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PV-System-Technik Entwicklungsstand und Trends in der dezentralen Elektrifizierung G. Cramer SMA Regelsysteme GmbH, Hannoversche Stra- ße 1-5, D-34266 Niestetal, Germany E-Mail: [email protected] W. Kleinkauf, M. Ibrahim Institut für Elektrische Energietechnik (IEE-EVS), Universität Kassel, Wilhelmshöher Allee 73, D-34121 Kassel, Germany E-Mail: [email protected] Die weltweiten Probleme in der Energieversorgung sind nicht nur auf die Beeinträchtigung des Klimas und der Umwelt zurückzuführen, sondern auch auf den steigenden Verbrauch und die sich ankündigende Verknappung fossiler Ressourcen. Der global steigende Konsum, insbesonde- re an elektrischer Energie und die Tendenzen der Liberalisierung verursachen gravierende Ver- änderungen sowohl im Bereich der Versorgungsnetze als auch bei der Erneuerung der Kraft- werkparks. Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Qualität der Energie sind ernsthafte Folgen. Es werden daher Lösungen gefordert, die technisch umsetzbar sind und den Anforderungen an Nachhaltigkeit entsprechen. Der Einsatz von Erneuerbaren Energien während der letzten Dekade hat gezeigt, dass sie wesent- lich zur Lösung der o. g. Probleme beitragen können – nicht nur aufgrund ökologischer Krite- rien, sondern auch aufgrund ihrer dezentralen Struktur. Dieser Artikel zeigt am Beispiel der pho- tovoltaischen Systemtechnik auf, welche Möglichkeiten der Integration in vorhandene und neu aufzubauende Versorgungssysteme bestehen, die auch zur Elektrifizierung entlegener Gebiete geeignet sind. 1 Photovoltaik in dezentralen Energiesystemen – das Konzept Bis heute werden elektrische Verbraucher vorrangig durch entfernt gelegene, zentrale Kraftwer- ke versorgt. Hierzu sind lange Übertragungswege und Verteilungsnetze erforderlich. Diese Ver- sorgungsnetze liefern dem Endverbraucher Wechselstrom mit nahezu konstanter Frequenz und Spannung (z. B. 230/ 400 V bei 50 Hz). Vorstellbar ist eine Ergänzung dieser Infrastrukturen durch dezentrale Systeme zur Wärme- und Stromerzeugung. Diese dezentrale Energieversorgung ist charakterisiert durch relative kleine Versorgungseinheiten, die sich in unmittelbarer Nähe zum Verbraucher befinden. Dadurch wird eine intensivere Nutzung von Elektrizität und Wärme ermöglicht und der Einsatz von vor Ort vorhandenen Energiepotentialen (besonders erneuerbare Energien wie z. B. Sonnenenergie, Wind- sowie Wasserkraft und Biomasse) verbessert. Zusätz- lich werden Energieverluste, die durch Spannungsumwandlung und lange Übermittlungswege und Leitungsverluste entstehen, minimiert. Zusammenfassend kann von einer Steigerung der Ge- samteffizienz ausgegangen werden, die einhergeht mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und der Erfüllung der Kriterien von Nachhaltigkeit. Diese dezentrale Struktur der Energieversorgung entspricht dem dezentralen Charakter der er- neuerbaren Energien. Abhängig von regionalen Bedingungen kann das Konzept entweder durch den Anschluss einer Photovoltaik-Anlage (im kW- oder im MW-Bereich) an das öffentliche Versorgungsnetz oder durch den Aufbau eines Stand-Alone- oder Insel-Systems zur Versorgung entlegener, nicht an ein Versorgungsnetz angeschlossener Verbraucher umgesetzt werden. Ent-

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PV-System-Technik

Entwicklungsstand und Trends in der dezentralen Elektrifizierung

G. Cramer

SMA Regelsysteme GmbH, Hannoversche Stra-ße 1-5, D-34266 Niestetal, Germany E-Mail: [email protected]

W. Kleinkauf, M. Ibrahim

Institut für Elektrische Energietechnik (IEE-EVS), Universität Kassel, Wilhelmshöher Allee 73, D-34121 Kassel, Germany E-Mail: [email protected]

Die weltweiten Probleme in der Energieversorgung sind nicht nur auf die Beeinträchtigung des Klimas und der Umwelt zurückzuführen, sondern auch auf den steigenden Verbrauch und die sich ankündigende Verknappung fossiler Ressourcen. Der global steigende Konsum, insbesonde-re an elektrischer Energie und die Tendenzen der Liberalisierung verursachen gravierende Ver-änderungen sowohl im Bereich der Versorgungsnetze als auch bei der Erneuerung der Kraft-werkparks. Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Qualität der Energie sind ernsthafte Folgen. Es werden daher Lösungen gefordert, die technisch umsetzbar sind und den Anforderungen an Nachhaltigkeit entsprechen.

Der Einsatz von Erneuerbaren Energien während der letzten Dekade hat gezeigt, dass sie wesent-lich zur Lösung der o. g. Probleme beitragen können – nicht nur aufgrund ökologischer Krite-rien, sondern auch aufgrund ihrer dezentralen Struktur. Dieser Artikel zeigt am Beispiel der pho-tovoltaischen Systemtechnik auf, welche Möglichkeiten der Integration in vorhandene und neu aufzubauende Versorgungssysteme bestehen, die auch zur Elektrifizierung entlegener Gebiete geeignet sind.

1 Photovoltaik in dezentralen Energiesystemen – das Konzept Bis heute werden elektrische Verbraucher vorrangig durch entfernt gelegene, zentrale Kraftwer-ke versorgt. Hierzu sind lange Übertragungswege und Verteilungsnetze erforderlich. Diese Ver-sorgungsnetze liefern dem Endverbraucher Wechselstrom mit nahezu konstanter Frequenz und Spannung (z. B. 230/ 400 V bei 50 Hz). Vorstellbar ist eine Ergänzung dieser Infrastrukturen durch dezentrale Systeme zur Wärme- und Stromerzeugung. Diese dezentrale Energieversorgung ist charakterisiert durch relative kleine Versorgungseinheiten, die sich in unmittelbarer Nähe zum Verbraucher befinden. Dadurch wird eine intensivere Nutzung von Elektrizität und Wärme ermöglicht und der Einsatz von vor Ort vorhandenen Energiepotentialen (besonders erneuerbare Energien wie z. B. Sonnenenergie, Wind- sowie Wasserkraft und Biomasse) verbessert. Zusätz-lich werden Energieverluste, die durch Spannungsumwandlung und lange Übermittlungswege und Leitungsverluste entstehen, minimiert. Zusammenfassend kann von einer Steigerung der Ge-samteffizienz ausgegangen werden, die einhergeht mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und der Erfüllung der Kriterien von Nachhaltigkeit.

Diese dezentrale Struktur der Energieversorgung entspricht dem dezentralen Charakter der er-neuerbaren Energien. Abhängig von regionalen Bedingungen kann das Konzept entweder durch den Anschluss einer Photovoltaik-Anlage (im kW- oder im MW-Bereich) an das öffentliche Versorgungsnetz oder durch den Aufbau eines Stand-Alone- oder Insel-Systems zur Versorgung entlegener, nicht an ein Versorgungsnetz angeschlossener Verbraucher umgesetzt werden. Ent-

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sprechend können dezentrale Photovoltaik-Systemkonfigurationen zur Versorgung mit Wechsel-strom wie folgt klassifiziert werden:

1. Photovoltaik in Versorgungsnetzen

• Ausschließlich Photovoltaik

• Photovoltaik mit Batteriespeicher

2. Photovoltaik in netzfernen Anwendungen

• Photovoltaik-Batterie-Systeme

• Photovoltaik-Hybridsysteme

Abb. 1: Darstellung der modularen und AC-kompatiblen Hybrid-Systemtechnologie mit standardi-sierten Modulen und der Möglichkeit, sowohl einzelne Verbraucher zu versorgen als auch Inselnetze zu bilden und in das öffentliche Netz einzuspeisen

Die in Abb. 1 dargestellten Versorgungskonfigurationen sind modular aufgebaut. Die netzge-koppelte Struktur (in Abb. 1 rechts) ist die z. Zt. vorherrschende Photovoltaik-Anwendung in den Industrienationen wie z. B. Europa, Japan und den USA. Wird in die PV-Anlage ein Spei-cher (üblicherweise eine Batterie) mit der entsprechenden „Energieaufbereitungseinheit“ integ-riert, erhöht dies die Sicherheit der Energieversorgung in schwachen Netzen (Backup-Funktion).

In photovoltaischen Anwendungen zum Aufbau von Insellösungen zur Versorgung von entfernt gelegenen Verbrauchern, die nicht an ein öffentliches Netz angeschlossen sind, wird die PV-Anlage zur Erhöhung der Versorgungssicherheit mit einem Batteriespeicher ausgestattet. Bei Anwendungen im größeren Leistungsbereich kann die PV-Anlage mit weiteren Energiewandlern (z. B. Windkonverter, Dieselgeneratoren) oder Speichereinheiten kombiniert und damit ein Hyb-ridsystem aufgebaut werden (siehe dazu Abb. 1).

Bis heute sind Blei-Säure-Batterien in ihren verschiedenen Ausführungen das vorherrschende Speichermedium in PV-Anwendungen von Insellösungen. Aufgrund der hohen Kosten (gut 100 €/kWh) wird eine Batterie jedoch nur zur kurz- und mittelfristigen Energiespeicherung ein-gesetzt. Zusätzlich werden unterstützend Generatoren integriert, z. B. durch Diesel- oder Mikro-turbinen angetrieben. Sie haben eine Backup-Funktion und sollen die Versorgungssicherheit die-

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ser photovoltaischen Stand-Alone-Systeme erhöhen. In Zukunft werden auch Brennstoffzellen als Backup-Einheiten an Bedeutung gewinnen.

2 Wechselrichter-Technologien für netzgekoppelte Systeme

Die derzeit bedeutendste Nutzung der Photovoltaik, stellen die PV-Anlagen zur Netzeinspeisung dar. Es existieren verschiedenste konzeptionelle systemtechnische Ansätze für solche Anlagen. Allen ist jedoch gemeinsam, dass der PV-Generator über einen Wechselrichter direkt mit dem Netz verbunden ist und die Solarenergie dort einspeist. Die Wechselrichter spielen daher eine Schlüsselrolle hinsichtlich Energieffizienz und Zuverlässigkeit. Ihre Aufgabe besteht nicht nur in der Umformung des durch die PV-Module erzeugten Gleichstroms (DC) in Wechselstrom (AC) mit der gewünschten Spannung und Frequenz (z. B. 230 V und 50 Hz), sondern auch darin, das PV-Feld im Maximum Power Point (MPP) zu betreiben. Darüber hinaus müssen die Wechsel-richter das Netz auch zuverlässig hinsichtlich Störungen überwachen und bei Netzfehlern die Einspeisung unterbrechen.

Heute existieren im wesentlichen drei Wechselrichter-Topologien und Anlagenkonfigurationen, die, unter Berücksichtigung der individuellen lokalen Bedingungen, jeweils gute technische Lö-sungen bieten:

- Zentralwechselrichter: Die Vielzahl der PV-Module einer großen Anlage (> 10 kW) wer-den zu Strings in Reihe und diese wiederum über String-Dioden parallel geschaltet. Der so strukturierte PV-Generator ist mit einem einzelnen zentralen Wechselrichter DC-seitig ver-bunden (siehe dazu Abb. 2a). Zentralwechselrichter bieten einen hohen Wirkungsgrad bei ge-ringen spezifischen Kosten. Modul-Fehlanpassung bzw. teilweise Verschattung verhindern allerdings die optimale Nutzung jedes einzelnen PV-Strings und mindern den erreichbaren Energieertrag. Darüber hinaus ist die Zuverlässigkeit der Anlage durch die Abhängigkeit von nur einem Wechselrichter begrenzt. Der Ausfall des Zentralwechselrichters führt zum Still-stand der gesamten Anlage.

- String-Wechselrichter: Wie beim Zentralwechselrichter wird auch hier das PV-Feld in Strings unterteilt. Allerdings wird dann jeder String mit einem eigenen String-Wechselrichter verbunden (siehe dazu Abb. 2b). Jeder String wird so im eigenen Maximum Power Point (MPP) betrieben. Die Stringtechnik minimiert das Auftreten von Fehlanpassungen, reduziert Verluste durch Verschattungen und vermeidet die Verluste durch String-Dioden und einer ausgedehnten DC-Generatorverkabelung. Diese überlegenen technischen Eigenschaften füh-ren zu einer Reduktion der Systemkosten und erhöhen den Energieertrag und die Zuverläs-sigkeit der Anlage. String-Wechselrichter des Typs „Sunny Boy“ haben erstmalig einen Standard in der PV-Systemtechnik für netzgekoppelte Anlagen gesetzt.

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Abb. 2: Schematische Darstellung einer PV-Anlage, die mit unterschiedlichen Topologien verbunden ist: a) Zentralwechselrichter b) String-Wechselrichter c) Modulintegrierter Wechselrichter

Multi-String-Wechselrichter: Der Multi-String-Wechselrichter erlaubt den Anschluss und den MPP-Betrieb mehrerer Strings über DC/DC-Wandler an einen gemeinsamen Leistungs-teil und bietet damit eine kompakte und preisgünstige Lösung bei Nutzung aller Vorteile der Stringtechnik. PV-Anlagen, bestehend aus Strings mit unterschiedlicher geographischer Ausrichtung (Süd, West, Ost) und daraus resultierend einem zeitlich zueinander versetztem Leistungsangebot können mit optimalem Wirkungsgrad betrieben werden. Multi-String-Wechselrichter werden in PV-Anlagen im mittleren Leistungsbereich von 3 – 10 kW einge-setzt.

- Modulintegrierte Wechselrichter: Hier verfügt jedes Modul über einen eigenen Wechsel-richter (siehe Abb. 2c), so dass keinerlei Anpassungsverluste auftreten können. Der Wir-kungsgrad von modulintegrierten Wechselrichtern bleibt allerdings hinter dem des String-Wechselrichters zurück. Modulintegrierte Wechselrichter benötigen einen erhöhten Verkab-lungsaufwand auf der AC-Seite, da jedes Modul der Anlage mit dem 230 V-Netz verbunden werden muss. Aufgrund der deutlich größeren Anzahl von einzusetzenden modulintegrierten Wechselrichtern, steigt der schaltungstechnische Aufwand deutlich an. Dieses Konzept findet daher im Wesentlichen nur Anwendung bei PV-Anlagen mit kleiner Leistung von 50 – 400 W.

Alle hier vorgestellten Wechselrichter-Konzepte sind derzeit am Markt verfügbar. Die Auswahl des geeigneten Wechselrichters muss sich an den vorgegebenen Einsatzbedingungen orientieren.

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3 Kostenentwicklung von netzgekoppelten Wechselrichtern

Neben den Modulkosten sind die Kosten und die Zuverlässigkeit der Wechselrichter die zentra-len Aspekte für die Marktfähigkeit von erneuerbaren Energien. Der Anteil des Wechselrichters macht ca. 10% – 15% der gesamten Investitionskosten einer PV-Anlage aus. Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der spezifischen Kosten der Wechselrichter (€/WAC) im kleinen und mittleren Leistungsbereich (1 – 10 kW). Die Graphik verdeutlicht, dass die Wechselrichterkosten in die-sem Leistungsbereich in der letzten Dekade um mehr als 50 % gesunken sind. Dies ist das Resul-tat aus dem Anstieg der Produktionszahlen aber auch der Einführung neuer Systemtechnologien (z. B. String-Wechselrichter). In der nächsten Dekade ist von einer weiteren Halbierung des spe-zifischen Preises auf 0,3 €/WAC im Jahr 2010 auszugehen. Auch diese Entwicklung ist jedoch nur als Ergebnis technischer Innovationen und entsprechend gestiegener Stückzahlen denkbar.

Abb. 3: Entwicklung und Prognose der spezifischen Kosten und Produktionsmengen für PV-Wechsel-richter mit einer Nennleistung zwischen 1 und 10 kW innerhalb zweier Dekaden (markiert ist der spezifische Preis der Produkte am Markt)

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4 Energieversorgung für netzferne Gebiete

In Gebieten ohne Anschluss an ein öffentliches Stromnetz sind PV-Anlagen in vielen Fällen die wirtschaftlichste Lösung für eine Basiselektrifizierung. Diese PV-Inselanlagen können entspre-chend ihrer Spannung (DC oder AC) klassifiziert werden. Nachfolgend ein Überblick über die unterschiedlichen Systemdesigns:

1. Solar-Home-Systems (SHS):

Alle Verbraucher und Erzeuger sind ausschließlich auf der DC-Seite gekoppelt (siehe dazu Abb. 4). Bis heute wurden mehrere hunderttausend SHS im Leistungsbereich bis ca. 200 W weltweit installiert, vorwiegend in den ländlichen Regionen von Asien, Afrika und Südame-rika. Unterstützt durch einen zusätzlichen kleinen Wechselrichter, kann der Nutzer das DC-System auch zum Betrieb von AC-Verbrauchern einsetzen.

Abb. 4: Solar-Home-System mit der Möglichkeit, AC-Leistung zu erzeugen.

2. Kleines, lokales AC-Netz mit DC-gekoppelten Komponenten:

Diese Technologie entstand aus den Anforderungen, AC-Verbraucher (mittlerer Leistungs-bereich) mit DC-Erzeugern zu koppeln und außerdem die Batterie auf der DC-Seite über ein Verbrennungsaggregat aufladen zu können (siehe dazu Abb. 5). Diese Anlagenkonfiguratio-nen dienen der Versorgung von entfernt gelegenen Verbrauchern mit einem höheren Ener-giebedarf im Vergleich zu den SHS (z. B. Farmhäuser, kleinere Betriebe oder Bauernhöfe). Der gesamte Leistungsbereich liegt zwischen 1 und 5 kW, die DC-Spannung reicht von 12 bis 48 V.

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Abb. 5: Kleines System mit AC-Leistung und DC-gekoppelten Komponenten

3. Modular gekoppelte AC-Systeme:

Durch Kopplung aller Verbraucher und Erzeuger auf der AC-Seite (siehe Abb. 6) können jetzt erstmals flexible Systeme mit modularen Komponenten aufgebaut werden. Entspre-chend der Anwendung und der verfügbaren Energiequellen lassen sich unterschiedliche er-neuerbare und konventionelle Energieträger integrieren. Wenn die Stromrichter und Ver-brennungsaggregaten dafür vorgesehen sind, ist ein Anschluss an das öffentliche Netz mög-lich. Außerdem kann das System durch zusätzliche Komponenten oder ganze Stromerzeuger einfach erweitert und damit dem wachsenden Energiebedarf angepasst werden. Diese Struk-turen können zur Versorgung aller elektrischen Verbraucher genutzt werden, auch für länd-liche Regionen in Entwicklungs- und Schwellenländern, wo Elektrizität, Wasserversorgung und Trinkwasserreinigung Grundbedürfnisse sind.

Die modulare, AC-gekoppelte Systemtechnik wurde erstmals vom Institut für solare Ener-gieversorgungstechnik (ISET e.V., Uni-Kassel) und der Firma SMA Regelsysteme GmbH entwickelt und zeigt ein großes Marktpotential in allen Ländern, in denen ein öffentliches Stromnetz in ländlichen Regionen fehlt. Der Leistungsbereich dieser Inselsysteme reicht von 3 – 100 kW und kann ein- oder dreiphasig realisiert werden. Wie oben beschrieben, verfügt das modulare System über eine Reihe von Vorteilen hinsichtlich der Anlagenplanung und des Aufbaus (Design, Installation, Erweiterbarkeit und Kompatibilität) und senkt gleichzei-tig die spezifischen Systemkosten.

Abbildung 7 zeigt eine Strategie zur Elektrifizierung auf der Basis eines modularen AC-gekoppelten PV-Systems. Die erforderlichen Schritte und Erweiterungsstrategien sind im Fol-genden zusammengefasst:

1. Ausgangssituation (Keine elektrische Versorgung)

2. Kleine PV-Batteriesysteme (AC-Kopplung)

3. Erweitertes PV-Batteriesystem (AC-Kopplung)

4. Hybridsystem durch Integration eines Verbrennungsaggregats

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5. Integration von weiteren verteilt liegenden PV-Systemen und z.B. einer Windturbine (alle AC-gekoppelt)

6. Anschluss eines weiteren Dorfes und Erweiterung des Netzes

Die Struktur eines solchen Versorgungssystems erfordert - zusätzlich zu den notwenigen Strom-richtern - eine Kontroll- und Überwachungseinheit, die für die Einführung einer speziellen Be-triebskontrolle verantwortlich ist sowie die Verfügbarkeit des Netzes und der Systemkomponen-ten prüft. Im kleinen und mittleren Leistungsbereich (3–30 kW) ist diese Kontrolleinheit oft in der Schlüsselkomponente des bidirektionalen Batteriewechselrichters integriert. Dadurch wird der Systembetrieb vereinfacht und Investitionskosten werden gesenkt. Abbildung 8 zeigt die Ausführung eines Hybridsystems, das entsprechend des modularen Konzepts realisiert wurde und lässt auch die ein- bzw. dreiphasige Parallelschaltung von mehreren netzbildenden Batterie-wechselrichtern (Sunny Island) erkennen.

Aus ökonomischer Sicht sind kleine Insel-Systeme / Off-grid-Systeme (mit Batteriespeicher) im kW-Leistungsbereich deutlich günstiger als Anlagen, bei denen ausschließlich Dieselgeneratoren eingesetzt werden. Sogar größere Hybrid-Systeme (5–30 kW), bei denen ein Dieselgenerator nur zur Vermeidung von langfristiger Batteriespeicherung eingesetzt wird, können zu geringeren Kosten betrieben werden als Stationen, die ausschließlich mit Dieselaggregaten arbeiten. Diese Kosten sind auf den hohen Wartungsaufwand, kurze Lebensdauer und den sehr schlechten Teil-lastwirkungsgrad von Dieselgeneratoren zurückzuführen. Zum Vergleich: 1 kWh kann in entle-gene Regionen durchaus zwischen 0,4–1,0 € kosten.

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Abb. 6: Erweiterbare, modular strukturierte Hybrid-Anlage mit AC-gekoppelten Komponenten

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Abb. 7: Erweiterungsstrategie für ein AC-gekoppeltes Hybrid-System

5 PV Systemtechnik – die nächste Generation

Bei modernen dezentralen Energieversorgungsstrukturen werden zukünftig verschiedene Ener-gieerzeuger in unterschiedliche Netztopologien integriert sein, die parallel in Betrieb sind. Über Kommunikationseinrichtungen werden sie von einer zentralen Netzleitstelle kontrolliert, über-wacht und gewartet sowie der Betrieb untereinander optimiert. Abb. 9 zeigt die Entwicklung de-zentraler Energiesysteme, die folgende Komponenten enthalten:

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• lokal (z. B. zur Versorgung einzelner Lasten über ein Stand-Alone-System)

• regional (z. B. zur Versorgung von öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen etc. durch Insel-systeme) und

• überregional (Anschluss an öffentliche Netze)

Diese Netzarten bilden Versorgungsstrukturen, die schrittweise entsprechend des Bedarfs an E-lektrizität erweitert werden können. Eine großflächige Ausdehnung der dezentralen Elektrifizie-rung würde automatisch zu einer Verbindung der lokalen Netze führen, um ein regionales oder überregionales Netz zu bilden.

In diesen dezentralen Strukturen ist die Kommunikation ein ausschlaggebender Faktor hinsicht-lich Sicherheit und kostengünstiger Fernüberwachung und -wartung. Zusätzlich zur Kopplung der verschiedenen Systemkomponenten ist eine neue Kommunikationsstruktur zur Kontrolle und Überwachung ein zentraler Bestandteil der dezentralen Energieversorgung. Jede Struktur muss mit der entsprechenden Kommunikationstechnologie ausgestattet werden, wie mit der gepunkte-ten Linie in Abb. 9 angedeutet. Die Anwendung von modernen Kommunikationstechnologien beeinflußt daher auch das Design der Versorgungskomponenten und gesamter Systeme.

Dezentrale Versorgungsstrukturen sind die zukünftigen Trends hin zu einer nachhaltigen Ener-gieversorgung und sie sind erfolgversprechende Lösungen für entfernt gelegene und ländliche Gebiete. Zusätzlich entwickelt sich dieser Trend der dezentralen Versorgungsstrukturen (virtuel-le Kraftwerke) auch in Industrienationen.

Eine Preisreduktion, wie in Abb. 3 dargestellt, wird schätzungsweise auch für weitere elektroni-sche Komponenten eintreten, z. B. Laderegler für kleine PV-Systeme, AC/AC-Wandler und für Kontroll- und Überwachungssysteme von weit entfernten Versorgungsstationen.

Insbesondere AC-gekoppelte modulare PV-Anlagen und Hybrid-Systeme zur dezentralen Elekt-rifizierung bieten schon heute häufig eine kostengünstigere Energieversorgung im Vergleich zu Versorgungsstrukturen, die ausschließlich konventionelle Generatoren nutzen.

Abb. 8: Prototyp eines 3-phasigen, modularen Hybridsystems (PV/Diesel/Batterie) im De-MoTech-Zentrum des ISET e.V. in Kassel

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Abb. 9: PV und weitere Erneuerbare Energieträger mit Kommunikations- und Fernüberwa-chungsmöglichkeiten (gepunktete Linie), die in unterschiedliche Energieversor-gungsstrukturen integriert sind:

A) Stand-Alone-System B) Inselnetz C) Öffentliches Netz

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Zusammenfassung

Dieser Beitrag beschreibt die aktuellen Trends für dezentrale Energieversorgungsstrukturen mit modularen Komponenten. Darüber hinaus werden der aktuelle Entwicklungsstand in der Wech-selrichter-Technik für PV-Anlagen und die jeweiligen charakteristischen Merkmale vorgestellt. Bei den verschiedenen Anwendungsbereichen und den unterschiedlichen Systemkonfigurationen haben sich die AC-gekoppelten, modularen Hybridsysteme als die optimale Lösung zum Aufbau erweiterbarer und netzkompatibler Energieversorgungsstrukturen herausgestellt. Beschrieben wird auch eine Strategie zur Elektrifizierung und Erweiterung der dezentralen AC-kompatiblen Hybrid-Systeme; wobei der Kommunikationstechnik zur Kontrolle, Überwachung und Fernwar-tung besondere Bedeutung beigemessen wird. Weiterhin wird dargestellt, dass bei stark steigen-den Stückzahlen in den nächsten Jahren eine erhebliche Kostenreduktion der PV-Systemkomponenten durch innovative Entwicklungen zur erwarten ist.

Literatur [1] W. Kleinkauf, F. Raptis, O. Haas: „Electrification with Renewable Energies, Hybrid Plant

Technology for Decentralized, Grid-Compatible Power Supply“, Excerpt from Themes 96/97 Solar Energy Association, Germany

[2] G. Cramer: “Solarkraftwerk mit modularem Aufbau“, Elektronik, Heft 19/1999. WEKA Fachzeitschriftenverlag, Poing 1999. ISSN 0013-5658.

[3] W. Kleinkauf, B. Burger, G. Cramer et al.:, Stromversorgung mit erneuerbaren Energien –Dezentrale Strukturen und modulare Systemtechnik–. Forschungsverbund Sonnenenergie, 2000, Berlin, Germany, pp.49-58.

[4] W. Kleinkauf, G. Cramer, O. Haas, M. Ibrahim, M. Meinhardt: Control and communication for decentralized photovoltaic hybrid systems. PV in Europe, From PV Technology to En-ergy Solutions, 7-11 Oct.2002, Rome, Italy.