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von 9-10/2010 Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag Dokumente und Standpunkte Schwerpunktthema: 20 Jahre LINKS im Landtag Warum helfen Abgeordnete in sozialen Einrichtungen? Warum ist der Haushalts- entwurf zukunftsgefährdend? Warum versagt die Staats- regierung nach drei Flutkatastophen noch immer? Wo war die Fraktion in den vergangenen Wochen präsent? Wie wird falsche Politik vor Gericht korrigiert? Welche Gesetzes- initiativen hat die Fraktion in 20 Jahren entwickelt? Welche Chancen bergen neue Medien? Wer wirkt hinter den Kulissen an linker Politik mit?

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Magazin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag

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9-10/2010

Fraktion DIE LINKEim Sächsischen LandtagDokumente und Standpunkte

Schwerpunktthema:

20 Jahre LINKS im Landtag

Warum helfen Abgeordnete in sozialen Einrichtungen?

Warum ist der Haushalts-entwurf zukunftsgefährdend?

Warum versagt die Staats-regierung nach drei Flutkatastophen noch immer?

Wo war die Fraktion in den vergangenen Wochen präsent?

Wie wird falsche Politik vor Gericht korrigiert?

Welche Gesetzes-initiativen hat die Fraktion in

20 Jahren entwickelt?

Welche Chancen bergen neue Medien?

Wer wirkt hinter den Kulissen an linker Politik mit?

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Jahrestage sind Anlass zur Erinnerung an Geschehenes – und zum kritischen Nach-denken darüber, was man selbst erreicht hat. Jedes Jahr ist reich an Jubiläen – in die-sem Jahr sticht ein Tag jedoch ganz beson-ders hervor: der 3. Oktober. Die Staatsregie-rung gefällt sich erwartungsgemäß in einer verstärkten, aber immer noch undifferenzier-ten Würdigung der „Friedlichen Revolution“, und vor dem Landtag prangt monatelang ein gigantisches Plakat, das selbstbewusst ver-kündet: Hier bestimmen Sie! Welch brillianter PR-Coup – das wird sie bestimmt überzeu-gen, die vielen tausend Menschen, die Ende September einmal mehr gegen den sozialen Kahlschlag der schwarz-gelben Kürzer-Koali-tion demonstriert haben. An dem sie, neben-bei bemerkt, kaum etwas ändern können …

Zwanzig Jahre ist er nun her, der Anschluss der DDR an die Bundesrepublik. Upps, nun habe ich es doch gebraucht, dieses böse, giftige Wort. Brandenburgs Ministerpräsi-dent Matthias Platzeck wurde erst kürzlich von den selbsternannten „Aufklärern“ mit Gift und Galle überschüttet, weil er sich trau-te, diesen verbotenen, weil wahren Begriff in den Mund zu nehmen. Ja, es gibt sie noch – jene, die bei aller Fahnenschwenkerei und Einheits-Euphorie an einer differenzierten und nüchternen Betrachtung der Geschichte interessiert sind. Zu diesen zählt Sachsens Staatsregierung sicher nicht, sie setzt statt-dessen auf verordnetes Gedenken.

Doch es wäre falsch, sich in diesem Jahr bloß über geschichtspolitische Schönfärberei zu echauffieren. Schlecht für den Blutdruck ist es allemal. Es gibt nämlich noch mindes-tens ein weiteres, wesentlich erfreulicheres Jubiläum zu begehen: Die Fraktion DIE LIN-KE wird 20! Und weil Sie auch etwas davon haben sollen, widmen wir diese Ausgabe des pvl dem Rückblick auf zwanzig Jahre LINKE

Das Erste 2

Bildung, Soziales und Investitionen –

Zukunft sieht anders aus 3

Es ist Sommer! Es ist Tourzeit!? 4

Poltik hautnah erleben – beim Jugendtag 4

Vom roten Tütchen bis zum Luftballon 5

Digitalisierung und Demokratie:

Mehr gemeinsam entscheiden! 6

20 Jahre LINKS im Landtag:

Flut 2010: Planlos in der Katastrophe 7

Kontinuität der Initiativen – LINKE Gesetzentwürfe der letzten 20 Jahre 8–11

LINKE klagen gegen falsche Politik – Justitia muss richten 12–13

Kurioses und Faktenreiches aus 20 Jahren LINKS im Landtag 14–15

Zwanzig Jahre LINKS im Landtag – vier Blicke zurück 16–18

Ein „Perspektivwechsel“ schärft

den sozialen Blick –

rote Karte für die Regierung 19–21

Parlamentarische LINKE Initiativen 22

Jugendmedienschutz schadet Jugendlichen

– Jugendmedienschutzstaatsvertrag ist un-

tauglich! 22

Serbska strona 23

Minderheitenrechte sind

Menschenrechte–

20 Jahre Minderheitenpolitik 23

Das Letzte 24

Inhalt

Politik im Sächsischen Landtag. Da gibt es freilich viel zu entdecken: Gesetzentwürfe, die die Fraktion im Laufe von mehr als vier Legislaturperioden entwickelte, und erfolgrei-che Klagen gegen die Politik der Staatsregie-rung. Drei Hochwasserkatastrophen und die Reaktionen der Staatsregierung lassen wir Revue passieren – und fragen uns, warum es anno 2010 in Sachsen weder eine Elementar-schadenversicherung gibt noch ausreichen-de finanzielle Direkthilfen für die Flutopfer. Doch damit nicht genug: Die beiden ehema-ligen Fraktionsvorsitzenden Klaus Bartl und Peter Porsch kommen zu Wort, genauso wie Barbara Wegner und Dieter Ringk, die seit vielen Jahren für die Fraktion tätig sind. Und eine Sammlung von Kuriosem und Faktenrei-chem offenbart so manche amüsante Anek-dote aus zwanzig Jahren Fraktionsarbeit.

Aber im Gegensatz zu einigen politischen Mitbewerbern vergessen wir nicht die Pro-bleme, die die Gegenwart trotz aller Feier-lichkeiten bereithält. Deshalb richten wir den Blick in der anderen Hälfte dieses Hef-tes nach vorn. Anmerkungen zum Haushalts-entwurf dürfen dabei natürlich nicht fehlen. Zudem wollen wir Ihnen nicht vorenthalten, welche Erfahrungen unsere Abgeordneten bei der „Aktion Perspektivwechsel“ für ihre künftige Arbeit sammeln konnten. Und auch die Neuen Medien, die in diesen Tagen heiß diskutiert werden, bekommen die ihnen ge-bührende Aufmerksamkeit.

Ein Blick zurück lässt Gutes und Schlech - tes erkennen. Wir alle haben in den zurück-liegenden zwanzig Jahren viel erlebt, Erfol-ge gefeiert und Misserfolge ertragen. Eine Bilanz hilft zu erkennen, was es noch zu tun gibt – offen, ehrlich und ohne einen Ne-bel aus Selbstlob und Eitelkeit, in den sich die Staatsregierung gehüllt hat. Diesen zu durchdringen, braucht es einen klaren Blick – möge er durch die Lektüre dieses Heftes geschärft werden!

Herzlichst,

Ihr

Kevin Reißig

Das Erste

Bernhard-von-Lindenau-Platz 101067 DresdenTelefon: 0351/493 5800Telefax: 0351/493 5460E-Mail: [email protected]://www.linksfraktion-sachsen.de

Parlament von links (pvl) ist das Magazin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag. Pvl erscheint sechs Mal im Jahr und ist kostenlos. Abo unter:

Impressum:

V.i.S.d.P.: Marcel BraumannRedaktion dieser Ausgabe: Kevin Reißig Layout: Carola Müller

Auflage: 16.000 Stück

Druck: Druckhaus Dresden GmbH

Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbe-dingt die Positionen der Fraktion DIE LINKE wieder.

Diese Publikation dient der Information und darf in ei-nem Wahlkampf nicht zur Parteienwerbung eingesetzt werden.

Titelmontage: CMSeite 24: Cartoon: Harm Bengen/toonpool.com

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Ein guter Staatshaushalt ist das Fundament erfolgreicher Politik – er muss richtige Pri-oritäten setzen und das Land zukunftsfähig machen. Die Staatsregierung aber ist dieser Herausforderung nicht gewachsen – ihr Haus-haltsentwurf für die beiden kommenden Jahre leistet weder das eine noch das andere. Statt-dessen brüstet sie sich damit, dass Sachsen ohne neue Schulden auskomme – eine durch-schaubare PR-Nummer. Jahrelang hat die Staatsregierung auf Bundesebene Maßnah-men treu mitgetragen, die nun Länder und Kommunen finanziell ausbluten lassen. Jetzt zückt die schwarz-gelbe Landesregierung den Rotstift – und kürzt genau dort, wo es am meis-ten wehtut: bei Bildung, Sozialem, Kultur und bei den Kommunen. Es ist verantwortungslos, bei klammen Kassen am Dogma der „Neuver-schuldung Null“ festzuhalten – die Staatsre-gierung zerstört damit jeglichen politischen Gestaltungsspielraum. Die „Schuldenbrem-se“ ist nichts anderes als eine Politikbremse. DIE LINKE im Sächsischen Landtag hat bisher fünf alternative Haushaltsentwürfe vorgelegt, die allesamt mit dem Geld auskamen, das dem Freistaat Sachsen real zur Verfügung stand. Der kommende Staatshaushalt bringt jedoch einen gravierenden Einschnitt in Höhe von 1,2 Milliarden Euro mit sich. Auf der Grund-lage eines solchen Schrumpf-Haushalts sind alternative Berechnungen unmöglich. Schließlich steht DIE LINKE für eine innovati-ve Politik, die sich etwas traut – und die nicht den vorhandenen Mangel verwaltet oder gar akzeptiert. Es ist unausweichlich, die Einnah-men des Staates zu verbessern – doch dazu sind CDU und FDP nicht fähig. Dabei ist es in der Politik wie im ganz normalen Leben: Wer ein Haus bauen oder ein Auto kaufen will, nimmt einen Kredit auf.

Das Volumen des Haushalts sinkt um acht Prozentpunkte. Der Sozialetat wird über-durchschnittlich stark eingedampft: Um 12,3 Prozentpunkte. Ministerpräsident Tillich bezeichnet Sachsen gern als „Musterland“ – wenn es um Sozialabbau geht, ist es das leider tatsächlich.

Das haushaltspolitische Sündenregister der Staatsregierung ist freilich viel zu lang, um auf dieser Seite Platz zu finden. Daher müs-sen Beispiele genügen. Die Kinder- und Jugendhilfe wird erheblich reduziert – statt 14,30 Euro zahlt der Freistaat künftig nur noch 10,40 Euro pro Kind an die Kommunen. Für viele Projekte im Bereich der Freizeitge-staltung, Demokratieförderung oder Gesund-heitsprävention bedeuten diese Kürzungen das Ende, wodurch Kinder und Jugendliche in manchen Regionen faktisch den „Angeboten“ der Nazis ausgeliefert werden – für sie wird es künftig erheblich leichter sein, Kinder und Jugendliche mit ihrem menschenverachten-den Gedanken „gut“ zu „versorgen“. Hart trifft es auch den Bildungsbereich. Sach-sen bezahlt seine Lehrerinnen und Leh-rer im Bundesdurchschnitt nach wie vor am schlechtesten – die Hälfte der Grundschul-lehrerinnen und Grundschullehrer muss sich derzeit mit dem Gehalt pädagogischer Hilfs-kräfte begnügen. Da ist es nicht verwunder-lich, dass Tausende Hochschulabsolventin-nen und -absolventen Sachsen den Rücken kehren. Die Staatsregierung spart zudem bei den ohnehin chronisch unterfinanzierten Hochschulen: Die Universität Leipzig büßt 15% ihres Etats ein, die TU Chemnitz 22,1 % und die TU Dresden sogar 27,8 %. Auch die Studentenwerke sind massiv von Kürzungen betroffen: Bis 2012 verlieren sie 26,5 % ihrer Mittel. Die Staatsregierung gibt lieber Geld

für teure Werbekampagnen zur Anwerbung von Studierenden für Sachsens Universitä-ten aus. Die schlechten Studienbedingungen schönreden, anstatt sie zu verbessern – man kann sich des Eindrucks nicht erweh-ren, dass in Sachsens Schaltzentrale der politischen Macht vor allem PR-Leute wie FDP-Zastrow den Ton angeben. Der Stellenabbau bei der Polizei wird weiter intensiviert – wurde vor vier Jahren noch ein Abbau von 2.441 Stellen beschlossen, werden nun insgesamt wohl rund 3.241 Stellen weg-fallen. Die CDU dokumentiert damit ihr Versa-gen in Fragen der öffentlichen Sicherheit.Letztes Beispiel: die Zerschlagung der kom-munalen Investitionskraft. Statt 57 Millionen (2010) sollen alle Landkreise künftig nur noch insgesamt 400.000 Euro (2012) bekommen. Die Investitionskraft der Kommunen schrumpft 2011 insgesamt um 67 %. Man kann sich leicht ausmalen, in welchem Zustand Sachsens Schu-len und Straßen in einigen Jahren sein werden.Für DIE LINKE ist klar: Bei Bildung, Sozialem und Kultur darf nicht gespart werden! Auch die Kommunen müssen handlungsfähig bleiben – wir fordern eine Investitionspauschale von jährlich mindestens 75 Mio. Euro. Vor dem Hin-tergrund, dass seit 1990 insgesamt 286.000 überwiegend junge, gut qualifizierte Menschen mehr aus Sachsen in andere Bundesländer ab-gewandert als hergekommen sind, brauchen wir außerdem die Einführung einer Demogra-fie-Komponente in den Länderfinanzausgleich.

Zur Durchsetzung dieser und anderer Reform-vorhaben ist gesellschaftlicher Druck nötig. Deshalb begrüßt und unterstützt DIE LINKE den Widerstand von Betroffenen und freut sich, dass am 29. September erneut Tausen-de Menschen gegen die schwarz-gelbe Kahl-schlagpolitik demonstriert haben.

Bildung, Soziales und Investitionen auf Sparflamme – Zukunft sieht anders aus

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Zum wiederholten Male war die Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag während der parlamentarischen Sommerpause, diesmal im August, auf dreiwöchiger Tour durch Sachsens Metropolen und kleinere Städte: Beginnend in Zwickau und in Meißen zum Abschluss waren Mitglieder und Mitarbeiter der Landtagsfrak-tion mit ihrem Info-Dom in 14 Orten präsent. Die Resonanz auf diese „Bilanztour 2010“ hat-te – bei allen Unterschieden – einen gemein-samen Nenner, den eine Zwickauer Bürgerin bereits am ersten Tag so formulierte: „Was’n, is’n schon wieder Wahl?“ Die Abgeordneten hatten es also mitunter nicht einfach, ihr An-liegen, über die „Baustellen“ ihrer parlamen-tarischen Arbeit im ersten Jahr der 5. Legisla-tur Rechenschaft abzulegen, den Bürgerinnen

und Bürgern zu vermitteln. Vielen Besuchern am Infostand war nicht klar: Ein Landtag ist kein kleiner Bundestag, zwischen beiden gibt es eine politische Arbeitsteilung. Den größten Spielraum haben die Landtagsparlamente bei der Bildungspolitik und im Bereich der Polizei. Aufgabe der Opposition ist die Kon trolle der Staatsregierung, die Kritik war entsprechend umfangreich. Unabhängig davon haben die Abgeordneten bei allen Themen, die die Men-schen in Sachsen bewegen, klare Position be-zogen – egal, ob es dabei um Umwelt, Energie, Landesbank, Verkehr, Arbeitsplätze, Bonuszah-lung für Banker oder „Google Street View“ ging.Einen schnelleren Kontakt fanden die Landes-parlamentarier dort, wo die LINKEN im Land regelmäßig auf Straßen und Plätzen präsent

sind. Viele Bürgerinnen und Bürger nutzten die Gelegenheit, „ihre/n“ Abgeordnete/n näher kennen zu lernen, mit direkten Anfragen oder als aufmerksame Zuhörer in moderier-ten Gesprächen, in denen der Fraktionsvorsit-zende Dr. André Hahn und Abgeordnete vor Ort sich aktuellen Fragen stellten wie: „Herr Dr. Hahn, nach nur einem Jahr muss sich der Sächsische Landtag erneut mit zwei Unter-suchungsausschüssen auseinandersetzen. Stichworte: Sachsensumpf und Müllskandal! Was ist da „faul“ im Staate Sachsen? Und was hat die LINKE damit zu schaffen?“ Oder: „Die Staatsregierung muss bis 2012 gut 1,2 Milli-arden sparen. Die LINKE spricht von Kürzun-gen, vor allem im Sozialbereich. Herr Scheel, woher nimmt die LINKE das Geld? Wo sehen Sie Einsparmaßnahmen?“

Natürlich hatten wir auch mit dem einen oder anderen Sommerloch zu kämpfen. Für die immer wieder neuen „Gags“ zur Rente mit 70 brauchte man schon einen goldenen Humor. Schwieriger war da schon der Umgang mit den Anwürfen gegen den Bundesparteivor-sitzenden der LINKEN, Klaus Ernst… Was immer zur Tour gehört: Für jeden Inter-essierten gab es etwas zum „Mitnehmen“: politische Klarheiten in Form von Faltblät-tern, Broschüren und unserer Fraktionszeit-schrift, aber auch die Quiz-Postkarte und nicht zuletzt „Give-Aways“ – zu gut deutsch: Kugelschreiber, Lineal, Schlüsselband … Kein Rückblick ohne Vorausschau: Es gibt noch viel zu klären: Überwindung von Hartz IV, Armutsbekämpfung, Bürgerver-sicherung anstatt Kopfpauschale, Doppel-haushalt, soziale Energiepreise, Bildung und immer wieder Bildung, Bildung…Also touren wir demnächst wieder los! Aber sicher anders, klüger, einfallsreicher und mit noch mehr Biss. DAK

Einmal den Abgeordneten über die Schulter schauen und mit ihnen ins Gespräch kom-men – diese Gelegenheit nahmen etwa 40 interessierte junge Menschen am 28. Au-gust in den Räumen der Fraktion im Sächsi-schen Landtag wahr. Nach einer Führung durchs „Hohe Haus“ gab es eine Vielzahl lebendiger Diskussio-nen und Workshops – von Antifa über Bil-dung, Internet bis hin zu Umwelt und Ju-gendmitbestimmung. LINKE Ideen und Konzepte auf diesen Politikfeldern waren Gegenstand der kurzweiligen Debatten. Politik macht hungrig – ein gutes Es-sen brachte den Geist wieder so richtig in Schwung. Die deutsch-sorbische Band „Berlinska Dróha“ ließ den Tag mit einer or-dentlichen Portion politischer Folk-Musik ausklingen.

Es ist Sommer! Es ist Tourzeit!?

Politik hautnah erleben – beim Jugendtag

Der Klimawandel übt auf Stadtentwicklung und Städtebau einen erheblichen Einfluss aus. Wie kann der sozialökologische Umbau der Städte funktionieren? Im „Öko“-Workshop diskutierten darüberhin-aus MdL Dr. Jana Pinka und MdL Enrico Stange mit Jugendlichen über den globalen Klimawandel und die Forderungen an die sächsische Umweltpolitik.

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MdL Marion Junge (li.) und MdL Heiko Kosel (2.v.r.) mit Bautzner Bürgerinnen und Bürgern im Gespräch.

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Vom roten Tütchen bis zum Luftballon

19 Tage der Sachsen heißen auch 19 Mal Präsenz von Abgeordneten und Mitarbeiter/ -innen der LINKEN bzw. früher der PDS bei diesem größten Volksfest im Freistaat. Dies-mal also Oelsnitz im Erzgebirge – meine Kol-legin Barbara Wegner hatte zusammen mit Manfred Beck die organisatorischen Fäden in der Hand, und so lief erwartungsgemäß alles wie am Schnürchen. Wir boten an, was das Herz begehrt: ein Glücksrad, einen Bas-teltisch für Kinder, Luftballons und unsere Fraktionszeitschrift „Parlament von links“, die mit einer Erzgebirgs-Spezialausgabe herausgekommen und in der Region rund ums Fest an alle Haushalte verteilt worden war.

Nicht zu vergessen unsere vielen Faltblätt-chen mit Informationen zu verschiedenen

Politikfeldern und Lebenslagen. Für sie gibt es ein Tütchen, und darin befindet sich das legendäre Kugelschreiber-Set. Eine Erfin-dung des geschäftsführenden Urgesteins der Dresdner LINKEN, der singenden und musi-zierenden Allzweckwaffe Uli Reinsch. Sei-ne Idee vor vielen Jahren war ebenso einfach wie naheliegend: Man verbindet die belieb-ten Schreibgeräte mit dem Lesestoff, den man im Volksfestrausch vielleicht eher nicht mitnehmen, aber – wenn alles vorbei ist – zu Hause doch zur Kenntnis nehmen würde.

Inzwischen wurde das Kugelschreiber-Set weiterentwickelt, es steckt sogar in ei-nem roten Tütchen, und dazu gibt es noch was zum Lutschen. Das ist die Grundaus-stattung für alle. Daneben hatten wir zwei

Sondermodelle im Angebot, die erst nach Inaugenscheinnahme des Gegenüber zum Einsatz kamen: Das Set plus Feuerzeug oder – Kondom. Das Ganze war am Sonnabend streckenweise harte Arbeit, denn bei dem Massenandrang kamen selbst mehrere Leu-te gleichzeitig kaum mit dem Eintüten nach.

Am Ende war aber alles im grünen Bereich, obwohl wir Samstagabend fast auf dem Tro-ckenen saßen – es wurde über Nacht Nach-schub aus Dresden herbei geschafft. Schön war’s in Oelsnitz – auch wegen der fleißigen Helfer/innen vor Ort und der Chefin des Büros des örtlichen LINKEN Abgeordneten Klaus Tischendorf, Angela Hähnel, die re-solut-charmant für die jeweils perfekte Lö-sung sorgte. M. Braumann

Radfahren für besseres Klima. Unser Fraktions-chef macht mit auf einem Elektrofahrrad.

Bild links: Talkrunden können auch Spaß machen. Das beweisen die MdL Andrea Roth und Dr. André Hahn im Interview mit unserem Pressesprecher.

Siebener-Konferenz in frischer Luft auf einem Fahrrad, ein Testlauf für künftige Arbeitskreis-Sitzungen?

Bild rechts: Luftballons und rote Tütchen waren Renner am Stand der Landtagsfraktion. Foto

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Digitalisierung und Demokratie: Mehr gemeinsam entscheiden!

Internet und Com-puter bilden neue Leitmedien, deren Nut-zung ähnlich wie die Er-findung des Buchdrucks die Struktur der Gesellschaft grundle-gend durchdringt und prägen wird. Das hat schon begonnen. Es kommt jetzt darauf an, diese Veränderung der Kommunikationsstruktur für mehr Beteili-gung und Selbstermächtigung zu nutzen.

Mit unseren Gesetzentwürfen zur Online-Massen-Petition und zur Volksgesetzge-bung unterbreiten wir als Fraktion DIE LINKE Vorschläge zur Einbindung des Me-diums in die politische Öffentlichkeit: Wie beim Bundestag soll es ebenso beim Land-tag die Möglichkeit geben, Massenpetitio-nen übers Internet einzureichen und sol-che mithilfe eines „Mitzeichnungsbuttons“ zu unterstützen. Erst so können Netzwerk- und Welleneffekte entstehen. Mit unserem Gesetzentwurf zur Volksgesetzgebung wol-len wir die Möglichkeit schaffen, die Unter-schriften für den Volksentscheid auch im Internet sammeln zu können. Das entsprä-che den inzwischen gewachsenen kommu-nikativen Gepflogenheiten, und der Erfolg einer Initiative hinge nicht vorrangig von infrastrukturellen Fragen ab.

Laut dem Medien-Philosophen Vilém Flus-ser bietet die Digitalisierung der Gesell-schaft die Chance, den Schwerpunkt der Kommunikation von den von ihm als

herrschaftsförmig bezeich-neten „vertikalen Diskur-

sen“ hin zu den ho-rizontalen, dem Austausch von In-formationen die-

nenden, „Dialo-gen“ zu verlagern.

Die Ausbildung von mehr Knotenpunkten sei zu er-

warten. Wenn das keine gute Aus-sicht ist: Diese Gedanken bilden für mich den Hintergrund, vor dem ich die Chance einer Demokratisierung mithilfe des neuen Mediums sehe. Vielfalt der Meinungsäuße-rung, eine erhöhte Freiheit der Assoziation und Kommunikation, Zugang zu Informati-on – dies alles stellt die Übertragung de-mokratischer Grundlagen in den digitalen Raum und zugleich die Vervielfachung ih-rer Effekte dar.

Dabei ist allerdings noch nicht die Frage des Entscheidens berührt: Erhebungen der TU Dresden zufolge hat das Internet bis-her die Transparenz des öffentlichen Teiles des politischen Raumes erhöht – Zugriffe auf Protokolle, Videomitschnitte von De-batten etc.- aber noch nicht zu einer Ver-breiterung der personellen Basis von Ent-scheidungen beigetragen. Das gilt sowohl für das Parlament als auch für Parteien und Organisationen selbst. Diese Chancen dürfen nicht ungenutzt bleiben: Sowohl die Meinungsbildung als auch die Entschei-dungsfindung können und müssen auf

eine breitere Basis gestellt werden. Der sächsische Landtag zum Beispiel bietet in-zwischen wohl die Möglichkeit der Online-Petition an, jedoch sind Massenpetitionen auf diesem Wege noch nicht möglich. Dies muss sich ändern: Es ist auch Aufgabe der öffentlichen Hand, diese Umstruktu-rierungen mitzugestalten. Parteien können diesen Input bei der Erarbeitung von Pro-grammen ebenso wie beim Auffinden von Problemen nutzen – und so ihre Glaubwür-digkeit und die des politischen Systems er-höhen. Die vermehrte Einbeziehung direkt demokratischer Elemente ist aus meiner Sicht eine zwingende Konsequenz. Dem Stand der Zeit entspräche es, Volksanträ-ge auch online unterzeichnen zu können – was bislang nicht der Fall ist, jedoch die Chancen dieser Initiativen von der ihnen zuteil werdenden Aufmerksamkeit, nicht in erster Linie von ihrer organisatorischen In-frastruktur abhängig machen könnte. An-sätze von „Adhocratie“ können dann dis-kutiert werden.

Wie bei einer solchen Strukturverände-rung nicht anders zu erwarten, kann sie in zwei Richtungen verlaufen: Informationen können für alle leichter zugänglich sein, aber auch über alle unkompliziert erfasst werden. Datenschutz muss hier aktiv be-trieben werden. Und es stellen sich grund-legende Fragen: Wie soll mit dem Urheber-recht umgegangen werden, das in seiner bestehenden Form Ursache der meisten Repression im Internet ist? Wie soll die Entlohnung und Wertschätzung der und gegenüber den KünstlerInnen sicher ge-stellt werden? Wie soll angesichts einer zu-nehmenden, auch kommunikativen Ausdif-ferenzierung die Diskussion von Fragen in der Gesamtgesellschaft erreicht werden – wie eine wirklich breite Öffentlichkeit zu-rückgewonnen werden? Ein Ansatz muss sein, das politische System in seine Pflicht zu nehmen, diese öffentlichen Räume zu schaffen: durch einen nicht-anbieterab-hängigen Diskussionsraum aller BürgerIn-nen im Internet, der von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt wird – und durch mehr gemeinsames Entscheiden.

MdL Julia Bonk Sprecherin für Datenschutz, Verbraucherschutz und neue Medien

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MdL Dr. André Hahn Fraktions-vorsitzender

Beim Vergleich der Flut von 2010 mit der Jahrhundert-Flut 2002 sind sich Regierung und Opposition in einem Punkt einig: Wenn auch das Schadensausmaß mit immerhin of-fiziell veranschlagten 800 Millionen Euro hin-ter den seinerzeitigen Milliarden-Schäden zu-rückbleibt, sind die Folgen für die einzelnen Betroffenen oftmals genauso verheerend wie vor acht Jahren. Damit endet aber leider der politische Konsens – und das unterscheidet die Lage grundsätzlich von 2002.

Ministerpräsident Tillich ließ es nach der Flut bei einer kurzen Information der Fraktionsvor-sitzenden bewenden und ging sofort zum üb-lichen parteipolitischen Geschäft über – in-klusive einer medienwirksamen Inszenierung von CDU-Wahlkreisabgeordneten und Regie-rungsvertretern vor der Katastrophen-Kulis-se. Die Hochwasseropfer sollten mit Krediten abgespeist werden, die sich viele von ihnen gar nicht mehr erlauben können.

Nach über einem Monat Trommelrühren für staatlich vermittelte Kredite hatten gerade mal 34 von 818 betroffenen Firmen ein Dar-lehen beantragt. Auch wenn laut Wirtschafts-minister Morlok mehr als die Hälfte der Gesamtschäden bei Unternehmen durch Ver-sicherungen abgedeckt sei, ist ein erschre-ckend großer Teil der vom Hochwasser zer-störten Betriebe einem ungewissen Schicksal bzw. dem sicheren Aus überlassen worden. Steter Tropfen oppositioneller Kritik höhlt je-doch manchmal das versteinerte Herz der schwarz-gelben Regierungsspitze: Mit über einem Monat Verspätung wurde doch grünes Licht für direkte Zuschüsse an besondere Härtefälle gegeben, die nicht zwingend zu-rückgezahlt werden müssen.

Deshalb erneuern wir unsere Forderung, auch die Fluthilfe für Privathaushalte mit ei-nem mindestens 100 Millionen Euro umfas-senden Hilfsprogramm nachzubessern. Denn

der Gipfel des Hohns war Tillichs sogenann-te „Soforthilfe“, von der die Geschädigten auch vier Wochen nach der Flut noch keinen Cent gesehen hatten. Der Freistaat gedach-te sich an nur rund 0,3 Prozent der Gesamt-schadenssumme durch direkte Zahlungen zu beteiligen – weitere 0,3 Prozent sollten die Kommunen zahlen. Es war absehbar, dass die tatsächliche Not um ein Vielfaches größer ist als die bereitgestellte staatliche Hilfe.

Und wenn am Ende Familien mit einem Hoch-wasserschaden in Höhe von zigtausend Euro rund 500 Euro überreicht bekamen, kann von Hilfe nicht mehr die Rede sein, eher von einem schlechten Scherz. Viele Betroffenen waren zum zweiten Mal von einer Flut betroffen, ih-nen war nach der Naturkatastrophe von 2002 die Versicherung gekündigt worden. Die einen fanden überhaupt keine neue Versicherung, andere kapitulierten vor exorbitanten Versiche-rungsbeiträgen, die sie hätten zahlen müssen.

Ministerpräsident Milbradt handelte im Ge-gensatz zu seinem Amtsnachfolger schnell und beherzt – und suchte angesichts der Naturka-tastrophe die Zusammenarbeit mit der Oppo-sition. Natürlich hatte das damalige Ausmaß der Hilfen aus Berlin etwas mit den bevorste-henden Bundestagswahlen zu tun. Dass aber Stanislaw Tillich – anders als seine Vorgänger Biedenkopf und Milbradt – als Vertreter säch-sischer Interessen gegenüber der Bundespoli-tik noch nie eine starke Figur gemacht hat, ist bekannt und keine gute Voraussetzung für Ver-handlungserfolge bei Fluthilfen.

Aber in einem Punkt wurden weder Mil bradt noch Tillich so aktiv, wie ich es schon 2002 gefordert habe: Wir brauchen – nach dem Vorbild der obligatorischen Haftpflicht-Ver-sicherung für alle Kraftfahrer/innen – eine Elementarschaden-Pflichtversicherung für alle Gebäudebesitzer, egal wo ihr Haus bzw. ihre Firmenhalle steht. Alle können von

Naturgewalten getroffen werden – ob durch Wasser, Blitz oder Sturm. Zahlen aber alle in eine solche Versicherung ein, wären die Tari-fe für alle erschwinglich – unabhängig von der Wohnlage. Für eine solche Versicherung muss sich der Freistaat auf Bundesebene einsetzen.

Es gäbe noch viel zum immer noch unzurei-chenden Hochwasserschutz, fehlenden Sire-nen, nicht funktionierenden Warnsystemen und Kommunikationswegen, unklaren Zustän-digkeiten etc. zu sagen – das haben wir im Landtag auch getan, natürlich nicht ohne den unzähligen und unermüdlichen Helfern von Feuerwehren, Polizei und Rettungsdiensten oder auch einfach aus der Nachbarschaft Dank zu sagen, ohne die der Schaden unabsehbar größer gewesen und noch mehr menschliches Leid zu beklagen gewesen wäre. Für uns galt: Erst steht die Hilfe im Vordergrund, dann die Auswertung und schließlich die Kritik, um es beim – hoffentlich so schnell nicht eintreten-den – nächsten Mal besser zu machen.

Dass die gesetzliche Verpflichtung zur Erstel-lung eines landesweiten Hochwasserschutz-Aktionsplanes seit sechs (!) Jahren nicht er-füllt worden ist, liegt im Übrigen maßgeblich an dem zwischen 2004 und 2007 zuständi-gen Umweltminister Tillich, der seit 2009 Mi-nisterpräsident ist. Ich hoffe nicht, dass Herr Tillich auf die nächste Flut wartet, bis er han-delt. Wir bleiben am Thema dran!

Flut 2010: Planlos in der Katastrophe

20 Jahre LINKS im Landtag

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Das Ende der DDR bedeutete einen gravie-renden gesellschaftlichen Umbruch. Durch ihren Beitritt zur Bundesrepublik mussten grundlegende Gesetzeswerke in der ers-ten Legislaturperiode des Landtages neu geschaffen werden, um dem Freistaat und seiner Landespolitik eine rechtliche Grund-lage zu geben. Mit einem Ergebnis von 10,2 % war die PDS in den ersten Sächsi-schen Landtag eingezogen und bildete seit 1999 die zweitstärkste Kraft im Parlament – klar, dass sie die grundlegende Gesetz-gebung kritisch begleitete und Alternati-ven entwarf. Ergebnis dessen waren einige zum Teil sehr umfangreiche Gesetzentwür-fe, die verschiedene Bereiche des Lebens in Sachsen neu regeln und in geordnete Bahnen lenken sollten. Bildungspolitik bil-dete schon damals einen Schwerpunkt der Fraktionsarbeit, und so legte die seinerzeit 17-köpfige Fraktion in der ersten Wahlperi-ode grundsätzliche Gesetzentwürfe für die-sen Bereich vor. Auch später wurde konti-nuierlich mit eigenen Gesetzesvorhaben Politik für Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen gemacht.

Bildung beginnt in der Kindertagesstätte. Das 1991 vorgelegte Gesetz über Aufga-ben, Stellung und Finanzierung von Kinder-tagesstätten im Freistaat Sachsen (Kinder- tagesstättengesetz – KitaG, Drucksache 1/182) sollte allen Kindern einen kosten-freien Rechtsanspruch auf Betreuung in ei-ner Kindertagesstätte gewähren – ein Vorha-ben, das 2001 (Drucksache 3/4135), 2003 (3/9484) und 2004 (4/64) in weiteren Ent-würfen bekräftigt wurde. Zuletzt wurde die Kostenfreiheit von Kinder-tagesstätten 2006 ein - gefordert, und zwar im Gesetz zur so-zial gerechten und bildungsorientier- ten Weiterentwick- lung von Kindertages-einrichtungen in Sachsen sowie zum Einstieg in die Kostenfreiheit (Sächsisches Kita – Weiterent- wicklungsgesetz, Drucksache 4/6917).

Auch im Schulbereich macht sich DIE LINKE mit eigenen Initiativen für eine

Kontinuität der Initiativen – LINKE Gesetzentwürfe der letzten 20 Jahre

Bildung – der Zukunft eine Chance

Die Fraktion DIE LINKE setzt Themen – in wichtigen Bereichen nun schon seit 20 Jah-ren. Bestimmte Schwerpunktthemen lie-gen ihr besonders am Herzen, und deshalb sorgt die Fraktion dafür, dass sie nicht von der Tagesordnung des Landtages verschwin-den. Doch es reicht nicht aus, die Politik der

Staatsregierung zu kritisieren – es muss ebenso für konkrete Alternativen gesorgt werden. Diese liegen vor – 114 zum Teil sehr aufwendige Gesetzentwürfe hat die Frakti-on seit 1990 erarbeitet – erst als Fraktion PDS-Linke Liste, dann als PDS, als Linksfrak-tion und schließlich als Fraktion DIE LINKE.

Besonders in vier Bereichen lässt sich dabei eine klare Kontinuität feststellen – nämlich bei Bildung, Sozialem, bei direkter Demokra-tie und bei den Kommunen. Deshalb haben wir auf den folgenden vier Seiten bedeuten-de Gesetzesvorhaben aus allen Legislatur-perioden zusammengetragen.

fortschrittliche und sozial gerechte Ent-wicklung stark. Zehn Jahre zurück liegt das Gesetz zur Änderung des Schulge-setzes für den Freistaat Sachsen (SchulG, Drucksache 3/1927) – mit ihm sollte der Klassenteiler von 32 auf 25 abgesenkt, die Mindestschülerzahlen für die Klas-senbildung reduziert und die demokrati-sche Teilhabe aller Beteiligten am Schul-betrieb gestärkt werden. Diese LINKEN Grund forderungen, die alle auf das Fern-ziel einer demokratischen Schule mit der Möglichkeit zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler gerichtet sind, wurden seitdem durch die Frakti-on immer wieder aufgegriffen und auf die landespolitische Tagesordnung gesetzt. Eine Schulreform, entworfen 2005 und konkretisiert im Schulgesetz für den Frei-staat Sachsen (Sächsisches Schulgesetz – SächsSchulG, Drucksache 4/1621), er-weiterte den Forderungskatalog um die Einführung des längeren gemeinsamen Lernens – künftig sollen alle Schüler erst nach der Klasse 8 auf weiterführende Schularten verteilt werden. Dies würde die Durchlässigkeit des Bildungssystems beachtlich erhöhen.

Doch für effektives Lernen brauchen Kin -der und Jugendliche nicht nur kleine Klas-sen, demokratische Strukturen und eine ausreichende Zahl von Lehrern, sondern auch einen vollen Bauch – und Lernmittel wie Bücher, Hefte oder Taschenrechner. Für Familien mit geringem g

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Im Gegensatz zur Bildungspolitik, die in Deutschland Sache der Länder ist, wird die Sozialpolitik im Wesentlichen von der Bun-desebene bestimmt. Das heißt aber nicht, dass DIE LINKE dieses wichtige Politikfeld außer Acht ließe – wenngleich es auf Lan-desebene nur einen begrenzten Gestal-tungsspielraum gibt und die Zahl der Geset-zesinitiativen daher überschaubar bleibt.

Eine bezahlbare Wohnung ist eine Grund-voraussetzung für ein lebenswertes Le-ben. Wer jedoch aufgrund von Arbeitslosig-keit oder prekärer Beschäftigung für seine Miete nicht selbst aufkommen kann, dem muss der Staat unter die Arme greifen – das Wohngeld ist dafür vorgesehen. In man-chen Fällen reicht das aber nicht aus. Die-ses Problem ist keineswegs neu – 1994 brachte die PDS-Fraktion deswegen das Gesetz über die Gewährung von Zuschüs-sen zur Begrenzung übermäßiger Wohnkos-ten – Sächsisches Härteausgleichsgesetz (Drucksache 1/4390) in den Landtag ein. Es sah Zuschüsse für all jene vor, die trotz Wohngelds nicht für ihre Miete aufkommen können.

Sozialpolitik auf Landesebene muss die Gleichstellung von Frau und Mann genau-so befördern wie die Gleichstellung von Menschen mit körperlichen oder geisti-gen Beeinträchtigungen. Auch dazu hat die PDS Gesetzentwürfe vorgelegt – 1995 das

Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Freistaat Sach-sen (Sächsisches Gleichstellungsgesetz, Drucksache 2/467), und 2003 – zusam-men mit der SPD – das Gesetz zur Gleich-stellung, gleichberechtigten Teilhabe und Integration von Menschen mit Behinderung im Freistaat Sachsen und zur Änderung an-derer Gesetze (Drucksache 3/9357).

Ein dritter Bereich der Sozialpolitik, den DIE LINKE bearbeitet, ist die Mitwirkung gesell-schaftlicher Gruppen an für sie relevanten Entscheidungen. In Bezug auf die älteren Menschen in Sachsen hat sie ihre Vorstel-lungen im Gesetz zur Regelung der Beteili-gungs- und Mitwirkungsrechte der Senio-rinnen und Senioren am gesellschaftlichen Leben im Freistaat Sachsen (Sächsisches Seniorenmitwirkungsgesetz, Drucksache 4/9258) formuliert. Es forderte unter ande-rem die Bildung von Seniorenvertretungenauf kommunaler und Landesebene, die Wahl eines unabhängigen Landes- senioren-be-auf-tragten und die Einrichtung eines Landes-seniorenbeirats. g

Kontinuität der Initiativen – LINKE Gesetzentwürfe der letzten 20 JahreEinkommen stellt das oft eine große finan-zielle Herausforderung dar – die Folge ist, dass viele Kinder hungrig zur Schule ge-hen und ohne notwendiges Lernmateri-al auskommen müssen. DIE LINKE steht für gleiche Bildungschancen und forder-te daher 2006 (Drucksache 4/7176) und 2008 (4/12531) per Gesetzentwurf die Einführung der kostenfreien Mittagsver-sorgung in Sachsen. Die Lernmittelfrei-heit als weitere Voraussetzung eines so-zial gerechten Bildungssystems ist zwar in Artikel 102 der Verfassung garantiert – umgesetzt wurde und wird sie von den CDU-geführten Staatsregierungen jedoch nicht. Daher brachte DIE LINKE 2009 ei-nen Entwurf zum Gesetz zur Umsetzung des verfassungsrechtlichen Anspruches auf Lernmittelfreiheit in Sachsen (Sächsi-sches Lernmittelfreiheitsgesetz – Sächs-LFreihG, Drucksache 4/14866) in den Landtag ein, um allen Kindern und Jugend-lichen unabhängig vom Geldbeutel der Eltern die bestmöglichen Bildungsschan-cen zu gewähren.

Die Hochschulen sind ebenso wie Kitas und Schulen für die Sicherung der Zukunft Sachsens unverzichtbar – auch diesen Be-reich überlässt DIE LINKE nicht den an-deren Fraktionen. Das Hochschulerneue-rungsgesetz (HSErnG, Drucksache 1/184) vom 8. März 1991 legte die grundlegen-den Vorstellungen der PDS-Fraktion in Be-zug auf die Überführung der Hochschu-len in bundesrepublikanisches Recht dar. Darin enthalten waren Forderungen, die DIE LINKE bis heute vertritt – wie die nach einer demokratischen Struktur der Hoch-schulen. Der Entwurf sollte jedoch noch Übergangscharakter tragen – bis die Frak-tion 1993 das Gesetz über die Hochschu-len des Freistaates Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz – SHG, Drucksache 1/2969), vorlegte. Darin finden wir auch: Ein klares Bekenntnis zur Mitbestimmung aller Mitgliedergruppen, Verabschiedung einer Frauenförderrichtlinie, Gleichstel-lung von Menschen mit Beeinträchtigun-gen. Seitdem hat die Fraktion das The-ma Hochschule kontinuierlich bearbeitet; 2006 legte sie mit dem Gesetz zur Reform der Hochschulen im Freistaat Sachsen und zur Änderung der Verfassung des Frei-staates Sachsen (Drucksache 4/6303) ei-nen weiteren Entwurf vor, der Fehler und Versäumnisse der Staatsregierung im Hochschulbereich beheben sollte. Dar-in machte DIE LINKE sich unter anderem für eine größere Autonomie der Hoch-schulen, die Erweiterung der Mitbestim-mung und den Einsatz qualitätssichernder Verfahren stark.

Soziales – Solidarität in den Alltag übersetzen

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Instrumente direkter Demokratie sind ein unverzichtbarer Bestandteil eines leben-digen Gemeinwesens und eine notwen-dige Ergänzung des Parlamentarismus. Volks antrag, Volksbegehren und Volks-entscheid ermöglichen es der Bevöl-kerung, den Kurs der Regierung in ih- rem Sinne zu beein- flussen und,

wenn nö-tig, zu korri-

gie-ren.

Am Anfang eines solchen Vorhabens steht immer die Sammlung von Unterschrif-ten – denn eine bestimtme Zahl an Un-terstützerinnen und Unterstützern muss einen Volksantrag unterzeichnen, damit der Landtag sich damit befasst. In Sach-sen liegt dieses Quorum laut Verfassung bei 40.000 für einen Volksantrag. Für ei-nen Volksentscheid werden 450.000 Un-terschriften benötigt – angesichts einer aktuellen Einwohnerzahl von etwa 4,1 Millionen eine nicht zu unterschätzen-de Summe. Wie schnell und leicht Volks-abstimmungen ins Leben gerufen werden

können, hängt vor allem von diesen Quo-ren ab.

DIE LINKE zählt schon immer zu den star-ken Befürwortern der direkten Demokratie. 1992 forderte sie im Gesetz zur Regelung des Verfahrens beim Volksentscheid über die Verfassung für den Freistaat Sachsen (Drucksache 1/1629) die Verabschiedung der Landesverfassung per Volksentscheid. Der Landtag stimmte jedoch mehrheitlich dagegen.

1993 erfolgte die rechtliche Regelung der Volksgesetzgebung. In diesem Zusammen-hang legte die PDS-Fraktion den Entwurf zum Gesetz über das Verfahren bei Volksan-trag, Volksbegehren und Volksentscheid im Freistaat Sachsen (Sächsisches Volksgesetz-gebungsgesetz, Drucksache 1/3101) vor. Sechs Jahre später forderte die PDS-Fraktion die Absenkung des Quorums für das Volks-begehren auf 250.000 (Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen und zur Änderung des Gesetzes über Volksantrag, Volksbegehren und Volksentscheid, Druck-sache 2/11085), wodurch die Durchführung von Volksabstimmungen wesentlich erleich-tert worden wäre. Dieses Anliegen verfolg-te die Fraktion 2004 mit einem entsprechen-den Gesetzentwurf erneut, und in diesem Jahr fordert ein entsprechender Entwurf wie-der die Absenkung der Quoren. (Drucksache 5/3705). Steter Tropfen höhlt den Stein …

20 Jahre LINKS im Landtag

Kommunen sind die Fundamente eines je-den Staates. Sie sind nah dran an den Bür-gerinnen und Bürgern, organisieren das ganz konkrete Leben vor Ort und erbringen unverzichtbare Dienstleistungen wie Bil-dung, Straßenbau, Abfallentsorgung oder die Versorgung mit Energie. Und sie sind zuständig für das kulturelle Leben – Jugend-clubs, Vereine, Feste und den Sport. Das alles kostet Geld – neben eigenen Ein-nahmequellen wie der Gewerbesteuer sind die Kommunen dabei finanziell auf Zuwei-sungen vom Land angewiesen. Der Haus-haltsentwurf der Staatsregierung sieht vor, die Zahlungen des Landes an die Kommu-nen extrem zu kürzen: Erhielten die Land-kreise 2010 insgesamt noch 57 Millionen Euro, so werden es 2012 nur noch 400.000 Euro sein. Die Investitionskraft der finanzi-ell ohnehin ausgebluteten Kommunen wird dadurch vollends zerschlagen. � g

Direkte Demokratie – „Volksherrschaft“ leben

Kommunen – die Grundpfeiler des Staates müssen handlungsfähig bleiben!

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Doch woher soll das Geld kommen, das etwa für den Straßenbau, Abfallentsor-gung und Abwasserreinigung notwen-dig ist? Die Bürgerinnen und Bürger zah-len Gebühren für diese Dienstleistungen – die sogenannten Kommunalabgaben. Vor allem wenn es um Straßenbauprojek-te geht, können dabei schnell Summen in Höhe von mehreren tausend Euro fäl-lig werden, was die allermeisten Anwoh-ner nicht oder nur mit großen Schwierig-keiten bewältigen können. Oftmals ist die Erhebung der Gebühren zudem mit ei-nem hohen bürokratischen Aufwand ver-bunden. Die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger von den Kommunalabgaben ist daher für DIE LINKE ein wichtiges An-liegen, dem sie sich in der Vergangenheit immer wieder mit Gesetzentwürfen ange-nommen hat – 1995 mit dem Gesetz zur Entlastung der Bürger im Freistaat Sach-sen von Kommunalabgaben (Kommunal-abgabenentlastungsgesetz – SächsKA-EntlastG, Drucksache 2/1189), 2000 mit dem Gesetz zur Entlastung von Kommu-nalabgaben und von Kosten kommuna-ler Aufgabenerledigung (Kommunalabga-benEntlastungsgesetz – KEG, Drucksache 3/1501) und schließlich 2008 mit dem Gesetz zur Anpassung der kommunal-rechtlichen Rahmenbedingungen für eine gerechte und nachhaltige Begrenzung der Belastungen der Bürger in Sach-sen mit kommunalen Abgaben (Sächsi-sches KommunalabgabenBegrenzungs-Gesetz – SächsKABegrenzG, Drucksache 4/11383). Damit wurde und wird gleich-zeitig das Ziel verfolgt, die Bürgerinnen und Bürger stärker in kommunale Pla-nungsprozesse einzubeziehen und Ent-scheidungen transparenter zu gestalten. Dies ist besonders im Verkehrsbereich wichtig, der viele Anwohnerinnen und An-wohner unmittelbar betrifft und der oft das Potenzial großer Konflikte in den Kom-munen birgt. Das Gesetz zur Neuregelung der Einwohnerbeteiligung und der Bei-tragserhebung für kommunale Verkehrs-anlagen (Drucksache 4/3201) von 2005 hatte zum Ziel, von etwaigen Abgaben Be-troffene früher und stärker in Planung und Finanzierung kom- munaler Projekte einzu-binden. n

Nicht alle Gesetzentwürfe lassen sich be-stimmten ständig bearbeiteten Politikfel-dern zuordnen – einige stehen für sich, sind aber deshalb nicht weniger wichtig. Drei dieser quasi übergeordneten Gesetzesvor-haben der LINKEN wollen wir deshalb nicht unerwähnt lassen.

Im April dieses Jahres brachte die Fraktion DIE LINKE das Gesetz zur Einführung eines Tages des Erinnerns und Gedenkens an die Befreiung vom Nationalsozialismus und die Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa am 8. Mai 1945 (Tag der Befreiung) in den Landtag ein (Drucksache 5/2099). Sein Ziel bestand (und besteht) darin, den 8. Mai in Sachsen zum offiziellen Gedenk-tag zu erklären. Die Bedeutung dieses Vor-habens liegt auf der Hand – der 8. Mai brachte das Ende der Terrorherrschaft der Hitler-Faschisten und läutete gleich-zeitig eine dauerhafte Friedensperiode im größten Teil Europas ein. Er ist Anlass, der Toten zu gedenken – und symbolisiert gleichzeitig die bleibende Forderung der Geschichte an uns alle, eine Wiederholung der unfassbaren Verbrechen zu verhindern. Diesem Ziel dienen sollte auch ein weiterer Entwurf aus dem Jahre 2005: Das Gesetz zur Einfügung eines weiteren Staatszieles in die Verfassung des Freistaates Sach-sen (Artikel 12a, „Antifaschistische Klau-sel“), Drucksache 4/1238. Er sollte den Freistaat in seiner Verfassung darauf ver-

pflichten, „rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Aktivitäten sowie eine Wiederbelebung und Verbreitung national-sozialistischen Gedankenguts nicht zuzu-lassen“. Beide Gesetzentwürfe scheiter-ten an der CDU – an eben jener Partei, die seit 20 Jahren in Sachsen herrscht. Was uns zum letzten und zugleich aktuellsten

Gesetzentwurf in dieser kleinen Zusam-menstellung führt.

Wenn eine Partei so lange Zeit ununterbro-chen die Macht in Händen hält wie die säch-sische CDU, bringt das nicht nur eine ge-wisse Arroganz mit sich, sondern auch eine Verquickung von Partei- und Regierungsin-teressen – besonders im Hinblick auf Ämter in Ministerien und Justiz. So vermarktete die Sachsen-CDU Ministerpräsident Stanis-law Tillich bei ihrer „Denk-Fabrik“ („Geld-Fa-brik“ wäre wohl passender gewesen), indem sie Unternehmen Gespräche und Fotos mit ihm anbot - gegen Bares, versteht sich. DIE LINKE thematisiert das Problem des Macht-missbrauchs im Gesetz zum Schutz der par-lamentarischen Demokratie im Freistaat Sachsen vor Amtsmissbrauch durch Mit-glieder der Staatsregierung (Drucksache 5/1878). Es sieht vor, das Sächsische Mi-nistergesetz und das Verfassungsgerichts-hofgesetz um Regelungen zu ergänzen, die derartigen Missständen vorbeugen und er-möglichen, sie gegebenenfalls zu ahnden. Die Entscheidung im Landtag steht noch aus – hier wird sich zeigen, ob die CDU das Problem ernst nimmt oder sich wieder mit fadenscheinigen Begründungen aus der Af-färe zu ziehen versucht.

Die Opposition hat die Aufgabe, die Re-gierung zu kontrollieren. Doch Kritik ist das Eine, Alternativen sind das Andere – DIE LINKE hat beides reichlich zu bieten. Manchmal leistet sie sogar noch viel mehr – den Schutz der parlamentarischen De-mokratie. Und wenn DIE LINKE eines Ta-ges Regierungsverantwortung in Sachsen übernimmt und die Quasi-Staatspartei CDU ablöst, kann sie auf eine solide Grundlage fertiger Gesetzesvorhaben bauen.

20 Jahre LINKS im Landtag

Und zum Schluss ...

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LINKE klagen gegen falsche Politik – Justitia muss richten

20 Jahre LINKS im Landtag

Die Politik der Staatsregierung verlangt nach Alternativen. Diese zu entwickeln, ist Aufgabe der demokratischen Opposi-tion – DIE LINKE bringt daher eigene Ge-setzentwürfe und Anträge in den Sächsi-schen Landtag ein. Allerdings ist klar, wie die Mehrheiten verteilt sind: Gegen die Ko-alitionsfraktionen kann die Opposition in Abstimmungen nichts ausrichten. Die Ver-wirklichung der eigenen politischen Vor-stellungen auf parlamentarischem Wege gelingt erst, wenn DIE LINKE in Sachsen Re-gierungsverantwortung übernimmt.

Bis es so weit ist, konzentrieren wir uns auf die kritische Analyse der Regierungspoli-tik – und wirken auf ihre Korrektur hin. In den vergangenen zwanzig Jahren ist es oft vorgekommen, dass Gesetzesvorhaben der Staatsregierung gegen die Verfassung des Freistaates verstoßen haben. Außerdem wurde seitens der Staatsregierung und der Koalitionsfraktionen vielfach versucht, die Arbeit der Opposition zu behindern – indem sie zum Beispiel Anfragen nur unzureichend beantworteten, Akten für Untersuchungs-ausschüsse zurückhielten oder bei Wahlen im Plenum tricksten.

In all diesen Fällen bleibt der Opposition nur der Gang vor Gericht. Macht sie geltend, dass ein Gesetzentwurf gegen die Ver-fassung verstößt, muss der Verfassungsgerichtshof auf Antrag von einem Viertel der Mitglieder des Landta-ges die Vereinbarkeit des Gesetzes mit der Verfas-sung prüfen. An sieben dieser sogenannten ab-strakten Normenkon-trollverfahren war die Fraktion DIE LIN-KE bisher betei-ligt, in sechs da-von war sie ganz oder teilweise erfolgreich.

Wenn die verfas-sungsgemäß ver-brieften Rechte der Fraktionen oder einzelner ihrer Abgeordneten durch die Staatsregierung verletzt werden, können sich die-se durch die Einleitung ei-nes Organstreitverfahrens zur Wehr setzen. Diese kom-men wesentlich häufiger vor als die abstrakten Nor-menkontrollen: insgesamt

neunzehn Mal haben Abgeordnete der Frak-tion bisher ein solches Verfahren geführt – dreizehn Mal hat sie Recht bekommen.

Für DIE LINKE sind Klagen vor dem Verfas-sungsgericht also eine Erfolgsgeschichte. In einer Bilanz von 20 Jahren Fraktionsar-beit dürfen sie nicht fehlen.

DIE LINKE verteidigt die Verfassung!

Verfassungswidrige Gesetzentwürfe müs-sen durch das Verfassungsgericht gekippt werden. Die Initiative geht dabei in der Re-gel von der parlamentarischen Opposition aus. Das erste Mal trat ein solcher Fall 1996 ein. Die Staatsregierung versuchte sich an einer Änderung des Privatrundfunkgesetzes. Ei-nige der Neuregelungen schränkten jedoch die Freiheit der privaten Rundfunkanbie-ter ein; außerdem bestanden verfassungs-rechtliche Bedenken gegen das Wahlver-fahren zum Medienrat. SPD und PDS zogen vors Verfassungsgericht, das das Gesetz in

Teilen für verfassungswidrig erklärte. Das Finanzausgleichsgesetz, das die Verteilung von Mitteln zwischen den Kommunen re-gelt, verstieß in seiner Fas-sung von 1997 ebenfalls ge-gen die Verfassung, da es die

kommunale Selbstverwal-tung einschränkte. Die SPD-Fraktion und acht PDS-Abgeordnete klag-ten erfolgreich dagegen. 1999 wollte die Staats-regierung per Gesetz Landesbank, Aufbau-bank und kommuna-

le Sparkassen zu einer Holdinggesell-

schaft zusammen-fassen – was ebenfalls

dem Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung strikt zuwiderge-laufen wäre. Obwohl von vornher-ein klar war, dass dieses Sparkas-sengesetz verfassungswidrig war

und parallel versucht wurde, es per Volksantrag zu verhindern, drückte

die CDU das Gesetz durch – PDS und SPD brachten es vorm Verfassungs-

gericht zu Fall. Im selben Jahr wurde auch

das Personalvertretungs-gesetz Gegenstand

juristischer Auseinandersetzungen. Es re-gelt die Mitbestimmung von Beschäftigten im Öffentlichen Dienst; die Staatsregierung versuchte mit einer Novelle, eben diese Mitbestimmung auszuhöhlen. Beispielswei-se sollten Mitbestimmungs- auf bloße Mit-wirkungs- und Anhörungsrechte reduziert werden. Wieder konnte nur eine Klage von PDS und SPD Schlimmeres verhindern. Seit der Landtagswahl 1999 verfügte die PDS-Fraktion über 30 Mandate, was es ihr ermöglichte, Normenkontrollverfahren künftig auch allein einzuleiten. Eine Gele-genheit ließ nicht lange auf sich warten: Im Jahr 2000 wurde eine Novelle des Sächsi-schen Polizeigesetzes vor Gericht ange-griffen. Dieses Gesetz sah unter anderem verdachts- und anlassunabhängige Perso-nenkontrollen, Aufenthaltsverbote und die Videoüberwachung von Plätzen vor. Das Gericht erklärte es für teilweise verfas-sungswidrig. In den Bereich Inneres fällt auch die Klage der LINKEN gegen das Ver-fassungsschutzgesetz von 2004. Dieses hätte ein Ende der Trennung zwischen Poli-zei und Geheimdienst bedeutet, außerdem dem Großen Lauschangriff auf Wohnungen Tür und Tor geöffnet und ferner eine willkür-liche Weitergabe von ermittelten Daten er-möglicht. Diesen verfassungswidrigen Be-strebungen der Staatsregierung wurde auf Antrag der LINKEN vom Gericht ein Riegel vorgeschoben.Aktuell läuft eine Klage von LINKEN, SPD und Grünen gegen das neue Versamm-lungsgesetz. Auch hier stehen die Chan-cen gut, dass das Verfassungsgericht die Staatsregierung und die Koalitionsfraktio-nen wieder auf den Boden der Verfassung zurückholt.

Opposition braucht Information!

Eine wirksame Kontrolle der Regierungs-politik ist nur möglich, wenn die Oppositi-on umfassend über aktuelle Vorgänge und Entwicklungen im Land Bescheid weiß. Da-her gewährt die Verfassung allen Abge-ordneten das Recht, sich mit Anfragen an die Staatsregierung zu wenden – und die-se muss dann unverzüglich „nach bestem Wissen“ und vollständig antworten. Manch-mal kommt es jedoch vor, dass die Minste-rien dieser Pflicht nicht nachkommen. Als Begründung machen sie dann meist einen „unverhältnismäßig hohen Aufwand“ oder „datenschutzrechtliche Bedenken“ geltend. Dann müssen die Abgeordneten die Ant-worten einklagen.© Thorben Wengert / PIXELIO

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LINKE klagen gegen falsche Politik – Justitia muss richten

20 Jahre LINKS im Landtag

1997 wandte sich PDS-Politiker Heiko Hilker mit einer Anfrage zur Bewilligung von Mit-teln für die Jugendhilfe an das Sächsische Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie. Das Ministerium wiegelte ab: zu hoch sei der Aufwand, die entsprechen-den Daten zusammenzustellen. Das Verfas-sungsgerichtshof gab Hilker jedoch Recht: Sozialminister Geisler musste die Antwor-ten nachliefern. Im selben Jahr wollte André Hahn Fakten zu den Auswirkungen der Bun-deswehrübung „Jäger 96“ im Landschafts-schutzgebiet Sächsische Schweiz wissen: Doch Innenminister Klaus Hardraht ver-weigerte eine vollständige Antwort. Auch er wurde per Gerichtsbeschluss zurecht-gewiesen. Ähnlich erging es es Arbeitsmi-nister Martin Gillo, als er André Hahn 2003 bezüglich des Überflugs von für den Kriegs-einsatz im Irak bestimmten Kampfflugzeu-gen über den Freistaat mit mageren Ant-worten abzuspeisen versuchte.Gar nicht beantwortet wurden im selben Jahr zwei Kleine Anfragen von Andrea Roth zum Thema Schulschließungen. Auch sie klagte erfolgreich die Antworten ein.

Missstände müssen auf der Tagesordnung bleiben!

Untersuchungssausschüsse gelten ge-meinhin als die schärfsten Waffen der Op-position. Nur wenige wissen, dass auch sie entsprechend der Mehrheitsverhält-nisse im Parlament besetzt sind – die

Regierungskoalition hat also auch hier die Oberhand. Dementsprechend bemüht sie sich nach Kräften, die Arbeit der ihnen meist unliebsamen Ausschüsse zu behin-dern und zu verzögern. Juristische Ausei-nandersetzungen sind vorprogrammiert – und die Opposition muss energisch auf ihre Rechte pochen. Notfalls auch vor Gericht. So reichte die Fraktion bei bisher vier Un-tersuchungssausschüssen Organklagen ein. Im Untersuchungsausschuss zur Rol-le der Staatsregierung beim Abschluss von Mietverträgen für das Behördenzentrum Leipzig-Paunsdorf (2002) versuchte die CDU, die Herausgabe von Beweismitteln an die Ausschussmitglieder zu erschweren; Unterlagen sollten nur in Anwesenheit von Mitarbeitern der Landtagsverwaltung ein-gesehen werden dürfen. Die PDS erwirkte dagegen eine einstweilige Anordnung. Zwei Jahre später entbrannte im Sachsenring-Untersuchungssausschuss ein Streit um die Einsicht in Vernehmungsprotokolle. PDS und SPD votierten dagegen, dem Rechtsan-walt eines im Ausschuss befragten Zeugen Einblick zu gewähren, wurden jedoch von der CDU überstimmt. Darin erkannten PDS und SPD eine Verletzung von Minderheiten-rechten und zogen vor das Verfassungsge-richt – denn in Geheimhaltungsfragen müs-sen auch die Interessen von Minderheiten berücksichtigt werden. Das Verfassungsge-richt sah das genauso.2007 gefährdete die Mehrheit im Unter-suchungsausschuss zum Sachsen-LB-Debakel erneut die Rechte der Oppo-sition, indem sie die Umsetzung eines

Beweisbeschlusses behinderten. Wieder folgte das Gericht der Auffassung der LIN-KEN. Und vor zwei Jahren wurde die Staats-regierung per Gerichtsbeschluss gezwun-gen, die zurückgehaltenen Akten zum „Sachsensumpf“-Untersuchungsausschuss herauszugeben.

Demokratie gibt’s nur mit demokratischen Wahlen!

Die Wahl zum Sächsischen Landtag erfolgt nach festen rechtsstaatlichen Grundsät-zen. Dasselbe gilt auch für Wahlen inner-halb des Landtags. Doch auch hier kann es zu Rechtsbrüchen kommen, die dann durch das Verfassungsgericht geahndet werden müssen. 1994 wurden bei der Wahl der Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission (Gremium des Landtages, das überwacht, wie die Staatsregierung die Arbeit des Lan-desamts für Verfassungsschutz beaufsich-tigt) nach einander sechs Wahlvorschläge der PDS-Fraktion mehrheitlich abgelehnt, obwohl der Fraktion ein Sitz in diesem Gre-mium zugestanden hätte. Sachlich be-gründet wurde dies nicht. Diese gravieren-de Beschränkung der Chancengleichheit der Fraktionen beklagte die PDS vorm Ver-fassungsgericht. Dieses folgte im Großen und Ganzen der Argumentation der PDS – und forderte vom Landtag stichhaltige Be-gründungen für die Ablehnung der PDS-Kandidierenden. 1996 wurde André Hahn schließlich für die PDS in die Parlamentari-sche Kontrollkommission gewählt.Das zweite Verfahren dieser Art betraf die Wahl des Vorsitzenden des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien. Der PDS-Fraktion oblag laut Geschäftsordnung das Vorschlagsrecht; Kandidat Heiko Hilker wurde jedoch nicht gewählt – ohne eine entsprechende Be-gründung. Die CDU behauptete, die PDS könne daraufhin keine Wahlvorschläge mehr unterbreiten und ließ die erneute Kan-didatur Hilkers nicht zu. Die PDS reichte da-raufhin Klage ein. Der Verfassungsgerichts-hof urteilte schließlich im Januar 2004, dass eine erneute Kandidatur Hilkers nicht wieder begründungslos abgelehnt werden dürfe. Letztendlich wurde der Ausschuss-vorsitz bis zum Ende der Wahlperiode von Heiko Hilker bekleidet.

Recht haben und Recht bekommen sind zwar meist zwei unterschiedliche Dinge – bei Klagen der LINKEN liegen sie aber nicht allzu weit auseinander.

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Kurioses und Faktenreiches aus 20 Jahren LINKS im Landtag

20 Jahre LINKS im Landtag

Manchmal klappt es eben doch – Erfolgreiche Anträge der LINKEN

Seit 1990 regiert die CDU in Sachsen. Ge-nauso lange leistet unsere Fraktion Opposi-tionsarbeit – mit Untersuchungsausschüs-sen, Gesetzentwürfen, Anträgen, Klagen und vielem mehr. So wurden und werden Alternativen zur herrschenden Politik der Staatsregierung entwickelt und vertreten. Gleichwohl ist klar, dass die Mehrheit im Sächsischen Landtag seit 20 Jahren fest in der Hand der CDU ist, sodass bei den allermeisten parlamentarische Initiativen der LINKEN von vornherein kaum Aussicht auf Erfolg besteht – sie finden fast nie eine Mehrheit im Parlament. Die Betonung liegt auf fast nie – in drei Fällen ist es der seit Herbst 1999 größten Oppositionsfrakti-on nämlich geglückt, eine Mehrheit für ihre Anliegen zu finden. Der erste dieser Fälle ist gleichzeitig der exotischste. Am 19. Juni 1991 beantragte die Fraktion (Drucksache 1/246), dass die Staatsregierung bei Bauvorhaben des Staa-tes künftig auf den Einsatz tropischer Hölzer verzichten möge – andernfalls mache sich Sachsen mitschuldig an der Zerstörung der tropischen Regenwälder. Alle Fraktionen waren sich einig, dass der Antrag unterstüt-zenswert sei. Die CDU gab zwar an, das An-liegen auch zu befürworten, dem Antrag der PDS aber dennoch nicht zustimmen zu kön-nen – schon damals waren ihr taktische Er-wägungen wichtiger als inhaltliche Politik. So bedurfte es erst eines inhaltsgleichen Änderungsantrags der Grünen, um die Zu-stimmung der CDU zu erreichen – trotz al-lem ein Erfolg für die PDS-Fraktion. Der zweite Fall ereignete sich in der dritten Wahlperiode. Der Landtag debattierte die Erhö-hung des Kindergeldes. Die PDS-Fraktion stellte einen An-trag, der unter anderem darauf abzielte, die Erhöhung bei den Sozialhilfeempfängerinnen und –Empfängen nicht als Einkom-men anzurechnen (Drucksache 3/4272). Die sich anschließende Debatte verlief hitzig, und die CDU stimmte Teilen des Antrags – wohl versehentlich – zu. Der dritte Fall schließlich liegt nicht allzu lange zurück – er stammt vom 10. März 2010. Vor dem Landtag de-monstrierten MitarbeiterInnen und Engagierte in der Kinder- und Ju-gendhilfe gegen die Kürzungen der

Staatsregierung. Drinnen wurde ein An-trag von LINKEN und SPD debattiert, der sich gegen diese „Haushaltskonsolidierung auf Kosten von Kindern und Jugendlichen“ richtete. Doch obwohl dieses Thema für die sächsischen Kinder und Jugendlichen höchst bedeutsam ist, hielten es Minister-präsident Tillich und Finanzminister Unland nicht für nötig, der Landtagssitzung beizu-wohnen. Daraufhin beantragte Klaus Tisch-endorf gemäß §85 der Geschäftsordnung ihre Herbeirufung – eine für die Staatsre-gierung mehr als blamable Situation. Eine entsprechende Hektik breitete sich darauf-hin in den Reihen der Koalitionsfraktionen aus, denn viele Abgeordnete von CDU und FDP hatten den Plenarsaal ebenfalls verlas-sen. Der Antrag der LINKEN wurde mehr-heitlich angenommen.

Politik braucht Öffentlichkeit – Die Entwicklung des „pvl“

Wenige Tage nach der Konstituierung der ersten Fraktion LL-PDS am 27.10.1990 er-schien das erste Infoblatt mit wenigen Sei-ten im A5-Format, das die Geschehnisse der Landtagssitzung widerspiegelte. Her-gestellt wurde es im stinknormalen Kopier-verfahren in einer noch sehr geringen Auf-lage. Das war bis November 1991 die fast einzige Art einer so genannten „Zeitungsge-bung“. Der 21.11.1991 war die Geburtsstun-de unserer Fraktionszeitung „parlament von links“ mit einem Umfang von vier Seiten, ab der 3. Nummer bereits mit 8 Seiten, her-ausgegeben im Verlag GNN und bis Ende 1992 dem Infodienst der PDS

und dem Infoblatt

des Kommunalpolitischen Forums mit bei-gelegt. Danach war „pvl“ eigenständig und konnte gegen Portobegleichung im Abo beim GNN-Verlag bezogen werden. Die Auflage hielt sich aber noch in überschau-baren Grenzen. Der zunehmende Informati-onsfluss aus der Fraktion und ihrem Land-tagswirken ließ die Zeitung mit den Jahren umfangreicher und den Abo-Stamm größer werden. Ab 2000 übernahm das Druckhaus Dresden den Druck der Fraktionszeitung, natürlich in völlig neuem Layout, das bis dahin eine mehrfache Entwicklung durch-lief. Heute sind 24 Seiten fast Standard, und das inzwischen Magazincharakter tra-gende Produkt erscheint aller zwei Mona-te in einer Auflage von mindestens 15.000 Exemplaren. Es wird von derzeit von einem Fünftel der Leser/innen im Abo kostenlos bezogen.

Technischer Fortschritt erleichtert auch die Fraktionsarbeit

Die technische Ausstattung der sich im Auf-bau befundenen Geschäftsstelle der Frak-tion LL-PDS nach der Konstituierung des Sächsischen Landtages Ende Oktober1990 umfasste anfangs nur einen einzigen PC, den damals auch nur eine Kollegin bedienen konnte. Später „erleichterte“ der Landtag die Arbeit der Fraktionen durch eine Aus-stattungsmöglichkeit mit elektronischen Schreibmaschinen mit Disketten - was sich jedoch als Flop entpuppte, denn diese wa-ren nicht PC-kompatibel. Also wurde flei-ßig weiter abgeschrieben … Heute undenk-bar, denn alle Abgeordneten und Mitarbeiter sind mit leistungsfähigen PCs ausgestattet. Aber wehe, es fällt mal einer aus…

Erst nach der Mitte der 90er Jahre hielt das Internet Einzug in die tägliche Arbeit der Frak-tion – begonnen mit wenigen Seiten Mitte der 90er, wo sich die MdL in Persona vorstellten, die täglichen Pressemitteilungen abrufbar waren und ein kleiner E-Mail-Verteiler funktionierte. Mit der Zeit kamen immer mehr Infos hinzu – wie zu den parlamentari-schen Initiativen der Fraktion und die Reden der MdL auf den Sitzun-gen. Heute verfügen wir über ein umfangreiches Angebot zu den Ab-geordneten und ihrem Wirken inner-halb und außerhalb des Landtages

... und die Seite mitder Katze fürLinda...

...und demStalin für Opa!

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EditorialS. 2

Sachsen in EuropaS. 2-5S. 2-5S. 2-5S. 2-5S. 2-5Ostbindung statt WestkonzernePolitik an der EU-AußengrenzeRegionaltag der Fraktion

Europabüro Bautzen

„Big Brother” im TV - werwill, soll’s angucken S. 6Lausitz und die ParteienWasserflugzeuge

S. 7GleichstellungspolitikS. 8-11

Wer wird heute noch diskriminiert?Homos, allein Erziehende, Familien,Sadomasochisten, Sorben undandere Minderheiten streiten über„Freiheit, Freiheit über alles...”Stasi, Knast und Sonder-recht im Osten?

S.12/13Studie im Parteiauftrag?Die PDS-Fraktion imAbwasser-Disput

S. 14Kultur & Kneipe

S. 15

EditorialS. 2

Sachsen in EuropaS. 2-5S. 2-5S. 2-5S. 2-5S. 2-5Ostbindung statt WestkonzernePolitik an der EU-AußengrenzeRegionaltag der Fraktion

Europabüro Bautzen

„Big Brother” im TV - werwill, soll’s angucken S. 6Lausitz und die ParteienWasserflugzeuge

S. 7GleichstellungspolitikS. 8-11

Wer wird heute noch diskriminiert?Homos, allein Erziehende, Familien,Sadomasochisten, Sorben undandere Minderheiten streiten über„Freiheit, Freiheit über alles...”Stasi, Knast und Sonder-recht im Osten?

S.12/13Studie im Parteiauftrag?Die PDS-Fraktion imAbwasser-Disput

S. 14Kultur & Kneipe

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Kurioses und Faktenreiches aus 20 Jahren LINKS im Landtag

20 Jahre LINKS im Landtag

– von allen Publikationen und Newslettern über Videos und Blogs bis hin zu Twitter und Facebook. Umfangreiche Download-Mög-lichkeiten sind gang und gäbe.

Übertragungen der Landtagssitzungen im Funk und im Internet sind heute ganz selbst-verständlich. Das waren sie in der 1. Legis-latur keineswegs. So übertrug die Fraktion

LL-PDS wichtige Sitzungen der Abgeordneten, die da-mals noch in der Dreikö-nigs-Kirche tagten, über Autoradio auf die Haupt-straße – vor allem die De-batte um die neue Verfas-

sung des Freistaates Sachsen.

Lasst das Volk entscheiden! Der Einsatz der LINKEN für direkte Demokratie

Seit 1990 wurden 8 Volksanträge und vier Volksbegehren beim Präsidenten des Säch-sischen Landtages eingereicht. Vier Volks-anträge von Vereinen bzw. Bürgerinitiativen wurden von den LINKEN im Landtag tat-kräftig unterstützt:

n So die Initiative für ein demokratisch ver-fasstes Sachsen e.V., die gemeinsam mit der Fraktion Linke Liste/PDS und dem Lan-desverband Sachsen der PDS über Volks-antrag ein Gesetz zur Änderung der Verfas-sung des Freistaates Sachsen einbrachte. Trotz der mehr als 55.000 Unterstützer für die Aufnahme von Grundrechten in die Ver-fassung lehnte der Landtag den Gesetzent-wurf ab. Das Volksbegehren unterzeichne-ten fast 141.000 Sachsen. Damit scheiterte

das Begehren am Quorum von 450.000, das die Verfassung vorschreibt.

n Die Bürgerinitiative Soziales Sachsen (BISS) e.V. entwarf ein Gesetz über die Än-derung der Gemeindeordnung, das in einem Volksantrag die Unterstützung von mehr als 115.000 Sachsen (notwendig 40.000) fand. Der Landtag aber lehnte im November 1997 den Gesetzentwurf ab.

n Der Verein „Zukunft braucht Schule“ e.V. brachte das Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes des Freistaates Sachsen in die Debatte ein – rund 62.000 Sachsen un-terstützten es im Spätsommer 2001 mit ih-rer Unterschrift. Nach juristischen Ausei-nandersetzungen um einen angeblichen formellen Mangel und der Ablehnung des Gesetzentwurfes durch den Landtag im Juni 2020 unterschrieben das eingeleite-te Volksbegehren mehr als 363.000 Bürge-rinnen und Bürger. Nötig gewesen wären 450.000 – das Begehren wurde am 2. Juli 2003 für gescheitert erklärt.

n Der Volksantrag der Bürgerinitiati-ve „Pro Kommunale Sparkasse“ zur Er-haltung der kommunalen Sparkassen er-hielt mehr als 96.000 Unterstützer, das nachfolgende Volksbegehren erfüllte das Quorum von 450.000 nach einer vom Sächsischen Verfassungsgericht ange-ordneten Neufeststellung der Unterschrif-tenanzahl. Der sich anschließende Volks-entscheid wurde zum Erfolg geführt.

Seit 1998 sind Treffen mit Bürgerinitiati-ven „Sozialverträgliche Kommunalabga-ben“ ein fester Bestandteil des Wirkens der

Landtagsfraktion. Am 27. September 2008 fand schon das 50. Treffen statt. Weitere sind bis heute dazugekommen. Inzwischen gibt es auch schon das fast 40. Treffen der Schulinitiativen, an denen teilweise auch SPD, FDP und Grüne beteiligt waren und sind. Das ist fester Bestandteil direkter De-mokratie, den die LINKEN im Landtag för-dern und fordern.

LINKE auf die Straße! Direkter Kontakt mit Bür-ger/innen – seit 20 Jahren

Von Anfang an waren die Abgeordneten und Mitarbeiter für ihre Wählerinnen und Wähler und die Bürgerinnen und Bürger des Landes auch an Infoständen auf der Stra-ße präsent – was ihnen nach 1990 eine ge-hörige Portion Mut abverlangte, denn nicht selten wurden die Standbetreuer angepö-belt, verunglimpft, mit Hasstiraden regel-recht überschüttet. Auch die jungen Leu-te wurden für 40 Jahre Misswirtschaft und Diktatur in Haftung genommen… Aber Zä-higkeit und Mut in der immer wieder sich fortsetzenden politischen Auseinander-setzung vor Ort ließ das Misstrauen sin-ken, das Vertrauen wachsen, die Gespräche sachlicher werden. Heute gehören Infotou-ren zum parlamentarischen Alltag der Frak-tion. Die Initiativen von LINKEN Abgeordne-ten finden immer mehr Gehör und Zuspruch, gerade auch ihr Einsatz für mehr Mitbestim-mung in der Volksgesetzgebung, in der An-erkennung des Wirkens von Bürgerinitiati-ven sowie von Vereinen und Verbänden.

© Henry Keßler / PIXELIO

Foto: © Stefan Erdmann / PIXELIO, Montage: CM

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20 Jahre LINKS im Landtag

Zwanzig Jahre LINKS im Landtag – vier Blicke zurückMeist stehen vor allem Abgeordnete im Licht der Öffentlichkeit. Doch hinter den Kulis-sen der Fraktion wirken viele weitere Köpfe und Hände an der Entwicklung und Durch-setzung linker Politik mit – in der wissen-schaftlichen Beratung, der Öffentlichkeitsar-beit und in der Geschäftsstelle der Fraktion.

Barbara WegnerMach mal…

Das Leben ist der beste Lehrmeister. Wenn ich auf die letzten 20 Jahre zurückblicke – es stimmt. Denn als es 1990 hieß, du kannst gleich mal mit am Aufbau der ers-ten Landtagsfraktion der LINKEN mittun und dich um die Öffentlichkeitsarbeit küm-mern, hatte ich null Ahnung, was Arbeit im und um das Parlament herum so ausmacht. Und Berichte aus der Volkskammer im DDR-Fernsehen waren ja auch nicht gerade spannend. Aber dieses „ins Wasser gewor-fen werden und schwimmen“, das kannte ich schon aus der Zeit davor. Als ich aus der Montage in die Betriebszeitungsredaktio-nen wechselte, als ich mein Volontariat bei der Sächsischen Zeitung absolvier-te, als ich nach dem gesellschaftswis-senschaftlichen Studium gleich in die Kreisredaktion Großenhain der SZ geschickt wurde. Da hieß es immer, mach mal gleich…Auch heute, nach 20 Jahren, muss ich mit Schmunzeln dar-an zurückdenken, wie ich noch „beneidet“ wurde, dass ich durch meine Arbeit bei der Zeitung mit einem PC umgehen konnte. Schließlich hatten wir

ja immerhin einen! Und mit diesem ent-stand „mein“ Infoblatt der Fraktion, gleich nach der konstituierenden Sitzung am 27.10.1990. Neben Presseinfos war das da-mals die einzige Mitteilungsart nach drau-ßen. Bis es im November 1991 hieß, du, die Fraktion braucht mehr als nur ein Info-blatt, denk’ mal, mach mal. Es wurde die Geburtsstunde von „parlament von links“, immerhin damals vierseitig als Beileger, mit dem heutigen Layout und Magazincharak-ter aber absolut nicht zu vergleichen. Doch auch das genügte den wachsenden Ansprüchen nicht lange. Broschüren, Falt-blätter, Reader mussten her. Kümmere dich doch mal um Möglichkeiten in Druckerei-en… Die Fraktion will Anzeigen schalten, stell’ doch mal Kontakte her, mach mal… Moderne Informations- und Kommunika-tionstechnik hielt Einzug. Die Fraktion will eine Darstellung im Internet, wir brauchen eine Website, das geht mit html-Code – Hil-fe?! Was ist das denn? Ach, du bekommst das mit kurzer Anleitung schon hin, mach mal… Wir brauchen ein Archiv, datenbank-gestützt, und eine Adressdatenbank, mach doch mal…

Und an wie vielen Infoständen der Fraktion ich in den zwanzig Jahren gemeinsam mit Abgeordneten mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch gekommen bin, das müssen

100, 150 oder mehr sein. Und was 1990 und bis in die Mit-te der 90er an Mut dafür nötig war, ist heute nur von de-nen nachvollzieh-bar, die damals mit dabei waren und denen wie mir manchmal die Knie schlotter-ten. Heute ist es Normalität, die LINKEN sind mit-ten drin in der Gesellschaft.Multimedia ist eines der neu-en Schlagwör-ter in der inner-fraktionellen

und Kommunikation nach außen. Schon stand die nächste Herausforderung mit Namen Newsletter. Na, dann mach mal… Aber so einfach ist das alles nicht mehr. Und schon gar nicht konfliktlos, auch wenn es immer um die beste Lösung geht. Zwei Erkenntnisse der letzten Jahre verfestigen sich immer mehr: Spezialisierungen neh-men zu. Und deshalb geht es nicht mehr ohne ein gutes Team. Und so auch nicht mehr ohne meine 20 Jahre jüngere Kolle-gin Carola – Sie kennen sie als Layouterin von „pvl“ und Web-Administratorin. Unse-re zwischenmenschliche „Chemie“ in unse-rem kleinen Bereich Öffentlichkeitsarbeit stimmt. Daher kann ich heute entspannter den neuen Aufgaben, die aus der Arbeit der Fraktion erwachsen, entgegensehen. Denn eines ist sicher: WIR machen das …

Dieter RingkZwei Jahrzehnte Technikgeschichte

Seit die PDS-Fraktion im Jahre 1990 ihre Ar-beit im frisch gewählten Sächsischen Land-tag aufnahm, bin ich in der Geschäftsstel-le für Organisation und Technik zuständig. LINKE Politik kann nur entwickelt und ver-treten werden, wenn den Politikerinnen und Politikern eine ausreichende, funktionieren-de und effiziente Büro-Infrastruktur zur Ver-fügung steht – wovon Anfang der 90er Jah-re kaum die Rede sein konnte.

In dieser Jubiläumsausgabe kommen zwei von ihnen zu Wort, die seit langer Zeit da-bei sind - Barbara Wegner als Zuständige für Dokumentation, Information und Produkti-on im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, und Die-ter Ringk, der für einen reibungslosen Ablauf von Veranstaltungen und der alltäglichen

Fraktionsarbeit sorgt. Und natürlich werden die beiden Fraktions-Urgesteine Klaus Bartl und Peter Porsch nicht vergessen – denn auch die beiden Vorgänger von Fraktionschef André Hahn können so manche persönliche und politische Erfahrung zu diesem kleinen Rückblick beisteuern.

Unikat aus der 1. Wahlperiode im Jahre 1993.

Frieren für den demokratischen Sozialismus.

Bei -17 Grad auf dem Löbauer Polit-Weihnachtsmarkt.

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20 Jahre LINKS im Landtag

Zwanzig Jahre LINKS im Landtag – vier Blicke zurück

Wir starteten 1990 mit zwei Büros – einem Vorzimmer und einem Arbeits-zimmer, in dem der Geschäfts-führer mit vier Mitarbeitern saß. Entspre-chend knapp war der Platz – zumal die an-fangs genutzte Technik sehr viel Raum ein-nahm. Die ersten Publika-tionen entstanden auf sperrigen Robot-ron-Speicherschreibmaschinen, die immer genau eine Seite Text sichern konnten – so-bald es mehr wurde, musste von vorn ange-fangen werden. Zehn Jahre lang besaß die Fraktion außerdem nur laute und langsame Schwarz-weiß-Kopierer, bei denen man oft eine Woche auf die Reparatur warten muss-te – die ersten Ausgaben des „pvl“ wur-den damals noch mühsam einzeln kopiert, per Hand zusammengepuzzelt und gehef-tet. Wahrlich kein Vergleich zur effizien-ten Drucktechnik von heute. Immerhin ver-fügte die Fraktion schon 1990/91 über ein Handy – „Funktelefon“ trifft es wohl besser, denn es hatte die Größe eines gefüllten Ak-tenordners und wurde am Henkel durch die Gegend geschleppt.

Seit 1999 besitzt die Fraktion eine neue Ge-neration von Druckgeräten – Großkopierer,

die auch farbig drucken können (am Anfang zwar nur 12 Seiten pro Minute, aber dennoch ein Fortschritt.). 2004 bekam die Fraktion eines der ersten digi-talen Großdruckgeräte in Sach-sen, das danach sogar den Mit-arbeitern der Leipziger Messe als Anschauungsexemplar vor-geführt wurde. Seit dem letz-ten Jahr druckt die Fraktion nahezu alle Broschüren, Flug-blätter und andere Publikatio-nen selbst – denn zur Kopier-technik gesellten sich eine hydraulische Schneidema-schine, eine Broschürenma-schine und das dazugehörige

Rückenpressge-rät. Auf teure und unprakti-sche externe Druckaufträ-ge, die außer-dem viel La-gerkapazität bräuchten, kann nun ver-zichtet werden – es wird nur noch nach un-mittelbarem Be-darf produziert.

Zwei lustige Epi-soden aus der ersten Wahlperio-de will ich zudem nicht unerwähnt lassen. Anfangs der 90er befand

s i c h d e r Landtag zwar schon im heutigen Gebäude, die Sitzungen fan-den aber noch in der Dreikönigskirche statt – entsprechend lang war der Weg ins Büro, wenn noch etwas für die Sitzung zu holen war. Eines Tages brauchte ein Abgeordneter während der Sitzung noch ein Dokument, also machte ich mich auf den Weg. Als ich nach geraumer Zeit zurückkam, war die Sit-zung überraschenderweise schon zu Ende und der Saal abgesperrt. Ein paar nervö-se Sicherheitskräfte machten sich an einer einsam stehenden Aktentasche zu schaffen – in der sie wohl eine Bombe vermuteten. Entsprechend groß war die Erleichterung, als ich bekannte, doch nur meinen Koffer holen zu wollen …

Da die PDS von Anfang an für Transparenz in der Politik eintrat, wollten wir die ersten Landtagssitzungen der breiten Bürgerschaft

zugänglich machen. Sie wurden zwar schon im Rundfunk übertragen, waren aber schlecht zu empfangen – wir halfen also nach. Bild- oder Tontechnik gab es nicht, und so stellten wir uns kurzerhand mit un-serem Dienstauto (ein gebrauchter Golf II) in die Fußgängerzone vor der Kirche – Tü-ren auf, Autoradio auf volle Lautstärke und schon bekam das Volk mit, was seine Ver-treter drinnen diskutierten …

Im Rückblick auf zwanzig Jahre kann ich eine positive Bilanz ziehen – die Technik hat sich ständig verbessert, vieles ist dadurch einfacher und professioneller geworden. Es war und ist eine schöne Zeit!

Klaus BartlAller Anfang war schwer...

Mit 10,22 % der Zweitstimmen war sie ge-wählt worden, die Linke Liste-PDS bei den ersten Landtagswahlen in Sachsen - 17 Ab-geordnete der nach damaligem Wahlrecht noch zulässigen Listenvereinigung aus PDS, „Die Nelken“, KPD, fdj und des MJV. 5 Frauen und 12 Männer – alle waren sie bis zum 3. Oktober 1990 Ossis, wenn auch mit österreichischen Wurzeln wie Peter Porsch oder mit westdeutschen wie Harry Kampling.

Die berufliche Vita war bunt gemischt. Da war die Ärztin Anneliese Kubicek aus Plau-en, der ehemalige Oberbürgermeister von Karl-Marx-Stadt, Eberhard Langer, der pro-movierte Mathematiker Michael Friedrich, die alte und neue Böhlener Bürgermeiste-rin Maria Gangloff, der Journalist Sieghard Kosel, die ehemalige Schuldirektorin Ange-la Schneider oder auch das damals zugleich jüngste Parlamentsmitglied Steffen Tippach aus Leipzig – ein Eisenbahner. g

Politischer Bildungstag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

der Fraktion 2008 in der Riesaer Nudelfabrik.

Dieter Ringk mit dem langjährigen Fraktionsgeschäfts- führer Andreas Graff während der Fraktionreise nach Hohnstein in der 4. Wahlperiode.

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20 Jahre LINKS im Landtag

Gemeinsam war uns allen, dass keiner ein bürgerliches Parlament von innen gesehen hatte oder auch nur im Traum darauf gekom-men wäre, „Berufsabgeordnete/r“ zu wer-den. Deshalb war es auch keineswegs leicht, die Kandidatenliste zusammenzubekommen, woran ich mich als Ende August 1990 ge-wählter erster Vorsitzender des Landesver-bandes Sachsen der PDS noch gut erinnere. Geduldige Überzeugungsarbeit war vonnö-ten, denn keiner wusste, was uns erwartet: Wird die PDS noch verboten? Was werden sie ansonsten mit uns 17 anstellen, die vom ersten Tag der Existenz des Landtages an für alles als verantwortlich galten, was der DDR an Ver- und Gebrechen berechtigterweise oder boshaft nachgesagt wurde?

Und das verbissene Bekämpfen der verbliebe-nen „Roten“ war von Beginn an Doktrin. Einen Tag nach der Konstituierung der Fraktion am 21.10.1990 gab es eine Beratung der Frakti-onsvorsitzenden mit dem Landtagspräsiden-ten Erich Iltgen, an der auch der designierte Ministerpräsident Kurt Biedenkopf teilnahm. Es ging um Fragen der Geschäftsordnung. In diese wurde zuallererst ein Auszählsystem für die Sitzverteilung in den Ausschüssen und sonstigen Gremien ausgekungelt, das unser Wahlergebnis quasi halbierte. Wir beka-men mit unseren reichlich 10 Prozent genau so viele oder wenige Sitze wie Bündnis 90/Die Grünen und die FDP, die gerade mal die Hälfte unseres Ergebnisses erreicht hatten.

Und das Schurigeln ging weiter. Bald wurden wir - als einzige der 5 im Landtag vertrete-nen Fraktionen – wegen „notwendiger Bau-maßnahmen“ mit unseren Büros aus dem Landtagsgebäude „entfernt“ und etwa 500 Meter weiter in einem eigens hierzu errichte-ten Container auf der grünen Wiese vor der Marienbrücke untergebracht.

Es war dies im Übrigen auch die Zeit, da die Partei unter Treuhandkuratel gestellt wur-de. Wenn wir als Landesvorstand zehn Blei-stifte brauchten oder 20 Rollen Toilettenpa-pier, musste das unser Schatzmeister bei der Treuhand genehmigen lassen. Die Fraktion reagierte mit Zusammenrücken und mit Arbeit.

Auf der 3. Sitzung des Sächsischen Landta-ges am 15. November 1990 brachten wir un-seren eigenen Verfassungsentwurf ein. Im Laufe der Legislatur folgten 22 Gesetzent-würfe, 192 Anträge, 12 Entschließungsanträ-ge und 31 Große Anfragen. Selbstverständ-lich wurden alle unsere Initiativen zumeist fraktionsübergreifend abgelehnt. Lediglich einen Antrag konnten wir durchbringen: den über die Nichtverwendung von tropischen Regenhölzern in öffentlichen Einrichtungen des Freistaates Sachsen.

In unserer Fraktion bestand Einigkeit: Wir müssen die Partei und Fraktion der Macher

und der Kümmerer sein. Aber: Wir haben mitnichten nur gearbeitet, die Truppe konn-te auch feiern - regelmäßig, oft und aus-giebig. Im „Freiberger Hof“ nämlich - einer Kneipe neben dem Landtagshotel in der Ma-ternistraße. Quasi Rotwein als Therapie und Mutmacher.

Summa summarum begann vor 20 Jahren für mich und meine 16 FraktionskollegIn-nen eine außerordentlich bewegte, strapazi-öse, aber auch interessante Zeit. Es hat uns nicht gefehlt an Niederlagen, aber die Frakti-on LL-PDS hat nicht unmaßgeblich dazu bei-getragen, dass sich die PDS bei der nächsten Wahl um sieben Prozentpunkte verbesserte. Ein Anfang war also gemacht.

Peter PorschZwanzig Jahre später ...

Es war im Oktober 1990, in der ersten Sitzung der ersten Legislaturperiode des Säch-sischen Landtages, als ich meinen ersten Zwischen-ruf wagte. Daraufhin dreh-te sich ein vor mir sitzen-der Abgeordneter der CDU zu mir um und wies mich zurecht: „Sie sind still! Sie waren 40 Jahre dran. Jetzt sind wir dran!“ Mei-ne Antwort war: „Wenn das alles ist, dann hat sich die Wende nicht gelohnt.“

Nun sei gleich voran-geschickt, das war und ist nicht alles. Staats-partei mit führender Rolle zu sein ist von Anfang an der An-spruch der CDU gewesen und das wurde, so weit es ging, auch durchgesetzt. Es wurde beschlossen, Anträge der Opposition prinzi-piell und immer abzulehnen. Kurt Biedenkopf wurde bald zu „König Kurt“ hochstilisiert. Er sonnte sich in dieser Position. „Wer mich Kö-nig Kurt nennt, greift den Dingen nur etwas

voraus.“ Das war seine Reaktion auf die In-thronisation. Die Gemahlin war bald Königin und konnte über ein eigenes Büro so manche Entscheidung des monarchischen Gatten am Parlament vorbei und vor allem an seinem Petitionsausschuss vorbei beeinflussen. Ver-wandte, Weise und Günstlinge kamen an den Hof. Der Staatskanzlei wurde die Krone auf-gesetzt, und kaum wer zweifelte daran, dass der König bis ans Ende seiner Tage regieren würde. Es kam anders, denn auch Königen und Königinnen setzen Staatsparteien Gren-zen. Kleinliche Geldgier, die selbst das Bild der Milde, das man sich angedeihen ließ, er-blassen machte, führte zum Fall. Der „kleine König“, wie ihn seine Parteifreunde manch-mal liebevoll, aber auch in die Schranken wei-send nannten, musste abdanken. Ihm folgte ein hemdsärmeliger Gutsherr, der mit seinem Gesinde wohl aus einer Schüssel aß, sicher aber nur, um zu verhindern, dass sich wer zu viel auf den Löffel nahm. Auch ihn ließ die

Gier zu Fall kommen - es war die Gier da-nach, auf den Weltfinanzmärkten mit-mischen zu können. Der Gutsherr fiel,

das Volk bezahlt heute noch. Der dritte im Amt ist kein König mehr und kein Guts-herr. Er verwaltet, was man ihm so anbie-

tet. Mal Handel und Versorgung in einem DDR-Kreis, mal Umwelt und Landwirtschaft oder auch die Finanzen im Freistaat oder auch den ganzen Freistaat. Er verwaltet mit einem Lächeln und lässt die nach zwanzig Jahren immer noch an der Macht befindliche Staatspartei ansonsten schalten und walten.

Mir bleibt die Erinnerung an eine ernst-hafte, aber auch launige Opposition ge-gen die Staatspartei, die meinte, auf

Opposition eigentlich ver-zichten zu kön-nen. Wir fielen der Anma-ßung in den Arm, wo es ging, wuchsen in der Oppo-sition - und die Staats-partei verfällt der Schwind-sucht. Zwan-z i g J a h r e reichten aber nicht aus, sie aus der Macht zu vertreiben. Vierzig Jahre

wird das je- doch auch nicht dauern, denn im Gegensatz zur vorhergehen-den Staatspartei gibt es diesmal eine lin-ke Opposition, die sich nie und niemals als Blockflöte wird missbrauchen lassen. Der Kritiker meines allerersten Zwischenrufes war eine solche, wie ich später erfuhr.

Peter Porsch hatte auch ein Herz für die Viehwirtschaft.

Da das „Milchgeld“ bei den sächsischen Bauern immer

knapper wurde, bot er einen PC-gestützen Austauschjob an.

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Ein „Perspektivwechsel“ schärft den sozialen Blick – rote Karte für die Regierung

An der Aktion „Perspektivwechsel“ der Liga der Freien Wohlfahrtsverbände nahm auch rund ein Drittel der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE teil und arbeitete einen Tag in sozi-alen Einrichtungen. Keineswegs mal eine kur-ze Spaßaktion, sondern eine mit Tiefgang und ernstem Hintergrund – aufgrund der vielen angekündigten Sparmaßnahmen der Landes-regierung gerade im Sozialbereich auf Kosten derer, die personelle und materielle Hilfe ganz besonders benötigen. „pvl“ fragte bei eini-gen linken Abgeordneten nach, die – wie z. B. Kerstin Köditz im Kinderheim Machern, Horst Wehner in der Lucas-Werkstatt für Behinder-te in Zwickau oder Rico Gebhardt im AWO- Pflegewohnheim Dresden-Cossebaude – für einen Tag nah dran an den Alltagsfreuden und -sorgen waren:

pvl: Was hat Dich bewogen, dein Büro zu verlassen, in fremdes Terrain einzutau-chen, um die Probleme sozialer Arbeit hautnah kennenzulernen? Warum sollte es gerade diese Einrichtung sein?

Heiderose Gläß: Mich hat die Idee, in einem anderen Metier zu arbeiten, von Anfang an begeistert. Bei konkreter Arbeit in einer so-zialen Einrichtung bekommt man doch ganz andere Eindrücke als bei einer vorbereiteten Besichtigung. Das Christliche Hospiz „Siloah“ in Herrnhut kannte ich von einer solchen im vergangenen Herbst. Mich beeindruckte, mit wie viel Wärme und Einfühlung Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet werden, unab-hängig von Weltanschauung und Konfession.

Dr. Volker Külow: Ich finde das sogenann-te „wirkliche“ Leben immer spannender als mein Büro im Leipziger Liebknecht-Haus, ob-wohl ich dort gern und viel arbeite. Darum

freute ich mich sehr, als ich das Angebot er-hielt, als „Praktikant“ einen Tag in einem Grü-nauer Kindergarten verbringen zu können. Ängste hatte ich im Vorfeld nicht, aber doch einigen Respekt vor der Aufgabe, denn bis auf diverse Kindergeburtstage kam ich noch nie in die Verlegenheit, eine größere Kinder-anzahl zu beschäftigen.

Annekatrin Klepsch: Vor meinem Land-tagsmandat habe ich selbst im Kinder- und Jugendhilfe-Bereich gearbeitet, die Proble-me sind mir also recht vertraut. Für die in-tensivpädagogische Wohngruppe eines Kin-der- und Jugendheimes im Heimverbund Eichbuschweg in Dresden-Pillnitz habe ich mich entschieden, weil ich Kitas und Jugend-häuser gut kenne, den Heimbereich aber bis-her weniger von Innen wahrnehmen konnte.

Marion Junge: Ich habe mich für eine Pflege-einrichtung entschieden, weil ich den Alltag und die Arbeit vor Ort genauer kennen lernen wollte. So erhielt ich eine Einladung für den 25. August ins AWO Pflegewohnheim nach Lohsa. Heimleiterin Frau Brenneisen stellte mir ihr Haus und die Arbeitsbereiche vor. Das Pflegewohnheim wurde 2003 neu erbaut, so dass der Umzug von Kamenz nach Lohsa stattfand. 62 Seniorinnen und Senioren wer-den hier rund um die Uhr liebevoll betreut.

Andrea Roth: Meine Sommertouren im Vogtland nutze ich seit Jahren, um Einrich-tungen für Menschen mit Behinderungen zu besuchen und mit ihnen und ihren Betreu-er/innen ins Gespräch zu kommen. Das ist mir eine Herzensangelegenheit, weil ich aus familiären Erfahrungen die verantwortungs-volle und kräftezehrende Arbeit der Pflege kenne. Mit der Aktion „Perspektivwechsel“

bekam ich die die Möglichkeit, nicht nur Be-sucherin der Behindertenwerkstatt der Di-akonie Auerbach/Klingenthal zu sein, son-dern einen Tag intensiv mitzuerleben und zu arbeiten. Insgesamt 360 behinderte Men-schen erhalten in der modernen Einrichtung Ausbildung, Arbeit und spezielle Förderung und Betreuung.

Dr. Jana Pinka: Als MdL und Freiberger Stadträtin habe ich am 25. August in der För-derschule Albert Schweizer in Freiberg mit unterrichtet, in der seit Oktober 1991 geistig behinderte Kinder in freier Trägerschaft durch das Diakonische Werk Freiberg e. V. beschult werden, und wollte den Unterrichtsalltag so-wie die Situation der Lehrer/innen und Be-treuer/innen vor Ort kennenlernen. Zudem wollte ich meine Berührungsängste, die ich mit geistig behinderten Kindern habe, abbau-en. Und dies kann man nur durch Nähe.

Falk Neubert: Bereits im letzten Jahr habe ich einen Tag in einer Kita mitgeholfen. Die-ses Jahr wollte ich den Alltag im Pflegeheim Seniorenhaus „Im Sonnenlicht“ – die einzige Einrichtung, die sich im Altkreis Mittweida an dieser Aktion beteiligt hat – kennenler-nen. Mich hat die Idee von Anfang an gefan-gen genommen. Dabei ging es mir nicht dar-um, am nächsten Tag gleich drei Anträge für den Landtag zu schreiben, sondern vielmehr eine Sensibilität und ein Verständnis für ei-nen Bereich entwickeln zu können, der ge-sellschaftlich enorm wichtig ist, mit dem ich aber als Medienpolitiker keinesfalls alltäg-lich in Berührung komme. � g

MdL Falk Neubert verbrachte einen Tag im Seni-orenhaus „Im Sonnenlicht“ in Frankenberg, wo er Pfleger bei ihrer Arbeit auf der Wachkoma- Station begleitete.

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pvl: Was hat dich am meisten bewegt, ge-ärgert, aber auch optimistisch gestimmt?

Falk Neubert: Ich muss zugestehen, dass ein Pflegeheim nicht meine erste Wahl gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund bin ich den Tag mit einigem Respekt angegangen – zumal ich für die Wachkoma-Station eingeteilt war. Hier werden Menschen – vielfach nach schweren Unfällen – betreut, die ohne Hilfe überhaupt nicht mehr lebensfähig sind. Es war im ers-ten Moment extrem bedrückend. Und gleich-zeitig präsent war diese Liebe und dieses En-gagement bei der Pflege der Patientinnen und Patienten, die in diesem schier ausweglosen Zustand rührende Zuwendung von den Pfle-gerinnen erhielten. Unglaublich ist die Tatsa-che, dass zu dem Schicksalsschlag noch die finanzielle Rechnung gereicht wird. Mehr als 3.000 € pro Monat müssen für einen solchen Pflegeplatz von den Angehörigen noch hinzu-gezahlt werden.

Heiderose Gläß: Vor Ort musste ich erfahren, wie schwer es für unheilbar kranke Menschen und ihre Angehörigen ist, die Bewilligung für den Aufenthalt in einem stationären Hospiz für die letzten Wochen und Tage von den je-weiligen Krankenkassen zu bekommen. Dabei ist gerade diese Art der stillen Begleitung auf dem letzen Weg eine sehr wichtige Aufgabe. Auch das ehrenamtliche Engagement beson-ders junger Menschen stimmte mich froh.

Marion Junge: Beschäftigungen mit Heim-bewohnern sowie Gespräche mit Bewoh-nern und Mitarbeitern zeigten mir klar auf: Der Pflegeaufwand ist hier enorm hoch, weil mehr als die Hälfte der Bewohner unter De-menz leiden. Sehr beeindruckt war ich von der freundlichen Atmosphäre im Heim sowie von den Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bewohner. Aller zwei Jahre wählen die Heim-bewohner ihren Seniorenrat, der ihre Inter-essen besonders bei der Veranstaltungspla-nung vertritt. Dr. Volker Külow: In der von der AWO be-triebenen Einrichtung sind über 50 Prozent der Kinder von Hartz IV betroffen, die hier wie auch Integrationskinder liebvoll betreut wer-den. Ich war beeindruckt, mit wie viel Selbst-verständlichkeit und Unbefangenheit die Kin-der und die Erzieher/innen - nicht nur der Leiter der Einrichtung ist ein Mann (!) – mitei-nander umgehen. Großzüzige, moderne Aus-stattungen erleichtern die Gestaltung eines abwechslungsreichen Tagesprogramms für die Kinder, die im Übrigen schnell Vertrau-en zum neuen „Onkel“ fassten und mich mit schnell wechselnden Spielwünschen jedwe-der Art überhäuften. Größter Wermutstrop-fen: Notwendige Investitionsmaßnahmen, vor allem die Umgestaltung des Außenbe-reichs, werden auf Grund der rigiden Kür-zungen der Landeszuweisungen im nächsten Jahr wohl nicht realisiert.

Dr. Jana Pinka: Die Hingabe und Freude, mit der die Mitarbeiter/innen in der Förderschu-le die nicht alltägliche Arbeit verrichten, Kin-dern mit Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen etwas beizubringen, hat mich tief beeindruckt. Dieser Besuch hat mich in der Auffassung gestärkt, dass wir in den kom-menden Wochen und Monaten einen breiten Widerstand organisieren müssen, um dem Vorge-hen der Staatsregierung Grenzen aufzuzeigen.

Annekatrin Klepsch: Bewegt hat mich, mit welchen schwierigen familiären Hin-tergründen Kinder und Jugendliche bei uns aufwachsen und welche intensive pädago-gische Begleitung notwendig ist, sie ins Le-ben als Erwachsener zu begleiten. Die pä-dagogischen Mitarbeiter/innen sind ihnen eine Art Familienersatz. Überzeugend finde ich den pädagogischen Ansatz, die Jugend-lichen zur selbstständigen Lebensführung zu befähigen. Diskussionswürdig ist, wenn hilfebedürftige Kinder und Jugendliche aus kommunalen Sparzwängen heraus erst viel zu spät in die Obhut pädagogischer Fach-kräfte kommen, obwohl sie in der eigenen Familie z. B. vernachlässigt und durch die für die Jugendämter preiswerteren Pflege-familien „gereicht“ wurden.

Andrea Roth: Beeindruckt haben mich Ei-fer und Ernsthaftigkeit, mit denen behinder-te Menschen ihre Arbeit anpacken. Die Be-treuerinnen zeichnen sich durch eine schier unversiegbare Quelle an Geduld, Humor und Beharrlichkeit aus. Ich spürte ihr unermüdli-ches Engagement und ihr großes Herz, bei je-der/jedem Einzelnen der Gruppe ihre/seine speziellen Fähigkeiten zu entdecken und zu fördern. Wir stellten z. B. Kehr-Sets zusam-men und verpackten sie, andere montierten elektronische Anschlussleitungen, produzier-ten Sicherungen oder fertigten Isolierkannen-reiniger. Sozial wie ökologisch ist es nicht zu rechtfertigen, dass es immer schwerer wird, Arbeit für die Werkstätten zu „organisieren“, weil die Firmen lieber nach China die Aufträ-ge vergeben. Sie sparen dadurch 1–2 Cent pro Produkt. g

Altern in WürdeWie gehen wir mit unseren pflegebedürftigen Mitbürgern um? Passen ein abrech-nungsorientiertes Pflegesystem und ein würdevoller Lebensabend zusammen? Im Pflegeheim der AWO in Rödern hat MdL Sebastian Scheel Antworten gesucht:

„Im eingespielten Tagesablauf ist der ‚Neue‘ vor allem Abwechslung, in der Frühstücks-runde werde ich gern akzeptiert. Es ist eine Art Wohngruppe, wobei der Grad der Pfle-gebedürftigkeit stark variiert. Die schwindende Sprachfähigkeit vieler stellt auch das Personal vor große Herausforderungen. Es ist schwierig, mit einem hilflosen Menschen konfrontiert zu sein. Ich fühle mich unsicher und erwische mich dabei, wie ich in Baby-sprache verfalle. Doch schlagartig wird mir bewusst, dass dort zwar ein Pflegefall, aber doch ein erwachsener Mensch mit einem sicher bewegten Leben und vielen Erfahrun-gen vor mir liegt. Der Zeitablauf des Personals wird bestimmt von den Bedürfnissen der Bewohner/-innen und einem kleinen schwarzen Kasten an der Wand. Detailliert müs-sen hier alle Aktivitäten in Statistik umgewandelt werden. Der Kasten gibt keine Ant-wort auf drängende Fragen wie nach einem neuen Pflegebegriff, engen Zeitbudgets, festen Kostensätzen und zu wenig individueller Betreuung. Alles Statistische wird mit einem solchen ‚Perspektivwechsel‘ real und erinnert gerade uns Politiker sehr eindring-lich daran, dass menschliche Bedürfnisse keine reinen Kostenfaktoren werden dürfen.“

MdL Dr. Jana Pinka unterrichtete einen Tag in der Förderschule Albert Schweizer in Freiberg mit, in der seit Oktober 1991 geistig behinderte Kin-der in freier Trägerschaft durch das Diakonische Werk Freiberg e. V. beschult werden.

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MdL Heike Werner: Auf Wunsch der Liga gab ich Hilfestellung im Hort der Kinder-einrichtung Sonnenschein in Wurzen, so u. a. bei den Schularbeiten. Hier sind sich Kita, Hort und Grundschule räumlich sehr nah. So konnte ich einen Rundumblick in die frühkindliche und Bildung im Elementarbereich erhalten. Die Rahmenbedingun-gen für die Frauen sind schwierig und doch versuchen sie immer wieder, das Beste daraus zu machen. Für mich als „Praktikantin“ war das Zusammensein mit den Kin-dern besonders schön. Die Verschiedenheit der Kinder braucht individuelles Zuge-hen. Im Gespräch mit der Hortleiterin wurde mir bestätigt, dass wir den Blick auf die tatsächlichen Probleme haben. Angefangen vom unzureichenden Betreuungs-schlüssel, den notwendigen Vor- und Nachbereitungszeiten für Erzieherinnen und Erzieher, dem fehlenden Personal, der Einbindung der Eltern bis hin zu Investitio-nen. Hier müssen wir als LINKE dranbleiben.

Andrea Roth: Mein Blick hat sich auf jeden Fall geweitet. Im Landtag, aber auch in den Kreistagen, sollten wir weiter fordernde An-träge und Debatten zur Verbesserung der Lage – hin zu einer wirklichen Gleichstellung – der Menschen mit Behinderungen initiie-ren. Das beginnt mit den Kostensätzen für die sächsischen Einrichtungen, die im bun-desweiten Vergleich am niedrigsten sind, geht über die Probleme, die mit den Ände-rungen im Zivildienst in Verbindung stehen, bis zu der Tendenz, dass die Zahl der psy-chisch Kranken ansteigend ist und die Er-krankten immer jünger werden. Gerade in der laufenden Debatte zum Doppelhaushalt wird unsere Fraktion den Kürzungsplänen der Regierung in diesem Bereich die rote Karte zeigen.

Dr. Jana Pinka: Es sollte für jede/n Politiker/-in zur „freiwilligen Pflichtaufgabe“ werden, sich in solchen Aktionen persönlich ein Bild von den Einrichtungen und den Men-schen darin zu verschaffen, die von ihrem/seinem Handeln betroffen sind. Es kann po-sitive Signale vermitteln und gibt den Men-schen, die in diesen Bereichen tätig sind, Gewissheit, dass ihre Arbeit wert geschätzt wird.

pvl: Nun lässt so ein Tag zumeist nur ei-nen kleinen Einblick gewinnen. Was nimmst du trotzdem an Erfahrungen mit ins Landtagsgeschehen? Hat sich dein Blick auf die Dinge – um auf das Motto der Aktion Bezug zu nehmen – verändert?

Falk Neubert: So ein Tag kann schon einen verhältnismäßig großen Einblick geben. Man ist ja auch sonst in ganz unterschiedlichen Einrichtungen unterwegs und informiert sich über deren Arbeit und die Probleme. Aber da ist man vielleicht eine Stunde, spricht mit der Chefin oder dem Chef und macht noch einen Rundgang. Aber es ist etwas völlig an-deres, an der Seite der Schwestern den All-tag zu erleben, die Schicksalsschläge der einzelnen Patient/innen zu erfahren oder die vielfältigen Probleme innerhalb der Pfle-ge beim gemeinsamen Kaffee zu hören. Und dieser Tag führt ganz sicher dazu, dass ich in Zukunft die fachpolitischen Debatten zu die-sem Thema tatsächlich mit einer ganz ande-ren Perspektive verfolgen werde.

Marion Junge: Die Arbeit als Altenpfle-ger, Sozialbetreuer oder als ehrenamtlicher Helfer muss eine höhere Wertschätzung erfahren. Mehr Zeit für Zuwendung und Betreuung ist erforderlich, damit ein men-schenwürdiges Leben auch im Alter mög-lich ist. Mein herzliches Dankeschön an alle Mitarbeiter und Heimbewohner für die-sen lehrreichen Tag.

Heiderose Gläß: Ich habe mich an diesem Tag vielfältig nützlich gemacht, bei der Pfle-ge, der Versorgung, der „Beschäftigung“ mit den Bewohnern des Hospiz und in der Haus-wirtschaftspflege. Einen tiefen Eindruck hat bei mir die Arbeit am Bett eines sterbenden Menschen hinterlassen. Wie klein wird so das, über das man sich manchmal aufregt… Der Tag im Hospiz in Herrnhut hat mich in meiner Überzeugung bestärkt: Die soziale Arbeit in dieser Gesellschaft muss einen we-sentlich höheren Stellenwert erhalten, sozia-le Berufe sind aufzuwerten, auch weil gerade viele Frauen dort, oft unter schweren Bedin-gungen, mit geringer Bezahlung arbeiten.

Annekatrin Klepsch: Ich habe ein zwölfjäh-riges Mädchen bei den Hausaufgaben und beim Lebensmitteleinkauf für die Gruppe begleitet. Bei der Erledigung der Lesehaus-aufgabe – ein Kapitel aus Erich Kästners „Pünktchen und Anton“ zu lesen und Fragen zu beantworten – war viel Überzeugungs-arbeit nötig. Wichtiger denn je sind familiä-re oder andere Vorbilder, die das Lesen von Büchern als selbstverständliche Alltagskul-tur auch in einer „Informationsgesellschaft“ näher bringen.An der Kinder- und Jugendhilfe – vor allem im präventiven Bereich – darf nicht gespart werden, gegen die weiteren Kürzungen im nächsten Doppelhaushalt des Landes müs-sen wir deshalb als LINKE aktiv werden und die Staatsregierung zum Umdenken bewegen.

Dr. Volker Külow: Es hat sich weniger der Blickwinkel verändert als vielmehr geschärft – auch für die Sinnhaftigkeit mancher unserer politischen Forderungen. Gute vorschulische Bildung für alle Kinder als beste Investition in die Zukunft ist für mich als Kernbotschaft jetzt noch signifikanter. Die Gespräche mit den Be-treuerinnen und Betreuern offenbarten einen klaren Blick auf die sozialen Problemlagen in dieser Gesellschaft, die in einem Stadtteil wie Grünau brennpunktartig zu Tage treten. Ein Resümee zum Schluss: eigentlich müsste man gerade als linker Politiker mehrmals im Jahr einen „Perspektivwechsel“ vornehmen.

MdL Dr. Volker Külow verbrachte einen Tag in ei-nem Grünauer Kindergarten.

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Große Anfrage 5/2411 „Die sächsische Landespolizei – im Jahre 2010 auf der Höhe ihrer Aufgaben?“

GesetzentwurfDrs 5/2717 Gesetz zur Regelung der gesetz lichen Rahmenbedingungen für Einrichtung, Betrieb und unbefristete Fortführung von Gemeinschaftsschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Gemeinschafts-schuleneinführungsgesetz – SächsGemSchulEG)

Drs 5/3704 Gesetz zur Einführung öffent licher Petitionen per Internet beim Sächsischen Landtag

Drs 5/3705 Gesetz zur Änderung der Verfas-sung des Freistaates Sachsen und zur Änderung des Gesetzes über Volksantrag, Volksbegehren und Volksentscheid

AnträgeDrs 5/2704 DIE LINKE, GRÜNE, SPD Kriteri-en und Konsequenzen von Haushaltsvollzug und Haushaltsaufstellung vorlegen – keine Kürzungen auf Kosten der Zukunft!

Drs 5/2755 Nachteilsausgleiche bei Prüfungen im Freistaat Sachsen rechtlich sichern!

Drs 5/2756 Denkmalschutz retten – geplante Novellierung des Sächsischen Denkmalschutzgeset-zes unverzüglich stoppen!

Drs 5/2757 Berichte des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz dem Landtag recht-zeitig zur Beratung vorlegen

Drs 5/2758 Menschenwürde und Selbstbestim-mung für hilfe- und pflegebedürftige Menschen im Freistaat Sachsen

Drs 5/2759 Urteil des EuGH umsetzen, Unabhän-gigkeit des Sächsischen Datenschutzbeauftragten sichern statt Stellen zu streichen

Drs 5/2891 Keine weitere Konzentration der Infra-struktur für Kriegs- und Auslandseinsätze der Bun-deswehr im Freistaat Sachsen

Drs 5/2919 Personalsituation an den Schulen zu Beginn des Schuljahres 2010/2011

Drs 5/3036 Aufnahme der Montanregion Erzgebir-ge in das UNESCO-Welterbe unterstützen

Drs 5/3037 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversi-cherung (GRV) für Langzeitarbeitslose

Drs 5/3038 Perspektiven des Lehramtsstudiums für die Grundschule in Sachsen

Drs 5/3039 Ausschluss Studentischer Hilfskräfte von Ausschreibungen des Freistaates Sachsen beenden!

Drs 5/3040 Unabhängige Patientenberatung (UPB) fortführen und ausbauen

Drs 5/3042 Flexibles Jugendmanagement in allen Landkreisen umsetzen

Drs 5/3058 Programm „Stadtumbau Ost“ – Fort-setzung eines Erfolgsprogramms im Freistaat Sach-sen sichern!

Drs 5/3238 Regelmäßig sächsische Familien-berichte vorlegen!

Drs 5/3404 Ersatzlose Streichung der Sonderzah-lungen für sächsische Beamte, Richter und Versor-gungsempfänger zurücknehmen!

Drs 5/3454 Bewegungsfreiheit für Flücht linge schaffen – „Residenzpflicht“ abschaffen

Drs 5/3464 Einbürgerungshemmnisse abbauen – Einbürgerung erleichtern

Drs 5/3524 Medizinische Notfallversorgung am Standort des Krankenhauses Großenhain sichern

Drs 5/3534 Ressort übergreifendes frauen- und gleichstellungspolitisches Handlungskonzept für den Freistaat Sachsen erarbeiten

EntschließungsanträgeDrs 5/2795 zur Drs 5/1306 „5 Jahre Hartz IV und die Situation in Sachsen“

Drs 5/3483 zur Drs 5/266 „Situation der Hebam-menarbeit im Freistaat Sachsen“

Drs 5/3495 zur Regierungserklärung „Wiederauf-bau nach dem Augusthochwasser 2010“

Drs = Drucksache

Parlamentarische LINKE InitiativenJuni bis Mitte September 2010

Jugendschutz schadet Jugendlichen – Jugendmedienschutzstaatsvertrag ist untauglich! Was ist gut für Jugendliche und was schadet ihnen? Bei diesem Thema kann jede/r mit-reden – wenigstens auf Stammtischniveau. Eine unbedarfte Ministergattin von Adel darf die ganze Republik mit ihren Thesen belästi-gen, auf fachkundige Stimmen aus der Wis-senschaft wird seltener gehört. Wenigstens in einer Anhörung im Sächsischen Landtag kamen diese nun zu Wort. Denn da das Inter-net juristisch zum Rundfunk gehört und die-ser Sache der Länder ist, beschäftigen sich die sechzehn Landtage mit dem „Jugendme-dienschutz“. Sie dürfen aber nur noch abseg-nen, was die sechzehn Staatskanzleien zuvor ausgehandelt haben. Und darüber, was aus-gehandelt wurde, sind Fachleute und Betrof-fene gleichermaßen entsetzt. Nach der Anhörung erklärte die Sprecherin für Neue Medien, MdL Julia Bonk: „Die Anhörung zum Jugendmedienschutzstaatsvertrag bestä-tigt alle Kritik am vorliegenden Entwurf. Auch wenn die Ver-fechter des Staatsvertrages sich redlich bemühten, das Gesetzvorhaben schönzu-reden, kamen sie nicht um-hin einzugestehen, das sie weder die Erreichung der erklärten Zwecke noch die technische Funktionsfä-higkeit der vorgeschlage-nen Filtersysteme auch nur ansatzweise garantie-ren können.

Stattdessen stellte der namhafte Informati-ker Prof. Dr. Federrath aus Regensburg fest, dass alle vorgeschlagenen technischen Vor-kehrungen zum vermeintlichen Jugendschutz entweder durch die Jugendlichen leicht zu umgehen wären oder aber zu weitreichender Internetzensur wie in China oder im Iran füh-ren würden.“ Diese Filterprogramme müss-ten dann auch noch die Eltern bezahlen. „Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag in der vorliegenden Form führt zu Abwande-rungen der Jugendlichen in andere Netze, die erst recht nicht regulierbar sind und wesent-lich mehr fragwürdige Inhalte enthalten. Das führt in der Tendenz zu einer Kriminalisie-rung.“, ergänzte Jürgen Ertelt von der Fach-stelle für Internationale Jugendarbeit. Der beste Jugendschutz im Netz sind die Ju-gendlichen selbst.Deren Interessen filtern wesentlich mehr entwicklungsbeeinträchtigende Internetan-gebote aus als alle technischen Systeme zusammen. Das Erstellen schwarzer Listen für Filtersysteme macht diese „verbotenen Sachen“ für Jugendliche erst interessant. Insbesondere der anerkannte Leipziger

Sexualforscher Prof. Kurt Starke verwies auf diesen Aspekt und for-

derte stattdessen mehr Angebo-te zur Stärkung der Medien -kompetenz von Jugendlichen:

„Eine schädliche Wirkung von Pornogra-fie auf Jugendliche kann nicht belegt wer-den…. Diese beliebte Fiktion hat keine wissenschaftliche Substanz. … Aus Sicht der Sexualwissenschaft wie der Jugendforschung … sind die einschlägigen Paragrafen nicht nur unnütz und praktisch nicht durchsetzbar, sondern latent oder tatsächlich schädlich für Jugendliche.“Angesichts dessen fordert die DIE LINKE: Dieser Jugendmedienschutzstaatsver-trag muss vom Tisch! Wir brauchen endlich einen technisch und kulturell zeitgemäßen Neuansatz im Jugendmedienschutz – die Stärkung der Medienbildung von Jugend-lichen ist allemal besser als technisch nicht durchsetzbare und rückwärtsgewandte Ver-botsparagraphen. Jens Matthis

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Terminhinweis20 Jahre Kinder- und Jugendhilfegesetz:Zwischen Neugestaltung und Abschaffung?Dienstag, 19. Oktober 2010, 19–21 Uhr,Raum A 400 (4. Etage) des Sächsischen Landtages,Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden

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pvl 9-10/2010

Lĕto 2010 je – kaž hižo předchadźace lĕto – charakterizowa-ne wot bilancow a bi-lancowanja zašłych 20 lĕt. Přičiny za to su poprawom kóždemu kubłanemu čłowjekej znate. Čehodla pak pobrachuje dotal bi-lanca mjeńšinoweje politiki po přewróće lĕta 1989? Wažnosć tematiki je tola njedwĕlomna; wšako je mjezynarodnje připóznata zasada, zo su mjeńšinowe pra-wa wobstatk čłowječich prawow. Chiba maja oficialni bilancowarjo snano strach před bilancu na mjeńšinopolitiskim polu?

Naša frakcija pak njetrjeba so tajkeje bi-lancy bojeć. Wšako běše a je wona jenička frakcija w Sakskim krajnym sejmje, kotraž je w strukturelnym natwarje, personelnej zestawje a we wobsahowym dźěle stajnje na mjeńšinowu politiku dźiwała. Naša frak-cija bě hač do spočatka aktualneje wólb-neje doby jenička frakcija, kotraž měješe w swojich strukturach oficialnje městno mjeńšinopolitiskeho rěčnika zakótwje-ne. Hladajo na mjezynarodny a europski wuznam mjeńšinoweje politki běše tute městno přeco z městnom rěčnika za eu-ropsku politiku zwjazane. Za wukonjen-je tutych nadawkow skutkowaše w našej frakciji wot konstituowanja Sakskeho

krajneho sejma w lěće 1990 hač do dźensnišeho dnja přeco serb-ski zapósłanc.

Naša frakcija je prawniske garan-

tije za Serbow w artiklomaj 5 a 6 Sakskeje wustawy wuraznje witała a podpěrowała. Wona běše zdobom jenička frakcija, kotraž je ze swójskim naćiskom nowy Serbski zakoń w Sakskej iniciěrowała. Hakle na namjet našeje frakcije je sakske knježerstwo ze swójskim nam-jetom reagowało. Bohužel pak njedocpě knježerstwowy namjet kwalitu našeho namjeta. Tak běše na přikład w našim namjeće prawniska garantija za eksisten-cu wšitkich serbskich šulow, kubłanišćow a dalšich kulturnych institucijow zakótw-jena. W knježerstwowym namjeće pak nic. Tutón njedostatk smy w rozestajenjach wo dalšu eksistencu serbskich srjedźnych šulow bolostnje začuwali. Tež w tutych bo-jach steješe naša frakcija Serbam wurazn-je po boku. Nimale wšitke parlamentaris-ke iniciatiwy za dalše wobstaće serbskeje šulskeje syće wuńdźechu z našeje frakcije. Ale tež zwonka parlamenta, na přikład na Chrósčanskim šulskim dworje, běše pozi-cija našeje frakcije cyle jasna. Hladajo na financowanje serbskeje załožby smy byli

Sorbische SeiteMjenšinowe prawa su wobstatk cłowjecich prawow – 20 lět mjenšinowa politika LEWICY w Sakskim krajnym sejmje

2010 steht im Zeichen der Bilanzen von 20 Jahren Freistaat Sachsen, deutscher Ein-heit etc. – Grund genug, auch ein Fazit der Minderheitenpolitik dieser Zeit zu ziehen, was leider selten genug geschieht. Also machen wir das hier für unsere Fraktion.

Unsere Fraktion hat – und das ist ein gewis-ses Alleinstellungsmerkmal – strukturell, personell und inhaltlich beständig auf die Belange der Minderheitenpolitik geachtet. Von Anfang an hat es einen minderheiten-politischen Sprecher gegeben, der zugleich für Europapolitik zuständig war – und immer ein sorbischer Abgeordneter gewesen ist.

Wir haben mit dem Entwurf eines Sorben-Gesetzes den Anstoß gegeben, dass die Re-gierung den Entwurf eines solchen Geset-zes vorgelegt hat. Leider fehlen in letzterem

Rechtsgarantien für sorbische Bildungs- und Kultureinrichtun-gen, ein Mangel, der im Kampf um den Er-halt sorbischer Mittel-schulen schmerzhaft zu verspüren gewesen ist. Die meisten par-lamentarischen Initiativen zugunsten des sorbischen Schulnetzes gingen von unse-rer Fraktion aus, und wir setzten uns allein beharrlich für einen Inflationsausgleich bei der Finanzierung der Stiftung für das sorbi-sche Volk ein.

In dieser Legislaturperiode hat sich die Fraktion schon für eine Stärkung der Rechte der Sorben im Zusammenhang mit der Braunkohle-Gewinnung einge-setzt, ebenso für religiöse Rechte, ob es

Minderheitenrechte sind Menschen-rechte – 20 Jahre Minderheitenpolitik

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serbska strona

jenička frakcija, kotraž so hižo mnoho lět za wurunanje inflacije zasadźuje. A hakle w tutej wólbnej dobje je so naša frakcija tež zaso za zesylnjenje prawniskich pozicijow Serbow w zwisku z wudobywanjom brunicy zasadźowała. Tohorunja za nabožinske pra-wa Serbow smy so zasadźowali: přećiwo wonječesćowanju swjatych křižow přez němskich prawicarjow, za dźěłoprawniske garantije křižerjow a za spjelnjenje stat-nych winowatosćow napřećo serbskim wěriwym w rozestajenjach z cyrkwinskej hierarchariju. Naša frakcija je tež jenička w Sakskim krajnym sejmje, kotraž ma ofi-cialnje dwurěčne serbske pomjenowanje a kotraž w frakciskim časopisu Pvl hižo ni-male 10 lět serbskorěčnu stronu wozjewja. Tak móže so Pvl z minimalnym nakładom 15 000 eksemplarow tež jako najwjetši serbskorěčny měsačnik mjenować.

nun um Schän-dung von sor-bischsprachigen Kruzifixen durch deutsche Rechts-radikale, den Schutz der Oster-

reiter vor betrieblichen Arbeitsverpflich-tungen am Ostersonntag oder staatliche Verpflichtungen gegenüber sorbischen Gläubigen in Auseinandersetzung mit der kirchlichen Hierarchie gegangen ist. Und neben den offiziellen zweisprachigen Be-zeichnungen der Fraktion wollen wir nicht vergessen: Das PVL (15.000 Exemplare) ist betreffs seiner sorbischen Seite die aufla-genstärkste sorbischsprachige Zeitschrift ...

MdL Heiko Kosel Sprecher für Minderheitenpolitik

Hajko KozelZapósłanc Sakskeho krajneho sejma,rěčnik za europsku, měrowu a mjeńšinowu politiku

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pvl 9-10/2010

Waagerecht: 1. Schlussergebnis, 7. Kartenspiel, 9. Vor-name der linken Stadtchefin von Borna (… Luedke), 10. chemisches Zeichen für Chrom, 11. Mühlensandstein, 12. Bantu-volk in Ruanda, 14. Nordseehafenstadt in Niedersachsen, 15. Teil der Schiffstakelung (…-Segel), 17. pur, sauber, 18. Sprecher für Europa-, Friedens- und Minderheitenpo-litik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag (Heiko …), 19. US-Kriegsfilm (5 Oscars) „Der Soldat James ...“, 21. indonesische Provinz im Nordwesten der Insel Sumatra, 22. chemisches Zei-chen für Gallium, 23. Provinzhauptstadt in Mittelspanien, gelegen am Fluss Tajo, 25. mittelsächsischer Ort bei Mittweida, 26. Fürstenhaus von Monaco, das ur-sprünglich aus Genua stammt. Senkrecht: 1. sächsisches Mittelgebirge, deren Be-wohner einen Welterbe-Titel anstreben, 2. von genannter Zeit an, 3. radioaktiver Abfall – in deutschen Atomkraftwerken fallen durch das Geschenk der Laufzeit-verlängerung der schwarz-gelben Regie-rung an die AKW-Betreiber pro Jahr zu-sätzlich 500 Tonnen davon an, 4. Stadt in Nordthailand, bekannt für ihre schmack-haften Orangen, 5. Metallfacharbeiter, 6. eine Ziffer, 8. Name für den tschechischen Teil des Erzgebirges; für beide Gebirgstei-le ist seit 1993 die Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe vertraglich geregelt, 9. Halbaffe in Madagaskar, 13. Organi-sation der UNO, die über den Welterbe-Titel für das Erzgebirge zu befinden hat, 16. ein Werktag, 20. englisch-amerika-nisches Längenmaß (etwa 0,9 Meter), 21. Po-Zufluss, 24. deutsch-luxemburgi-scher Grenzfluss.

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