größe nach zwei bis drei Minuten sichtbar beein­flußt (Reibung nach wie vor vernachlässigt). Ein solches Resultat verdeutlicht, daß chao­tische Bewegung über längere Zeit nicht vorhersagbar ist, auch wenn sie den einfachen Gesetzen der deterministischen Newtonschen Dynamik folgt.

E = 4

20 40 60 80

Abb. 4. Exponentielles Wachstum des Winkelabstands zwischen zwei anfangs eng benachbarten Trajektorien. Für E = 4 wurde der zeitliche Verlauf von etwa 20 typischen Bahnen verfolgt

3. Die Methode des Poincaré-Schnitts Bewegungen wie die des Doppelpendels sind so komplex, daß eine detaillierte Beschrei­bung des vollständigen Zeitverhaltens weder möglich ist noch unserer Intuition faßbar wäre. Für einen qualitativen Uberblick kommt es darauf an, diese Information sinnvoll zu reduzieren. Einen Vorschlag dazu machte vor beinahe 100 Jahren der französische Mathe­matiker H E N R I P O I N C A R É ([10]). Seine Idee besteht darin, die Bewegung nur zu bestimmten ausgewählten Zeitpunkten zu betrachten, die kontinuierliche Dynamik also zu diskretisieren. Man erhält so ein „Schnittbild" der Bewegung, eine Art Fingerabdruck, in dem man mit einem Blick perio­dische, quasiperiodische und chaotische Trajektorien identifizieren kann. Um dies zu verstehen, erinnern wir uns daran, daß die Bewegung zweckmäßig im 4-dimensionalen Phasenraum beschrieben wird, den die beiden Winkel q}„ <p2 und die zuge­hörigen Impulse L p L 2 aufspannen. Die Konstanz der Energie E = E (<p„ <p2, L „ L 2 ) bedeutet, daß die Bewegung auf eine 3-dimensionale Untermenge dieses Raums beschränkt ist, die sog. Energieschale. Poincarés Idee ist nun, diese Energieschale geeignet anzuschneiden und nur die Durchstoßpunkte der Trajektorien durch die Schnittfläche zu

10

Tecbn. Wiss./Naturw. 9/7 - C1574

betrachten. Eine periodische Bahn als in sich geschlossene Kurve erzeugt dabei nur end­lich viele Punkte. Eine quasiperiodische Bahn liegt dicht in einer zweidimensionalen Man­nigfaltigkeit, so daß ihr Schnittbild eine Folge von Punkten ist, die sich zu Linienstruktu­ren verdichten. Chaotische Trajektorien schließlich überstreichen dreidimensionale Untermengen der Energieschale; ihre Bilder im Pointcaré-Schnitt sind deshalb flächen¬haft verteilte Punktmengen. Die Frage ist, wie so ein Schnitt in praxi vorzunehmen sei. La. muß man damit rechnen, daß nicht alle möglichen Trajektorien durch einen einzigen Schnitt erfaßbar sind. Häufig aber legt das System selbst eine Wahl nahe, mit der alle oder doch fast alle Trajektorien angeschnitten werden. Im Falle des Doppelpendels z.B. gibt es Situationen, die im Verlau­fe fast jeder Bewegung immer wieder angenommen werden:

(i) (p2 = 0: gestreckte Konfiguration (ii) qjj = 0: senkrechte Hängelage des ersten Pendels (iii) (Pi + (p2 = 0: senkrechte Hängelage des zweiten Pendels

Für unseren Film haben wir die Schnittbedingung cp2 = 0 gewählt. Wir betrachten dann dieFolge der Schnittpunkte einer Trajektorie mit der <pj, L rEbene, der „Phasenebene des ersten Pendels". L 2 ist durch Vorgabe der Energie E im wesentlichen festgelegt; eine letzte Zweideutigkeit wird durch die Forderung (p2 > 0 beseitigt, d.h. wir betrachten eine gestreckte Konfiguration immer nur dann, wenn die Winkelgeschwindigkeit des zweiten Pendels positiv ist. (Mit der Forderung (p2 < 0 erhielten wir das Schnittbild der zeitgespie­gelten Trajektorien). .

Die anderen oben genannten Schnittbedingungen wären im Prinzip gleichberechtigt und wir ermuntern jeden Mechanik-Studenten, mit diesen Möglichkeiten zu experimentie­ren. Die <pls Lj-Ebene hat den einen Vorzug, daß sie im Grenzfall hoher Energie beson­ders einfache Schnittbilder liefert, da Lj dann eine Erhaltungsgröße wird. Die Methode des Poincaré-Schnitts besteht also darin, den kontinuierlichen Fluß auf der dreidimensionalen Energieschale durch eine zweidimensionale diskrete Abbildung zu charakterisieren, wobei als Bild eines Punktes der <pls Lj-Ebene der jeweils nächste Schnittpunkt der zugehörigen Trajektorie mit dieser Ebene definiert ist. Aufgrund allge­meiner Eigenschaften der Hamiltonschen Dynamik läßt sich sagen, daß diese Abbildung flächentreu ist (SIEGEL u. MOSER [12]). Im übrigen ist sie so einfach oder so komplex, wie es die zugrundeliegende Bewegung diktiert.

11

E = 6 E = 10

E = 50 E = oo

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C1574

4. Die Dynamik des Doppelpendels Betrachten wir nun eine Serie solcher Pomcaré-Schnitte (Abb. 5). Die einzelnen Bilder spiegeln das Langzeitverhalten von etwa 20 repräsentativen Bahnen wider; für jede gewählte Anfangsbedingung zeigen sie etwa 300 Schnittpunkte der Bahn mit der (piJLi-Ebene. Die Abszisse zeigt jeweils den Winkel (pi(-7t < (pi < 7t), die Ordinate den Gesamt¬drehimpuls. Alle Bilder beschreiben das mathematische Doppelpendel der Abb. Ib. Die zugehörigen Bewegungsgleichungen finden sich im Anhang als Spezialfall A = C = 2, B = 1. Für die (dimensionslose) Energie E finden wir nach (A 9)

E = \ iL? - (14- cos cp2) UL2 + \ (3 + 2 cos cp2) L2

2 1 2 - cos (p2 L J 4- 2(1 - cos <pi) +1 - cos (cp! + (p2) (1)

Dabei beschreibt der erste Term die kinetische Energie, der zweite die potentielle Energie der Massenpunkte im Schwerefeld. Typische Energiewerte erhalten wir, wenn wir die vier möglichen Ruhelagen betrachten (Abb. 6). Der minimale Wert E = 0 wird in der sta­bilen Ruhelage cpi = (p2 = 0 angenommen. Für cpi = 0, cp2 = n (E = 2) und cpj = cp2 = it (E = 4) ist jeweils eines der Pendel in seiner instabilen Lage. Für cpj = Tt, cp2 = 0 (E = 6) stehen beide Pendel köpf.

E--0 x

E=2

I I E=4 E=6

Abb. 6. Die Werte der dimensionslosen Energie E für die vier Ruhelagen (eine stabile und drei instabile) des Doppelpendels

Abb. 5. Poincaré-Schnitte für das ebene Doppelpendel bei verschiedenen Werten der Gesamtener­gie E (in Einheiten von mgl). Auf der Abszisse ist der Winkel cp t des inneren Pendels, auf der Ordi­nate der entsprechende Drehimpuls L i aufgetragen. Die Bewegung wird immer dann aufgezeigt, wenn <p2 = 0 und (p2 > 0 sind. Jedes Bild wurde aus etwa 10 bis 20 Anfangsbedingungen und 300 Folgepunkten generiert. Mit Hilfe der Farbe können verschiedene Orbits unterschieden werden. Das letzte Bild zeigt den integrierbaren Fall E = °° oder g = 0, wobei der Drehimpuls konstant bleibt. Die Ordinate (pi = 0 und ihr Bild unter der Poincaré-Abbildung sind in weiß gezeigt

13

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Als den Bereich niedriger Energie können wir demnach Werte E « 1 bezeichnen, wäh­rend Energien E » 10 als hoch gelten mögen. Im mittleren Energiebereich 1 < E < 10 erwarten wir komplexes Verhalten. Genau das zeigt die Bilderserie des Films bzw. der Abb. 5 .FürE < lundE > 50 wird die Dynamik von regelmäßigen Bewegungsformen beherrscht. Es gibt einige prominente Resonanzen (periodische Orbits) und im übrigen vor allem quasiperiodische Bewegung (Linienstrukturen). Der Film erläutert an edichen ausgewählten Orbits den Zusammen­hang von ursprünglicher Bewegung und ihrer Spur im Poincaré-Schnitt. Es werden ins­besondere alle auffälligen Resonanzen interpretiert, so daß die Bilder nach einiger Gewöhnung einen lebendigen Inhalt erhalten. Die Farben dienen zur Identifikation ein­zelner Orbits (alle Punkte eines Orbits tragen dieselbe Farbe), es wurde aber aus Gründen der Übersichtlichkeit davon abgesehen, jedem Orbit eine eigene Farbe zu geben. Statt dessen unterscheiden die Farben, vor allem bei hohen Energien, die verschiedenen Bewe­gungstypen. Im mittleren Energiebereich dominiert das Chaos in Form flächenhaft verteilter Punkte der meisten Orbits. In Teilbereichen der Energieschale ist die Bewegung also nun ergo-disch, es gibt keine klar definierten Bewegungstypen mehr, die langfristig erhalten blei­ben. Die Reste geordneter Bewegung gehen nach und nach verloren, wenn wir uns dem Energiewert E = 4 annähern. Wie erratisch dort das Verhalten des Doppelpendels tat­sächlich ist, haben wir im Zusammenhang mit der Abb. 4 diskutiert. Eine solche Serie von Bildern wirft natürlich Fragen auf; Fragen, die niemanden in den Sinn kamen, ehe Computergrafiken dieser Art sie nahelegten. Das betrifft einmal die Phä­nomenologie der Bilder: wie soll man sie beschreiben? Welches sind ihre charakteristi­schen Eigenschaften? Wo liegen und wie groß sind die wichtigsten Inseln (Resonanzen) ? Wie breit sind die markantesten Chaosbänder? Und vor allem: wie ändern sich diese Eigenschaften mit den Parametern des Systems, hier also mit der Gesamtenergie E? Gibt es da typische Szenarien, die womöglich in anderen Systemen ähnlich ablaufen? Auf diese letzte Frage gehen wir im nächsten Abschnitt ein. Eine andere Art von Fragen wollen wir dagegen hier ganz beiseite lassen. Sie betrifft das Verständnis dieser Bilder aus den Bewegungsgleichungen heraus. Die Schwierigkeit dieses Problems ist offenkundig, wenn man die einfachen Gleichungen (A10—13) vergleicht mit den Bildern, die sich aus ihnen entfalten. Generationen von Physikstudenten haben sich in der Herleitung der Gleichungen geübt und die Auswertung als Nebensache angesehen. Diese Haltung erweist sich nun als dem Verständnis der Systeme ganz unangemessen.

Neben den Himmelsmechanikern waren es vor allem die Plasmaphysiker, denen dies als drängendes Problem bewußt wurde. Denn wenn man ein magnetisch eingeschlossenes Plasma handhaben will, sollte man da nicht zuerst einmal das einzelne Elektron in der magnetischen Flasche verstehen, das eine ähnlich komplexe Dynamik besitzt wie das Doppelpendel? Aus diesem B emühen wurden in den letzten Jahren tatsächlich praktisch brauchbare Ver­fahren entwickelt, die es erlauben, die wesentlichen Eigenschaften der Dynamik aus den zugrundeliegenden Gleichungen herzuleiten (3,4,8,13).

14

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

5. Der Goldene Schnitt: Irrationalität und stabile Ordnung Der integrable Grenzfall E -*• ° ° liefert einen Poincaré-Schnitt von besonders einfacher Struktur (Abb. 5). Alle Folgepunkte eines anfänglich gewählten Punktes in der <pt J^j-Ebene (die wegen der zyklischen Natur der (pi-Variable als abgerollter Zylinder vor­zustellen ist) haben aufgrund der Drehimpulserhaltung denselben Lj-Wert. Und weil die Hamilton-Funktion von <pi nicht explizit abhängt, ist auch die <pi-Verschiebung von Schnitt zu Schnitt jedesmal die gleiche. Die Dynamik wird deshalb durch eine „Twistab­bildung"

beschrieben, wobei 2TT: W (Li) die Zunahme von <pi pro Periode der <p2-Bewegung ist. Der „Twist"-Charakter dieser Abbildung äußert sich in der Änderung des Winkelinkre-ments 27t W mit dem Drehimpuls. Man nennt W auch die W i n d u n g s z a h l der Abbildung, da sie angibt, wie viele „Windungen" (= Perioden) das erste Pendel pro „Win­dung" des zweiten absolviert. Im letzten Teilbild der Abb. 5 ist die Windungszahl als weiße Linie dargestellt, die angibt, wohin die Ordinate <pj = 0 in einem Schritt abgebildet wird. Es stellt sich nun heraus, daß Orbits mit rationaler und solche mit irrationaler Windungszahl sich grundsätzlich unter­schiedlich verhalten, wenn der integrable Grenzfall ein wenig gestört wird (durch Absen­ken von E bzw. Anschalten der Gravitation). Orbits mit rationaler Windungszahl bre­chen auf in Inseln und Chaosbänder, während solche mit „hinreichend irrationaler" Win­dungszahl zunächst lediglich verbogen werden. Bereits Poincaré wußte, daß periodische Orbits des integrablen Systems i.a. instabil sind gegenüber nichtintegrablen Störungen. Betrachte etwa den Orbit W = Vi im unteren Teil des grünen Bereichs der Abb. 5 G. Dort rotieren die beidenPendel gegeneinander, wobei der Winkel <pi für eine volle Umdrehung genau zwei Perioden des Winkels <p2 benötigt. Stellt man also anfänglich den entsprechenden Wert von Lj ein, so produziert die Abbil­dung (2) den periodischen Orbit

u n a b h ä n g i g v o n der W a h l des W i n k e l s <pi. Schalten wir nun die Störung an (Abb. 5 F ), so geht diese Entartung bzgl. <pi verloren. Es gibt jetzt nicht mehr unendlich viele periodische Orbits der Periode 2, sondern nur noch 2, einen elliptischen und einen hyperbolischen. Der elliptische Orbit erscheint in Abb. 5 F in Form der Zen­tren der beiden grünen Inseln; die zugehörigen hyperbolischen Punkte hegen zwischen den Inseln. Das Bild zeigt sie zwar nicht, eine detaillierte Analyse würde aber offenbaren, daß die hyperbolischen Punkte Zentren eines feinen Chaosbandes sind, welches die bei­den Inseln umgibt. Analoges gilt für alle Orbits mit Windungszahlen W = p/q (p, q teilerfremde ganze Zahlen). Sie erscheinen im Poincaré-Schnitt unter Störung als Kette aus q elliptischen

(2)

(3)

15

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Zentren, die von einem Chaosband mit q hyperbolischen Zentren umgeben sind. (Gele­gentlich gibt es je 2q periodische Punkte; wesentlich bleibt aber die Aufhebung der konti­nuierlichen Entartung im integrablen Fall.) Während wir also im integrablen Fall durch W = p/q eine L i n i e charakterisieren können, die unter der Poincaré-Abbildung inva­riant bleibt, gibt es im gestörten Fall nur noch einzelne P u n k t e dieser Art. Bedenkt man, daß die rationalen Zahlen dicht in den reellen liegen, so mag man zunächst kaum glauben, daß irrationale Windungszahlen ein drastisch anderes Verhalten an den Tag legen. Tatsächlich zeigt sich, daß die Breite der Chaosbänder zu Windungszahlen p/q mit wachsendem q sehr rasch gegen Null geht. Chaosbänder zu irrationalen Windungs­zahlen sollten demnach die Breite Null haben - die entsprechenden Linien wären also lediglich deformiert. ARNOLD ([1]) und MOSER ([9]) haben unabhängig voneinander mit mathematischer Strenge gezeigt, daß i n v a r i a n t e L i n i e n mit Windungszahlen W a u c h u n t e r S t ö r u n g e n noch existieren, wenn diese hinreichend klein sind und wenn W eine sog. diophantische Bedingung erfüllt: Für jede rationale Approxima­tion p/q muß eine Abschätzung der Art

möglich sein, mit festem c und x. Es läßt sich zeigen, daß die meisten irrationalen Zahlen eine solche Bedingung erfüllen. Sie läßt sich dazu verwenden, den Grad der Irrationalität einer Zahl W zu definieren. Denn der nach (4) geforderte Abstand zu den rationalen Zah­len wird größer, wenn x kleiner und c größer werden. Wir nennen eine Zahl W i i r r a ­t i o n a l e r als eine Zahl W 2 , wenn das zu W i gehörige minimale x kleiner und das maximale c größer sind als die entsprechenden Werte für W 2 . In diesem Sinne nun erweist sich das Verhältnis des Goldenen Schnitts als die irrationalste Zahl. Erinnern wir uns an die Definition: der Wert g teilt die Strecke 1 im goldenen Ver­hältnis, wenn der kleinere Teil 1 - g sich zu g verhält wie g zu 1. Also (1 - g) : g = g : 1. Daraus folgt sofort

Gelegentlich werden auch die Zahlen

G = l/g = l + g = 1.618034

oder g2 = 1 - g= 0.381966

als Goldener Schnitt bezeichnet. Ihnen allen ist gemeinsam, daß sie den größtmöglichen Abstand von den rationalen Zahlen haben, denn wenn W = g, G oder g2 und p, q beliebig, so gilt

(4)

g2-!- g-1 = 0, g = VJ-i = 0.618034 (5) 2

W (6)

16

E = oo E = 20

E=10 E = 9

Abb. 7. Diese Serie zeigt jeweils Ausschnitte der entsprechenden Bilder von Abbildung 5. Sie demonstriert das Schicksal einiger periodischer (W = 1/2,1/3, 2/5, 3/8) und einiger quasiperiodi­scher Orbits unter Störung. Der Orbit mit der goldenen Windungszahl W = g 2 = 0,3820 hält dem Einbruch des Chaos am längsten stand (Bild c). Bei E = 9 ist er auch zerfallen

17

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Keine Zahl erlaubt eine noch schärfere Abschätzung. Für eine genauere Diskussion ver­weisen wir auf Bücher über Zahlentheorie, etwa SCHRÖDER ([11]). Wir begnügen uns hier mit dem Hinweis auf die Kettenbruchentwicklung der Zahl g, die sich aus (5) unmit­telbar ergibt:

1 + g & 1+. 1 + 1 + .. (7)

Brechen wir die Folge der Brüche nach dem n-ten Schritt ab, so erhalten wir die n-te Ket-tenbmchapproximation gn für g. Es gilt

{ g l , g2, gn • • • } = { 1^, !, f, | , • • • ^ - . . } (8)

wobei die F n die bekannten Fibonacci-Zahlen sind: Fj = F 2 = 1, F n + 1 = F n + F n_i. Für G ist die n-te Kettenbrachapproximàtion G„ = Fn/F„_i, für g2 finden wir (g2)n = F n /F n + 2 . Die Bedeutung dieser Kettenbruchapproximationen liegt darin, daß sie für gegebene (oder kleinere) Nenner jeweils die beste rationale Annäherung an die irrationale Zahl W darstel­len. Die langsame Konvergenz der Folgen im Sinne von (6) rührt daher, daß die Entwick­lung (7) nur Einsen enhält, also die kleinstmöglichen ganzen Zahlen. Was aber hat das mit der Dynamik des Doppelpendels zu tun? Abb. 7 gibt darauf die Ant­wort. Wenn wir, vom integrablen Grenzfall E = ° ° ausgehend, die Energie erniedrigen und dabei anhand der Poincaré-Schnitte die Ausbreitung des Chaos verfolgen, dann sehen wir zunächst noch viele invariante Linien. Die einzelnen Chaosbänder sind relativ schmal, die Bewegung hat vorwiegend regelmäßigen Charakter. Allmählich aber ver­schwinden mehr und mehr dieser Linien; Chaosbänder verschmelzen zu größeren, und schließlich - etwa bei E = 10 - gibt es nur noch eine letzte solche „K A M - L i n i e" (so genannt nach den Mathematikern KOLMOGOROFF, ARNOLD und MOSER). Diese letzte Form regelmäßiger Bewegung, ehe e i n Chaos die ganze Energieschale überschwemmt, hat als Windungszahl das goldene Verhältnis:

W = g2 = 0.381 966 (9)

Woran erkennen wir das? Im Film untersuchen wir die Resonanzen, die zu den rationalen Approximationen 0, \, \, f, f , . . . ,^-n- j • • • gehören und die die lerne invariante Linie von oben und unten alternierend approximieren. Bei diesen Resonanzen rotiert der Winkel q>i genau F„-mal, wenn der Winkel cp2 F n + 2 Rotationen im entgegengesetzten Sinne voll­führt. Die Chaosbänder, die diese Resonanzen umgeben und etwa bei E = 20 (Abb. 7b) noch durch invariante Linien getrennt sind, sind bei E = 10 zu zwei großen Bereichen verschmolzen - getrennt nur noch durch die eine Linie, die einer gegenläufigen Rotation der beiden Pendel mit „goldenem Frequenzverhältnis" entspricht. Diese Beobachtung hat ohne Zweifel einen Hauch von Zahlenmystik an sich. Es scheint in der Tat, als rühre das Studium luchtlinearer Phänomene in vielen Bereichen an Fragen,

18

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C1574

die einmal Gegenstand von Spekulationen waren, dann aber lange Zeit geschlummert haben, weil die lineare Naturbetrachtung ihnen nicht gewachsen war. Die Entwicklung der Computertechnik muß hierbei als ganz entscheidend wichtiges Hilfsmittel der geisti­gen Durchdringung angesehen werden. Natürlich muß das Computerexperiment mit analytischen Methoden Hand in Hand gehen. Die Entwicklung des Goldenen Schnitts in dem oben beschriebenen Zusammen­hang gewinnt ihre Bedeutung erst auf der Grundlage des tiefen Verständnisses gestörter integrabler Systeme, das die KAM-Theorie (ARNOLD [1], MOSER [9]) und speziell die zahlentheoretische Bedingung (4) des Göttinger Mathematikers C.L. SIEGEL gebracht haben. Die KAM-Theorie hat aber andererseits in dem B ereich (E œ 10), in dem die letzte KAM-Linie zerfällt, längst die Grenzen ihrer Anwendbarkeit gesprengt, so daß ein Com­puterexperiment derzeit als die verläßlichste Quelle gesicherter Information gelten muß. Es kommt hinzu, daß solche „Experimente" eine gewisse UniversaHtät des hier beschrie­benen Szenarios nahelegen. Der Ubergang vom globalen Chaos wird nach CHIRIKOV ([3]), GREENE ([5]), E S C A N D E ([4]) undMACKAY ([8]) recht allgemein durch ein golde­nes Frequenzverhältnis charakterisiert. W i e allgemein das zutrifft, werden vermutlich erst weitere Computersimulationen enthüllen.

Anhang: Herleitung der Bewegungsgleichungen Wir betrachten zunächst die allgemeine Situation des physikalischen Doppelpendels, so wie es in Abb. 8 dargestellt ist. Die einzige Einschränkung besteht in der Annahme, daß der Schwerpunkt St des ersten Pendels auf der Verbindungslinie der Aufhängepunkte Aj und A 2 Hege. Wir definieren:

a : = Abstand zwischen den Punkten Au A 2

s; : = Abstand des Schwerpunkts S; vom Aufhängepunkt A; M; : = Gesamtmasse des einfachen Pendels i 0; : = Trägheitsmoment des Pendels i bezüglich A;

Abb. 8. Physikalisches Doppelpendel 9 •

19

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C1574

Es ist nun eine elementare Aufgabe, die Lagrange-Funktion für dieses System zu finden. Bei der kinetischen Energie geht man so vor, daß man zunächst die Translationsenergie der Schwerpunktbewegung und die Rotationsenergie bzgl. der Schwerpunkte identifi­ziert. Das Ergebnis läßt sich schließlich wie folgt ausdrücken:

T = z ( ® i + M 2 A 2 ) <Pi + M 2 S 2 a cos (p2 (Pi ( <Pi + <P2 ) + ^ A ^

+ 1 ©2 ( <Pl + <P2 f

Die potentielle Energie im Schwerefeld ist

V = g(M 1 s 1 +M 2 a)( l-cos(p 1 )+

+ g ( M 2s 2 ( 1 - cos ( cp! + cp2 ) )

Damit ist die Lagrangefunktion L = T - V gefunden und die Bewegungsgleichungen fol­gen auf bekannte Weise. Zum Zwecke numerischer Rechnung ist es immer angebracht, durch geeignete Skalie­rung zu dimensionslosen Größen überzugehen. Dabei wird außerdem die Zahl der auf­tretenden Parameter reduziert. Wir messen im folgenden

- Zeiten in Einheiten von i / a/g - Energien in Einheiten von gM2s2

- Dreliimpulse in Einheiten von M2s2-/ ag

und benennen die jetzt dimensionslosen Zeiten, Energien und Drehimpulse mit den übli­chen Symbolen, t, E, L;. Die Langrange-Funktion in diesen Einheiten lautet

^ = iAcpf+ COS (p2(p1((p1 + (p2) + iB((p 1 + (p2)2 A ^

- C ( 1 - cos cpi ) - ( 1 - cos ( cpi + cp2 ) )

Dabei sind die Parameter A, B, C wie folgt definiert:

A = (0! + M 2a 2 ) / M2s2a B =0 2 / M 2 s 2 a (A4) C = A - ( Øj - MjSja ) / M2s2a

In unseren Rechnungen wurde allein der Spezialfall der Abb. lb betrachtet, d.h.

a = si = s2, Mi = M 2 , 0! = 0 2 = JVLa2,

so daß gilt

A = C = 2, B = l . (A5)

Für einen Vergleich mit realen Pendeln wären die folgenden beiden Arrangements vermutlich interessanter.

20

Team. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

(i) Doppelpendel mit vier Massenpunkten, s. Abb. 9. Dieser Aufbau (evtl. mit negativem s,) erlaubt eine relativ behutsame Bewegung ohne allzu große Beanspruchung der Lager. Wenn alle vier Massen den gleichen Abstand L von den jeweiligen Drehpunkten haben, ist

Abb. 9. Doppelpendel mit vier Massenpunkten 2 an gleichlangen Armen der Länge L

A _ m 1 + m1' + m 2 + m2 , ß = ; m 2 + m2 » ç - A 2m[ m 2 - m2 m 2 - m2 m 2 ~ m 2

. (A 6) (ii) Doppelpendel aus homogenen Stangen, s. Abb. 10. Ein solches Pendel läßt sich besonders

leicht bauen. Nehmen wir gleich lange Stangen der Länge 2 L und definieren a bzw. a 1 > 2

durch a = a L, s; = aL , so gilt

Abb. 10. Doppelpendel aus zwei homogenen Stangen der Länge 2L

9

j^_o\ + a2 + V3 ß _ o| + Va ç _ « ( « + a 1 ) a o2 ' a o2 a o2

(A 7)

21

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C1574

Zum Beispiel könnte das erste Pendel in seinem Schwerpunkt aufgehängt sein und das zweite mit einem Ende am Ende des ersten. Dann wäre

a, = 0, a 2 = a = 1, so daß A = B =7,, C = 1.

Die Drehimpulse ergeben sich aus der Lagrange-Funktion (A 3) wie üblich

Li = |4p= ( A + B + 2 cos <p2 ) <pi + ( B + cos <p2 ) <p2 ^ ^

i(pY und mit ihrer Hilfe erhalten wir die Hamilton-Funktion

L 2 = = ( B + cos (p2 ) (pi + B (p2 O <P2

: AB-cos 2 <p2 [ ? B L i - ( B + C O S ( P 2 ) L i L 2 + i ( A + B + 2coscp2)L2 ] + ( A 9 )

+ C ( 1 - cos (pi ) + 1 - cos ( (pi + (p2 )

Die Bewegungsgleichungen können nun entweder als Euler-Lagrange-Gleichungen über Jîf(K 3) oder als Harniltonsche kanonische Gleichungen über ßf(K 9) hergeleitet wer­den. Für die praktischen Rechnungen erweist sich dabei der Lagrange-Formalismus als handlicher, während unsere physikalische Vorstellung eher an der Hamilton-Funktion anknüpft. Sie beschreibt die Bewegung wie folgt:

^IC^AB-cos 2 ( p 2( " ( B + C O S (P2)Li + (A + B + 2cos (p2)L2) (All)

Li = - = - C sin <pi - sin ( (pi + (p2) (A12)

L 2 = - ~ = - sin (p2 (pi ( (pi + (p2 ) - sin (cpj + (p2) (A13) » <p2

Dabei sind in (A13) die Winkelgeschwindigkeiten noch gemäß (A10,11) durch Impulse auszudrücken. Wie allgemein bekannt, ändert die Funktion %?= ßl?( «pi, L i , (p2, L 2 ) ihren Wert bei der Bewegung nicht. Nennen wir diesen Wert E, so fragt sich insbesondere, wie die Bewe­gung bei niedrigen und bei hohen Werten von E aussieht. Hierzu überlegen wir zunächst, daß wegen (A 4) und des Steinerschen Satzes gilt AB > 1, so daß der kinetische Ener­gieanteil von ß^eme positiv semidefinite Form in Li , L 2 ist. Der minimal mögliche Wert von ^Ist also Null und wird für (pi = (p2 = Li = L 2 = 0 angenommen. Für kleine E ( E « min (1, C) ) vollführen beide Winkel nur kleine Schwingungen, so daß bis zur quadratischen Ordnung in seinen Variablen entwickelt werden kann:

^ « Ä W - T T 2 i B U - ( B + l ) L I L 2 + i ( A + B + 2 )L | 1 +

A B - 1 L J ( A 1 4 )

+ \ ( C + 1 ) <pî + (pi q>2 + \ q>i

22

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C1574

Es ist eine einfache Übungsaufgabe, die Eigenschwingungen dieses Systems zu identifizie­ren. Machen wir in den Bewegungsgleichungen für die (PK den Ansatz (pK = cK elut, so fin­den wir das Eigenwertproblem

,2 B C - 1

Die zugehörigen Eigenfrequenzen lauten

" ' • 2 = 2(AB-1) { A + B C ± V ( A - B C ) 2 + 4 C } (A16)

Die Komponenten c1 ; c2 der beiden Eigenschwingungen lassen sich dann mit Hilfe von (A15) leicht bestimmen. Ein interessanter Spezialfall Hegt vor, wenn

A + 1 = C ( B + 1). (A17)

Er ist als das Problem von Glocke und Klöppel bekannt, seit 1876 die Kölner Kaiserglocke nicht schlagen woüte [13]. In jener Glocke war diese Bedingung nämHch zufallig erfüllt. Als Folge davon gilt für die langsamere Eigenschwingung ( <Ù\ = g^rr ) c 2 = 0> d.h. die beiden Pendel (Glocke und Klöppel) schwingen in der gestreckten Lage, so daß es nicht zu einem Anschlag komrnt.Bei der schnellerenEigenschwingung(u)i = B~~T/£ ) würden die Pendel zwar gegenphasig schwingen, da c2/ci = - (of - G)2 ), doch beim Glockenläu-ten ist in der Regel nur die langsamere Schwingung in Resonanz mit der Anregung. Das mathematische Doppelpendel mit Massenpunkten m „ m 2 und Längen lj, 12 kann die Bedingung (A17) nur als Grenzfall erfüüen. Dagegen erlauben die beiden durch (A 5) und (A 7) charakterisierten Konfigurationen eine Realisierung dieses Spezialfalls. Im Falle von (A 6) muß m'i geeignet gewählt werden:

/ _ m, ( m 2 + m'2 ) + 4 m^m? 1 3 m 2 - m'2 (A18)

was sich für m'2 = 0 auf mî = mi/3 reduziert, unabhängig von m2. Im FaUe (A 7) muß a so eingestellt sein, daß

a = ( 0 2 - a ' ) m ^ 2 ; (A19) für Oj = 0( Aufhängung des er sten Pendels im Schwerpunkt, bedeutet dies einfach a = o2. Für große E ( E^£> max ( 1, C) ) trägt die potentielle Energie in (A 9) nichts bei; die Träg­heitskräfte bestimmen allein das Verhalten des Systems. Dann ist (pi eine zyklische Variable und Li eine Erhaltungsgröße. In denBewegungsgleichungen(A 10 —13) kommt das darin zum Ausdruck, daß die Drehimpulse und die Winkelgeschwindigkeiten von der Größenordnung E 1 / 2 sind, die relative Änderung von L 2 gemäß (A13) ebenfaUs. Die relative Änderung von L] ist aber wegen (A12) proportional zu E" 1 / 2 .

23

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Zur Entstehung des Films Die Bahnen für die Poincaré-Schnitte wurden auf dem Siemens-Großrechner der Univer­sität Bj-emen berechnet. Die Bewegungen des Doppelpendels wurden mit einem 16-Bit Rechner (Nord 100) im Graphiklabor „Dynamische Systeme" der Forschungsgruppe „Komplexe Dynamik" der Universität Bremen simuliert. Die B erechnungen und Simula­tionen wurden dann in Form von Farbgraphiken auf einem hochauflösenden Rastermo­nitor (AED 767) dargestellt. Mit einer 35-mm-Filmkamera (Arriflex 35 BL) wurden bei einer Frequenz von 12,5 Bildern pro Sekunde diese Graphiken auf 35-mm-Fujicolor-Negativ-Film aufgezeichnet. Bei den Realsequenzen handelt es sich um Aufnahmen eines Doppelpendel-Modells von Prof. W. SlEGERT undj. L A U C K N E R .

Erläuterungen zum Film Wortlaut des gesprochenen Kommentars1

Einmal angestoßen, bewegt sich dieses Doppelpendel unter dem Einfluß der Schwerkraft auf äußerst verwickelte Weise. Während es aufgrund geringer Reibung allmählich an Energie verliert, verändert es seine Bewegungsform. Besonders im mittleren Energiebe­reich ist die Bewegung unübersichtlich: Schlagen die Pendel noch einmal über - oder nicht mehr, wie hier das innere. Eine Vorhersage erscheint kaum möglich. Eine derart komplexe Bewegung zu beschreiben, bedarf es natürlich einiger Idealisierun­gen. In der folgenden mathematischen Beschreibung des Doppelpendels wird zum Bei­spiel von der Reibung völlig abgesehen. Außerdem wird angenommen, daß die Massen der beiden Pendel in Punkten konzentriert sind, wobei das äußere Pendel im Schwer­punkt des inneren aufgehängt ist. Der Einfachheit halber sollen die beiden Pendel gleich lang und die Massenpunkte gleich schwer sein. Die Konfiguration des Doppelpendels wird durch die beiden Winkel (pi für das innere und relativ dazu durch (p2 für das äußere Pendel beschrieben. Dieses mathematische Modell wird im folgenden im Computer simuliert. Wir zeigen zunächst in drei Computer-Experimenten, wie die Bewegung von der Energie abhängt.

E=0,5 E = 5 E=50 Dazu wählen wir typische Werte im niedrigen, mittleren und hohen Energiebereich. Beim niedrigen Energiewert 0,5 schwingen die beiden Pendel nur wenig um ihre stabilen Ruhelagen. Die Energie 5 reicht aus, um die Pendel zur Rotation um ihre Aufhängepunkte anzu­regen. Beim Energiewert E = 50 bewegen sich die beiden Pendel beinahe so, als gäbe es die Schwerkraft nicht. Dann ist neben der Energie E auch der Gesamt-Drehimpuls eine Erhaltungsgröße.

1 Die Kursiv-XJberschi'iiten entsprechen den Zwischentiteln im Film.

24

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Bewegungsformen: Types of Motion:

Periodisch Periodic Quasiperiodisch Quasiperiodic Chaotisch Chaotic

Die Bewegung kann periodisch, quasiperiodisch oder chaotisch verlaufen. Um die verschiedenen Bewegungsformen zu unterscheiden, nehmen wir im rechten Teil­bild die Spur des äußeren Massenpunktes auf, während links die Bewegung selbst abläuft. So haben wir ein Gedächtnis, das uns den Vergleich mit früheren Konfigurationen erlaubt. Bei der periodischen Bewegung erhalten wir eine in sich geschlossene Spur. Bei der quasiperiodischen Bewegung sieht die Spur zunächst ähnHch regelmäßig aus wie bei der periodischen; der Unterschied besteht darin, daß sie nicht in sich geschlossen ist. Verfolgen wir die Bewegung noch eine Weile weiter, so sehen wir, daß die Spur die Ebene ziemlich gleichmäßig ausfüllt.

Das Doppelpendel kehrt nie genau in eine Situation zurück, in der es schon einmal war. Die Bewegung ist daher also nicht periodisch. Das Pendel kommt aber in regelmäßigen Abständen wieder in die Nähe einer Anfangssituation - daher die Bezeichnung quasi­periodisch. Die chaotische Bewegung dagegen hinterläßt eine ziemlich unübersichtliche Spur. Achten Sie hier darauf, wie das äußere Pendel mal durchrotiert und mal zurückschwingt. Immer wieder steht es vor der Entscheidung für eine dieser Möglichkeiten, und es wählt sie im unregelmäßigen Wechsel. Es ist klar, daß dabei kleine Unterschiede in den Anfangsbedingungen große Folgen im späteren Bewegungsablauf haben. Hier starten zwei Doppelpendel mit fast gleichen Anfangsbedingungen. Für eine Weile erzeugen sie tatsächlich kaum unterscheidbare Spuren. Dann aber geraten sie an einen Scheideweg: Oben entscheidet sich das äußere Pendel fürs Zurückschwingen, während es unten durchrotiert. Von nun an sind die Bewegungen kaum noch ähnHch. Wiederholen wir die entscheidende Phase noch einmal: Jetzt trennen sich die Wege der beiden Pendel. H E N R I P O I N C A R É hatte eine Idee, wie man die Komplexität dieser Bewegung veran-schauhchen könnte. Er schlug vor, statt des voHständigen Zeitverlaufs nur ganz bestimmte Situationen zu verfolgen. Zum Beispiel könnte man immer dann eine Momentaufnahme machen, wenn das Doppelpendel in der gestreckten Lage ist und das äußere Pendel dabei eine positive Winkelgeschwindigkeit hat. . . . . . etwa jetzt... und jetzt... und jetzt. In solchen Momenten müßte man den Winkel <pj des inneren Pendels und den dazugehö­rigen Drehimpuls messen und diese gegeneinander auftragen. Man erhielte auf solche Weise einen Punkt der sog. Phasenebene des inneren Pendels. Während die Bewegung fortschreitet, wartet man auf die Wiederkehr von solchen gestreckten Konfigurationen und trägt Punkt für Punkt in die Phasenebene ein.

25

Techn. Wiss./Natmw. 9/7 - C1574

Entstehung eines Poincaré-Schnitts Generation of a Poincaré Section Das rechte große Feld ist die Phasenebene des inneren Pendels, in der der Winkel (pi nach rechts und der dazugehörige Drehimpuls nach oben aufgetragen werden. Wir wählen darin einen willkürlichen Anfangspunkt und verfolgen die Bewegung, bis die gestreckte Konfiguration wieder erreicht ist... . . . jetzt! . . . und jetzt... und jetzt. Jedesmal erhalten wir durch Vermessung des Winkels (pi und des dazugehörigen Dreh­impulses einen neuen Punkt in der Phasenebene. Unten links läuft die Spur dieser Bewegung von nun an in einer neuen Auftragung: Nach rechts ist der Winkel (pi des inneren, nach oben der Winkel (p2 des äußeren Pendels auf­getragen. Nach einer Weile haben die so erzeugten Punkte sich zu einer Linie verdichtet: Typisch für eine quasiperiodische Bewegung. Die elliptische Form dieser Linie deutet auf eine Resonanz im Zentrum hin. Wählten wir als Anfangspunkt das Zentrum der Ellipse, so rotiert das äußere Pendel mit genau der Frequenz, mit der das innere Pendel schwingt. Die Bewegung ist periodisch, im Poincaré-Schnitt ergibt sich immer wieder derselbe Punkt. Wir wählen eine dritte Anfangsbedingung und verfolgen wieder im D etail die Entstehung der ersten Punkte. Sie bilden schließlich eine Linie, die die Phasenebene durchzieht. Die B ewegung ist quasi­periodisch. Die vierte Anfangsbedingung ergibt eine Bewegung, die weniger regelmäßig verläuft. Das deutet sich in der Spur unten links bereits an. Nachdem die ersten fünf Punkte entstanden sind, wechselt das äußere Pendel seine Rota­tionsrichtung und für längere Zeit wird die gestreckte Konfiguration immer nur mit nega­tiver Winkelgeschwindigkeit durchlaufen. Es gibt daher keine Punkte im Poincaré-Schnitt . . . erst jetzt wieder kommen Punkte hinzu, die schließlich keineswegs auf einer Linie Hegen, sondern über eine Fläche in der Phasenebene verteilt sind. Die Bewegung heißt chaotisch, die Punkte im Poincaré-Schnitt erfüllen ein sog. Chaos­band. Aus einer Reihe weiterer Anfangsbedingungen, zu denen jeweils 300 Folgepunkte berechnet werden, ergibt sich schHeßHch dieses Bild. Die Poincaré-Schnitte lassen erahnen, wie unendHch reich die Dynamik eines solchen Doppelpendels ist. Kondensieren sie doch, für das Auge leicht erfaßbar, in einem Bild das Langzeitverhalten einer Vielzahl von Trajektorien. Sie zeigen, wie eng ineinander ver­woben - bei ein und derselben Energie - regelmäßiges und chaotisches Verhalten sein kann. Eine kleine Änderung in der Anfangsbedingung - und schon mag das Bild der Bahn ganz anders aussehen. Unter solchen Umständen werden Prognosen über längere Zeiten prak­tisch unmöghch: Das Systemverhalten wird in mancher Hinsicht unvorhersagbar, obwohl es doch über die Bewegungsgleichungen streng determiniert ist. Schauen wir uns nun, um eine Ubersicht zu erhalten, die Poincaré-Schnitte für. zwölf ver­schiedene Energien an.

26

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Poincaré-Schnitte zu verschiedenen Energien

Poincaré Sections at Different Energies

Beginnen wir mit der niedrigen Energie 0,5. Die weiße Linie umrandet den Bereich der Phasenebene, der bei dieser Energie zugänglich ist. Der Poincaré-Schnitt besteht im wesentlichen aus Linien. Er enthält zwei Hauptresonan­zen, entsprechend den beiden Eigenschwingungen. Bei der zentralen Resonanz schwin­gen die beiden Pendel gegenphasig. Ganz oben im Poincaré-Schnitt liegt die Resonanz, die der zweiten Eigenschwingung entspricht. Beide Pendel schwingen hier in Phase. Als eine Kombination dieser beiden Schwingungen kann man die Resonanz betrachten, die wir nun verfolgen. Die Linienstruktur dieses Poincaré-Bildes spiegelt die Regelmäßigkeit der Bewegungen bei dieser niedrigen Energie wider. Bei der doppelten Energie hat sich ein Teil dieser Linien bereits in Inselketten aufgelöst. Bei der Energie 1,5 ist Chaos deutlich sichtbar. Die zentrale Resonanz ist in zwei Reso­nanzen aufgespalten. Das Chaos beginnt zu dominieren, es läßt den Inseln von Ordnung nicht mehr allzuviel Raum. Uns interessiert, was aus der zentralen Resonanz nach der Aufspaltung geworden ist. Wir schauen uns zunächst für die linke Resonanz die Spur der Bewegung an: Sie hat die Form einer Ellipse, die im Uhrzeigersinn durchlaufen wird. Die rechte Resonanz entspricht derselben Spur, nur wird sie diesmal andersherum durch­laufen. Die beiden Resonanzen gehen also bei Zeitspiegelung ineinander über. Beim Wert vier der Energie finden wir nichts als Chaos. Aus diesem Chaos tritt bei weiterer Energieerhöhung wieder geordnete Bewegung her­vor, zunächst inForm der zentralen Resonanz, die wir uns nun genauer ansehen: Im glei­chen Takt, in dem das innere Pendel schwingt, vollführt das äußere eine Rotation. Bei weiter anwachsender Energie schrumpft der Bereich der Ordnung zunächst wieder. Doch schließlich tritt auch an anderen Stellen in der Phasenebene regelmäßige Bewegung auf. Wie etwa um diese Resonanz herum, die aus zwei Punkten im Poincaré-Schnitt besteht. Wir zeigen hier den Verlauf der zugehörigen Bewegung. Bei der Energie zehn schiebt sich zum ersten Mal eine Linie quer durch die Phasenebene und trennt das Chaos in zwei Bereiche, einen oberen und einen unteren, zwischen denen die Bewegung jetzt auch langfristig nicht mehr vermitteln kann. Bei noch höherer Energie treten immer mehr dieser durchgehenden Linien auf, dieBewe-gung wird immer regelmäßiger. Schauen wir, welche Hauptresonanzen bei hohen Energien auftreten. Die zentrale rote Resonanz haben wir bereits kennengelernt. Bei dieser Resonanz schwingt das äußere Pendel genau einmal, während das innere eine Rotation vollführt. Dies ist die zeitgespiegelte Version der eben betrachteten Resonanz. Die Spuren sind identisch, sie werden nur unterschiedlich durchlaufen.

27

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

In einem Chaosband versteckt finden wir hier noch eine Resonanz, bei der beide Pendel im Takt rotieren: Das Innere im Ulirzeigersinn, das Außere andersherum. Bei unendlich hoher Energie verschwinden die Chaosbereiche völlig. Der Drehimpuls ist eine Erhaltungsgröße und die Bewegung verläuft auf Linien, die zur q>i-Achse parallel He­gen. Sie läßt sich dadurch beschreiben, daß wir für die Punkte der Ordinate angeben, um wieviel sie in einem Schritt des Poincaré-Verfahrens nach rechts oder links verschoben werden. Das zeigen die weißen Linien an, die dieses Bild durchziehen. Verfolgen wir die Bewegung für einige typische Anfangspunkte, die wir auf der Ordinate wählen. Im oberen gelben Bereich rotiert das innere Pendel entgegen dem Uhrzeigersinn, während das äußere Pendel schwingt. Im blauen Bereich rotieren beide Pendel entgegen dem Uhrzeigersinn. Achten Sie darauf, wie von Punkt zu Punkt der Winkel (p, immer um den gleichen Betrag zunimmt. Dieser Anfangspunkt ist so gewählt, daß das Innere Pendel gerade nicht rotiert, sondern nur schwingt, während das äußere rotiert. Im grünen Bereich rotieren die beiden Pendel gegeneinander, so daß der Gesamtdrehim­puls gering ist. Im orangefarbenen Bereich schHeßlich ist die Bewegung bis auf Zeitspiege­lung dieselbe wie im gelben Bereich.

Zerfall der letzten KAM-Linie: Der goldene Schnitt

Decay of the Last KAM-Trajectory: The Golden Ratio

Lassen wir noch einmal die Poincaré-Schnitte bei steigender Energie Revue passieren. Zunächst dominierte die Ordnung in Form quasiperiodischer Bewegungen. AllmähHch machte sich das Chaos breit und bedeckte schHeßlich die ganzen Phasenebenen. Dann erschienen wieder Inseln geordneter Bewegung und hier bei Energie zehn zog sich erst­mals ein grünes Band quer durch die Phasenebenen. Diese Grenze zwischen zwei Chaos­gebieten wollen wir im folgenden genauer untersuchen. Aber erhöhen wir zunächst die Energie weiter. Es treten immer mehr trennende Linien auf, die man nach den Mathematikern KOLMO-GOROFF, ARNOLD undMoSER kurz KAM-Linien nennt. Schließlich besteht der Poinca­ré-Schnitt nur noch aus solchen KAM-Linien. Von hier aus woUen wir nun rückwärts das Szenario des Zerfalls der Ordnung bei abneh­mender Energie betrachten. Wir wissen, daß eine der grünen KAM-Linien als letzte über­leben wird. Betrachten wir also diesen Abschnitt des grünen Bereichs aus der Nähe. Als erstes schauen wir uns die wichtigsten Resonanzen an. Bei dieser Anfangsbedingung rotiert der Winkel cp2 genau doppelt so schnell wie cpi. Bei dieser Anfangsbedingung ist das Verhältnis der Winkelgeschwindigkeit genau 1:3. Diese Resonanz wird also durch drei Punkte charakterisiert. Zwischen den beiden eben gezeigten Resonanzen Hegt eine Resonanz von fünf Punkten, mit einem Verhältnis der Winkelgeschwindigkeit von genau 2:5- dieses Verhältnis nennt man die Windungszahl. Resonanzen haben stets rationale Windungszahlen, quasiperiodische Bewegungen da­gegen irrationale Windungszahlen.

28

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Zwischen den Resonanzen mit Windungszahl 1:3 und 2:5 liegt eine weitere mit der Win­dungszahl 3:8. Hier liegt ein einfaches Bildungsgesetz vor: Aus den beiden letzten Win­dungszahlen erhalten wir nämlich die jeweils nächste, indem wir einfach Zähler zu Zähler und Nenner zu Nenner addieren. Diese hier lautet folglich 5:13, die nächste dann 8:21 und so fort. Die Zahlen nähern sich rasch einer bestimmten irrationalen Zahl - und zwar dem Verhältnis des goldenen Schnitts. Wie wir sehen werden entspricht dieser irrationalen Windungszahl genau diejenige quasi­periodische Bewegung, deren KAM-Linie bei abnehmender Energie am längsten dem Chaos standhält. Bei Energie 20 sieht man die eben erörterten Resonanzen als auffällige Inselketten, da­neben grüne KAM-Linien und Chaosbereiche. Bei der Energie 10 sind die Resonanzen noch gut sichtbar, die Chaosbereiche haben sich ausgedehnt und werden nur noch durch eine einzige, nämlich die „letzte KAM-Linie" getrennt. Wählen wir einen Anfangspunkt auf dieser KAM-Linie und beobachten die letzte stabile, quasiperiodische Bewegung inmitten des Chaos. Erstaunlicherweise tritt das goldene Verhältnis nicht nur beim Doppelpendel, sondern viel allgemeiner als Windungszahl der letzten geordneten B ewegung am Rande des Chaos auf. Erniedrigen wir aber nun die Energie auf den Wert 9, so ist die goldene KAM-Linie zerfal­len - und mit ihr die höheren Resonanzen. Verfolgen wir die Bewegung von einem Anfangspunkt aus der Nähe der zerfallenen KAM-Linie, so sieht sie zunächst noch recht ordentlich aus, entwickelt sich dann aber doch so, wie wir es von chaotischen Bahnen nun schon gewohnt sind.

English Version of the Spoken Commentary1

Once set in motion, this double pendulum moves under the force of gravity in an extre­mely intricate manner. As it gradually loses energy due to slight friction, the type of motion changes. It is particularly hard to define in an intermediate energy range. The pen­dulum sometimes turns over once more . . . and sometimes falls back, like the inner pen­dulum here. It seems hardly possible to make a prediction. Some idealisation is of course necessary to describe motion as complex as this. The effect of friction will for example be completely disregarded in the following mathematical des­cription of the double pendulum. The two masses will also be presumed to be concen­trated in points in such a way that the outer pendulum is suspended in the mass point of the inner. For the sake of simplicity the two pendulums are assumed equally long and their masses equally heavy. The configuration of the double pendulum will be described by two angles, cpi, for the inner pendulum, and, relative to this, cp2 for the outer. This mathematical model will be simulated on the computer.

1 The headlines in italics correspond with the subtitles in the film.

29

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

First, we show in three computer experiments the relationship between motion and energy.

E=0.5 E= 5 £= 50 We choose typical values in the low, middle and high energy ranges. At the low energy value of 0.5 the two pendulums exhibit small oscillations around their stable equilibria. Energy 5 is sufficient to bring the pendulums into rotation around their respective suspen­sion points. At energy E = 50 the two pendulums move almost as if there were no force of gravity. In this case the angular momentum is a second conserved quantity besides the energy (E). Types of motion: Periodic Quasiperiodic Chaotic

The motion can be periodic, quasiperiodic or chaotic. While the actual motion is taking place on the left-hand side, we record the trace of the outer mass point on the right. This record enables us to make comparisons with earlier configurations, and we may distinguish between various types of motion. In the case of periodic motion the trace closes upon itself. In the case of quasiperiodic motion the trace looks almost as regular as periodic motion; the difference is that the trace is not closed. If we follow this motion for a while, we see that its trace covers the plane with pretty good regularity. The double pendulum never returns to exactly the same state in which it was previously. The motion is therefore not periodic. However, in regular intervals it returns to a close neighbourhood of its starting point - hence the term "quasiperiodic". Chaotic motion is very different in that it leaves behind a fairly irregular trace. Look carefully here at the way the outer pendulum sometimes rotates through and some­times swings back. Over and over again it is forced to decide between these two alterna­tives, and its choices are by no means regular. Clearly, small differences in the initial con­ditions have major consequences later on. Here we see two double pendulums starting under almost identical initial conditions. For a while their traces can hardly be distinguished. Then suddenly their ways part: at the top, the outer pendulum chooses to swing back, while at the bottom it rotates through. From now on there is hardly any similarity be­tween their motions. Let us repeat the critical phase. This is where the paths of the two pendulums separate. H E N R I P O I N C A R É had an idea how the complexity of this motion might be visualized. He suggested a strategy to record only particular moments rather than the complete process. For example one could always capture the situation where the double pendulum goes

30

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

through the stretched configuration with a positive angular velocity of the outer pendu­lum . . . . . . like now . . . now. . . and now. At such moments the angle <pi of the inner pendulum and its corresponding angular momentum should be measured and one plotted versus the other. In this way one would obtain a point of the so-called phase-plane of the inner pendulum. While the motion progresses, one waits for the return of such stretched configurations and records them in the phase-plane, point by point.

Generation of a Poincaré Section

The large area on the right is the phase-plane of the inner pendulum, in which the angle (pi varies along the abscissa while the corresponding angular momentum is given on the ordinate. We choose an arbitrary initial point and follow the motion until the distinguished stretched configuration has again been reached . . . . . . now! . . . and now. . . and now. Each time we measure the angle <pt and the corresponding angular momentum and there­by obtain a new point in the phase-plane. At the bottom left the trace of this motion is recorded. However, from now on we plot it in a different manner than before: The angle cpt of the inner pendulum is given horizon­tally while the vertical axis represents the angle cp2 of the outer pendulum. After a while the sequence of these points condenses into a line: this is typical of quasipe-riodic motion. The elliptical form of this line indicates resonance in the centre. When we choose the centre of the ellipse as a starting point, the outer pendulum rotates with exacdy the same frequency as the inner pendulum oscillates. The motion is periodic; the same point appears again in the Poincaré section. Now we take a third initial condition, and again follow in detail the generation of the sub­sequent points. They finally form a line that crosses through the phase-plane. The motion is quasiperiod-ic. The fourth initial condition produces a less regular type of motion. This can already be seen in the bottom left trace. After the first few points have been generated, the outer pendulum changes its direction of rotation, and for a while it passes the stretched configuration at negative angular velocities only. There are therefore no points in the Poincaré section. Only now do we see the reappearance of points. In contrast to the previous cases, how­ever, they are not confined to a line but are distributed over an area which in the long run they would fill densely. This type of motion is called chaotic; the points in the Poincaré section fill up a so-called "chaotic band". We calculate 300 successive points for each of a number of further initial conditions - and finally obtain this picture. The Poincaré sections give an indication of the rich complexity in the dynamics of a double

31

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

pendulum of this sort. They condense in one picture the long-term behaviour of a large number of trajectories, in a way that the eye can easily follow. They show how closely interwoven - at one and the same energy value - regular and chaotic behaviour can be. A small change in the initial condition - and the features of the eventual trace may be quite different. Under such circumstances long-term prognosis becomes practically impos­sible. The system's behaviour is in certain respects unpredictable, although of course, it is strictly detennined by the equations of motion. In order to get an overall view, let us now consider the Poincaré sections at twelve differ­ent energy levels. Poincare Sections at Different Energies

Let us begin with the low energy 0.5. The white line encircles the phase-plane area that is accessible at this energy. The Poincaré section consists essentially of lines. It contains two major resonances, which correspond to the two oscillating eigenmodes. At the central resonance the two pendulums oscillate out of phase. Right at the top of the Poincaré section is the resonance that corresponds to the second eigenmode. Both pendulums oscillate in phase here. The resonance we are now following can be viewed as a combination of the two eigen¬modes. The line structure of this picture reflects the regularity of the motions at this low energy. When the energy is doubled, some of these lines have broken up into chains of islands. At the energy 1.5, chaos is clearly visible. The central resonance has split into two reso­nances. Chaos begins to dominate, and little room is left for the islands of order. It is interesting to see how the central resonance has developed after the bifurcation. We first observe the trace of the left-hand resonance: it has the shape of an ellipse and evolves in a clockwise manner. The right-hand resonance produces the same trace, but this time it evolves in the opposite direction. The two resonances are therefore images of one another under time reversal. At energy four we find nothing but chaos. As the energy is raised further, order emerges again from the chaos, at first in the form of the central resonance that we are now going to observe: the outer pendulum completes a rotation at exactly the same frequency at which the inner one oscillates. At further increasing energy the ordered area seems to shrink again. But regular motion finally takes hold and also appears at other places in the phase-plane . . . . . . as for instance around this resonance, which consists of two points in the Poincaré sec­tion. Here we show the course of the corresponding motion. At energy ten we find for the first time that a line crosses all through the phase-plane and divides the chaos into two parts, an upper and a lower one, between which the motion can no longer mediate, even on a long-term basis. As energy is increased still further, more and more of these continuous lines appear, and the motion becomes more and more regular.

32

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Let us see what main resonances occur at high energies. We have already encountered the red resonance, so let us focus on some of the others. At this resonance the outer pendulum oscillates exacdy once while the inner pendulum completes one rotation. This is the time reflected version of the resonance we have just seen. The traces are identi­cal, but the motion progresses in opposite directions. We find another resonance hidden in a chaotic band. Here the two pendulums rotate in synchrony: the inner clockwise, the outer counter clockwise. At energy rising to infinity, or at vanishing gravity, the chaos disappears completely. The angular momentum becomes a conserved quantity, and the motion proceeds on lines that lie parallel to the (pi axis. We describe it by noting how much to the right or left the points on the ordinate are displaced in one step of the Poincaré process. This is shown by the white lines that cross this picture. Let us follow the motion for some typical starting points that we pick on the ordinate. In the upper yellow area the inner pendulum rotates counter-clockwise, while the outer one oscillates. In the blue area both pendulums rotate counter-clockwise. Note how from point to point the angle (p] always increases by the same amount. This starting point is so chosen that the inner pendulum does not rotate but only oscillates while the outer one rotates. In the green area the two pendulums rotate counter to one another, so that the total angu­lar momentum is small. Finally, in the orange-coloured area the motion, up to time reversal, is the same as in the yellow area.

Decay of the Last KAM-Trajectory: The Golden Ratio

Let us quickly recall the Poincaré sections as energy increases. At first, order dominated in the form of quasiperiodic motions. Then chaos spread and finally covered the whole phase-plane. Then islands of ordered motion reemerged, and here, at energy ten, a green belt appeared for the first time, crossing the phase-plane. In a little while we shall look at this boundary between two chaotic domains in greater detail. But first let us go on raising the energy. More and more separating lines appear, called KAM-lines for short after the mathematicians KOLMOGOROFF, ARNOLD and MOSER, who proved their existence. The final Poincaré section is composed of such KAM-lines only. From here on we are going to move backwards to follow the scenario of the decay of order as energy decreases. We know that one of the KAM-lines will be the last to survive. Let us therefore look at this section of the green area in close-up. The first thing we do is to look at the most important resonances. For this initial condition the angle (p2 rotates exactly twice as fast as q>i. For this initial condition the ratio of the angular velocities is exactly 1:3. This resonance is therefore characterised by three points. Between the two resonances just shown, there lies a resonance of five points with a ratio of the angular velocities of 2:5 - this ratio is called the "winding number".

33

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C 1574

Resonances always have rational wmding numbers, while quasiperiodic motions have irrational winding numbers. Between the resonances with winding numbers 1:3 and 2:5 there Hes another one with a winding number of 3:8. We begin to realize a simple algorithm. The two last winding numbers give us the next one, by simply adding numerator to numerator and denomina­tor to denominator. This resonance has accordingly the winding number 5:13, the next one 8:21, and so on. The numbers rapidly approach a particular irrational number - the golden ratio. As we shaU see, this irrational winding number characterizes the quasiperiodic motion whose KAM-line keeps chaos in check longest as energy is reduced. At energy 20 the resonances just described appear as conspicuous chains of islands, with green KAM-lines and chaotic bands beside them. At energy ten the resonances are sull clearly visible, while the chaotic bands have spread and are now confined by one line only, namely the "last KAM-line". Let us pick a starting point on this KAM-line and observe the last stable quasiperiodic motion in the middle of chaos. The remarkable fact that the golden ratio characterizes the last ordered motion before complete takeover by chaos, is not only true for the double pendulum. It is one of the amazing universal features of complex dynamics that computer experimentation has brought to Hght in recent years. If we now lower the energy a Httle, the golden KAM-line decays - and with it the highest resonances. When we foUow the motion of a starting point from somewhere near the decayed KAM-line, it seems at first to be pretty weU ordered, but then develops in a way we have now learnt to identify as chaotic.

Literatur [ 1] A R N O L D , V . l . : Mathematical Methods in Classical Mechanics. New York 1978. [ 2] B E R R Y , M . V. : Regular and Irregular Motion in: Topics inNonlinear Dynamics. Amer. Inst.

Phys. Conf. Proc. 46 (1978), 16-120. [ 3] C H I R I K O V , B.V.: A Universal Instability of Many-Dimensional Osczillator Systems. Phys.

Rep. 52 (1979), 263-379. [ 4] E S C A N D E , D.F.: Stochasticity in Classical Hamiltonian Systems: Universal Aspects. Phys.

Rep. 121 (1985), 165-261. [ 5] G R E E N E , J .M. : A Method for Determining a Stochastic Transition. J. Math. Phys. 20 (1979),

1183-1201. [ 6] H A M E L , G . : Elementare Mechanik, Nachdruck der 1. Aufl. von 1912, Stuttgart 1965. [ 7] L A N D A U , L.D. , und E.M. L I F S H I T Z : Course of Theoretical Physics, Vol. 1. Oxford 1980. [ 8] M A C K A Y , R.S.: Renormalization in Area Preserving Maps, Ph. D. Thesis Princeton 1982

(Univ. Microfilms Int., Ann Arbor, MI). [ 9] M O S E R , J. :Stable and Random Motions in Dynamical Systems, Princeton-University Press

1973. [10] P O I N C A R É , H . : Les Méthodes Nouvelles de la Mécanique Céleste. Paris 1892.

34

Techn. Wiss./Naturw. 9/7 - C1574

[11] S C H R O D E R , M.R.: Number Theory in Science and Communication, Heidelberg 1984. [12] SIEGEL, C.L., and J. M O S E R : Lectures on Celestial Mechanics, Heidelberg 1971. [13] W A L K E R , G .H. , andj. F O R D : Amplitude Instability andErgodicBehaviorforConservative

Nonlinear Oscillator System. Phys. Rev. 188 (1969), 416-432.

35