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von Heft 2/2011 Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag Dokumente und Standpunkte Schwerpunktthema: Landkreis Nordsachsen Wer ist schuld an viel zu hohen Müllgebühren? Wie viel Demokratie braucht das Land? Womit lässt sich Grundhochwasser stoppen? Wer hat was gegen „Gen-Mais“? Weshalb ist Einmischen so wichtig? Wann kommt der Arzt wieder aufs Land? Wie schaffen wir die Energiewende? Warum gibt es kaum noch kleine Schulen?

pvl – parlament von links, Ausgabe 02/2011

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Magazin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag

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von

Heft 2/2011

Fraktion DIE LINKEim Sächsischen LandtagDokumente und Standpunkte

Schwerpunktthema:

Landkreis Nordsachsen

Wer ist schuld an viel zu hohen Müllgebühren?

Wie viel Demokratie braucht das Land?

Womit lässt sich Grundhochwasser stoppen?

Wer hat was gegen „Gen-Mais“?Weshalb ist

Einmischen so wichtig?

Wann kommt

der Arzt wieder

aufs Land?

Wie schaffen wir die Energiewende?

Warum gibt es kaum noch kleineSchulen?

Page 2: pvl – parlament von links, Ausgabe 02/2011

2 pvl Heft 2/2011

Bernhard-von-Lindenau-Platz 101067 DresdenTelefon: 0351/493 5800Telefax: 0351/493 5460E-Mail: [email protected]://www.linksfraktion-sachsen.de

Parlament von links (pvl) ist das Magazin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag. Pvl erscheint vier Mal im Jahr und ist kostenlos. Abo unter:

Editorial, Impressum } S. 2

Muster ohne Wert – Land verliert Leute } S. 3

Parlamentarische LINKE Initiativen } S. 3

Bildung ist „Mehr Wert“! } S. 4

Geene Gondrolle bei Gen-Mais und Gen-Gardoffel } S. 5

Liebe Leserin, lieber Leser,

schon ist fast wieder Sommer, dabei hat das Jahr doch gerade erst begonnen! Und dies ist bereits die zweite Ausgabe des neuen pvl (parlament von links), wo doch eben erst die Premierenausgabe des pvl neuen Typs das Druckhaus verließ.

Mit Ausgabe 1 waren wir flächendeckend im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge präsent, die Resonanz war super! Heft Nummer 2 hat sich in Nordsachsen verliebt, ein ebenso schönes wie gebeuteltes Stück Land in der „linken oberen Ecke“ von Sachsen.

Scheinbar kreiseigene Themen wie Grundhochwasser als Bergbaufolge, Müllgebühren auf Rekordhöhe oder Wege zur Energiewende sind auch landespolitische Themen, weshalb wir sie – neben anderen – hier aufgreifen. Freilich aus LINKER Sicht und als Angebot zur Diskussion, was aber gerade in Nordsachsen mit seinen zahlreichen und breit aufgestellten Bürgerinitiativen gute Tradition zu sein scheint.

In diesem Sinne wünschen wir allen Zufalls- und Stammlesern eine interessante Lektüre!

Ihre pvl-Redaktion

übrigens…

… hat sich mit der neuen Form und Erscheinungsweise des pvl auch die inhalt-liche Ausrichtung verändert. Das war gewollt und wird allseits begrüßt. Den-noch vermisst der eine oder andere treue Leser über die Jahre Liebgewonnenes, wie z.B. die Sorbische Seite. Für Sie kommt hier die gute Nachricht! Wir planen dem-nächst eine Erweiterung unseres Parlamentsreports in der Landeszeitung „LINKS“ um eben jene, dem pvl abhanden gekommenen Rubriken. Also: Man liest sich!

Ein LINKER für Sie vor Ort } S. 6

Solo für den FDP-Verkehrt-Minister } S. 6

Alles Müll, oder was? } S. 7

„Die Sonne schickt keine Rechnung“ } S. 8

Fördern, bis der Arzt kommt } S. 10

Damit DES VOLKES WILLE geschehe! } S. 11

Demokratie 3.0 im Internetzeitalter? } S. 11

Bildung ist „Mehr Wert“! } Seite 4Kohle weg, Wasser da } Seite 15

Nichts geklärt in Sachen Abwasser } S. 12

Die Einmischer } S. 13

Nordsachsen: Alles im (rechten) Lot? } S. 14

Kohle weg, Wasser da – was tun gegen steigendes Grundhochwasser? } S. 15

Kreuzworträtsel } S. 16

IMprESSuM:

V.i.S.d.p.: Marcel BraumannLayout: Carola MüllerDruck: DruckHaus Dresden GmbHAuflage: 112.000 Stück (2. Quartal 2011)

Die mit Namen oder Initialen gekennzeichneten Beiträge geben die Meinung des Autors, jedoch nicht unbedingt die Ansicht des Herausgebers wieder. Nachdruck nur mit Quellenangabe. Für Nachdruck signierter Beiträge ist die Genehmi-gung des Verfassers erforderlich.

Diese Publikation dient der Information und darf in einem Wahlkampf nicht zur Parteienwerbung eingesetzt werden.

Bildnachweis:Titelfoto (efa): rückwärtiges Portal am Torgauer Schloss Hartenfels, Eingang Elbstraße;Seite 3: efa; Seite 4: CM; Seite 5, oben: © Jiry/ PIXELIO; Seite 5, unten: © Andreas Depping/PIXELIO; Seite 6, 7, 8, 9: efa; Seite 10, oben: Gina Sanders © Fotolia.de; Seite 10, unten: © berwis/PIXELIO; Seite 11, oben: Rahul Sengupta © www.Fotolia.de; Seite 11, unten: © Gerd Altmann/PIXELIO; Seite 12, 13: efa; Sei-te 14, oben links: efa; Seite 15: DAK; Seite 16, Cartoon: Harm Bengen/toonpool.com.

pvl verpasst? Alle Ausgaben zum Download unter www.linksfraktion-sachsen.de!

pvl-rückblick: Heft 1, Februar 2011; Schwerpunktkreis: Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

pvl-Ausblick: Heft 3, August 2011; Schwerpunktkreis Bautzen

Die Sonne schickt keine rechnung } Seite 8

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it das Denken die Richtung ändern kann. Francis Picabia

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3pvl Heft 2/2011

Gut, dass es Sachsen gibt – es findet sich kaum ein Fleckchen Erde auf der Welt mit einer so reichen und vielfältigen Wirt-schafts- und Kulturtradition. Sachsen sind helle, also pfiffig, kreativ, erfinderisch – die-se Wahrheit ist zu Recht in den Stand eines Sprichworts erhoben worden. Die FDP warb im Landtagswahlkampf 1990 mit dem Slo-gan: „Sachsen sind helle – sie wählen am 14.10. sächsische Kandidaten“. Als weniger helle hat sich dagegen die seit 2009 im Frei-staat mitregierende FDP selbst erwiesen, und bei der CDU, deren Personal im 21. Jahr das Zepter in der Staatskanzlei führt, sieht’s zappenduster aus. Schauen wir uns einfach die Fakten an, immerhin stehen beide Par-teien angeblich für Wirtschaftskompetenz:

Der Spitzenplatz beim verarbeitenden Ge-werbe im Osten, den Sachsen zum Zeit-punkt der deutschen Einheit innehatte, wur-de 1993 an Thüringen abgegeben, 2006 zog auch Sachsen-Anhalt vorbei. Selbst beim Wirtschaftswachstum ist Sachsen seit 20 Jahren nur ostdeutscher Durchschnitt, bei der gesamtwirtschaftlichen Produktivität liegt Sachsen gar auf dem vorletzten Platz der fünf ostdeutschen Flächenländer. Vom „Musterland“ oder „Primus im Osten“ kann also keine Rede sein. Das liegt nicht an der Bevölkerung, Sachsen verzeichnet im Os-ten die höchste Existenzgründerdichte.Aber: Die Durchschnittslöhne in Sachsen liegen sogar noch unter dem Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer, und der

Einkommensrückstand des Ostens gegen-über dem Westen nimmt seit 2005 wieder zu. Die Bevölkerungszahl ist im Freistaat stärker gesunken als im Ost-Durchschnitt, gleichzeitig ist die sächsische Bevölkerung die deutschlandweit älteste. Noch dramati-scher ist bei uns der Rückgang bei der Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter – der Fachkräftemangel lässt grüßen.Unter dem Motto „Wir sind Mehr wert!“ de-monstrierten im letzten Jahr viele tausend Menschen in Dresden gegen die Sozialkür-zungen der sächsischen CDU/FDP-Regie-rungskoalition beim Landesetat 2011/2012. So wie die Staatsregierung durch ihre Poli-tik des Personalabbaus und der vorsätzlich zu niedrigen tariflichen Eingruppierung jun-ge Lehrer außer Landes getrieben hat, die in den nächsten Jahren fehlen werden, hat die von der CDU seit zwei Jahrzehnten ge-führte und nun von der FDP noch forcierte Niedriglohnpolitik verheerende Folgen für die Arbeits- und Entwicklungsfähigkeit der Wirtschaft. Sachsen braucht neues politi-sches Denken – und höhere Löhne!

MdL Dr. André hahn Fraktions-vorsitzender

Muster ohne Wert – Land verliert Leute

Auch Nordsachsen waren im vorigen Jahr nach Dresden gekommen, um gegen die rigide Kürzungspolitik der CDU/FDP-Koalition in Sachsen zu protestieren.

Zwischen Februar und April 2011 hat die Fraktion DIE LINKE fünf sog. Große Anfragen und 26 Anträge in den parlamentarischen Ge-schäftsgang eingebracht.

Die Großen Anfragen an die Staatsregierung beinhalten folgende Themen:» Soziale Standards (Drs 5/4914)» Kinder- und Jugendhilfe (Drs 5/4956)» Das jugendpolitische Programm der Regie-

rung (Drs 5/5612)» Medienkompetenz und Medienpädagogik

(Drs 5/5352)» Gesellschaftliche Strategien für das Zurück-

drängen der extremen Rechten in den Krei-sen und Kommunen Sachsens (Drs 5/5465).

In den Landtags-Plenartagungen im März und im April wurden zwei gemeinsame Anträge der Fraktionen DIE LINKE, SPD und GRÜNE beraten. In einem ging es um ein Programm zur Umsetzung gentechnikfreier Landbewirt-schaftung in Sachsen (s.a. Seite 5). Der zweite

Antrag widmete sich der sog. Demokratieer-klärung („Extremismusklausel“), nach der sich Vereine und Verbände einer Art „Gesinnungs-TüV“ zu unterziehen haben, um Fördermittel zu bekommen. Die Antragsteller werten dies als unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und halten die Klau-sel für verfassungswidrig. Die beiden Oppo-sitionsanträge wurden ebenso wie die Anträ-ge der LINKEN zur Aufklärung der Umstände der Zulassung der Naziaufmärsche am 13. und 19. Februar 2011 in Dresden und zur Zwangs-fusion von Landesbühnenorchester und Neuer Elbland Philharmonie von der schwarz-gelben Landtagsmehrheit abgelehnt.

Noch nicht entschieden ist u.a. über Anträge der LINKEN mit folgenden Inhalten:

» Forderung nach Neugestaltung der Kinder-förderung durch Einführung einer bedarfsori-entierten und einkommensunabhängigen Kin-dergrundsicherung. (Drs 5/4916)

» Prüfung von Schadenersatzansprüchen des Freistaats Sachsen gegenüber allen für den Notverkauf der Sachsen Landesbank Verant-wortlichen. (Drs 5/5393)

» Aufnahme eines Sofortprogramms, um qua-lifizierten Lehrernachwuchs für Sachsen zu ge-winnen und den drohenden Lehrernotstand ab-zuwenden. Hintergrund: Bis 2030 werden mehr als 21.800 Lehrer/-innen und damit über 73 Prozent der gesamten Lehrerschaft aus ihren Arbeitsverhältnissen ausscheiden. (Drs 5/5584)

» Einberufung eines Energiegipfels und Start einer Strommix-Offensive für Sachsen (s. a. Seiten 8 & 9), um schnellstmöglich Bezug und Nutzung von Atom-Energie im Energieträger-mix auszuschließen. (Drs 5/5611)

Drs = Drucksachennummer

Alle Drucksachen sind unter www.linksfraktion-sachsen.de unter „Dokumente“ abrufbar.

Parlamentarische LINKE Initiativen (Auswahl)

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Welche Chancen haben die Kinder, oder blei-ben ihnen diese gänzlich verwehrt? Können alle Eltern die steigenden Belastungen tra-gen oder nicht? Welche absehbaren Folgen hat eine gelungene oder verfehlte Bildungs-politik für ganz Sachsen? Wenn wir das dar-stellen können, werden alle zu Betroffenen.

Von Peter Streubel war zu erfahren, dass seit den 90-er Jahren bereits 58 Schulen im Landkreis Nordsachsen geschlossen wur-den und elf weitere noch heute von Schlie-ßung bedroht sind. Jeder weiß, dass es aktu-ell weniger Schulkinder gibt als noch vor 20 Jahren. Aber rechtfertigt das die Schließung fast jeder zweiten Schule? Mit der Schließor-gie einher geht die Verteuerung der Schüler-beförderung, werden An- und Abfahrtswege weiter. Das belastet neben den Eltern auch die Etats der Landkreise!

Gesine Lötzsch stellte in der Diskussion die ebenso provokative wie spannende Fra-ge: „Werden staatliche Bildungseinrichtun-gen systematisch unattraktiv gehalten, so dass viele Eltern diesem System entfliehen wollen?“ Mir fällt spontan eine Antwort ein, aber auch eine Zwischenfrage: „Sind private Schulen tatsächlich attraktiver? Und wenn ja, in welcher Beziehung?“ Wir werden im Rahmen der Kampagne auch darauf Antwor-ten finden und geben.

Unsere Bildungs-Kampagnen-Tour be-steht aus Vor-Ort-Terminen, Gesprächen mit (Ober-)Bürgermeistern, zwölf Info- Ständen, sieben Briefkasten-Aktionen und 23 öffentlichen Gesprächs-Veranstaltungen in Eilenburg, Delitzsch, Torgau, Bad Düben, Schkeuditz, Oschatz und Rackwitz. Ein Teil davon hat schon stattgefunden, für die an-deren Aktionen stehen Zeit und Ort bereits fest. Als nächstes werde ich am 30. Mai in Bad Düben (Hotel National) sein, wenn es um die Frage geht: Machen Schulen in freier Trägerschaft staatliche Schulen kaputt?

Die GEW-Kreisverbände Collm-Mulde, Delitzsch-Eilenburg-Torgau und Leipzig-Stadt sowie der Bezirksverband Leipzig der GEW unterstützen unsere Kampagne. Das finde ich gut. Wir sollten bei ähnlichen Aktionen auch künftig versuchen, verläss-liche und kompetente Partner wie die ge-nannten mit an Bord zu nehmen. Mitdenker und -macher willkommen!

Im März dieses Jahres bündelte der Kreis-verband DIE LINKE Nordwestsachsen sei-ne Kräfte für eine Kampagne in Sachen Bildungspolitik. Vor dem Hintergrund der bereits spürbaren und sich weiter ver-schärfenden Folgen der sächsischen Spar-politik für die Chancen unserer Kinder und Jugendlichen und die Entwicklung ganz Sachsens war es nötig und berechtigt, das Thema Bildung in den öffentlichen Fokus zu rücken.

Am 15. März wurde die Kampagne mit ei-ner Pressekonferenz im Eilenburger „Links-punkt“ gestartet. Gerhard Bader, Vorsit-zender des Kreisverbandes, und Sprecher Peter Streubel stellten die Kampagne, ihre Ziele und die Etappen vor. Aus Berlin war Parteivorsitzende Gesine Lötzsch ange-reist, und von unserer Fraktion im Sächsi-schen Landtag waren Thomas Kind und ich vor Ort.

Peter Streubel gab zunächst einen Über- blick über die bil- dungspolitischen Ziele und Forde-rungen und un-terlegte diese mit regionalen Beispie-len. Für die Foren und Gespräche der Kampagne wurden folgende Hauptthe-men festgelegt: Lernmittelfreiheit, Ganz-tagsbetreuung, längeres gemeinsames Ler-nen, Demokratieerziehung und politische Bildung, Umgang mit dem Thema „Bundes-wehr in den Schulen“, Inklusion und Schul-alltag; Jugendstadtrat und Jugendparla-ment, Schulnetzplanung, Elternbeiträge zur Schülerbeförderung und Lehrermangel.

All diese Einzelpunkte zusammengenom-men weisen auf eine andere Bildungspolitik hin, als die, die wir heute in Sachsen haben. Klar ist, mit einer CDU-geführten Regierung wird eine solche Veränderung nicht zu ma-chen sein. Dennoch ist es ein wichtiger erster Schritt, sich regional auf Ziele und Machbarkeit zu verständigen, und zwar nicht nur intern, sondern ausdrücklich auch mit allen demokratischen Kräften im Land. Man-ches kann man auch kommunal oder regi-onal entscheiden und umsetzen – oder mit unserer Unterstützung wenigstens bei der Staatsregierung einfordern. Und schließlich ist überzeugende Aufklärung unerlässlich, wenn man Veränderungen erreichen will.

Peter Streubel weiß, dass man die unmit-telbaren Wirkungen der „Sparmaßnahmen“ der sächsischen Regierung den betroffenen Eltern nicht erst erklären braucht. Sie spü-ren diese längst, zum Beispiel mit der Strei-

chung des beitragsfreien Vorschuljahres, mit den Kür-zungen der Zuwendungen für die Schulen, beim fehlenden Lehrernachwuchs und immer mit längeren Schulwegen nach Schulschließungen.

Im Rahmen unserer Kampag ne wollen wir die Ursachen des-sen, was Eltern und Kinder jetzt so hart trifft aufzeigen und die langfristig zu befürch-

tenden Folgen skizzieren. Auch möchten wir für nicht direkt Betroffene wahrnehmbar ma-chen, wohin die schwarz-gelbe Kürzungspoli-tik führt. Insbesondere gilt es, den lokalpoli-tisch Verantwortlichen die Augen zu öffnen. Es muss klar werden, dass es bei der Bildung neben der Geldfrage mindestens drei weite-re Dimensionen gibt, auf die es ankommt:

Bildung ist „Mehr Wert“!

MdL cornelia Falken Sprecherin für Bildungspolitik

tIpp Am 18. Juni 2011 findet auf Einladung der Fraktion DIE LINKE in Dresden das 40. Treffen der sächsischen Schulinitiativen statt. Aktuelles Thema: Schulsozialarbeit

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können die Mitgliedsstaaten den Anbau von Gentech-Pflanzen unkompliziert und ohne wissenschaftliche Begründung untersagen. Damit wäre die Bundesregierung am Drü-cker, allerdings steht im Berliner Koalitions-vertrag, dass Grüne Gentechnik zu fördern sei! Damit ist Bundeslandwirtschaftsminis-terin Aigner in der Bredouille und steht zwi-schen Mais-Anbauverbot, Mehrheitswillen der Verbraucher und koalitionärem Förder-auftrag. Das ist fatal, weil neue Zulassungen auf EU-Ebene anstehen, die auch das An-bauverbot von MON 810 kippen können.

Acht Punkte zur Gentech-Freiheit

Vor diesem Hintergrund haben auf unse-re Initiative hin die drei demokratischen Landtags-Oppositionsfraktionen – DIE LIN-KE, SPD und GRÜNE – einen gemeinsamen Antrag ins Parlament eingebracht, der ein 8-Punkte-Programm als Handlungsemp-fehlung auf dem Weg zur gentechnikfreien Landbewirtschaftung für Sachsen enthält (Drs 5/5321). Acht Punkte vor allem zum Schutz der konventionellen und ökologi-schen Landwirtschaft, denn nur acht bis elf der 7000 Landwirtschaftsbetriebe in Sach-sen bauten vor 2009 Gentech-Pflanzen an.

Amerika erbringt gerade den Beweis dafür, dass das viel beschworene konfliktfreie Ne-beneinander von herkömmlicher und gen-technischer Landwirtschaft dauerhaft il-lusorisch ist: Es wird inzwischen immer schwieriger, aus Übersee gentechnikfrei-es Soja, eine der wichtigsten Futterpflan-zen, zu bekommen. Wenn aber Koexistenz nicht gewährleistet werden kann, wie steht es dann mit der Berufsfreiheit des Großteils der sächsischen Landwirte oder der Imker, deren Produkte durch gentechnische Ver-unreinigungen gefährdet werden? Schon deshalb muss sich Sachsen klar zur Gen-technikfreiheit bekennen! Thüringen ist da

Im März 2011 warnte der US-amerikanische Forscher Don Huber in einem Brief an den Landwirtschaftsminister der USA vor einem „Kollaps der landwirtschaftlichen Infrastruk-tur“ durch einen neu entdeckten Organis-mus in gentechnisch veränderten Pflanzen, der die Gesundheit von Pflanzen und Tieren bedroht. Huber verweist auf ungeklärte Epi-demien z.B. bei Mais, Sojabohnen oder Wei-zen sowie auf Unfruchtbarkeit und Fehlge-burten bei Tieren, die mit Gentech-Pflanzen gefüttert wurden. Knapp 15 Jahre nach dem ersten Anbau von Gentech-Soja und -Mais in Nordamerika zeigt der Langzeitversuch be-drohliche Folgen. Weil aber dieser hochris-kante Versuch nicht im Labor sondern in der freien Natur stattfindet, kann er nicht einfach abgebrochen werden. Nicht in Übersee.

In Europa behauptet man sich noch gegen die Unterwanderungsversuche der Agrar-chemiekonzerne. In neun EU-Staaten gibt es bereits großflächige Anbauverbote. In Deutschland liegen die Anmeldungen für den Anbau von Gentech-Pflanzen auf nied-rigem Niveau, 2010 brachen sie ganz ein. Eine direkte Folge des Anbauverbots von Gentech-Mais der Sorte MON 810, das im April 2009 wegen „Gefahren für die Um-welt“ erlassen worden war. Sachsen aller-dings scheint sich um eine Aufweichung der Gentech-Trutzburg Europa zu bemühen. Lag der Freistaat 2008 noch auf Platz zwei, ist er inzwischen bundesweiter Spitzenreiter bei den Anmeldezahlen zum Anbau von Gen-tech-Mais. Im öffentlichen Standortregister wurden fünf Flächen in Sachsen vorsorglich zum Anbau angemeldet, allein vier davon liegen im Landkreis Nordsachsen, eine grö-ßere Fläche im Landkreis Bautzen.

In Europa gibt es in der Sache selbst viel Bewegung. Neue Koexistenz-Leitlinien zum Schutz vor ungewollten Gentech-Einträgen wurden erlassen. Gegenwärtig wird die EU-Freisetzungsrichtlinie überarbeitet. Danach

schon weiter und trat dem „Europäischen Netzwerk Gentechnikfreier Regionen“ bei.

Auf dem Weg zur Gentechnikfreiheit in Sachsen müssen Naturschutzgebiete bes-ser geschützt werden, denn Gentech-Pflan-zen können in Schutzgebieten zur Todes-falle z.B. für geschützte Schmetterlinge werden. Das ist Ergebnis einer Studie des Umweltforschungszentrums Leipzig aus dem Jahr 2009. Auch deshalb wäre ein An-bau von Gentech-Mais in der Nähe zum Na-turpark „Dübener Heide“ besonders kri-tisch. Verschärfte Verträglichkeitsprüfungen und erweiterte Anbaugrenzen wie z.B. in Brandenburg wären zwingend. Das Umwelt-ministerium aber gibt sich hartleibig, wohl auch, weil die zuständigen Naturschutz-behörden mit der Durchführung von Um-weltverträglichkeitsprüfungen fachlich und personell überfordert sind. Wirksame Kon-trollen des Umweltministeriums zur Ein-haltung des Gentechnikgesetzes und ein-schlägiger Verordnungen beim Anbau selbst finden nur lückenhaft statt. So ist zu erklä-ren, dass im Landkreis Nordsachsen 2008 und 2009 auf ein und demselben Feld in der Gemeinde Dreiheide nach Gentech-Mais konventioneller Mais angebaut wurde. Das ist ein Verstoß gegen die Verordnung zum Anbau von Gentech-Pflanzen, die verhin-dern soll, dass Reste von Gentech-Mais her-kömmlichen Mais verunreinigen. Wer aber bereits mit den grundlegenden Anforde-rungen aus dem Gentechnikrecht überfor-dert ist, sollte im Interesse der Mehrheit der Landwirte und Verbraucher ganz auf Gen-tech-Pflanzen verzichten.

Geene Gondrolle bei Gen-Mais und Gen-Gardoffel

MdL Kathrin Kagelmann Sprecherin für Agrarpolitik

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TO, DZ, EB, OZ sind keine Grußkürzel zum Simsen, mit diesen altbekannten Buchsta-benkombinationen auf Kfz-Nummernschil-dern soll das ramponierte Image der FDP und ihres Sächsischen Wirtschaftsminister aufpoliert werden. Und das, nachdem bspw. in Nordsachsen die flächendeckende Einfüh-rung des ungeliebten TDO – gern auch als TOD verspottet – im Zuge der letzten Kreis-reform gerade erst durchgedrückt worden war. Bei der kostspieligen Kennzeichen-Pos-se von Wirtschafts- und Verkehrsminister Morlok kann man nur hoffen, dass die Aus-hängeschilder der Lokalfolklore künftigen Ausfahrten über Sachsens Schlaglochpisten

standhalten und nicht laut scheppernd nach unten plumpsen. Statt echte Verkehrspolitik mit ordentlichen Zugverbindungen und gute Straßen zu betreiben, widmet sich Morlok „dringenden Zukunftsfragen“. wie Moped-fahren mit 15 oder eben der Rückholung der Altkennzeichen.Derweil ächzt der ÖPNV unter dem erhebli-chen Kürzungsdruck des Freistaats. Aktuelle Folge: Die Mitteldeutsche Regio-Bahn (MRB) muss ihren Fahrplan radikal zusammenstrei-chen. Auf der Strecke Leipzig-Torgau (Li-nie MRB 115) fährt seit 30. April nur noch in den frühen Morgen- bzw. Abendstunden ein Zug. Die Linie MRB 5, zwischen Leipzig Hbf und Flughafen Leipzig/Halle entfällt ganz. Ab Mitte Juni soll der Geldhahn noch weiter zugedreht werden. Auch eine Folge der 50 Mio. Euro, die seit 2011 jedes Jahr aus dem Topf des ÖPNV genommen und im Bau des City Tunnels versenkt werden.Und was macht der zuständige Minister? Er glänzt mit als Heldentat verkauften Neure-gelungen, wie der Sonntagsöffnung von Au-towaschstraßen. Das wird die ca. 34.000 Auspendler aus dem Landkreis Nordsach-sen sicher freuen, können sie doch nun ihre

Autos am einzigen (noch) freien Tag zum Glänzen zu bringen. Arbeit gibt’s für sie im Landkreis zwar nicht, dafür können sie nun aber ihr sauer verdien-tes Geld – dank Morlok & Co. – am zusätz-lich „erkämpften“ verkaufsoffenen Sonntag ausgeben. Pech nur, wenn wie in Torgau fast ein Fünftel aller Läden inzwischen leer ste-hen. Und mal ehrlich, wem nützt eine saube-re „Karre“, wenn sie zwischen Spritwahn und Planspielen zur Pkw-Maut langsam aber si-cher unbezahlbar wird? Mal sehen, wie lange sich der FDP-Verkehrt-Minister darüber wird noch hinweglächeln können.

MdL Enrico Stange Sprecher für Landesentwicklung und Infrastruktur

Ein LINKER für Sie vor OrtDer LINKE Landtagsabgeordnete Thomas Kind ist in Taucha zu Hause. Wie viele Tauchaer wähnte sich der Erziehungswissenschaftler als Rand-Leipziger, bis ihn die Kreisreform 2008 zum Nordsachsen machte. Der nach seiner Form scherzhaft auch „Bockwurst-kreis“ genannte Landkreis grenzt im Norden und Nordosten an Sachsen-Anhalt und Bran-denburg und vereint die früheren Kreise De-litzsch und Torgau-Oschatz. Damit erstreckt sich der Wahl- und Heimatkreis von Thomas Kind von der Dübener Heide bis nach Leip-zig, vom Torgauer Elbland bis zu den Wäldern um Wermsdorf. „Das ist eine Herausforde-rung, aber eine schöne“, so Kind. Pvl hat mit dem Vize-Vorsitzenden und Sprecher für Ar-beitsmarktpolitik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag über seine Arbeit und den Landkreis gesprochen.

pvl: Wie nah sind Sie als Landespolitiker noch an den Problemen Ihres Landkreises dran?

thomas Kind: Die Spezifik Nordsachsens ist mir in meiner täglichen politischen Arbeit immer präsent. Das betrifft vor allem mei-nen Fachbereich Arbeitsmarktpolitik, denn hier hat Nordsachsen massive Probleme. Zudem hat die Kreisreform eine ungünstige strukturelle Ausstattung nach sich gezogen, da hat es Nordsachsen schwerer als manch anderer Kreis. Die sich daraus ergebenden konkreten Probleme bekomme ich durch

meine Tätigkeit im Stadtrat und in verschie-denen Vereinen direkt mit. Und schließlich wohne ich selbst hier und bin mit dem Land-kreis vertraut.

pvl: Welche Rolle spielt Nordsachsen im Freistaat?

thomas Kind: Nordsachsen ist einer der Flächenlandkreise mit nicht unerheblichen strukturellen Problemen, was sich höchst ungünstig auf die demografische Entwick-lung auswirkt: Die Bevölkerungszahl geht zurück, das Durchschnittsalter steigt. Wirt-schaftlich wird Nordsachsen überregional zumindest durch den Flughafen Leipzig-Hal-le und die damit verbundenen Logistikunter-nehmen wahrgenommen.

pvl: Wo sehen Sie Nordsachsens Vorteil und was wirkt sich nachteilig aus?

thomas Kind: Ich betrachte die Nähe zu Sachsen-Anhalt und Brandenburg als Vor-teil. Das Potential der Zukunft liegt m. E. in länderübergreifender Interaktion. Ein gu-tes Beispiel dafür liefert heute schon die Ko-operation im Bereich der „Dübener Heide“. Nachteilig für den Landkreis ist auf jeden Fall die schlechte finanzielle Ausstattung. Die Wirtschaftsstruktur ist in dem sehr gro-ßen Landkreis viel zu wenig entwickelt und zudem sehr ungleichmäßig verteilt.

Bürgerbüros von MdL thomas Kind imLandkreis nordsachsen

Bürgerbüro DelitzschEilenburger Straße 3504509 Delitzsch

+49 (0)34202 / 62 63 9 +49 (0)34202 / 32 99 26

Bürgerbüro torgauSchloßstraße 1204860 Torgau

+49 (0)3421 / 71 02 64 +49 (0)3421 / 77 62 81

[email protected]

Solo für den FDP-Verkehrt-Minister

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„Auch das noch“, mag sich mancher ge-dacht haben, als vermeldet wurde, dass im Brandenburgischen der Geigerzähler an-schlug, als eine Brennstofflieferung aus De-litzsch im Anrollen war. Wobei, wirklich ge-wundert hat sich wohl keiner, stehen doch die Kreiswerke Delitzsch (KWD) seit Jahren immer wieder mal im Fokus der Medien. So-gar die Korruptionsjäger von Transparency International interessierten sich schon für das Unternehmen, das nicht nur mit einem dubiosen Beteiligungsgeflecht auffiel, son-dern den Bürgerinnen und Bürgern im Alt-kreis Delitzsch die höchsten Müllgebühren Sachsens beschert.

Nicht nur dagegen macht seit langem eine Bürgerinitiative (BI) mobil. Mit Ausdauer und einer gehörigen Portion Wut im Bauch beobachtet sie die KWD-Geschäfte, die wie mit der Produktion von Ersatzbrennstoffen teils beträchtlich vom eigentlichen Kernge-schäft eines Entsorgers abweichen. Nach-dem der Altkreis Delitzsch als KWD-Gesell-schafter mit dem Betreiber der Deponie Cröbern (b. Leipzig) SITA-WEV ohne eu-ropaweite Ausschreibung eine bis 2025 geltende Entsorgungsverein-barung getroffen hatte, zeigte die BI das Unternehmen vorm Europä-ischen Gerichtshof (EUGH) an. Die monier-te Verein-barung

schreibt große Müll-Liefermengen und dau-erhaft hohe Preise für die nächsten 14 Jahre fest. Der EUGH sah das Wettbewerbsrecht verletzt und drohte Deutschland ein Straf-verfahren an, sollte die Sache nicht bin-nen kurzer Frist geheilt sein. Der Bund gab dies an den Freistaat weiter und dieser wie-derum an den Landkreis Nordsachsen, der seit der Kreisreform von 2008 mit der Zu-sammenlegung der Altkreise Delitzsch und Torgau-Oschatz auch für die KWD zustän-dig ist. „In einer Blitz-Aktion beschloss der Kreistag im März, den privaten Wiesbadener Anteilseigner aus den KWD rauszukaufen und damit die Gesetzeslage von 1992 wie-derherzustellen, nach der die KWD als rein kommunales Unternehmen nicht hätte aus-schreiben müssen“, erklärt Michael Sehrt, Kreisrat der LINKEN und Experte für Ent-sorgungspolitik. Der Anteilsankauf war mit 3,6 Mio. Euro allerdings kein Schnäppchen und für den überschuldeten Landkreis nur über ein mit hohen Auflagen versehenes

Darlehen zu stemmen.

In Nordsachsen gibt es drei Entsorgungsmodelle: Im Altkreis Delitzsch liegt die Müllentsorgung bei den KWD. Eilenburg hat RE-

MONDIS unter Vertrag. Für Torgau-Oschatz führt die

gemischtwirtschaftl iche kommunale Gesellschaft Torgau-

Oschatz A.TO (51 Prozent) das Ge-schäft, macht Gewinne für den Kreis und bietet den Bürgern tragbare Ge-

bühren an. Den zweiten Teil dieser Gesellschaft hält nach europaweiter

Ausschreibung seit 2007 das Privat-unternehmen Alba (49 Prozent).

In den drei Entsorgungsgebieten zahlt man sehr unterschiedliche Müllgebühren, wobei Delitzsch an der Spitze steht. „Wir müssen auf lange Sicht eine verträgliche Komplett-lösung für den gesamten Landkreis hinkrie-gen“, sagt Sehrt, der aufgrund der guten Er-fahrungen das Torgau-Oschatzer Modell favorisiert.

Der Wille ist da, der Weg aber steinig. Zum einen wird der für Torgau-Oschatz zuständi-ge erfolgreiche Abfallverband Nordsachsen (AVN) Mitte 2013 aufgelöst, weil Döbeln, das bislang dazu gehörte, jetzt Teil Mittel-sachsens ist. „Dann sollte der Landkreis AVN-Nachfolger werden und die Entsor-gung europaweit ausschreiben“, empfiehlt Sehrt, der sich auch für die Delitzscher eine gerechtere Lösung wünscht: „Wir als LINKE haben der Re-Kommunalisierung der KWD nur unter folgenden Bedingungen zuge-stimmt: 1. Die KWD müssen umstrukturiert werden und alles auslagern, was nicht zum Kernauftrag gehört. 2. Die umstrittene Ver-tragsvereinbarung muss aufgelöst werden, und 3. darf Nordsachsen nicht Mitglied im Zweckverband Abfallwirtschaft West-sachsen (ZAW) werden und sich in Abhän-gigkeit der überdimensionierten Deponie Cröbern begeben. Denn das würde folgen-des bedeuten: 162 Euro Gebühr pro Tonne Restmüll. Für Nichtmitglieder sind es im-merhin noch 115–120 Euro pro Tonne. Bei der heutigen Wettbewerbslage wären aber 60–70 Euro (netto) möglich, und die Gebüh-ren könnten um etwa die Hälfte sinken!“

Damit sich auch die Alt-Delitzscher Müllge-bühren langfristig an den Landkreisdurch-schnitt annähern können, wäre die euro-paweite Ausschreibung der Entsorgung des Torgau-Oschatzer Mülls, für den ab 2013 ein neuer Vertrag her muss, ein ers-ter Schritt. „Bekommt dann der Beste den Zuschlag und ist das nicht die SITA-WEV (Cröbern), kann auch Delitzsch als Kreis-bestandteil nicht mehr ZAW-Mitglied wer-den und sich den Wucherpreisen entzie-hen.“ Über die Ausschreibung bestimmt der Kreistag vermutlich im Juni. Dann hofft nicht nur Ex-Seemann Sehrt auf die Weis-heit der 80 nordsächsischen Kreisräte. efa

Michael Sehrt (36) ist ge-bürtiger Torgauer und lebt mit Frau, zwei Kindern, Hund und Katze in der Stadt an der Elbe. Der Matrose und Betriebswirt ist Mitarbeiter von MdB Dr. Axel Troost und vertritt DIE LIN-KE seit dem Jahr 2000 im Kreistag Torgau-Oschatz (heute Nordsach-sen). Hier ist er Vizefraktionschef, Mitglied im Kreis- und Vergabeaus-schuss, Verbandsrat im Abfallverband Nordsachsen und Aufsichtsratsmit-glied bei der A.TO und den Stadtwer-ken Torgau. Kontakt: [email protected]

Alles Müll, oder was?

Sucht nach sauberer Antwort auf nordsächsische Restmüllfrage: Kreisrat Michael Sehrt (DIE LINKE)

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Im nordsächsischen Bad Düben sollte man Energiespar-Einheiten eigentlich in „Dietzsch“ bemessen. Ein „Dietzsch“ ent-spräche dann vielleicht fünf, durch alter-native Energien gewonnenen Kilowatt-stunden. Damit wäre Günther Dietzsch ein passendes Denkmal gesetzt. Wie kaum ein anderer hat der heute 80 Jahre alte Öko-Pionier Spuren auf dem Weg des Kurortes zur ökologischen Modellstadt hinterlassen.

Dabei ist die Kleinstadt am Rand der Dü-bener Heide zu DDR-Zeiten nicht unbe-dingt durch überbordenden Umwelt-schutz aufgefallen. In der Stadt qualmte in den letzten Tagen der DDR ein Braunkoh-le-Heizwerk, und nach damaligen Plänen wäre in der Dübener Heide – nach Rheins-berg und Lubmin – das dritte DDR-Atom-kraftwerk emporgewachsen. Aus bekann-ten Gründen wurde daraus nichts. Statt Atom regiert in der Stadt heute die Sonne.

Günter Dietzsch, Wärmewirtschafts-Exper-te im Ruhestand, erkannte nach der Wen-de schnell die Möglichkeiten des nun frei-en Zugangs zu modernen Technologien. Mit einer Handvoll Gleichgesinnter grün-dete er den gemeinnützigen Verein „So-lar- und Umweltgesellschaft Dübener Heide“, um seinen Traum von braunkohle-freier Energiegewinnung zu verwirklichen. Als sich die Wirtschaft für den Verein zu interessieren begann, stieg Dietzsch aus: „Der Gemeinnutz drohte sich in Richtung Profitwirtschaft zu verschieben, das war mit mir nicht zu machen.“ Aufgeben woll-te Dietzsch aber nicht, weshalb er über die damalige PDS-Fraktion den Aufbau der „Ökologischen lokalen Agenda 21“ als Ar-beitsgruppe (AG) des Stadtrates anregte. Auf Initiative der AG wurde 2001 ein Ener-gie- und Klimakonzept erarbeitet. Daraus entstand ein Maßnahmeplan: Ziel: Bad Düben wird ökologische Kurstadt! Eine Etappe auf dem Weg dahin war die Be-werbung um den European Energy Award (eea), einer Auszeichnung für energieeffi-ziente Städte und Gemeinden. 2005 be-kam Bad Düben den eea erstmals zugesprochen, 2009 hat die nun euro-päische Modellstadt den Titel verteidigt.

Um die ökologi-sche Stadt-Umge-staltung noch bes-ser bedienen zu können, wurde die AG 2009 durch den breiter aufgestell-ten Ökobeirat er-setzt. Hier arbeiten drei Arbeitsgruppen:

Solarthermische Anlage auf der anderen Dachseite, die spart bis zu 60 Prozent des Warmwasserbedarfes und unterstützt die Heizung mit ca. zehn Prozent. Wärmepum-pe im Keller zur Nutzung von Erdwärme, die wir über die ca. einen Meter unterm Rasen horizontal verlegten Flächenkollek-toren einfangen. Nutzen: ca. 60 bis 70 Pro-zent des Heizenergiebedarfes.“ Sozusagen als Öko-Bonus „schluckt“ eine unschein-bare Pflanzenkläranlage vorm Haus sämtli-ches Abwasser, bereitet es auf und „spukt“ es als klares Spülwasser wieder aus. Dass hier auch Regenwasser geklärt und nach-genutzt wird, ist fast überflüssig zu er-wähnen. Ebenso wie die Tatsache, dass Wasser- und Stromverbrauch im Hause Dietzsch extrem niedrig sind.

Wie viele potentielle Häuslebauer sich hier schon die Klinke in die Hand gaben, weiß Günther Dietzsch nicht mehr so ge-nau, Nachnutzer aber gibt es viele. Auch das erste kommunale Mehrfamilienhaus in der Bad Dübener Ritterstraße, das aus-schließlich über Sonnenenergie und Erd-wärme beheizt wird und mit freundlichen Betriebskosten lockt, geht auf eine Besich-tigung der Dietzschen „Öko-Villa“ zurück.

Solarkraftwerk in Bürgerhand

Am 1. Januar ging Bad Dübens erstes Bürger-Solarkraftwerk (B-SKW) ans Netz.

eine für Energieeffizienz und erneuerbare Energien, eine für Stadtökologie und die dritte zur Überwachung der eea-Kriteri-en. Erstere wird von Günther Dietzsch ge-leitet, der Letztgenannten steht der Vize-chef des Stadtbauamtes vor. „Das macht den Ökobeirat so stark, dass er kein par-teipolitischer Zusammenschluss ist, dass hier Ehrenamtler wie Stadtangestellte ak-tiv sind und dasselbe Ziel verfolgen“, so Dietzsch.

Profit aus Sonne, Erdwärme und Pflanzen

Der Öko-Beirat sieht sich als Beratergre-mium für Stadtverwaltung und Bürger. Dietzsch selbst stellt seit Jahren sein eige-nes Haus als „Schauobjekt“ zur Verfügung.

1993 hatte der enthusiastische Tüftler das Niedrigenergie-haus an den malerischen Waldrand gesetzt. Heute ist daraus ein Passivhaus ge-

worden, ohne dass da-für die Dämmung ver-ändert worden wäre. „Ich habe nur die Wär-merzeugung redu-ziert“, lächelt Günther Dietzsch hintergründig und zählt auf: „Photo-voltaikanlage auf dem Dach, der Strom wird ins Netz eingespeist.

„Die Sonne schickt keine Rechnung“

Günther Dietzsch aus Bad Düben setzt auf Öko-Energie.

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Umsteuern. Jetzt!Nach dem schweren Erdbeben und dem nachfolgenden Tsunami vom 11. März die-ses Jahres ist in Japan nichts mehr wie es war. Tausende Menschen starben, weite Landstriche sind verwüstet. Und die Lage um das Atom-Wrack von Fukushima war und ist dramatisch. An den Folgen der Reaktorkatastrophe wird die Welt noch lange leiden. Immerhin: Ein erstes Nach-denken über Kernenergie, Restrisiko und Laufzeiten hat auch in Deutschland ein-gesetzt. Wenn auch in völlig unterschied-liche Richtungen.

Sachsens Ministerpräsident Tillich (CDU) hat für Mai eine Regierungserklärung zur Energiepolitik angekündigt. Schon heu-te wissen wir: Die CDU sieht die heimi-sche Braunkohle vorm Comeback. Die mitregierende FDP gefällt sich unterdes-sen darin, die Angst der Menschen vorm Supergau zu verhöhnen: Thorsten Herbst, Generalsekretär der Sachsen-FDP sag-te in der Landtagsdebatte zum Atomaus-stieg am 24. März: „Mir machen die Hitze-entwicklungen in Reaktoren mittlerweile fast weniger Sorgen als die Hitzeentwick-lungen in den Köpfen mancher Politiker.“

In derselben Plenarsitzung erklärte Dr. Jana pinka für DIE LINKE: „Wir for-dern die beschleunigte Beendigung der Nutzung von Kernenergie und einen ge-regelten Ausstieg aus der Braunkohle-verstromung bis spätestens 2040. Den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung wollen wir bis 2020 auf 40 Prozent und bis 2050 auf 100 Pro-zent erhöhen.“ Fraktionskollegin Dr. Monika runge ergänzte: „Wir können es, wie die Deutsche Umwelthilfe errechnet hat, bis 2017 schaffen, aus der Kernkraft in Deutschland auszusteigen. Wir soll-ten das so schnell wie möglich tun, denn Sicherheit ist nicht verhandelbar. Ich empfehle allen Stadtwerken und regi-onalen Energieanbietern, dem Beispiel Jenas zu folgen. Dort wurde beschlos-sen, ab April auf Atomstrom zu verzich-ten und den Anteil erneuerbarer Energi-en entsprechend zu erhöhen. Sachsen produziert doppelt so viel Energie wie im Freistaat verbraucht wird, dafür zahlen wir einen hohen Preis, denken wir nur an die drohende Umsiedlung von weiteren 1.500 Menschen für den fortschreitenden Braunkohle-Tagbau. Gleichzeitig wird den Verbrauchern zugemutet, über den Ener-giemix ihrer Versorger durchschnittlich 23 Prozent Atomstrom mit zu bezahlen.“

n Mit einem Antrag (Drs. 5/5611) fordert DIE LINKE die Staatsregierung auf, eine Strommix-Offensive zur zukunftsfähigen Ausrichtung der Energieversorgung ohne Atomkraft zu starten.

Kraftwerksstandort ist das Dach der Hei-degrundschule. Von Idee über Konzeption und Bau bis zum Verkauf der Anteilsschei-ne hielt der Ökobeirat die Fäden in der Hand. 18 Bürgerinnen und Bürger gehö-ren nun zur solaren Betreibergesellschaft. Den kleinsten Anteilsschein gab es für 500 Euro, höchstens zehn wurden pro Per-son verkauft. Am Ende reichte das Geld, um den Bau kreditfrei zu realisieren. Die Schule ist Kommunaleigentum, ein Gestal-tungsvertrag regelt die Rechte und Pflich-ten von Eigentümer und Nutzer. „Für die Einspeisung ins öffentliche Netz haben wir einen Vertrag mit der EnviaM geschlossen. Stromabnahme und Preis sind für die kom-menden 20 Jahre garantiert. Es entstehen keine Basiskosten, denn die Sonne schickt keine Rechnung“, so Dietzsch: „Wir denken jetzt über ein zweites B-SKW nach, der Be-darf ist da, die Nachfrage steigt. Mit dem B-SKW geben wir auch den Menschen, die kein eigenes Haus oder nicht genug Geld für den Kauf einer großen Freianlage ha-ben, die Möglichkeit, vom Nutzen der Son-ne zu profitieren.“

Energieautarke Region als Antwort auf Fukushima

„Wir müssen jetzt was tun“, war Günther Dietzschs erster Gedanke, als ihm das Aus-maß der japanischen Atomkatastrophe ge-wahr wurde. Während man im Bund noch um Ausstieg, Moratorium oder Weiterbe-trieb feilscht, haben die LINKEN in Bad Düben ihre Antwort auf Fukushima schon gefunden: Der Aufbau einer energieautar-ken Region. „Die Bundespolitik können wir sowieso nicht beeinflussen. In der Kom-munalpolitik aber gibt es hervorragende Möglichkeiten, sich von der konventionel-len Energieerzeugung zu befreien und die Energie, die in der Region benötigt wird,

durch eigene Ressourcen abzudecken.“ Dass der kommunalpolitische Wille dafür da ist, freut Günther Dietzsch besonders: „Schon 2007 hat sich der Städtebund Dü-bener Heide mit der sog. Pretzscher Erklä-rung das Ziel gesetzt, die Region bis 2020 energieautark zu gestalten und bis dahin unabhängig von Öl und fossilen Brennstof-fen zu sein.“

Zum Städtebund Dübener Heide gehö-ren mit Bad Düben und Dommitzsch zwei Gemeinden aus Sachsen und mit Bad Schmiedeberg, Gräfenhainichen, Kem-berg, Prettin und Pretzsch fünf Kommunen aus Sachsen-Anhalt. Auch wenn Dietzsch die Zielmarke 2020 als „kühn“ einstuft, hält er den Weg jedoch für absolut rich-tig, weshalb er im Stadtrat dazu aufrief, die Pretzscher Erklärung mit Leben zu erfül-len – und prompt Beifall erntete: „Wir als Ökobeirat wollen uns da gern an die Spitze der Bewegung setzen“.

Den Auftakt gab’s am 30. April, dem Tag der erneuerbaren Energien. Im Naturpark-haus bot der Öko-Beirat Vorträge und Bera-tung an, um aufzuzeigen, was alles möglich ist, um die Pretzscher Erklärung umzuset-zen. Das Beirats-Konzept bündelt viele ehrgeizige Projekte, wie die Nachnutzung der in den Stadt-Abwässern enthaltenen Wärme zur Heizunterstützung des Verwal-tungsgebäudes vom Abwasserzweckver-band, auf dessen Dach zudem Solarkollek-toren aufgebracht werden könnten. „Wir wollen auch untersuchen, inwieweit der Klärschlamm zur Biogaserzeugung taugt. Auch sollten wir ein ‚Ökologisches Zent-rum Naturpark Dübener Heide‘ einrichten, als zentrale Anlaufstelle für alles, was im ökologisch-ökonomischen Bereich mach- und denkbar ist“, reist Günther Dietzsch gedanklich in die Zukunft und weiß: Für ihn lacht immer die Sonne … efa

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„Ärztemangel: Torgau ist nur die Spitze des Eisbergs“, titelte die Torgauer Zeitung Anfang Januar vor dem Hintergrund drei-er angekündigter Praxisschließungen. Da-bei gehört die Stadt in Sachen Praxisdichte noch zu den glücklicheren Orten. Vor al-lem in den ländlichen Regionen des Land-kreises Nordsachsen reicht die haus- und fachärztliche Versorgung seit langem nicht aus. Hinzu kommt, dass die Niederlassun-gen innerhalb des Landkreises sehr unter-schiedlich verteilt sind. So gibt es z.B. in der Stadt Oschatz 32 Haus- und Fachärz-te. Im Oschatzer Umland haben dagegen Gemeinden wie Liebschützberg oder Sorn-zig-Ablaß gar keinen Arzt. Dabei leben auf dem Lande immer mehr ältere Menschen, die zunehmend medizinischer Hilfe bedür-fen. Doch gerade hier finden Ärzte selten einen Nachfolger, siedeln sich kaum neue Ärzte an.

Dass das alarmierend ist, hat nun auch die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS)

erkannt. Mit der Neubewertung des Demo-graphiefaktors erhielt die KVS eine recht-liche Handhabe, um mehr Ärzte als bisher zuzulassen. Nach dem Demographiefaktor bestimmen nun Anzahl und Altersstruktur der Bewohnerinnen und Bewohnern einer Region die Anzahl der dort zuzulassenden Ärzte. Nach den neuen Zahlen für die Be-darfsplanung der Ärzte mit Demographie-faktor können jetzt sachsenweit noch 394 Hausärzte und 108 Fachärzte zugelassen werden. Die alte Berechnung ließ lediglich 94 Hausärzte bzw. zwölf Fachärzte zu.

Es stellt sich nun die Frage, wie die neu-en Möglichkeiten für die Verbesserung der ärztlichen Versorgung, besonders auch in den bisher benachteiligten Regionen Sach-sens, genutzt werden können. Schon jetzt gibt es eine Reihe von Förderinstrumen-ten für die Übernahme bestehender Praxen und für die Neuansiedlung von Ärzten in un-terversorgten Regionen. Bis 2013 stehen noch Fördermittel in Höhe von insgesamt 146 Mio. Euro für den ländlichen Raum in Sachsen zur Verfügung. Damit können üb-rigens auch Gemeinden, die Ärzte in ihrem Bereich fördern wollen, unterstützt werden. Dabei koordiniert das Netzwerk „Ärzte für Sachsen“ alle sächsischen Akteure und un-terstützt sie bei ihren Fördermaßnahmen.

Beachtliches aus Brandenburg

Da die bisherigen Förderinstrumente und Modellversuche in Sachsen noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, scheint es sinnvoll, auch mal den Blick über Sachsen hinaus zu richten. Hier bietet sich Brandenburg besonders an. Auch in Bran-denburg herrscht Ärztemangel, weshalb man hier im Herbst 2009 eine Arbeitsge-meinschaft Innovative Gesundheitsversor-gung in Brandenburg (IgiB) als Joint Venture zwischen KV Brandenburg, AOK und Barmer GEK gegründet und spezielle Versorgungs-ansätze entwickelt hat.

Ein solcher neuer Versorgungsansatz ist das Konzept „KV-RegioMed“. Dabei orga-nisiert die KV die medizinische Versorgung sektorenübergreifend: ambulant, stationär

und mit unterstützenden Strukturen aus dem nichtärztlichen Bereich, wie Apothe-ken, Heil- und Hilfsmittelerbringern, Pflege-diensten, Praxisassistent/innen, Fahrdiens-ten und schließlich auch Kommunen und Landkreisen. Die Kooperationen laufen als Modellversuch derzeit in fünf Regionen an. In Sachsen sind die Kommunen und Land-kreise bei der Sicherstellung der medizini-schen Versorgung nicht gesetzlich gefor-dert. Eine moralische Verpflichtung für die regionale Daseinsvorsorge haben Landrä-te, Oberbürgermeister/innen und Bürger-meister/innen aber sehr wohl! Hier muss die Sächsische Staatsregierung die lokalen Verantwortungsträger dringend mit in die Pflicht nehmen.

Ein zweites Modell wird im Süden Branden-burgs, in den Landkreisen Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz probiert. Hier ha-ben sich 55 Ärzte im Ärztenetz Südbran-denburg (ANSB) zusammengeschlossen. Ziel dieser neuartigen Versorgung ist die medizinische Qualitätssicherung. Auf dem neuesten Stand der Wissenschaft wurden aus den Leitlinien für die Patienten konkre-te Behandlungspfade entwickelt. Diese Be-handlungspfade ermöglichen unter Nut-zung modernster Computertechnik eine enge Zusammenarbeit von Haus- und Fach-ärzten bei der Behandlung der individuellen Krankheitsbilder, wobei das Elbe-Elster-Kli-nikum mit Standorten in Elsterwerda, Fins-terwalde und Herzberg als Partner mit dem Praxisnetz kooperiert. Der jeweilige Haus-arzt ist damit in der Lage, in kurzer Zeit Di-agnostik und Therapie mit den niedergelas-senen Fachärzten und Krankenhausärzten abzustimmen. Hierdurch werden die Spe-zialisten gemeinsam mit dem behandeln-den Hausarzt zum Behandlungsteam, das in kürzester Zeit und ohne Doppeluntersu-chungen die besten weiteren Behandlungs-schritte festlegen kann.

Diese und ähnliche innovative Modelle für eine flächendeckende, sektorenübergrei-fende und damit patientenorientierte Ge-sundheitsversorgung lassen sich bestimmt auch in den Kreisen und Regionen Sach-sens einführen. Hiervon würden Ärzte, Ge-sundheitsdienstleister und Patienten glei-chermaßen profitieren.

Fördern, bis der Arzt kommt

MdL Kerstin Lauterbach Sprecherin für Gesundheitspolitik

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Problem zu befassen, ohne dass dafür ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf vorzulegen ist. Und auch darüber, ob ein vom Landtag verabschiedetes Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, soll künftig die Bevölkerung entschei-den können, sofern mindestens ein Drittel der Landtagsabgeordneten dies verlangt.

Im März dieses Jahres stellte die Fraktion DIE LINKE den Gesetzentwurf zur Diskus-sion, die Reaktionen aus dem Land waren durchweg positiv. Selbst Experten lobten das Vorhaben. Prof. Dr. Werner Patzelt, Po-litikwissenschaftler an der TU Dresden (und CDU-Mitglied!) sah in dem Gesetzentwurf eine sehr gute Diskussionsgrundlage und empfahl sogar, ihn noch weiter zu radika-lisieren. Alle verabschiedeten Gesetze, so seine Argumentation, sollten von der Bevöl-kerung wieder gekippt werden können. Die Staatsregierung wäre dann durchgehend gezwungen, ihre Politik grundsätzlich am Willen der Bevölkerung auszurichten.

Fakt ist: Die Demokratie muss demokra-tisiert werden! Nur so kann Gemeinwohl über Lobbyinteressen siegen, kann Politik-verdrossenheit bekämpft werden. Sätze wie „Man kann’s ja eh nich’ ändern“ müs-sen der Vergangenheit angehören.

Kevin Reißig (Gastautor)

Im vergangenen Jahr feierte die Staatsre-gierung den 20. Geburtstag der Demokra-tie im Freistaat. „Hier entscheiden Sie!“ prangte stolz auf einer gigantischen Tafel vorm Landtag – auch noch, als dort Tausen-de gegen die Kürzungspolitik von CDU und FDP protestierten. Den Slogan konnten sie wohl nur als schlechten Witz empfinden, denn fast zwei Jahrzehnte nach der Verab-schiedung der Landesverfassung ist der Zu-stand der sächsischen Demokratie alles an-dere als gut.

Landtag und Volk sind als Gesetzgeber gleichrangig, so steht es in Artikel 3 der Verfassung. Über die Initiativen Volksan-trag, Volksbegehren und Volksentscheid sollen die Sächsinnen und Sachsen Geset-ze auch ohne den Landtag verabschieden können. Real gelungen ist dies aber fast noch nie, obschon es mehrere Versuche gab. Bei Sachsens einzigem Volksentscheid im Jahr 2001 sprach sich „das Volk“ klar für die Erhaltung der kommunalen Sparkas-sen aus. Alle anderen Initiativen – die letzte liegt zehn Jahre zurück – scheiterten.

DIE LINKE will die Direkte Demokratie in Sachsen wiederbeleben und brachte einen entsprechenden Gesetzentwurf (Druck-sache 5/3705) in den parlamentarischen

Geschäftsgang des Landtags ein. Mit die-sem Gesetz soll das viel zu hohe Quorum für Volksbegehren, das Volksentscheide bis-her praktisch unmöglich machte, deutlich reduziert werden. Statt wie bisher 450.000 sollen künftig 175.000 Unterschriften aus-reichen, um einen Volksentscheid zu erwir-ken. Nach Ansicht der LINKEN soll es künf-tig auch möglich sein, Unterschriften über das Internet und in den Gemeindeverwal-tungen zu sammeln. Um Formfehler zu ver-meiden, soll der Landtagspräsident zudem verpflichtet werden, die Initiatoren eines Volksbegehrens rechtlich zu beraten. Au-ßerdem sollen die Bürgerinnen und Bürger den Landtag künftig per Volksantrag zwin-gen können, sich mit einem politischen

Damit DES VOLKES WILLE geschehe!

Demokratie 3.0 im Internetzeitalter?

Initiative nicht mehr von der organisato-rischen Stärke der Initiator/innen abhän-gen würde, sondern von der realen Unter-stützung durch die Wahlberechtigten.

MdL Julia Bonk Sprecherin für Datenschutz, Verbraucherschutz und neue Medien

Angesichts schwindender Akzeptanz der repräsentativen Demokratie hoffen viele, dass sich die Beteiligungslücke durch di-gitale Beteiligungsmöglichkeiten schlie-ßen ließe. Tatsächlich ist es heute so, dass sich übers Internet die tradierte star-re Sender- und Empfängerstruktur der klassischen Informations- und Unterhal-tungsmedien aufbrechen lässt. Das Web ist ein Massenmedium für Kommunikation und Lebensorganisation. Wir müssen die Möglichkeit der Verschiebung von vertika-len Diskursen zu horizontalen Dialogen für den demokratischen Alltag viel mehr nutz-bar machen.

Aus Sicht der LINKEN ist es Aufgabe der Po-litik, die ausfasernden Teilöffentlichkeiten des Netzes durch einen gemeinsamen öf-fentlichen Raum - durch eine digitale Ago-ra (= Marktplatz der altgriechischen Stadt, d. Red.) – zu ergänzen. Die Bürger/innen sollen die technischen Kommunikations-möglichkeiten in einen realen Zuwachs an Austausch und Beteiligung umwandeln

können. Dazu gehört, dass allen der Zu-gang zu neuen Medien möglich gemacht wird. Mit dem Netzausbau müssen die technischen Vorraussetzungen geschaffen werden. Zudem müssen alle Interessier-ten dabei unterstützt werden, den gestal-terischen Umgang mit den neuen Medien zu erlernen.

Im Landtag konkret setzt sich DIE LINKE dafür ein, dass Massenpetitionen end-lich auch online möglich werden. Auch wäre es denkbar, dass Vorhaben von Re-gierung und Fraktionen zuerst in Bürger-foren im Internet diskutiert werden kön-nen, bevor sie in den parlamentarischen Geschäftsgang kommen. DIE LINKE hat einen Gesetzentwurf zur demokratischen Mitbestimmung erarbeitet, der solche Möglichkeit zur Entscheidung per digitaler Kommunikation verankert und z.B. auch die digitale Zeichnung von Volksinitiativen möglich macht (s.a. Beitrag ob.). Im Zu-sammenhang mit der Senkung der Quo-ren bedeutet das, dass der Erfolg einer

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Gestatten, Andrea Roth. Kloakenlady. Na, nun gucken Sie nicht so. Für mich ist das ein Adelstitel. Und den habe ich mir ehrlich erkämpft! Wie? Indem ich in etwas herum-rührte, was andere meist schnell los wer-den wollen. Sie bezahlen sogar dafür. In Sachsen sogar mehr als anderswo. Und ge-nau hier wird es wirklich schmutzig, stin-kend und unappetitlich. Mit LINKER Gründ-lich- und Beharrlichkeit erforschen wir seit Jahren, warum Abwasserentsorgungskos-ten gerade im Freistaat zum Ruin führen können, wer hier verdient und wer verliert. Ich konkret mache das seit 17 Jahren und fand drei Hauptursachen für die Kostentrei-berei im Abwassersektor: 1. großzügige fi-nanzielle Förderung von Land, Bund und EU für den Bau riesiger zentraler Abwassersys-teme, 2. blühende Landschafts-Prognosen mit wachsenden Bevölkerungszahlen und 3. Berater und Planer aus Westdeutschland, die hier die Projekte durchsetzten, mit de-nen sie zu Hause durchgefallen waren.

Milliarden wurden so verbaut und de fac-to versenkt. Zu zahlen hat diese Invest-Un-summen der Steuerzahler und die, die per Gesetz gezwungen wurden, die hauseigene Kloake in die unterirdischen Kanäle einzu-leiten. Dort angekommen, tritt diese eine ki-lometerlange, oft pumpengestützte „Reise“ in eine übergroße, hoch technisierte Klär-anlage an. Für die unterirdische Wander-schaft nebst anschließender Klärung muss natürlich gelöhnt werden. Und das nicht zu knapp. Und doch reicht es zumeist nicht, um alle Betriebs- und Kreditrückzahlungs-kosten auszugleichen. Daran kranken vie-le Abwasserzweckverbände und rufen nach Rettung in Form von Steuergeldern und Ab-gaben. Beim Ruf nach Erhöhung der Beiträ-ge, Grund- und Mengengebühren ist man in den letzten Jahren aber vorsichtiger gewor-den. Dahinter steht die Angst der Zweckver-bandsverantwortlichen vorm Zorn der Abga-benpflichtigen. Die wehren sich seit 1993,

dem Geburtsjahr des sächsischen Kommu-nalabgabengesetzes, gegen die Abzocke für Anlagen, die sie so nicht bestellt haben.

In ganz Sachsen bildeten sich Bürgeriniti-ativen (BI) gegen unsoziale Kommunalab-gaben: In der Lausitz, im Leipziger Raum, in Glauchau, Meißen und im Vogtland mach-ten und machen sie Druck auf die kleinen Abwasserfürsten ihrer Regionen und auf die Staatsregierung, auf dass sich diese um ver-nünftige und bezahlbare Abwasserlösungen kümmere. Die Bürgerinitiativen protestierten, demonstrierten, verbündeten sich, starteten einen Volksantrag und eigneten sich Fach-wissen an. Viele BI-Aktive arbeiten inzwi-schen in Zweckverbandsbeiräten oder Stadt- und Gemeindegremien mit. Unsere Fraktion gab den Initiativen von Beginn an Rat und Unterstützung, erarbeitete Handlungsanlei-tungen, organisierte Schulungen und betei-ligte sich am Protest. Seit 1998 treffen sich Bürgerinitiativen und Kommunalpolitiker/ innen auf unsere Einladung hin regelmäßig in Dresden oder jeweils vor Ort, um von Exper-ten zu lernen, mit Regierungs- oder Behör-denvertretern zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Aktionen zu planen. Der-zeit bereite ich das 60. Treffen vor, das am 2. Juli 2011 stattfindet und zu dem ich alte und neue Mitstreiter schon jetzt einlade.

DIE LINKE brachte dutzende Anfragen, Anträge und Gesetzentwürfe zum Thema Abwasser in den Landtag ein. Bis heute ha-ben wir insgesamt drei Gesetze zur Begren-zung von Kommunalabgaben vorgelegt, die allesamt von den machtarroganten regie-rungstragenden Fraktionen abgelehnt wur-den. Nicht ablehnen konnte die CDU jedoch die Einsetzung eines Untersuchungsaus-schusses (UA) im Jahre 1996. Auch dann nicht, als klar war, dass eine LINKE – näm-lich ich – dieses Gremium führen würde. Der Ausschuss hatte zu untersuchen, in wes-sen Verantwortung und mit welchen Folgen

der Zweckverband Beilrode/Arzberg unter Federführung der Staatskanzlei und des Ministerpräsidenten Biedenkopf privati-siert wurde. Die Privatisierung des AZV war zum Nachteil der Bürger/innen aus Ost- Elbien, aber zum Nutzen eines alten Freun-des des Ministerpräsidenten aus NRW- Zeiten durchgedrückt worden. Im Laufe der dreijährigen Ausschuss-Arbeit konn-ten wir der Staatsregierung sechs Rechts- und Gesetzesverstöße nachweisen. Selbst der damalige Finanzminister Milbradt gab bei seiner Vernehmung zu Protokoll, dass es sich bei Beilrode/Arzberg um „eine Privatisierung der Gewinne und eine Sozialisierung der Ver luste“ gehandelt hat. Ex-Ministerpräsident Biedenkopf jedoch konnte nichts Unrechtes an seinem Freund-schaftsdienst entdecken. In der „Sächsische Zeitung“ stand damals nach Biedenkopfs Vernehmung: „Mein Name ist Biedenkopf, ich weiß von nichts“.

Von nichts wissen, um nichts verantworten zu müssen, so hält es die Staatsregierung bis heute. Dass aber lassen wir nicht durch-gehen. Wer bestellt, bezahlt! Übergroße, zentrale Abwassersysteme bestellte in der Nachwendezeit die Staatsregierung. Sie hat dafür zu bezahlen und Konzepte zum Rückbau zu erbringen. Wir stehen weiter an der Seite der gebeutelten Bürger, nicht nur in Ost-Elbien. Auch wenn ich dafür zur „Kloakenlady“ wurde. siehe auch S. 13

Nichts geklärt in Sachen Abwasser

MdL Andrea roth Sprecherin für direkte Demokratie

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„Unser Ziel ist, die Preise dauerhaft be-zahlbar zu halten“, gibt sich Renate Götze kämpferisch. Keine Selbstverständlichkeit nach fast 17 Jahren in der Gefühlsachter-bahn der BIKO, der Bürgerinitiative gegen unsoziale Kommunalabgaben im nord-sächsischen Verbandsgebiet um Arzberg und Beilrode.

Menschen wie Renate Götze aus Döb-richau, Günter Nicolai und Peter Siege-mund aus Stehla, das sind die „Wutbürger“ der frühen 90er. Sie gehörten zu den ers-ten, die nach der Wende erfahren muss-ten, dass auch jetzt nicht nur Gutes von oben kommt. Es war Sachsens Landesre-gierung, die den Ost-Elbiern nahe legte, sie mögen als Versuchskaninchen her –und die Privatisierung ihres Abwasserzweck-verbandes aushalten. Das von König Kurt (Biedenkopf, Ministerpräsident Sachsen 1990-2002) als Vorzeigemodell gedachte Projekt machte die Landbewohner jedoch misstrauisch. Man ahnte wohl, dass mit dem Verkauf der Klärwerke und Kanalan-lagen durch die Dortmunder Vertriebs- und Konzeptionsgesellschaft für Immobili-en und Fondsanlagen VIA die Gebühren für die Wasserver- und Abwasserentsorgung drastisch steigen würden. Und als mögliche Zwangsanschlussbeiträ-ge von bis zu 30 Tausend D-Mark die Runde machten, hoben 14 vor allem ältere Besitzer größerer Höfe die Bürgeriniti-ative BIKO aus der Taufe.

„Das war am 20. September 1994“, hat Renate Götze dieses Datum ebenso pa-rat wie den 5. Juni 1996, als der Sächsi-sche Rechnungshof seinen, auf Initiative der damaligen PDS verfassten Bericht zum „Privatisierungsmodell AZV Arzberg-Beil-rode“ vorstellte. „Und am 7. Mai 1997 ha-ben wir die Normenkontrollklage gegen die Gründung des Zweckverbandes gewon-nen, woraufhin die Satzung geändert wer-den musste“, zählt die BIKO-Vorsitzende eine der zahlreichen Etappen des zähen BI-KO-Kampfes ums finanzielle Überleben im Zweckverbandsgebiet zwischen Arzberg, Beilrode, Großtreben-Zwethau und Graditz mit seinen 32 Ortslagen und heute noch rund 7.000 Menschen auf. Dort war die modellhafte Privatisierung schon bald ge-scheitert, der Zweckverband pleite und die Zukunft ungewiss. Der für das Projekt auf-gelegte „Infrastrukturfonds Nr. 1 Beilrode- Arzberg“ freilich war davon nicht betroffen. Die 441 fast ausschließlich westdeutschen Anleger kassieren bis heute jedes Jahr ihre Rendite, bestehend aus Gewinnausschüt-tung und Steuerrückzahlung. Wenn der Fonds 2014 ausläuft, winkt noch eine hüb-sche „Leibrente“.

„Die VIA hat für die 20 Jahre Fondslauf-zeit ca. 40 Mio. Euro an Einnahmen kalkuliert. Aufbringen muss die der Zweckverband als Betreiber der Anla-gen. Anfangs waren die Raten noch zu

stemmen, dann stie-gen sie rasch und

waren nur noch über Kredite zu

finanzieren“,erzähltRenate Götze.

DIE EINMISchERDass dennoch nicht noch mehr an der Ge-bührenschraube gedreht wurde, war und ist Verdienst der BIKO, die seit 1999 in allen drei betroffenen Kommunen mit in den Gemein-deräten sitzt. „Uns war klar geworden, dass es inzwischen um mehr ging, als um unsere Privathäuser. Es ging um den gesamten Ge-meindehaushalt. Deshalb stellten wir als BIKO Kandidatenlisten auf und wurde aus dem Stand in alle Kommunalparlamente gewählt.“

In den Gemeinderäten und als Verbandsrä-te beim Zweckverband versuchen die BIKO-Vertreterinnen und -vertreter nun zu verhin-dern, dass es noch schlimmer kommt, als es eh schon ist. „Unsere Kommunen müs-sen pro Person und Jahr 51,13 Euro als Um-lage an den Zweckverband abtreten. Das hat die Staatsregierung 2003 als Gegenleistung zur Verbandskonsolidierung verlangt. Das Geld fehlt uns heute. In Beilrode zum Beispiel müssen wir die dringende Sanierung des Schulhortes immer wieder verschieben“, be-klagt Renate Götze das Erbe des Privatisie-rungs-Experiments: „Der Abwasserzweckver-band steht mit 12 Mio. Euro in der Kreide und das dicke Ende kommt erst noch, wenn das Fondsmodell 2014 ausläuft und wir die Anla-gen zurückholen müssen.“ Dennoch kann die 59-Jährige den langen BIKO-Jahren auch Gu-tes abgewinnen: „Wir haben viel gelernt. Auch dass Politik nicht nur negativ ist. DIE LINKE hat uns von Anfang unterstützt und beraten. Bei deren Bürgerinitiativentreffen können wir uns zudem mit anderen BI austauschen und erhalten fachlichen Rat.“ Nach Arzberg-Beil-rode sollte übrigens in Delitzsch ein zweiter Infrastrukturfonds aufgelegt werden. Durch die BIKO blieb den Randsachsen das erspart.

Weniger gut zu sprechen sind Götze und Co. auf die Staatsregierung: „Die haben uns das eingebrockt und lassen uns jetzt hän-gen.“ Drei Ministerpräsidenten hat die BIKO in Sachsen schon überlebt, aus den Einmi-schern von 1994 sind die Mitmischer von heute geworden. Ohne sie steckte die Hand der Profitgeier bereits bis zur Schulter in der Tasche der Bürger, wäre Ost-Elbien wohl längst ein entleertes Biotop, in dem blühen-de Landschaften die viel zu großen Kläranla-gen überwuchern. efa

LESEtIpp » „Die zweigeschossige Streuobst­wiese – fünf politische Konkurs­märchen aus dem Abwasser­Reich des Königs Kurt von Sachsen“ (1999, Dr. Werner Rügemer)

» „Wenn der Privatisierer kommt – Wasser und Abwasser in Sachsen“ (2002, Dr. Werner Rügemer)

Download unter www.linksfraktion-sachsen.de (Publikationen, Archiv)

Peter Siegemund, Renate Götze, Günter Nicolai (v. li.) von der BIKO Arzberg-Beilrode

„Demokratie braucht aktive Bürger, die sich einmischen.“

B. Lückemeier, Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt

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Politisch motivierte Kriminalität von rechts im Landkreis Nordsachsen? Gibt es nicht. Gibt es im Bereich der ganzen Polizeidirek-tion Westsachsen nicht. Diesen Eindruck jedenfalls muss gewinnen, wer den Jahres-bericht der Polizeidirektion Westsachsen aufmerksam liest.

Etwas anders sieht es dagegen aus, wenn man in den Presseberichten der Polizei auch mal zwischen den Zeilen liest. Beispiel gefällig? In der Tagesmeldung der Polizeidi-rektion vom 14. März dieses Jahres heißt es zu einem Zwischenfall in Eilenburg: „Zu einer gefährlichen Körperverletzung kam es am 12.3.2011, gegen 21.20 Uhr im Bereich Wallstraße / Bahnhofstraße / Rinckartstra-ße. Aus einer ca. 25-köpfigen Personen-gruppe heraus wurde in Höhe der Post eine 6-köpfige Personengruppe angegriffen. Da-bei wurde ein Jugendlicher so schwer ver-letzt, dass er stationär in ein Krankenhaus eingewiesen werden musste. Zwei weitere Jugendliche wurden leicht verletzt. Die Er-mittlungsarbeiten wurden aufgenommen. Zum Motiv gibt es noch keine Hinweise.“

Die Meldung selbst war zwei Tage nach der Tat zu lesen. Da allerdings pfiffen in Eilen-burg und Umgebung schon die Spatzen von den Dächern, dass das Motiv so rätselhaft wie angegeben gar nicht war und sehr wohl einen politischen Hintergrund hatte. Die Angegriffenen nämlich waren eine Gruppe jugendlicher Punks auf dem Heimweg von einem Konzert. Die mutmaßlichen Täter

kamen den Informationen nach aus der re-gionalen Neonazi-Szene. Über ein weiteres „Vorkommnis“ derselben Nacht schwieg sich der Polizeibericht dann auch gleich ganz aus. Zu der Tatsache, dass mal wieder ein Nazi-Konzert - diesmal mit den einschlä-gigen Bands „EternalBleeding“, „Burning-Hate“ und„Fight Tonight“ – im Kreisgebiet stattgefunden hatte, gab es keine einzige Zeile. Organisator des Konzerts war der Ei-lenburger NPD-Stadtrat Kai Rzehaczek, Ge-schäftsführer des Szenevertriebs „Nord-sachsen-Versand“, über den der Neonazi kauft, was er so braucht: Bekleidung, CDs, Bücher u.a.m. In der NPD ist Rzehaczek seit dem 28. Mai 2009, eine Woche später wur-de er in den Stadtrat gewählt.

Der Eilenburger gilt als enger Vertrauter des NPD-Kreisvorsitzenden Maik Scheffler, der seit seinem Eintritt in die NPD Ende 2008 eine „Partei-Blitzkarriere“ hingelegt hat und inzwischen zum Kreisvorsitzenden und Lan-desorganisationsleiter aufgestiegen ist. Er schien der NPD geeignet, den kaum arbeits-fähigen Kreisverband auf Vordermann zu bringen und der NPD die heftig umworbe-nen Freien Kräfte zuzuführen. Scheffler gilt als inoffizieller Führer des Freien Netzes, der größten Struktur militanter Neonazis in Sachsen. Nachdem Scheffler 1999 erstmal aus der NPD ausgetreten und es stiller um ihn geworden war, tauchte sein Name im Juli 2000 im Zusammenhang mit dem Über-fall auf die elterliche Wohnung einer jungen Delitzscher Antifaschistin wieder auf. Eine

„Petitesse“ wie diese hinder-te die Stadt Delitzsch nicht daran, ihm im selben Som-mer eine Sozialarbeiter-stelle in einem Container für rechte Jugendliche anzu-bieten. Er selbst lehnte dies aus Angst, vereinnahmt zu werden, aber ab.

Heute tönt der NPD-Stadtrat, er wolle Nordsachsen zur „zweiten Sächsischen Schweiz“ entwickeln. Auf dem Weg dahin liegen diverse Demonstrationen, z. B. ge-gen „Kinderschänder“ oder gegen Kürzun-gen bei der Jugendhilfe. Gelegentlich liefen da auch schon normale Bürger mit, was der „rechte Rand“ für gewöhnlich als Erfolg ver-bucht. Doch bei Lichte betrachtet, gilt auch hier: Mehr Schein als Sein. Ganze 37 Mit-glieder hat der nordsächsische NPD-Kreis-verband. Es ist offenbar mühselig, die frei-en Kameraden für die Mitarbeit in der Partei zu gewinnen. Zur Jahreshauptversammlung Ende 2010 erschienen gerade einmal drei-zehn Getreue… Zerwürfnisse wurden auch da überdeutlich. Steffen Heller, Kreisrat und Stadtrat aus Oschatz, wurde nicht wie-der zum Vize-Kreischef gewählt. Als Reprä-sentant der sich gemäßigt gebenden Kräfte, die von den REPublikanern zur NPD gesto-ßen sind, ist er offenbar nicht wohl gelitten.

Wie man dafür sorgt, dass die Rechnungen von Scheffler & Co. nicht aufgehen, hat die Stadt Torgau erst kürzlich ebenso sympa-thisch wie eindrucksvoll bewiesen. Letztes Jahr wurde der „Elbe Day“, mit dem alljähr-lich an den Jahrestag des Aufeinandertref-fens sowjetischer und amerikanischer Trup-pen auf der Torgauer Elbbrücke von 1945 erinnert wird, durch eine braune Kundge-bung gestört. Ein Zusammenschluss aus den unterschiedlichsten Institutionen und Torgauer Bürgerinnen und Bürgern verhin-derte in diesem Jahr den angekündigten braunen Wiederholungsauftritt. Das Bünd-nis pro Torgau war so breit wie nie zuvor, und deshalb blieb Torgau heuer bunt statt braun. Der Landkreis braucht solche Erfol-ge! Zu erreichen sind sie nur mit der Cou-rage der Zivilgesellschaft. Und ein bisschen auch mit dem Lesenkönnen zwischen den Zeilen diverser Polizeiberichte …

Nordsachsen: Alles im (rechten) Lot?

MdL Kerstin Köditz Sprecherin für antifaschistische Politik

Denkmal am Torgauer Elbufer zur Erinnerung an das historische Aufeinandertreffen sowjetischer und amerikanischer Truppen gegen Ende des II. Weltkrieges am 25. April 1945

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MdL Dr.Jana pinka Sprecherin für Unwelt- und Technologiepolitik

Nasse Keller, überflutete Felder, verzweifelte Landwirte und Hausbesitzer. Diese Situation ist uns seit dem Hochwasser von 2002 nicht unbekannt. Mehrfach wiederholte sich diese Problematik, zuletzt im Sommer 2010. Da hinterließ das Oberflächenwasser zwar erneut Schäden, floss aber nach wenigen Tagen wieder ab. Das Grundwasser aber stieg. Was war passiert?

Normalerweise wird nach Niederschlä-gen ein Teil des Regens durch Pflanzen abgefangen, verdunstet und wird über Flussläufe weggeleitet. Je nach Bodenart können mehr oder weniger große Wasser-mengen im Boden zurückgehalten werden. Ein Teil davon versickert und bildet neu-es Grundwasser. Wenn große Wassermen-gen nicht über Pflanzen verdunstet werden können, versickert erheblich mehr und das Grundwasser steigt. Dies hält zumeist so-lange an, bis die Vegetationsperiode wieder beginnt.

Nun gibt es allerdings Regionen, da findet dieser Kreislauf nicht mehr statt. Dort ent-steht dauerhaft Hochwasser unter der Erde, sogenanntes Grundhochwasser. Dafür gibt es natürliche aber auch gesellschaftliche Ur-sachen. Da sind zum einen die immensen Landschaftsveränderungen nach der Been-digung des Braunkohleabbaus. Infolge der Flutung von Tagebauen werden vorbergbau-liche Grundwasserverhältnisse wieder er-reicht und teils sogar überschritten. So er-langt bspw. die Lausitz wieder ihre wahre Bedeutung zurück. Auf sorbisch heißt Lau-sitz „Łužica“ und steht für „sumpfig-feuchte Wiesen“. Eine zweite Ursache ist der sinken-de Wasserverbrauch. Es gibt weniger Indus-trie und Gewerbe und mehr Menschen, die bewusst Wasser sparen. Damit wird man-cherorts mehr Wasser angeboten als ver-braucht. Damit bekommen zum Beispiel auch Regionen mit stillgelegten Wasserwer-ken Probleme.

Zurück zu den ehemaligen Braunkohleberg-baugebieten. Hier wird schon länger beob-achtet, dass ein bis an die Tagesoberfläche reichender Grundwasserwiederanstieg statt-findet. Im Rahmen von Verwaltungsabkom-men zur Braunkohlesanierung stellen daher

Bund und die Länder Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Finanzen für Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren als Folge des Grundwasseranstiegs zur Verfü-gung. Allerdings greift das nur dann, wenn nachgewiesen wird, dass der Grundwasser-anstieg tatsächlich Folge des Bergbaus ist. Menschen, die außerhalb dieser Projektgren-zen liegen, suchen meist vergeblich nach dem Verursacher ihres hohen Grundwassers und bleiben mit ihren Problemen allein. Hat der Betroffene allerdings „Glück“ und befin-det sich innerhalb des Planungsgebietes, muss eine sog. Einzelfallentscheidung her. Dabei wird i.d.R. zunächst immer erst nach einer Lösung gesucht, das Wasser auf ein-fache Art loszuwerden - durch Abpumpen, Grabensysteme, Verfüllung von Kellern etc. Greift das nicht, wird im Einzelfall als Maxi-mallösung das gesamte Haus angehoben.

Im ehemaligen Bergbaugebiet Delitzsch/Bit-terfeld wurde erkannt, dass die Drainagewir-kung des Bächleins Lober wiederhergestellt werden muss, damit das hohe Grundwasser möglichst dauerhaft aus dem Stadtgebiet von Delitzsch abfließen kann. Hierzu wird zurzeit eine über Jahre entstandene, das Ge-wässerbett abdichtende Schicht entfernt, um den Austausch zwischen Oberflächen- und Grundwasser wieder in Gang zu bringen. Damit dies dann auch hält, muss der Sa-nierung eine fachliche Pflege folgen, für die

nach der Gewässerordnung der Freistaat zu-ständig ist. Zum Glück, denn die Unterhal-tungspflicht kleiner Gewässer liegt in der Re-gel bei den Gemeinden, und denen fehlt oft

das Geld, um ihre Gewässer in erforderli-chem Umfang zu unterhalten.

Ein weiteres Beispiel zur Bekämpfung von Grundhochwasser liefert die Lausitzer Gemeinde Spreetal. Dort wurden „alte“ neue Grabensysteme wieder ausgebaut, um das in den umliegenden Gebäuden

befindliche Wasser abzuleiten. Einen Ha-ken hat die Sache allerdings: Im Ortsteil

Burgneudorf versickert aus den alten Hoch-kippen eisen- und sulfatreiches Wasser in die Gräben, sodass die Qualitätsvorgaben für die Einleitung in die Kleine Spree nicht ein-gehalten werden können. Das braune Gra-benwasser riecht nach faulen Eiern und ist mehr oder weniger biologisch tot. Hier muss bei der LMBV eine Wasserbehandlung einge-fordert werden.

Gebietsweise liegen derzeit grobe Über-sichtskarten über die Wasserstände vor. Für eine systematische Ursachen- und Maßnah-mensuche für ganz Sachsen reicht das aber nicht aus. Deshalb hat die Fraktion DIE LIN-KE im Sächsischen Landtag einen Antrag eingebracht (Drs 5/5692), nach dem regio-nale Arbeitsgruppen zu bilden sind, die sich strukturiert und dauerhaft mit hohen Grund-wasserständen und Vernässungen im Frei-staat Sachsen auseinandersetzen. Folgende Schwerpunkte sollen betrachtet werden: Zu-standserhebung und Ursachensuche, Maß-nahmenempfehlung und Prüfung rechtlicher und finanzieller Fragen bei deren Umsetzung, Krisenmanagement und Erstellung eines In-formations- und Kommunikationsplans.

Kohle weg, Wasser da – Was tun gegen steigendes Grundhochwasser?

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pvl Heft 2/2011

Bevor der Adressaufkleber den einzig noch freien Platz der 2. pvl-Ausgabe im Jahr 2011 zupappt, grüßt diese Minimiez schnell noch ganz herzlich alle tierlieben Nordsachsen!

Waagerecht: 1. Torgauer Renaissance-

schloss, seit 2008 Sitz der Kreisverwal-

tung Nordsachsen, 7. Schienenfahrzeug;

auch in Sachsen selten pünktlich …

8. berühmte spiralförmige Treppe des

Schlosses in Torgau (Johann-Friedrich-

Bau), 10. Hinweis, Tipp, 11. Grillgitter,

14. behördl. Schriftstück, vor allem die

Mitglieder der Landtags-Untersuchungs-

ausschüsse müssen viele davon lesen,

16. amtierende Sächsische und Werms-

dorfer Fischkönigin; gebürtige Liptitzerin

(… Patallas), 17. Sprecher für Arbeits-

marktpolitik der Fraktion DIE LINKE im

Sächs. Landtag (Thomas); hat je ein Bür-

gerbüro in Delitzsch und in Torgau, 19. Staat in Südostasien, 22. Gebirgsein-

schnitt, 24. Wahl zwischen sich aus-

schließenden Möglichkeiten; Wortbe-

standteil von WASG, der Partei, die sich

2007 mit der PDS zur Partei DIE LINKE zu-

sammenschloss, 26. feierliche Versiche-

rung, Schwur, 27. Ausstellungsgebäude

für Sporenpflanzen im Ferienpark Taura.

Senkrecht: 1. Stadt in Vietnam, 2. DFF-Film-Krankenschwester, die mit ih-

rer Schwalbe kranke Menschen auf dem

Lande betreute (Schwester ...), 3. Kohle-

produkt, schädlicher Bestandteil im Ziga-

rettenrauch, 4. Vogelbau, 5. Oschatzer

Gebäude, hier befindet sich das Jugend-

cafe „Wake-up Cafe Bar“ (Kzw.), 6. Hand-

mähgerät, 7. wohl, allerdings, 9. chem.

Element (Seltene Erde), das als evtl. Bo-

denschatz in Storkwitz bei Delitzsch neue

Perspektiven für die Region eröffnen kann,

12. Großmutter (Kosewort), 13. Abk.:

Techn. Kundendienst, 14. Fischdelikates-

se zum Wermsdorfer Horstseefischerfest,

15. Kfz-Z. Nordsachsen, 17. gering, wenig,

18. Region der Republik Südafrika, 20. Abschiedsgruß (frz.), 21. Windrichtung,

22. süddt./Leipziger.: Straßenbahn, 23. OT von Liebschützberg/Nordsachsen, 25. engl. (veralt.): Schwung, Schmiss, Elan.