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9.1 Publizität – weiterführende Aspekte www.uni-graz.at/iuc/EU www.wiwi.uni-frankfurt.de/ Professoren/Ewert/EU Wagenhofer/Ewert 2007. Alle Rechte vorbehalten.

Publizität – weiterführende Aspekte

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Publizität – weiterführende Aspekte. www.uni-graz.at/iuc/EU www.wiwi.uni-frankfurt.de/Professoren/Ewert/EU  Wagenhofer/Ewert 2007. Alle Rechte vorbehalten. Ziele. Möglichkeiten, Prognosen und andere nicht verifizierte Informationen glaubwürdig bekannt zu geben - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Publizität – weiterführende Aspekte

9.1

Publizität – weiterführende Aspekte

www.uni-graz.at/iuc/EUwww.wiwi.uni-frankfurt.de/Professoren/Ewert/EU

Wagenhofer/Ewert 2007. Alle Rechte vorbehalten.

Page 2: Publizität – weiterführende Aspekte

9.2Ziele

Möglichkeiten, Prognosen und andere nicht verifizierte Informationen glaubwürdig bekannt zu geben

Effekte rechtlicher Publizitätsvorschriften

Auswirkung rechtlicher Vorschriften auf die Publizitätspolitik

Empirische Ergebnisse

Page 3: Publizität – weiterführende Aspekte

9.3

Offenlegung nicht verifizierter Informationen (1)

Verifizierung aller Informationen durch Prüfung?Verursacht Kosten Manche Informationen nur auf Plausibilität prüfbar In Rechnungslegungsvorschriften zT Schätzungen und

Annahmen vorgeschrieben Insbesondere bei Anlagenvermögen und Rückstellungen

Angaben im Anhang oder Lagebericht unmöglich überprüfbar

Erfordernis von Prognosen über die voraussichtliche Entwicklung im Lagebericht (§ 289 dHGB, § 243 öHGB)

Prognosen nicht einmal ex post auf Wahrheitsgehalt prüfbar

Page 4: Publizität – weiterführende Aspekte

9.4

Offenlegung nicht verifizierter Informationen (2)

Arten von Prognoseinformationen Mehrheitlich keine exakten Informationen Punktangaben Intervallangaben Komparative Angaben Mindest- oder Höchstbeträge Qualitative Informationen

Empirische Ergebnisse

Quelle: Skinner 1994

Page 5: Publizität – weiterführende Aspekte

9.5Empirische Ergebnisse (1)

Geschäftsberichte im Jahr 1992 von 285 börsennotierten deutschen Industrie-AGs (Sorg (1994)):

Berichtsgegenstand Anzahl Präzision der Aussagen Punkt Intervall komparativ qualitativ allgemein

Ertragslage/Ergebnis 161 2 1 37 73 48 Geschäftsentwicklung 136 0 0 10 40 86 Umsatz 91 10 1 47 18 15 Absatz/Nachfrage 90 5 1 36 18 30 Gesamtwirtschaft 85 6 0 8 20 51 Kostenentwicklung 82 2 0 23 17 40 Branchenentwicklung 68 6 1 7 23 31 Kapazität/ Beschäftigung 60 1 0 12 11 36 Marktanteile 55 1 0 2 12 40 Wettbewerbsfähigkeit 55 0 0 2 16 37 Absatz Produktgruppe 54 2 0 22 13 17 Rationalisierungs-maßnahmen

50 0 0 0 2 48

sonstige 364 22 2 52 45 243 Gesamt 1351 57 6 258 308 722

Page 6: Publizität – weiterführende Aspekte

9.6Empirische Ergebnisse (2)

Präzision von positiver und negativer Information und Jahres- und Zwischenergebnissen abhängig

(Geringerer) Einfluss auf Marktpreise durch unpräzise Prognosen

Strategische Wahl des Präzisionsgrades Präzisere Prognosen von kleinen Unternehmen und

Unternehmen, denen viele Analysten folgen

Ausweisart Kursänderung (Angaben in Prozent) positiv negativ

Punktschätzung von Gewinn oder Umsatz 3,5 3,6 Bereichsschätzungen von Gewinn oder Umsatz 2,3 5,1

Qualitative Information über Gewinn oder Umsatz 3,5 12,4

Verschiedene betriebliche Informationen: Abschrei-bungen, Anlagenverkäufe, Beschäftigung, Auftragslage

5,3

13,2

Zahlungen an Aktionäre: Dividenden, Aktienaufkäufe 11,7 6,6

Kein Ausweis 73,7 59,1

Quelle: Kaznik/Lev 1994

Page 7: Publizität – weiterführende Aspekte

9.7

Glaubwürdigkeit nicht verifizierter Information (1)

Publizitätsanreize für nicht verifizierte Information

Nicht verifiziert: kein zwingend wahrheitsgetreuer Ausweis von Information durch das Unternehmen

Kenntnis der Bilanzadressaten über diesen ZustandBei nicht verifizierbaren Informationen Prüfung des

Wahrheitsgehaltes unmöglich oder mit sehr hohen Kosten verbunden

Intuitive Reaktion Ignorieren sämtlicher nicht verifizierter Informationen, um

Täuschung zu verhindern

Ignorieren als Gleichgewicht„Babbling“-Gleichgewicht

„Not all true statements convey information; they must be known to be true.“ (Stiglitz 1984)

Page 8: Publizität – weiterführende Aspekte

9.8

Glaubwürdigkeit nicht verifizierter Information (3)

Aber: Kursreaktionen durch Prognosen beobachtbar

Information offenbar relevant, obwohl nicht verifizierbar

Mögliche ErklärungenReputation des Unternehmens für die Qualität seiner

PrognosenEingeschränkte Informationsverzerrung auf Grund von

Plausibilitätsüberlegungen und sonstigen DatenSignaling, glaubwürdige Übermittlung über den Umweg eines

anderen SignalsUnter Umständen Gefahr einer KlageZielkonflikt hinsichtlich der Effekte des Ausweises

Page 9: Publizität – weiterführende Aspekte

9.9

Informativer Ausweis nicht verifizierter Informationen (1)

Zielkonflikte als wesentliche Einflussgröße

Cheap talk-ModelleCheap talk: beliebig machbare AussagenNicht verifizierbar, keine direkten KostenKein unmittelbarer Vor- oder Nachteil für den SenderBeeinflussung der Empfänger, nur Auswirkungen deren

Entscheidungen relevant für den SenderKeine Beschränkung der berichteten Information

Unterschied zum Signaling: direkte Beeinflussung des Nutzens des Senders durch das Signal (zB Dividende, Bewertungspolitik) beim Signaling

Page 10: Publizität – weiterführende Aspekte

9.10

Informativer Ausweis nicht verifizierter Informationen (2)

ModellannahmenUnternehmen auf Duopolmarkt mit Cournot-KonkurrenzAufnahmen von Mitteln in Höhe von EK am Kapitalmarkt Im Intervall y  [1, 2] a priori gleichverteilte InformationSteigender Marktwert bei günstiger Information

Konkurrenzreaktion aber nachteilig Mitteilung von ungünstiger Information bei ausschließlicher

Berücksichtigung der Konkurrenzgefahr

Page 11: Publizität – weiterführende Aspekte

9.11Struktur der Gleichgewichte (1)

Im Gleichgewicht kein Bereich an vollständig ausgewiesenen und geglaubten Informationen

Ausweisbereich D = (y1, y2) mit y1 < y2 Unterschiedliche Reaktion auf verschiedene y  D Maximierung der Zielerreichung bei y*  D Immer Anreiz zu Bericht m(y) = y*, unabhängig vom

tatsächlichen y Nichtglauben von m durch Adressaten und gleiche Reaktion

auf alle y  D, um nicht getäuscht zu werden

Stufenfunktion als Struktur einer Ausweisstrategie im Gleichgewicht

Wertebereich in n Partitionen zerlegtY1 = [1, y1], Y2 = (y1, y2], ..., Yn = (yn–1, 2]

Page 12: Publizität – weiterführende Aspekte

9.12Struktur der Gleichgewichte (2)

Immer Existenz eines Nichtausweisgleichgewichtes („babbling“)

Nur eine Partition Y1 = [1, 2] = Y

Existenz von Gleichgewichten mit wahrheitsgetreuer Berichterstattung der Partition m(y) = Yi für y Yi möglich

Hinreichend gegensätzliche ZieleZwei oder mehr Partitionen

Mögliche Interpretation Komparative Aussage (kleiner/größer)Ausweis von oberer bzw unterer SchrankeAber auch Ausweis eines m innerhalb der Partition Yi möglich,

in der y liegt

Page 13: Publizität – weiterführende Aspekte

9.13Beispiel (1)Informatives Gleichgewicht bei EK = 0,08 mit Partitionen Y1 = [1 ; 1,485] und Y2 = (1,485; 2]

Zwei Partitionen-Gleichgewicht nur für 0,0632 < EK < 0,1096

Information y

Ausweis m(y)

1 1,485 2

1,243

1,743

Y1 Y2

Interpretation m = Y2 als „Die Marktsituation wird nächsten Jahr tendenziell günstiger.“ oder ähnlich

Page 14: Publizität – weiterführende Aspekte

9.14

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0,35

0,4

0,45

1 1,2 1,4 1,6 1,8 2

Vor

teil

der

Par

titi

on´

Informationy 1

Ausweis von Y 1 günstiger

Ausweis von Y 2 günstiger

Zielwert bei Ausweis von Y 2

Zielwert bei Ausweis von Y 1

Beispiel (2)

Beweis für Gleichgewicht: Kein Anreiz abzuweichen

Page 15: Publizität – weiterführende Aspekte

9.15

Gründe für rechtliche Publizitätsvorschriften

Beurteilungsbasis: Situation ohne VorschriftenWirkungslosigkeit rechtlicher Vorschriften bei unravelingWirkung bei Anreizen zu Nichtbekanntgabe

Individuell Nachteile durch rechtliche Vorschriften für das Unternehmen

Einschränkung des EntscheidungsspielraumsKosten-Nutzen-Überlegungen bei AusweisentscheidungAber: Vernachlässigung der Kosten und Nutzen der Adressaten

Gründe für rechtliche RegelungenSchutz von AdressatenExterne Effekte von InformationenStandardisierung der Publizität

Page 16: Publizität – weiterführende Aspekte

9.16Schutz von Adressaten (1)

Ausgleich des InformationsstandesChancengleichheit von „schwachen“AdressatenVermutete Ineffizienz des Kapitalmarktes

„Naive“ AdressatenKeine skeptischen Erwartungen bei NichtausweisMarktpreis PN = E[y] bei NichtausweisNur Ausweis von überdurchschnittlich günstigen

Informationen y > E[y] und Überbewertung bei NichtausweisFalsche Erwartungen bei Publizitätspflicht irrelevant und

damit Schutz der „naiven“ Adressaten

Page 17: Publizität – weiterführende Aspekte

9.17Schutz von Adressaten (2)

Bewusste Nichtbeschaffung von Informationen durch „schwache“ Adressaten

Fixkosten der Beschaffung bei proportional mit Engagement steigendem Vorteil aus der verbesserten Informationslage

Desto größer das Budget, desto günstiger die BeschaffungÖkonomisch begründeter Nachteil, aber dennoch existent

Kosten der Erstellung und Offenlegung für das Unternehmen durch die Publizitätspflicht

Günstigere Informationserstellung durch das UnternehmenGesamtwirtschaftlicher VorteilDifferenzierungen der Publizitätsvorschriften nach

Unternehmensgröße und Börsennotierung

Page 18: Publizität – weiterführende Aspekte

9.18Externe Effekte von Information

Rechtliche Regelungen betreffen alle UnternehmenKeine isolierte Betrachtung von Änderungen, sondern

Berücksichtigung der BreitenwirkungzB Konkurrenzgefahr: Nachteil durch Ausweis der eigenen

Information vs. wertvolle Informationen über andere

Externe Effekte auf Seiten der NachfragerKosten der Publikation tragen letztlich die Eigentümer„Öffentliches“ Gut Information (kein Ausschlussprinzip) –

kostenloser Zugriff für potenzielle InvestorenKeine Unterproduktion durch rechtliche Vorschriften

Verhinderung möglicher ÜberproduktionSignaling-Gleichgewichte Investor Relations-Aktivitäten

Page 19: Publizität – weiterführende Aspekte

9.19Standardisierung der Publizität

Ökonomische Vorteile bei NetzwerkeffektenReduktion der Kosten der Anwendung eines Standards bei

zunehmendem Gebrauch zB Software, Datenübertragung, Telefon, Tastaturen

Bei Finanzinformationen Reduktion der Kosten der Adressaten durch Standardisierung

Vertrauen auf bestimmten Umfang, bessere Vergleiche, standardisierte Analysen möglich usw

Vorteile für das UnternehmenMehr Analysten, bessere Unternehmensvergleiche usw

Negative WirkungenEinzementierung eines bestimmten Standes der TechnikNicht immer bester Standard gewinnt das Rennen

Page 20: Publizität – weiterführende Aspekte

9.20

Beurteilung rechtlicher Publizitätsvorschriften

Gesamtwirtschaftliches GleichgewichtGesamter Nutzen > gesamte Kosten inklusive der direkten

Kosten der Erlassung und Durchsetzung

Meist Umverteilung und keine Pareto-Verbesserung

Interpersonelle Nutzenvergleiche notwendigQuantifizierung praktisch unmöglich

Empirische Analysen als AlternativeKapitalmarktwirkungen von neuen AusweisvorschriftenDurch Ergebnisse kaum fundierte Aussagen über

Vorteilhaftigkeit möglich

Page 21: Publizität – weiterführende Aspekte

9.21

Weiterentwicklung der Finanzberichterstattung

Regelungen gegenüber Anforderungen der Adressaten oft unzureichend

Experimente mit der Veröffentlichung zusätzlicher Informationen durch Unternehmen

Freiwillige Finanzberichterstattung in Zukunft möglicherweise rechtlicher Regelung unterworfen

Bei freiwilligen Informationen keine Anforderungen wie bei rechtlich verpflichtenden

Mängel allenfalls Auswirkungen auf Unternehmensreputation

WeiterentwicklungenValue Reporting, Business Reporting Auswirkungen neuer Informationstechnologien

Page 22: Publizität – weiterführende Aspekte

9.22Value Reporting (1)

Freiwillige Berichterstattung, die Investoren zusätzliche Informationen geben will

Viele Vorschläge, wie eine erweiterte Finanzberichterstattung allgemein und ein Value Reporting speziell gestaltet werden können

Arbeitskreises Externe Unternehmensrechnung der Schmalenbach-Gesellschaft (2002)

Drei Kategorien an empfohlenen Informationen aus den Grundsätzen für das Value Reporting entwickelt

Kapitalmarktorientierte Daten Informationen über nicht bilanzierte Werte des

Unternehmens Informationen über Strategie und Performance

Page 23: Publizität – weiterführende Aspekte

9.23Value Reporting (2)

Qualität der Information von Prüfung abhängigAngaben nach IFRS und US-GAAP sowie jene im

Lagebericht Gegenstand der WirtschaftsprüfungKeine Prüfung des freien Teil des GeschäftsberichtsViele Angaben nicht prüfbar (Wissensvorsprung des

Managements)

Page 24: Publizität – weiterführende Aspekte

9.24

Konzepte einer erweiterten Finanzberichterstattung

Von Standardsettern, zBBusiness Reporting Project des AICPA

Aus der Beratungspraxis, zBBalanced Scorecard (Kaplan/Norton)Value Chain Scoreboard (Lev)ValueReporting (Keegan et al)

Kaum Eignung für detaillierte RegulierungUnternehmensspezifische Informationen

ExperimentierphaseVertrauen auf freiwillige Angaben und InnovationenLasse den Markt entscheiden ...

Page 25: Publizität – weiterführende Aspekte

9.25

Auswirkungen neuer Informationstechnologien

Internet als Kommunikationsmedium Kosten und Nutzen von Information drastisch verändert„Demokratisierung“ der Finanzinformationen – praktisch

jederzeit und überall auf der Welt verfügbarReduktion der Kosten der Weiterverarbeitung und AnalyseAuch Vorteile für Unternehmen

Zusätzliche Präsentationsmöglichkeiten Sinken der gesamten Offenlegungskosten von Substitution

sonstiger Finanzberichte abhängig Inhalte zunächst unabhängig von der Verwendung

des InternetTendenz zu mehr freiwilligem Ausweis durch

Kostenreduktion oder NutzenerhöhungViele aktuelle Informationserfordernisse benötigen Internet

als Medium

Page 26: Publizität – weiterführende Aspekte

9.26

eXtensible Business Reporting Language (XBRL)

XBRL für die FinanzberichterstattungTeilmenge von eXtensible Markup Language (XML)Entwicklung durch Konsortium (AICPA und viele Unternehmen

aus Softwarebranche, Wirtschaftsprüfung ua)

Definition des Inhalts der Daten mit tagsDownload kontextabhängiger Einzeldaten automatisch mit

Suchmaschinen möglichVoraussetzung: Standardisierung der tags mit TaxonomienTaxonomien für US-GAAP verfügbar, für IFRS und deutsches

HGB in Entwicklung

Mögliche Folgewirkungen für die RechnungslegungAutomatische Suche und Verarbeitung von InformationenMehr Standardisierung?

Page 27: Publizität – weiterführende Aspekte

9.27Rechtliche und freiwillige Publizität

Veränderung des Anreizes zu freiwilligem Ausweis durch rechtliche Vorschriften

Rechtlich erzwungener und freiwilliger Ausweis sowohl komplementär als substitutiv möglich

Tendenziell eher Erwartung von Substitutivität Sonst: Änderung des Anreizes, eine bestimmte Information

freiwillig auszuweisen, durch verpflichtenden Ausweis einer anderen

Zulässigkeit freiwilliger PublizitätFreiwillige Zusatzangaben grundsätzlich erlaubtSchutz der Unternehmen vor zu starkem unraveling für

Gesetzgeber relevant

Page 28: Publizität – weiterführende Aspekte

9.28

Interdependenzen zwischen Finanzinformationen

Auswirkungen bei Zusammenhang zwischen zwei Informationen

Beide Informationen stochastisch voneinander abhängig Beobachtung einer Information lässt Schlussfolgerungen auf

den Wert der anderen zuBewertungszusammenhang

Unterschiedlicher Einfluss einer Information auf die Zielfunktion, je nach dem Wert der anderen Information

Interdependenz der mit den Informationen verbundenen Kosten

Economies of scale der Informationsbeschaffung

Page 29: Publizität – weiterführende Aspekte

9.29

Auswirkungen der Publizität auf operative Entscheidungen

Publizität kann Auswirkungen auf die operative Geschäftstätigkeit haben

Beispiel: Segmentberichterstattung Unternehmen in zwei Produktmärkten Bei umfangreicherer Segmentberichterstattung Reaktion des

Unternehmens durch Verzerrung (Reduktion) der ProduktionsmengeSignalisiert ungünstige Märkte und versucht Eindringen zu verhindern

Trade-off von geringerem Gewinn in Periode 1 mit höherem Gewinn in Periode 2, wenn Eindringen verhindert werden kann

Verzerrung des Gewinns bei Segmentberichterstattung größer und somit geringerer sozialer Wohlstand

Page 30: Publizität – weiterführende Aspekte

9.30Ausweisstetigkeit

Stetigkeitsprinzip für die Form der Darstellung (§ 265 Abs 1 dHGB, § 223 Abs 1 öUGB)Bilanz- und GuV-Gliederung, Angabe der Vorjahreszahlen

Ausweisstetigkeit bereits gegebener InformationErschwertes Reduzieren, Ausweitung der Publizität aber

möglich

FinanzberichterstattungKein gesetzliches Stetigkeitsprinzip für ZusatzinformationFaktisches Erfordernis durch Wünsche der Adressaten

Singuläre Entscheidungen Nur bei einmaligen InformationenAndernfalls Zusatzinformation über die Informationsqualität

Page 31: Publizität – weiterführende Aspekte

9.31Analyse der Ausweisstetigkeit (1)

Annahmen Informationssystem mit einmaligen Installationskosten Informationslieferung in jeder Periode möglichKein Wissen des Marktes über den Besitz des SystemsWahrscheinlichkeit für das Nichtvorhandensein

Informationen durch NichtausweisAusweiswahrscheinlichkeit F(D) und Revision von auf

1( {})(1 ) ( ) (1 )

mF N

Keine Revision von nur dann, wenn F(N) = 1Sonst steigende a posteriori Wahrscheinlichkeit für NichtbesitzBei Nichtausweis relativ weniger Ausweis in der Folgeperiode

Page 32: Publizität – weiterführende Aspekte

9.32Analyse der Ausweisstetigkeit (2)

Freiwilliger AusweisFür Adressaten: Kenntnis des Inhalts und Wissen um den

Erhalt der Informationen in künftigen PeriodenWahrscheinlichkeitsrevision auf 1 = 0Skeptische Erwartungen und vollständiger Ausweis in den

FolgeperiodenNichtausweis in Folgeperioden unvorteilhafterFolge für das Unternehmen: Ausweis nur von sehr günstigen

Information

Relatives Absinken freiwilliger Publizität durch Konsequenz einer Ausweisstetigkeit

Bei einmal genommener Hürde aber mehr Ausweis

Page 33: Publizität – weiterführende Aspekte

9.33

Durchsetzung rechtlicher Regelungen

Gerichtsverfahren über Publizität seltenGesetzliche Sanktionen für Vorstand und Aufsichtsrat bei

falschen Angaben oder Verschleierung erheblicher UmständeGründe für seltene Verfahren: Schwere Nachweisbarkeit und

Interpretationsspielräume

Ad-hoc-Berichterstattung in den USAEffektivität durch Sammelklagen (class action suits)95% der Klagen außergerichtlich beendetVersicherungsprämien in Risikobranchen hoch

Page 34: Publizität – weiterführende Aspekte

9.34Safe Harbor Rules

Schutz vor Klagen bei explizitem Hinweis auf unsichere Erwartung

Safe Harbor Rules

„Das Kapitel „Ausblick“ sowie das Kapitel „Steigerung der Profitabilität“ und andere Kapitel in diesem Geschäftsbericht enthalten zukunftsbezogene Aussagen, die auf den Überzeugungen der DaimlerChrysler-Führung beruhen. Die Worte „antizipieren“, „glauben“, „planen“, „einschätzen“, „erwarten“, „beabsichtigen“, „schätzen“, „sollte“ und ähnliche Ausdrücke kennzeichnen zukunftsbezogene Aussagen. Solche Äußerungen spiegeln die aktuellen Ansichten und Annahmen von DaimlerChrysler über die Zukunft wider und sind Risiken und Unsicherheiten unterworfen. Viele Faktoren könnten bewirken, dass die tatsächlichen Leistungen und Ergebnisse von DaimlerChrysler entscheidend anders ausfallen, unter anderem können das sein: Veränderungen der allgemeinen Wirtschafts- und Geschäftssituation, Änderungen bei Wechselkursen und Zinssätzen, die Einführung von Wettbewerbsprodukten, fehlende Akzeptanz bei neuen Produkten oder Dienstleistungen, das Nichterreichen von Effizienz- und Kostenreduzierungszielen sowie Veränderungen in der Geschäftsstrategie. Ist-Ergebnisse können beträchtlich von den hier geplanten abweichen. DaimlerChrysler übernimmt keinerlei Verpflichtung, diese zukunftsorientierten Aussagen zu aktualisieren.“

Page 35: Publizität – weiterführende Aspekte

9.35

Ausweis negativer Informationen (1)

Anreiz zum Ausweis sehr ungünstiger InformationDurch Schadensgefahr in Form von Klagen und

Reputationsverlust

Analyse der Effekte des AusweisverhaltensVertretung der durch einen angeblich überhöhten Preis bei

Aktienkauf geschädigten Investoren durch RechtsanwaltSchadensbemessung nach dem Aktienkurs ohne Publikation

Pn bei Kauf und dem tatsächlich später eingetretenen, ungünstigeren Kurs P = y

Klageempfehlung bei Deckung der Verfahrenskosten VK durch den erwarteten Nutzen mit w als konstant angenommener Erfolgswahrscheinlichkeit der Klage

0NP y w VK

Page 36: Publizität – weiterführende Aspekte

9.36

Ausweis negativer Informationen (2)

Klageeinbringung bei y < y1 = PN – VK/w

Anreiz zur Verhinderung einer Klage durch das Unternehmen bei hinreichend hohen Kosten

Ausweis aller zu einer Klage führenden Informationen y < y1

Je höher Klagekosten aus Sicht des Aktionärs oder Rechtsanwalts, desto unwahrscheinlichere Klage

Desto höher w, desto wahrscheinlichere KlageeinbringungKeine Effekte einer Klagedrohung bei PN < VK/w

Auswirkungen auf ein Ausweisgleichgewicht

Page 37: Publizität – weiterführende Aspekte

9.37Empirische Studien

Unterschiedliche Anreize in GleichgewichtenEmpirische Tests schwierigViele, zum Teil voneinander abhängige Einflussfaktoren von Außenstehenden oft nicht beobachtbar

Großteil der Studien mit Kapitalmarktdaten, wenige explizite Tests von Prognosen

Experimentelle Forschung als AbhilfeKontrollierte UmweltbedingungenPrüfung der ModellergebnisseExperimenteller Test des unraveling-Prinzips

Tendenz zum vorhergesagten VollausweisgleichgewichtNachteil experimenteller Forschung: meist Studierende und

nicht in der Praxis entscheidende Personen als Subjekte

Page 38: Publizität – weiterführende Aspekte

9.38

Hypothesen zum Publizitätsverhalten

Verwendung von Surrogatgrößen für nicht beobachtbare Einflussgrößen

Voraussetzung: Starker Zusammenhang zwischen Erklärungs- und Surrogatgröße

Hypothesen erforderlichBeispiele für Surrogatgrößen

Strukturabbildungen wie Unternehmensgröße und Volatilität des Geschäfts

Performancegrößen wie der Gewinn Vom Management direkt entscheidbare Größen wie der

Gang an die Börse oder die Ausgabe junger Aktien, und nicht direkt entscheidbare Größen

Auswahl der Surrogatgrößen je nach Fragestellung

Page 39: Publizität – weiterführende Aspekte

9.39Surrogatgrößen (1)

Unternehmensgröße Meistverwendete Surrogatgröße idR gemessen über Umsatz oder Bilanzsumme

Hypothesen für wahrscheinlicheren Ausweis von größeren Unternehmen

Relativ geringere mit dem Erhalt und der Publikation zusammenhängende Kosten für größere Unternehmen

Marktbewertung für größere Unternehmen auf Grund von Kapitalbedarf relevanter

Große Unternehmen im Blickpunkt der Öffentlichkeit und der Finanzanalysten

Weniger Furcht vor Konkurrenzgefahr bei großen Unternehmen

Page 40: Publizität – weiterführende Aspekte

9.40Surrogatgrößen (2)

BörsennotierungBörsennotierte Unternehmen stärker an hohem Marktpreis

interessiert – mehr AusweisRelativ geringere Publizitätskosten durch Pflicht zu

Veröffentlichung von mehr Informationen – mehr Ausweis

BranchenzugehörigkeitUnterschiede in Konkurrenzsituation Imitationsverhalten innerhalb einer Branche

EigentümerstrukturAnzahl der Eigentümer, viele Eigentümer – mehr AusweisGroßer Anteil in öffentlicher Hand – mehr AusweisNationalität der Eigentümer oder Zugehörigkeit zu einem

Konzern – gleichförmigere Publizität in der Gruppe

Page 41: Publizität – weiterführende Aspekte

9.41Surrogatgrößen (3)

VerschuldungsgradMehr Ausweis von Unternehmen mit höherem

Verschuldungsgrad wegen des Interesses der KapitalgeberHypothese wenig plausibel, da vertragliche Verwendung von

Informationen

Erfolgssituation idR gemessen durch Kapitalrentabilitätskennzahlen Ex ante: Erhöhung der Konkurrenzgefahr durch günstige

Erfolgslage – weniger AusweisEx post: günstige Erfolgssituation als günstige Information

und Unterlegung mit Zusatzinformationen – mehr Ausweis

Page 42: Publizität – weiterführende Aspekte

9.42Surrogatgrößen (4)

WirtschaftsprüferHypothese: bei größerem Wirtschaftsprüfer mehr PublizitätGroße Wirtschaftsprüfer unabhängiger und

durchsetzungsfähigerMehr kumulierte Erfahrung und Kenntnis internationaler

Anforderungen bei großen und international eingebundene Wirtschaftsprüfer mit spezialisierten Mitarbeitern

Surrogatgrößen zum Teil mehr auf Vorurteilen als auf ökonomischen Begründungen basierend

Warum soll beispielsweise Wirtschaftsprüfer zu mehr freiwilliger Publizität raten?

Page 43: Publizität – weiterführende Aspekte

9.43

Signifikanz der unabhängigen Variable

Mögliche Gründe für Nichtsignifikanz Nichtzutreffen der Hypothese für Zusammenhang der

Variablen als wahrer Grund für nicht signifikante ErgebnisseKorrelation der erklärenden VariablenÜberlagerung des Ergebnisses durch nicht erfasste oder nicht

erfassbare EinflussgrößenKein Ausweis wegen Nichtbesitz der InformationKein Wissen über die Informationslage des Unternehmens

bei Nichtausweis – weitere Surrogatgrößen oder Beschränkung auf ausweisende Unternehmen notwendig

Gegenseitige Aufhebung der getesteten HypothesenAusweisstetigkeit vs. erstmalige PublikationsentscheidungSignifikanz des Ergebnisses bei einer Surrogatgröße für viele

potenzielle Einflussgrößen unklar

Page 44: Publizität – weiterführende Aspekte

9.44

Empirische ErgebnissePublizität allgemein

Anzahl der zusätzlichen Angaben und Ausweisindex

Sample 316 österreichische AG 1984

(Wagenhofer 1990b)

161 Schweizer no-tierte AG 1991

(Raffournier 1995)

100 deutsche notierte AG

1970/71 (Wasser 1976)

52 mexikanische notierte

Industrieges. 1982 (Chow/Wong-Boren

1987)

Ausweismedium Bilanz und GuV Geschäftsbericht Geschäftsbericht Prognosen

Geschäftsbericht

Erklärungskraft (R2) insgesamt

0,28 0,37 univariate Tests 0,14

Unternehmensgröße + + + +

Börsennotierung – n.s.

Branchenzugehörigkeit +/– (Branche) + (Exportanteil) +/–

Eigentümerstruktur – n.s. (verstaatlicht) + n.s. (Anteil unbekannter Eigner)

+ (PublikumsAG)

Verschuldungsgrad – n.s. – n.s. + n.s.

Erfolgssituation – n.s. + n.s. n.s.

Wirtschaftsprüfer + n.s.

Page 45: Publizität – weiterführende Aspekte

9.45

Empirische ErgebnisseFinanzinformationen im Internet

Finanzinformationen auf der HomepageFestlegung des Umfangs der Nutzung durch Kosten-Nutzen-

VergleicheEntstehende Informationskosten weitgehend unabhängig von

der UnternehmensgrößeMit der Größe des Unternehmens ansteigender NutzenNutzen umso größer, je mehr Adressaten

Empirische Studie über Umfang und Qualität der Finanzinformationen

Messung mit PublizitätsindexUnternehmensgröße und Streubesitz bei österreichischen

Unternehmen signifikant hoch, bei deutschen nicht

Page 46: Publizität – weiterführende Aspekte

9.46

Verschiedenen Formen der Finanzberichterstattung

Neben Jahresabschlüssen und Geschäftsberichten auch Investor Relations-Aktivitäten

zB öffentliche Präsentationen, Presseinformationen, Gespräche mit Analysten und großen Investoren

Einflussgrößen auf ein AusweisratingRatings für Geschäftsbericht, andere Publikationen und

Investor Relations Unternehmensgröße – positiv mit dem Rating verbunden,

zB mit Geschäftsberichts-Rating Variabilität der Rendite als Maß für die

Informationsasymmetrie – negativ, Geschäftsbericht Rendite – positiv, Investor Relations Variable zur Erfassung einer Kapitalmarktfinanzierung –

positiv, sonstige Publikationen

Page 47: Publizität – weiterführende Aspekte

9.47

Empirische Studien Publizität und Kapitalkosten (1)

Untersuchung der hypothesenkonformen Reaktion des Kapitalmarktes

Hypothese: Senkung der Eigenkapitalkosten bei mehr Publizität

Wesentlichstes Praxisargument für den Umstieg auf IFRS oder US-GAAP

Tests mit MarktgleichgewichtsmodellenSenkung der Eigenkapitalkosten als mögliche Folge von mehr

Information und dadurch bedingter Reduzierung des Schätzrisikos der Investoren oder größerer Marktliquidität

Eine Reihe von Bedingungen als VoraussetzungNettoeffekt auf die gesamte Information am Markt an sich

offen

Page 48: Publizität – weiterführende Aspekte

9.48

Empirische Studien Publizität und Kapitalkosten (2)

Test der Hypothese schwierigEigenkapitalkosten nicht beobachtbarAuch -Faktoren des Capital Asset Pricing Models nicht

hilfreich, weil Publizitätsumfang nicht erfasst

Studie von Botosan (1997)Errechnung eines impliziten Eigenkapitalkostensatzes

Berechnung des Market Value Added als Barwert der Residualgewinne (EVA)

Diskontfaktor als EigenkapitalkostensatzPublizitätsindex für den JahresabschlussErgebnis: prognostizierter negativer Effekt (dh höherer Index,

niedrigere Eigenkapitalkosten), jedoch nicht signifikant Nicht eindeutige theoretische Resultate über den Einfluss als

mögliche Erklärung

Page 49: Publizität – weiterführende Aspekte

9.49

Empirische Studien Publizität und Kapitalkosten (3)

Studie von Daske (2006) Schätzung der Eigenkapitalkosten über internen Zinssatz des

ResidualgewinnmodellsErgebnis: Kapitalkosten haben sich mit Übergang auf

internationale Rechnungslegung eher erhöht als vermindert

Alternative VorgehensweiseGeld-Brief-Spanne, Liquidität (erfasst über das

Handelsvolumen) und Aktienkursvolatilität anstelle der Eigenkapitalkosten

Ergebnis einer empirischen Studie: IFRS und US-GAAP anwendende Unternehmen mit signifikant geringerer Geld-Brief-Spanne und höherem Handelsvolumen

Page 50: Publizität – weiterführende Aspekte

9.50

Empirische Studien Bestimmte Angaben (1)

Gezielte Hypothesentests des Ausweisverhaltens einer ganz bestimmten Information

Schärfere Ergebnisse möglich Ausweisentscheidungen von Informationen oft gemeinsam„Günstig“ oder „ungünstig“ von Situation abhängig

Beispiel: Angaben zu PensionsrückstellungenTest von miteinander konkurrierenden EinflussgrößenBestehen von Publizitätskosten

Mehr Information bei niedrigeren Kosten Ausweis nur günstiger Informationen

Substituieren von Informationskosten der Marktteilnehmer Mehr Ausweis bei mehr Selbstbeschaffung von Information

durch die Marktteilnehmer bei Nichtausweis Weniger Ausweis bei Eigentümern mit hohem Anteil

Page 51: Publizität – weiterführende Aspekte

9.51

Empirische Studien Bestimmte Angaben (2)

SurrogatgrößenFür Publizitätskosten: Anzahl von Streiks, Lohnniveau und

Rentabilität des Unternehmens (ROA)Für Informationsbeschaffung: Anzahl der Anteilseigner,

Handelsvolumen, Ausgabe von AktienFür Wesentlichkeit: Anteil der Pensionsrückstellungen an der

BilanzsummeUnternehmensgröße und Notierung durch die SEC als

Kontrollvariablen

ErgebnissePrognostizierte Vorzeichen bei unabhängigen VariablenZutreffen des Einflusses von Publizitätskosten durch stark

signifikantes Lohnniveau und Rentabilität bestätigtFür Informationskosten nur das Vorhandensein von

Eigentümern mit hohem Anteil stark signifikant